Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 38 AS 2455/18 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 705/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wer aus einem Mietvertrag nicht zur Zahlung der Miete und der Kaution verpflichtet ist, hat auch keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Übernahme der Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II. Das Kopfteilsprinzip führt bei einer gemeinsam bewohnten Wohnung nicht zu einer anderen Betrachtungsweise, denn ein nicht am Mietvertrag Beteiligter würde sonst für unerfüllte Mietvertragsforderungen mithaften und wäre durch Rückzahlungsverpflichtungen nach § 42a Abs. 1 Satz 3 SGB II belastet.
2. Zu den Voraussetzungen der Gewährung eines Mietkautionsdarlehens an einen Leistungsempfänger nach dem SGB XII gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 42 Nr. 4, 42a Abs. 1, 35 Abs. 2 Satz 5, 6 SGB XII
3. Kein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution nach dem SGB II/SGB XII für eine möblierte Wohnung mit Komplettaustattung auf gehobenem Niveau und monatlichem Reinigungsservice
2. Zu den Voraussetzungen der Gewährung eines Mietkautionsdarlehens an einen Leistungsempfänger nach dem SGB XII gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 42 Nr. 4, 42a Abs. 1, 35 Abs. 2 Satz 5, 6 SGB XII
3. Kein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution nach dem SGB II/SGB XII für eine möblierte Wohnung mit Komplettaustattung auf gehobenem Niveau und monatlichem Reinigungsservice
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25. Juli 2018 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerinnen abgelehnt.
2. Notwendige außergerichtliche Kosten der Antragstellerinnen sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Mietkautionsdarlehens für die von der Antragstellerin zu 1 angemietete Wohnung in der X ... Landstraße in A ...
Die 1969 geborene Antragstellerin zu 1 und ihre 1999 geborene Tochter, die Antragstellerin zu 2, waren im Sommer 2016 von W ... nach A ... gezogen. Zunächst wohnten sie in einer 74 m² großen Wohnung in der V ...straße in A ... zur Untermiete, bevor sie zum 01.12.2016 in eine vollständig und hochwertig eingerichtete und möblierte "Business-Wohnung" in der U ...straße in A ... zogen. Für dieses Mietobjekt, für das der Mietvertrag bis zum 30.07.2018 zeitlich befristet war, hatten die Antragstellerinnen eine Miete in Höhe von 1.200,00 EUR monatlich (inklusive Nebenkosten sowie Kosten für Strom, Wasser, Heizung, Internet und TV) zu zahlen. Eine wöchentliche Reinigung des Apartments und Nutzung der Waschmaschine für 50,00 EUR monatlich waren Vertragsbestandteil.
Die Antragstellerin zu 1 ist erwerbsunfähig und bezieht eine entsprechende monatliche Rente in Höhe von derzeit 863,79 EUR. Sie ist im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen B, G, H und RF. Ihr behandelnder Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in W ... hatte am 20.07.2016 mitgeteilt, dass die Antragstellerin zu 1 seit 2013 gelegentlich in der nervenärztlichen Sprechstunde vorspreche. Sie leide unter einer chronischen, therapieresistenten Zwangserkrankung und damit verbundenen Ängsten und Depressionen sowie unter einer chronischen Polyneuropathie mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in allen Extremitäten. Die Zwangserkrankung mache es ihr – nach ihren Angaben – häufig unmöglich, die Wohnung zu verlassen. Auch die Übertragung von Behördengängen oder Fristen- und Terminseinteilungen auf die Tochter sei nicht möglich, da die Zwänge die kontrollierende Anwesenheit der Patientin notwendig gemacht hätten. Es bestehe eine ausgeprägte soziale Isolation und die Patientin sei nicht mehr in der Lage, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Als möglicher Ausweg erscheine ein Umzug in eine andere, noch nicht angstbesetzte Umgebung, wobei die zukünftige Wohnung eine ausreichende Größe, eine behindertengerechte Einrichtung sowie eine reizarme und ruhige Lage aufweisen solle.
Die Antragstellerin zu 2 war bis zum 31.07.2018 Schülerin des T ...-Gymnasiums in A ... und hat dort im Sommer ihr Abitur abgelegt. Sie bezieht eine monatliche Halbwaisenrente in Höhe von derzeit 77,86 EUR und Kindergeld in Höhe von 194,00 EUR. Sie pflegt ihre Mutter nach Feststellung der Pflegekasse in wenigstens zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche.
Im November 2016 stellte die Antragstellerin zu 2 erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner, woraufhin sie zunächst vorläufig Leistungen in Höhe von 251,23 EUR bzw. 264,47 EUR bis zum 28.02.2017 erhielt. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner noch die kopfteilige Miete aus dem Mietverhältnis auf der V ...straße , welche 535,00 EUR betrug. Auch in den Folgezeiträumen nach dem Umzug in die U ...straße bewilligte der Antragsgegner jeweils Leistungen unter Berücksichtigung der vormaligen Miete, weil die Antragstellerinnen ohne Zusicherung umgezogen seien. Auch den Antrag auf Übernahme der Mietkaution in Höhe von 1.200,00 EUR für die Wohnung in der U ...straße 25 lehnte der Antragsgegner wegen der fehlenden Zusicherung, der Unangemessenheit der Unterkunftskosten und mangels Notwendigkeit ab. Das Sozialamt der Landeshauptstadt A ... hatte der Antragstellerin zu 1 ebenfalls keine Zusicherung zum Umzug erteilt. Eine ärztliche Bestätigung über die gesundheitliche Notwendigkeit eines Umzuges wurde von der Antragstellerin zu 1 auch auf mehrfache Aufforderung nicht vorgelegt.
Nachdem der Antragstellerin zu 2 für die Zeit ab 01.08.2017 die Leistungsbewilligung wegen fehlender Mitwirkung durch Vorlage von Unterlagen versagt wurde, bewilligte der Antragsgegner auf erneuten Antrag mit Bescheid vom 20.03.2018 vorläufig Leistungen in Höhe von 237,95 EUR monatlich für den Zeitraum 01.02.2018 bis 31.07.2018. Wegen der nachträglichen Einreichung der angeforderten Unterlagen bewilligte der Antragsgegner rückwirkend Leistungen an die Antragstellerin zu 2 für die Zeit vom 01.12.2017 bis 31.01.2018. Nach Vorlage der Kontoauszüge der Antragstellerin zu 1 wurde zudem bekannt, dass diese Pflegegeld in Höhe von 545,00 EUR monatlich bezieht.
