Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
37
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 37 SF 146/17 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein unbemittelter Beteiligter wird bei der Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach §§ 198 ff GVG nicht bereits deshalb gegenüber einem Bemittelten benachteiligt, weil das Gericht neben dem Hauptsacheverfahren ein komplexes Prozesskostenhilfeverfahren zu bearbeiten hat, in dem es zu Verzögerungszeiten gekommen ist. Die Verzögerungszeiten sind einheitlich für das gesamte Verfahren zu ermitteln.
Anschluss an BSG B 10 ÜG 3/16 R (Urteil vom 7. September 2017)
Anschluss an BSG B 10 ÜG 3/16 R (Urteil vom 7. September 2017)
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Potsdam geführten Verfahrens S 38 AS 1126/13 (vormals S 35 AS 1126/13) in Höhe von 400 Euro pro Kläger, insgesamt 1.200 Euro, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 7. Juni 2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens haben die Kläger 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren eine Entschädigung in Höhe von (iHv) mindestens 4.500 Euro (mindestens 1.500 Euro pro Person) wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) zuletzt unter dem Aktenzeichen S 38 AS 1126/13 anhängig gewesenen Verfahrens.
Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der 1965 geborene Kläger sowie die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende 1970 geborene Klägerin zu 2) und die 1992 geborene Klägerin zu 3) begehrten vom Jobcenter MAIA (Beklagter des Ausgangsverfahrens) im Wege des Zugunstenverfahrens die Rücknahme der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 24. September 2010, mit denen im Hinblick auf das von der Klägerin zu 2) erzielte Einkommen in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. März 2010 überzahlte Leistungen aufgehoben wurden. Dies lehnte der Beklagte des Ausgangsverfahrens mit Bescheid vom 4. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2013 ab, weil es an neuem Sachvortrag fehle, der die Überprüfung der bestandskräftig gewordenen Bescheide rechtfertige.
Das SG bestätigte mit Verfügung vom 30. Mai 2013 den Eingang von Klage und Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) am 23. Mai 2013, teilte den Beteiligten das Aktenzeichen (S 35 AS 1126/13) mit und forderte den dortigen Beklagten zur Übersendung der Verwaltungsakten binnen zweier Wochen direkt an den Klägerbevollmächtigten und jenen zur Klagebegründung innerhalb von vier Wochen nach Akteneinsicht auf. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 teilte das Jobcenter mit, dass es die Akte nach Fertigung der Notakte direkt an den Klägerbevollmächtigten übersenden werde, von dem das SG die Akte am 1. Juli 2013 erhielt und die Wiedervorlage der Akte in fünf Wochen verfügte. Im Laufe des Juli 2013 gab die 35. Kammer das Verfahren an die 38. Kammer ab, die die Beteiligten mit Schreiben vom 17. Juli 2013 über den Kammerwechsel informierte und das neue Aktenzeichen (S 38 AS 1126/13) mitteilte. Am 20. August 2013 (Verfügung vom 6. August 2013) forderte das SG Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an und erinnerte an die Einreichung der Klagebegründung. Am 15. Oktober 2013 erinnerte es nochmals. Am 25. Oktober 2013 gingen die PKH-Unterlagen und ein Antrag auf Fristverlängerung bis zum 25. November 2013 ein, auf den das SG mit Schreiben vom 1. November 2013 die Fristverlängerung bestätigte und im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit den Wohnsitz der Klägerin zu 3) erfragte. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag forderte es weitere Unterlagen zum PKH-Antrag an, die am 22. November 2013 beim SG eingingen.
Mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 25. November 2013 wurde die Klage begründet und am 2. Dezember 2013 zur Klageerwiderung innerhalb von sechs Wochen an den Beklagten des Ausgangsverfahrens weitergeleitet. Dieser äußerte sich mit am 15. Januar 2014 beim SG eingegangenem Schriftsatz vom 13. Januar 2014, der dem Klägerbevollmächtigten am 27. Januar 2014 zur freigestellten Äußerung weitergeleitet wurde. Die am 7. Februar 2014 beim SG eingegangene Replik vom 3. Februar 2014 wurde dem dortigen Beklagten am 19. Februar 2014 zur freigestellten Äußerung übersandt.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Februar 2014 – Eingang beim SG am 7. Februar 2014 – erinnerte der Klägerbevollmächtigte an die Bewilligung von PKH. Die Sache wurde zweimal verfristet, bevor das SG mit Schreiben vom 4. Juni 2014 (Verfügung vom 9. Mai 2014) dem Bevollmächtigten der Kläger u. a. seine Berechnung des im Rahmen der PKH-Bewilligung einzusetzenden Einkommens der Klägerin zu 2) erläuterte und zum Nachweis der Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes der Klägerin zu 2) (versehentlich als Klägerin zu 1) bezeichnet) aufforderte. Mit am 4. Juli 2014 beim SG eingegangenem Schreiben teilten die Kläger neben dem monatlichen Beitrag zur Lebensversicherung des Klägers zu 1) und deren Rückkaufwert mit, dass die Klägerin zu 2) kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalte, und übersandten einen aktuellen Besoldungsnachweis der Klägerin zu 3). Das SG hakte mit Schreiben vom 17. Juli 2014 wegen der Höhe der insgesamt zur Lebensversicherung eingezahlten Beiträge bei den Klägern nach, woraufhin die Kläger mit am 30. Juli 2014 beim SG eingegangenem Schreiben vom 25. Juli 2014 die Bescheinigung der Lebensversicherung zum Rückkaufwert vom 25. Juni 2014 einreichten.
Am 28. November 2014 fragte der Bevollmächtigte der Kläger telefonisch nach dem Sachstand, woraufhin das SG aufgrund richterlicher Verfügung vom 3. Dezember 2014 mit zwei Schreiben vom 27. Januar 2015 einerseits im PKH-Verfahren weitere Angaben zu Lebensversicherungen und Bausparverträgen und andererseits die Übersendung von Nachweisen zum Vermögen der Klägerin zu 3) am 11. Mai 2010 erbat. Am 10. März und 7. April 2015 erinnerte das SG an die Erledigung. Mit Schreiben vom 10. April 2015 (Eingang beim SG am 16. April 2015) wurde die Antwort der Kläger bezüglich vorhandener Vermögenswerte, mit Schreiben vom 17. April 2015 (Eingang beim SG am 22. April 2015) wurden Kontoauszüge übersandt. Die am 21. April 2015 verfügte Anfrage des SG, ob die Klägerin zu 3) am 11. Mai 2010 über ein eigenes Girokonto verfügt habe, und seine Bitte, den Kontostand mitzuteilen, wurde am 3. Juni 2015 gefertigt und abgesandt. Mit am 5. August 2015 beim SG eingegangenem Schreiben vom 4. August 2015 übersandten die Kläger die angeforderte Unterlage. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 informierte das SG darüber, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren Unterlagen bei Berücksichtigung des einzusetzenden Einkommens der Klägerin zu 2) PKH nur ratenweise bewilligt werden könne, und wies darauf hin, dass eine Bewilligung auch im Hinblick auf § 115 Abs. 4 ZPO im Hinblick auf die mutmaßlichen Kosten der Rechtsverfolgung fraglich sei. Mit Schreiben vom 26. November 2015 – Eingang beim SG am 30. November 2015 – teilten die Kläger mit, dass die Klägerin zu 3) ihre Ausbildung abgeschlossen habe, sodass die Klägerin zu 2) kein Kindergeld mehr erhalte. Mit am 4. Dezember 2015 eingegangenem Schreiben vom Vortag wurde der Einkommensnachweis 10/2015 der Klägerin zu 3) übersandt.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 (Eingang beim SG am 25. Januar 2016) erinnerte der Bevollmächtigte der Kläger erneut an die ausstehende Entscheidung des PKH-Antrages, über den das SG mit Beschluss vom 3. Februar 2016 entschied. Am 5. Februar 2016 verfügte die Kammervorsitzende die Akte ins "SiFA" (Sitzungsfach).
Mit Schreiben vom 7. März 2016 übersandte der Beklagte einen weiteren Band der Leistungsakten und äußerte sich zur Zulässigkeit der Klage der Klägerinnen zu 2) und 3), wozu die Kläger am 16. März 2016 zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen aufgefordert wurden, die am 11. April 2016 beim SG einging und dem Beklagten am 18. April 2016 zur Kenntnisnahme übersandt wurde.
