Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 659/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 773/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die ab 1.1.2014 im Landkreis Günzburg angewandte Referenzmiete für einen Zweipersonenhaushalt beruht nicht auf einem schlüssigen Konzept.
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. September 2015 abgeändert.
II. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 26.3.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 in der Fassung der Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015,10.7.2015, 5.8.2015 und 30.9.2015 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 für die Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt weitere 331,01 EUR zu bewilligen.
III. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
IV. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 zu 5/6 und die des Klägers zu 2 zur Hälfte.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 zuletzt in Höhe von monatlich weiteren 83,25 EUR entsprechend den Tabellenwerten des Wohngeldgesetzes.
Die 1955 geb. Klägerin zu 1 ist die Mutter des 2015 geb. Klägers zu 2. Sie beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten laufende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen eine 90 qm große 4-Zimmer-Wohnung, für die seit 1.1.2013 eine monatliche Miete von 525,50 EUR zu bezahlen ist (400 EUR Grundmiete, 60 EUR Nebenkosten und 65,50 EUR Heizung). Warmwasser wird dezentral erzeugt. Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.7.2015 erwerbstätig. Die Lohnzahlungen erfolgten im laufenden Monat. Der Kläger zu 2 erhielt im September 2015 insgesamt 1.240,12 EUR Arbeitslosengeld I auf sein Konto überwiesen (Gutschrift am 4.9.2015 und 30.9.2015).
Mit Schreiben vom 26.8.2014 wurden die Kläger auf die seit 1.1.2014 geltende angemessene Mietobergrenze von 334,75 EUR (Kaltmiete von 254,80 EUR und Mietnebenkosten von 79,95 EUR) zuzüglich der Heizkosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert. Die Begrenzung der Kosten der Unterkunft wurde für die Zeit ab 1.3.2015 angekündigt.
Mit vorläufigem Bescheid vom 26.3.2015 wurden der Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 monatlich 328,30 EUR bewilligt. Bei der Klägerin zu 1 errechnete der Beklagte einen Bedarf von 680,30 EUR (Regelbedarf von 399 EUR, Mehrbedarf Warmwasser von 9,18 EUR, hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung von 200,12 EUR). Bedarfsmindernd wurde ein bereinigtes Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 280 EUR angerechnet. Beim Kläger zu 2 wurde die Bewilligung faktisch auf den 12.9.2015 befristet, da er ab 13.9.2015 wegen Vollendung des 25. Lebensjahres eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildet. Der Bescheid enthielt einen Hinweis auf die Veränderung der Bedarfsgemeinschaft und die Notwendigkeit einer eigenen Antragstellung durch den Kläger zu 2. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte keinen Leistungsanspruch (errechneter Bedarf von 527,49 EUR, anzurechnendes Einkommen von fiktiv 900 EUR). Dagegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 10.4.2015 Widerspruch ein. Die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu niedrig angesetzt. Die angemessene Referenzmiete basiere nicht auf einem schlüssigen Konzept. Die fiktiv angerechneten Einkommen seien zu hoch. Aus den beiliegenden Lohnabrechnungen für März ergebe sich ein Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 297,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.003 EUR, netto 790,80 EUR.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für April berechnete der Beklagte die Leistungen für April 2015 neu nach dem tatsächlichen Einkommen (587,43 EUR für die Klägerin zu 1 und 31,90 EUR für den Kläger zu 2). Ab Mai werde beim Kläger zu 2 ein fiktives Einkommen von nurmehr 850 EUR bedarfsmindernd angerechnet. Hieraus ergaben sich vorläufig keine Änderungen in der Leistungshöhe (vorläufiger Änderungsbescheid vom 26.5.2015).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2015 wurde der Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Referenzmiete beruhe auf einem schlüssigen Konzept.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Mai 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 161,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR) berechnete der Beklagte für Mai den Leistungsanspruch der Klägerin zu 1 mit 559,10 EUR und den des Klägers nach Bereinigung seines Einkommens mit 300 EUR weiterhin mit Null (Änderungsbescheid vom 15.6.2015).
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 1.7.2015 wurde bei der Klägerin zu 1 ab Juni 2015 ein geringeres fiktives Einkommen berücksichtigt, so dass sich für sie ein Leistungsanspruch von monatlich 488,30 EUR für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2015 errechnete. Die Leistungen für den Kläger zu 2 betrugen unverändert jeweils Null.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juni 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 brutto gleich netto 212,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 943,50 EUR, netto 750,32 EUR) und dem Bekanntwerden der Kündigung der Arbeitsverhältnisse zum 31.7.2015 wurden die Leistungen mit Änderungsbescheid vom 10.7.2015 für Juni, August und September neu berechnet. Der Leistungsanspruch betrug im Juni für beide insgesamt 564,17 EUR, für August 1.135,79 EUR und im September 819,29 EUR. Der Anspruch für Juli blieb unverändert.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juli 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 85 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR) berechnete der Beklagte die Leistungen für Juli 2015 mit Änderungsbescheid vom 5.8.2015 neu. Der Klägerin zu 1 wurden ohne Anrechnung von Einkommen 608,30 EUR bewilligt. Der Leistungsanspruch des Klägers zu 2 wurde bei einem Bedarf von 527,46 EUR und einem nach Abzug der Freibeträge von 300 EUR bereinigten Einkommen von 729,39 EUR auf Null festgesetzt.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.9.2015 wurden der Klägerin zu 1 u.a. für September 2015 728,38 EUR bewilligt, davon 320,20 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Anerkennung der angemessenen Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt ab 13.9.2015 von 265 EUR zuzüglich der Heizkosten und abzüglich des Anteils, der auf den Kläger zu 2 für die Zeit vom 1.9.2015 bis 12.9.2015 entfiel. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte unverändert für die Zeit vom 1.9.2015 bis 12.9.2015 einen Anspruch von 210,99 EUR, davon 80,05 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung.
Bereits am 23.6.2015 erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg. Die Kläger hätten Anspruch auf Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung als Bedarf. Das Konzept des Beklagten erfülle nicht die vom Bundessozialgericht (BSG) gestellten Anforderungen. Die ausschließliche Zuordnung des Marktes A-Stadt zum Wohnungsmarkttyp III sei methodisch verfehlt. Die errechnete Mietobergrenze für den Wohnungsmarkttyp III von 3,92 EUR pro qm basiere weder auf repräsentativen, noch empirisch validen Daten. Im Landkreis G. seien derartige Wohnungen tatsächlich nicht verfügbar. Die Warteliste bei den Baugenossenschaften sei lang. Vorhandene, günstige Mietwohnungen seien langfristig belegt. Außerdem sei ein zu hohes Einkommen vorläufig berücksichtigt worden.
Der Beklagte war der Auffassung, dass die drei Wohnungsmarkttypen die Mietunterschiede im Landkreis weniger nivellieren als dies durch das Wohngeldgesetz geschehe. Die Zuordnung erfolge nach einer sog. Clusteranalyse. Es bestehe Freiheit in der Methodenwahl. Die Verfügbarkeit sei nachgewiesen. Die Gemeinde A-Stadt sei zu klein, als dass noch eine weitere Binnendifferenzierung vorgenommen werden könnte.