In einem Telefongespräch am 17.07.2018 teilte die Antragstellerin zu 2 erstmals mit, dass wegen des bis 31.07.2018 befristeten Mietvertrages durch die Antragstellerin zu 1 ein Mietvertrag über das Apartment Nr. in der X ... Landstraße in A ... geschlossen worden sei. Ihr selbst sei das Erfordernis einer Zusicherung nicht bewusst gewesen. Mit Schreiben vom 12.07.2018 beantragten beide Antragstellerinnen beim Antragsgegner die Bewilligung eines Darlehens zur Zahlung der Mietkaution für die neue Wohnung in Höhe von 1.640,00 EUR. Der Antragstellerin zu 1 sei es aufgrund ihrer Zwangsneurosen und der körperlichen Gebrechen nicht möglich, auf lange Wohnungssuche zu gehen, Anträge zu stellen oder Möbel zu beschaffen und aufzubauen. Da sie über keine eigene Wohnungsausstattung verfügten, seien sie gezwungen, in eine bereits eingerichtete Wohnung zu ziehen. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich ein monatlich zu zahlender Mietzins in Höhe von 820,00 EUR, in dem Kaltmiete, Nebenosten und Heizkosten, aber auch Möblierung, Strom, TV und Internet sowie die einmal monatliche Reinigung des Apartments enthalten sind.
Am 20.07.2018 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dresden einstweiligen Rechtsschutz und die Bewilligung des beantragten Mietkautionsdarlehens begehrt. Die bisher bewohnte Wohnung in der U ...straße müsse zum 31.07.2018 geräumt werden. Es bestünden Mietschulden und ein Schufa-Eintrag, weshalb es fast unmöglich sei, eine geeignete Wohnung zu finden. Diese hätten sie nun aber in dem Apartment Nr. in der X ... Landstraße in A ... gefunden, der Vermieter bestehe jedoch auf die Mietkaution. Die besondere Situation der Antragstellerin zu 1 mit Pflegegrad III und eingeschränkter Alltagskompetenz werde durch den Antragsgegner rechtswidrig unberücksichtigt gelassen.
Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Dresden am 25.07.2018 hat die Antragstellerin zu 2 erklärt, ihrer Mutter sei erklärt worden, dass die Miete der neuen Wohnung in der X ... Landstraße eventuell angemessen sein könnte. Dafür müsse aber der Vermieter eine Aufschlüsselung des Mietzinses in Grundmiete, Nebenkosten und Heizkosten vornehmen. Der Vermieter sei dazu aber erst bei Schlüsselübergabe bereit. Aufgrund der Zwangsneurose der Mutter sei es nahezu unmöglich, eine leere Wohnung einzurichten, da die Mutter es nicht zulasse, dass fremde Menschen in die Wohnung kämen und Schmutz entstehe. Sie selbst fühle sich mit der Situation überfordert. In letzter Zeit, insbesondere während ihres Abiturs, habe sich die Mutter fast ausschließlich um ihre Belange gekümmert.
Mit Beschluss vom 25.07.2018 hat das Sozialgericht Dresden den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zu 2 ein Mietkautionsdarlehen in Höhe von 1.640,00 EUR für die Anmietung des Apartments Nr. in der X ... Landstraße in A ... zu gewähren und im Übrigen (bezogen auf die Antragstellerin zu 1) den Antrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin zu 1 habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gegenüber dem Antragsgegner und könne daher auch kein Mietkautionsdarlehen von diesem beanspruchen. Hingegen habe die Antragstellerin zu 2 einen entsprechenden Anspruch. Dem stehe nicht entgegen, dass vor dem geplanten Umzug keine Zusicherung eingeholt worden sei, denn eine solche habe lediglich Aufklärungs- und Warnfunktion. Ob die Kosten für die neue Wohnung angemessen sind, lasse sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht aufklären, ebenso wenig wie die Frage, ob anderer dem gesundheitlichen Bedarf der Antragstellerin zu 1 angemessener Wohnraum zur Verfügung stünde. Im Rahmen einer Folgenabwägung sei daher zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht seien, wenn ihnen die Kaution nicht zur Verfügung gestellt werde. Zudem sei die Miete der neuen Wohnung 380,00 EUR günstiger als die in der U ...straße.
Gegen den Beschluss vom 25.07.2018 hat der Antragsgegner am 27.07.2018 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht erhoben und zugleich Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gestellt. Der Mietvertrag über das neue Apartment sei nur mit der Antragstellerin zu 1 geschlossen worden. Die Antragstellerin zu 2 sei daher weder zur Mietzahlung noch zur Zahlung der Mietkaution verpflichtet. Zudem sei der Mietvertrag am 10.07.2018 vor Beantragung des Darlehens für die Mietkaution geschlossen worden. Eine vorherige Zusicherung sei daher nicht möglich gewesen. Schließlich könne ein Mietkautionsdarlehen nur für Wohnungen gewährt werden, die in ihren Kosten angemessen sind. Die Inklusivmiete von 820,00 EUR werde nie einen reinen monatlichen Bruttokaltmietenwert von angemessenen 429,88 EUR erreichen, weshalb die beabsichtigte Wohnung unangemessen in den Kosten der Unterkunft und Heizung sei.
Die Antragstellerinnen haben in der Zwischenzeit mitgeteilt, bislang nicht in die begehrte Wohnung eingezogen zu sein; diese sei aber noch verfügbar. Vielmehr hätten sie zunächst bei Freunden, die verreist waren, gewohnt. Zuletzt hat die Antragstellerin zu 1 mitgeteilt, sie würden vorübergehend bis 31.08.2018 in einem Studentenwohnheimzimmer wohnen.
Der Antragsgegner weist darauf hin, dass die Zusicherung vor Eingehen der Verpflichtung und nicht erst mit der tatsächlichen Ausführung des Mietvertrages einzuholen sei. Das sei hier zu spät gewesen. In Notlagen könne die Landeshauptstadt A ... Betroffenen sog. Gewährleistungswohnungen anbieten, die möbliert sind, um vor Obdachlosigkeit zu schützen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25.07.2018 aufzuheben und den Antrag auf Gewährung eines Mietkautionsdarlehens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen.