Mit am 24. Mai 2016 eingegangenem Schreiben vom 23. Mai 2016 rügten die Kläger die Verzögerung gemäß § 198 Abs. 3 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), weil über die Klage vom 23. Mai 2013 auch nach 36 Monaten nicht entschieden sei. Am 6. Juli 2016 wurde der Rechtsstreit (nach telefonischer Abstimmung mit dem Prozessbevollmächtigten) auf den 28. Juli 2016 terminiert und das persönliche Erscheinen der Kläger zu 1) und 2) angeordnet. Der Termin wurde auf Antrag der urlaubsbedingt abwesenden Kläger am 19. Juli 2016 aufgehoben und die Sache erneut ins SiFA verfügt.
Mit am 4. Oktober 2016 beim SG eingegangenem Schreiben vom 29. September 2016 erinnerte der Bevollmächtigte an die Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins. Mit Ladung vom 11. November 2016 wurde Verhandlungstermin auf den 8. Dezember 2016 bestimmt, zu dem das persönliche Erscheinen der Kläger zu 1) und 2) angeordnet wurde. In der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2016 wurde der Rechtsstreit durch angenommenes Anerkenntnis erledigt.
Am 7. Juni 2017 haben die Kläger Entschädigungsklage beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben. Das Verfahren habe mit einer Dauer von mehr als 40 Monaten zwischen Eingang der Klage am 23. Mai 2013 und Durchführung der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2016 auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls unangemessen lange gedauert. Zu berücksichtigen sei dabei, dass dem Gericht seit dem 25. November 2013 eine ausführliche Klagebegründung, seit dem 15. Januar 2014 eine Klageerwiderung sowie eine Replik vom 3. Februar 2014 vorgelegen hätten. Im Anschluss hieran sei von gerichtlicher Seite lediglich die Anforderung von Unterlagen und Angaben für die Entscheidung über das PKH-Gesuch der Kläger erfolgt, während eine das Hauptsacheverfahren betreffende gerichtliche Aktivität erstmals wieder mit Schreiben vom 16. März 2016 zu verzeichnen gewesen sei, mit dem der Schriftsatz des dortigen Beklagten zur Stellungnahme übersandt worden sei. Mithin sei es in der Zeit von März 2014 bis Februar 2016 zu insgesamt 24 vollen Monaten gerichtlicher Inaktivität in Bezug auf das Hauptsacheverfahren gekommen. Im Anschluss an die Terminsaufhebung am 20. Juli 2016 hätten sich bis zur Übersendung der Terminsmitteilung am 11. November 2016 weitere drei volle Monate gerichtlicher Inaktivität angeschlossen. Das diesbezügliche Zuwarten des SG sei nicht nachvollziehbar. Mithin ergebe sich eine gerichtliche Inaktivität von mindestens 27 Monaten, von denen nach Abzug einer zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit eine zu entschädigende Überlänge von mindestens 15 Monaten für jeden einzelnen Kläger verbleibe. Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die gerichtlichen Tätigkeiten im PKH-Verfahren zur Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger die verzögerte Bearbeitung des parallel anhängigen Hauptsacheverfahrens rechtfertigten oder zumindest kompensieren könnten. Diese Auffassung laufe darauf hinaus, dass sie eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer allein deshalb nicht beanspruchen könnten, weil sie PKH beantragt hätten, was jedoch mit dem Grundsatz der Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten nicht zu vereinbaren sei, denn Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebiete nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Bereits vor diesem Hintergrund könne der Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer aufgrund gerichtlicher Inaktivität des Hauptsacheverfahrens nicht daran scheitern, dass in einem parallel geführten PKH-Verfahren von Seiten des Gerichts Ermittlungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen durchgeführt worden seien. Einen Rechtsgrundsatz, dass ein Hauptsacheverfahren, neben dem parallel ein PKH-Verfahren geführt werde, per se eine längere Verfahrensdauer aufweisen dürfe als ein Hauptsacheverfahren ohne gleichzeitiges PKH-Verfahren, gäbe es nicht. Die Kläger weisen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. September 2017 – 1 BvR 2443/16 – hin, dem das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R – nicht entgegenstehe, weil es sich nicht um einen dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt handele.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, an sie wegen überlanger Dauer des zum Aktenzeichen S 38 AS 1126/13 (zuvor S 35 AS 1126/13) bei dem Sozialgericht Potsdam geführten Klageverfahrens pro Kläger jeweils eine Entschädigung in Höhe von mindestens 1.500 Euro, somit in Höhe von insgesamt mindestens 4.500 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Verfahren habe zwar lange, nicht aber unangemessen lange im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG gedauert. Auch die Bearbeitung des PKH-Verfahrens stelle eine aktive Tätigkeit im Klageverfahren dar, weil die dort vorgenommenen Ermittlungen letztlich auch der Förderung des Klageverfahrens gedient hätten, was sowohl für den Monat der Entscheidung als auch für die Zeiten der für erforderlich gehaltenen – vorliegend umfangreichen – Ermittlungen zur Herbeiführung der Entscheidungsreife des PKH-Antrages gelte. Der Monat Februar 2014 sei nicht als Bearbeitungslücke zu werten, denn der Eingang der Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 3. Februar 2014 am 7. Februar 2014 habe eine in den März 2014 hineinreichende einmonatige Überlegungs- und Bearbeitungszeit ausgelöst. Der Monat April 2014 sei als Verzögerungsmonat anzuerkennen, Mai bis Juli 2014 seien von umfangreichen Ermittlungen im PKH-Verfahren geprägt, der August 2014 gelte aufgrund des umfangreichen Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 25. Juli 2014 mit neuen Anlagen zum Vermögen der Kläger als Überlegungs- und Bearbeitungszeit, während die Zeit von September bis Dezember 2014 als Verzögerungsphase zu berücksichtigen sei. Im Januar 2015 seien sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren umfangreiche gerichtliche Hinweise und Anfragen an den Klägerbevollmächtigten erfolgt. Der anschließende Zeitraum bis Dezember 2015 sei – mit Ausnahme des Monats Mai 2015 – durch Erinnerungen an den Klägerbevollmächtigten (10. März und 7. April 2015) sowie weitere Ermittlungen des Gerichts sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren und die Anforderung verschiedener Nachweise hierzu geprägt. Die Monate Mai 2015 und Januar 2016 seien als Verzögerungsmonate zu berücksichtigen. Im Februar 2016 habe das SG PKH bewilligt. Hinsichtlich der Zeit von August bis Oktober 2016 werde dem klägerischen Vortrag zugestimmt. Insgesamt ergäben sich danach zehn Monate gerichtlicher Inaktivität, von denen jedoch die regelmäßig je Instanz zustehende Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten abzuziehen sei, sodass kein zu entschädigender Zeitraum verbleibe. Ein PKH-Verfahren stelle als Nebenverfahren während eines laufenden Hauptsacheverfahrens kein eigenes Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG dar und sei daher entschädigungsrechtlich als Einheit mit dem Klageverfahren zu betrachten. Erfolge somit entweder im Hauptsache- oder im PKH-Verfahren eine Bearbeitung, könne keine gerichtliche Untätigkeit vorliegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowohl des hiesigen als auch des Ausgangsverfahrens Bezug genommen, die dem Senats vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
A. Die auf Gewährung einer Entschädigung gerichtete Klage ist zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 GG. Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klage ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger machen angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG).
III. Zweifel an der Wahrung der gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform bestehen ebenso wenig wie an der Einhaltung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normierten Sechsmonatsfrist für eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Klage ist am 7. Juni 2017 und somit innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Beendigung des Ausgangsverfahrens am 8. Dezember 2016 eingegangen (§ 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2, 64 Abs. 3, 91 Abs. 1 SGG).
B. Die auf Entschädigung i. H. v. mindestens 1.500,00 Euro pro Kläger, insgesamt also mindestens 4.500 Euro, gerichtete Klage ist nur in dem aus dem Tenor erkennbaren Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet und war abzuweisen.
I. Zu Recht richtet sich die Klage gegen das hier passivlegitimierte Land Brandenburg. Denn nach § 200 Satz 1 GVG haftet für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, das Land. Die Vertretung des Landes Brandenburg erfolgt nach Nr. 5 der Anordnung über die Vertretung des Landes Brandenburg im Geschäftsbereich des Ministers der Justiz (Vertretungsordnung JM Brdbg, Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz) vom 09.06.1992 (JMBl. S. 78) in der Fassung der Änderung vom 21.11.2012 (JMBl. S. 116) durch die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. zur Zulässigkeit einer entsprechenden Übertragung durch eine Verwaltungsanordnung BFH, Urteil vom 17.04.2013 - X K 3/12 - zitiert nach juris, Rn. 30 ff. für die Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641).
