Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 19 SO 11/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 2/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die durch die stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers M. B. im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten in Höhe von 29.101,67 EUR zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin (als Trägerin der Jugendhilfe) von dem Beklagten als überörtlichem Träger der Sozialhilfe die Erstattung der ihr durch die stationäre Unterbringung des M. B. (im Weiteren: Hilfeempfänger) im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. (im Weiteren: KJH G.) im Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten beanspruchen kann.
Bei dem am ... 1993 geborenen Hilfeempfänger wurde ausweislich des Arztbriefes des Kinderzentrums M. - Sozialpädiatrisches Zentrum - vom 26. August 1999 anlässlich einer Vorstellung dort aufgrund der Rückstellung der Einschulung eine leichtgradige Intelligenzminderung festgestellt. Es habe sich das Bild eines freundlichen, distanzgeminderten, motorisch unruhigen und risikobereiten Jungen ergeben. Aus diesem Grunde sei er massiv von einer Behinderung bedroht und bedürfe bis zur Einschulung in die Schule einer umfassenden sonder- und heilpädagogischen Förderung, die nach Möglichkeit in einem integrativen Kindergarten erfolgen solle. Schwerpunktmäßig sollten eine Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit sowie eine logopädische und fachpsychotherapeutische Betreuung durchgeführt werden. In dem Entlassungsbericht des Krankenhauses M. gGmbH-Epilepsie-Zentrum B. vom 9. Dezember 2002 wird über die stationäre Behandlung des Hilfeempfängers vom 28. Juni bis zum 22. Oktober 2002 berichtet. Der Hilfeempfänger sei ein kontaktfreudiger geistig behinderter Junge, der in allen lebenspraktischen Fähigkeiten selbstständig gewesen sei. Erhebliche Schwierigkeiten hätten im Kontakt mit Mitpatienten bestanden. Eine Integration in den Stationsalltag sei zeitweise kaum möglich gewesen, da der Hilfeempfänger seine aggressiven Impulse wenig unter Kontrolle gehabt habe. Unter entsprechender medikamentöser Behandlung habe sich das Verhalten wesentlich gebessert. Der Hilfeempfänger habe eine geistige Behinderung und eine Verhaltensstörung mit destruktivem und oppositionellem Verhalten. Verhaltenstherapeutische Strategien mit stringenter Führung, klaren Rückmeldungen über sein Verhalten und unterstützende Psychopharmakotherapie hätten sich sehr bewährt. Das familiäre Umfeld sei sehr von Überforderung und chronischen Krankheiten geprägt; insbesondere die schwere Herzerkrankung des Vaters erfordere viel Rücksichtnahme. Die derzeitige Unterbringung in einem heilpädagogischen Internat werde für einen sehr geeigneten Förderort für den Hilfeempfänger gehalten. Zum Umgang mit seinem impulsiven Verhalten werde eine weitere heilpädagogische, psychotherapeutische und kinderpsychiatrische Behandlung für notwendig erachtet. Ein Kopfschutzhelm mit Kinnschutz sollte ständig getragen werden. Als Diagnosen wurden eine kryptogene Epilepsie mit tonischen Anfällen sowie eine geistige Behinderung mit deutlichen Verhaltensauffälligkeiten und eine Adipositas genannt. Aus der vom 9. Oktober 2006 bis zum 12. Januar 2007 im Fachkrankenhaus U. durchgeführten stationären Behandlung wurde er mit den Diagnosen einer mittelgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung, die Beobachtung und Behandlung erfordere, sowie einer Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen und einer Epilepsie sowie dem Verdacht auf ein Lennox-Gastaut-Syndrom entlassen. Im Entlassungsbericht vom 13. März 2007 ist ausgeführt, dass die stationäre Aufnahme wegen massiver Verhaltensauffälligkeiten erfolgt sei, die der Hilfeempfänger sowohl im Heim bzw. in der Schule als auch zu Hause gezeigt habe. Er agiere anderen gegenüber handgreiflich, zerstöre das Mobiliar und reagiere bei Besuchen zu Hause nicht selten seiner Mutter gegenüber so aggressiv, dass er vorzeitig von den Heimerziehern abgeholt werden müsse. Zudem habe sich sein Anfallsleiden erheblich verschlechtert und die Anfallshäufigkeit auf bis zu zwölf Anfälle täglich gesteigert. Während des stationären Aufenthaltes sei insbesondere die antiepileptische Therapie angepasst und eine Verringerung der Anfallshäufigkeit erreicht worden. Zudem sei es im Laufe der Therapie gelungen, die unerwünschten Verhaltensweisen abzubauen. Der Hilfeempfänger sei etwas gruppenfähiger und anstrengungsbereiter geworden und seine fremdaggressiven Verhaltensweisen hätten deutlich abgenommen. Während der Einzeltherapie habe er jedoch eine interessengebundene und nur oberflächliche Veränderungsmotivation gezeigt.
Bei dem Hilfeempfänger sind seit dem 2. August 2005 ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G", "aG", "B"" H" und "RF" festgestellt. Der Hilfeempfänger lebte von seiner Geburt bis zum 21. August 2000 bei seinen Eltern in O., sodann vom 22. August 2000 bis zum 8. Juli 2005 im St. J. Haus in H. und - nach dem Tod des Vaters im Dezember 2004 - vom 9. Juli bis zum 25. August 2005 bei seiner sorgeberechtigten Mutter in O ... Vom 26. August 2000 bis zum 14. Juli 2005 besuchte er die Förderschule für geistig behinderte Menschen in H ...
Auf den von der Mutter des Hilfeempfängers am 4. August 2005 gestellten Antrag auf Gewährung von Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII) bewilligte das Jugendamt des damaligen Landkreises B. ihr mit Bescheid vom 12. August 2005 Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII im KJH G ... Der Hilfeempfänger wurde daraufhin seit dem 12. August 2005 in der heilpädagogischen Intensiv-Gruppe I des KJH G. unter Maßgabe eines individuellen Erziehungs- und Förderplanes betreut und im Ergebnis der Teamberatung jeweils festgehalten, dass die Hilfe zur Erziehung fortgeführt werde.
Die Mutter des Hilfeempfängers zog am 17. August 2007 nach M. um. Das Jugendamt der Klägerin übernahm daraufhin die Fallbearbeitung. Mit Bescheid vom 29. Februar 2008 stellte das Jugendamt der Klägerin gegenüber der Mutter des Hilfeempfängers fest, die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse habe ergeben, dass ein Kostenbeitrag nur in Höhe des Kindergeldes gefordert werden könne und das Kindergeld direkt von der Familienkasse an sie gezahlt werde; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 173 bis 186 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Zwischen dem Landkreis H., in dessen Zuständigkeitsbereich das KJH G. liegt, und dem KJH G. wurde unter dem 9./17. Dezember 2008 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 eine Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung für stationäre Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung und Hilfe für junge Volljährige nach den Maßgaben des SGB VIII abgeschlossen. Danach sind u.a. für 24 Plätze Intensivbetreuung 181,03 EUR pro Kalendertag und Person vereinbart.
Das KJH G. wandte sich unter dem 30. Januar 2009 an das Jugendamt der Klägerin und teilte mit dem am 3. Februar 2009 eingegangenen Schreiben mit, dass sich die Gesamtfähigkeitslage des Hilfeempfängers trotz ständiger ambulanter Behandlung in der Uniklinik M. deutlich verschlechtert habe. In den letzten Monaten hätten sich Häufigkeit, Dauer und Intensität der Anfälle stark erhöht. Auch die Zunahme nächtlicher Anfälle sei zu beobachten. Eine ständige Beobachtung aufgrund der in der Einrichtung üblichen Nachtbereitschaft durch den diensthabenden Erzieher sei nicht realisierbar. In den vergangenen zwei Wochen habe zweimal der Notarzt gerufen werden müssen, da der Hilfeempfänger aus seinen Anfällen nicht wieder ins Bewusstsein zurückgekehrt sei. Die Pädagogen der Gruppe verfügten über kein fundiertes medizinische Wissen bzw. keine adäquate medizinische Eingriffsmöglichkeit in diesen Anfallssituationen. Es werde um einen schnellstmöglichen Termin gebeten, damit das weitere Vorgehen beraten werden könne, da unter den genannten Umständen eine weitere Betreuung des Hilfeempfängers nicht möglich sei.
Bei einer daraufhin am 16. Februar 2009 durchgeführten Hilfeplankonkretisierung, an der u.a. die Mutter des Hilfeempfängers sowie jeweils ein Vertreter des Jugend- und des Sozialamtes der Klägerin teilnahmen, wurden zwei Möglichkeiten des weiteren Vorgehens besprochen: Zum einen wurde erwogen, den Hilfeempfänger im KJH G. zu belassen und die Kostenübernahme für die Nachtwache über das Sozialamt oder die Krankenkasse zu klären. Zum anderen wurde die Stellung eines Antrags auf Eingliederungshilfe durch die Mutter des Hilfeempfängers und die Unterbringung durch das Sozialamt in einer anderen Einrichtung in Betracht gezogen.
Am 19. Februar 2009 stellte die Mutter des Hilfeempfängers beim Jugendamt der Klägerin einen "Antrag auf Eingliederungshilfe" für den Hilfebedürftigen. Dessen Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten so verschlechtert, dass das KJH G. sich aus medizinischen Gründen nicht mehr der Lage sehe, seine Betreuung abzusichern. Bei der Besprechung dieser Problematik sei vereinbart worden, dass sie für ihren Sohn Eingliederungshilfe beantragen werde, damit dieser im KJH G. verbleiben könne. Es müsse geprüft werden, ob zu seiner gesundheitlichen Absicherung die Kosten für eine Nachtwache übernommen werden könnten.
Das Jugendamt der Klägerin leitete den Antrag vom 19. Februar 2009 an das Sozialamt des Landkreises B. weiter, wo er am 2. März 2009 einging. In dem betreffenden Anschreiben des Jugendamtes vom 24. Februar 2009 ist ausgeführt, der Antrag der sorgeberechtigten Mutter werde auf der Grundlage des § 14 Neuntes Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) übersandt. Da es sich "hier um eine gesundheitliche Problematik" handele, sei die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht mehr gegeben; es werde um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten.
Am 19. März 2009 stellte die Mutter des Hilfeempfängers bei dem Sozialamt des Landreises B. den Formantrag auf Gewährung von Sozialhilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, und zwar in Form von "zusätzlicher Betreuung aufgrund von Krankheit". Sie selbst sei arbeitslos, erhalte Witwenrente in Höhe von 405,00 EUR sowie "Wohngeld" in Höhe von 390,00 EUR (gemeint sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung zur Arbeitsuchende - SGB II). Der Hilfeempfänger beziehe Halbwaisenrente. Das Kindergeld sei an das Jugendamt übergeleitet. Pflegegeld erhalte sie nicht. Dem Antrag beigefügt sind die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2008 für die Witwen- und Waisenrente (Zahlbetrag 404,80 EUR bzw. 149,13 EUR) sowie der Bewilligungsbescheid vom 13. Februar 2009 über die vom 1. März bis zum 31. Juli 2009 zustehenden Leistungen nach dem SGB II (Zahlbetrag in Höhe von 412,61 EUR).
Das Sozialamt des Landkreises B. veranlasste die Begutachtung des Hilfeempfängers durch das Gesundheitsamt des Landkreises H ... Dr. J. kam unter dem 16. April 2009 nach einer ambulanten Untersuchung des Hilfeempfängers zu dem Ergebnis, dass bei diesem Behinderungen in geistiger und körperlicher Hinsicht sowie der Sinne vorlägen und das Leitsyndrom die geistige Behinderung sei. Es bestünden eine mittelgradige Intelligenzminderung mit Tendenz zur schweren Intelligenzminderung aufgrund eines deutlichen geistigen Abbaus im letzten Jahr, eine therapieresistente Epilepsie sowie eine ausgeprägte Störung des Sozialverhaltens mit Aggressionen und Tätlichkeiten. Da die Mutter gar nicht mehr mit ihm "klar komme", sei eine häusliche Betreuung undenkbar. Der Hilfeempfänger sei im KJH G. durch seine Betreuer inzwischen gut führbar. Aus ärztlicher Sicht sollte der Hilfeempfänger bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres weiterhin in dem Heim betreut werden. Wegen der nächtlichen Krampfanfälle sei es aber notwendig, die Nachtstunden durch eine Nachtwache abzusichern. Ein Wechsel in eine andere Einrichtung werde zum jetzigen Zeitpunkt eine Verschlechterung der Erkrankung und der Verhaltensproblematik bewirken. Auch die Förderung in der Förderschule für geistig behinderte Menschen müsse unbedingt fortgesetzt werden, um einen weiteren geistigen Abbau aufzuhalten. Es sei wahrscheinlich, dass der Hilfeempfänger bald Hilfe bei allen lebenspraktischen Dingen benötigen werde.
