Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AY 20/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 AY 2/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts ist für eine rechtswirksame Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG Voraussetzung.
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.12.2017 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum ab 06.12.2017 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis 30.06.2018 Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2/3 zu erstatten.
IV. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Herr Rechtsanwalt B., B-Stadt beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum ab 06.12.2017.
Die 1979 geborene Ast ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am 13.06.2017 nach Deutschland ein und stellte am 18.07.2017 Asylantrag. Sie hält sich derzeit in der Aufnahmeeinrichtung A., A-Straße, A-Stadt auf. Bescheide der Antragsgegnerin (AG) über die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG sind bislang nicht ergangen. Den Akten der AG ist lediglich zu entnehmen, dass der Ast am 23.08.2017 für Juli und August 2017 insgesamt ein Geldbetrag in Höhe von 119 EUR ausgezahlt wurde. Vor ihrer Einreise nach Deutschland war der Ast am 24.05.2017 von der schwedischen Botschaft in Teheran ein Schengen-Visum mit einem Gültigkeitszeitraum vom 27.05.2017 bis 05.07.2017 erteilt worden. Am 02.08.2017 fand durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Anhörung der Ast statt. Bei dieser Anhörung gab die Ast an, direkt vom Iran nach Deutschland geflogen zu sein. Sie führte aus, dass sie froh sei, in Deutschland zu sein, da es hier für Frauen Sicherheit gebe. Ihr Bruder halte sich in Deutschland auf und sei Christ. Sie selbst wolle auch Christin werden und sich taufen lassen. Sie leide an Depressionen und sei im Iran in Behandlung gewesen. Sie wolle in keinen anderen Staat überstellt werden, da ihr Bruder in Deutschland sei und sie ihn aufgrund ihres Zustandes brauche. Sie habe zu ihrem Bruder letztmalig im März 2017 Kontakt gehabt, als sie ihm zum neuen Jahr gratuliert habe.
Am 04.08.2017 stellte das Bundesamt ein Aufnahmegesuch nach der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) an Schweden, dem von den schwedischen Behörden mit Schreiben vom 14.08.2017 entsprochen wurde. Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Ast als unzulässig ab und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen. Die Abschiebung nach Schweden wurde angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 3 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen den Bescheid erhob die Ast Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth (VG - Az. B 2 K 17.50957). Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Mit Beschluss vom 28.08.2017 lehnte das VG den Antrag der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Am 04.09.2017 erging ein Schreiben der Regierung von Oberfranken - Zentrale Ausländerbehörde an die AG, wonach bei der Ast der Missbrauchstatbestand des § 1a Abs. 1 AsylbLG erfüllt sei. Bei der Ast liege eine Einreise über einen sicheren Drittstaat (Schweden) vor. Es werde um die Prüfung etwaiger Leistungskürzungen in eigener Zuständigkeit gebeten. Falls eine Kürzung erfolge, werde um Übersendung einer Kopie des Kürzungsbescheides gebeten.
Bei einer Vorsprache der Ast bei der AG am 07.09.2017 teilte ihr diese daraufhin mündlich mit, "dass aufgrund der gemäß § 1a Abs. 1 AsylbLG durchzuführenden Leistungskürzung eine Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf (sog. Taschengeld) nicht mehr erfolgen könne" (so der Vortrag der AG in der Antragserwiderung vom 12.12.2017).
Gegen den mündlichen Verwaltungsakt vom 07.09.2017 legte die Ast über ihren Anwalt am 06.12.2017 Widerspruch ein. Den Widerspruch legte die AG der Regierung von Oberfranken zur Entscheidung vor. Eine Widerspruchsentscheidung ist bislang nicht ergangen.
Am 06.12.2017 hat die Ast beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, die AG im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 06.12.2017 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3 und 6 AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Mit Beschluss vom 14.12.2017 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Dies hat das SG im Wesentlichen damit begründet, dass es bereits an einem Anordnungsanspruch fehle. Es seien in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten ersichtlich. Der mündliche Bescheid der AG vom 07.09.2017 erfülle sämtliche Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes. Es sei der Ast mitgeteilt worden, dass eine Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf nicht mehr erfolgen könne. Dies stelle eine Einzelfallentscheidung mit unmittelbarer Regelungswirkung für die Ast dar. Rechtsgrundlage für den mündlichen Bescheid sei § 1a Abs. 1 AsylbLG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Prüfung des § 1a Abs. 2 AsylbLG bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG sei nicht verfassungswidrig. Die Ast erhalte die im Einzelfall unabweisbar gebotenen Leistungen. Anträge nach § 6 AsylbLG seien nicht gestellt worden.