II. Die Kläger begehren eine Entschädigung für das beim Sozialgericht Potsdam am 23. Mai 2013 eingeleitete und mit Annahme eines Anerkenntnisses im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 8. Dezember 2016 beendete Verfahren. Sie rügen insoweit eine Verzögerung im Umfang von mindestens 15 Monaten, machen ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist, und begehren eine Entschädigung i. H. v. mindestens 1.500 Euro pro Person. Zur Überzeugung des Senats steht ihnen jedoch nur eine Entschädigung in Höhe von 400 Euro pro Person zu.
Grundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Die Kläger haben am 24. Mai 2016 Verzögerungsrüge erhoben.
III. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist - so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N. nach juris). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 33 nach juris).
a) Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung bildet die - in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte - Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss. Nicht von Bedeutung für das Entschädigungsverfahren ist hingegen die Dauer eines Widerspruchsverfahrens (BSG a.a.O. Rn. 25, 27). § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthält eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens im entschädigungsrechtlichen Sinn (vgl. BSG Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R –Rn. 30 nach juris). Danach gilt der gesamte Zeitraum von der Einleitung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss als ein Verfahren (BT-Drucks. 17/3802, S. 22), "einschließlich" eines Verfahrens auf Gewährung von PKH (vgl. BSG Urteile vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/14 R – Rn. 22 und vom 7. September 2017 aaO., Rn. 30 jeweils nach juris). Das PKH-Verfahren ist somit Bestandteil (Annex) des Hauptsacheverfahrens, wenn wegen der Hauptsache Entschädigung begehrt wird (§ 198 Abs. 1 S. 1 GVG). Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollte die Verzögerung paralleler Gesuche im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens keine Mehrfachentschädigung auslösen (BT-Drucks. 17/3802, S. 23). Vorliegend stellt sich somit das mit der Hauptsache verbundene PKH-Verfahren lediglich als Annex zum Hauptsacheverfahren dar (vgl. BSG aaO. Rn. 30 mwNw.).
Das gerichtliche Verfahren wurde mit Erhebung der Klage am 23. Mai 2013 eingeleitet und war mit Annahme des Anerkenntnisses vor dem SG am 8. Dezember 2016 erledigt. Es hat sich mithin über drei Jahre und sechseinhalb Monate (42 volle Kalendermonate) hingezogen.
b) Beim streitgegenständlichen Ausgangsverfahren handelte es sich um ein Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit und durchschnittlicher Komplexität, das im Hinblick darauf, dass es letztlich um eine Erstattung überzahlter Grundsicherungsleistungen ging, von eher unterdurchschnittlicher Bedeutung war, da die Kläger kein besonderes Interesse an einer besonders raschen gerichtlichen Entscheidung gehabt haben dürften (vgl. BSG Urteil vom 7. September 2017 aaO. Rn. 26 nach juris). Allerdings ist das PKH-Verfahren im Hinblick auf die Beteiligung mehrerer Kläger mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen, die sich zudem während des Verfahrens änderten, als überdurchschnittlich schwierig und komplex zu bewerten. aa) Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer maßgebliche Bedeutung des Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers bzw. der Klägerin und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine/ihre weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 31, - B 10 ÜG 12/13 R -, Rn. 35, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 38, jeweils nach juris). Zur Überzeugung des Senats ist das streitgegenständliche Ausgangsverfahren als von unterdurchschnittlicher Bedeutung zu bewerten, denn Streitgegenstand war die Überprüfung dreier Aufhebungs- und Erstattungsbescheide aus dem Jahr 2010, sodass nur noch die Frage der Erstattung von Leistungen zu klären war.
bb) Die für die Verfahrensdauer weiter bedeutsame Schwierigkeit des Verfahrens ist ebenso wie dessen Komplexität als durchschnittlich einzustufen. Allerdings erwies sich die Bearbeitung des PKH-Verfahrens als überdurchschnittlich komplex, weil die Ansprüche dreier Kläger mit jeweils eigenem Einkommen, die zudem in einem selbstgenutzten Eigenheim (Kläger zu 1) und 2)) und einer Mietwohnung (Klägerin zu 3) wohnten, und über Vermögenswerte verfügten, sodass durch das SG immer wieder auf eine Ergänzung der PKH-Unterlagen hingewirkt werden musste.
c) Mit Blick auf den Verfahrensablauf ist zu beachten, dass es sowohl zu den Klägern als auch dem Beklagten zuzurechnenden Verzögerungen gekommen ist.
Schließlich kommt es - auch wenn dies in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnt wird - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf an, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind dabei allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 41 nach juris,). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - 2. Leitsatz und Rn. 34).
Bedeutsam ist dabei, dass dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 57 nach juris).
Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht vielmehr die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und –gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 36, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 39, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 43, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Denn ungeachtet richterlicher Unabhängigkeit besteht eine richterliche Grundpflicht zur stringenten und beschleunigten Verfahrensgestaltung (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 49). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten müssen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. Jedenfalls für Verfahren von hinreichender Bedeutung verbietet sich ab einem gewissen Zeitpunkt (weitere) Untätigkeit oder eine zögerliche Verfahrensleitung. Richterliche Verhaltensweisen, die zu Beginn eines Verfahrens grundrechtlich gesehen noch unbedenklich, wenn auch möglicherweise verfahrensökonomisch nicht optimal erscheinen mögen, können bei zunehmender Verfahrensdauer in Konflikt mit dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit geraten. Das gilt etwa für die Setzung großzügiger Fristen zur Stellungnahme, den mehrfachen Austausch von Schriftsätzen ohne richtungweisende Einflussnahme des Gerichts und ohnehin für so genannte Schiebeverfügungen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 37, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 40, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 44, zitiert jeweils nach juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren Folgendes:
Das SG hat das Verfahren vom Eingang der Klageschrift am 23. Mai 2013 an bis zum Eingang der Replik und der Erinnerung an die Bewilligung der PKH am 7. Februar 2014 verzögerungslos bearbeitet. Bis dahin eingetretene Verzögerungen waren allein dem Umstand geschuldet, dass die Klagebegründung erst am 25. November 2013 beim SG eingegangen ist. Erstmals im März 2014 ist es zu einer dem Beklagten zuzurechnenden Inaktivität gekommen. Die Klagebegründung vom 25. November 2013 umfasst vier Seiten, die Erwiderung des Jobcenters eine knappe Seite und die Replik der Kläger etwa anderthalb Seiten, auf denen im Wesentlichen die Argumentation aus der Klagebegründung wiederholt wird. Dass die Replik eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit des SG ausgelöst hat, ist nicht erkennbar: es hat zwar dem Beklagten des Ausgangsverfahrens die Replik zur freigestellten Äußerung übersandt, gleichzeitig aber die Wiedervorlage zur PKH-Frist verfügt, die bereits Ende Februar 2014 auslief (vgl. Bl. 52 Rs: WV 4 Wochen am 15. Januar 2014 verfügt, Verfügung am 27.01.2014 ausgeführt). Somit ist der März 2014 ebenso wie der April 2014 – in dem lediglich verfügt wurde, die Anschrift der Klägerin zu 3) auf dem Stammdatenblatt zu erfassen – als Verzögerungsmonat zu werten.
Gleiches gilt für den Monat Mai 2014, in dem die Kammervorsitzende am 9. Mai 2014 zwar die Bedürftigkeit der Kläger im Rahmen des PKH-Verfahrens geprüft hat, ihr diesbezügliches Hinweisschreiben aber von der Geschäftsstelle erst am 4. Juni 2014 gefertigt und abgeschickt werden konnte. Die Liegezeit auf der Geschäftsstelle im Mai 2014 ist ebenfalls als dem Beklagten zuzurechnende Verzögerung anzusehen, weil die richterliche Verfügung erst vier Wochen später umgesetzt werden konnte, was auf eine unzureichende personelle Ausstattung des SG im nichtrichterlichen Dienst zurückzuführen sein dürfte und damit letztlich in die Organisationshoheit des beklagten Landes fällt.