Mit Urteil vom 30.9.2015 wurden die Klagen als unbegründet abgewiesen. Das Konzept sei schlüssig und die gewählte Vorgehensweise zur Ermittlung der Referenzmiete nicht zu beanstanden. Die einbezogenen Daten seien repräsentativ. Die Berufung wurde im Urteil zugelassen.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 5.11.2015 Berufung ein. Zur Begründung nahm er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag. Der Beklagte legte sein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietobergrenze vor. Das Konzept wird wie folgt dargestellt: Die vom Beklagten beauftragte Firma (X & X.) führte im Landkreis G. von April bis Oktober 2013 zum Stichtag 1.6.2013 eine Datenerhebung durch. Die Mieterhebung für den Landkreis G. basiert auf einer Vermieterbefragung. Dabei wurden folgende Daten erhoben: Datum des Mietvertragsbeginns, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Nettokaltmiete, kalte Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten. Es wurden nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt, die zumindest über das Merkmal Bad und Sammelheizung verfügten. Substandardwohnungen, die diesem Niveau nicht genügten, blieben unberücksichtigt. Ausgehend vom Zensus 2011 ging der Beklagte von rund 19.110 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen aus. Befragt wurden die größeren Vermieter und Verwalter, im Wesentlichen große Wohnungsunternehmen, und kleinere Vermieter. Ergänzt wurde die Datenerhebung mit SGB II-Datensätzen des Beklagten. Dieser Datensatz wurde wiederum um Wohnungen mit unvollständigen Angaben, Eigentumswohnungen und Wohnungen, die bereits über die größeren oder kleineren privaten Vermieter erfasst wurden, bereinigt. Von den insgesamt 2.704 ermittelten Datensätzen standen nach Durchführung einer statistischen Extremwertkappung für die eigentliche Auswertung 1.928 Datensätze zur Verfügung. Davon entfallen rund 900 Wohnungen auf größere Vermieter (Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften). Konkret handelte es sich um die gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und Umgebung GmbH, gemeinnützige Baugenossenschaft I. eG, BSG A. Wohnungsbau GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung. 723 Datensätze stammen von SGB II-Beziehern des Beklagten. Folglich stammen rund 305 Datensätze von kleineren Vermietern. Daneben wurden im Zeitraum Februar 2013 bis August 2013 Angebotsmieten erfasst. Ausgewertet wurden Immoscout 24, Immonet, Immowelt, örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet. Erfasst wurden 606 Angebotsmieten. Nach Durchführung der Extremwertkappung blieben 577 Datensätze übrig. Als Vergleichsraum wurde der Landkreis G. festgelegt. Innerhalb dieses Vergleichsraums wurden mit Hilfe einer sog. Clusteranalyse diejenigen Kommunen zusammengefasst, die sich strukturell am ähnlichsten sind, unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Landkreis. Berücksichtigt wurden dabei verschiedene Strukturindikatoren, die alle nach Auffassung des Konzepterstellers einen auf Einfluss auf das örtliche Mietpreisniveau ausüben, nämlich Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit, Wohngeldeinstufung, Bodenpreis, Entfernung Oberzentrum und die Mietquote. Anhand der Clusteranalyse wurden die Wohnungsmarkttypen I, II und III ermittelt. Wohnungsmarkttyp I umfasst die Gemeinden B., I., K. und O ... Der Wohnungsmarkt II umfasst die Städte B-Stadt, K., T., G. und L ... Wohnungsmarkttyp III umfasst die Gemeinden B., H., A-Stadt, K., die Verwaltungsgemeinschaft K., N. a. d. K., U. und Z. (vgl. Karte 1, Konzept S. 21). Von den 1.928 ermittelten Bestandsmieten-Datensätze verteilten sich 522 auf den Wohnungsmarkt Typ I, 1.201 auf den Wohnungsmarkttyp II und 205 auf den Wohnungsmarkt Typ III. Von den laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (deren Gesamtzahl nach Angaben des Beklagten immer wieder korrigiert wurden) liegen 2.840 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps I, 10.310 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps II und 4.500 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps III. Der Wohnungsmarkttyp ist gemäß Ausführung des Konzepterstellers nicht mit dem homogenen Lebens- und Wohnbereich gleichzusetzen (vgl. Konzept S. 11). Der Wohnungsmarkttyp stellt eine empirische Differenzierung der Angebotsstruktur innerhalb des Vergleichsraums dar. In einem Wohnungsmarkttyp werden Gebiete gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen zusammengefasst unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Landkreis. Im Konzept wird auf S. 13 weiter ausgeführt, dass erst im Falle einer über den Angemessenheitsgrenzen liegenden Miete individuell zur prüfen sei, ob es Gründe gebe, auch höhere Mietwerte übernehmen zu lassen. Hierfür müsse durch eine Bestimmung des homogenen Wohn- und Lebensbereichs (Wohnort im Sinne des BSG) für den Einzelfall geprüft werden, für welchen Zeitraum Mietangebote berücksichtigt werden müssen. Der homogene Wohn- und Lebensbereich selbst könne immer sowohl Teile des eigenen Wohnungsmarkttyps als auch andere Wohnungsmarkttypen umfassen. Letztlich sei die Bedarfsgemeinschaft frei in der Wahl ihres Wohnortes, sofern die örtlichen Angemessenheitsgrenzen eingehalten würden. D.h. im Falle der Unangemessenheit der Miete müsse die Bedarfsgemeinschaft nicht innerhalb des gesamten Vergleichsraums oder Wohnungsmarkttyps nach einem passenden Angebot suchen. Ausreichend sei es, innerhalb des homogenen Wohn- und Lebensbereiches nach Alternativwohnraum zu suchen. Dabei müsse sich die Bedarfsgemeinschaft nicht am Wohnungsmarkttyp orientieren, in dem sie unangemessen wohne. So könne auch eine Wohnung in einer anderen Kommune in einem anderen Wohnungsmarkttyp angemietet werden, sofern die Erreichbarkeit gegeben sei. In diesem Fall erfolge die Angemessenheitsprüfung auf Basis der Werte des Wohnungsmarktes, in dem sich die Alternativwohnung befinde. Generell würden die Angemessenheitsgrenzen des Wohnungsmarkttyps gelten, in dem sich die angebotene Wohnung befinde. Zur Festlegung des angemessenen Marktsegments wurde zunächst die gesamte Nachfragergruppe ermittelt (vgl. Tab. 8, Konzept S. 33). Danach geht der Beklagte von 1.300 SGB II- Haushalten im Landkreis aus und insgesamt von 9.480 Haushalten mit Nachfragern im unteren Marktsegment (SGB XII-Haushalte, Wohngeldempfänger, Sonstige). Dies entspricht einem Anteil an den Haushalten von insgesamt von 14%. Folglich sollten in diesem Umfang die preisgünstigsten Wohnungen des lokalen Wohnungsbestandes auch für diese Gruppe zur Verfügung stehen. Als ausreichend für normale Wohnungsmarktverhältnisse, also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen werden Prozentwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten angesehen. Zur Ableitung der Angemessenheitsgrenze (Quadratmetermiete) wird aus der Verteilung der Bestandsmieten ein Perzentil definiert, das die Ausgangssituation bestimmt. Dieser Anteil orientiert sich grob am Umfang dessen, was als theoretische Untergrenze bzgl. der Versorgung mit Wohnraum bei den SGB II- bzw. SGB XII-Empfängern angesehen werden kann. Ein Perzentil ist ein Lagemaß zur Beschreibung von Werteverteilungen: Das 30. Perzentil beschreibt z.B. den Punkt in der Verteilung, bis zu dem 30% aller Werte liegen, im vorliegenden Fall die untersten 30% der Mieten. Sollten die Anteile der erfassten Wohnungsangebote, die zudem auf Basis der Bestandsmieten abgeleiteten Perzentilen in dem jeweiligen Wohnungsmarkt verfügbar sind, in den wesentlichen Gruppen (1- und 2-Personen-Bedarfsgemeinschaften) zu hoch oder zu niedrig liegen, werden solange erhöhte oder reduzierte Perzentile nach dem vom Konzepthersteller entwickelten iterativen Verfahren geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden können. Im Ergebnis dieses iterativen Prozesses wurde für den Landkreis G. für alle Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen das 33 %-Perzentil gewählt (vgl. Konzept, S. 37). Unter Anwendung dieser Perzentilgrenzen auf die Bestandsmieten ergeben sich für eine Bedarfsgemeinschaft mit 2 Personen im Wohnungsmarkt Typ III (wie hier streitgegenständlich) eine Netto-Kaltmiete von 3,92 EUR pro Quadratmeter (vgl. Tab. 10 Konzept, S. 38). Bei der Wohnfläche geht der Beklagte von 50 bis zu 65 m² aus.
