Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 3118/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3405/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es besteht mangels besonderen Bedarfs kein Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfes gemäß § 21 Abs. 6 SGB II für Fahrtkosten zu Ärzten, wenn die Fahrtkosten den im Regelbedarf für Verkehr enthaltenen Anteil nicht deutlich übersteigen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. August 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Erstattung von Fahrtkosten zu eigenen ambulanten Behandlungen bei Fachärzten sowie zu Klinikbesuchen bei seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter im Zeitraum vom 9. März 2015 bis 25. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro als Zuschuss.
Der 1951 geborene Kläger bezog bis zum Beginn seiner Regelaltersrente am 1. Juli 2016 Leistungen des Beklagten zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2015 vorläufig Leistungen für April bis September 2015. Mit Änderungsbescheid vom 24. März 2015 bewilligte ihm der Beklagte – wegen noch nicht bekannten Einkommens des Klägers aus einer geringfügigen Beschäftigung vorläufig – Leistungen für April 2015 bis September 2015 in Höhe von insgesamt monatlich 538,28 Euro, mit Änderungsbescheid vom 8. April 2015 für April 2015 vorläufig in Höhe von 538,28 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf von 360,00 Euro, einem Mehrbedarf (wegen dezentraler Warmwasserzeugung) in Höhe von 8,28 Euro und Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,00 Euro. Der Kläger lebte in diesem Zeitraum zusammen mit seiner Lebensgefährtin sowie zwei – ab dem 6. Juli 2015: drei – Kindern in E ...
Der Kläger beantragte am 14. Juni 2015 und am 22. Juli 2015 beim Beklagten die Übernahme von Fahrtkosten zu Ärzten und Kliniken und zwar für eigene ambulante Arztbesuche am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 jeweils in S. sowie für fünf Besuchsfahrten zu seiner Lebensgefährtin während deren stationärer Krankenhausaufenthalte in S. vom 18. bis 21. Mai und vom 2. bis 6. Juli 2015 bzw. zu der am 2. Juli 2015 dort geborenen gemeinsamen Tochter.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 2. September 2015 vorläufig unter anderem für Juni 2015 Leistungen in Höhe von 517,34 Euro (Regelbedarf: 339,06 Euro; Mehrbedarf: 8,28 Euro; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 170,00 Euro) und für Juli 2015 in Höhe von 489,72 Euro (Regelbedarf: 344,31 Euro; Mehrbedarf: 8,28 Euro; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 137,13 Euro). Mit Aufhebungsbescheid vom 1. September 2015 hob der Beklagte seine bisherige Bewilligung entsprechend teilweise (für Juni 2015 in Höhe von 20,94 Euro, für 2015 in Höhe von 15,70 Euro) auf. Grund hierfür war Einkommen (nach Abzug der Freibeträge) des Klägers in Höhe von 20,94 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 15,70 Euro. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2015 zurück.
Der Beklagte lehnte mit weiterem Bescheid vom 2. September 2015 höhere Leistungen für einen "Mehrbedarf für unabweisbare, laufende besondere Bedarfe in Härtefällen" ab. Die Leistungsbewilligung für Juni bis September 2015 (Bescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015) sei überprüft worden. Ein Mehrbedarf sei nicht anzuerkennen, weil weder Anhaltspunkte für das Bestehen einer atypischen Lebenslage, eines atypischen Ursprungs des Bedarfs oder eines erheblich überdurchschnittlichen Bedarfs noch Anhaltspunkte vorlägen, dass der besondere Bedarf nicht anderweitig hätte gedeckt werden können.
Hiergegen erhob der Kläger am 5. September 2015 Widerspruch. Für seine Arztbesuche am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 sei ein Mehrbedarf zu gewähren. Auch für die Besuche bei seiner Lebensgefährtin und dem neugeborenen, leiblichen Kind bestehe ein Anspruch auf Mehrkostenersatz. In dem verminderten Regelsatz von 360 Euro seien diese Kosten nicht enthalten.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2015 zurück. Ein Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II liege nicht vor. Es fehle bereits an der vom Gesetz vorausgesetzten Atypik des Bedarfs. Sowohl Besuche bei Fachärzten im örtlichen Nahbereich als auch Besuchsfahrten ins nahegelegene Krankenhaus seien keine atypischen, sondern gewöhnliche Bedarfe, die jeden mehr oder weniger häufig beträfen.
Am 14. September 2015 hat der Kläger beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Mit seinem (reduzierten) Regelsatz sei es ihm nicht möglich, die Kosten zu tragen. Es liege ein Mehrbedarf vor. Er begehre die Erstattung der Kosten für Fahrten zu Ärzten am 9. März, 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli, 27. Juli 2015, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober, 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro (413,4 km à 0,30 Euro). Im Regelbedarf sei ein Anteil von 6,3 Prozent für den Bereich Verkehr enthalten. Gehe man hiervon aus, sei bei ihm ein Betrag von 33,90 Euro enthalten. Allein für die Besuche bei der Lebensgefährtin im Krankenhaus habe er mehr aufwenden müssen, nämlich bei einer durchschnittlichen Wegstrecke von mindestens 21 km bereits 63 Euro. Eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmittel sei nicht möglich. Seine Krankenkasse verweigere kategorisch die Erstattung von Fahrtkosten; daher seien dort "keine spezifizierten Kosten" eingereicht worden.
