Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 66/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Änderung der Leistungsbewilligung im Wege der Überprüfung, wenn dies zu keinem dauerhaften Mittelzufluss führen kann, sondern ein Zufluss mit einem Erstattungsanspruch belastet ist.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege eines Überprüfungsantrags die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von Dezember 2016 bis März 2017 streitig.
Die 1983 geborene Klägerin zu 1 und ihre beiden 2004 und 2007 geborenen Kinder, die Kläger zu 2 und 3, erhalten seit Längerem (ergänzend) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom beklagten Jobcenter. Mit Bescheiden vom 22. November, vom 22. Dezember 2016, vom 12. Januar und vom 10. Februar 2017 erfolgte die Leistungsbewilligung an die Bedarfsgemeinschaft von September 2016 bis Februar 2017. Mit Bescheiden vom 13. März und vom 20. April 2017 nahm der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum März bis August 2017 vor. Dabei wurden als bedarfsminderndes Einkommen neben dem Kindergeld von 384 EUR monatlich auch Unterhaltsvorschussleistungen von 194 EUR bzw. 201 EUR pro Monat sowie Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1 aus einer im Dezember 2016 aufgenommenen Tätigkeit als Hauswirtschaftskraft und einer ab 17. März 2017 begonnenen Tätigkeit als Helferin im Friseurgewerbe berücksichtigt. Mit Bescheid vom 3. August 2017 erfolgte die Leistungsbewilligung von September 2017 bis Februar 2018.
Entweder bereits im März, spätestens aber im November 2017 erreichte das beklagte Jobcenter der durch die Prozessbevollmächtigten gestellte Überprüfungsantrag vom 19. März 2017 betreffend die Leistungsbewilligung an die Kläger ab Dezember 2016. Das Einkommen der Kläger sei unzutreffend berücksichtigt. Die Klägerin zu 3 habe keine Unterhaltsvorschussleistungen bezogen.
Eine Nachfrage durch den Beklagten beim Jugendamt erbrachte, dass der Unterhaltsvorschuss für die Klägerin zu 3 für die Zeit von Dezember 2016 bis Juni 2017 zunächst versagt, aber später in Höhe von rund 1.400 EUR im Juli 2017 nachgezahlt worden war.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. November 2017 eine Überprüfung ab. Die Nachzahlung des Unterhaltsvorschusses im Juli 2017 werde als Einkommen berücksichtigt.
Der Widerspruch wurde damit begründet, das Einkommen der Klägerin zu 1 sei unzutreffend berücksichtigt worden. Die Nachzahlung von 1.400 EUR sei als einmalige Einnahme mit monatlich 233,33 EUR zu werten. Da das Einkommen der Klägerin zu 3 deren Bedarf
decke, sei das übersteigende Kindergeld bei der Klägerin zu 1 anzurechnen und um die 30 EUR-Pauschale zu bereinigen.
Der Beklagte verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2017 als unzulässig. Die Kläger seien nicht beschwert. Durch eine geänderte Anrechnung des Unterhaltsvorschusses ergebe sich kein höherer Leistungsanspruch. Es sei unstreitig, dass die Nachzahlung von 1.400 EUR als einmalige Einnahme anzurechnen sei. Zudem habe die Klägerin zu 1 den Grundfreibetrag von 100 EUR erhalten.
Dagegen ist für die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2018 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben worden. Die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig, da die Kläger für die Zeit von Dezember 2016 bis März 2017 Anspruch auf höhere Leistungen hätten. Es steht fest, dass sie in dieser Zeit kein Kindergeld bezogen hätten. Die Nachzahlung sei erst im Juli 2017 erfolgt. Die geringfügige Beschäftigung habe die Klägerin zu 1 erst am 17. März 2017 aufgenommen. Von Dezember 2016 bis März 2017 habe sie kein Einkommen gehabt.
Der Beklagte hat seine Entscheidung verteidigt und ergänzt, die Unterhaltsvorschussleistungen für Dezember 2016 bis Juni 2017 seien erst im Juli 2017 nachgezahlt worden und damit Vorstellung des Überprüfungsantrags im November 2017. Eine geänderte Anrechnung würde sich nur dann auswirken, wenn durch die teilweise Übertragung des Kindergeldes die Versicherungspauschale bei der Klägerin zu 1 zu berücksichtigen wäre. Diese sei aber wegen einer geringfügigen Beschäftigung ohnehin in Abzug gebracht worden. Daher sei nach wie vor keine Beschwer erkennbar.