Im Rahmen der Datenerhebung wurden bei großen und kleinen Vermietern auch die kalten Betriebskosten abgefragt. Die ermittelten Durchschnittswerte, differenziert nach Wohnungsgröße und Wohnungsmarkttyp, sind in Tab. 11 dargestellt (Konzept, S. 39). Da für den Wohnungsmarkt Typ III nicht für alle Wohnungsgrößenklassen Werte ermittelt werden konnten, wurde auch der SGB II-Datensatz des Beklagten herangezogen. Die Auswertung der tatsächlichen Betriebskosten der Bedarfsgemeinschaften hat ergeben, dass diese Werte höher waren als die in der Erhebung ermittelten. Daher wurden zu Gunsten der Leistungsempfänger im Folgenden die durchschnittlichen Betriebskostenwerte des SGB II-Datensatzes, differenziert nach Wohnungsgröße, jedoch nicht nach Wohnungsmarkttyp, in Ansatz gebracht (vgl. Tab. 12, 13 und 14, Konzept, S. 40f. sowie Stellungnahme vom 13.7.2016). Für einen 2-Personenhaushalt liegt der Wert bei 1,23 EUR pro qm.
Unter den 34 ausgewerteten Bestandsmieten für einen 2-Personen-Haushalt im Wohnungsmarkttyp III sind 9 Wohnungen, die 65 qm groß sind. Die übrigen Wohnungen sind allesamt kleiner. Demgegenüber stand ein konkretes Angebot von 14 Angebotsmieten zur Verfügung. Von diesen Angebotsmieten sind 2 Wohnungen 65 qm groß, die Übrigen sind allesamt kleiner. In absoluten Zahlen ausgedrückt können mit dem qm -Preis von 3,92 EUR zwei Angebotsmietwohnungen angemietet werden. Dies entspricht 14% (vgl. Tabelle 17, Konzept, S. 44).
Da nach Auffassung des Konzepterstellers für die Angemessenheitsprüfung nur das Gesamtprodukt ausschlaggebend ist, wird nachfolgend die Bruttokaltmiete gebildet und den Angebotsmieten gegenübergestellt. Das Ergebnis ist in Tabelle 18 (Konzept, S. 45) festgehalten. Danach können 21% der Angebotsmieten angemietet werden, das sind in absoluten Zahlen ausgedrückt nunmehr 3 Wohnungen, die 55,64 bzw. 64,80 qm groß sind.
Die Referenzmieten aus dem erstellten Konzept wurden ab 1.1.2014 angewandt.
Der Bevollmächtigte der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.9.2015 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 26.3.2015 und 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 in der Fassung der Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015, 5.8.2015 und 30.9.2015 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 für die Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt monatlich weitere 83,25 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Zur Begründung der Schlüssigkeit seines Konzeptes verweist er auf die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 29.11.2016, L 3 AS 137/14. Der Konzeptersteller sei derselbe gewesen, die Landkreise vergleichbar (Stellungnahme vom 8.3.2017). Ferner wies er erneut darauf hin (Stellungnahme vom 10.5.2017), dass der Vergleichsraum der gesamte Landkreis sei und nicht die jeweiligen Wohnungsmarkttypen, welche ausschließlich das jeweilige Mietniveau widerspiegelten. Jede Kommune könne ihr nächstgelegenes Ober- oder Mittelzentrum innerhalb von 30 min mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen. Der Vergleichsraum sei eine abstrakte, d.h. generalisierte Betrachtungsebene. Der homogene Lebens- und Wohnbereich einer Bedarfsgemeinschaft sei dagegen im konkreten Einzelfall zu bestimmen. Die Bestimmung eines solchen stoße auf abstrakter Ebene an empirische Grenzen. Die Zusammenfassung ähnlicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung wiederholt für zulässig und sachgerecht erachtet worden (vgl. LSG NRW vom 27.1.2016, L 12 AS 1180/12; LSG Thüringen vom 8.7.2015, L 4 AS 718/14). Sollte man dazu eine andere Auffassung vertreten, sei nicht das gesamte Konzept unschlüssig, vielmehr könnte auf die höchsten Werte des Wohnungsmarkttyps II zurückgegriffen werden. Die Datenerhebung sei repräsentativ. Hierzu übermittelte der Beklagte die 385 Datensätze der Bestandsmieten, die für die Auswertung für 2-Personen-Haushalte im Wohnungsmarkttyp II zur Verfügung standen. Hiervon erreichten 26 Mietwohnungen eine Größe von 65 qm. Alle anderen waren kleiner. Mit der hieraus ermittelten Bruttokaltmiete von 5,73 EUR pro qm konnten 29 der insgesamt 84 Angebotsmieten angemietet werden. Welche Größen die Angebotsmietwerte haben, ist nicht bekannt. Eine Beschränkung der Mietwerte auf die der letzten 4 Jahre mit einer Mietanpassung oder Neuvermietung, wie im Fall von M-Stadt, würde nach Auffassung des Beklagten dazu führen, dass nur 765 Datensätze insgesamt für die Auswertung zur Verfügung stehen würden. Dies hätte eine erhebliche Verzerrung des Mietwohnungsmarktes zur Folge (vgl. Stellungnahme des Konzepterstellers als Anlage zum Schreiben des Beklagten vom 10.5.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§ 143,144, 151 SGG) sind nur im tenorierten Umfang begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 26.3.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 geändert durch die Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015, 5.8.2015 und vom 30.9.2015, mit dem die SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 festgesetzt wurden.
Den Änderungsbescheiden ab 15.6.2015 kann nicht entnommen werden, dass sie endgültig ergangen sind und die vorläufige Bewilligung (zumindest teilweise) ersetzen sollten. Es werden auch keine Rechtsgrundlagen genannt, auf die die Bescheide gestützt werden. Sie sind aber stets begünstigend bzw. unverändert gegenüber der jeweils früheren (vorläufigen) Bewilligung. Die hierdurch bewilligten Leistungen gelten gemäß § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ab 1.8.2017 als endgültig bewilligt.
Streitgegenständlich ist auch für den Kläger zu 2 der Zeitraum vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 (und nicht nur bis zum 12.9.2015). Die im September für den Kläger zu 2 vorgenommene befristete Bewilligung bis zum 12.9. wegen Vollendung des 25. Lebensjahres ist als solche in keinem der Bescheide objektiv erkennbar. An keiner Stelle wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Kläger zu 2 die Bewilligung im September nur für die Zeit vom 1.9. bis 12.9. erfolgt. Soweit der Bewilligungszeitraum 1.4. bis 30.9.2015 in den Bescheiden benannt wird, wird an keiner Stelle nach dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft differenziert. Die vorgenommene Befristung ist daher unwirksam. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein gesonderter Antrag für die Zeit ab 13.9. bis 30.9.2015 erforderlich. Die Klägerin zu 1 war bevollmächtigt, am 26.2.2015 auch zugunsten des Klägers zu 2 einen Weiterbewilligungsantrag für den nächsten Bewilligungsabschnitt bis zum 30.9.2015 zu stellen, § 38 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Antragstellung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Kläger zu 2 das 25. Lebensjahr erreicht, vgl. § 13 Abs. 2 SGB X.
Der Bevollmächtigte der Kläger hat im Erörterungstermin vom 13.3.2017 ausdrücklich den Streitgegenstand auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 beschränkt. Dies ist zulässig (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132,10 R; BSG vom 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Rn 18).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Soweit der Beklagte den Bedarf für Unterkunft und Heizung auf seine Referenzmiete von 334,75 EUR zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten von 65,50 EUR, insgesamt 400,25 EUR begrenzt hat, beruht deren Festlegung nicht auf einem schlüssigen Konzept.
Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 20): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen; - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße); - Angaben über den Beobachtungszeitraum; - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel); - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten; - Validität der Datenerhebung; - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung; - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl. BSG vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn 16). Dabei ist eine Auswertung nur des Wohnungsbestandes bestimmter Anbieter bei der Erstellung des Konzepts zulässig, wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass hierdurch das untere Mietpreisniveau des gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes realistisch abgebildet wird. So ist es u.a. nicht zulässig, Hilfebedürftige auf bestimmte Wohnungsbaugesellschaften als Anbieter zu verweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass diese das in Bezug zu nehmende Mietsegment aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung im Wesentlichen abdecken (vgl. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, Rn 19). Datenerhebungen allein bei den örtlichen Wohnbaugenossenschaften sind nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann (vgl. BSG vom 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn 20).