Gegen den Beschluss hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, es bestünde ein Anordnungsanspruch. Sie sei nicht zum Zwecke der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG nach Deutschland eingereist. Das SG habe auch fälschlicherweise angenommen, dass die Ast über Schweden nach Deutschland eingereist sei. Deshalb lägen die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 AsylbLG, auf den die AG ihre Entscheidung stütze, schon gar nicht vor. Aber selbst wenn sie gegeben wären, hätte nach dieser Vorschrift eine Einzelfallentscheidung der AG über die nach den Umständen unabweisbar gebotenen Leistungen ergehen müssen. Dies sei nicht geschehen. Perspektivisch halte sich die Ast für längere Zeit in Deutschland auf. Sie habe daher Anspruch auf Deckung des gesamten soziokulturellen Existenzminimums einschließlich des notwendigen persönlichen Bedarfs.
Die Ast beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.12.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab 06.12.2017 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die AG beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Insbesondere belege der Umstand, dass die Ast unmittelbar von Schweden nach Deutschland eingereist sei, dass die Einreise in erster Linie wegen der hier gewährten Leistungen für Asylbewerber erfolgt sei. Im Übrigen würden der Ast Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Unterkunft, Heizung, Ernährung, Gesundheitspflege und Hygieneartikel erbracht.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin, die beigezogene Widerspruchsakte der Regierung von Oberfranken, die beigezogene Akte des Verwaltungsgerichts Bayreuth und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im vollen Umfang abgelehnt. Der von der Ast im Wege der Regelungsanordnung geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG ist gegeben. Auch liegt insoweit ein Anordnungsgrund vor. Hingegen besteht kein Anspruch auf Leistungen nach § 6 AsylbLG.
Der zutreffende Prüfungsmaßstab für die Beschwerdeentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stellt sich wie folgt dar: Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 - B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Lei-therer, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d).
§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln mithin im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 - 358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche und für den Richter grundsätzlich bindende (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels, d.h. zur Verhinderung entsprechend schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 - 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, juris Orientierungssatz 2 - Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegebenenfalls zu modifizieren. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht und droht bei Ablehnung des Eilantrags eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-)Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen sind aber unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 I GG) auch dann die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Im Rahmen des so verfassungskonform ausgelegten § 86b Abs. 2 SGG bedeutet dies zusammenfassend, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96, juris: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02, juris Leitsatz 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, "desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen.
Die Fachgerichte haben mithin im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine verfassungsrechtliche Vorprüfung durchzuführen. Ergibt sich dabei, dass ohne Eilrechtsschutz schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls möglich sind, ist § 86 b SGG gegebenenfalls im oben dargestellten Sinne verfassungskonform auszulegen, um insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Ergibt sich jedoch, dass auch ohne Eilrechtsschutz keine schweren Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung möglich sind, verbleibt es bei der einfach-gesetzlichen Regelung des § 86b SGG.
Vorliegend kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Ast bei Nichtbewilligung der beantragten Leistungen schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entstehen könnten, so dass es zugunsten der Ast einer Modifizierung des Beweismaßes bedürfte. Denn hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 3 AsylbLG bestehen bereits nach dem einfachgesetzlichen Prüfungsmaßstab Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund (hierzu nachfolgend unter 1.), wohingegen hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 6 AsylbLG ein materiell-rechtlicher Anspruch nicht gegeben ist und somit ein Obsiegen in der Hauptsache nach Sachlage ausgeschlossen werden kann.
1. Der Ast steht ein Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu, so dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist. Die ablehnende Entscheidung der AG über die Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf vom 07.09.2017 steht diesem Anspruch nicht entgegen, da sie rechtswidrig ist. Auch ein Anordnungsgrund liegt vor.
a. Die Ast ist leistungsberechtigt nach dem AsylbLG, was zwischen den Beteiligten auch unstrittig ist. Die Ast, die Ausländerin ist und die sich im Bundesgebiet tatsächlich aufhält, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Abschiebung nach Schweden ist mit Bescheid vom 14.08.2017 durch das Bundesamt vollziehbar angeordnet worden. Die Ast erfüllt somit jedenfalls die Voraussetzungen der Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG.
Des Weiteren ist die Ast derzeit in einer Aufnahmeeinrichtung i.S.v. § 44 Abs. 1 AsylG in A-Stadt untergebracht. Ihr stehen somit grundsätzlich die Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu.
b. Die ablehnende Entscheidung der AG über die Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf vom 07.09.2017 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.
Die ablehnende Entscheidung der AG vom 07.09.2017, die ohnehin nur einen Teil der nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu gewährenden Grundleistungen, nämlich den Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe nach S. 5, 8 betrifft, ist rechtswidrig. Eine gesetzliche Grundlage für diese Entscheidung ist nicht gegeben. Insbesondere fehlt es an einem eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellenden Verwaltungsakt.
So wie sich der Sachverhalt darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verwaltungsakt der AG ergangen ist, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG festgestellt wurde.