Für die Klägerinnen wird beantragt (sinngemäß):
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 21. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2017 verpflichtet, den Klägern für die Monate Dezember 2016 bis März 2017 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet trotz Ausbleibens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung. Es ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 110 Abs. 1, § 126 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), und die Sache war entscheidungsreif. Von den anwaltlichen Vertretern der Kläger ist keine Verhinderung rechtzeitig vorgetragen und keine Terminsverlegung beantragt worden.
Gegenstand der Klage ist nach Auslegung durch das Gericht (§ 123 SGG) das klägerische Begehren nach höheren Leistungen für die Monate Dezember 2016 bis März 2017 dergestalt, dass in diesem Zeitraum keine Unterhaltsvorschussleistungen von insgesamt 797 EUR als bedarfsminderndes Einkommen berücksichtigt werden und bei der Klägerin zu 1 in den genannten vier Monaten jeweils weitere 30 EUR von ihrem zu berücksichtigenden Einkommen abgesetzt werden. Dieses Rechtsschutzziel ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Vorbringen im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren, beide Male mit fachanwaltlicher Unterstützung formuliert.
Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Anders als der Beklagte im Widerspruchsbescheid geht das Gericht insbesondere nicht davon aus, dass der Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn in welcher Höhe sich ein etwaiger Anspruch der Kläger ergibt und in welcher Höhe diesem ein etwaiger Anspruch des Beklagten gegenübersteht, erfordert eine eingehendere Betrachtung, welche den Rahmen der Zulässigkeitsprüfung übersteigen würde. Daran zeigt sich auch, dass nicht relativ augenscheinlich auf der Hand liegt, dass die Kläger durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert sein können.
Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 21. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Denn der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht eine Überprüfung der Leistungsbewilligung abgelehnt.
Als Grundlage für einen höheren Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitgegenständlichen Zeitraum kommen allein § 40 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) i.V.m. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sowie die §§ 19 ff. SGB II infrage. Danach ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu - insofern greift im Grundsicherungsrecht die Modifikation durch § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II - einem Jahr vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Demnach ist die bisherige Leistungsbewilligung zulasten der Kläger zwar rechtswidrig. Die Kläger waren von Dezember 2016 bis März 2017 leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und den §§ 19 ff. SGB II und der Beklagte hat den Anspruch der Kläger im Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 zu gering festgestellt. So haben die Kläger im Dezember 2016 an sich einen um 194 EUR höheren Anspruch, weil an die Klägerin zu 3 der in dieser Höhe berücksichtigte Unterhaltsvorschuss nicht gezahlt wurde. Für einen noch höheren Anspruch aufgrund der Absetzung der 30 EUR-Pauschale nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II und § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V), wie die Klägerseite meint, besteht keine Grundlage, weil in diesem Monat bei der Klägerin zu 1 kein übersteigendes Kindeseinkommen in Form von Kindergeld als bedarfsminderndes Einkommen anzurechnen ist. Denn die Kläger zu 2 und 3 konnten ihren Bedarf jeweils nicht vollständig durch das Kindergeld decken. Für Januar 2017 ergibt sich ein gegenüber der bisherigen Bewilligung um sieben Euro geringerer Anspruch der Bedarfsgemeinschaft der Kläger. Zwar ist kein Unterhaltsvorschuss zu berücksichtigen, jedoch ist der Klägerin zu 1 laut der vorliegenden Kontoauszüge in diesem Monat nicht nur der Lohn für Dezember 2016 (am 3. Januar 2017), sondern auch für Januar 2017 (am 31. Januar 2017) zugeflossen. Im Februar 2017 ist der Anspruch der Kläger dafür um 409 EUR höher als bisher bewilligt, weil neben dem nicht erhaltenen Unterhaltsvorschuss der Klägerin zu 3 auch das Januargehalt der Klägerin zu 1, wie bereits erwähnt, dieser schon Ende Januar 2017 zugeflossen ist. Schließlich ergibt sich für März 2017 ein gegenüber der bisherigen Bewilligung um 201 EUR höherer Anspruch der Kläger wegen des nicht erhaltenen Unterhaltsvorschusses für die Klägerin zu 3. In den Monaten Januar bis März 2017 ist ferner ebenso wie im Dezember 2016 keine weitere Absetzung vom Einkommens der Klägerin zu 1 vorzunehmen. Vor allem ist im Januar und März der Grundfreibetrag von 100 EUR nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II abzusetzen, in dem die 30 EUR-Pauschale aufgeht, und für Februar 2017 gilt dasselbe wie im Dezember 2016, nämlich dass kein übersteigendes Kindergeld vorhanden ist, das bei der Klägerin zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen wäre.