Am 9. Mai 2017 hat der Kläger den Vorsitzenden der 10. Kammer des SG, Richter Bingenheimer, als befangen abgelehnt. Die 2. Kammer des SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 19. Juli 2017 abgelehnt (S 2 SF 2326/17 AB).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 3. August 2017 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II lägen nicht vor. Die Übernahme von Fahrtkosten komme nur bei atypischen Bedarfen in Betracht. Ein besonderer unabweisbarer Bedarf könne jedenfalls nur entstehen, soweit der im Regelsatz pauschal veranlagte Anteil übertroffen werde. Der Regelsatzanteil für Verkehr sei grundsätzlich einzusetzen, da in dieser Höhe kein unabweisbarer Bedarf bestehe. Gemäß § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) betrage der Anteil für Abteilung 7 (Verkehr) für erwachsene alleinstehende Leistungsbezieher 32,90 Euro (bei 399 Euro monatlichem Regelsatz im Jahr 2015 entspreche dies ca. 8,25 Prozent). Selbst bei dem nach § 20 Abs. 2 SGB II abgesenkten Regelbedarf könne bei dem geltend gemachten Betrag von 124,02 Euro bei einem sich über ca. zwei Jahre erstreckenden Zeitraum nicht festgestellt werden, dass ein solcher unabweisbarer Bedarf vorliege. Im Übrigen habe der Kläger keinen vorherigen Antrag auf Übernahme der Fahrtkosten bei seiner Krankenkasse gestellt.
Gegen das ihm am 8. August 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. August 2017 Berufung eingelegt. Das Urteil sei durch einen Richter gefällt worden, den er wegen Befangenheit abgelehnt habe. Wegen eines Krankheitsschubes sei er am Tage der Verhandlung nicht reisefähig gewesen. Als Hilfeempfänger in häuslicher Gemeinschaft habe er einen um 40 Euro gegenüber dem alleinstehenden Hilfeempfänger reduzierten Regelsatz. Dies sei nicht ausreichend. Das Urteil und die Ladung zur mündlichen Verhandlung seien nicht unterschrieben gewesen.
Der Kläger beantragt – sachgerecht gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. August 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 zu verurteilen, ihm unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015 höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs für Fahrtkosten zu gewähren.
Der Beklagte hat sich zur Sache nicht geäußert.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Parallelverfahren sowie die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben sich nicht geäußert, insbesondere keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss vorgebracht.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Der Kläger begehrte vor dem SG (zuletzt) und auch weiterhin die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung von Fahrtkosten zu Fachärzten und Kliniken im Zeitraum vom 9. März 2015 bis 25. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro. Damit ist zwar nicht der Beschwerdewert von 750,00 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten, die Berufung betrifft aber wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
a) Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 9. März, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober und 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 begehrt. Diese Fahrten waren weder Gegenstand seiner Anträge vom 14. Juni 2015 und am 22. Juli 2015 noch des Bescheides vom 2. September 2015 und auch nicht des Widerspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid vom 2. September 2015. Der Kläger hat im Verwaltungs- und im Vorverfahren nur die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 (eigene Arztbesuche) und zwischen dem 18. und 21. Mai sowie zwischen dem 2. und 6. Juli 2015 (Krankenhausbesuche bei der Lebensgefährtin bzw. Tochter) geltend gemacht.
Da es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, den der Kläger geltend macht, nach der Rechtsprechung des BSG nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.), war der ursprüngliche Mehrbedarfsantrag des Klägers darauf gerichtet, den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 für die Monate Mai, Juni und Juli zu ändern und höhere Leistungen zu bewilligen. Die einzelnen Monate bilden abtrennbare Streitgegenstände, weil § 41 Abs. 1 SGB II von einer monatsweisen Berechnung und Bewilligung der Leistungen im Regelfall ausgeht (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R – juris Rdnr. 11; ferner BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10).
Entsprechend hat der Beklagte den Antrag auch zutreffend behandelt und ausdrücklich eine Überprüfung des Bescheides vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 – der Sache nach für Mai, Juni und Juli 2015 – vorgenommen, wenn auch laut der Begründung des Bescheides vom 2. September 2015 für Juni bis September 2015. Höhere Leistungen für März und August 2015, September 2016, Oktober 2016 und Januar 2017 – und damit auch die Kosten für die Fahrten am 9. März 2015, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober, 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 – waren von vorneherein nicht Gegenstand der Entscheidung des Beklagten und können daher nicht zulässigerweise Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens sein (zur Sachurteilsvoraussetzung einer vorherigen Verwaltungsentscheidung vgl. nur BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 33/07 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 21. September 2010 – B 2 U 25/09 R – juris Rdnr. 12; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 17/14 R – juris Rdnr. 13; Söhngen in jurisPK-SGG, 2017, § 54 Rdnr. 42).
b) Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 (eigene Arztbesuche) und zwischen dem 18. und 21. Mai sowie zwischen dem 2. und 6. Juli 2015 (Krankenhausbesuche bei der Lebensgefährtin bzw. Tochter) begehrt. Da es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, den der Kläger geltend macht, nach der Rechtsprechung des BSG nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.), war der ursprüngliche Mehrbedarfsantrag des Klägers darauf gerichtet, den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 für die Monate Mai, Juni und Juli 2015 zu ändern und höhere Leistungen zu bewilligen. An die Stelle des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 ist inzwischen teilweise der Änderungsbewilligungsbescheid vom 2. September 2015 getreten, mit dem unter anderem die Leistungen für Juni und Juli 2015 neu bewilligt wurden. Gegenstand der Überprüfung, ob dem Kläger für Mai, Juni und Juli 2015 die zutreffenden Leistungen bewilligt wurden, ist damit der Bewilligungsbescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015.