Dr. P. von der Universitätskinderklinik M. führte in ihrem Bericht an das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt vom 14. Mai 2009 aus, dass ihr der Hilfeempfänger persönlich seit Mai 2004 bekannt sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei er in der Häuslichkeit betreut worden. Aufgrund von familiären Belastungen nach dem Tod des Vaters im Dezember 2004 und psychischer Probleme der Mutter sowie der Schwere der Erkrankung sei damals eine schwere Krisensituation eingetreten. Deshalb werde der Hilfeempfänger seit Mitte 2005 im KJH G. betreut. Er sei in der Einrichtung sehr gut integriert, habe seine festen Bezugspersonen und im Interesse des Hilfeempfängers sei seine Weiterbetreuung in der bisherigen Form zu fordern. Ein Herausnehmen aus seiner gewohnten Umgebung und ein Trennen von wichtigen Bezugspersonen könne fatale Folgen haben, die sich in einer massiven Verschlechterung des Verhaltens äußern würden. Der Hilfeempfänger befinde sich momentan in der Pubertät, so dass sich eine Änderung des Bezugsumfeldes extrem negativ auswirken würde. Aus medizinischer Sicht sei daher die Gewährleistung einer fachkompetenten Dauerbeobachtung zu empfehlen.
Das KJH G. teilte unter dem 22. Juni 2009 mit, dass die durch die notwendige Nachtwache zusätzlich anfallenden Personalkosten durch die Einrichtung übergangsweise vorfinanziert worden seien, dies jedoch auf weitere Sicht nicht mehr zu leisten sei. Die erforderliche Nachtwache sei nur weiterhin zu gewährleisten, wenn durch den zuständigen Kostenträger die Gegenfinanzierung gesichert werde. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die Einrichtung gezwungen, den Hilfeempfänger am 14. Juli 2009 aus der Einrichtung zu entlassen, da die vom Landesjugendamt unter der Bedingung von stündlichen nächtlichen Kontrollen erteilte Erlaubnis der Unterbringung in der Wohngruppe bis maximal zum 15. Juli 2007 befristet worden und danach eine Unterbringung im Rahmen seiner - des KJH G. - Betriebserlaubnis nicht mehr gegeben sei.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2009 bewilligte der Landkreis B. der Mutter des Hilfeempfängers im Namen des Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, ausgehend vom Leitsyndrom der geistigen Behinderung, in Höhe von täglich 87,48 EUR für die Nachtkontrolle im KJH G. für den Zeitraum vom 15. Juli bis zum 14. August 2009. Das KJH G. wurde unter dem gleichen Datum über das Kostenanerkenntnis informiert.
Am 13. August 2009 wurde der Hilfeempfänger in der Einrichtung "Sozialtherapeutisches Wohnen für besonders Verhaltensauffällige mit geistigen Behinderungen" in U. aufgenommen. Der Landkreis B. bewilligte der Mutter des Hilfeempfängers im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. mit § 92 Abs. 1 SGB XII in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aufgrund des Leitsyndroms der geistigen Behinderungen in Höhe von monatlich 3.189,11 EUR in der o.g. Einrichtung für den Zeitraum vom 13. August 2009 bis zum 31. Juli 2010. Er erhob einen Kostenbeitrag vom Hilfeempfänger zur Deckung der Heimkosten in Höhe von monatlich 318,86 EUR (Halbwaisenrente und Kindergeld). Von der Mutter könne kein Betrag aufgrund häuslicher Ersparnis verlangt werden.
Unter dem 25. September 2009 übersandte das Jugendamt der Klägerin dem Landkreis B., adressiert an das "Sozialamt - Eingliederungshilfe" (Eingang dort am 30. September 2009) folgendes Schreiben:
Jugendhilfe für M. B., geb ... 1993
hier: Kostenrechnung für geleistete Jugendhilfe
Sehr geehrte Frau Z.,
hiermit bitten wir um Kostenerstattung aufgrund Ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für M. B., der im Sozialtherapeutischen Wohnen U. untergebracht ist.
Die Antragstellung durch die Kindesmutter, B. B., erfolgte am 18.02.2009.
Bis zur abschließenden Prüfung des Sachverhaltes gewährte das Jugendamt M. im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. Jugendhilfe, mit der Option der Kostenerstattung nach Wechsel der Hilfeform.
Das Kind/die (der) Jugendliche hat von uns folgende Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII erhalten:
(Tabelle kann nicht dargestellt werden)
Kostenbeiträge des Kindes/der (des) Jugendlichen/jungen Volljährige
Kostenbeiträge der Mutter (02/09=58,57// 03-07/09=820,00// 08/09=63,48)
942,05
Kostenbeiträge des Vaters
Kindergeld und ggf. Kindergeldzuschläge
Waisenrente des Kindes (02/09=53,32// 03-06/09=597,20// 07/09=154,86// 08/09=59,94)
865,32
Zu erstattende Jugendhilfekosten
30.089,69
Dem Schreiben beigefügt waren die Rechnungen das KJH G. für die Monate Februar bis August 2009; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 166 bis 172 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Unter dem 12. Oktober 2009 sandte das Sozialamt des Landkreises B. das Schreiben vom 25. September 2009 zurück mit dem Vermerk, das Jugendamt sei zuständig. Unter dem 22. Oktober 2009 (Eingang 26. Oktober 2009) nahm das Jugendamt Bezug auf die "Kostenerstattungsabrechnungen vom 25.09.2009 und Ihre Schreiben vom 12.10.2009". Die Kindesmutter habe am 18. Februar 2009 einen Antrag auf Übernahme der Betreuung im Sozialamt H. gestellt. Es werde um "Erstattung der Jugendhilfekosten" ab dem ... 2009 gebeten, weil eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten ab Antragstellung bestehe. Es liege kein ersichtlicher Grund vor, weshalb es nicht ab Antragstellung zur Übernahme der Zuständigkeit habe kommen können. Dem Anschreiben ist eine korrigierte Abrechnung unter Berücksichtigung der Einnahmen für Kindergeld und Halbwaisenrente bis einschließlich Oktober 2009 beigefügt.
Mit Schreiben vom 6. November 2009 teilte das Sozialamt des Landkreises B. dem Jugendamt der Klägerin mit, den Antrag auf Kostenerstattung nicht befriedigen zu können. Der grundsätzliche Bedarf des Hilfeempfängers sei durch das Jugendamt gedeckt worden. Das KJH G. sei nicht im Besitz einer Vereinbarung i.S.d. § 75 SGB XII mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. In diesem Einzelfall sei aufgrund des Anfallsleidens ein zusätzlicher Bedarf entstanden, der durch den überörtlichen Träger der Sozialhilfe gedeckt worden sei. Es sei für die durch das Landesjugendamt geforderten Nachtkontrollen für den Zeitraum vom 15. Juli 2009 bis zu Unterbringung in einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen eine Ausnahmegenehmigung durch den überörtlichen Sozialhilfeträger erteilt und ein Pflegesatz vereinbart worden. Das Landesjugendamt und das KJH G. seien hierüber in Kenntnis gesetzt worden und die zusätzlich angefallenen Kosten gegenüber der Einrichtung beglichen worden. Erst am 13. August 2009 habe der Hilfeempfänger in einer seiner Behinderung entsprechenden Einrichtung aufgenommen werden können, welche auch eine Pflegesatzvereinbarung i.S.d. § 75 SGB XII habe. Die Kostenübernahme sei ab diesem Zeitpunkt komplett durch den überörtlichen Sozialhilfeträger erfolgt.
Am 9. Februar 2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage "wegen Kostenerstattung von Jugendhilfeleistungen für M. B. (§§ 53, 54 SGB XII)" erhoben und die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung in Höhe von 29.101,67 EUR weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Mutter des Hilfeempfängers habe am 19. Februar 2009 bei dem Jugendamt der Klägerin einen Antrag auf Eingliederungshilfe für den Hilfeempfänger gestellt, der zuständigkeitshalber an das Sozialamt des Landkreises B. weitergeleitet worden sei. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 sei der Mutter des Hilfeempfängers Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII für den Zeitraum vom 13. August 2009 bis zum 31. Juli 2010 bewilligt worden. Mit Schreiben vom 25. September 2009 sei das Sozialamt des Landkreises B. erstmalig zur Kostenerstattung "nach § 104 SGB X" für Jugendhilfeleistungen an M. B. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 aufgefordert und mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 eine korrigierte Kostenerstattungsabrechnung übersandt worden. Daraufhin habe der Beklagte die Kostenerstattung mit der Begründung abgelehnt, dass für den Hilfeempfänger erst ab dem 13. August 2009 die Aufnahme in einer entsprechenden Einrichtung mit Pflegesatzvereinbarung stattgefunden habe. Bis zum 13. August 2009 habe sich der Hilfeempfänger im KJH G. befunden. Die Kosten der Unterbringung sowie anteiliges Taschengeld seien vom Jugendamt als unzuständigem Träger übernommen worden, so dass eine Betreuung bis zur Aufnahme in U. gewährleistet worden sei. Vom Beklagten werde nicht bestritten, dass die Eingliederungshilfe bereits seit Antragstellung ab dem 19. Februar 2009 erforderlich gewesen sei. Damit seien auch die Voraussetzungen der §§ 97 Abs. 2, 98 SGB XII in Verbindung mit dem Gesetz zur Ausführung des SGB XII ((AG SGB XII) vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8) gegeben, so dass der Beklagte als überörtlicher Träger für die gewährten Leistungen sachlich und örtlich zuständig sei. Der Kostenerstattungsanspruch sei mithin ab Antragstellung, d.h. ab dem 19. Februar 2009, begründet, unabhängig davon, ob der Beklagte objektiv oder subjektiv zur eigenständigen Hilfeleistung in der Lage gewesen sei oder nicht. Gerade aus diesem Grund gebe es das Konstrukt der Kostenerstattung zwischen öffentlichen Leistungsträgern. Unter der Voraussetzung, dass für den Hilfeempfänger ab dem 19. Februar 2009 Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII zu leisten gewesen sei, jedoch zunächst keine passende Einrichtung zur Verfügung gestanden habe, sei der Hilfeempfänger in einer Einrichtung für Jugendhilfe verblieben, bevor ihm gar keine Hilfe gewährt worden wäre.
Der Beklagte hat vorgetragen, bei dem Hilfeempfänger habe bereits im Zeitpunkt der Erstattungsforderung ab dem 19. Februar 2009 "unstreitig eine geistig wesentliche Behinderung" vorgelegen, so dass der Leistungsberechtigte "einen Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe ab diesem Zeitpunkt" gehabt habe. Gleichwohl bestehe ein Erstattungsanspruch der Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht. Denn maßgeblich sei für den Erstattungsanspruch, welche Leistung erbracht worden sei. In ihrer Erstattungsanmeldung vom 25. September 2009 habe die Klägerin ausgeführt, der Hilfeempfänger habe von ihr Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII erhalten, wofür sie die Kostenerstattung begehre. Die Hilfe zur Erziehung liege jedoch allein im Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Das SGB XII sehe eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht vor. Dementsprechend habe das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 24. März 2009 (B 8 SO 29/07 R) entschieden, dass im Verhältnis zwischen § 19 SGB VIII und einer denkbaren Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX eine Konkurrenz von Jugendhilfe und Sozialhilfe d.S.d. § 10 Abs. 2 SGB VIII nicht vorliege, so dass allein der Jugendhilfeträger zuständig sei. Hier konkurriere der § 34 SGB VIII (Heimerziehung) nicht mit dem § 54 SGB XII. Zudem entspreche die Erstattungsanmeldung nicht den Vorgaben des BSG, die im Urteil vom 30. Juni 2009 (B 1 KR 21/08 R, juris) aufgestellt worden seien. Hier habe die Klägerin nicht ausgeführt, auf welcher Rechtsgrundlage der Erstattungsanspruch bestehen solle und nicht hinreichend dargelegt, worauf der Erstattungsanspruch beruhe.