Allerdings steht diesem um insgesamt 797 EUR höheren Anspruch der Kläger ein mindestens ebenso hoher Erstattungsanspruch des Beklagten für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017 gegenüber aufgrund der im Juli 2017 zugeflossenen Unterhaltsvorschussnachzahlung, die gemäß § 11a Abs. 3 SGB II als bedarfsminderndes Einkommen mit monatlich um die 233 EUR angerechnet werden kann. Die Nachzahlung stellt einmaliges Einkommen im Sinn des § 11a Abs. 3 SGB II dar und würde auf sechs Monate aufgeteilt den Bedarf der Kläger entsprechend senken und damit zu einem etwa 1.400 EUR niedrigeren Anspruch führen. Der Beklagte konnte den Anspruch sowohl im Zeitpunkt der Ablehnung des Überprüfungsantrags mit Bescheid vom 21. November 2017 als auch jetzt noch geltend machen, da die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X noch nicht abgelaufen war bzw. ist.
Nach Auffassung des Gerichts ist der darauf zu stützende, gegen die Kläger gerichtete Anspruch des beklagten Jobcenters, auch wenn er bisher nicht bescheidmäßig vollziehbar festgestellt wurde, dahin zu berücksichtigen, dass der Anspruch der Kläger für den Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 als damit belastet bewertet wird und deswegen keinen im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X zu erfüllenden Anspruch darstellt. Zwar besteht keine Situation, in welcher der Beklagten zur Aufrechnung berechtigt wäre. Jedoch meint das Gericht, dass die für die Behandlung von bereits bei Auszahlung mit Rückzahlungsansprüchen belasteten Leistungen entwickelte Überlegung (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R), wonach eine solche Leistung eben nicht als zu berücksichtigendes, bereites Einkommen angerechnet wird, auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann. Denn die Situation ist in den Augen des Gerichts vergleichbar: Einem (potenziellen) Anspruch steht ein (potenzieller) Gegenanspruch gegenüber. Für die Anwendung dieser Überlegung auf die vorliegende Konstellation spricht auch der Sinn und Zweck des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, wie hier inmitten stehend. Diese ist auf eine Korrektur einer rechtswidrig zu geringen Leistungserbringung zugunsten des Anspruchsstellers ausgerichtet. Soweit dieses Ziel aber ohnehin nicht (mehr) erreicht werden kann, besteht auch keine ausreichende Grundlage für die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen. Diese wären umgehend wieder zu erstatten. Die bloße Beschäftigung der Sozialleistungsträger mit der Bescheidung von Ansprüchen und Gegenansprüchen kann aber nicht Sinn und Zweck des § 44 SGB X sein. Als Konsequenz daraus leitet das Gericht ab, dass eine Änderung der bisherigen Leistungsbewilligung im Wege der Überprüfung nicht veranlasst ist, wenn der betreffende Zeitraum bereits abgelaufen ist und die Änderung nicht zu einem absehbar dauerhaften Mittelzufluss und -verbleib bei den Leistungsberechtigten führen kann, sondern der Zufluss bereits mit einem gegenläufigen Erstattungsanspruch belastet ist.
Im vorliegenden Fall kommt dies zum Tragen, da der Anspruch der Kläger sogleich mit seiner Entstehung mit einer Gegenforderung belastet ist, wie oben dargelegt. Daher bestand jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten nicht mehr eine ausreichende Grundlage für eine Rücknahme der bisherigen Leistungsbewilligung von Dezember 2016 bis März 2017 und Bewilligung zu Unrecht in diesem Zeitraum nicht erbrachter Leistungen gemäß § 44 SGB X.