Von Juni 2014 bis Juli 2014 war das SG aktiv und hat Ermittlungen zur Bedürftigkeit der Kläger im Rahmen des PKH-Antrages geführt. Als Inaktivitätszeit ist dann jedoch die Zeitspanne von August bis Dezember 2014 zu bewerten (5 Kalendermonate). Zwar ist das SG auf die Sachstandsanfrage des Klägerbevollmächtigten vom 28. November 2014 hin aktiv geworden und hat am 3. Dezember 2014 die Übersendung von Vermögensnachweisen der Klägerin zu 3) bezogen auf den Eintritt ihrer Volljährigkeit am 11. Mai 2010 angefordert, wobei es sich um eine Ermittlung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens gehandelt hat. Diese Verfügung wurde allerdings erst am 27. Januar 2015 umgesetzt, sodass erst Januar 2015 als Aktivitätsmonat zu werten ist.
Hieran schloss sich eine Zeitspanne aktiver Verfahrensgestaltung bis Dezember 2015 an, in der lediglich in den Monaten Mai und September 2015 keine Aktivität des SG zu verzeichnen ist, wobei die Inaktivität im Mai 2015 wiederum daraus resultiert, dass die richterliche Verfügung vom 21. April 2015 erst am 3. Juni 2015 ausgeführt werden konnte. Alle übrigen in diesem Zeitraum liegenden Monate sind von wiederholten Anforderungen weiterer Unterlagen durch das SG, Erinnerungen des SG sowie Übersendungen von Unterlagen durch die Kläger geprägt, bis schließlich nach Eingang eines aktuellen Einkommensnachweises der Klägerin zu 3) am 4. Dezember 2015 alle aus der Sicht des SG zur Entscheidung über den PKH-Antrag erforderlichen Unterlagen vorlagen. Da die abschließende Entscheidung des PKH-Antrages erst am 3. Februar 2016 erfolgte, ist der Januar 2016, in dem keine gerichtliche Aktivität zu verzeichnen ist, als Inaktivitätsmonat zu bewerten.
Ab Februar 2016 war das SG mit der PKH-Entscheidung wieder aktiv tätig und koordinierte im März und April 2016 den vom Beklagten des Ausgangsverfahrens angestoßenen Meinungsaustausch der Beteiligten zur Frage der Zulässigkeit der Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3).
Im Mai 2016 ging die Verzögerungsrüge der Kläger ein, eine Aktivität des SG ist – mit Ausnahme der statistischen Erfassung der Rüge - nicht zu verzeichnen. Im Juni 2016 verfügte die Kammervorsitzende die Akte erneut ins Sitzungsfach. Mai und Juni 2016 sind daher als Inaktivitätsmonate zu werten, weil hier nur rein administrative gerichtliche Aktivitäten, nämlich die Erfassung der Verzögerungsrüge und - wie im Vermerk der Kammervorsitzenden vom 10. Juni 2016 dokumentiert - die Prüfung, ob eine zeitnahe Terminierung möglich ist, erfolgten. Im Juli 2016 wurde dann terminiert, sodass das SG aktiv war. Die Zeit nach Aufhebung des Termins – also August 2016 bis Oktober 2016 – in der die Akten im Sitzungsfach lagen, ist wiederum als Inaktivitätszeit (3 Kalendermonate) zu bewerten.
Insgesamt ergibt sich somit eine dem Beklagten anzulastende Verzögerung von 16 Monaten, von denen die den Gerichten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig 12 Monate betragende Vorbereitungs- und Bedenkzeit pro Instanz (vgl. BSG, Urteile vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13 R, B 10 ÜG 9/13 R, B 10 ÜG 12/13 R, B 10 ÜG 2/14 R, aaO), abzuziehen ist, von der abzuweichen hier kein Anlass besteht. Es verbleibt im Ausgangsverfahren somit eine entschädigungsrelevante Verzögerung von vier Kalendermonaten.
Nicht festzustellen ist hingegen, dass vorliegend eine weitere Verzögerung des Hauptsacheverfahrens durch die verzögerte Bearbeitung des PKH-Verfahrens entstanden ist. Im Gegenteil zeigt sich gerade im vorliegenden Fall die enge Verzahnung von Hauptsache- und PKH-Verfahren, denn die Anfragen bzw. Hinweisschreiben des SG betrafen teilweise zeitgleich sowohl das PKH-Verfahren als auch die Hauptsache, sodass durchaus erkennbar ist, dass das SG nicht allein einen Verfahrensteil bearbeitet, sondern durchaus auch zweigleisig sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren ermittelt hat.
Der Einwand der Kläger, sie dürften nicht schlechter gestellt sein, als ein bemittelter Beteiligter, vermag vorliegend nicht zu überzeugen, weil gerade nicht erkennbar ist, dass sich dass Verfahren allein im Hinblick auf das PKH-Verfahren verzögert hat. Das SG war vielmehr durchaus bemüht, die Bedürftigkeit der Kläger in der Regel zeitnah zu prüfen und auf Veränderungen zu reagieren. Es hat wiederholt Berechnungen zur Bedürftigkeit angestellt und den Klägern diese zur Stellungnahme übersandt sowie durch gezielte Nachfragen zur Aufklärung der Bedürftigkeit der Kläger beigetragen. Dass sich die Ermittlungen im PKH-Verfahren zur Bedürftigkeit der Kläger als komplex erwiesen, ist aber letztlich nicht dem SG anzulasten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Verfahrensverzögerungen, die von einem Kläger im Rahmen zulässigen Prozessverhaltens herbeigeführt werden, in seinen Verantwortungsbereich fallen (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –Rn. 39 nach juris). Denn ein Kläger darf entschädigungsrechtlich keinen Vorteil daraus ziehen, dass er Anträge stellt, denen das Gericht nachgehen muss, auch wenn dies letztlich nicht zur Kenntniserlangung oder Verfahrensförderung beiträgt oder sich in der Wiederholung immer gleichen Vorbringens erschöpft (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –Rn. 40 nach juris). Vorliegend zeigt sich zudem, dass sich aufgrund der wechselnden Einkommensverhältnisse der Kläger im Verlauf des Verfahrens der Umfang der Hilfebedürftigkeit änderte und von Anfang an nicht alle Kläger Anspruch auf ratenfreie PKH hatten. Gerade wegen dieser Änderungen gestaltete sich hier aber das PKH-Verfahren als überdurchschnittlich schwierig und komplex, sodass eine Benachteiligung gegenüber einem Bemittelten hier schon deshalb fernliegend erscheint, weil der Bearbeitungsaufwand der Bedürftigkeits-prüfung bei einem Bemittelten gerade nicht angefallen wäre. Eine Benachteiligung der Kläger gegenüber einem bemittelten Kläger ist für das Ausgangsverfahren nicht nachvollziehbar.
Ebenso wenig lässt sich zur Überzeugung des Senats feststellen, dass das Ausgangsverfahren genauso lange gedauert hätte, wenn die Kläger keine PKH beantragt hätten. Dass das Ausgangsverfahren auch dann nicht früher abgeschlossen worden wäre, wenn die Kläger auf den PKH-Antrag verzichtet hätten, ist für den Senat nicht gewiss. Zwar ist dem Senat aus anderen Entschädigungsverfahren durchaus bekannt, dass es in Verfahren bei dem SG P zu längeren Liegezeiten kommen kann, dass es sich hierbei allerdings um einen alle Verfahren betreffenden Zustand handelt, erachtet er jedoch nicht als zwingend. Eine solche Annahme ist nicht zu belegen und liefe auf eine reine Spekulation hinaus.
Weder steht damit fest, dass die Kläger – wie sie meinen – allein wegen ihres PKH-Antrages gegenüber Nichtbedürftigen benachteiligt wurden, noch kann sicher davon ausgegangen werden, dass das PKH-Verfahren das Gesamtverfahren tatsächlich verlängert hat. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass das SG dem PKH-Antrag nachgehen und die Bedürftigkeit der Kläger prüfen musste. Eine Entscheidung in der Sache, ohne vorherige Entscheidung über den PKH-Antrag, wäre zwar möglich, aber untunlich (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, SGG 12. Aufl. 2017, § 73a, Rn. 11 m.w.Nw.).
IV. Da der Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG außerhalb des Systems der sozialrechtlichen Ansprüche steht, für die Prozesszinsen nach Maßgabe des § 44 SGB I grundsätzlich nicht beansprucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 03.09.2014, B 10 ÜG 9/13 R, Rn. 52, B 10 ÜG 12/13 R, Rn. 61 und B 10 ÜG 2/14 R, Rn. 54, alle zitiert nach juris) , war der Beklagte weiter gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB analog zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu verurteilen. Diese sind ab Rechtshängigkeit, d.h. nach § 94 SGG ab Klageerhebung am 7. Juni 2017 zu zahlen.
V. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und ist am Ergebnis der Hauptsache orientiert.
VI. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Kläger begehren eine Entschädigung in Höhe von (iHv) mindestens 4.500 Euro (mindestens 1.500 Euro pro Person) wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) zuletzt unter dem Aktenzeichen S 38 AS 1126/13 anhängig gewesenen Verfahrens.
Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der 1965 geborene Kläger sowie die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende 1970 geborene Klägerin zu 2) und die 1992 geborene Klägerin zu 3) begehrten vom Jobcenter MAIA (Beklagter des Ausgangsverfahrens) im Wege des Zugunstenverfahrens die Rücknahme der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 24. September 2010, mit denen im Hinblick auf das von der Klägerin zu 2) erzielte Einkommen in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. März 2010 überzahlte Leistungen aufgehoben wurden. Dies lehnte der Beklagte des Ausgangsverfahrens mit Bescheid vom 4. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2013 ab, weil es an neuem Sachvortrag fehle, der die Überprüfung der bestandskräftig gewordenen Bescheide rechtfertige.
Das SG bestätigte mit Verfügung vom 30. Mai 2013 den Eingang von Klage und Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) am 23. Mai 2013, teilte den Beteiligten das Aktenzeichen (S 35 AS 1126/13) mit und forderte den dortigen Beklagten zur Übersendung der Verwaltungsakten binnen zweier Wochen direkt an den Klägerbevollmächtigten und jenen zur Klagebegründung innerhalb von vier Wochen nach Akteneinsicht auf. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 teilte das Jobcenter mit, dass es die Akte nach Fertigung der Notakte direkt an den Klägerbevollmächtigten übersenden werde, von dem das SG die Akte am 1. Juli 2013 erhielt und die Wiedervorlage der Akte in fünf Wochen verfügte. Im Laufe des Juli 2013 gab die 35. Kammer das Verfahren an die 38. Kammer ab, die die Beteiligten mit Schreiben vom 17. Juli 2013 über den Kammerwechsel informierte und das neue Aktenzeichen (S 38 AS 1126/13) mitteilte. Am 20. August 2013 (Verfügung vom 6. August 2013) forderte das SG Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an und erinnerte an die Einreichung der Klagebegründung. Am 15. Oktober 2013 erinnerte es nochmals. Am 25. Oktober 2013 gingen die PKH-Unterlagen und ein Antrag auf Fristverlängerung bis zum 25. November 2013 ein, auf den das SG mit Schreiben vom 1. November 2013 die Fristverlängerung bestätigte und im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit den Wohnsitz der Klägerin zu 3) erfragte. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag forderte es weitere Unterlagen zum PKH-Antrag an, die am 22. November 2013 beim SG eingingen.
Mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 25. November 2013 wurde die Klage begründet und am 2. Dezember 2013 zur Klageerwiderung innerhalb von sechs Wochen an den Beklagten des Ausgangsverfahrens weitergeleitet. Dieser äußerte sich mit am 15. Januar 2014 beim SG eingegangenem Schriftsatz vom 13. Januar 2014, der dem Klägerbevollmächtigten am 27. Januar 2014 zur freigestellten Äußerung weitergeleitet wurde. Die am 7. Februar 2014 beim SG eingegangene Replik vom 3. Februar 2014 wurde dem dortigen Beklagten am 19. Februar 2014 zur freigestellten Äußerung übersandt.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Februar 2014 – Eingang beim SG am 7. Februar 2014 – erinnerte der Klägerbevollmächtigte an die Bewilligung von PKH. Die Sache wurde zweimal verfristet, bevor das SG mit Schreiben vom 4. Juni 2014 (Verfügung vom 9. Mai 2014) dem Bevollmächtigten der Kläger u. a. seine Berechnung des im Rahmen der PKH-Bewilligung einzusetzenden Einkommens der Klägerin zu 2) erläuterte und zum Nachweis der Höhe des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes der Klägerin zu 2) (versehentlich als Klägerin zu 1) bezeichnet) aufforderte. Mit am 4. Juli 2014 beim SG eingegangenem Schreiben teilten die Kläger neben dem monatlichen Beitrag zur Lebensversicherung des Klägers zu 1) und deren Rückkaufwert mit, dass die Klägerin zu 2) kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalte, und übersandten einen aktuellen Besoldungsnachweis der Klägerin zu 3). Das SG hakte mit Schreiben vom 17. Juli 2014 wegen der Höhe der insgesamt zur Lebensversicherung eingezahlten Beiträge bei den Klägern nach, woraufhin die Kläger mit am 30. Juli 2014 beim SG eingegangenem Schreiben vom 25. Juli 2014 die Bescheinigung der Lebensversicherung zum Rückkaufwert vom 25. Juni 2014 einreichten.
Am 28. November 2014 fragte der Bevollmächtigte der Kläger telefonisch nach dem Sachstand, woraufhin das SG aufgrund richterlicher Verfügung vom 3. Dezember 2014 mit zwei Schreiben vom 27. Januar 2015 einerseits im PKH-Verfahren weitere Angaben zu Lebensversicherungen und Bausparverträgen und andererseits die Übersendung von Nachweisen zum Vermögen der Klägerin zu 3) am 11. Mai 2010 erbat. Am 10. März und 7. April 2015 erinnerte das SG an die Erledigung. Mit Schreiben vom 10. April 2015 (Eingang beim SG am 16. April 2015) wurde die Antwort der Kläger bezüglich vorhandener Vermögenswerte, mit Schreiben vom 17. April 2015 (Eingang beim SG am 22. April 2015) wurden Kontoauszüge übersandt. Die am 21. April 2015 verfügte Anfrage des SG, ob die Klägerin zu 3) am 11. Mai 2010 über ein eigenes Girokonto verfügt habe, und seine Bitte, den Kontostand mitzuteilen, wurde am 3. Juni 2015 gefertigt und abgesandt. Mit am 5. August 2015 beim SG eingegangenem Schreiben vom 4. August 2015 übersandten die Kläger die angeforderte Unterlage. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 informierte das SG darüber, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren Unterlagen bei Berücksichtigung des einzusetzenden Einkommens der Klägerin zu 2) PKH nur ratenweise bewilligt werden könne, und wies darauf hin, dass eine Bewilligung auch im Hinblick auf § 115 Abs. 4 ZPO im Hinblick auf die mutmaßlichen Kosten der Rechtsverfolgung fraglich sei. Mit Schreiben vom 26. November 2015 – Eingang beim SG am 30. November 2015 – teilten die Kläger mit, dass die Klägerin zu 3) ihre Ausbildung abgeschlossen habe, sodass die Klägerin zu 2) kein Kindergeld mehr erhalte. Mit am 4. Dezember 2015 eingegangenem Schreiben vom Vortag wurde der Einkommensnachweis 10/2015 der Klägerin zu 3) übersandt.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 (Eingang beim SG am 25. Januar 2016) erinnerte der Bevollmächtigte der Kläger erneut an die ausstehende Entscheidung des PKH-Antrages, über den das SG mit Beschluss vom 3. Februar 2016 entschied. Am 5. Februar 2016 verfügte die Kammervorsitzende die Akte ins "SiFA" (Sitzungsfach).
Mit Schreiben vom 7. März 2016 übersandte der Beklagte einen weiteren Band der Leistungsakten und äußerte sich zur Zulässigkeit der Klage der Klägerinnen zu 2) und 3), wozu die Kläger am 16. März 2016 zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen aufgefordert wurden, die am 11. April 2016 beim SG einging und dem Beklagten am 18. April 2016 zur Kenntnisnahme übersandt wurde.
Mit am 24. Mai 2016 eingegangenem Schreiben vom 23. Mai 2016 rügten die Kläger die Verzögerung gemäß § 198 Abs. 3 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), weil über die Klage vom 23. Mai 2013 auch nach 36 Monaten nicht entschieden sei. Am 6. Juli 2016 wurde der Rechtsstreit (nach telefonischer Abstimmung mit dem Prozessbevollmächtigten) auf den 28. Juli 2016 terminiert und das persönliche Erscheinen der Kläger zu 1) und 2) angeordnet. Der Termin wurde auf Antrag der urlaubsbedingt abwesenden Kläger am 19. Juli 2016 aufgehoben und die Sache erneut ins SiFA verfügt.