Mit Urteil vom 21. Juli 2015 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Die als Leistungsklage statthafte Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Zwar lägen die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vor. Denn dem Hilfeempfänger habe im streitigen Zeitraum vom 18. Februar 2009 bis zum 12. August 2009 im Hinblick auf die Unterbringung und Betreuung im KJH G. ein Anspruch auf Heimerziehung nach § 34 SGB VIII zugestanden. Zugleich seien während des streitigen Zeitraums die Voraussetzungen für einen sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfeanspruch gegen den Beklagten erfüllt gewesen. Denn der Hilfeempfänger habe zu dem nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII berechtigten Personenkreis gehört. Ausweislich der Feststellungen der Amtsärztin Dr. J. vom 15. April 2009 leide er an einer Intelligenzminderung und einer schweren Verhaltensstörung und somit an einer geistigen Behinderung. Letztlich habe auch der Beklagte mit Bescheid vom 9 Oktober 2009 das Leitsyndrom einer geistigen Behinderung festgestellt und Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt. Aufgrund des in § 10 Abs. 4 SGB VIII geregelten Vorrang-/Nachrangverhältnisses zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe setze der Vorrang der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII voraus, dass eine wesentliche körperliche oder geistige Behinderung vorliege, sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII gegeben sei und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich seien. Dem Hilfeanspruch gegen den Beklagten stehe nicht das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem KJH G. und dem Sozialhilfeträger entgegen. Es entspreche vielmehr der typischen Situation, in der nur ein nachrangig zuständiger Träger die unmittelbar notwendigen Leistungen zu Gunsten eines Hilfeempfängers erbringe und erst im Nachhinein eine Erstattung durch den vorrangig zuständigen Leistungsträger erreichen könne. Für einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X sei es ausreichend, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Leistungserbringung erfüllt gewesen seien; ob sie auch erbringungsrechtlich hätten erfolgen müssen, sei nicht entscheidend, weil nur regelmäßig so die beabsichtigte Herstellung des materiell-rechtlichen Nachranges gewährleistet sei (Hinweis auf Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2013 - L 20 SO 170/11 -, juris). Gleichwohl komme eine Erstattung der erbrachten Leistungen durch den Beklagten nicht in Betracht, da die mit Schreiben vom 25. September 2009 vorgenommene Erstattungsmeldung nicht hinreichend konkretisiert sei. Gemäß § 111 SGB X sei der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht habe. Diese Ausschlussfrist habe die Klägerin mit der Erstattungsanmeldung vom 25. September 2009, nachdem sie Leistungen bis zum 12. August 2009 erbracht habe, gewahrt. Zur Bestimmtheit und hinreichenden Konkretisierung der Erstattungsanmeldung habe das BSG hingegen ausgeführt, dass der Erstattungsberechtigte zumindest den Rechtssicherungswillen, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblichen Umstände und den Zeitraum verdeutlichen müsse, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien (Hinweis auf Urteil des BSG vom 30. Juni 2009, a.a.O.). Hierbei müsse der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruchs ohne Nachforschungen beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen sei. Dazu müssten die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich seien, und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien, hinreichend konkret mitgeteilt worden seien. Diesen Anforderungen werde das Schreiben der Klägerin vom 25. September 2009 nicht gerecht. Zwar werde der Wille der Klägerin, rechtssichernd tätig zu werden, hinreichend deutlich. Auch habe die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsbetrag, wenn auch der Höhe nach unzutreffend, beziffert und den Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien, aufgelistet. Allerdings fehlten die Rechtsgrundlage und die Darstellung der Umstände, auf die die Klägerin ihr Erstattungsbegehren stütze. In der mit "Kostenrechnung für geleistete Jugendhilfe" habe die Klägerin um Kostenerstattung für den Hilfeempfänger aufgrund der "sachlichen und örtlichen Zuständigkeit" gebeten, ohne die Norm des § 104 SGB X zu bezeichnen oder die Sachlage darzulegen, aus der sich die Zuständigkeit des Beklagten ergeben solle. Dem Schreiben sei nicht hinreichend konkret zu entnehmen gewesen, welche Umstände hierbei für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich gewesen seien. Insbesondere erscheine die Formulierung, das Jugendamt habe Jugendhilfe gewährt "mit der Option der Kostenerstattung nach Wechsel der Hilfeform", zur Darlegung der Grundlage für den Erstattungsanspruch nicht ausreichend, da für den Beklagten hierbei nicht erkennbar gewesen sei, worauf hier ein Erstattungsanspruch beruhen solle. Diesbezüglich habe es nach Auffassung der Kammer zumindest der Darstellung der Umstände bedurft, aus denen sich die Zuständigkeit des Beklagten ergebe, etwa durch kurze Bezeichnung des beim Hilfebedürftigen vorliegenden Krankheitsbildes oder der anderweitigen in Betracht kommenden und von dem Beklagten zu leistenden Hilfeform. Mangels hinreichender Konkretisierung der Erstattungsforderung sei ein Anspruch daher ausgeschlossen.
Gegen das ihr am 2. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Dezember 2015 beim Sozialgericht Magdeburg Berufung eingelegt, das diese an das LSG Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Der Beklagte habe aufgrund des Schreibens vom 25. September 2009 und der beigefügten Anlagen ohne weiteres beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen gewesen sei oder nicht. Insbesondere seien der Antrag der Mutter des Hilfeempfängers auf Eingliederungshilfe an den Beklagten sowie der Fall des Hilfeempfängers und die kostenerstattungserheblichen Umstände bekannt gewesen. Weiterer Nachforschungen des Beklagten habe es nicht bedurft, da bereits ein reger Kontakt in der Sache zwischen den Sachbearbeitern des Jugendamtes und des zuständigen Sozialamtes während der vorangegangenen sieben Monate bestanden habe. Es gehöre zum Tagesgeschäft der zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten, Kostenerstattungen an Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu prüfen; die Rechtsgrundlage der §§ 102 ff. SGB X und insbesondere des hier stets und allein einschlägigen § 104 SGB X seien den Sachbearbeitern bekannt. Für die Geltendmachung der Erstattung von Jugendhilfekosten in Fällen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53, 54 SGB XII gebe es nur diese Rechtsgrundlage, so dass die Anwendung selbstverständlich sei und daher in den meisten Fällen keine ausdrückliche Erwähnung mehr finde. Der für die Urteilsfindung herangezogenen Entscheidung des BSG aus dem Jahr 2009 habe ein gänzlich anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen. Dabei sei es um die Weiterleitung von Krankenkassenansprüchen durch den Wechsel von einer zur anderen Krankenkasse des Leistungsempfängers gegangen. Die "neue" Krankenkasse habe zuvor keinerlei Kenntnisse, weder vom Leistungsempfänger noch von den geleisteten Hilfen, gehabt. In dem vom BSG zu entscheidenden Fall habe daher die "neue" Krankenkasse als zur Kostenerstattung angegangener Leistungsträger tatsächlich nicht ohne weitere Nachforschungen das Erstattungsbegehren prüfen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Juli 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die durch die stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers M. B. im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten in Höhe von 29.101,67 EUR zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin räume selbst ein, die einschlägige Rechtsgrundlage für die Forderung nicht genannt zu haben. Wenn es so einfach gewesen wäre, die zutreffende Rechtsgrundlage anzugeben, dann hätte der Sachbearbeiter dies ohne weiteres in seinem Schriftsatz tun können. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es jedoch darauf an, dass zumindest die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblichen Umstände einschließlich der zu Grunde liegenden Diagnose genannt würden. Diese Anforderungen seien durch die Behörde selbst zu erfüllen. Diese könne nicht dazu auf einen Antrag eines Hilfesuchenden verweisen, denn die Behörde selbst habe die Umstände zu schildern. Darüber hinaus habe die Mutter des Hilfeempfängers mit ihrem Antrag vom 19. Februar 2009 darum gebeten zu prüfen, ob die Kosten für eine Nachtwache übernommen werden könnten. Anderenfalls habe über die Verlegung in eine andere Einrichtung nachgedacht werden müssen. Mit bestandskräftigen Bescheid vom 31. Juli 2009 seien diese beantragten Hilfen für eine Nachtkontrolle für die Zeit vom 15. Juli bis zum 14. August 2009 bewilligt worden. Eine weitere Kostenübernahme kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beteiligten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der ihr durch die stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten in Höhe von 29.101,67 EUR.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der von der Klägerin statthaft im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) verfolgte Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 29.101,67 EUR für Leistungen, die sie - die Klägerin - zu Gunsten des Hilfeempfängers im Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 erbracht hat.
Eine Beiladung des Hilfeempfängers gemäß § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG (echte notwendige Beiladung) ist beim vorliegenden Erstattungsstreit nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - B 8 SO 12/16 R -, juris RdNr. 12 m.w.N.). Auch eine Beiladung des KJH G. kam nicht in Betracht, weil diese im Erstattungsstreit (nach bereits erfolgter Bezahlung) nicht betroffen ist.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ergibt sich zunächst weder aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (i.d.F. des Gesetzes vom 23. April 2004, BGBl I 606; - dazu unter a. - noch aus § 102 SGB X (i.d.F. des Gesetzes vom 21. Dezember 2000, BGBl I 1983; - dazu unter b. -. Auch die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 105 Abs. 1 SGB X - dazu unter c. - sind nicht erfüllt. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 104 SGB X i.V.m § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Betracht - dazu unter d. -.
a.
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Diese Vorschrift regelt einen Erstattungsanspruch, wenn nach Bewilligung von Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist. Dies setzt jedoch eine Bewilligung der Leistung nach § 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX durch einen zweitangegangenen Rehabilitationsträger voraus, an den der Antrag von dem sich selbst für unzuständig haltenden erstangegangenen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Hier hat die Klägerin den "Antrag auf Eingliederungshilfe" des Hilfeempfängers vom 19. Februar 2009 unter Bezugnahme auf "§ 14 SGB IX" weitergeleitet und darauf hingewiesen, dass ihre Zuständigkeit nicht mehr gegeben sei sowie um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten. Damit hat sie selbst nicht über den o.g. Antrag des Hilfeempfängers entschieden. Die Klägerin hat vielmehr die Leistungen, auf die sich ihr Kostenerstattungsanspruch bezieht, d.h. die Kosten der Unterbringung im KJH G. sowie das dem Hilfeempfänger geleistete Taschengeld, auf der Grundlage des dem Hilfeempfänger erteilten Bescheides vom 12. August 2005 erbracht.
b.
Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X sind insoweit ebenfalls nicht erfüllt. Hat ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger gemäß § 102 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig. Eine vorläufige Leistungsgewährung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Leistungsträger zwar zunächst zur Leistung verpflichtet ist, jedoch Unklarheit über die Zuständigkeit für die endgültige Leistungserbringung oder ein negativer Kompetenzkonflikt besteht. Dabei muss der Wille des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers, im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar sein. Hier bestand der Wille der Klägerin, nur vorläufig die den Erstattungsanspruch betreffenden Leistungen der Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. zu erbringen, (zunächst) nicht. Weder hat die Klägerin dem Hilfeempfänger gegenüber geltend gemacht, dass sie an dem Bewilligungsbescheid vom 12. August 2005 nicht mehr festhalten und wegen einer - nach ihrer Auffassung nunmehr - im Vordergrund stehenden wesentlichen geistigen Behinderungen nur noch bis zur endgültigen Zuständigkeitsklärung Hilfe zur Erziehung leisten möchte noch hat sie gegenüber dem KJH G. geltend gemacht, nur noch vorläufig bis zur Klärung der Zuständigkeiten die in Rechnung gestellten Leistungen zu zahlen.
Auch dem Beklagten gegenüber hat sie - bis zur Übersendung des Schreibens vom 25. September 2009 - nicht deutlich gemacht, dass sie mit der Weiterleitung des Antrages des Hilfeempfängers auf Eingliederungshilfe die vollumfängliche Zuständigkeit des Beklagten für die mit der Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. entstehenden Kosten geltend machen wollte. Etwas anderes war für die Vertreter des von dem Beklagten nach § 4 Abs. 1 AG SGB XII herangezogenen Landkreises im Vorfeld der Weiterleitung des Antrages des Hilfeempfängers vom 19. Februar 2009 auch nicht erkennbar geworden. Denn Anlass für diesen Antrag war zunächst ausschließlich die Kostenübernahme für die aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Hilfeempfängers notwendig gewordenen Nachtwachen. Insoweit war in der am 16. Februar 2009 durchgeführten Hilfeplankonkretisierung in Bezug auf den Verbleib des Hilfeempfängers im KJH G. ausschließlich die Kostenübernahme für die Nachtwache über das Sozialamt als eine mögliche Lösung angesprochen worden. Die andere Alternative war Unterbringung durch das Sozialamt in einer anderen Einrichtung und insoweit die Stellung des Antrags auf Eingliederungshilfe durch den Hilfeempfänger. Dementsprechend ist die beantragte Hilfe im Formantrag vom 19. März 2009 mit "zusätzlicher Betreuung aufgrund von Krankheit" und noch deutlicher im nachgebesserten Formantrag vom 6. April 2009 auf die "Finanzierung einer Nachtwache zum Verbleib im KJH G." eingegrenzt worden. Deshalb hat der Landkreis im Namen des Beklagten dann mit Bescheid vom 31. Juli 2009 dem Hilfeempfänger Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (nur) für die Nachtkontrollen im KJH G. bewilligt. Weder im Innen- noch im Außenverhältnis hat die Klägerin vor dem 30. September 2009 deutlich gemacht, dass sie vom Sozialamt die Übernahme sämtlicher ihr im Zusammenhang mit der Betreuung des Hilfeempfängers entstehenden Kosten verlangen würde.
c.
Gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne das - wie hier - die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat. Diese Norm greift ein, wenn der Leistungsträger in Unkenntnis seiner Unzuständigkeit geleistet hat. Hier war die Klägerin für die von ihr erbrachte Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII im KJH G. auch für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht unzuständig. Denn sie hat als örtlich und sachlich zuständiger Leistungsträger Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII erbracht. Ihre örtliche Zuständigkeit ergibt sich nach dem Umzug der Mutter des Hilfeempfängers im August 2007 aus § 86 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, ihre sachliche Zuständigkeit aus § 85 Abs. 1 SGB VIII.
d.
Der Anspruch ergibt sich indes aus § 104 SGB X i.V.m § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Im Fall einer Erbringung von Leistungen als erstangegangener Rehabilitationsträger begründet § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX (ggfs. i.V.m. § 14 Abs. 3 SGB IX) für das Erstattungsverhältnis zwischen den Trägern eine nachrangige Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers, wenn er nach den Zuständigkeitsregelungen außerhalb von § 14 SGB IX unzuständig, ein anderer Träger aber zuständig gewesen wäre. § 14 SGB IX ist auch im Verhältnis nachrangiger Leistungspflichten anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017, a.a.O., RdNr. 18 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier - nur - ausgehend von dem Antrag des Hilfeempfängers vom 4. August 2005 auf Gewährung von Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII vor. Die Klägerin ist insoweit erstangegangene Rehabilitationsträgerin i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, weil eine (rechtzeitige) Weiterleitung des Falls der von Amts wegen gegenüber dem Hilfeempfänger auch zu erbringende Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) durch sie nicht erfolgt ist. Für die Anwendung des § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX genügt es, dass die Klägerin als Trägerin der Jugendhilfe (§ 69 Abs. 1 SGB VIII) nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX eine Rehabilitationsträgerin ist und Rehabilitationsleistungen erbracht hat. Auch ein Fall des § 103 SGB X liegt nicht vor.