Die Antragstellerinnen beantragen (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Prozessakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners (zwei Bände) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf Gewährung eines Mietskautionsdarlehens. Daher war der Beschluss des Sozialgerichts Dresden aufzuheben und der Antrag der Antragstellerinnen auf Gewährung eines Mietkautionsdarlehens abzulehnen.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte grundsätzlich zulässige Beschwerde nur dann ausgeschlossen, wenn in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache der Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG bedürfte. Danach bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Antragstellerinnen begehren die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, nämlich die Ausreichung eines Darlehens über 1.640,00 EUR, was den Wert des Beschwerdegegenstandes überschreitet. Die Berufung bedürfte daher keiner Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG, weshalb die Beschwerde nach § 172 Abs. 1, 3 SGG statthaft ist. Sie ist auch form- und fristgerecht nach § 151 SGG beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf vorläufige Bewilligung eines Darlehens zur Begleichung einer Mietkaution.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Antragstellerinnen haben hier nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen ein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution mittels Darlehen zusteht.
a) § 22 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II sieht vor, dass Aufwendungen für eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden können. Nach § 22 Abs. 6 Satz 2, 3 SGB II sollen diese Aufwendungen als Darlehen erbracht werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
Die Antragstellerin zu 2 ist als volljährige Tochter der Antragstellerin zu 1 zwar leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie ist erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie ist auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Die Antragstellerinnen halten sich nach dem Auszug aus der bis zum 30.07.2018 bewohnten Wohnung in der U ...straße weiterhin in A ... auf, nach der zuletzt erfolgten Mitteilung in dem Zimmer eines Studentenwohnheims. Die Antragstellerin zu 2 kann mit ihrem Einkommen auch nicht ihren Bedarf decken, denn sie erhält lediglich 194,00 EUR Kindergeld und 77,86 EUR Halbwaisenrente.
Die Antragstellerin zu 2 hat aber keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution für die begehrte Wohnung in der X ... Landstraße in A ..., weil sie selbst aus dem Mietvertrag nicht zur Zahlung einer solchen verpflichtet ist. Der Mietvertrag, den bislang lediglich die Antragstellerin zu 1 am 10.07.2018 unterzeichnet hat, beinhaltet ausschließlich diese als Mieterin, nicht jedoch die Antragstellerin zu 2. Auch wenn die Tochter berechtigt ist, mit der Mutter die Zweiraum-Wohnung zu beziehen, so ist doch nur die Mutter aus dem Mietvertrag verpflichtet. Dies betrifft einerseits die Zahlung des Mietzinses und andererseits eben auch die Verpflichtung zur Zahlung einer Mietkaution, die sich aus § 6 des Mietvertrages ergibt. Aus der vertraglichen Vereinbarung folgt bei Beendigung des Mietvertrages auch das Recht der Mieterin, die Mietkaution zurückzufordern. Allein die familiäre Verbundenheit der Antragstellerinnen kann aber nicht dazu führen, dass auch der Antragstellerin zu 2 schuldrechtliche Pflichten aus dem Mietvertrag auferlegt werden.
Auch die Anwendung des sog. Kopfteilsprinzips führt hier nicht dazu, dass der Antragstellerin zu 2 ein Darlehen zu bewilligen ist. Vielmehr ist ein Darlehen unabhängig vom Kopfteilprinzip gleichmäßig auf diejenigen Personen aufzuteilen, die aus dem Mietvertrag verpflichtet sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 3/14 R, Rn. 25 ff). Das Urteil des BSG ist zwar zu Mietschulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II ergangen, die als einmalige Leistung ausgezahlt wurden. Auf die Mietkaution des § 22 Abs. 6 SGB II ist diese Rechtsprechung aber ebenso anzuwenden, denn auch diese soll – ebenso wie in § 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II – als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II).
Das BSG hat sich in dem zitierten Urteil wie folgt geäußert: "Die laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach gefestigter Rechtsprechung des BSG im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (stRspr des BSG seit 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28; zuletzt vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63, RdNr 26 und vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71, RdNr 20). Hintergrund für dieses auf die Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17, juris RdNr 10) zurückgehende Kopfteilprinzip sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt. Bei der Leistung für Mietschulden als einmaliger Leistung für Unterkunft ist jedoch keine Kopfteilung vorzunehmen. Die mit dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II befassten Senate des BSG haben eine Abweichung vom Kopfteilprinzip für diejenigen Fälle bejaht, in denen bei objektiver Betrachtung eine andere Aufteilung angezeigt ist (vgl nur BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, juris RdNr 28; BSG vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4, juris RdNr 19; für eine vorübergehende, auf unter sechs Monate beschränkte Ortsabwesenheit eines Partners BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 19; s auch BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 19, hierzu zustimmend Anm Sonnhoff, SGb 2014, 339; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71, RdNr 23). So liegt es auch bei der Mietschuldenübernahme. Würde das Darlehen gemäß § 22 Abs 5 SGB II kopfteilig auf die Mitglieder beider - vom Beklagten angenommener - Bedarfsgemeinschaften verteilt, so folgte hieraus letztlich eine faktische Mithaftung der nicht am Mietvertrag Beteiligten, insbesondere auch der Kinder einer Bedarfsgemeinschaft, für unerfüllte Mietvertragsforderungen. Unter Berücksichtigung der Neuregelung des § 42a Abs 1 S 3 SGB II träfe eine Rückzahlungsverpflichtung dann auch das nicht durch den Mietvertrag verpflichtete Bedarfsgemeinschaftsmitglied unabhängig davon, ob eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Zahlungsmoral des mietvertraglich Verpflichteten besteht. Abgesehen davon könnten sich aus der Möglichkeit, die Verpflichtungen aus Mietverträgen auf Dritte zu verlagern, erhebliche Fehlanreize für die Mietvertragspartner ergeben. Daher erscheint es allein sachgerecht, nur die durch den Mietvertrag zivilrechtlich verpflichteten Personen - unter Berücksichtigung des internen Schuldnerausgleichs bei gesamtschuldnerischer Haftung - als Darlehensnehmer anzusehen (ebenso Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 366, Stand III/14; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 253), soweit sie - wie hier - die Wohnung gemeinsam nutzen (vgl die Fallkonstellation in BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 65 RdNr 2, 18) und im Leistungsbezug nach dem SGB II stehen ..."
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann die Antragstellerin zu 2 kein Darlehen für die Mietkaution aus dem von der Antragstellerin zu 1 abgeschlossenen Mietvertrag beanspruchen, denn sie wäre mit der Rückzahlungsverpflichtung gem. § 42a Abs. 1 Satz 3 SGB II zu belasten. Auch wenn dies in dem zu entscheidenden Fall möglicherweise akzeptabel für die Antragstellerinnen wäre, so kann daraus aber kein Anspruch auf Gewährung des Darlehens folgen.
b) Auch die Antragstellerin zu 1 hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Übernahme der begehrten Mietkaution mittels Darlehen gegenüber dem Antragsgegner. Anspruchsberechtigt nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II sind ausschließlich SGB II-Leistungsberechtigte. Zu diesen zählt die Antragstellerin nicht, weil sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht und damit wegen fehlender Erwerbsfähigkeit gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist.
c) Aber auch gegenüber der Beigeladenen hat die Antragstellerin zu 1 keinen Anspruch auf Gewährung des begehrten Mietkautionsdarlehens nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), denn eine Zustimmung vom zuständigen Sozialhilfeträger wurde nicht eingeholt, die Wohnung in der X ... Landstraße in A ... ist unangemessen teuer und die Antragstellerin zu 1 hat einen entsprechenden Bedarf nicht glaubhaft gemacht.