Deswegen ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Wege eines Überprüfungsantrags die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von Dezember 2016 bis März 2017 streitig.
Die 1983 geborene Klägerin zu 1 und ihre beiden 2004 und 2007 geborenen Kinder, die Kläger zu 2 und 3, erhalten seit Längerem (ergänzend) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom beklagten Jobcenter. Mit Bescheiden vom 22. November, vom 22. Dezember 2016, vom 12. Januar und vom 10. Februar 2017 erfolgte die Leistungsbewilligung an die Bedarfsgemeinschaft von September 2016 bis Februar 2017. Mit Bescheiden vom 13. März und vom 20. April 2017 nahm der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum März bis August 2017 vor. Dabei wurden als bedarfsminderndes Einkommen neben dem Kindergeld von 384 EUR monatlich auch Unterhaltsvorschussleistungen von 194 EUR bzw. 201 EUR pro Monat sowie Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1 aus einer im Dezember 2016 aufgenommenen Tätigkeit als Hauswirtschaftskraft und einer ab 17. März 2017 begonnenen Tätigkeit als Helferin im Friseurgewerbe berücksichtigt. Mit Bescheid vom 3. August 2017 erfolgte die Leistungsbewilligung von September 2017 bis Februar 2018.
Entweder bereits im März, spätestens aber im November 2017 erreichte das beklagte Jobcenter der durch die Prozessbevollmächtigten gestellte Überprüfungsantrag vom 19. März 2017 betreffend die Leistungsbewilligung an die Kläger ab Dezember 2016. Das Einkommen der Kläger sei unzutreffend berücksichtigt. Die Klägerin zu 3 habe keine Unterhaltsvorschussleistungen bezogen.
Eine Nachfrage durch den Beklagten beim Jugendamt erbrachte, dass der Unterhaltsvorschuss für die Klägerin zu 3 für die Zeit von Dezember 2016 bis Juni 2017 zunächst versagt, aber später in Höhe von rund 1.400 EUR im Juli 2017 nachgezahlt worden war.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. November 2017 eine Überprüfung ab. Die Nachzahlung des Unterhaltsvorschusses im Juli 2017 werde als Einkommen berücksichtigt.
Der Widerspruch wurde damit begründet, das Einkommen der Klägerin zu 1 sei unzutreffend berücksichtigt worden. Die Nachzahlung von 1.400 EUR sei als einmalige Einnahme mit monatlich 233,33 EUR zu werten. Da das Einkommen der Klägerin zu 3 deren Bedarf
decke, sei das übersteigende Kindergeld bei der Klägerin zu 1 anzurechnen und um die 30 EUR-Pauschale zu bereinigen.
Der Beklagte verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2017 als unzulässig. Die Kläger seien nicht beschwert. Durch eine geänderte Anrechnung des Unterhaltsvorschusses ergebe sich kein höherer Leistungsanspruch. Es sei unstreitig, dass die Nachzahlung von 1.400 EUR als einmalige Einnahme anzurechnen sei. Zudem habe die Klägerin zu 1 den Grundfreibetrag von 100 EUR erhalten.
Dagegen ist für die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2018 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben worden. Die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig, da die Kläger für die Zeit von Dezember 2016 bis März 2017 Anspruch auf höhere Leistungen hätten. Es steht fest, dass sie in dieser Zeit kein Kindergeld bezogen hätten. Die Nachzahlung sei erst im Juli 2017 erfolgt. Die geringfügige Beschäftigung habe die Klägerin zu 1 erst am 17. März 2017 aufgenommen. Von Dezember 2016 bis März 2017 habe sie kein Einkommen gehabt.
Der Beklagte hat seine Entscheidung verteidigt und ergänzt, die Unterhaltsvorschussleistungen für Dezember 2016 bis Juni 2017 seien erst im Juli 2017 nachgezahlt worden und damit Vorstellung des Überprüfungsantrags im November 2017. Eine geänderte Anrechnung würde sich nur dann auswirken, wenn durch die teilweise Übertragung des Kindergeldes die Versicherungspauschale bei der Klägerin zu 1 zu berücksichtigen wäre. Diese sei aber wegen einer geringfügigen Beschäftigung ohnehin in Abzug gebracht worden. Daher sei nach wie vor keine Beschwer erkennbar.