Die für den Wohnungsmarkttyp III, dem der Wohnort der Kläger zugeordnet ist, ermittelte Referenzmiete basiert auf nicht repräsentativen Daten. Auf den Wohnungsmarkttyp III entfallen ca. 4.500 der laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (vgl. Stellungnahme des Beklagten vom 13.7.2016). Insgesamt wurden 205 Datensätze zur Ermittlung der Referenzmiete für den Wohnungsmarkttyp III ausgewertet (vgl. Tabelle 6, Konzept S. 29). Damit wurden lediglich 5% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes einbezogen. Dies ist eine unzureichende Datenbasis.
Unabhängig davon sind die für den Mietwohnungsmarkt im Landkreis erhobenen Daten in ihrer Gesamtheit nicht hinreichend repräsentativ. Mit den ausgewerteten 1.928 Datensätzen ist nicht sichergestellt, dass der Mietmarkt im Landkreis insgesamt realitätsgerecht dargestellt wird. Laut Angaben des Konzepterstellers, gestützt auf den Zensus 2011, sind im Landkreis etwa 19.110 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet. Insgesamt lagen der Auswertung 1.928 Datensätze zugrunde, das sind etwas mehr als 10% des Mietwohnungsmarktes. Von den 1.928 Datensätzen entfallen rund 900 Datensätze auf Wohnungsgenossenschaften und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften (hier: Gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, Gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und Umgebung GmbH, Gemeinnützige Baugenossenschaft I. eG, BSG A. Wohnungsbau GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung; Anteil ca. 47 %). Weitere 723 Datensätze entfallen auf SGB II-Empfänger (Anteil ca. 38 %), die übrigen 305 Datensätze auf kleinere private Anbieter (Anteil ca. 16 %). Fast die Hälfte der erhobenen und ausgewerteten Daten entfallen somit auf im Wesentlichen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften. Dabei gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften im Landkreis in etwa auch in diesem Umfang den Mietmarkt beherrschen. Allein die Frage, wie viele Datensätze der Angebotsmieten auf die Wohnungsbaugesellschaften bzw. Wohnungsgenossenschaften entfallen, blieb unbeantwortet. Eine Zuordnung der erhobenen Werte der Angebotsmieten zur Art der Wohnungsanbieter sei nicht erfolgt (vgl. Stellungnahme vom 13.7.2016 zu Frage 6). Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Anbieter fast die Hälfte des Mietmarktes im Landkreis repräsentieren.
Schließlich sind die Datensätze nicht hinreichend aktuell. Die 1.928 Datensätze sind ausschließlich Bestandsmietenwerte. Dagegen dienten die erhobenen 577 Angebotsmieten allein der Ergebniskontrolle, ob mit der aus den Bestandsmieten ermittelten Referenzmiete tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt angebotene Wohnungen hätten angemietet werden können. Im Konzept wird nicht aufgeschlüsselt, welche Bestandsmieten länger als 4 Jahre vor dem Erhebungsstichtag abgeschlossen bzw. geändert worden sind. Der ergänzenden Stellungnahme des Beklagten und des Konzepterstellers vom 10.5.2017 ist zu entnehmen, dass solche Wohnungen nicht ausgenommen wurden. Hätte man nur Bestandsmieten ausgewertet, die in den letzten 4 Jahre neu abgeschlossen oder geändert wurden, hätten von den unbereinigten 2.032 Mietwerten 1.228 Datensätze ausgeschlossen werden müssen (im Einzelnen 233 Mietwerte von professionellen Anbietern, 807 Mietwerte aus den SGB II-Datensätzen und 188 Mietwerte von privaten Vermietern). Nach einer Extremwertkappung wären nur 765 Datensätze verblieben. Das sind lediglich 4% des regional relevanten Mietwohnungsmarktes. Selbst wenn man die 577 Angebotsmieten zu den 765 Datensätzen noch hinzurechnen sollte, würden nur 7% des relevanten Mietwohnungsmarktes erfasst.
Anzumerken ist jedoch, dass eine Hinzurechnung der Angebotsmieten voraussetzen würde, dass diese entgegen dem Konzept des Beklagten in die konkrete Ermittlung der Referenzmiete einfließen müsste und nicht lediglich einer Plausibilitätskontrolle dienen dürften.
Anders als bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 22). Danach führt die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw. SGB XII-Leistungen bzw. Wohngeld bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es sei nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein könnten. Die vom Träger vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung von Wohnungsangeboten könne eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, das heißt bei den Grundlagen der Datenerhebung nicht ersetzen.
Dies ist vorliegend nicht geschehen. Auch aus diesem Grund bilden die ermittelten Referenzmieten den Mietwohnungsmarkt im Landkreis nicht realitätsgerecht ab.
Schließlich ist zu beanstanden, dass der Beklagte es unterlassen hat, im Rahmen der zunächst vorzunehmenden abstrakten Prüfung den Vergleichsraum festzulegen, in dem nicht nur die Daten erhoben, sondern diese auch für den gesamten Raum ausgewertet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132/10 R, Rn 25) ist Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zunächst der Wohnort des Leistungsberechtigten. Der Vergleichsraum muss einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung umfassen, um ein entsprechendes Wohnungsangebot aufzuweisen und die notwendigen abstrakten Ermittlungen zu ermöglichen. Des Weiteren muss er aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Im Konzept heißt es zwar auf S. 10, dass der Vergleichsraum der Landkreis G. ist. Abweichend von der zunächst vorgenommenen abstrakten Festlegung des Vergleichsraums werden nach dem Konzept Wohnungsmarkttypen gebildet, die ausdrücklich nicht mit dem Vergleichsraum bzw. homogenen Lebens- und Wohnbereichen entsprechend der vom BSG getroffenen Definition gleichzusetzen sind (vgl. Konzept S. 11). Die Festlegung des Landkreises als Vergleichsraums bleibt somit eine abstrakte Definition ohne jegliche Konsequenzen, da sie nicht als Folge davon zur Ermittlung einer abstrakt einheitlichen Referenzmiete, beispielsweise für den 2-Personenhaushalt für den gesamten Landkreis führt.
Da weitere Daten nicht zur Verfügung stehen und weitere Erkenntnisquellen angesichts des Zeitablaufs nicht ersichtlich sind, scheidet eine Nachbesserung des Konzepts aus.
Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz ist somit zulässig. Der Wohnort A-Stadt ist der Mietenstufe II zuzuordnen. Hieraus errechnet sich für einen 2-Personenhaushalt eine Mietobergrenze incl. eines Sicherheitszuschlags von 10% von 418 EUR zuzüglich 65,50 EUR Heizkostenvorauszahlung, das sind 483,50 EUR. Hieraus ergibt sich eine fehlende Differenz zu den vom Beklagten anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 83,25 EUR. Davon entfallen nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin (zu 1) pro Monat 41,63 EUR und auf den Kläger (zu 2) 41,62 EUR.
Hieraus errechnet sich für die Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 31.8.2015 eine Nachzahlung von 208,15 EUR (41,63 EUR x 5). Für September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Beklagte bereits Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 320,20 EUR anerkannt hat (vgl. Änderungsbescheid vom 30.9.2015). Insoweit war die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Für den Kläger zu 2 errechnet sich eine Nachzahlung von insgesamt 124,86 EUR für die Monate April, Juni und August 2015 (41,62 EUR x 3). Für Mai, Juli und September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Kläger zu 2 aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht hilfebedürftig ist. Insoweit war die Berufung des Klägers zu 2 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger zu 2 hat einen Bedarf von 569,11 EUR (320 Regelbedarf, Mehrbedarf Warmwasser von 7,36 EUR und hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung nach den Tabellenwerten WoGG von 241,75 EUR, §§ 9, 19, 20, 22 SGB II). Im Mai steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR gegenüber. Das Erwerbseinkommen ist mit insgesamt 300 EUR §§ 11, 11b SGB II zu bereinigen. Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 627,48 EUR (vgl. Änderungsbescheid vom 15.6.2015). Der Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im Juli steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR gegenüber. Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 729,39 EUR. Der Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im August ist der Kläger zu 2 nicht hilfebedürftig, da ihm Arbeitslosengeld I in Höhe von insgesamt 1.240,12 EUR auf sein Konto überwiesen wurden. Auch nach Abzug der Versicherungspauschale von 30 EUR (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) verbleibt ein anzurechnendes Einkommen von 1.210,12 EUR, das seinen Bedarf weit übersteigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Kläger nur teilweise obsiegt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 26.3.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 in der Fassung der Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015,10.7.2015, 5.8.2015 und 30.9.2015 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 für die Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt weitere 331,01 EUR zu bewilligen.
III. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
IV. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 zu 5/6 und die des Klägers zu 2 zur Hälfte.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 zuletzt in Höhe von monatlich weiteren 83,25 EUR entsprechend den Tabellenwerten des Wohngeldgesetzes.
Die 1955 geb. Klägerin zu 1 ist die Mutter des 2015 geb. Klägers zu 2. Sie beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten laufende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen eine 90 qm große 4-Zimmer-Wohnung, für die seit 1.1.2013 eine monatliche Miete von 525,50 EUR zu bezahlen ist (400 EUR Grundmiete, 60 EUR Nebenkosten und 65,50 EUR Heizung). Warmwasser wird dezentral erzeugt. Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.7.2015 erwerbstätig. Die Lohnzahlungen erfolgten im laufenden Monat. Der Kläger zu 2 erhielt im September 2015 insgesamt 1.240,12 EUR Arbeitslosengeld I auf sein Konto überwiesen (Gutschrift am 4.9.2015 und 30.9.2015).
Mit Schreiben vom 26.8.2014 wurden die Kläger auf die seit 1.1.2014 geltende angemessene Mietobergrenze von 334,75 EUR (Kaltmiete von 254,80 EUR und Mietnebenkosten von 79,95 EUR) zuzüglich der Heizkosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert. Die Begrenzung der Kosten der Unterkunft wurde für die Zeit ab 1.3.2015 angekündigt.
Mit vorläufigem Bescheid vom 26.3.2015 wurden der Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 monatlich 328,30 EUR bewilligt. Bei der Klägerin zu 1 errechnete der Beklagte einen Bedarf von 680,30 EUR (Regelbedarf von 399 EUR, Mehrbedarf Warmwasser von 9,18 EUR, hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung von 200,12 EUR). Bedarfsmindernd wurde ein bereinigtes Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 280 EUR angerechnet. Beim Kläger zu 2 wurde die Bewilligung faktisch auf den 12.9.2015 befristet, da er ab 13.9.2015 wegen Vollendung des 25. Lebensjahres eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildet. Der Bescheid enthielt einen Hinweis auf die Veränderung der Bedarfsgemeinschaft und die Notwendigkeit einer eigenen Antragstellung durch den Kläger zu 2. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte keinen Leistungsanspruch (errechneter Bedarf von 527,49 EUR, anzurechnendes Einkommen von fiktiv 900 EUR). Dagegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 10.4.2015 Widerspruch ein. Die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu niedrig angesetzt. Die angemessene Referenzmiete basiere nicht auf einem schlüssigen Konzept. Die fiktiv angerechneten Einkommen seien zu hoch. Aus den beiliegenden Lohnabrechnungen für März ergebe sich ein Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 297,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.003 EUR, netto 790,80 EUR.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für April berechnete der Beklagte die Leistungen für April 2015 neu nach dem tatsächlichen Einkommen (587,43 EUR für die Klägerin zu 1 und 31,90 EUR für den Kläger zu 2). Ab Mai werde beim Kläger zu 2 ein fiktives Einkommen von nurmehr 850 EUR bedarfsmindernd angerechnet. Hieraus ergaben sich vorläufig keine Änderungen in der Leistungshöhe (vorläufiger Änderungsbescheid vom 26.5.2015).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2015 wurde der Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Referenzmiete beruhe auf einem schlüssigen Konzept.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Mai 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 161,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR) berechnete der Beklagte für Mai den Leistungsanspruch der Klägerin zu 1 mit 559,10 EUR und den des Klägers nach Bereinigung seines Einkommens mit 300 EUR weiterhin mit Null (Änderungsbescheid vom 15.6.2015).
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 1.7.2015 wurde bei der Klägerin zu 1 ab Juni 2015 ein geringeres fiktives Einkommen berücksichtigt, so dass sich für sie ein Leistungsanspruch von monatlich 488,30 EUR für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2015 errechnete. Die Leistungen für den Kläger zu 2 betrugen unverändert jeweils Null.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juni 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 brutto gleich netto 212,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 943,50 EUR, netto 750,32 EUR) und dem Bekanntwerden der Kündigung der Arbeitsverhältnisse zum 31.7.2015 wurden die Leistungen mit Änderungsbescheid vom 10.7.2015 für Juni, August und September neu berechnet. Der Leistungsanspruch betrug im Juni für beide insgesamt 564,17 EUR, für August 1.135,79 EUR und im September 819,29 EUR. Der Anspruch für Juli blieb unverändert.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juli 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 85 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR) berechnete der Beklagte die Leistungen für Juli 2015 mit Änderungsbescheid vom 5.8.2015 neu. Der Klägerin zu 1 wurden ohne Anrechnung von Einkommen 608,30 EUR bewilligt. Der Leistungsanspruch des Klägers zu 2 wurde bei einem Bedarf von 527,46 EUR und einem nach Abzug der Freibeträge von 300 EUR bereinigten Einkommen von 729,39 EUR auf Null festgesetzt.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.9.2015 wurden der Klägerin zu 1 u.a. für September 2015 728,38 EUR bewilligt, davon 320,20 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Anerkennung der angemessenen Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt ab 13.9.2015 von 265 EUR zuzüglich der Heizkosten und abzüglich des Anteils, der auf den Kläger zu 2 für die Zeit vom 1.9.2015 bis 12.9.2015 entfiel. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte unverändert für die Zeit vom 1.9.2015 bis 12.9.2015 einen Anspruch von 210,99 EUR, davon 80,05 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung.
Bereits am 23.6.2015 erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg. Die Kläger hätten Anspruch auf Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung als Bedarf. Das Konzept des Beklagten erfülle nicht die vom Bundessozialgericht (BSG) gestellten Anforderungen. Die ausschließliche Zuordnung des Marktes A-Stadt zum Wohnungsmarkttyp III sei methodisch verfehlt. Die errechnete Mietobergrenze für den Wohnungsmarkttyp III von 3,92 EUR pro qm basiere weder auf repräsentativen, noch empirisch validen Daten. Im Landkreis G. seien derartige Wohnungen tatsächlich nicht verfügbar. Die Warteliste bei den Baugenossenschaften sei lang. Vorhandene, günstige Mietwohnungen seien langfristig belegt. Außerdem sei ein zu hohes Einkommen vorläufig berücksichtigt worden.
Der Beklagte war der Auffassung, dass die drei Wohnungsmarkttypen die Mietunterschiede im Landkreis weniger nivellieren als dies durch das Wohngeldgesetz geschehe. Die Zuordnung erfolge nach einer sog. Clusteranalyse. Es bestehe Freiheit in der Methodenwahl. Die Verfügbarkeit sei nachgewiesen. Die Gemeinde A-Stadt sei zu klein, als dass noch eine weitere Binnendifferenzierung vorgenommen werden könnte.