Mit am 4. Oktober 2016 beim SG eingegangenem Schreiben vom 29. September 2016 erinnerte der Bevollmächtigte an die Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins. Mit Ladung vom 11. November 2016 wurde Verhandlungstermin auf den 8. Dezember 2016 bestimmt, zu dem das persönliche Erscheinen der Kläger zu 1) und 2) angeordnet wurde. In der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2016 wurde der Rechtsstreit durch angenommenes Anerkenntnis erledigt.
Am 7. Juni 2017 haben die Kläger Entschädigungsklage beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben. Das Verfahren habe mit einer Dauer von mehr als 40 Monaten zwischen Eingang der Klage am 23. Mai 2013 und Durchführung der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2016 auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls unangemessen lange gedauert. Zu berücksichtigen sei dabei, dass dem Gericht seit dem 25. November 2013 eine ausführliche Klagebegründung, seit dem 15. Januar 2014 eine Klageerwiderung sowie eine Replik vom 3. Februar 2014 vorgelegen hätten. Im Anschluss hieran sei von gerichtlicher Seite lediglich die Anforderung von Unterlagen und Angaben für die Entscheidung über das PKH-Gesuch der Kläger erfolgt, während eine das Hauptsacheverfahren betreffende gerichtliche Aktivität erstmals wieder mit Schreiben vom 16. März 2016 zu verzeichnen gewesen sei, mit dem der Schriftsatz des dortigen Beklagten zur Stellungnahme übersandt worden sei. Mithin sei es in der Zeit von März 2014 bis Februar 2016 zu insgesamt 24 vollen Monaten gerichtlicher Inaktivität in Bezug auf das Hauptsacheverfahren gekommen. Im Anschluss an die Terminsaufhebung am 20. Juli 2016 hätten sich bis zur Übersendung der Terminsmitteilung am 11. November 2016 weitere drei volle Monate gerichtlicher Inaktivität angeschlossen. Das diesbezügliche Zuwarten des SG sei nicht nachvollziehbar. Mithin ergebe sich eine gerichtliche Inaktivität von mindestens 27 Monaten, von denen nach Abzug einer zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit eine zu entschädigende Überlänge von mindestens 15 Monaten für jeden einzelnen Kläger verbleibe. Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die gerichtlichen Tätigkeiten im PKH-Verfahren zur Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger die verzögerte Bearbeitung des parallel anhängigen Hauptsacheverfahrens rechtfertigten oder zumindest kompensieren könnten. Diese Auffassung laufe darauf hinaus, dass sie eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer allein deshalb nicht beanspruchen könnten, weil sie PKH beantragt hätten, was jedoch mit dem Grundsatz der Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten nicht zu vereinbaren sei, denn Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebiete nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Bereits vor diesem Hintergrund könne der Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer aufgrund gerichtlicher Inaktivität des Hauptsacheverfahrens nicht daran scheitern, dass in einem parallel geführten PKH-Verfahren von Seiten des Gerichts Ermittlungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen durchgeführt worden seien. Einen Rechtsgrundsatz, dass ein Hauptsacheverfahren, neben dem parallel ein PKH-Verfahren geführt werde, per se eine längere Verfahrensdauer aufweisen dürfe als ein Hauptsacheverfahren ohne gleichzeitiges PKH-Verfahren, gäbe es nicht. Die Kläger weisen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. September 2017 – 1 BvR 2443/16 – hin, dem das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R – nicht entgegenstehe, weil es sich nicht um einen dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt handele.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, an sie wegen überlanger Dauer des zum Aktenzeichen S 38 AS 1126/13 (zuvor S 35 AS 1126/13) bei dem Sozialgericht Potsdam geführten Klageverfahrens pro Kläger jeweils eine Entschädigung in Höhe von mindestens 1.500 Euro, somit in Höhe von insgesamt mindestens 4.500 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Verfahren habe zwar lange, nicht aber unangemessen lange im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG gedauert. Auch die Bearbeitung des PKH-Verfahrens stelle eine aktive Tätigkeit im Klageverfahren dar, weil die dort vorgenommenen Ermittlungen letztlich auch der Förderung des Klageverfahrens gedient hätten, was sowohl für den Monat der Entscheidung als auch für die Zeiten der für erforderlich gehaltenen – vorliegend umfangreichen – Ermittlungen zur Herbeiführung der Entscheidungsreife des PKH-Antrages gelte. Der Monat Februar 2014 sei nicht als Bearbeitungslücke zu werten, denn der Eingang der Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 3. Februar 2014 am 7. Februar 2014 habe eine in den März 2014 hineinreichende einmonatige Überlegungs- und Bearbeitungszeit ausgelöst. Der Monat April 2014 sei als Verzögerungsmonat anzuerkennen, Mai bis Juli 2014 seien von umfangreichen Ermittlungen im PKH-Verfahren geprägt, der August 2014 gelte aufgrund des umfangreichen Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 25. Juli 2014 mit neuen Anlagen zum Vermögen der Kläger als Überlegungs- und Bearbeitungszeit, während die Zeit von September bis Dezember 2014 als Verzögerungsphase zu berücksichtigen sei. Im Januar 2015 seien sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren umfangreiche gerichtliche Hinweise und Anfragen an den Klägerbevollmächtigten erfolgt. Der anschließende Zeitraum bis Dezember 2015 sei – mit Ausnahme des Monats Mai 2015 – durch Erinnerungen an den Klägerbevollmächtigten (10. März und 7. April 2015) sowie weitere Ermittlungen des Gerichts sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren und die Anforderung verschiedener Nachweise hierzu geprägt. Die Monate Mai 2015 und Januar 2016 seien als Verzögerungsmonate zu berücksichtigen. Im Februar 2016 habe das SG PKH bewilligt. Hinsichtlich der Zeit von August bis Oktober 2016 werde dem klägerischen Vortrag zugestimmt. Insgesamt ergäben sich danach zehn Monate gerichtlicher Inaktivität, von denen jedoch die regelmäßig je Instanz zustehende Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten abzuziehen sei, sodass kein zu entschädigender Zeitraum verbleibe. Ein PKH-Verfahren stelle als Nebenverfahren während eines laufenden Hauptsacheverfahrens kein eigenes Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG dar und sei daher entschädigungsrechtlich als Einheit mit dem Klageverfahren zu betrachten. Erfolge somit entweder im Hauptsache- oder im PKH-Verfahren eine Bearbeitung, könne keine gerichtliche Untätigkeit vorliegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowohl des hiesigen als auch des Ausgangsverfahrens Bezug genommen, die dem Senats vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
A. Die auf Gewährung einer Entschädigung gerichtete Klage ist zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. GVG sowie die §§ 183, 197a und 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 GG. Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klage ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger machen angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG).
III. Zweifel an der Wahrung der gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform bestehen ebenso wenig wie an der Einhaltung der in § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normierten Sechsmonatsfrist für eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer. Die Klage ist am 7. Juni 2017 und somit innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Beendigung des Ausgangsverfahrens am 8. Dezember 2016 eingegangen (§ 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2, 64 Abs. 3, 91 Abs. 1 SGG).
B. Die auf Entschädigung i. H. v. mindestens 1.500,00 Euro pro Kläger, insgesamt also mindestens 4.500 Euro, gerichtete Klage ist nur in dem aus dem Tenor erkennbaren Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet und war abzuweisen.
I. Zu Recht richtet sich die Klage gegen das hier passivlegitimierte Land Brandenburg. Denn nach § 200 Satz 1 GVG haftet für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, das Land. Die Vertretung des Landes Brandenburg erfolgt nach Nr. 5 der Anordnung über die Vertretung des Landes Brandenburg im Geschäftsbereich des Ministers der Justiz (Vertretungsordnung JM Brdbg, Allgemeine Verfügung des Ministers der Justiz) vom 09.06.1992 (JMBl. S. 78) in der Fassung der Änderung vom 21.11.2012 (JMBl. S. 116) durch die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. zur Zulässigkeit einer entsprechenden Übertragung durch eine Verwaltungsanordnung BFH, Urteil vom 17.04.2013 - X K 3/12 - zitiert nach juris, Rn. 30 ff. für die Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641).