Für die Klägerinnen wird beantragt (sinngemäß):
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 21. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2017 verpflichtet, den Klägern für die Monate Dezember 2016 bis März 2017 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bewilligen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet trotz Ausbleibens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung. Es ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 110 Abs. 1, § 126 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), und die Sache war entscheidungsreif. Von den anwaltlichen Vertretern der Kläger ist keine Verhinderung rechtzeitig vorgetragen und keine Terminsverlegung beantragt worden.
Gegenstand der Klage ist nach Auslegung durch das Gericht (§ 123 SGG) das klägerische Begehren nach höheren Leistungen für die Monate Dezember 2016 bis März 2017 dergestalt, dass in diesem Zeitraum keine Unterhaltsvorschussleistungen von insgesamt 797 EUR als bedarfsminderndes Einkommen berücksichtigt werden und bei der Klägerin zu 1 in den genannten vier Monaten jeweils weitere 30 EUR von ihrem zu berücksichtigenden Einkommen abgesetzt werden. Dieses Rechtsschutzziel ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Vorbringen im Vorverfahren und im gerichtlichen Verfahren, beide Male mit fachanwaltlicher Unterstützung formuliert.
Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Anders als der Beklagte im Widerspruchsbescheid geht das Gericht insbesondere nicht davon aus, dass der Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn in welcher Höhe sich ein etwaiger Anspruch der Kläger ergibt und in welcher Höhe diesem ein etwaiger Anspruch des Beklagten gegenübersteht, erfordert eine eingehendere Betrachtung, welche den Rahmen der Zulässigkeitsprüfung übersteigen würde. Daran zeigt sich auch, dass nicht relativ augenscheinlich auf der Hand liegt, dass die Kläger durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert sein können.
Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 21. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Denn der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht eine Überprüfung der Leistungsbewilligung abgelehnt.
Als Grundlage für einen höheren Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitgegenständlichen Zeitraum kommen allein § 40 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) i.V.m. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sowie die §§ 19 ff. SGB II infrage. Danach ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu - insofern greift im Grundsicherungsrecht die Modifikation durch § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II - einem Jahr vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Demnach ist die bisherige Leistungsbewilligung zulasten der Kläger zwar rechtswidrig. Die Kläger waren von Dezember 2016 bis März 2017 leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und den §§ 19 ff. SGB II und der Beklagte hat den Anspruch der Kläger im Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 zu gering festgestellt. So haben die Kläger im Dezember 2016 an sich einen um 194 EUR höheren Anspruch, weil an die Klägerin zu 3 der in dieser Höhe berücksichtigte Unterhaltsvorschuss nicht gezahlt wurde. Für einen noch höheren Anspruch aufgrund der Absetzung der 30 EUR-Pauschale nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II und § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V), wie die Klägerseite meint, besteht keine Grundlage, weil in diesem Monat bei der Klägerin zu 1 kein übersteigendes Kindeseinkommen in Form von Kindergeld als bedarfsminderndes Einkommen anzurechnen ist. Denn die Kläger zu 2 und 3 konnten ihren Bedarf jeweils nicht vollständig durch das Kindergeld decken. Für Januar 2017 ergibt sich ein gegenüber der bisherigen Bewilligung um sieben Euro geringerer Anspruch der Bedarfsgemeinschaft der Kläger. Zwar ist kein Unterhaltsvorschuss zu berücksichtigen, jedoch ist der Klägerin zu 1 laut der vorliegenden Kontoauszüge in diesem Monat nicht nur der Lohn für Dezember 2016 (am 3. Januar 2017), sondern auch für Januar 2017 (am 31. Januar 2017) zugeflossen. Im Februar 2017 ist der Anspruch der Kläger dafür um 409 EUR höher als bisher bewilligt, weil neben dem nicht erhaltenen Unterhaltsvorschuss der Klägerin zu 3 auch das Januargehalt der Klägerin zu 1, wie bereits erwähnt, dieser schon Ende Januar 2017 zugeflossen ist. Schließlich ergibt sich für März 2017 ein gegenüber der bisherigen Bewilligung um 201 EUR höherer Anspruch der Kläger wegen des nicht erhaltenen Unterhaltsvorschusses für die Klägerin zu 3. In den Monaten Januar bis März 2017 ist ferner ebenso wie im Dezember 2016 keine weitere Absetzung vom Einkommens der Klägerin zu 1 vorzunehmen. Vor allem ist im Januar und März der Grundfreibetrag von 100 EUR nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II abzusetzen, in dem die 30 EUR-Pauschale aufgeht, und für Februar 2017 gilt dasselbe wie im Dezember 2016, nämlich dass kein übersteigendes Kindergeld vorhanden ist, das bei der Klägerin zu 1 als Einkommen zu berücksichtigen wäre.