Streitgegenständlich ist damit der gesamte Regelbedarf einschließlich etwaiger Mehrbedarfe, da die Mehrbedarfe nach der Rechtsprechung des BSG keinen abtrennbaren Streitgegenstand bilden können (zum Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.; zum Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 48/12 R – juris Rdnr. 9; anders für die Mehrbedarfe nach dem SGB XII BSG, Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 10/06 R – juris Rdnr. 12 ff.). Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind nicht streitgegenständlich, da es sich insofern um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – juris Rdnr. 18; aus jüngerer Zeit etwa BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – juris Rdnr. 10 ff.) und der Kläger insofern einen höheren Bedarf nicht geltend macht. In zeitlicher Hinsicht sind nur die Monate Mai, Juni und Juli 2015 streitgegenständlich, da der Kläger im vorliegenden Verfahren zulässigerweise nur für diese Monate höhere Ansprüche geltend macht. Die einzelnen Monate bilden abtrennbare Streitgegenstände, weil § 41 Abs. 1 SGB II von einer monatsweisen Berechnung und Bewilligung der Leistungen im Regelfall ausgeht (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R – juris Rdnr. 11; ferner BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10). Darlehensweise Leistungen begehrt der Kläger nicht, so dass der Senat einen dahingehenden Anspruch nicht prüfen musste.
c) Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. September 2015 zu ändern und höhere Leistungen für Mai, Juni und Juli 2015 zu gewähren. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Mai, Juni und Juli 2015 als die im Bescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bescheides vom 2. September 2015 bewilligten Leistungen.
aa) Der Kläger, der mit seiner Lebensgefährtin zusammen wohnte, hatte für Mai, Juni und Juli 2015 zum einen einen Anspruch auf den Regelbedarf für zwei in Bedarfsgemeinschaft lebende erwachsene erwerbsfähige Personen in Höhe von 90 Prozent des für alleinstehende Personen vorgesehenen Regelbedarfs (§ 20 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 SGB II in der vom 1. April 2011 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung i.V.m der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2015 vom 15. Oktober 2014, BGBl. I S. 1620), also im streitgegenständlichen Zeitraum von monatlich 360 Euro. Diesen Regelbedarf hat der Beklagte in seinen Bewilligungsbescheiden vom 24. März und 2. September 2015 zutreffend berücksichtigt. Zu Recht hat der Beklagte dabei im Juni 2015 das anzurechnende Einkommen des Klägers in Höhe von 20,94 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 15,70 Euro anspruchsmindernd berücksichtigt; hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht.
Dieser für zwei in Bedarfsgemeinschaft lebende erwachsene erwerbsfähige Personen reduzierte Regelbedarf ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat (sogar) die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, die die Kürzung der Regelleistung auf 80 Prozent für das einer Bedarfsgemeinschaft angehörige erwachsene Kind vorsah, ausdrücklich bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11 – juris Rdnr. 52 ff. – BVerfGE 142, 353 [376 f.]). Es ist danach von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz anerkannte Sozialleistungen in Orientierung an der Bedürftigkeit der Betroffenen pauschal um Einsparungen zu kürzen, die im familiären häuslichen Zusammenleben typisch sind.
bb) Der Kläger hat für die streitgegenständlichen Monate außerdem einen Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 7 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II für dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 8,28 Euro. Auch diesen Mehrbedarf hat der Beklagte in seinem Bewilligungsbescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015 zutreffend berücksichtigt.
cc) Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Leistungen, insbesondere nicht auf die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II.
(1) Gemäß § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II).
Es handelt sich bei § 21 Abs. 6 SGB II um eine Ausnahmevorschrift für atypische Bedarfslagen, dessen Tatbestandsvoraussetzungen nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses des Bundestages eng und strikt sind (Bundestags-Drucksache 17/1465, S. 8). Der Gesetzgeber hat damit ein Element aus dem sog. Hartz IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a., BVerfGE 125, 175 ff.; dazu etwa Aubel in Emmenegger/Wiedmann [Hrsg.], Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 2, 2011, S. 273 ff.) umgesetzt. Das BVerfG hatte die Auffassung vertreten, dass es mit Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) unvereinbar sei, dass im SGB II eine Regelung fehle, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs vorsehe (BVerfGE 125, 175 [252]). Auch das Bundesverfassungsgericht ging von engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen aus, so dass ein derartiger zusätzlicher Anspruch nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfGE 125, 175 [255]; ebenso Tattermusch in Estelmann, SGB II, § 21 Rdnr. 109 [Mai 2012]).
(2) Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 6 SGB II liegen hinsichtlich der Fahrtkosten zu den Arztbesuchen schon deswegen nicht vor, weil kein besonderer Bedarf vorliegt. Der Bedarf des Klägers für Fahrten zu Ärzten und zu Krankenhausbesuchen weicht von einem durchschnittlichen Bedarf nicht erheblich ab. Ein solcher erheblicher Bedarf setzt voraus, dass dieser von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 22 m.w.N.). Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar (BVerfGE 125, 175 [253] – auch zum Folgenden). Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Erforderlich für die Annahme eines besonderen Bedarfs im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II ist daher, dass die im Regelbedarf enthaltenen jeweiligen Ausgaben – hier: für Verkehr – im Einzelfall deutlich überschritten werden (Bockholdt, NZS 2016, 881 [888] m.w.N.).
