Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1269/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der gegen die Angehörigen gerichtete Auskunftsanspruch des § 43 Abs. 5 SGB XII setzt voraus, dass im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Einkommensgrenze von 100.000,00 € vorliegen. Bei der Prüfung dieser Tatbestandsvoraussetzung darf der Grundsicherungsträger alle ihm vorliegenden Erkenntnisse berücksichtigen und ist nicht auf öffentlich zugängliche Informationen (z.B. Funk, Fernsehen, öffentliche Archive) beschränkt.
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe:
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Auskunftsverlangen der Beklagten. Er ist seit dem Jahr 2001 bei der S. AG in Walldorf beschäftigt und erzielte gemäß Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen von 85.808,00 EUR. Aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte der Einkommenssteuerbescheid negative Einkünfte i.H.v. - 2.232,00 EUR. Die Beklagte gewährte dem am 07.11.1937 geborenen und vom 07.10.2008 bis zu seinem Tod am 05.08.2015 in einem Pflegeheim untergebrachten Vater des Klägers Hilfe zur Pflege nach dem fünften Kapitel des Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII). Der Kläger verpflichtete sich nach längerem Rechtsstreit in einem vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 4 F 1113 AG) am 14.09.2014 geschlossenen Vergleich dazu, Unterhaltszahlungen zu entrichten. Der Vergleich sah dabei unter anderem folgende Regelung vor "§ 3 Für die Zeit vom 01.01.2013 bis längstens Dezember 2017 verpflichtet sich der Antragsgegner gegenüber der Stadt Karlsruhe für seinen Vater (.) zu der folgenden Unterhaltsleistung: Die Beteiligten gehen von einer Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in Höhe von 626,00 EUR aus. Von diesem Betrag wird der Bedarf der Mutter des Antragsgegners in voller Höhe abgerechnet. Die dann noch bestehende Differenz wird halbiert in dem Sinne, dass der Antragsgegner 50 % des dann noch offenen Geldbetrages als übergegangenen Elternunterhalt an die Stadt K. bezahlt (Berechnungsbeispiel: 626 EUR - 150 EUR Bedarf der Mutter des Antragsgegners = 476 EUR:2 = 238 EUR im Monat). Die Abrechnung erfolgt immer jährlich und zwar im Januar für das jeweils vorausgegangene Jahr. Ab Oktober 2014 leistet der Antragsgegner für seinen Vater den monatlichen Vorschuss in Höhe von 200,00 EUR an die Stadt Karlsruhe.
§ 4 Für den Unterhaltszeitraum von Januar 2013 bis einschließlich Dezember 2017 gibt es folgende Änderungsmöglichkeiten: a.) Wenn der Bedarf der Mutter es Antragsgegners mindestens monatlich 626,00 EUR beträgt oder, b.) falls die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners unter 626,00 EUR monatlich sinkt oder c.) falls die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners durch die Antragstellerin mit Wirkung ab 01.01.2017 eine wesentliche Änderung in Bezug auf die Leistungsfähigkeit ergeben sollte. Hierzu hat die Antragstellerin das Recht, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Antragsgegners ab 01.01.2017 zu überprüfen, wobei der Antragstellerin auch der Auskunftsanspruch gemäß § 117 SGB XII zusteht." Die vom Vater geschiedene und getrennt lebende am 20.02.1945 geborene Mutter des Klägers bezieht seit dem Jahr 2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel SGB XII. Sie bewohnt eine dem Kläger gehörende Wohnung und erhält hierfür Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Beklagte. Nach dem Tod des Vaters des Klägers wendete sich die Beklagte mit Schreiben vom 13.08.2015 an den Kläger und teilte mit, aufgrund des Todes des Vaters ergebe sich eine Änderung in der Unterhaltssachbearbeitung. Ab September 2015 stehe der gesamte mögliche Unterhalt für die Mutter zur Verfügung. Da die bisherige Berechnung mit Daten aus dem Jahr 2010 erfolgt sei, werde um Rücküberlassung eines Prüfbogens nebst diversen Nachweisen gebeten. Am 30.11.2015 hörte die Beklagte die Mutter des Klägers zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungen an, da der Kläger womöglich über ein Einkommen von 100.000,00 EUR verfüge. Diese nahm dahingehend Stellung, dass sie keine Veranlassung zu der Annahme habe, dass das Einkommen des Sohnes 100.000,00 EUR oder mehr betrage. Der Sohn habe eine Unterhaltsgewährung ausdrücklich abgelehnt. In diesem Zusammenhang gelangte die Seite 1 vom Einkommenssteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2011 zur Gerichtsakte, nach welchem ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 73.796,00 EUR erzielt worden war. Die Beklagte forderte den Kläger wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 05.01.2016, dazu auf, eine aktuelle Einkommenssteuererklärung vorzulegen. Mit Bescheid vom 15.03.2016 verpflichtete die Beklagte den Kläger dazu, innerhalb eines Monats Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen und hierzu eine Kopie des letzten Einkommenssteuerbescheids vorzulegen. Für den Fall, dass binnen zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids die Auskunft nicht erteilt werde, drohte die Beklagte dem Kläger die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 150,00 EUR an. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass das Einkommen zwischenzeitlich über 100.000,00 EUR liege. Insoweit bestehe eine Auskunftspflicht nach § 43 SGB XII. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung werde nach § 18 des Verwaltungsvollstreckungsgesetztes des Landes Baden-Württemberg (LVwVG) mit Zwangsmitteln vollstreckt, die vor Ihrer Anwendung schriftlich anzudrohen seien. Gemäß § 23 LVwVG betrage das Zwangsgeld zwischen 5,00 EUR und 25.000,00 EUR, unter Berücksichtigung der entstehenden Sozialhilfekosten und des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes sei ein Zwangsgeld von 150,00 EUR angemessen und verhältnismäßig. Hiergegen legte der Kläger in der Folge Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die gesetzliche Vermutung des § 43 SGB XII, nach welcher das Einkommen unter 100.000,00 EUR liege, nur zu widerlegen sei, wenn "hinreichende Anhaltspunkte" für ein Überschreiten der Einkommensgrenze vorlägen. Es entziehe sich seiner Kenntnis, welche konkreten Unterlagen diese Anhaltspunkte ergäben. Folglich liege die gesetzliche Voraussetzung für die Auskunftspflicht nicht vor. Das Auskunftsverlangen stelle den Versuch dar, die Intention des Gesetzgebers zu konterkarieren, einen Rückgriff auf unterhaltspflichtige Kinder zu vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im Recht der Grundsicherung seien Kinder eines leistungsberechtigten Elternteiles verpflichtet, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, soweit dies zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sei. Voraussetzung für eine solche Auskunftspflicht sei ferner, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Jahreseinkünfte den Betrag von brutto 100.000,00 EUR überschreiten. Hintergrund dessen sei der Umstand, dass bei tatsächlichem Überschreiten dieser Grenze ein Anspruch des Elternteils auf Grundsicherung nicht bestehe. Dann komme allenfalls die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht, die jedoch eine unterhaltsrechtliche Privilegierung von Kindern durch Regressbeschränkungen im Sinne von § 94 Abs. 1 S. 3 zweiter Halbsatz SGB XII nicht vorsehe. Der Steuerbescheid für das Jahr 2011 weise ein Einkommen aus nicht selbständige Arbeit i.H.v. ca. 73.000,00 EUR aus. Daneben sei ein negatives Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ca. 3500,00 EUR ausgewiesen. Aufgrund der zwischenzeitlich verstrichenen Jahre sei ein Anstieg des Erwerbseinkommens denkbar. Gleichfalls sei denkbar, dass sich steuerliche Absetzungsmöglichkeiten geändert hätten bzw. unterhaltsrechtlich nicht mehr bedeutsam seien. Vor diesem Hintergrund lägen hinreichende Anhaltspunkte für ein entsprechendes Einkommen vor. Ob das Einkommen die Grenze von 100.000,00 EUR tatsächlich überschreite, sei an dieser Stelle irrelevant, da der angefochtene Bescheid vielmehr der Prüfung dieser Frage diene. Weiterhin sei unbeachtlich, ob der Kläger tatsächlich zum Unterhalt heranzuziehen sei. Ferner ergänzte die Beklagte ihre Erwägungen zur Zwangsgeldandrohung und präzisierte die Auskunftsverpflichtung des Ausgangsbescheids. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte verwiesen. Hiergegen hat der Kläger am 18.04.2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen vor, hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR lägen nicht vor. Das Vorliegen solcher Anhaltspunkte sei anhand allgemeiner Erfahrungswerte zu beurteilen, die fernliegende Möglichkeit einer Überschreitung der Einkommensgrenze genüge hingegen nicht. Vielmehr müsse die Überschreitung wahrscheinlich sein. Lege man das Einkommen des Jahres 2011 i.H.v. 73.000,00 EUR zu Grunde, müsse eine Gehaltssteigerung von ca. 36 % angenommen worden sein. Die durchschnittliche Einkommensentwicklung belaufe sich ausweislich der Daten des statistischen Bundesamtes indes auf unter 15 %. Damit sei eine Einkommensüberschreitung nicht wahrscheinlich und allenfalls eine fernliegende Möglichkeit. Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche Gehaltsentwicklung des Klägers seien nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Im Übrigen müsse der Kläger positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von mindestens 15.000 EUR erzielt haben, um unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Steigerung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit die Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR zu überschreiten. Die hinreichenden Anhaltpunkte dürften ferner nur aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Funk, Fernsehen oder Archiven stammen, auf anderer Weise erlangte Erkenntnisse seien hingegen nicht zu berücksichtigen. Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Bezogen auf das Kalenderjahr 2010 sei dem Einkommenssteuerbescheid dieses Jahres noch ein Bruttoeinkommen von 85.808,00 EUR zu entnehmen. Werde dieser Wert um ca. 15 % hochgerechnet, um die durchschnittliche Zunahme des Einkommens abzubilden, wie sie selbst vom Kläger zugrunde gelegt worden sei, ergebe sich ein Einkommensbetrag von ca. 98.000,00 EUR. Hinzu komme, dass der Kläger Vermieter von mindestens einer Wohnung sei, welche von seiner Mutter bewohnt werde. Die Grundmiete für diese Wohnung, welche die Beklagte als Grundsicherungsträger übernehme, belaufe sich auf monatlich 330,00 EUR und damit jährlich auf knapp 4.000,00 EUR. Bereits die Addition dieser beiden Positionen führe zu der berechtigten Annahme, dass eine Überschreitung der 100.000,00 EUR Einkommensgrenze möglich