Mit Urteil vom 30.9.2015 wurden die Klagen als unbegründet abgewiesen. Das Konzept sei schlüssig und die gewählte Vorgehensweise zur Ermittlung der Referenzmiete nicht zu beanstanden. Die einbezogenen Daten seien repräsentativ. Die Berufung wurde im Urteil zugelassen.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 5.11.2015 Berufung ein. Zur Begründung nahm er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag. Der Beklagte legte sein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietobergrenze vor. Das Konzept wird wie folgt dargestellt: Die vom Beklagten beauftragte Firma (X & X.) führte im Landkreis G. von April bis Oktober 2013 zum Stichtag 1.6.2013 eine Datenerhebung durch. Die Mieterhebung für den Landkreis G. basiert auf einer Vermieterbefragung. Dabei wurden folgende Daten erhoben: Datum des Mietvertragsbeginns, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Nettokaltmiete, kalte Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten. Es wurden nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt, die zumindest über das Merkmal Bad und Sammelheizung verfügten. Substandardwohnungen, die diesem Niveau nicht genügten, blieben unberücksichtigt. Ausgehend vom Zensus 2011 ging der Beklagte von rund 19.110 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen aus. Befragt wurden die größeren Vermieter und Verwalter, im Wesentlichen große Wohnungsunternehmen, und kleinere Vermieter. Ergänzt wurde die Datenerhebung mit SGB II-Datensätzen des Beklagten. Dieser Datensatz wurde wiederum um Wohnungen mit unvollständigen Angaben, Eigentumswohnungen und Wohnungen, die bereits über die größeren oder kleineren privaten Vermieter erfasst wurden, bereinigt. Von den insgesamt 2.704 ermittelten Datensätzen standen nach Durchführung einer statistischen Extremwertkappung für die eigentliche Auswertung 1.928 Datensätze zur Verfügung. Davon entfallen rund 900 Wohnungen auf größere Vermieter (Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften). Konkret handelte es sich um die gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und Umgebung GmbH, gemeinnützige Baugenossenschaft I. eG, BSG A. Wohnungsbau GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung. 723 Datensätze stammen von SGB II-Beziehern des Beklagten. Folglich stammen rund 305 Datensätze von kleineren Vermietern. Daneben wurden im Zeitraum Februar 2013 bis August 2013 Angebotsmieten erfasst. Ausgewertet wurden Immoscout 24, Immonet, Immowelt, örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet. Erfasst wurden 606 Angebotsmieten. Nach Durchführung der Extremwertkappung blieben 577 Datensätze übrig. Als Vergleichsraum wurde der Landkreis G. festgelegt. Innerhalb dieses Vergleichsraums wurden mit Hilfe einer sog. Clusteranalyse diejenigen Kommunen zusammengefasst, die sich strukturell am ähnlichsten sind, unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Landkreis. Berücksichtigt wurden dabei verschiedene Strukturindikatoren, die alle nach Auffassung des Konzepterstellers einen auf Einfluss auf das örtliche Mietpreisniveau ausüben, nämlich Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit, Wohngeldeinstufung, Bodenpreis, Entfernung Oberzentrum und die Mietquote. Anhand der Clusteranalyse wurden die Wohnungsmarkttypen I, II und III ermittelt. Wohnungsmarkttyp I umfasst die Gemeinden B., I., K. und O ... Der Wohnungsmarkt II umfasst die Städte B-Stadt, K., T., G. und L ... Wohnungsmarkttyp III umfasst die Gemeinden B., H., A-Stadt, K., die Verwaltungsgemeinschaft K., N. a. d. K., U. und Z. (vgl. Karte 1, Konzept S. 21). Von den 1.928 ermittelten Bestandsmieten-Datensätze verteilten sich 522 auf den Wohnungsmarkt Typ I, 1.201 auf den Wohnungsmarkttyp II und 205 auf den Wohnungsmarkt Typ III. Von den laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (deren Gesamtzahl nach Angaben des Beklagten immer wieder korrigiert wurden) liegen 2.840 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps I, 10.310 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps II und 4.500 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps III. Der Wohnungsmarkttyp ist gemäß Ausführung des Konzepterstellers nicht mit dem homogenen Lebens- und Wohnbereich gleichzusetzen (vgl. Konzept S. 11). Der Wohnungsmarkttyp stellt eine empirische Differenzierung der Angebotsstruktur innerhalb des Vergleichsraums dar. In einem Wohnungsmarkttyp werden Gebiete gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen zusammengefasst unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Landkreis. Im Konzept wird auf S. 13 weiter ausgeführt, dass erst im Falle einer über den Angemessenheitsgrenzen liegenden Miete individuell zur prüfen sei, ob es Gründe gebe, auch höhere Mietwerte übernehmen zu lassen. Hierfür müsse durch eine Bestimmung des homogenen Wohn- und Lebensbereichs (Wohnort im Sinne des BSG) für den Einzelfall geprüft werden, für welchen Zeitraum Mietangebote berücksichtigt werden müssen. Der homogene Wohn- und Lebensbereich selbst könne immer sowohl Teile des eigenen Wohnungsmarkttyps als auch andere Wohnungsmarkttypen umfassen. Letztlich sei die Bedarfsgemeinschaft frei in der Wahl ihres Wohnortes, sofern die örtlichen Angemessenheitsgrenzen eingehalten würden. D.h. im Falle der Unangemessenheit der Miete müsse die Bedarfsgemeinschaft nicht innerhalb des gesamten Vergleichsraums oder Wohnungsmarkttyps nach einem passenden Angebot suchen. Ausreichend sei es, innerhalb des homogenen Wohn- und Lebensbereiches nach Alternativwohnraum zu suchen. Dabei müsse sich die Bedarfsgemeinschaft nicht am Wohnungsmarkttyp orientieren, in dem sie unangemessen wohne. So könne auch eine Wohnung in einer anderen Kommune in einem anderen Wohnungsmarkttyp angemietet werden, sofern die Erreichbarkeit gegeben sei. In diesem Fall erfolge die Angemessenheitsprüfung auf Basis der Werte des Wohnungsmarktes, in dem sich die Alternativwohnung befinde. Generell würden die Angemessenheitsgrenzen des Wohnungsmarkttyps gelten, in dem sich die angebotene Wohnung befinde. Zur Festlegung des angemessenen Marktsegments wurde zunächst die gesamte Nachfragergruppe ermittelt (vgl. Tab. 8, Konzept S. 33). Danach geht der Beklagte von 1.300 SGB II- Haushalten im Landkreis aus und insgesamt von 9.480 Haushalten mit Nachfragern im unteren Marktsegment (SGB XII-Haushalte, Wohngeldempfänger, Sonstige). Dies entspricht einem Anteil an den Haushalten von insgesamt von 14%. Folglich sollten in diesem Umfang die preisgünstigsten Wohnungen des lokalen Wohnungsbestandes auch für diese Gruppe zur Verfügung stehen. Als ausreichend für normale Wohnungsmarktverhältnisse, also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen werden Prozentwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten angesehen. Zur Ableitung der Angemessenheitsgrenze (Quadratmetermiete) wird aus der Verteilung der Bestandsmieten ein Perzentil definiert, das die Ausgangssituation bestimmt. Dieser Anteil orientiert sich grob am Umfang dessen, was als theoretische Untergrenze bzgl. der Versorgung mit Wohnraum bei den SGB II- bzw. SGB XII-Empfängern angesehen werden kann. Ein Perzentil ist ein Lagemaß zur Beschreibung von Werteverteilungen: Das 30. Perzentil beschreibt z.B. den Punkt in der Verteilung, bis zu dem 30% aller Werte liegen, im vorliegenden Fall die untersten 30% der Mieten. Sollten die Anteile der erfassten Wohnungsangebote, die zudem auf Basis der Bestandsmieten abgeleiteten Perzentilen in dem jeweiligen Wohnungsmarkt verfügbar sind, in den wesentlichen Gruppen (1- und 2-Personen-Bedarfsgemeinschaften) zu hoch oder zu niedrig liegen, werden solange erhöhte oder reduzierte Perzentile nach dem vom Konzepthersteller entwickelten iterativen Verfahren geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden können. Im Ergebnis dieses iterativen Prozesses wurde für den Landkreis G. für alle Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen das 33 %-Perzentil gewählt (vgl. Konzept, S. 37). Unter Anwendung dieser Perzentilgrenzen auf die Bestandsmieten ergeben sich für eine Bedarfsgemeinschaft mit 2 Personen im Wohnungsmarkt Typ III (wie hier streitgegenständlich) eine Netto-Kaltmiete von 3,92 EUR pro Quadratmeter (vgl. Tab. 10 Konzept, S. 38). Bei der Wohnfläche geht der Beklagte von 50 bis zu 65 m² aus.