In den durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG) vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) ermittelten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte von 361,81 Euro, die auch den Festlegungen der Regelbedarfe in § 20 Abs. 2 bis 4 SGB II zugrunde lagen (§ 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II), war für "Verkehr" (Abteilung 7) ein Betrag von 22,78 Euro enthalten. Dies entspricht einem Anteil von 6,30 Prozent. Bei einem Regelbedarf von 360,00 Euro wie im Fall des Klägers (siehe oben) ist damit im Regelbedarf ein Betrag von 22,68 Euro für Verkehr enthalten. Der Kläger macht für die Arztbesuche für Juni 2015 einen Bedarf von 12,30 Euro (41 km à 0,30 Euro) und für Juli 2015 von 38,40 Euro (128 km à 0,30 Euro) geltend, im Durchschnitt monatlich also 25,35 Euro. Damit liegt der geltend gemachte Bedarf für Fahrtkosten nicht erheblich über dem durchschnittlichen Bedarf, sondern nur um 2,81 Euro. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass grundsicherungsrechtlich in Anlehnung an § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) als Fahrtkosten nur ein Betrag von 0,20 Euro pro Kilometer berücksichtigt werden kann (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Januar 2017 – L 6 AS 1920/16 – juris Rdnr. 24 ff.), so dass sich Beträge von 8,20 Euro (Juni 2015) und 25,60 Euro (Juli 2015), durchschnittlich monatlich also 16,90 Euro ergeben. Die Aufwendungen für gelegentliche Fahrten zu den Ärzten aufgrund ambulanter Behandlungen sind auch dem Grunde nach nicht außergewöhnlich, sondern betreffen eine Vielzahl von Menschen in gleicher Weise. Die nicht von der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkasse abgedeckten Fahrkosten sind unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II grundsätzlich selbst zu zahlen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 1442/10 – juris Rdnr. 35; siehe auch LSG Sachsen, Beschluss vom 25. September 2014 – L 7 AS 83/12 NZB – juris Rdnr. 21 ff.). Die Situation des Klägers unterscheidet sich damit von Konstellationen, in denen es um regelmäßige Fahrten etwa zur chemotherapeutischen Behandlung oder zur Dialyse geht und deren Kosten grundsätzlich durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werden (§ 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V] i.V.m. Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses) oder in denen eine tägliche ambulante Methadonsubstitution unter ärztlicher Aufsicht erfolgt und deswegen ein laufender unabweisbarer Bedarf besteht (so die Konstellation bei LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. März 2015 – L 6 AS 1926/14 – juris Rdnr. 17 ff.). Hätte der Kläger die für die Fahrten zu seinen Ärzten entstehenden Kosten nicht decken können, hätte er allenfalls einen Anspruch auf ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II gehabt (vgl. Tattermusch in Estelmann, SGB II, § 21 Rdnr. 117 [Mai 2012]); ein solches Darlehen hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt begehrt.
An dem Befund, dass ein erheblicher, von einem durchschnittlichen Bedarf abweichender Bedarf nicht vorliegt, würde sich auch dann nichts ändern, wenn man auch die weiteren vom Kläger geltend gemachten Fahrten zu Ärzten, die aber – siehe oben – nicht zulässiger Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind, berücksichtigen würde. Der Kläger macht neben den streitgegenständlichen Fahrten noch eine Fahrt im März 2015 (45 km), eine Fahrt im August 2015 (sieben km), drei Fahrten im September 2016 (acht, 41 und 42 km), drei Fahrten im Oktober 2016 (zehn und zweimal 42 km) sowie eine Fahrt im Januar 2017 (49 km) geltend. Die Frequenz seiner Arztbesuche erreicht damit auch in der Gesamtschau keinen erheblich vom Durchschnitt abweichenden Umfang.
Die vom Kläger ebenfalls geltend gemachten Fahrtkosten in das Krankenhaus nach S., um dort seine Lebensgefährtin sowie die neugeborene gemeinsame Tochter zu besuchen, fallen schon deswegen nicht unter die Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II, weil es sich nicht um einen laufenden Bedarf handelt, sondern um eine aufgrund der Schwangerschaftskomplikationen und der Geburt der Tochter punktuell auftretende "Bedarfsspitze" (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 21 Rdnr. 68). Auch hierfür hätte der Kläger allenfalls ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II beanspruchen können.
d) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Rügen von Verfahrensfehlern durch den Kläger nicht berechtigt sind.
aa) Soweit der Kläger rügt, dass beim SG der Richter B. entschieden habe, obwohl er diesen als befangen abgelehnt habe, greift dies nicht durch, da der Befangenheitsantrag durch Beschluss des SG vom 19. Juli 2017 rechtskräftig (§ 172 Abs. 2 SGG) abgelehnt worden ist. Der Richter B. war damit an der Mitwirkung bei dem Urteil nicht gehindert (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2013 – L 9 SO 485/13 B ER – juris Rdnr. 5).
bb) Auch die Rüge, die Terminsladung und das Urteil seien nicht unterschrieben, hat keinen Erfolg. Nach § 134 Abs. 1 SGG ist das Urteil vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Dies ist hier erfolgt. Der zuständige Kammervorsitzende hat das Original des Urteils, das sich in der Akte des SG befindet, unterschrieben. Die dem Kläger zugestellte Ausfertigung des Urteils ist nicht vom Vorsitzenden, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben (§ 137 Satz 1 SGG). Die Terminsladung ist im Original ebenfalls vom zuständigen Richter – mit vollem Namen – unterzeichnet worden. Sie ist dem Kläger – wie sich aus seinem eigenen Vorbringen ergibt – gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGG bekanntgegeben und sogar förmlich mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden (Bl. 37a der SG-Akte im Verfahren S 10 AS 3117/15).
cc) Nicht anderes folgt schließlich aus dem Vorbringen des Klägers, er sei am Tage der Verhandlung nicht reisefähig gewesen. Er behauptet nicht einmal, einen Verlegungsantrag gestellt zu haben. Ein solcher lässt sich auch der Akte des SG nicht entnehmen. Allein das Fehlen eines Beteiligten im Termin ist kein Vertagungsgrund (BSG, Urteil vom 18. August 1999 – B 2 U 313/98 B – juris Rdnr. 9 f.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Erstattung von Fahrtkosten zu eigenen ambulanten Behandlungen bei Fachärzten sowie zu Klinikbesuchen bei seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter im Zeitraum vom 9. März 2015 bis 25. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro als Zuschuss.