erscheine. Das Gericht hat mit Beschluss vom 28.11.2016 den Streitwert vorläufig auf 5000,00 EUR festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte nebst beigezogener Verwaltungsakten verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhobene Klage ist zulässig und als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet, denn der Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 ist rechtmäßig. II.) Rechtsgrundlage für das Auskunftsverlangen ist dabei § 43 Abs. 5 S. 4 und 5 SGB XII in der vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung (a.F.). Bei der Anfechtungsklage ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlass des Widerspruchsbescheids maßgeblich, Gründe für eine Ausnahme hiervon sind nicht ersichtlich. Im Übrigen ist § 43 Abs. 5 SGB XII für die Zeit ab dem 01.07.2017 lediglich redaktionell geändert (der bisherige S. 6 wurde als S. 3 übernommen und die bisherigen Sätze 3 bis 5 folglich nunmehr als Sätze 4 bis 6 fortgeführt) und eine Klarstellung eingefügt worden (vergl. Kirchhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 10/17, § 43 SGB XII, Rn. 9). III.) § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII a.F. bestimmt zunächst, dass Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt bleiben, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches unter einem Betrag von 100 000 Euro liegt. Nach § 43 Abs. 5 S. 2 SGB XII a.F. wird gesetzlich vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 die dort genannte Grenze nicht überschreitet. An diese gesetzliche Vermutung knüpfen § 43 Abs. 5 S. 3 bis 5 SGB XII a.F. an und regeln näher, wie die gesetzliche Vermutung widerlegt werden kann. Nach § 43 Abs. 5 S. 3 SGB XII a.F. kann zur Widerlegung der Vermutung der jeweils für die Ausführung nach dem vierten Kapitel des SGB XII zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der in Satz 1 genannten Einkommensgrenze vor, sind die Kinder oder Eltern der Leistungsberechtigten gegenüber dem jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständigen Träger gemäß § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. verpflichtet, über ihre Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Die Pflicht zur Auskunft umfasst dabei nach § 43 Abs. 5. S. 5 SGB XII a.F. die Verpflichtung, auf Verlangen des für die Ausführung des SGB XII zuständigen Trägers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. 1.) Die Auskunftspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Kinder und Eltern als Dritte. § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. ermächtigt den Sozialhilfeträger, seine öffentlich-rechtliche, der Leistungsgewährung vorgelagerte Aufgabe der Amtsermittlung auch durch Inanspruchnahme Dritter zu erfüllen (§§ 20, 21 SGB X), obwohl diese – eben als Dritte – außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses zwischen Sozialhilfeträger und -empfänger stehen. Daraus entsteht ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis (bzgl. eines Arbeitgebers wird bisweilen auch von Indienstnahmeverhältnis gesprochen). Anders als die Auskunftsverpflichtung des Hilfebedürftigen, die (nur) eine Obliegenheit ist, begründet die Auskunftspflicht der Kinder und Eltern nach § 43 SGB XII eine (echte) Leistungspflicht (Schuld) des Auskunftspflichtigen (Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 43 SGB XII, Rn. 54). 2.) Die Auskunftspflicht eines Dritten darf nach zutreffender Auffassung durch (vollstreckungsfähigen) Verwaltungsakt konkretisiert werden (Brühl/Schoch in: LPK-SGB XII, § 43 Rn. 15; Karmanski in: Jahn, § 43 SGB XII Rn. 24; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, § 43 Rn. 15; Adolph in: Linhart/Adolph § 43 Rn. 46. Ebenso zur Auskunftspflicht nach § 116 Abs. 1 BSHG (heute § 117 SGB XII) BVerwG v. 21.01.1993 - 5 C 22/90 - BVerwGE 91, 375, und BVerwG v. 17.06.1993 - 5 C 43/90 - BVerwGE 92, 330. Vgl. zum Arbeitsförderungsrecht BSG v 16.08.1989 - 7 RAr 82/88 - SozR 4100 § 144 Nr. 1; Düe in: Niesel, § 312 SGB III Rn. 4; Steinmeyer in: Gagel, § 312 SGB III Rn. 80 und 83; Voelzke in: Hauck/Noftz, K § 312 SGB III Rn. 28; zweifelnd Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 43 SGB XII, Rn. 60f m.w.N.). 3.) Die vorgenannten Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs liegen zur Überzeugung der Kammer vor. a) Der Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. erfasst in persönlicher Hinsicht die Kinder und Eltern der Leistungsberechtigten Person, mithin auch den Kläger. b.) Des Weiteren ist erforderlich, dass dem Träger der Grundsicherung im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einkünfte der Kinder bzw. Eltern des Leistungsberechtigten die 100.000 Euro-Jahreseinkommensgrenze überschreiten. Wann solche Anhaltspunkte "hinreichend" für die Annahme sind, dass Kinder bzw. Eltern ein Einkommen von über 100.000 Euro im Jahr verfügen, ist anhand allgemeiner Erfahrungswerte zu beurteilen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes genügen keine fernliegenden Möglichkeiten, andererseits sind auch keine gesicherten Annahmen erforderlich. Bei bestimmten Berufsgruppen (z. B. Chefärzte, Geschäftsführer von Pharmaunternehmen) und Personen (z. B. berühmte Künstler oder Sportler mit TV-Werbeverträgen) wird die Kenntnis des ausgeübten Berufs bzw. die Identität des Unterhaltspflichtigen als