Hier hatte die Mutter des Hilfeempfängers am 4. August 2005 bei dem Jugendamt der Klägerin die Gewährung von Jugendhilfe mit der Begründung gefordert, ihr Kind sei gewalttätig, aggressiv, jähzornig und nicht mehr kontrollierbar. Er beiße, kratze, trete sie und andere Passanten auf der Straße und habe in der Öffentlichkeit keinerlei Kontrolle über sich. Ausweislich des Entwicklungsberichts zum 20. Februar 2008 des KJH G. über die seit dem 12. August 2005 durchgeführte Betreuung in der heilpädagogischen Intensivgruppe I unter Maßgabe eines individuellen Erziehungs- und Förderplanes habe der Hilfeempfänger den strukturierten Tages- und Lebensrhythmus der Gruppe mit den dazugehörigen Aufgaben und Anforderungen akzeptiert und sich an dessen Einhaltung gewöhnt. Probleme bereite allerdings weiterhin sein distanz- und hemmungsloses Verhalten u.a. gegenüber Jugendlichen der Einrichtung, aus welchen nicht selten verbale Aggressionen und Bespucken resultierten. Ein geplanter Besuch von M. Mutter sei als Konsequenz auf einen tätlichen Übergriff auf eine Erzieherin ausgefallen. Er habe keinerlei Risikoempfinden, suche stets Kontakt zu fremden Personen und zeige keine Ängste in unbekannter Umgebung. Es falle ihm weiterhin schwer, sich allein zu beschäftigen. Freude finde er nur im Fußballspiel oder anderer sportlicher Betätigung, fordere aber auch dort eine direkte Betreuung, deren Anspruch er sich aufgrund seiner Behinderung bewusst sei. Die Anfallsbereitschaft des Jungen sei unterschiedlich und unvorhersehbar. Hieraus ergibt sich, dass bereits bei der Antragstellung im August 2005 die wesentliche geistige Behinderung mitursächlich für die Aufnahme im KJH G. gewesen und dort neben der Erziehungshilfe auch Eingliederungshilfe geleistet worden ist. Diese Eingliederungshilfe ist - ausgehend vom Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2014 - B 8 SO 7/13 R -, juris RdNr. 29 m.w.N.) - auf der Grundlage des auch als Rehabilitationsantrag auszulegenden Antrags vom 4. August 2005 vom Jugendamt der Klägerin mitgeleistet worden.
Für die erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe war die Klägerin gegenüber dem Beklagten nur nachrangig verpflichtet. Denn - wie dargelegt - war der Hilfeempfänger seit langem neben seiner seelischen Behinderung auch geistig behindert. Dies ergibt sich bereits aus den im Tatbestand im Einzelnen dargelegten medizinischen Entlassungsberichten und dem Umstand, dass er bereits seit dem Jahr 2000 stationär betreut werden musste.
Zumindest für den hier streitigen Zeitraum bestand im Hinblick auf die Heimunterbringung des Hilfeempfängers sowohl eine Leistungspflicht der Klägerin als Trägerin der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII als auch ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII gegen den Beklagten als dem insoweit zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Dabei ging die auf Eingliederungshilfe gerichtete Leistungsverpflichtung des Beklagten der Verpflichtung zur Leistung von Jugendhilfe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII vor.
Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die Hilfe zur Erzie-hung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf des Kindes; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden, (§ 27 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VIII). Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern.
Hier war die Erziehung des Hilfeempfängers bereits seit dem Jahr 2000 nicht mehr in einer seinem Wohl entsprechenden Weise im häuslichen Umfeld gewährleistet. Die seit Dezember 2004 verwitwete allein erziehende Mutter war schon seit längerem nicht mehr in der Lage, den Alltag mit dem Hilfeempfänger zu bewältigen und ihn im Hinblick auf seine schweren Verhaltensauffälligkeiten zu betreuen. Der Hilfeempfänger hatte vor der Inobhutnahme durch das Jugendamt bereits mehrere Krankenhausaufenthalte und die stationäre Unterbringung im St. J. Haus in H. durchlaufen.
Der Hilfeempfänger hatte im entscheidungserheblichen Zeitraum auch einen Anspruch auf Unterbringung nach den Vorschriften der Eingliederungshilfe. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Einglie-derungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Dabei zählen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe auch vollstationäre Unterbringungen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 6/11 -, juris RdNr. 10).
Im vorliegenden Fall gehörte der Hilfeempfänger zum Kreis der grundsätzlich leistungsberechtigten Personen im Sinne des § 53 SGB XII, weil er aufgrund seiner mittelgradigen Intelligenzminderung (mit Tendenz zur schweren Intelligenzminderung aufgrund eines deutlichen geistigen Abbaus), einer therapieresistenten Epilepsie sowie einer ausgeprägten Störung des Sozialverhaltens mit Aggressionen und Tätlichkeiten wesentlich in seiner Fähigkeit, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, beeinträchtigt und im Vergleich zu anderen Kindern seiner Altersgruppe im weitaus stärkeren Maße auf fremde Hilfe angewiesen ist. Auch bestand die Aussicht, dass die in § 53 Abs. 3 SGB XII umschriebene Aufgabe der Eingliederungshilfe erreicht werden konnte. Insbesondere konnte die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erleichtert werden. Dementsprechend bestand grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und nicht nur ein Ermessensanspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hier bedurfte der Hilfeempfänger einer umfassenden Betreuung und Anleitung in allen Lebensbereichen, d.h. in Bezug auf seine Selbstversorgung und den Kontakt zu anderen Menschen.
In diesem Falle ergibt sich für Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII (in den hier maßgeblichen Fassungen vom 14. Dezember 2006, BGBl I 3134 und vom 24. März 2011, BGBl I 453) unabhängig davon, welche Behinderung im Vordergrund steht (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017, a.a.O., RdNr. 20 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2011, a.a.O., RdNr. 18 ff.), eine vorrangige Leistungsverpflichtung des nach §§ 97 f. SGB XII sachlich und örtlich (eigentlich) zuständigen Sozialhilfeträgers. Für den Vorrang der Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII genügt dabei bereits jede Überschneidung der Leistungsbereiche; es ist dafür nicht (weiter gehend) erforderlich, dass der Schwerpunkt des Hilfebedarfs bzw. des Hilfezwecks im Bereich einer der den Eingliederungsbedarf auslösenden Behinderungen liegt oder eine von ihnen für die konkrete Maßnahme ursächlich ist. Für die Beurteilung der Leistungsidentität ist zudem ohne Bedeutung, wem der jeweilige Anspruch nach der Systematik des SGB VIII und des SGB XII zusteht; entscheidend ist nur, dass die Bedarfe derselben Person - vorliegend des Hilfeempfängers - gedeckt werden.
(Jedenfalls) im hier streitigen Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 war der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII. Dies ergibt sich für die sachliche Zuständigkeit aus § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 AG SGB XII. Der Beklagte ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auch örtlich zuständig. Danach ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Hier hatte der Leistungsempfänger vor der Aufnahme in das KJH G. im St. J. Haus in H. und davor seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Wohnort seiner Mutter in O. und damit zu jedem Zeitpunkt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Dem Erstattungsanspruch steht die Ausschlussfrist nach § 111 Satz 1 SGB X nicht entgegen. Hier hat die Klägerin nach Auffassung des Senats ihren Erstattungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht. Die Voraussetzungen des § 111 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Danach ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.
Die Klägerin gewährte hier ab dem 12. August 2005 ohne eine Begrenzung auf einen Bewilligungszeitraum oder eine sonstige zeitliche Begrenzung (§ 34 SGB VIII) und damit im Wege eines Dauerverwaltungsaktes die Leistungen für die vollstationäre Heimunterbringung im KJH G ... Die Klägerin konnte damit für jeden Monat individuell auf der Grundlage der maßgeblichen Vergütungssätze mit der Einrichtung und ausgehend vom jeweils maßgeblichen Barbetrag den Erstattungsanspruch konkret zum Abschluss des jeweiligen Monats berechnen und geltend machen. Die Ausschlussfrist nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGB X begann daher jeweils mit dem Ende des Monats, für den die jeweiligen monatlichen Leistungen erbracht worden sind.
Hier hat die Klägerin mit dem Schreiben vom 25. September 2009 am 30. September 2009 die Kostenerstattung "für geleistete Jugendhilfe" unter Bezugnahme auf die Antragstellung durch die Mutter des Hilfeempfängers am 18. Februar 2009 (es hätte 19. Februar 2009 heißen müssen) geltend gemacht. Denn der Erstattungsanspruch wurde dem nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 AG SGB XII herangezogenen örtlichen Sozialhilfeträger mitgeteilt.
§ 111 SGB X regelt nicht näher, in welcher Form der Erstattungsanspruch geltend gemacht werden muss; darum genügt auch eine konkludente Geltendmachung (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. März 1993 - 5 C 6/91 -, juris RdNr. 11). An das Geltendmachen im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X dürfen keine überzogenen formalen oder inhaltlichen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich bei den am Erstattungsverfahren Beteiligten um Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Behörden handelt, deren Vertreter Kenntnis von den jeweils in Betracht kommenden Leistungen besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 5 C 14/09 -, juris). Die Anforderungen, die an das wirksame Geltendmachen eines Erstattungsanspruches zu stellen sind, bestimmen sich nach dem Zweck des § 111 SGB X, nämlich möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (vgl. BT-Drucks 9/95, S. 26 zu § 117 des Entwurfs eines SGB X). Das "Geltendmachen" im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X erfordert somit eine erkennbar auf Rechtssicherung gerichtete Mitteilung, dass und für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen gewährt werden bzw. wurden und dass und für welche Leistungen Erstattung begehrt wird. Die Mitteilung muss die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, und den Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret angeben (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) B.-B., Urteil vom 26. November 2014 - OVG 9 B 59.11 -, juris RdNr. 35). Zudem muss der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruches ohne weitere Nachforschungen beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., juris RdNr. 24).
Hier konnte sich das Sozialamt aufgrund der Weiterleitung des Antrags des Hilfeempfängers auf "Gewährung von Eingliederungshilfe" und dem in dem dazu verfassten Anschreiben vom 24. Februar 2009, wonach "die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht mehr gegeben" sei, da es sich "hier um eine gesundheitliche Problematik" handele, und "es werde um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten", erkennen, dass die Kostenerstattung nunmehr die bereits angekündigte geforderte weitere Bearbeitung betraf. Trotz der rechtlich unzutreffenden und missverständlichen Wortwahl bestand an der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs an sich kein Zweifel. Es sind sowohl der Hilfeempfänger, der inzwischen abgelaufene Zeitraum sowie die Höhe der geltend gemachten Kosten genannt. Auch ist ausdrücklich eine "Kostenerstattung" geltend gemacht worden. Nicht erforderlich ist die Benennung der rechtlich zutreffenden Vorschrift, auf die der Erstattungsanspruch gestützt wird. Denn das Geltendmachen dient der Grundlage der weiteren Prüfung. Eine fehlerfreie Anspruchsprüfung ist damit nicht gefordert. Zudem hat die Klägerin spätestens mit der Klageerhebung beim Sozialgericht Magdeburg am 9. Februar 2010 - und damit innerhalb der am 12. August 2010 endenden Zwölf-Monatsfrist - ihren Kostenerstattungsanspruch auf von ihr erbrachte "Eingliederungshilfe" gem. "§§ 53, 54 SGB XII" bezogen.
Der Umfang der Erstattungspflicht richtet sich gemäß § 104 Abs. 3 SGB X nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, also den §§ 53 ff. SGB XII. Danach ist allerdings nicht entscheidend, dass mit dem KJH G. keine Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII geschlossen wurden (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2014, a.a.O., juris RdNr. 32).
Der Erstattungsanspruch besteht jedenfalls in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe. Die Heimkosten betragen - entsprechend der Auflistung im Schreiben vom 25. September 2009 - insgesamt für den Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 31.680,25 EUR. Die Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Leistungsempfängers und dessen Eltern durch die Klägerin hatte ergeben, dass der Leistungsempfänger über einzusetzendes Einkommen in Form der Waisenrente und des Kindergeldes verfügte, der Vater im Dezember 2004 gestorben war und die Mutter nicht zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden konnte. Abzüglich der daraufhin von der Klägerin eingezogenen Kindergeldbeträge und der Waisenrente für diesen Zeitraum in Höhe von 942,05 EUR bzw. 865,32 EUR ergibt sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 29.872,88 EUR, der den in der mündlichen Verhandlung beim Senat geltend gemachten Beitrag übersteigt. Die von dem Beklagten für den Zeitraum der stationären Unterbringung ab dem 13. August 2009 vorgenommene Festsetzung des Kostenbeitrags gemäß § 92 Abs. 1 SGB XII ist in gleicher Höhe erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Der Beklagte trägt die Kosten in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin (als Trägerin der Jugendhilfe) von dem Beklagten als überörtlichem Träger der Sozialhilfe die Erstattung der ihr durch die stationäre Unterbringung des M. B. (im Weiteren: Hilfeempfänger) im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. (im Weiteren: KJH G.) im Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten beanspruchen kann.