Grundsätzlich ist für eine Einschränkung der Leistungsansprüche nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG aufgrund des § 1a AsylbLG Voraussetzung, dass eine solche Anspruchseinschränkung durch Verwaltungsakt festgestellt wird (wie hier Oppermann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG Rn. 122, 157; Hohm in Hohm, AsylbLG § 1a Rn. 430 ff.). Zwar ließe es der Wortlaut des § 1a AsylbLG, insbesondere des im vorliegenden Verfahren von der AG herangezogenen § 1a Abs. 1 AsylbLG, auch möglich erscheinen, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Anspruchseinschränkung kraft Gesetz ohne weitere Umsetzung durch einen Verwaltungsakt eintreten zu lassen (so Bayerisches Landessozialgericht v. 11.11.2016 - L 8 AY 29/16 B ER, juris Rn. 40). Allerdings ergibt sich im systematischen Zusammenhang mit den weiteren Regelungen in § 11 Abs. 4 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 AsylbLG, dass ein feststellender Verwaltungsakt über das Vorliegen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG für den Eintritt der vorgesehenen Rechtsfolgen erforderlich ist. So sieht das AsylbLG in § 11 Abs. 4 Nr. 2 vor, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a oder § 11 Absatz 2a festgestellt wird, keine aufschiebende Wirkung haben. Auch sind die Anspruchseinschränkungen nach § 1a AsylbLG gem. § 14 Abs. 1 AsylbLG auf sechs Monate zu befristen. Damit ist es aber notwendig, dass Beginn und Ende der Anspruchseinschränkung durch einen Verwaltungsakt festgestellt werden. Auch der Gesetzgeber ging im Rahmen der Einfügung des Abs. 4 in § 11 AsylbLG davon aus, dass es in Fällen einer Anspruchseinschränkung nach dem AsylbLG einer Entscheidung, die eine Pflichtverletzung und eine daran anknüpfende Einschränkung des Leistungsanspruchs feststellt, bedarf (vgl. BT-Drucks. 18/8615, S. 42).
Ein Bescheid über die Feststellung einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ist - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht ergangen. Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass eine solche Feststellung in Gestalt eines mündlichen Verwaltungsaktes der AG erfolgt ist. Ein Vermerk über die Vorsprache der Ast bei der AG am 07.09.2017 und deren Inhalt ist nicht vorhanden. Es fehlt an jeglichem belastbaren Beleg dafür, was ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der AG am 07.09.2017 gegenüber der Ast verfügt hat. Aufgrund der Ausführungen der AG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann lediglich angenommen werden, dass gegenüber der Ast eine weitere Erbringung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf abgelehnt wurde. Dass die AG in diesem Zusammenhang äußert, dass die Ablehnung "aufgrund der gem. § 1a Abs. 1 AsylbLG durchzuführenden Leistungskürzung" erfolgte, legt ebenfalls nahe, dass am 07.09.2017 die Feststellung einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 1 AsylbLG gerade nicht erfolgt ist, sondern lediglich zur Begründung der Leistungsablehnung herangezogen wurde. Hierfür spricht letztlich auch, dass sich in der Akte keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die von der Regierung von Oberfranken erbetene Prüfung etwaiger Leistungskürzungen in eigener Zuständigkeit durchgeführt wurde, und der infolge der Prüfung gegebenenfalls zu erlassende Kürzungsbescheid - wie ausgeführt - nicht ergangen ist.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich den vorliegenden Akten auch nicht entnehmen lässt, ob bei der Vorsprache der Ast am 07.09.2017 ein Dolmetscher anwesend war oder ob die Ast der deutschen Sprache soweit mächtig ist, dass sie den Inhalt eines mündlichen Verwaltungsaktes im notwendigen Maß zur Kenntnis nehmen kann. Dies könnte eventuell einer wirksamen Bekanntgabe eines mündlichen Verwaltungsaktes nach Art. 43 BayVwVfG entgegenstehen.
Nur hilfsweise ist auszuführen, dass, sofern man das Vorliegen eines feststellenden Verwaltungsaktes vom 07.09.2017 i.S.d. § 1a AylblG unterstellen würde, dieser schon deshalb rechtswidrig wäre, weil es jedenfalls an der nach § 14 Abs. 1 AsylbLG erforderlichen Befristung fehlen würde. Überdies könnte sich die Rechtswidrigkeit eines solchen unterstellten Verwaltungsaktes auch daraus ergeben, dass die AG ohne nähere Prüfung allein aufgrund der Meldung der Ausländerbehörde eine automatische Kürzung der Leistungen verfügt hat (siehe dazu Hohm a.a.O. Rn. 432 m.w.N.).