Anhaltspunkt im Sinne des § 43 Abs. 5 hinreichend sein. Im Übrigen müssen die Anhaltspunkte nicht - wie bei bestimmten Berufen - direkt auf Umstände hinweisen, die ein hohes Einkommen nahelegen. Für ein Auskunftsverlangen gegenüber Kindern oder Eltern genügt es auch, wenn der Antragsteller in einer Weise ausweichend antwortet, dass der berechtigte Verdacht besteht, dass die Einkommenssituation der Kinder oder Eltern verschleiert werden soll (vergl. Kirchhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 10/17, § 43 SGB XII, Rn. 65). Anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung hat vorbringen lassen, kommt es nach der Rechtsauffassung der Kammer nicht darauf an, auf welchem Weg die Behörde Kenntnis von Anhaltspunkten erlangt, sondern ausschließlich darauf, ob es sich um "hinreichende Anhaltpunkte" im Sinne des Gesetztes handelt. Bereits unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts ist für eine Auslegung, nach der die hinreichenden Anhaltspunkte ausschließlich aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen dürfen, kein Raum. Eine solche Auslegung ist insbesondere auch nicht deshalb zwingend, weil im Gesetzgebungsverfahren zunächst vorgesehen war, die Inanspruchnahme von Hilfen zum Lebensunterhalt in einem noch weiteren Umfang als die anschließend tatsächlich in Kraft getretene Regelung zu erleichtern (s. Art. 8 Nr. 5 des Entwurfes des Altersvermögensgesetzes vom 14.11.2000, BT-Drucks. 14/4595, S. 30 und S. 38 f., 43, 72) und überhaupt keine Einkommensgrenze zu bestimmen. Der Gesetzgeber hat unabhängig vom Gang des Gesetzgebungsverfahrens sicher nicht den Zweck verfolgt, einen Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. auch dann auszuschließen, wenn die Behörde bereits auf anderem Wege sichere Kenntnis bzw. hinreichende Anhaltspunkte dafür erlangt hat, dass die Einkommensgrenze überschritten ist. c.) Dies zu Grunde gelegt sind hinreichende Anhaltpunkte dafür vorhanden, dass das Einkommen des Klägers über 100.000,00 EUR liegen kann. Der wohl noch heute bei der S. AG tätige Kläger hat, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, bereits im Jahr 2010 ein Bruttojahreseinkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 85.808,00 EUR erzielt. Mit der Beklagten hält die Kammer es keinesfalls für fernliegend, dass seit dem Jahr 2010 Einkommenssteigerungen von 3 % pro Jahr zu verzeichnen sind, was bereits ein Bruttojahreseinkommen von 98.679,00 EUR ergeben würde. Zutreffend weist die Beklagte auch darauf hin, dass der Kläger weitere zu versteuernde Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung an seine Mutter hat. Die Beklagte entrichtet hier eine Kaltmiete von monatlich 330,00 EUR, die ebenfalls als Einkommen in Betracht kommt, woraus sich die realistische Möglichkeit weiterer Bruttoeinkünfte von 3.960,00 EUR ergibt, so dass die Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR ohne Weiteres überschritten sein kann. Gerichtsbekannter maßen liegen die Einkommenssteigerungen im oberen Einkommenssegment, wie sie in Informationstechnologieunternehmen wie der S. AG an viele Mitarbeiter gezahlt werden, teilweise deutlich über den durchschnittlichen Einkommenszuwächsen der Gesamtbevölkerung, so dass eine Einkommenssteigerung um 3 % keinesfalls fernliegend erscheint. Im Übrigen ist bei dem im Jahr 2010 gegebenen Ausgangsgehalt auch denkbar, dass durch eine Beförderung oder einen Wechsel des Arbeitgebers deutliche Gehaltssteigerungen erreicht worden sind. Sofern der Kläger sich darauf berufen mag, dass das Bruttoeinkommen im Jahr 2011 niedriger lag als im Jahr 2010, so mag dies daran liegen, dass die S. AG, wie der Kammer bekannt ist, an diverse Mitarbeiter an den Unternehmenserfolg gekoppelte jährliche Sonderzahlungen zur Auszahlung bringt. Auch vor diesem Hintergrund erscheint im vorliegenden Fall die Annahme "hinreichende Anhaltspunkte" für ein Einkommen von 100.000,00 EUR berechtigt. Insoweit kann dahinstehen, ob auch das vermeidende Verhalten des Klägers geeignet ist, ausreichende Anhaltspunkte zu begründen. d.) Der Vergleich vom 14.09.2014 schließt ein Auskunftsverlangen wegen des Grundsicherungsbedarfs der Mutter nicht aus, denn der Vergleich betrifft ausdrücklich nur den für den Vater des Klägers zu entrichtenden Unterhalt und bezieht den Bedarf der Mutter lediglich als Berechnungsgröße ein. Ein Ausschluss des Auskunftsanspruchs lässt sich aus dem Vergleich insoweit nicht ableiten. e.) Vor diesem Hintergrund ist der Kläger verpflichtet, der Beklagten die im Widerspruchsbescheid präzisierten Auskünfte zu erteilen (§ 43 Abs. 5 S. 3 SGB XII a.F.) und die benannten Beweisurkunden (§ 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F.) vorzulegen. Dass die Auskünfte und Unterlagen zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen der Mutter des Klägers benötigt werden, steht für die erkennende Kammer bereits wegen §§ 43 Abs. 5 S. 6 SGB XII a.F. i.V.m. § 94 SGB XII außer Frage und wird vom Kläger auch nicht bestritten. IV.) Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung ist der Bescheid ebenfalls rechtmäßig. Wegen der weiteren Einzelheiten macht die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen von der ihr nach § 136 Abs. 3 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch und verweist auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid, denen insoweit gefolgt wird. V.