Der 1951 geborene Kläger bezog bis zum Beginn seiner Regelaltersrente am 1. Juli 2016 Leistungen des Beklagten zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2015 vorläufig Leistungen für April bis September 2015. Mit Änderungsbescheid vom 24. März 2015 bewilligte ihm der Beklagte – wegen noch nicht bekannten Einkommens des Klägers aus einer geringfügigen Beschäftigung vorläufig – Leistungen für April 2015 bis September 2015 in Höhe von insgesamt monatlich 538,28 Euro, mit Änderungsbescheid vom 8. April 2015 für April 2015 vorläufig in Höhe von 538,28 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf von 360,00 Euro, einem Mehrbedarf (wegen dezentraler Warmwasserzeugung) in Höhe von 8,28 Euro und Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,00 Euro. Der Kläger lebte in diesem Zeitraum zusammen mit seiner Lebensgefährtin sowie zwei – ab dem 6. Juli 2015: drei – Kindern in E ...
Der Kläger beantragte am 14. Juni 2015 und am 22. Juli 2015 beim Beklagten die Übernahme von Fahrtkosten zu Ärzten und Kliniken und zwar für eigene ambulante Arztbesuche am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 jeweils in S. sowie für fünf Besuchsfahrten zu seiner Lebensgefährtin während deren stationärer Krankenhausaufenthalte in S. vom 18. bis 21. Mai und vom 2. bis 6. Juli 2015 bzw. zu der am 2. Juli 2015 dort geborenen gemeinsamen Tochter.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 2. September 2015 vorläufig unter anderem für Juni 2015 Leistungen in Höhe von 517,34 Euro (Regelbedarf: 339,06 Euro; Mehrbedarf: 8,28 Euro; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 170,00 Euro) und für Juli 2015 in Höhe von 489,72 Euro (Regelbedarf: 344,31 Euro; Mehrbedarf: 8,28 Euro; Bedarfe für Unterkunft und Heizung: 137,13 Euro). Mit Aufhebungsbescheid vom 1. September 2015 hob der Beklagte seine bisherige Bewilligung entsprechend teilweise (für Juni 2015 in Höhe von 20,94 Euro, für 2015 in Höhe von 15,70 Euro) auf. Grund hierfür war Einkommen (nach Abzug der Freibeträge) des Klägers in Höhe von 20,94 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 15,70 Euro. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2015 zurück.
Der Beklagte lehnte mit weiterem Bescheid vom 2. September 2015 höhere Leistungen für einen "Mehrbedarf für unabweisbare, laufende besondere Bedarfe in Härtefällen" ab. Die Leistungsbewilligung für Juni bis September 2015 (Bescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015) sei überprüft worden. Ein Mehrbedarf sei nicht anzuerkennen, weil weder Anhaltspunkte für das Bestehen einer atypischen Lebenslage, eines atypischen Ursprungs des Bedarfs oder eines erheblich überdurchschnittlichen Bedarfs noch Anhaltspunkte vorlägen, dass der besondere Bedarf nicht anderweitig hätte gedeckt werden können.
Hiergegen erhob der Kläger am 5. September 2015 Widerspruch. Für seine Arztbesuche am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 sei ein Mehrbedarf zu gewähren. Auch für die Besuche bei seiner Lebensgefährtin und dem neugeborenen, leiblichen Kind bestehe ein Anspruch auf Mehrkostenersatz. In dem verminderten Regelsatz von 360 Euro seien diese Kosten nicht enthalten.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2015 zurück. Ein Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II liege nicht vor. Es fehle bereits an der vom Gesetz vorausgesetzten Atypik des Bedarfs. Sowohl Besuche bei Fachärzten im örtlichen Nahbereich als auch Besuchsfahrten ins nahegelegene Krankenhaus seien keine atypischen, sondern gewöhnliche Bedarfe, die jeden mehr oder weniger häufig beträfen.
Am 14. September 2015 hat der Kläger beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Mit seinem (reduzierten) Regelsatz sei es ihm nicht möglich, die Kosten zu tragen. Es liege ein Mehrbedarf vor. Er begehre die Erstattung der Kosten für Fahrten zu Ärzten am 9. März, 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli, 27. Juli 2015, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober, 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro (413,4 km à 0,30 Euro). Im Regelbedarf sei ein Anteil von 6,3 Prozent für den Bereich Verkehr enthalten. Gehe man hiervon aus, sei bei ihm ein Betrag von 33,90 Euro enthalten. Allein für die Besuche bei der Lebensgefährtin im Krankenhaus habe er mehr aufwenden müssen, nämlich bei einer durchschnittlichen Wegstrecke von mindestens 21 km bereits 63 Euro. Eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmittel sei nicht möglich. Seine Krankenkasse verweigere kategorisch die Erstattung von Fahrtkosten; daher seien dort "keine spezifizierten Kosten" eingereicht worden.
Am 9. Mai 2017 hat der Kläger den Vorsitzenden der 10. Kammer des SG, Richter Bingenheimer, als befangen abgelehnt. Die 2. Kammer des SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 19. Juli 2017 abgelehnt (S 2 SF 2326/17 AB).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 3. August 2017 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II lägen nicht vor. Die Übernahme von Fahrtkosten komme nur bei atypischen Bedarfen in Betracht. Ein besonderer unabweisbarer Bedarf könne jedenfalls nur entstehen, soweit der im Regelsatz pauschal veranlagte Anteil übertroffen werde. Der Regelsatzanteil für Verkehr sei grundsätzlich einzusetzen, da in dieser Höhe kein unabweisbarer Bedarf bestehe. Gemäß § 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) betrage der Anteil für Abteilung 7 (Verkehr) für erwachsene alleinstehende Leistungsbezieher 32,90 Euro (bei 399 Euro monatlichem Regelsatz im Jahr 2015 entspreche dies ca. 8,25 Prozent). Selbst bei dem nach § 20 Abs. 2 SGB II abgesenkten Regelbedarf könne bei dem geltend gemachten Betrag von 124,02 Euro bei einem sich über ca. zwei Jahre erstreckenden Zeitraum nicht festgestellt werden, dass ein solcher unabweisbarer Bedarf vorliege. Im Übrigen habe der Kläger keinen vorherigen Antrag auf Übernahme der Fahrtkosten bei seiner Krankenkasse gestellt.