Nach alledem steht der zu sichernde Hauptsacheanspruch nach § 3 AsylbLG der Ast mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu. Insoweit war daher der angefochtene Beschluss des SG aufzuheben.
c. Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben.
Insbesondere bei den "Grundleistungen" nach § 3 AsylbLG handelt es sich um existenzsichernde Sozialleistungen (siehe dazu u.a. BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, juris). Diese existenzsichernden Sozialleistungen werden der Ast - überdies schon seit September 2017 - in Höhe von monatlich 135 EUR (Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe, vgl. § 3 Abs. 1 S. 8 AsylbLG) nicht erbracht. Des Weiteren werden, wie dem Vortrag der AG entnommen werden kann, auch die Grundleistungen "Kleidung" und "Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts" nicht gewährt. Somit ist von einer Leistungsreduzierung im Umfang von jedenfalls einem Drittel der Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG) auszugehen. Daher ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer über Randbereiche hinausgehenden drohenden Rechtsverletzung der Ast, also einem wesentlichen Nachteil auszugehen.
2. Ein Anspruch der Ast nach § 6 AsylbLG ist hingegen nicht gegeben. Deshalb liegt im Übrigen auch kein Anordnungsanspruch vor.
Bei den sonstigen Leistungen nach § 6 AsylbLG handelt es sich um Leistungen, die eine notwendigen Bedarf decken sollen, der nicht bereits durch die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG abgedeckt ist und auch nicht über die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG sichergestellt wird. Diese sonstigen Leistungen können gem. § 6 Abs. 1 S. 1 AsylbLG insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Ast bei der AG bislang sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG beantragt hätte. Auch dem Vortrag der Ast im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lassen sich keinerlei Hinweise darauf entnehmen, dass bei der Ast ein Bedarf bestehen könnte, der nicht bereits durch die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG oder durch die - von der AG im Bedarfsfall ebenfalls erbrachten - Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG gedeckt würde. Ein Anspruch der Ast auf Leistungen nach § 6 AsylbLG besteht daher nicht.
Für den Erfolg einer Regelungsanordnung ist aber stets ein sicherungsfähiges Recht des Antragstellers zu fordern (vgl. dazu ausdrücklich vom BVerfG vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03, juris Rn. 14). Ansonsten geht der Eilantrag ins Leere. Aus der aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Sicherungsfunktion und in Vornahmesachen wie der vorliegenden zusätzlich aus der Bindung des Gerichts an § 86b Abs. 2 SGG, wo der Hauptsacheanspruch tatbestandlich verankert ist (dazu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2016, Rn. 368 f, 428), ergibt sich von Verfassungs wegen zwingend das Gebot, die Rechtsfragen der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen und der Entscheidung (neben anderen Belangen) zugrunde zu legen; die materielle Rechtslage ist als obligatorisches Prüfungs- und Entscheidungskriterium für das sozialgerichtliche Eilverfahren verfassungsrechtlich und einfach-gesetzlich vorgegeben (vgl. zur VwGO Windoffer, Die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit von Rechtsfragen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, S. 41). Steht also - wie hier - bereits im Eilverfahren fest, dass die Hauptsache erfolglos ist, gibt es kein im Eilverfahren sicherungsfähiges Recht. Die Ablehnung des Eilantrags ist dann auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. z.B. BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25).
Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Leistungen nach § 6 AsylbLG war daher die Beschwerde der Ast gegen den Beschluss des SG zurückzuweisen.
3. Die Verpflichtung der AG zur vorläufigen Gewährung von Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG wird auf den Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum 30.06.2018 beschränkt.
Hierbei hat der Senat zum einem berücksichtigt, dass bislang keine Entscheidung des AG über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG insbesondere im Hinblick auf die zukünftige Gewährung solcher Leistungen vorliegt. Zum anderen erscheinen aufgrund der vorliegenden vollziehbaren Abschiebungsanordnung des Bundesamtes und des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Ast leistungsrelevante Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen der Ast in den kommenden Monaten möglich.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss des SG nach den Maßgaben des Entscheidungssatzes dieses Beschlusses abzuändern.
4. Der Ast war auf ihren Antrag hin für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) zu beachten. Deshalb dürfen keine über-spannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Be-schluss vom 07.04.2000 - 1 BvR 81/00, juris Rn. 16). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7, 7a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG vom 13.07.2005 - 1 BvR 175/05, juris Rn. 10; vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 26 = BVerfGE 81, 347; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet, ihn einem sol-chen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfG vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 25 = BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG vom 02.02.1993 - 1 BvR 1697/91, juris Rn. 13 = FamRZ 1993, 664, 665).
Bei der Ast sind nach der vorliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH gegeben. Auch liegen die erforderlichen Erfolgsaussichten für die Beschwerde der Ast vor, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter 1. ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Ast mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im überwiegenden, wenn auch nicht im vollen Umfang erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2/3 zu erstatten.