Bei dem am ... 1993 geborenen Hilfeempfänger wurde ausweislich des Arztbriefes des Kinderzentrums M. - Sozialpädiatrisches Zentrum - vom 26. August 1999 anlässlich einer Vorstellung dort aufgrund der Rückstellung der Einschulung eine leichtgradige Intelligenzminderung festgestellt. Es habe sich das Bild eines freundlichen, distanzgeminderten, motorisch unruhigen und risikobereiten Jungen ergeben. Aus diesem Grunde sei er massiv von einer Behinderung bedroht und bedürfe bis zur Einschulung in die Schule einer umfassenden sonder- und heilpädagogischen Förderung, die nach Möglichkeit in einem integrativen Kindergarten erfolgen solle. Schwerpunktmäßig sollten eine Schulung der Wahrnehmungsfähigkeit sowie eine logopädische und fachpsychotherapeutische Betreuung durchgeführt werden. In dem Entlassungsbericht des Krankenhauses M. gGmbH-Epilepsie-Zentrum B. vom 9. Dezember 2002 wird über die stationäre Behandlung des Hilfeempfängers vom 28. Juni bis zum 22. Oktober 2002 berichtet. Der Hilfeempfänger sei ein kontaktfreudiger geistig behinderter Junge, der in allen lebenspraktischen Fähigkeiten selbstständig gewesen sei. Erhebliche Schwierigkeiten hätten im Kontakt mit Mitpatienten bestanden. Eine Integration in den Stationsalltag sei zeitweise kaum möglich gewesen, da der Hilfeempfänger seine aggressiven Impulse wenig unter Kontrolle gehabt habe. Unter entsprechender medikamentöser Behandlung habe sich das Verhalten wesentlich gebessert. Der Hilfeempfänger habe eine geistige Behinderung und eine Verhaltensstörung mit destruktivem und oppositionellem Verhalten. Verhaltenstherapeutische Strategien mit stringenter Führung, klaren Rückmeldungen über sein Verhalten und unterstützende Psychopharmakotherapie hätten sich sehr bewährt. Das familiäre Umfeld sei sehr von Überforderung und chronischen Krankheiten geprägt; insbesondere die schwere Herzerkrankung des Vaters erfordere viel Rücksichtnahme. Die derzeitige Unterbringung in einem heilpädagogischen Internat werde für einen sehr geeigneten Förderort für den Hilfeempfänger gehalten. Zum Umgang mit seinem impulsiven Verhalten werde eine weitere heilpädagogische, psychotherapeutische und kinderpsychiatrische Behandlung für notwendig erachtet. Ein Kopfschutzhelm mit Kinnschutz sollte ständig getragen werden. Als Diagnosen wurden eine kryptogene Epilepsie mit tonischen Anfällen sowie eine geistige Behinderung mit deutlichen Verhaltensauffälligkeiten und eine Adipositas genannt. Aus der vom 9. Oktober 2006 bis zum 12. Januar 2007 im Fachkrankenhaus U. durchgeführten stationären Behandlung wurde er mit den Diagnosen einer mittelgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung, die Beobachtung und Behandlung erfordere, sowie einer Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen und einer Epilepsie sowie dem Verdacht auf ein Lennox-Gastaut-Syndrom entlassen. Im Entlassungsbericht vom 13. März 2007 ist ausgeführt, dass die stationäre Aufnahme wegen massiver Verhaltensauffälligkeiten erfolgt sei, die der Hilfeempfänger sowohl im Heim bzw. in der Schule als auch zu Hause gezeigt habe. Er agiere anderen gegenüber handgreiflich, zerstöre das Mobiliar und reagiere bei Besuchen zu Hause nicht selten seiner Mutter gegenüber so aggressiv, dass er vorzeitig von den Heimerziehern abgeholt werden müsse. Zudem habe sich sein Anfallsleiden erheblich verschlechtert und die Anfallshäufigkeit auf bis zu zwölf Anfälle täglich gesteigert. Während des stationären Aufenthaltes sei insbesondere die antiepileptische Therapie angepasst und eine Verringerung der Anfallshäufigkeit erreicht worden. Zudem sei es im Laufe der Therapie gelungen, die unerwünschten Verhaltensweisen abzubauen. Der Hilfeempfänger sei etwas gruppenfähiger und anstrengungsbereiter geworden und seine fremdaggressiven Verhaltensweisen hätten deutlich abgenommen. Während der Einzeltherapie habe er jedoch eine interessengebundene und nur oberflächliche Veränderungsmotivation gezeigt.
Bei dem Hilfeempfänger sind seit dem 2. August 2005 ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G", "aG", "B"" H" und "RF" festgestellt. Der Hilfeempfänger lebte von seiner Geburt bis zum 21. August 2000 bei seinen Eltern in O., sodann vom 22. August 2000 bis zum 8. Juli 2005 im St. J. Haus in H. und - nach dem Tod des Vaters im Dezember 2004 - vom 9. Juli bis zum 25. August 2005 bei seiner sorgeberechtigten Mutter in O ... Vom 26. August 2000 bis zum 14. Juli 2005 besuchte er die Förderschule für geistig behinderte Menschen in H ...
Auf den von der Mutter des Hilfeempfängers am 4. August 2005 gestellten Antrag auf Gewährung von Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII) bewilligte das Jugendamt des damaligen Landkreises B. ihr mit Bescheid vom 12. August 2005 Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII im KJH G ... Der Hilfeempfänger wurde daraufhin seit dem 12. August 2005 in der heilpädagogischen Intensiv-Gruppe I des KJH G. unter Maßgabe eines individuellen Erziehungs- und Förderplanes betreut und im Ergebnis der Teamberatung jeweils festgehalten, dass die Hilfe zur Erziehung fortgeführt werde.
Die Mutter des Hilfeempfängers zog am 17. August 2007 nach M. um. Das Jugendamt der Klägerin übernahm daraufhin die Fallbearbeitung. Mit Bescheid vom 29. Februar 2008 stellte das Jugendamt der Klägerin gegenüber der Mutter des Hilfeempfängers fest, die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse habe ergeben, dass ein Kostenbeitrag nur in Höhe des Kindergeldes gefordert werden könne und das Kindergeld direkt von der Familienkasse an sie gezahlt werde; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 173 bis 186 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Zwischen dem Landkreis H., in dessen Zuständigkeitsbereich das KJH G. liegt, und dem KJH G. wurde unter dem 9./17. Dezember 2008 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 eine Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarung für stationäre Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung und Hilfe für junge Volljährige nach den Maßgaben des SGB VIII abgeschlossen. Danach sind u.a. für 24 Plätze Intensivbetreuung 181,03 EUR pro Kalendertag und Person vereinbart.
Das KJH G. wandte sich unter dem 30. Januar 2009 an das Jugendamt der Klägerin und teilte mit dem am 3. Februar 2009 eingegangenen Schreiben mit, dass sich die Gesamtfähigkeitslage des Hilfeempfängers trotz ständiger ambulanter Behandlung in der Uniklinik M. deutlich verschlechtert habe. In den letzten Monaten hätten sich Häufigkeit, Dauer und Intensität der Anfälle stark erhöht. Auch die Zunahme nächtlicher Anfälle sei zu beobachten. Eine ständige Beobachtung aufgrund der in der Einrichtung üblichen Nachtbereitschaft durch den diensthabenden Erzieher sei nicht realisierbar. In den vergangenen zwei Wochen habe zweimal der Notarzt gerufen werden müssen, da der Hilfeempfänger aus seinen Anfällen nicht wieder ins Bewusstsein zurückgekehrt sei. Die Pädagogen der Gruppe verfügten über kein fundiertes medizinische Wissen bzw. keine adäquate medizinische Eingriffsmöglichkeit in diesen Anfallssituationen. Es werde um einen schnellstmöglichen Termin gebeten, damit das weitere Vorgehen beraten werden könne, da unter den genannten Umständen eine weitere Betreuung des Hilfeempfängers nicht möglich sei.
Bei einer daraufhin am 16. Februar 2009 durchgeführten Hilfeplankonkretisierung, an der u.a. die Mutter des Hilfeempfängers sowie jeweils ein Vertreter des Jugend- und des Sozialamtes der Klägerin teilnahmen, wurden zwei Möglichkeiten des weiteren Vorgehens besprochen: Zum einen wurde erwogen, den Hilfeempfänger im KJH G. zu belassen und die Kostenübernahme für die Nachtwache über das Sozialamt oder die Krankenkasse zu klären. Zum anderen wurde die Stellung eines Antrags auf Eingliederungshilfe durch die Mutter des Hilfeempfängers und die Unterbringung durch das Sozialamt in einer anderen Einrichtung in Betracht gezogen.
Am 19. Februar 2009 stellte die Mutter des Hilfeempfängers beim Jugendamt der Klägerin einen "Antrag auf Eingliederungshilfe" für den Hilfebedürftigen. Dessen Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten so verschlechtert, dass das KJH G. sich aus medizinischen Gründen nicht mehr der Lage sehe, seine Betreuung abzusichern. Bei der Besprechung dieser Problematik sei vereinbart worden, dass sie für ihren Sohn Eingliederungshilfe beantragen werde, damit dieser im KJH G. verbleiben könne. Es müsse geprüft werden, ob zu seiner gesundheitlichen Absicherung die Kosten für eine Nachtwache übernommen werden könnten.
Das Jugendamt der Klägerin leitete den Antrag vom 19. Februar 2009 an das Sozialamt des Landkreises B. weiter, wo er am 2. März 2009 einging. In dem betreffenden Anschreiben des Jugendamtes vom 24. Februar 2009 ist ausgeführt, der Antrag der sorgeberechtigten Mutter werde auf der Grundlage des § 14 Neuntes Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) übersandt. Da es sich "hier um eine gesundheitliche Problematik" handele, sei die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht mehr gegeben; es werde um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten.
Am 19. März 2009 stellte die Mutter des Hilfeempfängers bei dem Sozialamt des Landreises B. den Formantrag auf Gewährung von Sozialhilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, und zwar in Form von "zusätzlicher Betreuung aufgrund von Krankheit". Sie selbst sei arbeitslos, erhalte Witwenrente in Höhe von 405,00 EUR sowie "Wohngeld" in Höhe von 390,00 EUR (gemeint sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung zur Arbeitsuchende - SGB II). Der Hilfeempfänger beziehe Halbwaisenrente. Das Kindergeld sei an das Jugendamt übergeleitet. Pflegegeld erhalte sie nicht. Dem Antrag beigefügt sind die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2008 für die Witwen- und Waisenrente (Zahlbetrag 404,80 EUR bzw. 149,13 EUR) sowie der Bewilligungsbescheid vom 13. Februar 2009 über die vom 1. März bis zum 31. Juli 2009 zustehenden Leistungen nach dem SGB II (Zahlbetrag in Höhe von 412,61 EUR).
Das Sozialamt des Landkreises B. veranlasste die Begutachtung des Hilfeempfängers durch das Gesundheitsamt des Landkreises H ... Dr. J. kam unter dem 16. April 2009 nach einer ambulanten Untersuchung des Hilfeempfängers zu dem Ergebnis, dass bei diesem Behinderungen in geistiger und körperlicher Hinsicht sowie der Sinne vorlägen und das Leitsyndrom die geistige Behinderung sei. Es bestünden eine mittelgradige Intelligenzminderung mit Tendenz zur schweren Intelligenzminderung aufgrund eines deutlichen geistigen Abbaus im letzten Jahr, eine therapieresistente Epilepsie sowie eine ausgeprägte Störung des Sozialverhaltens mit Aggressionen und Tätlichkeiten. Da die Mutter gar nicht mehr mit ihm "klar komme", sei eine häusliche Betreuung undenkbar. Der Hilfeempfänger sei im KJH G. durch seine Betreuer inzwischen gut führbar. Aus ärztlicher Sicht sollte der Hilfeempfänger bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres weiterhin in dem Heim betreut werden. Wegen der nächtlichen Krampfanfälle sei es aber notwendig, die Nachtstunden durch eine Nachtwache abzusichern. Ein Wechsel in eine andere Einrichtung werde zum jetzigen Zeitpunkt eine Verschlechterung der Erkrankung und der Verhaltensproblematik bewirken. Auch die Förderung in der Förderschule für geistig behinderte Menschen müsse unbedingt fortgesetzt werden, um einen weiteren geistigen Abbau aufzuhalten. Es sei wahrscheinlich, dass der Hilfeempfänger bald Hilfe bei allen lebenspraktischen Dingen benötigen werde.