Gegen das ihm am 8. August 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. August 2017 Berufung eingelegt. Das Urteil sei durch einen Richter gefällt worden, den er wegen Befangenheit abgelehnt habe. Wegen eines Krankheitsschubes sei er am Tage der Verhandlung nicht reisefähig gewesen. Als Hilfeempfänger in häuslicher Gemeinschaft habe er einen um 40 Euro gegenüber dem alleinstehenden Hilfeempfänger reduzierten Regelsatz. Dies sei nicht ausreichend. Das Urteil und die Ladung zur mündlichen Verhandlung seien nicht unterschrieben gewesen.
Der Kläger beantragt – sachgerecht gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. August 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 zu verurteilen, ihm unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015 höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs für Fahrtkosten zu gewähren.
Der Beklagte hat sich zur Sache nicht geäußert.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Parallelverfahren sowie die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben sich nicht geäußert, insbesondere keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss vorgebracht.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Der Kläger begehrte vor dem SG (zuletzt) und auch weiterhin die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung von Fahrtkosten zu Fachärzten und Kliniken im Zeitraum vom 9. März 2015 bis 25. Januar 2017 in Höhe von insgesamt 124,02 Euro. Damit ist zwar nicht der Beschwerdewert von 750,00 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten, die Berufung betrifft aber wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
a) Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 9. März, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober und 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 begehrt. Diese Fahrten waren weder Gegenstand seiner Anträge vom 14. Juni 2015 und am 22. Juli 2015 noch des Bescheides vom 2. September 2015 und auch nicht des Widerspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid vom 2. September 2015. Der Kläger hat im Verwaltungs- und im Vorverfahren nur die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 (eigene Arztbesuche) und zwischen dem 18. und 21. Mai sowie zwischen dem 2. und 6. Juli 2015 (Krankenhausbesuche bei der Lebensgefährtin bzw. Tochter) geltend gemacht.
Da es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, den der Kläger geltend macht, nach der Rechtsprechung des BSG nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.), war der ursprüngliche Mehrbedarfsantrag des Klägers darauf gerichtet, den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 für die Monate Mai, Juni und Juli zu ändern und höhere Leistungen zu bewilligen. Die einzelnen Monate bilden abtrennbare Streitgegenstände, weil § 41 Abs. 1 SGB II von einer monatsweisen Berechnung und Bewilligung der Leistungen im Regelfall ausgeht (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R – juris Rdnr. 11; ferner BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10).
Entsprechend hat der Beklagte den Antrag auch zutreffend behandelt und ausdrücklich eine Überprüfung des Bescheides vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 – der Sache nach für Mai, Juni und Juli 2015 – vorgenommen, wenn auch laut der Begründung des Bescheides vom 2. September 2015 für Juni bis September 2015. Höhere Leistungen für März und August 2015, September 2016, Oktober 2016 und Januar 2017 – und damit auch die Kosten für die Fahrten am 9. März 2015, im August 2015, am 12. September, 26. September, 28. September, 9. Oktober, 24. Oktober 2016 und am 5. Januar 2017 – waren von vorneherein nicht Gegenstand der Entscheidung des Beklagten und können daher nicht zulässigerweise Gegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens sein (zur Sachurteilsvoraussetzung einer vorherigen Verwaltungsentscheidung vgl. nur BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 33/07 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 21. September 2010 – B 2 U 25/09 R – juris Rdnr. 12; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 17/14 R – juris Rdnr. 13; Söhngen in jurisPK-SGG, 2017, § 54 Rdnr. 42).
b) Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten für Fahrten am 11. Juni, 6. Juli, 20. Juli und 27. Juli 2015 (eigene Arztbesuche) und zwischen dem 18. und 21. Mai sowie zwischen dem 2. und 6. Juli 2015 (Krankenhausbesuche bei der Lebensgefährtin bzw. Tochter) begehrt. Da es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II, den der Kläger geltend macht, nach der Rechtsprechung des BSG nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.), war der ursprüngliche Mehrbedarfsantrag des Klägers darauf gerichtet, den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 für die Monate Mai, Juni und Juli 2015 zu ändern und höhere Leistungen zu bewilligen. An die Stelle des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 ist inzwischen teilweise der Änderungsbewilligungsbescheid vom 2. September 2015 getreten, mit dem unter anderem die Leistungen für Juni und Juli 2015 neu bewilligt wurden. Gegenstand der Überprüfung, ob dem Kläger für Mai, Juni und Juli 2015 die zutreffenden Leistungen bewilligt wurden, ist damit der Bewilligungsbescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015.