Als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII kann die Antragstellerin zwar grundsätzlich gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 4a), § 42a Abs. 1, § 35 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB XII ein Mietkautionsdarlehen beanspruchen. Danach kann der zuständige Sozialhilfeträger älteren oder dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können (§ 19 Abs. 2, § 41 Abs. 1 SGB XII), als Leistung der Grundsicherung die Übernahme einer Mietkaution mittels Darlehen bei vorheriger Zustimmung erbringen (§ 42a Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII). Eine Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 35 Abs. 2 Satz 6 SGB XII).Voraussetzung ist aber auch im SGB XII, dass die Kosten für die Wohnung, für die das Darlehen begehrt wird, angemessen im Sinne des § 42a Abs. 1 SGB XII sind und der Übernahme vorher durch den Sozialhilfeträger zugestimmt wurde.
Aus der Verwaltungsakte des Antragsgegners ergibt sich, dass die Beigeladene bereits dem vorherigen Umzug der Antragstellerinnen in die U ...straße in A ... nicht zugestimmt hatte. Zur Frage der Umzugsnotwendigkeit sollte ein ärztliches Gutachten bezogen auf die Antragstellerin zu 1 eingeholt werden, dem sich diese aber verweigerte. Eine Zustimmung zum Umzug hat das Sozialamt der Beilgeladenen nicht erteilt – weder zum damaligen Umzug noch zum jetzt begehrten. Die Antragstellerinnen haben eine entsprechende Zustimmung jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Auch eine entsprechende Antragstellung bei der Beigeladenen wurde durch die Antragstellerinnen nicht vorgetragen. Es fehlt daher bereits am Erfordernis der vorherigen Zustimmung als Anspruchsvoraussetzung im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII. Diese war auch nicht entsprechend der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R, Rn. 13) entbehrlich, weil etwa eine fristgerechte Entscheidung vom Sozialhilfeträger verzögert worden wäre. Vielmehr fehlt es hier an einer Mitwirkung der Antragstellerin zu 1, denn dass diese bei der Beigeladenen die Zustimmung zum Umzug in die X ... Landstraße beantragt hätte, ist nicht glaubhaft gemacht. Auch eine Zustimmung des Antragsgegners, die der Beigeladenen zugerechnet werden könnte, liegt nicht vor.
Zudem scheitert die Übernahme der Mietkaution durch die Beigeladene gegenüber der Antragstellerin zu 1 auch an der Unangemessenheit der Kosten, die für die begehrte Wohnung entstehen würden. Zwar lägen diese mit 820,00 EUR monatlich gegenüber den Kosten der bis zum 30.07.2018 bewohnten Wohnung mit dort angefallenen 1.200,00 EUR monatlich um 380,00 EUR niedriger. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine möblierte Wohnung mit einer Komplettausstattung auf gehobenem Niveau sowie monatlichem Reinigungsservice nicht einem angemessenen Wohnungsstandard entsprechend den Sozialhilfegrundsätzen entspricht. Aus dieser Sicht liegen die Wohnkosten in Höhe von 820,00 EUR gegenüber den Angemessenheitsrichtwerten der Landeshauptstadt A ... für einen Zweipersonen-Haushalt in Höhe von 429,88 EUR zuzüglich Heizkosten von ca. 100,00 EUR monatlich weit über der Angemessenheit. Subjektive Gründe für eine Übernahme der abstrakt unangemessenen Kosten im Einzelfall hat die Antragstellerin zu 1 nicht glaubhaft gemacht. Aus der Verwaltungsakte des Antragsgegners sind lediglich die ärztliche Stellungnahme des Dipl.-med. S ... aus W ... vom 20.07.2016 und der Schwerbehindertenausweis der Antragstellerin vom 21.06.2016 ersichtlich. Zum aktuellen Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 1 sind hingegen keine Angaben glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 2 berichtet von Zwangsneurosen der Mutter, die aber in ihren konkreten Auswirkungen weder beschrieben noch glaubhaft gemacht werden. Dem Senat ist es daher nicht möglich zu beurteilen, in welcher Art und Weise die Antragstellerinnen gehindert sein sollen, angemessenen und beispielsweise auch unmöblierten Wohnraum zu beziehen und mit Mitteln der Erstausstattung einzurichten. Zudem wird nicht dargelegt, warum nicht die Antragstellerin zu 2 für einen Umzug in angemessenen Wohnraum in A ... sorgen könnte. Die daher von den Antragstellerinnen nur pauschal behaupteten individuellen Besonderheiten für speziellen Wohnraum in A ... sind nicht stichhaltig.
Schließlich können sich die Antragstellerinnen nicht darauf berufen, sie hätten vom Zustimmungserfordernis des Sozialhilfeträgers bei einem Umzug keine Kenntnis gehabt. Bereits bei dem vorangegangenen Umzug der Antragstellerinnen von der V ...straße in die U ...straße waren sie auf das Zustimmungserfordernis hingewiesen worden. Auch hatte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1 Kosten der Unterkunft in der U ...straße nicht etwa in Höhe der tatsächlichen kopfteiligen Hälfte bewilligt, sondern nur in Höhe der halben Unterkunftskosten aus der zuvor bewohnten, angemessenen Wohnung in der V ... straße, deren Miete mit 535,00 EUR im Rahmen der Angemessenheit gelegen hatte. Die Antragstellerinnen mussten daher unter Berücksichtigung normaler Sorgfaltsanforderungen über das Erfordernis der Befassung des Antragsgegners wie auch der Beigeladenen mit dem Mietvertrag informiert sein.
