Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 179/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Bildung eines Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II ist Erwerbseinkommen zunächst vorab für den jeweiligen Zuflussmonat zu bereinigen. Erst dann ist ein Durchschnittseinkommen zu bilden und auf alle Monate des Bewilligungszeitraums umzulegen.
I. Der Bescheid vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 73,36 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung von Einkommen nach vorläufiger Bewilligung im Leistungszeitraum Juli bis Dezember 2017 umstritten.
Der 1957 geborene Kläger beantragte im Mai 2017 die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 20.06.2017 in Form der Änderungsbescheide vom 06.10.2017 und 15.11.2017 vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017. Die Vorläufigkeit beruhe darauf, dass der Kläger schwankendes Erwerbseinkommen habe. Der Beklagte bewilligte dem Kläger somit vorläufig für Juli bis Oktober 2017 monatlich 1.250,69 EUR und für November und Dezember 2017 monatlich 1241,19 EUR (jeweils inklusive der Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen).
Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum Einkommen aus Erwerbstätigkeit in folgender Höhe:
2017 Juli August September Oktober Brutto 145,30 EUR 226,37 EUR 216,84 EUR 135,58 EUR Netto 134,89 EUR 217,82 EUR 208,65 EUR 123,60 EUR
Im November und Dezember 2017 flossen dem Kläger keine Einnahmen zu. Das vom Beklagten berechnete Gesamteinkommen belief sich auf 794,16 EUR brutto und 684,96 EUR netto.
Mit Bescheid vom 13.12.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann endgültig Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017 in Höhe von monatlich 1.247,66 EUR für den Zeitraum Juli bis Oktober 2017 und monatlich 1.329,19 EUR für den Zeitraum November bis Dezember 2017 (jeweils inklusive der Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen). Der Beklagte ging dabei von einem Durchschnittseinkommen in Höhe von 171,24 EUR netto aus, nachdem er das Gesamteinkommen (vor dem Abzug der Freibeträge) durch vier Monate geteilt hatte. Dieses Einkommen rechnete der Beklagte nur in den Monaten Juli bis Oktober 2017 auf den Bedarf des Klägers an und berücksichtigte dabei in den vier Monaten die Freibeträge. In den Monaten November und Dezember 2017 wurde überhaupt kein Einkommen angerechnet.
Mit Schreiben vom 15.12.2017 legte der Kläger Widerspruch ein. Das Gesamteinkommen im Jahr 2017 habe 1.599,10 EUR betragen. Daher sei das Einkommen auf 135 EUR pro Monat zu ändern.
Mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 06.03.2018 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es gebe keinen Bescheid für das ganze Jahr. Maßgeblich sei nur das Einkommen im Zeitraum Juli bis Dezember 2017.
Mit seiner Klage vom 12.03.2018 hat sich der Kläger an das Sozialgericht Landshut gewandt. Das Einkommen sei zu hoch angesetzt worden.
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere ca. 180 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Beklagte auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
In den fachlichen Anweisungen des Beklagten (Fachliche Weisungen zu § 41a SGB II, Vorläufige Entscheidung, Stand: 20.03.2018, S. 12) ist zum Thema Durchschnittseinkommen nach vorläufiger Bewilligung u.a. als Beispiel geregelt: "Die leistungsberechtigte Person erzielt im Rahmen eines Minijobs schwankendes Einkommen. Dieses wird in den ersten 5 Monaten des Bewilligungszeitraumes gezahlt. Im sechsten Monat erfolgt kein Einkommenszufluss aus Erwerbseinkommen (längere Erkrankung ohne Krankengeldanspruch). Im Rahmen der abschließenden Feststellung ist ein Durchschnittseinkommen für 5 Monate zu bilden, da auch nur in 5 Monaten Einkommen erzielt wurde."
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese hat das Gericht seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017. Der Kläger begehrt für den genannten Zeitraum höhere endgültige Leistungen. Der Bescheid erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf höhere Leistungen für die Monate Juli bis Oktober 2017.
Arbeitslosengeld II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nummer 1), erwerbsfähig sind (Nummer 2), hilfebedürftig sind (Nummer 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nummer 4). Der Kläger erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die Voraussetzungen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 4 SGB II. Er war auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II und nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeschlossen.