IV. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Herr Rechtsanwalt B., B-Stadt beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum ab 06.12.2017.
Die 1979 geborene Ast ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am 13.06.2017 nach Deutschland ein und stellte am 18.07.2017 Asylantrag. Sie hält sich derzeit in der Aufnahmeeinrichtung A., A-Straße, A-Stadt auf. Bescheide der Antragsgegnerin (AG) über die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG sind bislang nicht ergangen. Den Akten der AG ist lediglich zu entnehmen, dass der Ast am 23.08.2017 für Juli und August 2017 insgesamt ein Geldbetrag in Höhe von 119 EUR ausgezahlt wurde. Vor ihrer Einreise nach Deutschland war der Ast am 24.05.2017 von der schwedischen Botschaft in Teheran ein Schengen-Visum mit einem Gültigkeitszeitraum vom 27.05.2017 bis 05.07.2017 erteilt worden. Am 02.08.2017 fand durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Anhörung der Ast statt. Bei dieser Anhörung gab die Ast an, direkt vom Iran nach Deutschland geflogen zu sein. Sie führte aus, dass sie froh sei, in Deutschland zu sein, da es hier für Frauen Sicherheit gebe. Ihr Bruder halte sich in Deutschland auf und sei Christ. Sie selbst wolle auch Christin werden und sich taufen lassen. Sie leide an Depressionen und sei im Iran in Behandlung gewesen. Sie wolle in keinen anderen Staat überstellt werden, da ihr Bruder in Deutschland sei und sie ihn aufgrund ihres Zustandes brauche. Sie habe zu ihrem Bruder letztmalig im März 2017 Kontakt gehabt, als sie ihm zum neuen Jahr gratuliert habe.
Am 04.08.2017 stellte das Bundesamt ein Aufnahmegesuch nach der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) an Schweden, dem von den schwedischen Behörden mit Schreiben vom 14.08.2017 entsprochen wurde. Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Ast als unzulässig ab und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen. Die Abschiebung nach Schweden wurde angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 3 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen den Bescheid erhob die Ast Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth (VG - Az. B 2 K 17.50957). Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Mit Beschluss vom 28.08.2017 lehnte das VG den Antrag der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Am 04.09.2017 erging ein Schreiben der Regierung von Oberfranken - Zentrale Ausländerbehörde an die AG, wonach bei der Ast der Missbrauchstatbestand des § 1a Abs. 1 AsylbLG erfüllt sei. Bei der Ast liege eine Einreise über einen sicheren Drittstaat (Schweden) vor. Es werde um die Prüfung etwaiger Leistungskürzungen in eigener Zuständigkeit gebeten. Falls eine Kürzung erfolge, werde um Übersendung einer Kopie des Kürzungsbescheides gebeten.
Bei einer Vorsprache der Ast bei der AG am 07.09.2017 teilte ihr diese daraufhin mündlich mit, "dass aufgrund der gemäß § 1a Abs. 1 AsylbLG durchzuführenden Leistungskürzung eine Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf (sog. Taschengeld) nicht mehr erfolgen könne" (so der Vortrag der AG in der Antragserwiderung vom 12.12.2017).
Gegen den mündlichen Verwaltungsakt vom 07.09.2017 legte die Ast über ihren Anwalt am 06.12.2017 Widerspruch ein. Den Widerspruch legte die AG der Regierung von Oberfranken zur Entscheidung vor. Eine Widerspruchsentscheidung ist bislang nicht ergangen.
Am 06.12.2017 hat die Ast beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, die AG im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 06.12.2017 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3 und 6 AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Mit Beschluss vom 14.12.2017 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Dies hat das SG im Wesentlichen damit begründet, dass es bereits an einem Anordnungsanspruch fehle. Es seien in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten ersichtlich. Der mündliche Bescheid der AG vom 07.09.2017 erfülle sämtliche Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes. Es sei der Ast mitgeteilt worden, dass eine Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf nicht mehr erfolgen könne. Dies stelle eine Einzelfallentscheidung mit unmittelbarer Regelungswirkung für die Ast dar. Rechtsgrundlage für den mündlichen Bescheid sei § 1a Abs. 1 AsylbLG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Prüfung des § 1a Abs. 2 AsylbLG bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG sei nicht verfassungswidrig. Die Ast erhalte die im Einzelfall unabweisbar gebotenen Leistungen. Anträge nach § 6 AsylbLG seien nicht gestellt worden.