Dr. P. von der Universitätskinderklinik M. führte in ihrem Bericht an das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt vom 14. Mai 2009 aus, dass ihr der Hilfeempfänger persönlich seit Mai 2004 bekannt sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei er in der Häuslichkeit betreut worden. Aufgrund von familiären Belastungen nach dem Tod des Vaters im Dezember 2004 und psychischer Probleme der Mutter sowie der Schwere der Erkrankung sei damals eine schwere Krisensituation eingetreten. Deshalb werde der Hilfeempfänger seit Mitte 2005 im KJH G. betreut. Er sei in der Einrichtung sehr gut integriert, habe seine festen Bezugspersonen und im Interesse des Hilfeempfängers sei seine Weiterbetreuung in der bisherigen Form zu fordern. Ein Herausnehmen aus seiner gewohnten Umgebung und ein Trennen von wichtigen Bezugspersonen könne fatale Folgen haben, die sich in einer massiven Verschlechterung des Verhaltens äußern würden. Der Hilfeempfänger befinde sich momentan in der Pubertät, so dass sich eine Änderung des Bezugsumfeldes extrem negativ auswirken würde. Aus medizinischer Sicht sei daher die Gewährleistung einer fachkompetenten Dauerbeobachtung zu empfehlen.
Das KJH G. teilte unter dem 22. Juni 2009 mit, dass die durch die notwendige Nachtwache zusätzlich anfallenden Personalkosten durch die Einrichtung übergangsweise vorfinanziert worden seien, dies jedoch auf weitere Sicht nicht mehr zu leisten sei. Die erforderliche Nachtwache sei nur weiterhin zu gewährleisten, wenn durch den zuständigen Kostenträger die Gegenfinanzierung gesichert werde. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die Einrichtung gezwungen, den Hilfeempfänger am 14. Juli 2009 aus der Einrichtung zu entlassen, da die vom Landesjugendamt unter der Bedingung von stündlichen nächtlichen Kontrollen erteilte Erlaubnis der Unterbringung in der Wohngruppe bis maximal zum 15. Juli 2007 befristet worden und danach eine Unterbringung im Rahmen seiner - des KJH G. - Betriebserlaubnis nicht mehr gegeben sei.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2009 bewilligte der Landkreis B. der Mutter des Hilfeempfängers im Namen des Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, ausgehend vom Leitsyndrom der geistigen Behinderung, in Höhe von täglich 87,48 EUR für die Nachtkontrolle im KJH G. für den Zeitraum vom 15. Juli bis zum 14. August 2009. Das KJH G. wurde unter dem gleichen Datum über das Kostenanerkenntnis informiert.
Am 13. August 2009 wurde der Hilfeempfänger in der Einrichtung "Sozialtherapeutisches Wohnen für besonders Verhaltensauffällige mit geistigen Behinderungen" in U. aufgenommen. Der Landkreis B. bewilligte der Mutter des Hilfeempfängers im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. mit § 92 Abs. 1 SGB XII in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aufgrund des Leitsyndroms der geistigen Behinderungen in Höhe von monatlich 3.189,11 EUR in der o.g. Einrichtung für den Zeitraum vom 13. August 2009 bis zum 31. Juli 2010. Er erhob einen Kostenbeitrag vom Hilfeempfänger zur Deckung der Heimkosten in Höhe von monatlich 318,86 EUR (Halbwaisenrente und Kindergeld). Von der Mutter könne kein Betrag aufgrund häuslicher Ersparnis verlangt werden.
Unter dem 25. September 2009 übersandte das Jugendamt der Klägerin dem Landkreis B., adressiert an das "Sozialamt - Eingliederungshilfe" (Eingang dort am 30. September 2009) folgendes Schreiben:
Jugendhilfe für M. B., geb ... 1993
hier: Kostenrechnung für geleistete Jugendhilfe
Sehr geehrte Frau Z.,
hiermit bitten wir um Kostenerstattung aufgrund Ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für M. B., der im Sozialtherapeutischen Wohnen U. untergebracht ist.
Die Antragstellung durch die Kindesmutter, B. B., erfolgte am 18.02.2009.
Bis zur abschließenden Prüfung des Sachverhaltes gewährte das Jugendamt M. im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. Jugendhilfe, mit der Option der Kostenerstattung nach Wechsel der Hilfeform.
Das Kind/die (der) Jugendliche hat von uns folgende Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII erhalten:
(Tabelle kann nicht dargestellt werden)
Kostenbeiträge des Kindes/der (des) Jugendlichen/jungen Volljährige
Kostenbeiträge der Mutter (02/09=58,57// 03-07/09=820,00// 08/09=63,48)
942,05
Kostenbeiträge des Vaters
Kindergeld und ggf. Kindergeldzuschläge
Waisenrente des Kindes (02/09=53,32// 03-06/09=597,20// 07/09=154,86// 08/09=59,94)
865,32
Zu erstattende Jugendhilfekosten
30.089,69
Dem Schreiben beigefügt waren die Rechnungen das KJH G. für die Monate Februar bis August 2009; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 166 bis 172 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Unter dem 12. Oktober 2009 sandte das Sozialamt des Landkreises B. das Schreiben vom 25. September 2009 zurück mit dem Vermerk, das Jugendamt sei zuständig. Unter dem 22. Oktober 2009 (Eingang 26. Oktober 2009) nahm das Jugendamt Bezug auf die "Kostenerstattungsabrechnungen vom 25.09.2009 und Ihre Schreiben vom 12.10.2009". Die Kindesmutter habe am 18. Februar 2009 einen Antrag auf Übernahme der Betreuung im Sozialamt H. gestellt. Es werde um "Erstattung der Jugendhilfekosten" ab dem ... 2009 gebeten, weil eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten ab Antragstellung bestehe. Es liege kein ersichtlicher Grund vor, weshalb es nicht ab Antragstellung zur Übernahme der Zuständigkeit habe kommen können. Dem Anschreiben ist eine korrigierte Abrechnung unter Berücksichtigung der Einnahmen für Kindergeld und Halbwaisenrente bis einschließlich Oktober 2009 beigefügt.
Mit Schreiben vom 6. November 2009 teilte das Sozialamt des Landkreises B. dem Jugendamt der Klägerin mit, den Antrag auf Kostenerstattung nicht befriedigen zu können. Der grundsätzliche Bedarf des Hilfeempfängers sei durch das Jugendamt gedeckt worden. Das KJH G. sei nicht im Besitz einer Vereinbarung i.S.d. § 75 SGB XII mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. In diesem Einzelfall sei aufgrund des Anfallsleidens ein zusätzlicher Bedarf entstanden, der durch den überörtlichen Träger der Sozialhilfe gedeckt worden sei. Es sei für die durch das Landesjugendamt geforderten Nachtkontrollen für den Zeitraum vom 15. Juli 2009 bis zu Unterbringung in einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen eine Ausnahmegenehmigung durch den überörtlichen Sozialhilfeträger erteilt und ein Pflegesatz vereinbart worden. Das Landesjugendamt und das KJH G. seien hierüber in Kenntnis gesetzt worden und die zusätzlich angefallenen Kosten gegenüber der Einrichtung beglichen worden. Erst am 13. August 2009 habe der Hilfeempfänger in einer seiner Behinderung entsprechenden Einrichtung aufgenommen werden können, welche auch eine Pflegesatzvereinbarung i.S.d. § 75 SGB XII habe. Die Kostenübernahme sei ab diesem Zeitpunkt komplett durch den überörtlichen Sozialhilfeträger erfolgt.
Am 9. Februar 2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage "wegen Kostenerstattung von Jugendhilfeleistungen für M. B. (§§ 53, 54 SGB XII)" erhoben und die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung in Höhe von 29.101,67 EUR weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Mutter des Hilfeempfängers habe am 19. Februar 2009 bei dem Jugendamt der Klägerin einen Antrag auf Eingliederungshilfe für den Hilfeempfänger gestellt, der zuständigkeitshalber an das Sozialamt des Landkreises B. weitergeleitet worden sei. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 sei der Mutter des Hilfeempfängers Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII für den Zeitraum vom 13. August 2009 bis zum 31. Juli 2010 bewilligt worden. Mit Schreiben vom 25. September 2009 sei das Sozialamt des Landkreises B. erstmalig zur Kostenerstattung "nach § 104 SGB X" für Jugendhilfeleistungen an M. B. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 aufgefordert und mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 eine korrigierte Kostenerstattungsabrechnung übersandt worden. Daraufhin habe der Beklagte die Kostenerstattung mit der Begründung abgelehnt, dass für den Hilfeempfänger erst ab dem 13. August 2009 die Aufnahme in einer entsprechenden Einrichtung mit Pflegesatzvereinbarung stattgefunden habe. Bis zum 13. August 2009 habe sich der Hilfeempfänger im KJH G. befunden. Die Kosten der Unterbringung sowie anteiliges Taschengeld seien vom Jugendamt als unzuständigem Träger übernommen worden, so dass eine Betreuung bis zur Aufnahme in U. gewährleistet worden sei. Vom Beklagten werde nicht bestritten, dass die Eingliederungshilfe bereits seit Antragstellung ab dem 19. Februar 2009 erforderlich gewesen sei. Damit seien auch die Voraussetzungen der §§ 97 Abs. 2, 98 SGB XII in Verbindung mit dem Gesetz zur Ausführung des SGB XII ((AG SGB XII) vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8) gegeben, so dass der Beklagte als überörtlicher Träger für die gewährten Leistungen sachlich und örtlich zuständig sei. Der Kostenerstattungsanspruch sei mithin ab Antragstellung, d.h. ab dem 19. Februar 2009, begründet, unabhängig davon, ob der Beklagte objektiv oder subjektiv zur eigenständigen Hilfeleistung in der Lage gewesen sei oder nicht. Gerade aus diesem Grund gebe es das Konstrukt der Kostenerstattung zwischen öffentlichen Leistungsträgern. Unter der Voraussetzung, dass für den Hilfeempfänger ab dem 19. Februar 2009 Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 SGB XII zu leisten gewesen sei, jedoch zunächst keine passende Einrichtung zur Verfügung gestanden habe, sei der Hilfeempfänger in einer Einrichtung für Jugendhilfe verblieben, bevor ihm gar keine Hilfe gewährt worden wäre.
Der Beklagte hat vorgetragen, bei dem Hilfeempfänger habe bereits im Zeitpunkt der Erstattungsforderung ab dem 19. Februar 2009 "unstreitig eine geistig wesentliche Behinderung" vorgelegen, so dass der Leistungsberechtigte "einen Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe ab diesem Zeitpunkt" gehabt habe. Gleichwohl bestehe ein Erstattungsanspruch der Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht. Denn maßgeblich sei für den Erstattungsanspruch, welche Leistung erbracht worden sei. In ihrer Erstattungsanmeldung vom 25. September 2009 habe die Klägerin ausgeführt, der Hilfeempfänger habe von ihr Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII erhalten, wofür sie die Kostenerstattung begehre. Die Hilfe zur Erziehung liege jedoch allein im Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Das SGB XII sehe eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht vor. Dementsprechend habe das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 24. März 2009 (B 8 SO 29/07 R) entschieden, dass im Verhältnis zwischen § 19 SGB VIII und einer denkbaren Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX eine Konkurrenz von Jugendhilfe und Sozialhilfe d.S.d. § 10 Abs. 2 SGB VIII nicht vorliege, so dass allein der Jugendhilfeträger zuständig sei. Hier konkurriere der § 34 SGB VIII (Heimerziehung) nicht mit dem § 54 SGB XII. Zudem entspreche die Erstattungsanmeldung nicht den Vorgaben des BSG, die im Urteil vom 30. Juni 2009 (B 1 KR 21/08 R, juris) aufgestellt worden seien. Hier habe die Klägerin nicht ausgeführt, auf welcher Rechtsgrundlage der Erstattungsanspruch bestehen solle und nicht hinreichend dargelegt, worauf der Erstattungsanspruch beruhe.