Schließlich hat die Antragstellerin zu 1 einen entsprechenden Hilfebedarf für die Übernahme der Mietkaution gegenüber der Beigeladenen nicht glaubhaft gemacht. Erst nach Vorlage der Kontoauszüge der Antragstellerin zu 1 nach mehrfacher Aufforderung im April 2018 war ersichtlich geworden, dass die Antragstellerin zu 1 neben der Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 863,79 EUR auch Pflegegeld in Höhe von 545,00 EUR monatlich von der Pflegekasse AOK Nordost bezieht. Dies war jedenfalls dem Antragsgegner – entgegen der Mitteilung der Antragstellerinnen – bislang nicht offenbart worden. Wie die aktuelle finanzielle Situation der Antragstellerin zu 1 aussieht und ob sie in der Lage wäre, die Kautionszahlung in Höhe von 1.640,00 EUR aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bestreiten, hat sie weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerinnen haben daher einen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution mittels Darlehen nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abzulehnen und der Beschluss des Sozialgerichts Dresden aufzuheben war.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Dr. Anders Weinholtz Lang
2. Notwendige außergerichtliche Kosten der Antragstellerinnen sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Mietkautionsdarlehens für die von der Antragstellerin zu 1 angemietete Wohnung in der X ... Landstraße in A ...
Die 1969 geborene Antragstellerin zu 1 und ihre 1999 geborene Tochter, die Antragstellerin zu 2, waren im Sommer 2016 von W ... nach A ... gezogen. Zunächst wohnten sie in einer 74 m² großen Wohnung in der V ...straße in A ... zur Untermiete, bevor sie zum 01.12.2016 in eine vollständig und hochwertig eingerichtete und möblierte "Business-Wohnung" in der U ...straße in A ... zogen. Für dieses Mietobjekt, für das der Mietvertrag bis zum 30.07.2018 zeitlich befristet war, hatten die Antragstellerinnen eine Miete in Höhe von 1.200,00 EUR monatlich (inklusive Nebenkosten sowie Kosten für Strom, Wasser, Heizung, Internet und TV) zu zahlen. Eine wöchentliche Reinigung des Apartments und Nutzung der Waschmaschine für 50,00 EUR monatlich waren Vertragsbestandteil.
Die Antragstellerin zu 1 ist erwerbsunfähig und bezieht eine entsprechende monatliche Rente in Höhe von derzeit 863,79 EUR. Sie ist im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen B, G, H und RF. Ihr behandelnder Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in W ... hatte am 20.07.2016 mitgeteilt, dass die Antragstellerin zu 1 seit 2013 gelegentlich in der nervenärztlichen Sprechstunde vorspreche. Sie leide unter einer chronischen, therapieresistenten Zwangserkrankung und damit verbundenen Ängsten und Depressionen sowie unter einer chronischen Polyneuropathie mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in allen Extremitäten. Die Zwangserkrankung mache es ihr – nach ihren Angaben – häufig unmöglich, die Wohnung zu verlassen. Auch die Übertragung von Behördengängen oder Fristen- und Terminseinteilungen auf die Tochter sei nicht möglich, da die Zwänge die kontrollierende Anwesenheit der Patientin notwendig gemacht hätten. Es bestehe eine ausgeprägte soziale Isolation und die Patientin sei nicht mehr in der Lage, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Als möglicher Ausweg erscheine ein Umzug in eine andere, noch nicht angstbesetzte Umgebung, wobei die zukünftige Wohnung eine ausreichende Größe, eine behindertengerechte Einrichtung sowie eine reizarme und ruhige Lage aufweisen solle.
Die Antragstellerin zu 2 war bis zum 31.07.2018 Schülerin des T ...-Gymnasiums in A ... und hat dort im Sommer ihr Abitur abgelegt. Sie bezieht eine monatliche Halbwaisenrente in Höhe von derzeit 77,86 EUR und Kindergeld in Höhe von 194,00 EUR. Sie pflegt ihre Mutter nach Feststellung der Pflegekasse in wenigstens zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche.
Im November 2016 stellte die Antragstellerin zu 2 erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner, woraufhin sie zunächst vorläufig Leistungen in Höhe von 251,23 EUR bzw. 264,47 EUR bis zum 28.02.2017 erhielt. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner noch die kopfteilige Miete aus dem Mietverhältnis auf der V ...straße , welche 535,00 EUR betrug. Auch in den Folgezeiträumen nach dem Umzug in die U ...straße bewilligte der Antragsgegner jeweils Leistungen unter Berücksichtigung der vormaligen Miete, weil die Antragstellerinnen ohne Zusicherung umgezogen seien. Auch den Antrag auf Übernahme der Mietkaution in Höhe von 1.200,00 EUR für die Wohnung in der U ...straße 25 lehnte der Antragsgegner wegen der fehlenden Zusicherung, der Unangemessenheit der Unterkunftskosten und mangels Notwendigkeit ab. Das Sozialamt der Landeshauptstadt A ... hatte der Antragstellerin zu 1 ebenfalls keine Zusicherung zum Umzug erteilt. Eine ärztliche Bestätigung über die gesundheitliche Notwendigkeit eines Umzuges wurde von der Antragstellerin zu 1 auch auf mehrfache Aufforderung nicht vorgelegt.
Nachdem der Antragstellerin zu 2 für die Zeit ab 01.08.2017 die Leistungsbewilligung wegen fehlender Mitwirkung durch Vorlage von Unterlagen versagt wurde, bewilligte der Antragsgegner auf erneuten Antrag mit Bescheid vom 20.03.2018 vorläufig Leistungen in Höhe von 237,95 EUR monatlich für den Zeitraum 01.02.2018 bis 31.07.2018. Wegen der nachträglichen Einreichung der angeforderten Unterlagen bewilligte der Antragsgegner rückwirkend Leistungen an die Antragstellerin zu 2 für die Zeit vom 01.12.2017 bis 31.01.2018. Nach Vorlage der Kontoauszüge der Antragstellerin zu 1 wurde zudem bekannt, dass diese Pflegegeld in Höhe von 545,00 EUR monatlich bezieht.
In einem Telefongespräch am 17.07.2018 teilte die Antragstellerin zu 2 erstmals mit, dass wegen des bis 31.07.2018 befristeten Mietvertrages durch die Antragstellerin zu 1 ein Mietvertrag über das Apartment Nr. in der X ... Landstraße in A ... geschlossen worden sei. Ihr selbst sei das Erfordernis einer Zusicherung nicht bewusst gewesen. Mit Schreiben vom 12.07.2018 beantragten beide Antragstellerinnen beim Antragsgegner die Bewilligung eines Darlehens zur Zahlung der Mietkaution für die neue Wohnung in Höhe von 1.640,00 EUR. Der Antragstellerin zu 1 sei es aufgrund ihrer Zwangsneurosen und der körperlichen Gebrechen nicht möglich, auf lange Wohnungssuche zu gehen, Anträge zu stellen oder Möbel zu beschaffen und aufzubauen. Da sie über keine eigene Wohnungsausstattung verfügten, seien sie gezwungen, in eine bereits eingerichtete Wohnung zu ziehen. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich ein monatlich zu zahlender Mietzins in Höhe von 820,00 EUR, in dem Kaltmiete, Nebenosten und Heizkosten, aber auch Möblierung, Strom, TV und Internet sowie die einmal monatliche Reinigung des Apartments enthalten sind.