II. Die Kläger begehren eine Entschädigung für das beim Sozialgericht Potsdam am 23. Mai 2013 eingeleitete und mit Annahme eines Anerkenntnisses im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 8. Dezember 2016 beendete Verfahren. Sie rügen insoweit eine Verzögerung im Umfang von mindestens 15 Monaten, machen ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist, und begehren eine Entschädigung i. H. v. mindestens 1.500 Euro pro Person. Zur Überzeugung des Senats steht ihnen jedoch nur eine Entschädigung in Höhe von 400 Euro pro Person zu.
Grundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Die Kläger haben am 24. Mai 2016 Verzögerungsrüge erhoben.
III. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist - so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N. nach juris). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 33 nach juris).
a) Ausgangspunkt der Angemessenheitsprüfung bildet die - in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte - Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss. Nicht von Bedeutung für das Entschädigungsverfahren ist hingegen die Dauer eines Widerspruchsverfahrens (BSG a.a.O. Rn. 25, 27). § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthält eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens im entschädigungsrechtlichen Sinn (vgl. BSG Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R –Rn. 30 nach juris). Danach gilt der gesamte Zeitraum von der Einleitung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss als ein Verfahren (BT-Drucks. 17/3802, S. 22), "einschließlich" eines Verfahrens auf Gewährung von PKH (vgl. BSG Urteile vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/14 R – Rn. 22 und vom 7. September 2017 aaO., Rn. 30 jeweils nach juris). Das PKH-Verfahren ist somit Bestandteil (Annex) des Hauptsacheverfahrens, wenn wegen der Hauptsache Entschädigung begehrt wird (§ 198 Abs. 1 S. 1 GVG). Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollte die Verzögerung paralleler Gesuche im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens keine Mehrfachentschädigung auslösen (BT-Drucks. 17/3802, S. 23). Vorliegend stellt sich somit das mit der Hauptsache verbundene PKH-Verfahren lediglich als Annex zum Hauptsacheverfahren dar (vgl. BSG aaO. Rn. 30 mwNw.).
Das gerichtliche Verfahren wurde mit Erhebung der Klage am 23. Mai 2013 eingeleitet und war mit Annahme des Anerkenntnisses vor dem SG am 8. Dezember 2016 erledigt. Es hat sich mithin über drei Jahre und sechseinhalb Monate (42 volle Kalendermonate) hingezogen.
b) Beim streitgegenständlichen Ausgangsverfahren handelte es sich um ein Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit und durchschnittlicher Komplexität, das im Hinblick darauf, dass es letztlich um eine Erstattung überzahlter Grundsicherungsleistungen ging, von eher unterdurchschnittlicher Bedeutung war, da die Kläger kein besonderes Interesse an einer besonders raschen gerichtlichen Entscheidung gehabt haben dürften (vgl. BSG Urteil vom 7. September 2017 aaO. Rn. 26 nach juris). Allerdings ist das PKH-Verfahren im Hinblick auf die Beteiligung mehrerer Kläger mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen, die sich zudem während des Verfahrens änderten, als überdurchschnittlich schwierig und komplex zu bewerten. aa) Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer maßgebliche Bedeutung des Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers bzw. der Klägerin und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine/ihre weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 31, - B 10 ÜG 12/13 R -, Rn. 35, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 38, jeweils nach juris). Zur Überzeugung des Senats ist das streitgegenständliche Ausgangsverfahren als von unterdurchschnittlicher Bedeutung zu bewerten, denn Streitgegenstand war die Überprüfung dreier Aufhebungs- und Erstattungsbescheide aus dem Jahr 2010, sodass nur noch die Frage der Erstattung von Leistungen zu klären war.
bb) Die für die Verfahrensdauer weiter bedeutsame Schwierigkeit des Verfahrens ist ebenso wie dessen Komplexität als durchschnittlich einzustufen. Allerdings erwies sich die Bearbeitung des PKH-Verfahrens als überdurchschnittlich komplex, weil die Ansprüche dreier Kläger mit jeweils eigenem Einkommen, die zudem in einem selbstgenutzten Eigenheim (Kläger zu 1) und 2)) und einer Mietwohnung (Klägerin zu 3) wohnten, und über Vermögenswerte verfügten, sodass durch das SG immer wieder auf eine Ergänzung der PKH-Unterlagen hingewirkt werden musste.
c) Mit Blick auf den Verfahrensablauf ist zu beachten, dass es sowohl zu den Klägern als auch dem Beklagten zuzurechnenden Verzögerungen gekommen ist.
Schließlich kommt es - auch wenn dies in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnt wird - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf an, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind dabei allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 41 nach juris,). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - 2. Leitsatz und Rn. 34).
Bedeutsam ist dabei, dass dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 57 nach juris).
Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht vielmehr die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und –gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 36, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 39, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 43, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 42, jeweils zitiert nach juris). Denn ungeachtet richterlicher Unabhängigkeit besteht eine richterliche Grundpflicht zur stringenten und beschleunigten Verfahrensgestaltung (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 49). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten müssen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. Jedenfalls für Verfahren von hinreichender Bedeutung verbietet sich ab einem gewissen Zeitpunkt (weitere) Untätigkeit oder eine zögerliche Verfahrensleitung. Richterliche Verhaltensweisen, die zu Beginn eines Verfahrens grundrechtlich gesehen noch unbedenklich, wenn auch möglicherweise verfahrensökonomisch nicht optimal erscheinen mögen, können bei zunehmender Verfahrensdauer in Konflikt mit dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit geraten. Das gilt etwa für die Setzung großzügiger Fristen zur Stellungnahme, den mehrfachen Austausch von Schriftsätzen ohne richtungweisende Einflussnahme des Gerichts und ohnehin für so genannte Schiebeverfügungen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 37, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 40, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 44, zitiert jeweils nach juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen gilt hier mit Blick auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren Folgendes:
Das SG hat das Verfahren vom Eingang der Klageschrift am 23. Mai 2013 an bis zum Eingang der Replik und der Erinnerung an die Bewilligung der PKH am 7. Februar 2014 verzögerungslos bearbeitet. Bis dahin eingetretene Verzögerungen waren allein dem Umstand geschuldet, dass die Klagebegründung erst am 25. November 2013 beim SG eingegangen ist. Erstmals im März 2014 ist es zu einer dem Beklagten zuzurechnenden Inaktivität gekommen. Die Klagebegründung vom 25. November 2013 umfasst vier Seiten, die Erwiderung des Jobcenters eine knappe Seite und die Replik der Kläger etwa anderthalb Seiten, auf denen im Wesentlichen die Argumentation aus der Klagebegründung wiederholt wird. Dass die Replik eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit des SG ausgelöst hat, ist nicht erkennbar: es hat zwar dem Beklagten des Ausgangsverfahrens die Replik zur freigestellten Äußerung übersandt, gleichzeitig aber die Wiedervorlage zur PKH-Frist verfügt, die bereits Ende Februar 2014 auslief (vgl. Bl. 52 Rs: WV 4 Wochen am 15. Januar 2014 verfügt, Verfügung am 27.01.2014 ausgeführt). Somit ist der März 2014 ebenso wie der April 2014 – in dem lediglich verfügt wurde, die Anschrift der Klägerin zu 3) auf dem Stammdatenblatt zu erfassen – als Verzögerungsmonat zu werten.
Gleiches gilt für den Monat Mai 2014, in dem die Kammervorsitzende am 9. Mai 2014 zwar die Bedürftigkeit der Kläger im Rahmen des PKH-Verfahrens geprüft hat, ihr diesbezügliches Hinweisschreiben aber von der Geschäftsstelle erst am 4. Juni 2014 gefertigt und abgeschickt werden konnte. Die Liegezeit auf der Geschäftsstelle im Mai 2014 ist ebenfalls als dem Beklagten zuzurechnende Verzögerung anzusehen, weil die richterliche Verfügung erst vier Wochen später umgesetzt werden konnte, was auf eine unzureichende personelle Ausstattung des SG im nichtrichterlichen Dienst zurückzuführen sein dürfte und damit letztlich in die Organisationshoheit des beklagten Landes fällt.
Von Juni 2014 bis Juli 2014 war das SG aktiv und hat Ermittlungen zur Bedürftigkeit der Kläger im Rahmen des PKH-Antrages geführt. Als Inaktivitätszeit ist dann jedoch die Zeitspanne von August bis Dezember 2014 zu bewerten (5 Kalendermonate). Zwar ist das SG auf die Sachstandsanfrage des Klägerbevollmächtigten vom 28. November 2014 hin aktiv geworden und hat am 3. Dezember 2014 die Übersendung von Vermögensnachweisen der Klägerin zu 3) bezogen auf den Eintritt ihrer Volljährigkeit am 11. Mai 2010 angefordert, wobei es sich um eine Ermittlung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens gehandelt hat. Diese Verfügung wurde allerdings erst am 27. Januar 2015 umgesetzt, sodass erst Januar 2015 als Aktivitätsmonat zu werten ist.