Mit Urteil vom 21. Juli 2015 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Die als Leistungsklage statthafte Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Zwar lägen die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vor. Denn dem Hilfeempfänger habe im streitigen Zeitraum vom 18. Februar 2009 bis zum 12. August 2009 im Hinblick auf die Unterbringung und Betreuung im KJH G. ein Anspruch auf Heimerziehung nach § 34 SGB VIII zugestanden. Zugleich seien während des streitigen Zeitraums die Voraussetzungen für einen sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfeanspruch gegen den Beklagten erfüllt gewesen. Denn der Hilfeempfänger habe zu dem nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII berechtigten Personenkreis gehört. Ausweislich der Feststellungen der Amtsärztin Dr. J. vom 15. April 2009 leide er an einer Intelligenzminderung und einer schweren Verhaltensstörung und somit an einer geistigen Behinderung. Letztlich habe auch der Beklagte mit Bescheid vom 9 Oktober 2009 das Leitsyndrom einer geistigen Behinderung festgestellt und Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt. Aufgrund des in § 10 Abs. 4 SGB VIII geregelten Vorrang-/Nachrangverhältnisses zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe setze der Vorrang der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII voraus, dass eine wesentliche körperliche oder geistige Behinderung vorliege, sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII gegeben sei und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich seien. Dem Hilfeanspruch gegen den Beklagten stehe nicht das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem KJH G. und dem Sozialhilfeträger entgegen. Es entspreche vielmehr der typischen Situation, in der nur ein nachrangig zuständiger Träger die unmittelbar notwendigen Leistungen zu Gunsten eines Hilfeempfängers erbringe und erst im Nachhinein eine Erstattung durch den vorrangig zuständigen Leistungsträger erreichen könne. Für einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X sei es ausreichend, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Leistungserbringung erfüllt gewesen seien; ob sie auch erbringungsrechtlich hätten erfolgen müssen, sei nicht entscheidend, weil nur regelmäßig so die beabsichtigte Herstellung des materiell-rechtlichen Nachranges gewährleistet sei (Hinweis auf Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2013 - L 20 SO 170/11 -, juris). Gleichwohl komme eine Erstattung der erbrachten Leistungen durch den Beklagten nicht in Betracht, da die mit Schreiben vom 25. September 2009 vorgenommene Erstattungsmeldung nicht hinreichend konkretisiert sei. Gemäß § 111 SGB X sei der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht habe. Diese Ausschlussfrist habe die Klägerin mit der Erstattungsanmeldung vom 25. September 2009, nachdem sie Leistungen bis zum 12. August 2009 erbracht habe, gewahrt. Zur Bestimmtheit und hinreichenden Konkretisierung der Erstattungsanmeldung habe das BSG hingegen ausgeführt, dass der Erstattungsberechtigte zumindest den Rechtssicherungswillen, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblichen Umstände und den Zeitraum verdeutlichen müsse, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien (Hinweis auf Urteil des BSG vom 30. Juni 2009, a.a.O.). Hierbei müsse der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruchs ohne Nachforschungen beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen sei. Dazu müssten die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich seien, und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien, hinreichend konkret mitgeteilt worden seien. Diesen Anforderungen werde das Schreiben der Klägerin vom 25. September 2009 nicht gerecht. Zwar werde der Wille der Klägerin, rechtssichernd tätig zu werden, hinreichend deutlich. Auch habe die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsbetrag, wenn auch der Höhe nach unzutreffend, beziffert und den Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden seien, aufgelistet. Allerdings fehlten die Rechtsgrundlage und die Darstellung der Umstände, auf die die Klägerin ihr Erstattungsbegehren stütze. In der mit "Kostenrechnung für geleistete Jugendhilfe" habe die Klägerin um Kostenerstattung für den Hilfeempfänger aufgrund der "sachlichen und örtlichen Zuständigkeit" gebeten, ohne die Norm des § 104 SGB X zu bezeichnen oder die Sachlage darzulegen, aus der sich die Zuständigkeit des Beklagten ergeben solle. Dem Schreiben sei nicht hinreichend konkret zu entnehmen gewesen, welche Umstände hierbei für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich gewesen seien. Insbesondere erscheine die Formulierung, das Jugendamt habe Jugendhilfe gewährt "mit der Option der Kostenerstattung nach Wechsel der Hilfeform", zur Darlegung der Grundlage für den Erstattungsanspruch nicht ausreichend, da für den Beklagten hierbei nicht erkennbar gewesen sei, worauf hier ein Erstattungsanspruch beruhen solle. Diesbezüglich habe es nach Auffassung der Kammer zumindest der Darstellung der Umstände bedurft, aus denen sich die Zuständigkeit des Beklagten ergebe, etwa durch kurze Bezeichnung des beim Hilfebedürftigen vorliegenden Krankheitsbildes oder der anderweitigen in Betracht kommenden und von dem Beklagten zu leistenden Hilfeform. Mangels hinreichender Konkretisierung der Erstattungsforderung sei ein Anspruch daher ausgeschlossen.
Gegen das ihr am 2. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Dezember 2015 beim Sozialgericht Magdeburg Berufung eingelegt, das diese an das LSG Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Der Beklagte habe aufgrund des Schreibens vom 25. September 2009 und der beigefügten Anlagen ohne weiteres beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen gewesen sei oder nicht. Insbesondere seien der Antrag der Mutter des Hilfeempfängers auf Eingliederungshilfe an den Beklagten sowie der Fall des Hilfeempfängers und die kostenerstattungserheblichen Umstände bekannt gewesen. Weiterer Nachforschungen des Beklagten habe es nicht bedurft, da bereits ein reger Kontakt in der Sache zwischen den Sachbearbeitern des Jugendamtes und des zuständigen Sozialamtes während der vorangegangenen sieben Monate bestanden habe. Es gehöre zum Tagesgeschäft der zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten, Kostenerstattungen an Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu prüfen; die Rechtsgrundlage der §§ 102 ff. SGB X und insbesondere des hier stets und allein einschlägigen § 104 SGB X seien den Sachbearbeitern bekannt. Für die Geltendmachung der Erstattung von Jugendhilfekosten in Fällen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53, 54 SGB XII gebe es nur diese Rechtsgrundlage, so dass die Anwendung selbstverständlich sei und daher in den meisten Fällen keine ausdrückliche Erwähnung mehr finde. Der für die Urteilsfindung herangezogenen Entscheidung des BSG aus dem Jahr 2009 habe ein gänzlich anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen. Dabei sei es um die Weiterleitung von Krankenkassenansprüchen durch den Wechsel von einer zur anderen Krankenkasse des Leistungsempfängers gegangen. Die "neue" Krankenkasse habe zuvor keinerlei Kenntnisse, weder vom Leistungsempfänger noch von den geleisteten Hilfen, gehabt. In dem vom BSG zu entscheidenden Fall habe daher die "neue" Krankenkasse als zur Kostenerstattung angegangener Leistungsträger tatsächlich nicht ohne weitere Nachforschungen das Erstattungsbegehren prüfen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Juli 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die durch die stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers M. B. im Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. G. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten in Höhe von 29.101,67 EUR zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin räume selbst ein, die einschlägige Rechtsgrundlage für die Forderung nicht genannt zu haben. Wenn es so einfach gewesen wäre, die zutreffende Rechtsgrundlage anzugeben, dann hätte der Sachbearbeiter dies ohne weiteres in seinem Schriftsatz tun können. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es jedoch darauf an, dass zumindest die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblichen Umstände einschließlich der zu Grunde liegenden Diagnose genannt würden. Diese Anforderungen seien durch die Behörde selbst zu erfüllen. Diese könne nicht dazu auf einen Antrag eines Hilfesuchenden verweisen, denn die Behörde selbst habe die Umstände zu schildern. Darüber hinaus habe die Mutter des Hilfeempfängers mit ihrem Antrag vom 19. Februar 2009 darum gebeten zu prüfen, ob die Kosten für eine Nachtwache übernommen werden könnten. Anderenfalls habe über die Verlegung in eine andere Einrichtung nachgedacht werden müssen. Mit bestandskräftigen Bescheid vom 31. Juli 2009 seien diese beantragten Hilfen für eine Nachtkontrolle für die Zeit vom 15. Juli bis zum 14. August 2009 bewilligt worden. Eine weitere Kostenübernahme kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beteiligten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der ihr durch die stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 entstandenen Kosten in Höhe von 29.101,67 EUR.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der von der Klägerin statthaft im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) verfolgte Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 29.101,67 EUR für Leistungen, die sie - die Klägerin - zu Gunsten des Hilfeempfängers im Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 erbracht hat.
Eine Beiladung des Hilfeempfängers gemäß § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG (echte notwendige Beiladung) ist beim vorliegenden Erstattungsstreit nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - B 8 SO 12/16 R -, juris RdNr. 12 m.w.N.). Auch eine Beiladung des KJH G. kam nicht in Betracht, weil diese im Erstattungsstreit (nach bereits erfolgter Bezahlung) nicht betroffen ist.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ergibt sich zunächst weder aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (i.d.F. des Gesetzes vom 23. April 2004, BGBl I 606; - dazu unter a. - noch aus § 102 SGB X (i.d.F. des Gesetzes vom 21. Dezember 2000, BGBl I 1983; - dazu unter b. -. Auch die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 105 Abs. 1 SGB X - dazu unter c. - sind nicht erfüllt. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 104 SGB X i.V.m § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Betracht - dazu unter d. -.
a.
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Diese Vorschrift regelt einen Erstattungsanspruch, wenn nach Bewilligung von Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist. Dies setzt jedoch eine Bewilligung der Leistung nach § 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX durch einen zweitangegangenen Rehabilitationsträger voraus, an den der Antrag von dem sich selbst für unzuständig haltenden erstangegangenen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Hier hat die Klägerin den "Antrag auf Eingliederungshilfe" des Hilfeempfängers vom 19. Februar 2009 unter Bezugnahme auf "§ 14 SGB IX" weitergeleitet und darauf hingewiesen, dass ihre Zuständigkeit nicht mehr gegeben sei sowie um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten. Damit hat sie selbst nicht über den o.g. Antrag des Hilfeempfängers entschieden. Die Klägerin hat vielmehr die Leistungen, auf die sich ihr Kostenerstattungsanspruch bezieht, d.h. die Kosten der Unterbringung im KJH G. sowie das dem Hilfeempfänger geleistete Taschengeld, auf der Grundlage des dem Hilfeempfänger erteilten Bescheides vom 12. August 2005 erbracht.
b.
Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X sind insoweit ebenfalls nicht erfüllt. Hat ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger gemäß § 102 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig. Eine vorläufige Leistungsgewährung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Leistungsträger zwar zunächst zur Leistung verpflichtet ist, jedoch Unklarheit über die Zuständigkeit für die endgültige Leistungserbringung oder ein negativer Kompetenzkonflikt besteht. Dabei muss der Wille des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers, im Hinblick auf die ungeklärte Zuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar sein. Hier bestand der Wille der Klägerin, nur vorläufig die den Erstattungsanspruch betreffenden Leistungen der Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. zu erbringen, (zunächst) nicht. Weder hat die Klägerin dem Hilfeempfänger gegenüber geltend gemacht, dass sie an dem Bewilligungsbescheid vom 12. August 2005 nicht mehr festhalten und wegen einer - nach ihrer Auffassung nunmehr - im Vordergrund stehenden wesentlichen geistigen Behinderungen nur noch bis zur endgültigen Zuständigkeitsklärung Hilfe zur Erziehung leisten möchte noch hat sie gegenüber dem KJH G. geltend gemacht, nur noch vorläufig bis zur Klärung der Zuständigkeiten die in Rechnung gestellten Leistungen zu zahlen.
Auch dem Beklagten gegenüber hat sie - bis zur Übersendung des Schreibens vom 25. September 2009 - nicht deutlich gemacht, dass sie mit der Weiterleitung des Antrages des Hilfeempfängers auf Eingliederungshilfe die vollumfängliche Zuständigkeit des Beklagten für die mit der Unterbringung des Hilfeempfängers im KJH G. entstehenden Kosten geltend machen wollte. Etwas anderes war für die Vertreter des von dem Beklagten nach § 4 Abs. 1 AG SGB XII herangezogenen Landkreises im Vorfeld der Weiterleitung des Antrages des Hilfeempfängers vom 19. Februar 2009 auch nicht erkennbar geworden. Denn Anlass für diesen Antrag war zunächst ausschließlich die Kostenübernahme für die aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Hilfeempfängers notwendig gewordenen Nachtwachen. Insoweit war in der am 16. Februar 2009 durchgeführten Hilfeplankonkretisierung in Bezug auf den Verbleib des Hilfeempfängers im KJH G. ausschließlich die Kostenübernahme für die Nachtwache über das Sozialamt als eine mögliche Lösung angesprochen worden. Die andere Alternative war Unterbringung durch das Sozialamt in einer anderen Einrichtung und insoweit die Stellung des Antrags auf Eingliederungshilfe durch den Hilfeempfänger. Dementsprechend ist die beantragte Hilfe im Formantrag vom 19. März 2009 mit "zusätzlicher Betreuung aufgrund von Krankheit" und noch deutlicher im nachgebesserten Formantrag vom 6. April 2009 auf die "Finanzierung einer Nachtwache zum Verbleib im KJH G." eingegrenzt worden. Deshalb hat der Landkreis im Namen des Beklagten dann mit Bescheid vom 31. Juli 2009 dem Hilfeempfänger Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (nur) für die Nachtkontrollen im KJH G. bewilligt. Weder im Innen- noch im Außenverhältnis hat die Klägerin vor dem 30. September 2009 deutlich gemacht, dass sie vom Sozialamt die Übernahme sämtlicher ihr im Zusammenhang mit der Betreuung des Hilfeempfängers entstehenden Kosten verlangen würde.
c.
Gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne das - wie hier - die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat. Diese Norm greift ein, wenn der Leistungsträger in Unkenntnis seiner Unzuständigkeit geleistet hat. Hier war die Klägerin für die von ihr erbrachte Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII im KJH G. auch für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht unzuständig. Denn sie hat als örtlich und sachlich zuständiger Leistungsträger Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII erbracht. Ihre örtliche Zuständigkeit ergibt sich nach dem Umzug der Mutter des Hilfeempfängers im August 2007 aus § 86 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, ihre sachliche Zuständigkeit aus § 85 Abs. 1 SGB VIII.
d.
Der Anspruch ergibt sich indes aus § 104 SGB X i.V.m § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Im Fall einer Erbringung von Leistungen als erstangegangener Rehabilitationsträger begründet § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX (ggfs. i.V.m. § 14 Abs. 3 SGB IX) für das Erstattungsverhältnis zwischen den Trägern eine nachrangige Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers, wenn er nach den Zuständigkeitsregelungen außerhalb von § 14 SGB IX unzuständig, ein anderer Träger aber zuständig gewesen wäre. § 14 SGB IX ist auch im Verhältnis nachrangiger Leistungspflichten anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017, a.a.O., RdNr. 18 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier - nur - ausgehend von dem Antrag des Hilfeempfängers vom 4. August 2005 auf Gewährung von Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII vor. Die Klägerin ist insoweit erstangegangene Rehabilitationsträgerin i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, weil eine (rechtzeitige) Weiterleitung des Falls der von Amts wegen gegenüber dem Hilfeempfänger auch zu erbringende Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) durch sie nicht erfolgt ist. Für die Anwendung des § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX genügt es, dass die Klägerin als Trägerin der Jugendhilfe (§ 69 Abs. 1 SGB VIII) nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX eine Rehabilitationsträgerin ist und Rehabilitationsleistungen erbracht hat. Auch ein Fall des § 103 SGB X liegt nicht vor.