Am 20.07.2018 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dresden einstweiligen Rechtsschutz und die Bewilligung des beantragten Mietkautionsdarlehens begehrt. Die bisher bewohnte Wohnung in der U ...straße müsse zum 31.07.2018 geräumt werden. Es bestünden Mietschulden und ein Schufa-Eintrag, weshalb es fast unmöglich sei, eine geeignete Wohnung zu finden. Diese hätten sie nun aber in dem Apartment Nr. in der X ... Landstraße in A ... gefunden, der Vermieter bestehe jedoch auf die Mietkaution. Die besondere Situation der Antragstellerin zu 1 mit Pflegegrad III und eingeschränkter Alltagskompetenz werde durch den Antragsgegner rechtswidrig unberücksichtigt gelassen.
Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Dresden am 25.07.2018 hat die Antragstellerin zu 2 erklärt, ihrer Mutter sei erklärt worden, dass die Miete der neuen Wohnung in der X ... Landstraße eventuell angemessen sein könnte. Dafür müsse aber der Vermieter eine Aufschlüsselung des Mietzinses in Grundmiete, Nebenkosten und Heizkosten vornehmen. Der Vermieter sei dazu aber erst bei Schlüsselübergabe bereit. Aufgrund der Zwangsneurose der Mutter sei es nahezu unmöglich, eine leere Wohnung einzurichten, da die Mutter es nicht zulasse, dass fremde Menschen in die Wohnung kämen und Schmutz entstehe. Sie selbst fühle sich mit der Situation überfordert. In letzter Zeit, insbesondere während ihres Abiturs, habe sich die Mutter fast ausschließlich um ihre Belange gekümmert.
Mit Beschluss vom 25.07.2018 hat das Sozialgericht Dresden den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zu 2 ein Mietkautionsdarlehen in Höhe von 1.640,00 EUR für die Anmietung des Apartments Nr. in der X ... Landstraße in A ... zu gewähren und im Übrigen (bezogen auf die Antragstellerin zu 1) den Antrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin zu 1 habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gegenüber dem Antragsgegner und könne daher auch kein Mietkautionsdarlehen von diesem beanspruchen. Hingegen habe die Antragstellerin zu 2 einen entsprechenden Anspruch. Dem stehe nicht entgegen, dass vor dem geplanten Umzug keine Zusicherung eingeholt worden sei, denn eine solche habe lediglich Aufklärungs- und Warnfunktion. Ob die Kosten für die neue Wohnung angemessen sind, lasse sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht aufklären, ebenso wenig wie die Frage, ob anderer dem gesundheitlichen Bedarf der Antragstellerin zu 1 angemessener Wohnraum zur Verfügung stünde. Im Rahmen einer Folgenabwägung sei daher zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht seien, wenn ihnen die Kaution nicht zur Verfügung gestellt werde. Zudem sei die Miete der neuen Wohnung 380,00 EUR günstiger als die in der U ...straße.
Gegen den Beschluss vom 25.07.2018 hat der Antragsgegner am 27.07.2018 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht erhoben und zugleich Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gestellt. Der Mietvertrag über das neue Apartment sei nur mit der Antragstellerin zu 1 geschlossen worden. Die Antragstellerin zu 2 sei daher weder zur Mietzahlung noch zur Zahlung der Mietkaution verpflichtet. Zudem sei der Mietvertrag am 10.07.2018 vor Beantragung des Darlehens für die Mietkaution geschlossen worden. Eine vorherige Zusicherung sei daher nicht möglich gewesen. Schließlich könne ein Mietkautionsdarlehen nur für Wohnungen gewährt werden, die in ihren Kosten angemessen sind. Die Inklusivmiete von 820,00 EUR werde nie einen reinen monatlichen Bruttokaltmietenwert von angemessenen 429,88 EUR erreichen, weshalb die beabsichtigte Wohnung unangemessen in den Kosten der Unterkunft und Heizung sei.
Die Antragstellerinnen haben in der Zwischenzeit mitgeteilt, bislang nicht in die begehrte Wohnung eingezogen zu sein; diese sei aber noch verfügbar. Vielmehr hätten sie zunächst bei Freunden, die verreist waren, gewohnt. Zuletzt hat die Antragstellerin zu 1 mitgeteilt, sie würden vorübergehend bis 31.08.2018 in einem Studentenwohnheimzimmer wohnen.
Der Antragsgegner weist darauf hin, dass die Zusicherung vor Eingehen der Verpflichtung und nicht erst mit der tatsächlichen Ausführung des Mietvertrages einzuholen sei. Das sei hier zu spät gewesen. In Notlagen könne die Landeshauptstadt A ... Betroffenen sog. Gewährleistungswohnungen anbieten, die möbliert sind, um vor Obdachlosigkeit zu schützen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25.07.2018 aufzuheben und den Antrag auf Gewährung eines Mietkautionsdarlehens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen.
Die Antragstellerinnen beantragen (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Prozessakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners (zwei Bände) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf Gewährung eines Mietskautionsdarlehens. Daher war der Beschluss des Sozialgerichts Dresden aufzuheben und der Antrag der Antragstellerinnen auf Gewährung eines Mietkautionsdarlehens abzulehnen.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte grundsätzlich zulässige Beschwerde nur dann ausgeschlossen, wenn in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache der Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG bedürfte. Danach bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Antragstellerinnen begehren die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, nämlich die Ausreichung eines Darlehens über 1.640,00 EUR, was den Wert des Beschwerdegegenstandes überschreitet. Die Berufung bedürfte daher keiner Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG, weshalb die Beschwerde nach § 172 Abs. 1, 3 SGG statthaft ist. Sie ist auch form- und fristgerecht nach § 151 SGG beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf vorläufige Bewilligung eines Darlehens zur Begleichung einer Mietkaution.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Antragstellerinnen haben hier nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen ein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution mittels Darlehen zusteht.
a) § 22 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II sieht vor, dass Aufwendungen für eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden können. Nach § 22 Abs. 6 Satz 2, 3 SGB II sollen diese Aufwendungen als Darlehen erbracht werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
Die Antragstellerin zu 2 ist als volljährige Tochter der Antragstellerin zu 1 zwar leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie ist erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie ist auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Die Antragstellerinnen halten sich nach dem Auszug aus der bis zum 30.07.2018 bewohnten Wohnung in der U ...straße weiterhin in A ... auf, nach der zuletzt erfolgten Mitteilung in dem Zimmer eines Studentenwohnheims. Die Antragstellerin zu 2 kann mit ihrem Einkommen auch nicht ihren Bedarf decken, denn sie erhält lediglich 194,00 EUR Kindergeld und 77,86 EUR Halbwaisenrente.