Im Rahmen der Datenerhebung wurden bei großen und kleinen Vermietern auch die kalten Betriebskosten abgefragt. Die ermittelten Durchschnittswerte, differenziert nach Wohnungsgröße und Wohnungsmarkttyp, sind in Tab. 11 dargestellt (Konzept, S. 39). Da für den Wohnungsmarkt Typ III nicht für alle Wohnungsgrößenklassen Werte ermittelt werden konnten, wurde auch der SGB II-Datensatz des Beklagten herangezogen. Die Auswertung der tatsächlichen Betriebskosten der Bedarfsgemeinschaften hat ergeben, dass diese Werte höher waren als die in der Erhebung ermittelten. Daher wurden zu Gunsten der Leistungsempfänger im Folgenden die durchschnittlichen Betriebskostenwerte des SGB II-Datensatzes, differenziert nach Wohnungsgröße, jedoch nicht nach Wohnungsmarkttyp, in Ansatz gebracht (vgl. Tab. 12, 13 und 14, Konzept, S. 40f. sowie Stellungnahme vom 13.7.2016). Für einen 2-Personenhaushalt liegt der Wert bei 1,23 EUR pro qm.
Unter den 34 ausgewerteten Bestandsmieten für einen 2-Personen-Haushalt im Wohnungsmarkttyp III sind 9 Wohnungen, die 65 qm groß sind. Die übrigen Wohnungen sind allesamt kleiner. Demgegenüber stand ein konkretes Angebot von 14 Angebotsmieten zur Verfügung. Von diesen Angebotsmieten sind 2 Wohnungen 65 qm groß, die Übrigen sind allesamt kleiner. In absoluten Zahlen ausgedrückt können mit dem qm -Preis von 3,92 EUR zwei Angebotsmietwohnungen angemietet werden. Dies entspricht 14% (vgl. Tabelle 17, Konzept, S. 44).
Da nach Auffassung des Konzepterstellers für die Angemessenheitsprüfung nur das Gesamtprodukt ausschlaggebend ist, wird nachfolgend die Bruttokaltmiete gebildet und den Angebotsmieten gegenübergestellt. Das Ergebnis ist in Tabelle 18 (Konzept, S. 45) festgehalten. Danach können 21% der Angebotsmieten angemietet werden, das sind in absoluten Zahlen ausgedrückt nunmehr 3 Wohnungen, die 55,64 bzw. 64,80 qm groß sind.
Die Referenzmieten aus dem erstellten Konzept wurden ab 1.1.2014 angewandt.
Der Bevollmächtigte der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.9.2015 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 26.3.2015 und 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 in der Fassung der Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015, 5.8.2015 und 30.9.2015 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 für die Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt monatlich weitere 83,25 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Zur Begründung der Schlüssigkeit seines Konzeptes verweist er auf die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 29.11.2016, L 3 AS 137/14. Der Konzeptersteller sei derselbe gewesen, die Landkreise vergleichbar (Stellungnahme vom 8.3.2017). Ferner wies er erneut darauf hin (Stellungnahme vom 10.5.2017), dass der Vergleichsraum der gesamte Landkreis sei und nicht die jeweiligen Wohnungsmarkttypen, welche ausschließlich das jeweilige Mietniveau widerspiegelten. Jede Kommune könne ihr nächstgelegenes Ober- oder Mittelzentrum innerhalb von 30 min mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen. Der Vergleichsraum sei eine abstrakte, d.h. generalisierte Betrachtungsebene. Der homogene Lebens- und Wohnbereich einer Bedarfsgemeinschaft sei dagegen im konkreten Einzelfall zu bestimmen. Die Bestimmung eines solchen stoße auf abstrakter Ebene an empirische Grenzen. Die Zusammenfassung ähnlicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung wiederholt für zulässig und sachgerecht erachtet worden (vgl. LSG NRW vom 27.1.2016, L 12 AS 1180/12; LSG Thüringen vom 8.7.2015, L 4 AS 718/14). Sollte man dazu eine andere Auffassung vertreten, sei nicht das gesamte Konzept unschlüssig, vielmehr könnte auf die höchsten Werte des Wohnungsmarkttyps II zurückgegriffen werden. Die Datenerhebung sei repräsentativ. Hierzu übermittelte der Beklagte die 385 Datensätze der Bestandsmieten, die für die Auswertung für 2-Personen-Haushalte im Wohnungsmarkttyp II zur Verfügung standen. Hiervon erreichten 26 Mietwohnungen eine Größe von 65 qm. Alle anderen waren kleiner. Mit der hieraus ermittelten Bruttokaltmiete von 5,73 EUR pro qm konnten 29 der insgesamt 84 Angebotsmieten angemietet werden. Welche Größen die Angebotsmietwerte haben, ist nicht bekannt. Eine Beschränkung der Mietwerte auf die der letzten 4 Jahre mit einer Mietanpassung oder Neuvermietung, wie im Fall von M-Stadt, würde nach Auffassung des Beklagten dazu führen, dass nur 765 Datensätze insgesamt für die Auswertung zur Verfügung stehen würden. Dies hätte eine erhebliche Verzerrung des Mietwohnungsmarktes zur Folge (vgl. Stellungnahme des Konzepterstellers als Anlage zum Schreiben des Beklagten vom 10.5.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§ 143,144, 151 SGG) sind nur im tenorierten Umfang begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 26.3.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 geändert durch die Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015, 5.8.2015 und vom 30.9.2015, mit dem die SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 festgesetzt wurden.
Den Änderungsbescheiden ab 15.6.2015 kann nicht entnommen werden, dass sie endgültig ergangen sind und die vorläufige Bewilligung (zumindest teilweise) ersetzen sollten. Es werden auch keine Rechtsgrundlagen genannt, auf die die Bescheide gestützt werden. Sie sind aber stets begünstigend bzw. unverändert gegenüber der jeweils früheren (vorläufigen) Bewilligung. Die hierdurch bewilligten Leistungen gelten gemäß § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ab 1.8.2017 als endgültig bewilligt.
Streitgegenständlich ist auch für den Kläger zu 2 der Zeitraum vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 (und nicht nur bis zum 12.9.2015). Die im September für den Kläger zu 2 vorgenommene befristete Bewilligung bis zum 12.9. wegen Vollendung des 25. Lebensjahres ist als solche in keinem der Bescheide objektiv erkennbar. An keiner Stelle wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Kläger zu 2 die Bewilligung im September nur für die Zeit vom 1.9. bis 12.9. erfolgt. Soweit der Bewilligungszeitraum 1.4. bis 30.9.2015 in den Bescheiden benannt wird, wird an keiner Stelle nach dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft differenziert. Die vorgenommene Befristung ist daher unwirksam. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein gesonderter Antrag für die Zeit ab 13.9. bis 30.9.2015 erforderlich. Die Klägerin zu 1 war bevollmächtigt, am 26.2.2015 auch zugunsten des Klägers zu 2 einen Weiterbewilligungsantrag für den nächsten Bewilligungsabschnitt bis zum 30.9.2015 zu stellen, § 38 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Antragstellung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Kläger zu 2 das 25. Lebensjahr erreicht, vgl. § 13 Abs. 2 SGB X.
Der Bevollmächtigte der Kläger hat im Erörterungstermin vom 13.3.2017 ausdrücklich den Streitgegenstand auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 beschränkt. Dies ist zulässig (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132,10 R; BSG vom 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Rn 18).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Soweit der Beklagte den Bedarf für Unterkunft und Heizung auf seine Referenzmiete von 334,75 EUR zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten von 65,50 EUR, insgesamt 400,25 EUR begrenzt hat, beruht deren Festlegung nicht auf einem schlüssigen Konzept.
Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 20): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen; - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße); - Angaben über den Beobachtungszeitraum; - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel); - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten; - Validität der Datenerhebung; - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung; - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl. BSG vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn 16). Dabei ist eine Auswertung nur des Wohnungsbestandes bestimmter Anbieter bei der Erstellung des Konzepts zulässig, wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass hierdurch das untere Mietpreisniveau des gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes realistisch abgebildet wird. So ist es u.a. nicht zulässig, Hilfebedürftige auf bestimmte Wohnungsbaugesellschaften als Anbieter zu verweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass diese das in Bezug zu nehmende Mietsegment aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung im Wesentlichen abdecken (vgl. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, Rn 19). Datenerhebungen allein bei den örtlichen Wohnbaugenossenschaften sind nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann (vgl. BSG vom 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn 20).