Hier hatte die Mutter des Hilfeempfängers am 4. August 2005 bei dem Jugendamt der Klägerin die Gewährung von Jugendhilfe mit der Begründung gefordert, ihr Kind sei gewalttätig, aggressiv, jähzornig und nicht mehr kontrollierbar. Er beiße, kratze, trete sie und andere Passanten auf der Straße und habe in der Öffentlichkeit keinerlei Kontrolle über sich. Ausweislich des Entwicklungsberichts zum 20. Februar 2008 des KJH G. über die seit dem 12. August 2005 durchgeführte Betreuung in der heilpädagogischen Intensivgruppe I unter Maßgabe eines individuellen Erziehungs- und Förderplanes habe der Hilfeempfänger den strukturierten Tages- und Lebensrhythmus der Gruppe mit den dazugehörigen Aufgaben und Anforderungen akzeptiert und sich an dessen Einhaltung gewöhnt. Probleme bereite allerdings weiterhin sein distanz- und hemmungsloses Verhalten u.a. gegenüber Jugendlichen der Einrichtung, aus welchen nicht selten verbale Aggressionen und Bespucken resultierten. Ein geplanter Besuch von M. Mutter sei als Konsequenz auf einen tätlichen Übergriff auf eine Erzieherin ausgefallen. Er habe keinerlei Risikoempfinden, suche stets Kontakt zu fremden Personen und zeige keine Ängste in unbekannter Umgebung. Es falle ihm weiterhin schwer, sich allein zu beschäftigen. Freude finde er nur im Fußballspiel oder anderer sportlicher Betätigung, fordere aber auch dort eine direkte Betreuung, deren Anspruch er sich aufgrund seiner Behinderung bewusst sei. Die Anfallsbereitschaft des Jungen sei unterschiedlich und unvorhersehbar. Hieraus ergibt sich, dass bereits bei der Antragstellung im August 2005 die wesentliche geistige Behinderung mitursächlich für die Aufnahme im KJH G. gewesen und dort neben der Erziehungshilfe auch Eingliederungshilfe geleistet worden ist. Diese Eingliederungshilfe ist - ausgehend vom Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2014 - B 8 SO 7/13 R -, juris RdNr. 29 m.w.N.) - auf der Grundlage des auch als Rehabilitationsantrag auszulegenden Antrags vom 4. August 2005 vom Jugendamt der Klägerin mitgeleistet worden.
Für die erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe war die Klägerin gegenüber dem Beklagten nur nachrangig verpflichtet. Denn - wie dargelegt - war der Hilfeempfänger seit langem neben seiner seelischen Behinderung auch geistig behindert. Dies ergibt sich bereits aus den im Tatbestand im Einzelnen dargelegten medizinischen Entlassungsberichten und dem Umstand, dass er bereits seit dem Jahr 2000 stationär betreut werden musste.
Zumindest für den hier streitigen Zeitraum bestand im Hinblick auf die Heimunterbringung des Hilfeempfängers sowohl eine Leistungspflicht der Klägerin als Trägerin der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII als auch ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII gegen den Beklagten als dem insoweit zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Dabei ging die auf Eingliederungshilfe gerichtete Leistungsverpflichtung des Beklagten der Verpflichtung zur Leistung von Jugendhilfe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII vor.
Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die Hilfe zur Erzie-hung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf des Kindes; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden, (§ 27 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VIII). Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern.
Hier war die Erziehung des Hilfeempfängers bereits seit dem Jahr 2000 nicht mehr in einer seinem Wohl entsprechenden Weise im häuslichen Umfeld gewährleistet. Die seit Dezember 2004 verwitwete allein erziehende Mutter war schon seit längerem nicht mehr in der Lage, den Alltag mit dem Hilfeempfänger zu bewältigen und ihn im Hinblick auf seine schweren Verhaltensauffälligkeiten zu betreuen. Der Hilfeempfänger hatte vor der Inobhutnahme durch das Jugendamt bereits mehrere Krankenhausaufenthalte und die stationäre Unterbringung im St. J. Haus in H. durchlaufen.
Der Hilfeempfänger hatte im entscheidungserheblichen Zeitraum auch einen Anspruch auf Unterbringung nach den Vorschriften der Eingliederungshilfe. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Einglie-derungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Dabei zählen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe auch vollstationäre Unterbringungen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 6/11 -, juris RdNr. 10).
Im vorliegenden Fall gehörte der Hilfeempfänger zum Kreis der grundsätzlich leistungsberechtigten Personen im Sinne des § 53 SGB XII, weil er aufgrund seiner mittelgradigen Intelligenzminderung (mit Tendenz zur schweren Intelligenzminderung aufgrund eines deutlichen geistigen Abbaus), einer therapieresistenten Epilepsie sowie einer ausgeprägten Störung des Sozialverhaltens mit Aggressionen und Tätlichkeiten wesentlich in seiner Fähigkeit, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, beeinträchtigt und im Vergleich zu anderen Kindern seiner Altersgruppe im weitaus stärkeren Maße auf fremde Hilfe angewiesen ist. Auch bestand die Aussicht, dass die in § 53 Abs. 3 SGB XII umschriebene Aufgabe der Eingliederungshilfe erreicht werden konnte. Insbesondere konnte die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erleichtert werden. Dementsprechend bestand grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und nicht nur ein Ermessensanspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Hier bedurfte der Hilfeempfänger einer umfassenden Betreuung und Anleitung in allen Lebensbereichen, d.h. in Bezug auf seine Selbstversorgung und den Kontakt zu anderen Menschen.
In diesem Falle ergibt sich für Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII (in den hier maßgeblichen Fassungen vom 14. Dezember 2006, BGBl I 3134 und vom 24. März 2011, BGBl I 453) unabhängig davon, welche Behinderung im Vordergrund steht (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017, a.a.O., RdNr. 20 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2011, a.a.O., RdNr. 18 ff.), eine vorrangige Leistungsverpflichtung des nach §§ 97 f. SGB XII sachlich und örtlich (eigentlich) zuständigen Sozialhilfeträgers. Für den Vorrang der Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII genügt dabei bereits jede Überschneidung der Leistungsbereiche; es ist dafür nicht (weiter gehend) erforderlich, dass der Schwerpunkt des Hilfebedarfs bzw. des Hilfezwecks im Bereich einer der den Eingliederungsbedarf auslösenden Behinderungen liegt oder eine von ihnen für die konkrete Maßnahme ursächlich ist. Für die Beurteilung der Leistungsidentität ist zudem ohne Bedeutung, wem der jeweilige Anspruch nach der Systematik des SGB VIII und des SGB XII zusteht; entscheidend ist nur, dass die Bedarfe derselben Person - vorliegend des Hilfeempfängers - gedeckt werden.
(Jedenfalls) im hier streitigen Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 war der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII. Dies ergibt sich für die sachliche Zuständigkeit aus § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 AG SGB XII. Der Beklagte ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auch örtlich zuständig. Danach ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Hier hatte der Leistungsempfänger vor der Aufnahme in das KJH G. im St. J. Haus in H. und davor seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Wohnort seiner Mutter in O. und damit zu jedem Zeitpunkt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Dem Erstattungsanspruch steht die Ausschlussfrist nach § 111 Satz 1 SGB X nicht entgegen. Hier hat die Klägerin nach Auffassung des Senats ihren Erstattungsanspruch rechtzeitig geltend gemacht. Die Voraussetzungen des § 111 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Danach ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.
Die Klägerin gewährte hier ab dem 12. August 2005 ohne eine Begrenzung auf einen Bewilligungszeitraum oder eine sonstige zeitliche Begrenzung (§ 34 SGB VIII) und damit im Wege eines Dauerverwaltungsaktes die Leistungen für die vollstationäre Heimunterbringung im KJH G ... Die Klägerin konnte damit für jeden Monat individuell auf der Grundlage der maßgeblichen Vergütungssätze mit der Einrichtung und ausgehend vom jeweils maßgeblichen Barbetrag den Erstattungsanspruch konkret zum Abschluss des jeweiligen Monats berechnen und geltend machen. Die Ausschlussfrist nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGB X begann daher jeweils mit dem Ende des Monats, für den die jeweiligen monatlichen Leistungen erbracht worden sind.
Hier hat die Klägerin mit dem Schreiben vom 25. September 2009 am 30. September 2009 die Kostenerstattung "für geleistete Jugendhilfe" unter Bezugnahme auf die Antragstellung durch die Mutter des Hilfeempfängers am 18. Februar 2009 (es hätte 19. Februar 2009 heißen müssen) geltend gemacht. Denn der Erstattungsanspruch wurde dem nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 AG SGB XII herangezogenen örtlichen Sozialhilfeträger mitgeteilt.
§ 111 SGB X regelt nicht näher, in welcher Form der Erstattungsanspruch geltend gemacht werden muss; darum genügt auch eine konkludente Geltendmachung (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. März 1993 - 5 C 6/91 -, juris RdNr. 11). An das Geltendmachen im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X dürfen keine überzogenen formalen oder inhaltlichen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich bei den am Erstattungsverfahren Beteiligten um Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Behörden handelt, deren Vertreter Kenntnis von den jeweils in Betracht kommenden Leistungen besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 5 C 14/09 -, juris). Die Anforderungen, die an das wirksame Geltendmachen eines Erstattungsanspruches zu stellen sind, bestimmen sich nach dem Zweck des § 111 SGB X, nämlich möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (vgl. BT-Drucks 9/95, S. 26 zu § 117 des Entwurfs eines SGB X). Das "Geltendmachen" im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X erfordert somit eine erkennbar auf Rechtssicherung gerichtete Mitteilung, dass und für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen gewährt werden bzw. wurden und dass und für welche Leistungen Erstattung begehrt wird. Die Mitteilung muss die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, und den Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret angeben (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) B.-B., Urteil vom 26. November 2014 - OVG 9 B 59.11 -, juris RdNr. 35). Zudem muss der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruches ohne weitere Nachforschungen beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., juris RdNr. 24).
Hier konnte sich das Sozialamt aufgrund der Weiterleitung des Antrags des Hilfeempfängers auf "Gewährung von Eingliederungshilfe" und dem in dem dazu verfassten Anschreiben vom 24. Februar 2009, wonach "die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht mehr gegeben" sei, da es sich "hier um eine gesundheitliche Problematik" handele, und "es werde um entsprechende weitere Bearbeitung gebeten", erkennen, dass die Kostenerstattung nunmehr die bereits angekündigte geforderte weitere Bearbeitung betraf. Trotz der rechtlich unzutreffenden und missverständlichen Wortwahl bestand an der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs an sich kein Zweifel. Es sind sowohl der Hilfeempfänger, der inzwischen abgelaufene Zeitraum sowie die Höhe der geltend gemachten Kosten genannt. Auch ist ausdrücklich eine "Kostenerstattung" geltend gemacht worden. Nicht erforderlich ist die Benennung der rechtlich zutreffenden Vorschrift, auf die der Erstattungsanspruch gestützt wird. Denn das Geltendmachen dient der Grundlage der weiteren Prüfung. Eine fehlerfreie Anspruchsprüfung ist damit nicht gefordert. Zudem hat die Klägerin spätestens mit der Klageerhebung beim Sozialgericht Magdeburg am 9. Februar 2010 - und damit innerhalb der am 12. August 2010 endenden Zwölf-Monatsfrist - ihren Kostenerstattungsanspruch auf von ihr erbrachte "Eingliederungshilfe" gem. "§§ 53, 54 SGB XII" bezogen.
Der Umfang der Erstattungspflicht richtet sich gemäß § 104 Abs. 3 SGB X nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, also den §§ 53 ff. SGB XII. Danach ist allerdings nicht entscheidend, dass mit dem KJH G. keine Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII geschlossen wurden (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2014, a.a.O., juris RdNr. 32).
Der Erstattungsanspruch besteht jedenfalls in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe. Die Heimkosten betragen - entsprechend der Auflistung im Schreiben vom 25. September 2009 - insgesamt für den Zeitraum vom 19. Februar bis zum 12. August 2009 31.680,25 EUR. Die Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Leistungsempfängers und dessen Eltern durch die Klägerin hatte ergeben, dass der Leistungsempfänger über einzusetzendes Einkommen in Form der Waisenrente und des Kindergeldes verfügte, der Vater im Dezember 2004 gestorben war und die Mutter nicht zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden konnte. Abzüglich der daraufhin von der Klägerin eingezogenen Kindergeldbeträge und der Waisenrente für diesen Zeitraum in Höhe von 942,05 EUR bzw. 865,32 EUR ergibt sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 29.872,88 EUR, der den in der mündlichen Verhandlung beim Senat geltend gemachten Beitrag übersteigt. Die von dem Beklagten für den Zeitraum der stationären Unterbringung ab dem 13. August 2009 vorgenommene Festsetzung des Kostenbeitrags gemäß § 92 Abs. 1 SGB XII ist in gleicher Höhe erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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