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt neben dem Unterliegen des Klägers, dass dieser in seiner Eigenschaft als Auskunftsverpflichteter nicht dem Personenkreis von § 183 SGG unterfällt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Auskunftsverlangen der Beklagten. Er ist seit dem Jahr 2001 bei der S. AG in Walldorf beschäftigt und erzielte gemäß Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen von 85.808,00 EUR. Aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte der Einkommenssteuerbescheid negative Einkünfte i.H.v. - 2.232,00 EUR. Die Beklagte gewährte dem am 07.11.1937 geborenen und vom 07.10.2008 bis zu seinem Tod am 05.08.2015 in einem Pflegeheim untergebrachten Vater des Klägers Hilfe zur Pflege nach dem fünften Kapitel des Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII). Der Kläger verpflichtete sich nach längerem Rechtsstreit in einem vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 4 F 1113 AG) am 14.09.2014 geschlossenen Vergleich dazu, Unterhaltszahlungen zu entrichten. Der Vergleich sah dabei unter anderem folgende Regelung vor "§ 3 Für die Zeit vom 01.01.2013 bis längstens Dezember 2017 verpflichtet sich der Antragsgegner gegenüber der Stadt Karlsruhe für seinen Vater (.) zu der folgenden Unterhaltsleistung: Die Beteiligten gehen von einer Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in Höhe von 626,00 EUR aus. Von diesem Betrag wird der Bedarf der Mutter des Antragsgegners in voller Höhe abgerechnet. Die dann noch bestehende Differenz wird halbiert in dem Sinne, dass der Antragsgegner 50 % des dann noch offenen Geldbetrages als übergegangenen Elternunterhalt an die Stadt K. bezahlt (Berechnungsbeispiel: 626 EUR - 150 EUR Bedarf der Mutter des Antragsgegners = 476 EUR:2 = 238 EUR im Monat). Die Abrechnung erfolgt immer jährlich und zwar im Januar für das jeweils vorausgegangene Jahr. Ab Oktober 2014 leistet der Antragsgegner für seinen Vater den monatlichen Vorschuss in Höhe von 200,00 EUR an die Stadt Karlsruhe.
§ 4 Für den Unterhaltszeitraum von Januar 2013 bis einschließlich Dezember 2017 gibt es folgende Änderungsmöglichkeiten: a.) Wenn der Bedarf der Mutter es Antragsgegners mindestens monatlich 626,00 EUR beträgt oder, b.) falls die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners unter 626,00 EUR monatlich sinkt oder c.) falls die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners durch die Antragstellerin mit Wirkung ab 01.01.2017 eine wesentliche Änderung in Bezug auf die Leistungsfähigkeit ergeben sollte. Hierzu hat die Antragstellerin das Recht, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Antragsgegners ab 01.01.2017 zu überprüfen, wobei der Antragstellerin auch der Auskunftsanspruch gemäß § 117 SGB XII zusteht." Die vom Vater geschiedene und getrennt lebende am 20.02.1945 geborene Mutter des Klägers bezieht seit dem Jahr 2009 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel SGB XII. Sie bewohnt eine dem Kläger gehörende Wohnung und erhält hierfür Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Beklagte. Nach dem Tod des Vaters des Klägers wendete sich die Beklagte mit Schreiben vom 13.08.2015 an den Kläger und teilte mit, aufgrund des Todes des Vaters ergebe sich eine Änderung in der Unterhaltssachbearbeitung. Ab September 2015 stehe der gesamte mögliche Unterhalt für die Mutter zur Verfügung. Da die bisherige Berechnung mit Daten aus dem Jahr 2010 erfolgt sei, werde um Rücküberlassung eines Prüfbogens nebst diversen Nachweisen gebeten. Am 30.11.2015 hörte die Beklagte die Mutter des Klägers zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungen an, da der Kläger womöglich über ein Einkommen von 100.000,00 EUR verfüge. Diese nahm dahingehend Stellung, dass sie keine Veranlassung zu der Annahme habe, dass das Einkommen des Sohnes 100.000,00 EUR oder mehr betrage. Der Sohn habe eine Unterhaltsgewährung ausdrücklich abgelehnt. In diesem Zusammenhang gelangte die Seite 1 vom Einkommenssteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2011 zur Gerichtsakte, nach welchem ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 73.796,00 EUR erzielt worden war. Die Beklagte forderte den Kläger wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 05.01.2016, dazu auf, eine aktuelle Einkommenssteuererklärung vorzulegen. Mit Bescheid vom 15.03.2016 verpflichtete die Beklagte den Kläger dazu, innerhalb eines Monats Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen und hierzu eine Kopie des letzten Einkommenssteuerbescheids vorzulegen. Für den Fall, dass binnen zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids die Auskunft nicht erteilt werde, drohte die Beklagte dem Kläger die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 150,00 EUR an. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass das Einkommen zwischenzeitlich über 100.000,00 EUR liege. Insoweit bestehe eine Auskunftspflicht nach § 43 SGB XII. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung werde nach § 18 des Verwaltungsvollstreckungsgesetztes des Landes Baden-Württemberg (LVwVG) mit Zwangsmitteln vollstreckt, die vor Ihrer Anwendung schriftlich anzudrohen seien. Gemäß § 23 LVwVG betrage das Zwangsgeld zwischen 5,00 EUR und 25.000,00 EUR, unter Berücksichtigung der entstehenden Sozialhilfekosten und des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes sei ein Zwangsgeld von 150,00 EUR angemessen und verhältnismäßig. Hiergegen legte der Kläger in der Folge Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass die gesetzliche Vermutung des § 43 SGB XII, nach welcher das Einkommen unter 100.000,00 EUR liege, nur zu widerlegen sei, wenn "hinreichende Anhaltspunkte" für ein Überschreiten der Einkommensgrenze vorlägen. Es entziehe sich seiner Kenntnis, welche konkreten Unterlagen diese Anhaltspunkte ergäben. Folglich liege die gesetzliche Voraussetzung für die Auskunftspflicht nicht vor. Das Auskunftsverlangen stelle den Versuch dar, die Intention des Gesetzgebers zu konterkarieren, einen Rückgriff auf unterhaltspflichtige Kinder zu vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im Recht der Grundsicherung seien Kinder eines leistungsberechtigten Elternteiles verpflichtet, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, soweit dies zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sei. Voraussetzung für eine solche Auskunftspflicht sei ferner, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Jahreseinkünfte den Betrag von brutto 100.000,00 EUR überschreiten. Hintergrund dessen sei der Umstand, dass bei tatsächlichem Überschreiten dieser Grenze ein Anspruch des Elternteils auf Grundsicherung nicht bestehe. Dann komme allenfalls die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht, die jedoch eine unterhaltsrechtliche Privilegierung von Kindern durch Regressbeschränkungen im Sinne von § 94 Abs. 1 S. 3 zweiter Halbsatz SGB XII nicht vorsehe. Der Steuerbescheid für das Jahr 2011 weise ein Einkommen aus nicht selbständige Arbeit i.H.v. ca. 73.000,00 EUR aus. Daneben sei ein negatives Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ca. 3500,00 EUR ausgewiesen. Aufgrund der zwischenzeitlich verstrichenen Jahre sei ein Anstieg des Erwerbseinkommens denkbar. Gleichfalls sei denkbar, dass sich steuerliche Absetzungsmöglichkeiten geändert hätten bzw. unterhaltsrechtlich nicht mehr bedeutsam seien. Vor diesem Hintergrund lägen hinreichende Anhaltspunkte für ein entsprechendes Einkommen vor. Ob das Einkommen die Grenze von 100.000,00 EUR tatsächlich überschreite, sei an dieser Stelle irrelevant, da der angefochtene Bescheid vielmehr der Prüfung dieser Frage diene. Weiterhin sei unbeachtlich, ob der Kläger tatsächlich zum Unterhalt heranzuziehen sei. Ferner ergänzte die Beklagte ihre Erwägungen zur Zwangsgeldandrohung und präzisierte die Auskunftsverpflichtung des Ausgangsbescheids. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte verwiesen. Hiergegen hat der Kläger am 18.04.2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen vor, hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR lägen nicht vor. Das Vorliegen solcher Anhaltspunkte sei anhand allgemeiner Erfahrungswerte zu beurteilen, die fernliegende Möglichkeit einer Überschreitung der Einkommensgrenze genüge hingegen nicht. Vielmehr müsse die Überschreitung wahrscheinlich sein. Lege man das Einkommen des Jahres 2011 i.H.v. 73.000,00 EUR zu Grunde, müsse eine Gehaltssteigerung von ca. 36 % angenommen worden sein. Die durchschnittliche Einkommensentwicklung belaufe sich ausweislich der Daten des statistischen Bundesamtes indes auf unter 15 %. Damit sei eine Einkommensüberschreitung nicht wahrscheinlich und allenfalls eine fernliegende Möglichkeit. Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche Gehaltsentwicklung des Klägers seien nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Im Übrigen müsse der Kläger positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von mindestens 15.000 EUR erzielt haben, um unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Steigerung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit die Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR zu überschreiten. Die hinreichenden Anhaltpunkte dürften ferner nur aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Funk, Fernsehen oder Archiven stammen, auf anderer Weise erlangte Erkenntnisse seien hingegen nicht zu berücksichtigen. Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Bezogen auf das Kalenderjahr 2010 sei dem Einkommenssteuerbescheid dieses Jahres noch ein Bruttoeinkommen von 85.808,00 EUR zu entnehmen. Werde dieser Wert um ca. 15 % hochgerechnet, um die durchschnittliche Zunahme des Einkommens abzubilden, wie sie selbst vom Kläger zugrunde gelegt worden sei, ergebe sich ein Einkommensbetrag von ca. 98.000,00 EUR. Hinzu komme, dass der Kläger Vermieter von mindestens einer Wohnung sei, welche von seiner Mutter bewohnt werde. Die Grundmiete für diese Wohnung, welche die Beklagte als Grundsicherungsträger übernehme, belaufe sich auf monatlich 330,00 EUR und damit jährlich auf knapp 4.000,00 EUR. Bereits die Addition dieser beiden Positionen führe zu der berechtigten Annahme, dass eine Überschreitung der 100.000,00 EUR Einkommensgrenze möglich erscheine. Das Gericht hat mit Beschluss vom 28.11.2016 den Streitwert vorläufig auf 5000,00 EUR festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte nebst beigezogener Verwaltungsakten verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhobene Klage ist zulässig und als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet, denn der Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 ist rechtmäßig. II.) Rechtsgrundlage für das Auskunftsverlangen ist dabei § 43 Abs. 5 S. 4 und 5 SGB XII in der vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung (a.F.). Bei der Anfechtungsklage ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlass des Widerspruchsbescheids maßgeblich, Gründe für eine Ausnahme hiervon sind nicht ersichtlich. Im Übrigen ist § 43 Abs. 5 SGB XII für die Zeit ab dem 01.07.2017 lediglich redaktionell geändert (der bisherige S. 6 wurde als S. 3 übernommen und die bisherigen Sätze 3 bis 5 folglich nunmehr als Sätze 4 bis 6 fortgeführt) und eine Klarstellung eingefügt worden (vergl. Kirchhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 10/17, § 43 SGB XII, Rn. 9). III.) § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII a.F. bestimmt zunächst, dass Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt bleiben, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches unter einem Betrag von 100 000 Euro liegt. Nach § 43 Abs. 5 S. 2 SGB XII a.F. wird gesetzlich vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 die dort genannte Grenze nicht überschreitet. An diese gesetzliche Vermutung knüpfen § 43 Abs. 5 S. 3 bis 5 SGB XII a.F. an und regeln näher, wie die gesetzliche Vermutung widerlegt werden kann. Nach § 43 Abs. 5 S. 3 SGB XII a.F. kann zur Widerlegung der Vermutung der jeweils für die Ausführung nach dem vierten Kapitel des SGB XII zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der in Satz 1 genannten Einkommensgrenze vor, sind die Kinder oder Eltern der Leistungsberechtigten gegenüber dem jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständigen Träger gemäß § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. verpflichtet, über ihre Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Die Pflicht zur Auskunft umfasst dabei nach § 43 Abs. 5. S. 5 SGB XII a.F. die Verpflichtung, auf Verlangen des für die Ausführung des SGB XII zuständigen Trägers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. 1.) Die Auskunftspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Kinder und Eltern als Dritte. § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. ermächtigt den Sozialhilfeträger, seine öffentlich-rechtliche, der Leistungsgewährung vorgelagerte Aufgabe der Amtsermittlung auch durch Inanspruchnahme Dritter zu erfüllen (§§ 20, 21 SGB X), obwohl diese – eben als Dritte – außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses zwischen Sozialhilfeträger und -empfänger stehen. Daraus entsteht ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis (bzgl. eines Arbeitgebers wird bisweilen auch von Indienstnahmeverhältnis gesprochen). Anders als die Auskunftsverpflichtung des Hilfebedürftigen, die (nur) eine Obliegenheit ist, begründet die Auskunftspflicht der Kinder und Eltern nach § 43 SGB XII eine (echte) Leistungspflicht (Schuld) des Auskunftspflichtigen (Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 43 SGB XII, Rn. 54). 2.) Die Auskunftspflicht eines Dritten darf nach zutreffender Auffassung durch (vollstreckungsfähigen) Verwaltungsakt konkretisiert werden (Brühl/Schoch in: LPK-SGB XII, § 43 Rn. 15; Karmanski in: Jahn, § 43 SGB XII Rn. 24; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, § 43 Rn. 15; Adolph in: Linhart/Adolph § 43 Rn. 46. Ebenso zur Auskunftspflicht nach § 116 Abs. 1 BSHG (heute § 117 SGB XII) BVerwG v. 21.01.1993 - 5 C 22/90 - BVerwGE 91, 375, und BVerwG v. 17.06.1993 - 5 C 43/90 - BVerwGE 92, 330. Vgl. zum Arbeitsförderungsrecht BSG v 16.08.1989 - 7 RAr 82/88 - SozR 4100 § 144 Nr. 1; Düe in: Niesel, § 312 SGB III Rn. 4; Steinmeyer in: Gagel, § 312 SGB III Rn. 80 und 83; Voelzke in: Hauck/Noftz, K § 312 SGB III Rn. 28; zweifelnd Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 43 SGB XII, Rn. 60f m.w.N.). 3.) Die vorgenannten Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs liegen zur Überzeugung der Kammer vor. a) Der Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. erfasst in persönlicher Hinsicht die Kinder und Eltern der Leistungsberechtigten Person, mithin auch den Kläger. b.) Des Weiteren ist erforderlich, dass dem Träger der Grundsicherung im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einkünfte der Kinder bzw. Eltern des Leistungsberechtigten die 100.000 Euro-Jahreseinkommensgrenze überschreiten. Wann solche Anhaltspunkte "hinreichend" für die Annahme sind, dass Kinder bzw. Eltern ein Einkommen von über 100.000 Euro im Jahr verfügen, ist anhand allgemeiner Erfahrungswerte zu beurteilen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes genügen keine fernliegenden Möglichkeiten, andererseits sind auch keine gesicherten Annahmen erforderlich. Bei bestimmten Berufsgruppen (z. B. Chefärzte, Geschäftsführer von Pharmaunternehmen) und Personen (z. B. berühmte Künstler oder Sportler mit TV-Werbeverträgen) wird die Kenntnis des ausgeübten Berufs bzw. die Identität des Unterhaltspflichtigen als Anhaltspunkt im Sinne des § 43 Abs. 5 hinreichend sein. Im Übrigen müssen die Anhaltspunkte nicht - wie bei bestimmten Berufen - direkt auf Umstände hinweisen, die ein hohes Einkommen nahelegen. Für ein Auskunftsverlangen gegenüber Kindern oder Eltern genügt es auch, wenn der Antragsteller in einer Weise ausweichend antwortet, dass der