Gegen den Beschluss hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, es bestünde ein Anordnungsanspruch. Sie sei nicht zum Zwecke der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG nach Deutschland eingereist. Das SG habe auch fälschlicherweise angenommen, dass die Ast über Schweden nach Deutschland eingereist sei. Deshalb lägen die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 AsylbLG, auf den die AG ihre Entscheidung stütze, schon gar nicht vor. Aber selbst wenn sie gegeben wären, hätte nach dieser Vorschrift eine Einzelfallentscheidung der AG über die nach den Umständen unabweisbar gebotenen Leistungen ergehen müssen. Dies sei nicht geschehen. Perspektivisch halte sich die Ast für längere Zeit in Deutschland auf. Sie habe daher Anspruch auf Deckung des gesamten soziokulturellen Existenzminimums einschließlich des notwendigen persönlichen Bedarfs.
Die Ast beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.12.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab 06.12.2017 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die AG beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Insbesondere belege der Umstand, dass die Ast unmittelbar von Schweden nach Deutschland eingereist sei, dass die Einreise in erster Linie wegen der hier gewährten Leistungen für Asylbewerber erfolgt sei. Im Übrigen würden der Ast Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Unterkunft, Heizung, Ernährung, Gesundheitspflege und Hygieneartikel erbracht.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin, die beigezogene Widerspruchsakte der Regierung von Oberfranken, die beigezogene Akte des Verwaltungsgerichts Bayreuth und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im vollen Umfang abgelehnt. Der von der Ast im Wege der Regelungsanordnung geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG ist gegeben. Auch liegt insoweit ein Anordnungsgrund vor. Hingegen besteht kein Anspruch auf Leistungen nach § 6 AsylbLG.
Der zutreffende Prüfungsmaßstab für die Beschwerdeentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stellt sich wie folgt dar: Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 - B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Lei-therer, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d).
§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln mithin im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 - 358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche und für den Richter grundsätzlich bindende (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels, d.h. zur Verhinderung entsprechend schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 - 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, juris Orientierungssatz 2 - Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegebenenfalls zu modifizieren. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht und droht bei Ablehnung des Eilantrags eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-)Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen sind aber unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 I GG) auch dann die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Im Rahmen des so verfassungskonform ausgelegten § 86b Abs. 2 SGG bedeutet dies zusammenfassend, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96, juris: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02, juris Leitsatz 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, "desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen.
Die Fachgerichte haben mithin im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine verfassungsrechtliche Vorprüfung durchzuführen. Ergibt sich dabei, dass ohne Eilrechtsschutz schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls möglich sind, ist § 86 b SGG gegebenenfalls im oben dargestellten Sinne verfassungskonform auszulegen, um insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Ergibt sich jedoch, dass auch ohne Eilrechtsschutz keine schweren Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung möglich sind, verbleibt es bei der einfach-gesetzlichen Regelung des § 86b SGG.
Vorliegend kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Ast bei Nichtbewilligung der beantragten Leistungen schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entstehen könnten, so dass es zugunsten der Ast einer Modifizierung des Beweismaßes bedürfte. Denn hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 3 AsylbLG bestehen bereits nach dem einfachgesetzlichen Prüfungsmaßstab Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund (hierzu nachfolgend unter 1.), wohingegen hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 6 AsylbLG ein materiell-rechtlicher Anspruch nicht gegeben ist und somit ein Obsiegen in der Hauptsache nach Sachlage ausgeschlossen werden kann.
1. Der Ast steht ein Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu, so dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist. Die ablehnende Entscheidung der AG über die Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf vom 07.09.2017 steht diesem Anspruch nicht entgegen, da sie rechtswidrig ist. Auch ein Anordnungsgrund liegt vor.
a. Die Ast ist leistungsberechtigt nach dem AsylbLG, was zwischen den Beteiligten auch unstrittig ist. Die Ast, die Ausländerin ist und die sich im Bundesgebiet tatsächlich aufhält, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Abschiebung nach Schweden ist mit Bescheid vom 14.08.2017 durch das Bundesamt vollziehbar angeordnet worden. Die Ast erfüllt somit jedenfalls die Voraussetzungen der Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG.
Des Weiteren ist die Ast derzeit in einer Aufnahmeeinrichtung i.S.v. § 44 Abs. 1 AsylG in A-Stadt untergebracht. Ihr stehen somit grundsätzlich die Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu.
b. Die ablehnende Entscheidung der AG über die Auszahlung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf vom 07.09.2017 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.
Die ablehnende Entscheidung der AG vom 07.09.2017, die ohnehin nur einen Teil der nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu gewährenden Grundleistungen, nämlich den Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe nach S. 5, 8 betrifft, ist rechtswidrig. Eine gesetzliche Grundlage für diese Entscheidung ist nicht gegeben. Insbesondere fehlt es an einem eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellenden Verwaltungsakt.
So wie sich der Sachverhalt darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verwaltungsakt der AG ergangen ist, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG festgestellt wurde.