Die Antragstellerin zu 2 hat aber keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution für die begehrte Wohnung in der X ... Landstraße in A ..., weil sie selbst aus dem Mietvertrag nicht zur Zahlung einer solchen verpflichtet ist. Der Mietvertrag, den bislang lediglich die Antragstellerin zu 1 am 10.07.2018 unterzeichnet hat, beinhaltet ausschließlich diese als Mieterin, nicht jedoch die Antragstellerin zu 2. Auch wenn die Tochter berechtigt ist, mit der Mutter die Zweiraum-Wohnung zu beziehen, so ist doch nur die Mutter aus dem Mietvertrag verpflichtet. Dies betrifft einerseits die Zahlung des Mietzinses und andererseits eben auch die Verpflichtung zur Zahlung einer Mietkaution, die sich aus § 6 des Mietvertrages ergibt. Aus der vertraglichen Vereinbarung folgt bei Beendigung des Mietvertrages auch das Recht der Mieterin, die Mietkaution zurückzufordern. Allein die familiäre Verbundenheit der Antragstellerinnen kann aber nicht dazu führen, dass auch der Antragstellerin zu 2 schuldrechtliche Pflichten aus dem Mietvertrag auferlegt werden.
Auch die Anwendung des sog. Kopfteilsprinzips führt hier nicht dazu, dass der Antragstellerin zu 2 ein Darlehen zu bewilligen ist. Vielmehr ist ein Darlehen unabhängig vom Kopfteilprinzip gleichmäßig auf diejenigen Personen aufzuteilen, die aus dem Mietvertrag verpflichtet sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 3/14 R, Rn. 25 ff). Das Urteil des BSG ist zwar zu Mietschulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II ergangen, die als einmalige Leistung ausgezahlt wurden. Auf die Mietkaution des § 22 Abs. 6 SGB II ist diese Rechtsprechung aber ebenso anzuwenden, denn auch diese soll – ebenso wie in § 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II – als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II).
Das BSG hat sich in dem zitierten Urteil wie folgt geäußert: "Die laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach gefestigter Rechtsprechung des BSG im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (stRspr des BSG seit 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28; zuletzt vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63, RdNr 26 und vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71, RdNr 20). Hintergrund für dieses auf die Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17, juris RdNr 10) zurückgehende Kopfteilprinzip sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt. Bei der Leistung für Mietschulden als einmaliger Leistung für Unterkunft ist jedoch keine Kopfteilung vorzunehmen. Die mit dem Grundsicherungsrecht nach dem SGB II befassten Senate des BSG haben eine Abweichung vom Kopfteilprinzip für diejenigen Fälle bejaht, in denen bei objektiver Betrachtung eine andere Aufteilung angezeigt ist (vgl nur BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, juris RdNr 28; BSG vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4, juris RdNr 19; für eine vorübergehende, auf unter sechs Monate beschränkte Ortsabwesenheit eines Partners BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 19; s auch BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 19, hierzu zustimmend Anm Sonnhoff, SGb 2014, 339; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71, RdNr 23). So liegt es auch bei der Mietschuldenübernahme. Würde das Darlehen gemäß § 22 Abs 5 SGB II kopfteilig auf die Mitglieder beider - vom Beklagten angenommener - Bedarfsgemeinschaften verteilt, so folgte hieraus letztlich eine faktische Mithaftung der nicht am Mietvertrag Beteiligten, insbesondere auch der Kinder einer Bedarfsgemeinschaft, für unerfüllte Mietvertragsforderungen. Unter Berücksichtigung der Neuregelung des § 42a Abs 1 S 3 SGB II träfe eine Rückzahlungsverpflichtung dann auch das nicht durch den Mietvertrag verpflichtete Bedarfsgemeinschaftsmitglied unabhängig davon, ob eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Zahlungsmoral des mietvertraglich Verpflichteten besteht. Abgesehen davon könnten sich aus der Möglichkeit, die Verpflichtungen aus Mietverträgen auf Dritte zu verlagern, erhebliche Fehlanreize für die Mietvertragspartner ergeben. Daher erscheint es allein sachgerecht, nur die durch den Mietvertrag zivilrechtlich verpflichteten Personen - unter Berücksichtigung des internen Schuldnerausgleichs bei gesamtschuldnerischer Haftung - als Darlehensnehmer anzusehen (ebenso Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 366, Stand III/14; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 253), soweit sie - wie hier - die Wohnung gemeinsam nutzen (vgl die Fallkonstellation in BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 65 RdNr 2, 18) und im Leistungsbezug nach dem SGB II stehen ..."
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann die Antragstellerin zu 2 kein Darlehen für die Mietkaution aus dem von der Antragstellerin zu 1 abgeschlossenen Mietvertrag beanspruchen, denn sie wäre mit der Rückzahlungsverpflichtung gem. § 42a Abs. 1 Satz 3 SGB II zu belasten. Auch wenn dies in dem zu entscheidenden Fall möglicherweise akzeptabel für die Antragstellerinnen wäre, so kann daraus aber kein Anspruch auf Gewährung des Darlehens folgen.
b) Auch die Antragstellerin zu 1 hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Übernahme der begehrten Mietkaution mittels Darlehen gegenüber dem Antragsgegner. Anspruchsberechtigt nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II sind ausschließlich SGB II-Leistungsberechtigte. Zu diesen zählt die Antragstellerin nicht, weil sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bezieht und damit wegen fehlender Erwerbsfähigkeit gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist.
c) Aber auch gegenüber der Beigeladenen hat die Antragstellerin zu 1 keinen Anspruch auf Gewährung des begehrten Mietkautionsdarlehens nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), denn eine Zustimmung vom zuständigen Sozialhilfeträger wurde nicht eingeholt, die Wohnung in der X ... Landstraße in A ... ist unangemessen teuer und die Antragstellerin zu 1 hat einen entsprechenden Bedarf nicht glaubhaft gemacht.