berechtigte Verdacht besteht, dass die Einkommenssituation der Kinder oder Eltern verschleiert werden soll (vergl. Kirchhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 10/17, § 43 SGB XII, Rn. 65). Anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung hat vorbringen lassen, kommt es nach der Rechtsauffassung der Kammer nicht darauf an, auf welchem Weg die Behörde Kenntnis von Anhaltspunkten erlangt, sondern ausschließlich darauf, ob es sich um "hinreichende Anhaltpunkte" im Sinne des Gesetztes handelt. Bereits unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts ist für eine Auslegung, nach der die hinreichenden Anhaltspunkte ausschließlich aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen dürfen, kein Raum. Eine solche Auslegung ist insbesondere auch nicht deshalb zwingend, weil im Gesetzgebungsverfahren zunächst vorgesehen war, die Inanspruchnahme von Hilfen zum Lebensunterhalt in einem noch weiteren Umfang als die anschließend tatsächlich in Kraft getretene Regelung zu erleichtern (s. Art. 8 Nr. 5 des Entwurfes des Altersvermögensgesetzes vom 14.11.2000, BT-Drucks. 14/4595, S. 30 und S. 38 f., 43, 72) und überhaupt keine Einkommensgrenze zu bestimmen. Der Gesetzgeber hat unabhängig vom Gang des Gesetzgebungsverfahrens sicher nicht den Zweck verfolgt, einen Auskunftsanspruch nach § 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F. auch dann auszuschließen, wenn die Behörde bereits auf anderem Wege sichere Kenntnis bzw. hinreichende Anhaltspunkte dafür erlangt hat, dass die Einkommensgrenze überschritten ist. c.) Dies zu Grunde gelegt sind hinreichende Anhaltpunkte dafür vorhanden, dass das Einkommen des Klägers über 100.000,00 EUR liegen kann. Der wohl noch heute bei der S. AG tätige Kläger hat, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, bereits im Jahr 2010 ein Bruttojahreseinkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 85.808,00 EUR erzielt. Mit der Beklagten hält die Kammer es keinesfalls für fernliegend, dass seit dem Jahr 2010 Einkommenssteigerungen von 3 % pro Jahr zu verzeichnen sind, was bereits ein Bruttojahreseinkommen von 98.679,00 EUR ergeben würde. Zutreffend weist die Beklagte auch darauf hin, dass der Kläger weitere zu versteuernde Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung an seine Mutter hat. Die Beklagte entrichtet hier eine Kaltmiete von monatlich 330,00 EUR, die ebenfalls als Einkommen in Betracht kommt, woraus sich die realistische Möglichkeit weiterer Bruttoeinkünfte von 3.960,00 EUR ergibt, so dass die Einkommensgrenze von 100.000,00 EUR ohne Weiteres überschritten sein kann. Gerichtsbekannter maßen liegen die Einkommenssteigerungen im oberen Einkommenssegment, wie sie in Informationstechnologieunternehmen wie der S. AG an viele Mitarbeiter gezahlt werden, teilweise deutlich über den durchschnittlichen Einkommenszuwächsen der Gesamtbevölkerung, so dass eine Einkommenssteigerung um 3 % keinesfalls fernliegend erscheint. Im Übrigen ist bei dem im Jahr 2010 gegebenen Ausgangsgehalt auch denkbar, dass durch eine Beförderung oder einen Wechsel des Arbeitgebers deutliche Gehaltssteigerungen erreicht worden sind. Sofern der Kläger sich darauf berufen mag, dass das Bruttoeinkommen im Jahr 2011 niedriger lag als im Jahr 2010, so mag dies daran liegen, dass die S. AG, wie der Kammer bekannt ist, an diverse Mitarbeiter an den Unternehmenserfolg gekoppelte jährliche Sonderzahlungen zur Auszahlung bringt. Auch vor diesem Hintergrund erscheint im vorliegenden Fall die Annahme "hinreichende Anhaltspunkte" für ein Einkommen von 100.000,00 EUR berechtigt. Insoweit kann dahinstehen, ob auch das vermeidende Verhalten des Klägers geeignet ist, ausreichende Anhaltspunkte zu begründen. d.) Der Vergleich vom 14.09.2014 schließt ein Auskunftsverlangen wegen des Grundsicherungsbedarfs der Mutter nicht aus, denn der Vergleich betrifft ausdrücklich nur den für den Vater des Klägers zu entrichtenden Unterhalt und bezieht den Bedarf der Mutter lediglich als Berechnungsgröße ein. Ein Ausschluss des Auskunftsanspruchs lässt sich aus dem Vergleich insoweit nicht ableiten. e.) Vor diesem Hintergrund ist der Kläger verpflichtet, der Beklagten die im Widerspruchsbescheid präzisierten Auskünfte zu erteilen (§ 43 Abs. 5 S. 3 SGB XII a.F.) und die benannten Beweisurkunden (§ 43 Abs. 5 S. 4 SGB XII a.F.) vorzulegen. Dass die Auskünfte und Unterlagen zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen der Mutter des Klägers benötigt werden, steht für die erkennende Kammer bereits wegen §§ 43 Abs. 5 S. 6 SGB XII a.F. i.V.m. § 94 SGB XII außer Frage und wird vom Kläger auch nicht bestritten. IV.) Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung ist der Bescheid ebenfalls rechtmäßig. Wegen der weiteren Einzelheiten macht die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen von der ihr nach § 136 Abs. 3 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch und verweist auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid, denen insoweit gefolgt wird. V.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt neben dem Unterliegen des Klägers, dass dieser in seiner Eigenschaft als Auskunftsverpflichteter nicht dem Personenkreis von § 183 SGG unterfällt.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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