Grundsätzlich ist für eine Einschränkung der Leistungsansprüche nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG aufgrund des § 1a AsylbLG Voraussetzung, dass eine solche Anspruchseinschränkung durch Verwaltungsakt festgestellt wird (wie hier Oppermann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG Rn. 122, 157; Hohm in Hohm, AsylbLG § 1a Rn. 430 ff.). Zwar ließe es der Wortlaut des § 1a AsylbLG, insbesondere des im vorliegenden Verfahren von der AG herangezogenen § 1a Abs. 1 AsylbLG, auch möglich erscheinen, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Anspruchseinschränkung kraft Gesetz ohne weitere Umsetzung durch einen Verwaltungsakt eintreten zu lassen (so Bayerisches Landessozialgericht v. 11.11.2016 - L 8 AY 29/16 B ER, juris Rn. 40). Allerdings ergibt sich im systematischen Zusammenhang mit den weiteren Regelungen in § 11 Abs. 4 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 AsylbLG, dass ein feststellender Verwaltungsakt über das Vorliegen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG für den Eintritt der vorgesehenen Rechtsfolgen erforderlich ist. So sieht das AsylbLG in § 11 Abs. 4 Nr. 2 vor, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a oder § 11 Absatz 2a festgestellt wird, keine aufschiebende Wirkung haben. Auch sind die Anspruchseinschränkungen nach § 1a AsylbLG gem. § 14 Abs. 1 AsylbLG auf sechs Monate zu befristen. Damit ist es aber notwendig, dass Beginn und Ende der Anspruchseinschränkung durch einen Verwaltungsakt festgestellt werden. Auch der Gesetzgeber ging im Rahmen der Einfügung des Abs. 4 in § 11 AsylbLG davon aus, dass es in Fällen einer Anspruchseinschränkung nach dem AsylbLG einer Entscheidung, die eine Pflichtverletzung und eine daran anknüpfende Einschränkung des Leistungsanspruchs feststellt, bedarf (vgl. BT-Drucks. 18/8615, S. 42).
Ein Bescheid über die Feststellung einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ist - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht ergangen. Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass eine solche Feststellung in Gestalt eines mündlichen Verwaltungsaktes der AG erfolgt ist. Ein Vermerk über die Vorsprache der Ast bei der AG am 07.09.2017 und deren Inhalt ist nicht vorhanden. Es fehlt an jeglichem belastbaren Beleg dafür, was ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der AG am 07.09.2017 gegenüber der Ast verfügt hat. Aufgrund der Ausführungen der AG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann lediglich angenommen werden, dass gegenüber der Ast eine weitere Erbringung des Geldbetrages für den persönlichen Bedarf abgelehnt wurde. Dass die AG in diesem Zusammenhang äußert, dass die Ablehnung "aufgrund der gem. § 1a Abs. 1 AsylbLG durchzuführenden Leistungskürzung" erfolgte, legt ebenfalls nahe, dass am 07.09.2017 die Feststellung einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 1 AsylbLG gerade nicht erfolgt ist, sondern lediglich zur Begründung der Leistungsablehnung herangezogen wurde. Hierfür spricht letztlich auch, dass sich in der Akte keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die von der Regierung von Oberfranken erbetene Prüfung etwaiger Leistungskürzungen in eigener Zuständigkeit durchgeführt wurde, und der infolge der Prüfung gegebenenfalls zu erlassende Kürzungsbescheid - wie ausgeführt - nicht ergangen ist.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich den vorliegenden Akten auch nicht entnehmen lässt, ob bei der Vorsprache der Ast am 07.09.2017 ein Dolmetscher anwesend war oder ob die Ast der deutschen Sprache soweit mächtig ist, dass sie den Inhalt eines mündlichen Verwaltungsaktes im notwendigen Maß zur Kenntnis nehmen kann. Dies könnte eventuell einer wirksamen Bekanntgabe eines mündlichen Verwaltungsaktes nach Art. 43 BayVwVfG entgegenstehen.
Nur hilfsweise ist auszuführen, dass, sofern man das Vorliegen eines feststellenden Verwaltungsaktes vom 07.09.2017 i.S.d. § 1a AylblG unterstellen würde, dieser schon deshalb rechtswidrig wäre, weil es jedenfalls an der nach § 14 Abs. 1 AsylbLG erforderlichen Befristung fehlen würde. Überdies könnte sich die Rechtswidrigkeit eines solchen unterstellten Verwaltungsaktes auch daraus ergeben, dass die AG ohne nähere Prüfung allein aufgrund der Meldung der Ausländerbehörde eine automatische Kürzung der Leistungen verfügt hat (siehe dazu Hohm a.a.O. Rn. 432 m.w.N.).