Allerdings steht diesem um insgesamt 797 EUR höheren Anspruch der Kläger ein mindestens ebenso hoher Erstattungsanspruch des Beklagten für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017 gegenüber aufgrund der im Juli 2017 zugeflossenen Unterhaltsvorschussnachzahlung, die gemäß § 11a Abs. 3 SGB II als bedarfsminderndes Einkommen mit monatlich um die 233 EUR angerechnet werden kann. Die Nachzahlung stellt einmaliges Einkommen im Sinn des § 11a Abs. 3 SGB II dar und würde auf sechs Monate aufgeteilt den Bedarf der Kläger entsprechend senken und damit zu einem etwa 1.400 EUR niedrigeren Anspruch führen. Der Beklagte konnte den Anspruch sowohl im Zeitpunkt der Ablehnung des Überprüfungsantrags mit Bescheid vom 21. November 2017 als auch jetzt noch geltend machen, da die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X noch nicht abgelaufen war bzw. ist.
Nach Auffassung des Gerichts ist der darauf zu stützende, gegen die Kläger gerichtete Anspruch des beklagten Jobcenters, auch wenn er bisher nicht bescheidmäßig vollziehbar festgestellt wurde, dahin zu berücksichtigen, dass der Anspruch der Kläger für den Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 als damit belastet bewertet wird und deswegen keinen im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X zu erfüllenden Anspruch darstellt. Zwar besteht keine Situation, in welcher der Beklagten zur Aufrechnung berechtigt wäre. Jedoch meint das Gericht, dass die für die Behandlung von bereits bei Auszahlung mit Rückzahlungsansprüchen belasteten Leistungen entwickelte Überlegung (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R), wonach eine solche Leistung eben nicht als zu berücksichtigendes, bereites Einkommen angerechnet wird, auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann. Denn die Situation ist in den Augen des Gerichts vergleichbar: Einem (potenziellen) Anspruch steht ein (potenzieller) Gegenanspruch gegenüber. Für die Anwendung dieser Überlegung auf die vorliegende Konstellation spricht auch der Sinn und Zweck des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, wie hier inmitten stehend. Diese ist auf eine Korrektur einer rechtswidrig zu geringen Leistungserbringung zugunsten des Anspruchsstellers ausgerichtet. Soweit dieses Ziel aber ohnehin nicht (mehr) erreicht werden kann, besteht auch keine ausreichende Grundlage für die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen. Diese wären umgehend wieder zu erstatten. Die bloße Beschäftigung der Sozialleistungsträger mit der Bescheidung von Ansprüchen und Gegenansprüchen kann aber nicht Sinn und Zweck des § 44 SGB X sein. Als Konsequenz daraus leitet das Gericht ab, dass eine Änderung der bisherigen Leistungsbewilligung im Wege der Überprüfung nicht veranlasst ist, wenn der betreffende Zeitraum bereits abgelaufen ist und die Änderung nicht zu einem absehbar dauerhaften Mittelzufluss und -verbleib bei den Leistungsberechtigten führen kann, sondern der Zufluss bereits mit einem gegenläufigen Erstattungsanspruch belastet ist.
Im vorliegenden Fall kommt dies zum Tragen, da der Anspruch der Kläger sogleich mit seiner Entstehung mit einer Gegenforderung belastet ist, wie oben dargelegt. Daher bestand jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten nicht mehr eine ausreichende Grundlage für eine Rücknahme der bisherigen Leistungsbewilligung von Dezember 2016 bis März 2017 und Bewilligung zu Unrecht in diesem Zeitraum nicht erbrachter Leistungen gemäß § 44 SGB X.
Deswegen ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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