Die für den Wohnungsmarkttyp III, dem der Wohnort der Kläger zugeordnet ist, ermittelte Referenzmiete basiert auf nicht repräsentativen Daten. Auf den Wohnungsmarkttyp III entfallen ca. 4.500 der laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (vgl. Stellungnahme des Beklagten vom 13.7.2016). Insgesamt wurden 205 Datensätze zur Ermittlung der Referenzmiete für den Wohnungsmarkttyp III ausgewertet (vgl. Tabelle 6, Konzept S. 29). Damit wurden lediglich 5% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes einbezogen. Dies ist eine unzureichende Datenbasis.
Unabhängig davon sind die für den Mietwohnungsmarkt im Landkreis erhobenen Daten in ihrer Gesamtheit nicht hinreichend repräsentativ. Mit den ausgewerteten 1.928 Datensätzen ist nicht sichergestellt, dass der Mietmarkt im Landkreis insgesamt realitätsgerecht dargestellt wird. Laut Angaben des Konzepterstellers, gestützt auf den Zensus 2011, sind im Landkreis etwa 19.110 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet. Insgesamt lagen der Auswertung 1.928 Datensätze zugrunde, das sind etwas mehr als 10% des Mietwohnungsmarktes. Von den 1.928 Datensätzen entfallen rund 900 Datensätze auf Wohnungsgenossenschaften und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften (hier: Gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, Gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und Umgebung GmbH, Gemeinnützige Baugenossenschaft I. eG, BSG A. Wohnungsbau GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung; Anteil ca. 47 %). Weitere 723 Datensätze entfallen auf SGB II-Empfänger (Anteil ca. 38 %), die übrigen 305 Datensätze auf kleinere private Anbieter (Anteil ca. 16 %). Fast die Hälfte der erhobenen und ausgewerteten Daten entfallen somit auf im Wesentlichen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften. Dabei gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften im Landkreis in etwa auch in diesem Umfang den Mietmarkt beherrschen. Allein die Frage, wie viele Datensätze der Angebotsmieten auf die Wohnungsbaugesellschaften bzw. Wohnungsgenossenschaften entfallen, blieb unbeantwortet. Eine Zuordnung der erhobenen Werte der Angebotsmieten zur Art der Wohnungsanbieter sei nicht erfolgt (vgl. Stellungnahme vom 13.7.2016 zu Frage 6). Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Anbieter fast die Hälfte des Mietmarktes im Landkreis repräsentieren.
Schließlich sind die Datensätze nicht hinreichend aktuell. Die 1.928 Datensätze sind ausschließlich Bestandsmietenwerte. Dagegen dienten die erhobenen 577 Angebotsmieten allein der Ergebniskontrolle, ob mit der aus den Bestandsmieten ermittelten Referenzmiete tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt angebotene Wohnungen hätten angemietet werden können. Im Konzept wird nicht aufgeschlüsselt, welche Bestandsmieten länger als 4 Jahre vor dem Erhebungsstichtag abgeschlossen bzw. geändert worden sind. Der ergänzenden Stellungnahme des Beklagten und des Konzepterstellers vom 10.5.2017 ist zu entnehmen, dass solche Wohnungen nicht ausgenommen wurden. Hätte man nur Bestandsmieten ausgewertet, die in den letzten 4 Jahre neu abgeschlossen oder geändert wurden, hätten von den unbereinigten 2.032 Mietwerten 1.228 Datensätze ausgeschlossen werden müssen (im Einzelnen 233 Mietwerte von professionellen Anbietern, 807 Mietwerte aus den SGB II-Datensätzen und 188 Mietwerte von privaten Vermietern). Nach einer Extremwertkappung wären nur 765 Datensätze verblieben. Das sind lediglich 4% des regional relevanten Mietwohnungsmarktes. Selbst wenn man die 577 Angebotsmieten zu den 765 Datensätzen noch hinzurechnen sollte, würden nur 7% des relevanten Mietwohnungsmarktes erfasst.
Anzumerken ist jedoch, dass eine Hinzurechnung der Angebotsmieten voraussetzen würde, dass diese entgegen dem Konzept des Beklagten in die konkrete Ermittlung der Referenzmiete einfließen müsste und nicht lediglich einer Plausibilitätskontrolle dienen dürften.
Anders als bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 22). Danach führt die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw. SGB XII-Leistungen bzw. Wohngeld bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es sei nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein könnten. Die vom Träger vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung von Wohnungsangeboten könne eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, das heißt bei den Grundlagen der Datenerhebung nicht ersetzen.
Dies ist vorliegend nicht geschehen. Auch aus diesem Grund bilden die ermittelten Referenzmieten den Mietwohnungsmarkt im Landkreis nicht realitätsgerecht ab.
Schließlich ist zu beanstanden, dass der Beklagte es unterlassen hat, im Rahmen der zunächst vorzunehmenden abstrakten Prüfung den Vergleichsraum festzulegen, in dem nicht nur die Daten erhoben, sondern diese auch für den gesamten Raum ausgewertet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132/10 R, Rn 25) ist Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zunächst der Wohnort des Leistungsberechtigten. Der Vergleichsraum muss einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung umfassen, um ein entsprechendes Wohnungsangebot aufzuweisen und die notwendigen abstrakten Ermittlungen zu ermöglichen. Des Weiteren muss er aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Im Konzept heißt es zwar auf S. 10, dass der Vergleichsraum der Landkreis G. ist. Abweichend von der zunächst vorgenommenen abstrakten Festlegung des Vergleichsraums werden nach dem Konzept Wohnungsmarkttypen gebildet, die ausdrücklich nicht mit dem Vergleichsraum bzw. homogenen Lebens- und Wohnbereichen entsprechend der vom BSG getroffenen Definition gleichzusetzen sind (vgl. Konzept S. 11). Die Festlegung des Landkreises als Vergleichsraums bleibt somit eine abstrakte Definition ohne jegliche Konsequenzen, da sie nicht als Folge davon zur Ermittlung einer abstrakt einheitlichen Referenzmiete, beispielsweise für den 2-Personenhaushalt für den gesamten Landkreis führt.
Da weitere Daten nicht zur Verfügung stehen und weitere Erkenntnisquellen angesichts des Zeitablaufs nicht ersichtlich sind, scheidet eine Nachbesserung des Konzepts aus.
Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz ist somit zulässig. Der Wohnort A-Stadt ist der Mietenstufe II zuzuordnen. Hieraus errechnet sich für einen 2-Personenhaushalt eine Mietobergrenze incl. eines Sicherheitszuschlags von 10% von 418 EUR zuzüglich 65,50 EUR Heizkostenvorauszahlung, das sind 483,50 EUR. Hieraus ergibt sich eine fehlende Differenz zu den vom Beklagten anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 83,25 EUR. Davon entfallen nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin (zu 1) pro Monat 41,63 EUR und auf den Kläger (zu 2) 41,62 EUR.
Hieraus errechnet sich für die Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 31.8.2015 eine Nachzahlung von 208,15 EUR (41,63 EUR x 5). Für September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Beklagte bereits Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 320,20 EUR anerkannt hat (vgl. Änderungsbescheid vom 30.9.2015). Insoweit war die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Für den Kläger zu 2 errechnet sich eine Nachzahlung von insgesamt 124,86 EUR für die Monate April, Juni und August 2015 (41,62 EUR x 3). Für Mai, Juli und September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Kläger zu 2 aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht hilfebedürftig ist. Insoweit war die Berufung des Klägers zu 2 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger zu 2 hat einen Bedarf von 569,11 EUR (320 Regelbedarf, Mehrbedarf Warmwasser von 7,36 EUR und hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung nach den Tabellenwerten WoGG von 241,75 EUR, §§ 9, 19, 20, 22 SGB II). Im Mai steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR gegenüber. Das Erwerbseinkommen ist mit insgesamt 300 EUR §§ 11, 11b SGB II zu bereinigen. Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 627,48 EUR (vgl. Änderungsbescheid vom 15.6.2015). Der Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im Juli steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR gegenüber. Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 729,39 EUR. Der Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im August ist der Kläger zu 2 nicht hilfebedürftig, da ihm Arbeitslosengeld I in Höhe von insgesamt 1.240,12 EUR auf sein Konto überwiesen wurden. Auch nach Abzug der Versicherungspauschale von 30 EUR (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) verbleibt ein anzurechnendes Einkommen von 1.210,12 EUR, das seinen Bedarf weit übersteigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Kläger nur teilweise obsiegt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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