Nach alledem steht der zu sichernde Hauptsacheanspruch nach § 3 AsylbLG der Ast mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu. Insoweit war daher der angefochtene Beschluss des SG aufzuheben.
c. Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben.
Insbesondere bei den "Grundleistungen" nach § 3 AsylbLG handelt es sich um existenzsichernde Sozialleistungen (siehe dazu u.a. BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, juris). Diese existenzsichernden Sozialleistungen werden der Ast - überdies schon seit September 2017 - in Höhe von monatlich 135 EUR (Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe, vgl. § 3 Abs. 1 S. 8 AsylbLG) nicht erbracht. Des Weiteren werden, wie dem Vortrag der AG entnommen werden kann, auch die Grundleistungen "Kleidung" und "Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts" nicht gewährt. Somit ist von einer Leistungsreduzierung im Umfang von jedenfalls einem Drittel der Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG) auszugehen. Daher ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer über Randbereiche hinausgehenden drohenden Rechtsverletzung der Ast, also einem wesentlichen Nachteil auszugehen.
2. Ein Anspruch der Ast nach § 6 AsylbLG ist hingegen nicht gegeben. Deshalb liegt im Übrigen auch kein Anordnungsanspruch vor.
Bei den sonstigen Leistungen nach § 6 AsylbLG handelt es sich um Leistungen, die eine notwendigen Bedarf decken sollen, der nicht bereits durch die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG abgedeckt ist und auch nicht über die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG sichergestellt wird. Diese sonstigen Leistungen können gem. § 6 Abs. 1 S. 1 AsylbLG insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Ast bei der AG bislang sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG beantragt hätte. Auch dem Vortrag der Ast im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lassen sich keinerlei Hinweise darauf entnehmen, dass bei der Ast ein Bedarf bestehen könnte, der nicht bereits durch die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG oder durch die - von der AG im Bedarfsfall ebenfalls erbrachten - Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG gedeckt würde. Ein Anspruch der Ast auf Leistungen nach § 6 AsylbLG besteht daher nicht.
Für den Erfolg einer Regelungsanordnung ist aber stets ein sicherungsfähiges Recht des Antragstellers zu fordern (vgl. dazu ausdrücklich vom BVerfG vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03, juris Rn. 14). Ansonsten geht der Eilantrag ins Leere. Aus der aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Sicherungsfunktion und in Vornahmesachen wie der vorliegenden zusätzlich aus der Bindung des Gerichts an § 86b Abs. 2 SGG, wo der Hauptsacheanspruch tatbestandlich verankert ist (dazu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2016, Rn. 368 f, 428), ergibt sich von Verfassungs wegen zwingend das Gebot, die Rechtsfragen der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen und der Entscheidung (neben anderen Belangen) zugrunde zu legen; die materielle Rechtslage ist als obligatorisches Prüfungs- und Entscheidungskriterium für das sozialgerichtliche Eilverfahren verfassungsrechtlich und einfach-gesetzlich vorgegeben (vgl. zur VwGO Windoffer, Die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit von Rechtsfragen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, S. 41). Steht also - wie hier - bereits im Eilverfahren fest, dass die Hauptsache erfolglos ist, gibt es kein im Eilverfahren sicherungsfähiges Recht. Die Ablehnung des Eilantrags ist dann auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. z.B. BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25).
Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Leistungen nach § 6 AsylbLG war daher die Beschwerde der Ast gegen den Beschluss des SG zurückzuweisen.
3. Die Verpflichtung der AG zur vorläufigen Gewährung von Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG wird auf den Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum 30.06.2018 beschränkt.
Hierbei hat der Senat zum einem berücksichtigt, dass bislang keine Entscheidung des AG über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG insbesondere im Hinblick auf die zukünftige Gewährung solcher Leistungen vorliegt. Zum anderen erscheinen aufgrund der vorliegenden vollziehbaren Abschiebungsanordnung des Bundesamtes und des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Ast leistungsrelevante Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen der Ast in den kommenden Monaten möglich.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss des SG nach den Maßgaben des Entscheidungssatzes dieses Beschlusses abzuändern.
4. Der Ast war auf ihren Antrag hin für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) zu beachten. Deshalb dürfen keine über-spannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Be-schluss vom 07.04.2000 - 1 BvR 81/00, juris Rn. 16). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7, 7a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG vom 13.07.2005 - 1 BvR 175/05, juris Rn. 10; vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 26 = BVerfGE 81, 347; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet, ihn einem sol-chen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfG vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 25 = BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG vom 02.02.1993 - 1 BvR 1697/91, juris Rn. 13 = FamRZ 1993, 664, 665).
Bei der Ast sind nach der vorliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH gegeben. Auch liegen die erforderlichen Erfolgsaussichten für die Beschwerde der Ast vor, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter 1. ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Ast mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im überwiegenden, wenn auch nicht im vollen Umfang erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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