Als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII kann die Antragstellerin zwar grundsätzlich gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 4a), § 42a Abs. 1, § 35 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB XII ein Mietkautionsdarlehen beanspruchen. Danach kann der zuständige Sozialhilfeträger älteren oder dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können (§ 19 Abs. 2, § 41 Abs. 1 SGB XII), als Leistung der Grundsicherung die Übernahme einer Mietkaution mittels Darlehen bei vorheriger Zustimmung erbringen (§ 42a Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII). Eine Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 35 Abs. 2 Satz 6 SGB XII).Voraussetzung ist aber auch im SGB XII, dass die Kosten für die Wohnung, für die das Darlehen begehrt wird, angemessen im Sinne des § 42a Abs. 1 SGB XII sind und der Übernahme vorher durch den Sozialhilfeträger zugestimmt wurde.
Aus der Verwaltungsakte des Antragsgegners ergibt sich, dass die Beigeladene bereits dem vorherigen Umzug der Antragstellerinnen in die U ...straße in A ... nicht zugestimmt hatte. Zur Frage der Umzugsnotwendigkeit sollte ein ärztliches Gutachten bezogen auf die Antragstellerin zu 1 eingeholt werden, dem sich diese aber verweigerte. Eine Zustimmung zum Umzug hat das Sozialamt der Beilgeladenen nicht erteilt – weder zum damaligen Umzug noch zum jetzt begehrten. Die Antragstellerinnen haben eine entsprechende Zustimmung jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Auch eine entsprechende Antragstellung bei der Beigeladenen wurde durch die Antragstellerinnen nicht vorgetragen. Es fehlt daher bereits am Erfordernis der vorherigen Zustimmung als Anspruchsvoraussetzung im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII. Diese war auch nicht entsprechend der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R, Rn. 13) entbehrlich, weil etwa eine fristgerechte Entscheidung vom Sozialhilfeträger verzögert worden wäre. Vielmehr fehlt es hier an einer Mitwirkung der Antragstellerin zu 1, denn dass diese bei der Beigeladenen die Zustimmung zum Umzug in die X ... Landstraße beantragt hätte, ist nicht glaubhaft gemacht. Auch eine Zustimmung des Antragsgegners, die der Beigeladenen zugerechnet werden könnte, liegt nicht vor.
Zudem scheitert die Übernahme der Mietkaution durch die Beigeladene gegenüber der Antragstellerin zu 1 auch an der Unangemessenheit der Kosten, die für die begehrte Wohnung entstehen würden. Zwar lägen diese mit 820,00 EUR monatlich gegenüber den Kosten der bis zum 30.07.2018 bewohnten Wohnung mit dort angefallenen 1.200,00 EUR monatlich um 380,00 EUR niedriger. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine möblierte Wohnung mit einer Komplettausstattung auf gehobenem Niveau sowie monatlichem Reinigungsservice nicht einem angemessenen Wohnungsstandard entsprechend den Sozialhilfegrundsätzen entspricht. Aus dieser Sicht liegen die Wohnkosten in Höhe von 820,00 EUR gegenüber den Angemessenheitsrichtwerten der Landeshauptstadt A ... für einen Zweipersonen-Haushalt in Höhe von 429,88 EUR zuzüglich Heizkosten von ca. 100,00 EUR monatlich weit über der Angemessenheit. Subjektive Gründe für eine Übernahme der abstrakt unangemessenen Kosten im Einzelfall hat die Antragstellerin zu 1 nicht glaubhaft gemacht. Aus der Verwaltungsakte des Antragsgegners sind lediglich die ärztliche Stellungnahme des Dipl.-med. S ... aus W ... vom 20.07.2016 und der Schwerbehindertenausweis der Antragstellerin vom 21.06.2016 ersichtlich. Zum aktuellen Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 1 sind hingegen keine Angaben glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 2 berichtet von Zwangsneurosen der Mutter, die aber in ihren konkreten Auswirkungen weder beschrieben noch glaubhaft gemacht werden. Dem Senat ist es daher nicht möglich zu beurteilen, in welcher Art und Weise die Antragstellerinnen gehindert sein sollen, angemessenen und beispielsweise auch unmöblierten Wohnraum zu beziehen und mit Mitteln der Erstausstattung einzurichten. Zudem wird nicht dargelegt, warum nicht die Antragstellerin zu 2 für einen Umzug in angemessenen Wohnraum in A ... sorgen könnte. Die daher von den Antragstellerinnen nur pauschal behaupteten individuellen Besonderheiten für speziellen Wohnraum in A ... sind nicht stichhaltig.
Schließlich können sich die Antragstellerinnen nicht darauf berufen, sie hätten vom Zustimmungserfordernis des Sozialhilfeträgers bei einem Umzug keine Kenntnis gehabt. Bereits bei dem vorangegangenen Umzug der Antragstellerinnen von der V ...straße in die U ...straße waren sie auf das Zustimmungserfordernis hingewiesen worden. Auch hatte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1 Kosten der Unterkunft in der U ...straße nicht etwa in Höhe der tatsächlichen kopfteiligen Hälfte bewilligt, sondern nur in Höhe der halben Unterkunftskosten aus der zuvor bewohnten, angemessenen Wohnung in der V ... straße, deren Miete mit 535,00 EUR im Rahmen der Angemessenheit gelegen hatte. Die Antragstellerinnen mussten daher unter Berücksichtigung normaler Sorgfaltsanforderungen über das Erfordernis der Befassung des Antragsgegners wie auch der Beigeladenen mit dem Mietvertrag informiert sein.
Schließlich hat die Antragstellerin zu 1 einen entsprechenden Hilfebedarf für die Übernahme der Mietkaution gegenüber der Beigeladenen nicht glaubhaft gemacht. Erst nach Vorlage der Kontoauszüge der Antragstellerin zu 1 nach mehrfacher Aufforderung im April 2018 war ersichtlich geworden, dass die Antragstellerin zu 1 neben der Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 863,79 EUR auch Pflegegeld in Höhe von 545,00 EUR monatlich von der Pflegekasse AOK Nordost bezieht. Dies war jedenfalls dem Antragsgegner – entgegen der Mitteilung der Antragstellerinnen – bislang nicht offenbart worden. Wie die aktuelle finanzielle Situation der Antragstellerin zu 1 aussieht und ob sie in der Lage wäre, die Kautionszahlung in Höhe von 1.640,00 EUR aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu bestreiten, hat sie weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerinnen haben daher einen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution mittels Darlehen nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abzulehnen und der Beschluss des Sozialgerichts Dresden aufzuheben war.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Dr. Anders Weinholtz Lang
Rechtskraft
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