Hieran schloss sich eine Zeitspanne aktiver Verfahrensgestaltung bis Dezember 2015 an, in der lediglich in den Monaten Mai und September 2015 keine Aktivität des SG zu verzeichnen ist, wobei die Inaktivität im Mai 2015 wiederum daraus resultiert, dass die richterliche Verfügung vom 21. April 2015 erst am 3. Juni 2015 ausgeführt werden konnte. Alle übrigen in diesem Zeitraum liegenden Monate sind von wiederholten Anforderungen weiterer Unterlagen durch das SG, Erinnerungen des SG sowie Übersendungen von Unterlagen durch die Kläger geprägt, bis schließlich nach Eingang eines aktuellen Einkommensnachweises der Klägerin zu 3) am 4. Dezember 2015 alle aus der Sicht des SG zur Entscheidung über den PKH-Antrag erforderlichen Unterlagen vorlagen. Da die abschließende Entscheidung des PKH-Antrages erst am 3. Februar 2016 erfolgte, ist der Januar 2016, in dem keine gerichtliche Aktivität zu verzeichnen ist, als Inaktivitätsmonat zu bewerten.
Ab Februar 2016 war das SG mit der PKH-Entscheidung wieder aktiv tätig und koordinierte im März und April 2016 den vom Beklagten des Ausgangsverfahrens angestoßenen Meinungsaustausch der Beteiligten zur Frage der Zulässigkeit der Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3).
Im Mai 2016 ging die Verzögerungsrüge der Kläger ein, eine Aktivität des SG ist – mit Ausnahme der statistischen Erfassung der Rüge - nicht zu verzeichnen. Im Juni 2016 verfügte die Kammervorsitzende die Akte erneut ins Sitzungsfach. Mai und Juni 2016 sind daher als Inaktivitätsmonate zu werten, weil hier nur rein administrative gerichtliche Aktivitäten, nämlich die Erfassung der Verzögerungsrüge und - wie im Vermerk der Kammervorsitzenden vom 10. Juni 2016 dokumentiert - die Prüfung, ob eine zeitnahe Terminierung möglich ist, erfolgten. Im Juli 2016 wurde dann terminiert, sodass das SG aktiv war. Die Zeit nach Aufhebung des Termins – also August 2016 bis Oktober 2016 – in der die Akten im Sitzungsfach lagen, ist wiederum als Inaktivitätszeit (3 Kalendermonate) zu bewerten.
Insgesamt ergibt sich somit eine dem Beklagten anzulastende Verzögerung von 16 Monaten, von denen die den Gerichten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig 12 Monate betragende Vorbereitungs- und Bedenkzeit pro Instanz (vgl. BSG, Urteile vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13 R, B 10 ÜG 9/13 R, B 10 ÜG 12/13 R, B 10 ÜG 2/14 R, aaO), abzuziehen ist, von der abzuweichen hier kein Anlass besteht. Es verbleibt im Ausgangsverfahren somit eine entschädigungsrelevante Verzögerung von vier Kalendermonaten.
Nicht festzustellen ist hingegen, dass vorliegend eine weitere Verzögerung des Hauptsacheverfahrens durch die verzögerte Bearbeitung des PKH-Verfahrens entstanden ist. Im Gegenteil zeigt sich gerade im vorliegenden Fall die enge Verzahnung von Hauptsache- und PKH-Verfahren, denn die Anfragen bzw. Hinweisschreiben des SG betrafen teilweise zeitgleich sowohl das PKH-Verfahren als auch die Hauptsache, sodass durchaus erkennbar ist, dass das SG nicht allein einen Verfahrensteil bearbeitet, sondern durchaus auch zweigleisig sowohl im Hauptsache- als auch im PKH-Verfahren ermittelt hat.
Der Einwand der Kläger, sie dürften nicht schlechter gestellt sein, als ein bemittelter Beteiligter, vermag vorliegend nicht zu überzeugen, weil gerade nicht erkennbar ist, dass sich dass Verfahren allein im Hinblick auf das PKH-Verfahren verzögert hat. Das SG war vielmehr durchaus bemüht, die Bedürftigkeit der Kläger in der Regel zeitnah zu prüfen und auf Veränderungen zu reagieren. Es hat wiederholt Berechnungen zur Bedürftigkeit angestellt und den Klägern diese zur Stellungnahme übersandt sowie durch gezielte Nachfragen zur Aufklärung der Bedürftigkeit der Kläger beigetragen. Dass sich die Ermittlungen im PKH-Verfahren zur Bedürftigkeit der Kläger als komplex erwiesen, ist aber letztlich nicht dem SG anzulasten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Verfahrensverzögerungen, die von einem Kläger im Rahmen zulässigen Prozessverhaltens herbeigeführt werden, in seinen Verantwortungsbereich fallen (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –Rn. 39 nach juris). Denn ein Kläger darf entschädigungsrechtlich keinen Vorteil daraus ziehen, dass er Anträge stellt, denen das Gericht nachgehen muss, auch wenn dies letztlich nicht zur Kenntniserlangung oder Verfahrensförderung beiträgt oder sich in der Wiederholung immer gleichen Vorbringens erschöpft (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –Rn. 40 nach juris). Vorliegend zeigt sich zudem, dass sich aufgrund der wechselnden Einkommensverhältnisse der Kläger im Verlauf des Verfahrens der Umfang der Hilfebedürftigkeit änderte und von Anfang an nicht alle Kläger Anspruch auf ratenfreie PKH hatten. Gerade wegen dieser Änderungen gestaltete sich hier aber das PKH-Verfahren als überdurchschnittlich schwierig und komplex, sodass eine Benachteiligung gegenüber einem Bemittelten hier schon deshalb fernliegend erscheint, weil der Bearbeitungsaufwand der Bedürftigkeits-prüfung bei einem Bemittelten gerade nicht angefallen wäre. Eine Benachteiligung der Kläger gegenüber einem bemittelten Kläger ist für das Ausgangsverfahren nicht nachvollziehbar.
Ebenso wenig lässt sich zur Überzeugung des Senats feststellen, dass das Ausgangsverfahren genauso lange gedauert hätte, wenn die Kläger keine PKH beantragt hätten. Dass das Ausgangsverfahren auch dann nicht früher abgeschlossen worden wäre, wenn die Kläger auf den PKH-Antrag verzichtet hätten, ist für den Senat nicht gewiss. Zwar ist dem Senat aus anderen Entschädigungsverfahren durchaus bekannt, dass es in Verfahren bei dem SG P zu längeren Liegezeiten kommen kann, dass es sich hierbei allerdings um einen alle Verfahren betreffenden Zustand handelt, erachtet er jedoch nicht als zwingend. Eine solche Annahme ist nicht zu belegen und liefe auf eine reine Spekulation hinaus.
Weder steht damit fest, dass die Kläger – wie sie meinen – allein wegen ihres PKH-Antrages gegenüber Nichtbedürftigen benachteiligt wurden, noch kann sicher davon ausgegangen werden, dass das PKH-Verfahren das Gesamtverfahren tatsächlich verlängert hat. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass das SG dem PKH-Antrag nachgehen und die Bedürftigkeit der Kläger prüfen musste. Eine Entscheidung in der Sache, ohne vorherige Entscheidung über den PKH-Antrag, wäre zwar möglich, aber untunlich (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, SGG 12. Aufl. 2017, § 73a, Rn. 11 m.w.Nw.).
IV. Da der Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG außerhalb des Systems der sozialrechtlichen Ansprüche steht, für die Prozesszinsen nach Maßgabe des § 44 SGB I grundsätzlich nicht beansprucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 03.09.2014, B 10 ÜG 9/13 R, Rn. 52, B 10 ÜG 12/13 R, Rn. 61 und B 10 ÜG 2/14 R, Rn. 54, alle zitiert nach juris) , war der Beklagte weiter gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB analog zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu verurteilen. Diese sind ab Rechtshängigkeit, d.h. nach § 94 SGG ab Klageerhebung am 7. Juni 2017 zu zahlen.
V. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und ist am Ergebnis der Hauptsache orientiert.
VI. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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