Streitgegenständlich ist damit der gesamte Regelbedarf einschließlich etwaiger Mehrbedarfe, da die Mehrbedarfe nach der Rechtsprechung des BSG keinen abtrennbaren Streitgegenstand bilden können (zum Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rdnr. 11 m.w.N.; zum Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 48/12 R – juris Rdnr. 9; anders für die Mehrbedarfe nach dem SGB XII BSG, Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 10/06 R – juris Rdnr. 12 ff.). Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind nicht streitgegenständlich, da es sich insofern um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – juris Rdnr. 18; aus jüngerer Zeit etwa BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – juris Rdnr. 10 ff.) und der Kläger insofern einen höheren Bedarf nicht geltend macht. In zeitlicher Hinsicht sind nur die Monate Mai, Juni und Juli 2015 streitgegenständlich, da der Kläger im vorliegenden Verfahren zulässigerweise nur für diese Monate höhere Ansprüche geltend macht. Die einzelnen Monate bilden abtrennbare Streitgegenstände, weil § 41 Abs. 1 SGB II von einer monatsweisen Berechnung und Bewilligung der Leistungen im Regelfall ausgeht (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R – juris Rdnr. 11; ferner BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 10). Darlehensweise Leistungen begehrt der Kläger nicht, so dass der Senat einen dahingehenden Anspruch nicht prüfen musste.
c) Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 18. März 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. März 2015 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. September 2015 zu ändern und höhere Leistungen für Mai, Juni und Juli 2015 zu gewähren. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Mai, Juni und Juli 2015 als die im Bescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bescheides vom 2. September 2015 bewilligten Leistungen.
aa) Der Kläger, der mit seiner Lebensgefährtin zusammen wohnte, hatte für Mai, Juni und Juli 2015 zum einen einen Anspruch auf den Regelbedarf für zwei in Bedarfsgemeinschaft lebende erwachsene erwerbsfähige Personen in Höhe von 90 Prozent des für alleinstehende Personen vorgesehenen Regelbedarfs (§ 20 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 SGB II in der vom 1. April 2011 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung i.V.m der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2015 vom 15. Oktober 2014, BGBl. I S. 1620), also im streitgegenständlichen Zeitraum von monatlich 360 Euro. Diesen Regelbedarf hat der Beklagte in seinen Bewilligungsbescheiden vom 24. März und 2. September 2015 zutreffend berücksichtigt. Zu Recht hat der Beklagte dabei im Juni 2015 das anzurechnende Einkommen des Klägers in Höhe von 20,94 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 15,70 Euro anspruchsmindernd berücksichtigt; hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht.
Dieser für zwei in Bedarfsgemeinschaft lebende erwachsene erwerbsfähige Personen reduzierte Regelbedarf ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat (sogar) die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, die die Kürzung der Regelleistung auf 80 Prozent für das einer Bedarfsgemeinschaft angehörige erwachsene Kind vorsah, ausdrücklich bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11 – juris Rdnr. 52 ff. – BVerfGE 142, 353 [376 f.]). Es ist danach von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz anerkannte Sozialleistungen in Orientierung an der Bedürftigkeit der Betroffenen pauschal um Einsparungen zu kürzen, die im familiären häuslichen Zusammenleben typisch sind.
bb) Der Kläger hat für die streitgegenständlichen Monate außerdem einen Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 7 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II für dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 8,28 Euro. Auch diesen Mehrbedarf hat der Beklagte in seinem Bewilligungsbescheid vom 24. März 2015 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 2. September 2015 zutreffend berücksichtigt.
cc) Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Leistungen, insbesondere nicht auf die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II.
(1) Gemäß § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II).
Es handelt sich bei § 21 Abs. 6 SGB II um eine Ausnahmevorschrift für atypische Bedarfslagen, dessen Tatbestandsvoraussetzungen nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses des Bundestages eng und strikt sind (Bundestags-Drucksache 17/1465, S. 8). Der Gesetzgeber hat damit ein Element aus dem sog. Hartz IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a., BVerfGE 125, 175 ff.; dazu etwa Aubel in Emmenegger/Wiedmann [Hrsg.], Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 2, 2011, S. 273 ff.) umgesetzt. Das BVerfG hatte die Auffassung vertreten, dass es mit Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) unvereinbar sei, dass im SGB II eine Regelung fehle, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs vorsehe (BVerfGE 125, 175 [252]). Auch das Bundesverfassungsgericht ging von engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen aus, so dass ein derartiger zusätzlicher Anspruch nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfGE 125, 175 [255]; ebenso Tattermusch in Estelmann, SGB II, § 21 Rdnr. 109 [Mai 2012]).
(2) Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 6 SGB II liegen hinsichtlich der Fahrtkosten zu den Arztbesuchen schon deswegen nicht vor, weil kein besonderer Bedarf vorliegt. Der Bedarf des Klägers für Fahrten zu Ärzten und zu Krankenhausbesuchen weicht von einem durchschnittlichen Bedarf nicht erheblich ab. Ein solcher erheblicher Bedarf setzt voraus, dass dieser von einem durchschnittlichen Bedarf in nicht nur unbedeutendem wirtschaftlichen Umfang abweicht (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 4 AS 27/14 R – juris Rdnr. 22 m.w.N.). Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar (BVerfGE 125, 175 [253] – auch zum Folgenden). Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Erforderlich für die Annahme eines besonderen Bedarfs im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II ist daher, dass die im Regelbedarf enthaltenen jeweiligen Ausgaben – hier: für Verkehr – im Einzelfall deutlich überschritten werden (Bockholdt, NZS 2016, 881 [888] m.w.N.).
In den durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG) vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) ermittelten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte von 361,81 Euro, die auch den Festlegungen der Regelbedarfe in § 20 Abs. 2 bis 4 SGB II zugrunde lagen (§ 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II), war für "Verkehr" (Abteilung 7) ein Betrag von 22,78 Euro enthalten. Dies entspricht einem Anteil von 6,30 Prozent. Bei einem Regelbedarf von 360,00 Euro wie im Fall des Klägers (siehe oben) ist damit im Regelbedarf ein Betrag von 22,68 Euro für Verkehr enthalten. Der Kläger macht für die Arztbesuche für Juni 2015 einen Bedarf von 12,30 Euro (41 km à 0,30 Euro) und für Juli 2015 von 38,40 Euro (128 km à 0,30 Euro) geltend, im Durchschnitt monatlich also 25,35 Euro. Damit liegt der geltend gemachte Bedarf für Fahrtkosten nicht erheblich über dem durchschnittlichen Bedarf, sondern nur um 2,81 Euro. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass grundsicherungsrechtlich in Anlehnung an § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) als Fahrtkosten nur ein Betrag von 0,20 Euro pro Kilometer berücksichtigt werden kann (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Januar 2017 – L 6 AS 1920/16 – juris Rdnr. 24 ff.), so dass sich Beträge von 8,20 Euro (Juni 2015) und 25,60 Euro (Juli 2015), durchschnittlich monatlich also 16,90 Euro ergeben. Die Aufwendungen für gelegentliche Fahrten zu den Ärzten aufgrund ambulanter Behandlungen sind auch dem Grunde nach nicht außergewöhnlich, sondern betreffen eine Vielzahl von Menschen in gleicher Weise. Die nicht von der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkasse abgedeckten Fahrkosten sind unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II grundsätzlich selbst zu zahlen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. November 2011 – L 7 AS 1442/10 – juris Rdnr. 35; siehe auch LSG Sachsen, Beschluss vom 25. September 2014 – L 7 AS 83/12 NZB – juris Rdnr. 21 ff.). Die Situation des Klägers unterscheidet sich damit von Konstellationen, in denen es um regelmäßige Fahrten etwa zur chemotherapeutischen Behandlung oder zur Dialyse geht und deren Kosten grundsätzlich durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werden (§ 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V] i.V.m. Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses) oder in denen eine tägliche ambulante Methadonsubstitution unter ärztlicher Aufsicht erfolgt und deswegen ein laufender unabweisbarer Bedarf besteht (so die Konstellation bei LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. März 2015 – L 6 AS 1926/14 – juris Rdnr. 17 ff.). Hätte der Kläger die für die Fahrten zu seinen Ärzten entstehenden Kosten nicht decken können, hätte er allenfalls einen Anspruch auf ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II gehabt (vgl. Tattermusch in Estelmann, SGB II, § 21 Rdnr. 117 [Mai 2012]); ein solches Darlehen hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt begehrt.
An dem Befund, dass ein erheblicher, von einem durchschnittlichen Bedarf abweichender Bedarf nicht vorliegt, würde sich auch dann nichts ändern, wenn man auch die weiteren vom Kläger geltend gemachten Fahrten zu Ärzten, die aber – siehe oben – nicht zulässiger Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind, berücksichtigen würde. Der Kläger macht neben den streitgegenständlichen Fahrten noch eine Fahrt im März 2015 (45 km), eine Fahrt im August 2015 (sieben km), drei Fahrten im September 2016 (acht, 41 und 42 km), drei Fahrten im Oktober 2016 (zehn und zweimal 42 km) sowie eine Fahrt im Januar 2017 (49 km) geltend. Die Frequenz seiner Arztbesuche erreicht damit auch in der Gesamtschau keinen erheblich vom Durchschnitt abweichenden Umfang.
Die vom Kläger ebenfalls geltend gemachten Fahrtkosten in das Krankenhaus nach S., um dort seine Lebensgefährtin sowie die neugeborene gemeinsame Tochter zu besuchen, fallen schon deswegen nicht unter die Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II, weil es sich nicht um einen laufenden Bedarf handelt, sondern um eine aufgrund der Schwangerschaftskomplikationen und der Geburt der Tochter punktuell auftretende "Bedarfsspitze" (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 21 Rdnr. 68). Auch hierfür hätte der Kläger allenfalls ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II beanspruchen können.
d) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Rügen von Verfahrensfehlern durch den Kläger nicht berechtigt sind.
aa) Soweit der Kläger rügt, dass beim SG der Richter B. entschieden habe, obwohl er diesen als befangen abgelehnt habe, greift dies nicht durch, da der Befangenheitsantrag durch Beschluss des SG vom 19. Juli 2017 rechtskräftig (§ 172 Abs. 2 SGG) abgelehnt worden ist. Der Richter B. war damit an der Mitwirkung bei dem Urteil nicht gehindert (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2013 – L 9 SO 485/13 B ER – juris Rdnr. 5).
bb) Auch die Rüge, die Terminsladung und das Urteil seien nicht unterschrieben, hat keinen Erfolg. Nach § 134 Abs. 1 SGG ist das Urteil vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Dies ist hier erfolgt. Der zuständige Kammervorsitzende hat das Original des Urteils, das sich in der Akte des SG befindet, unterschrieben. Die dem Kläger zugestellte Ausfertigung des Urteils ist nicht vom Vorsitzenden, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben (§ 137 Satz 1 SGG). Die Terminsladung ist im Original ebenfalls vom zuständigen Richter – mit vollem Namen – unterzeichnet worden. Sie ist dem Kläger – wie sich aus seinem eigenen Vorbringen ergibt – gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGG bekanntgegeben und sogar förmlich mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden (Bl. 37a der SG-Akte im Verfahren S 10 AS 3117/15).
cc) Nicht anderes folgt schließlich aus dem Vorbringen des Klägers, er sei am Tage der Verhandlung nicht reisefähig gewesen. Er behauptet nicht einmal, einen Verlegungsantrag gestellt zu haben. Ein solcher lässt sich auch der Akte des SG nicht entnehmen. Allein das Fehlen eines Beteiligten im Termin ist kein Vertagungsgrund (BSG, Urteil vom 18. August 1999 – B 2 U 313/98 B – juris Rdnr. 9 f.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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