I. Maßstab für die Prüfung der alleine strittigen Einkommensanrechnung ist zunächst § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II. Dieser sieht vor, dass bei der abschließenden Feststellung zunächst nur vorläufig bewilligter Leistungen, wie hier mit Bescheid vom 20.06.2017 in Form der Änderungsbescheide vom 06.10.2017 und 15.11.2017 geschehen, "ein monat-liches Durchschnittseinkommen" zugrunde zu legen ist, sofern - wie hier - keine der enumerativ genannten Ausnahmen des Abs. 4 Satz 2 vorliegen. Nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II ist als monatliches Durchschnittseinkommen für jeden Kalendermonat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II begrenzt die Bildung eines Durchschnittseinkommens weder auf schwankendes Erwerbseinkommen, noch wird der Divisor als Zahl der Monate bestimmt, in denen die zu berücksichtigenden Einnahmen erzielt wurden, wie es z. B. in § 3 Abs. 1 S. 3 Alg II-V geschehen ist (Anschluss an: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 07. September 2018 - S 37 AS 6994/18 -). Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut setzt § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II für die Bildung eines monatlichen Durchschnittseinkommens nicht voraus, dass es sich um schwankendes und über die gesamten Monate des Bewilligungsabschnitts hinweg erzieltes Erwerbseinkommen handeln muss. Eine Aufteilung des Durchschnittseinkommens auf nur vier Monate scheidet daher bereits aus.
Aus § 41a Abs. 4 SGB II geht jedoch nicht explizit hervor, wie das Einkommen zu bereinigen ist bzw. wie die Absetzbeträge zu berechnen sind. Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass es im Sinne des Gesetzeszusammenhangs nicht darauf ankommen kann, ob zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden oder nicht. Letztendlich muss jedem Leistungsbezieher dieselbe Höhe des Einkommens anrechnungsfrei gestellt werden, wenn Einkommen in der gleichen Höhe in denselben Monaten zugeflossen ist.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 22.08.2013, B 14 AS 78/12 R m.w.N.) von Folgendem auszugehen: Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG, Urteile vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R und vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R). Das Erwerbseinkommen stellt eine laufende Einnahme dar. Laufende Einnahmen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden. Zu laufenden Einnahmen gehören auch regelmäßige, aber in der Höhe schwankende Einnahmen. Unter demselben Rechtsgrund ist nicht dieselbe Rechtsnorm, sondern die Grundlage der Zahlung, d.h. das Rechtsverhältnis gemeint, so dass sämtliche regelmäßigen Zuflüsse aus diesem Rechtsverhältnis laufende sind (Schmidt in Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, SGB II § 11 Rn. 34 m. w. N.). Der Lohn des Klägers ist daher laufendes Einkommen. Grundsätzlich ist laufendes Einkommen im Zuflussmonat zu berücksichtigen.
Bei der Bildung eines Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II ist Erwerbseinkommen zunächst vorab für den jeweiligen Zuflussmonat zu bereinigen. Erst dann ist ein Durchschnittseinkommen zu bilden und auf alle Monate des Bewilligungszeitraums umzulegen.
Diese Berechnungsweise ist durch die folgenden Argumente begründet, die sich an den gesetzgeberischen Entscheidungen orientieren:
1. Leistungsberechtigte, denen zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden, sind mit Leistungsberechtigten gleichzustellen, denen sogleich endgültige Leistungen gewährt werden. Wenn vorliegend das laufende Erwerbseinkommens des Klägers in den vier Monaten zuvor festgestanden hätte und eine anfänglich endgültige Entscheidung des Beklagten ergangen wäre, hätte der Beklagte zutreffend die 100,- EUR-Pauschale und die sonstigen Absetzbeträge lediglich in den Monaten des Zuflusses (Juli bis Oktober 2017) abgesetzt. Auch mit der Intension der Verwaltungsvereinfachung ist nicht begründbar, dass vorliegend die erwerbseinkommensbezogenen Absetzbeträge zusätzlich auch in den Monaten November und Dezember abzusetzen sind, nur, weil zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden. Auch die weitergehende 20 %-Absetzung bei einer vorherigen Durchschnittseinkommensbildung ist nicht gerechtfertigt.
2. Eine echte Verwaltungsvereinfachung gäbe es ohnedies nicht, auch wenn die Durchschnittseinkommensbildung vor Absetzung der Freibeträge erfolgen würde. Eine Durchschnittseinkommensbildung scheidet aus, wenn der Leistungsanspruch in mindestens einem Monat des Bewilligungszeitraums durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Feststellung nachgewiesene zu berücksichtigende Einkommen entfällt (vgl. § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II). Daraus ist zu erkennen, dass ohnedies zuvor rechnerisch eine Einkommensberechnung zu erfolgen hat, wie diese auch bei einer endgültigen Entscheidung ohne vorherige vorläufige Entscheidung hätte erfolgen müssen.
3. Der Gesetzgeber möchte keine Mehrfachabsetzung der Freibeträge. Nach § 11b Abs. 1 S. 2 SGB II sind bei einmaligen Einnahmen, die wegen § 11 Absatz 3 S. 4 SGB II auf sechs Monate zu verteilen sind, Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (Nr. 2), notwendige Ausgaben (Nr. 5) und der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 (Nr. 6) vorweg abzusetzen. Damit ist es ausgeschlossen, den besonderen Erwerbstätigenfreibetrag des Abs. 3 nur wegen des Einmaleinkommens für jeden der sechs Monate zu gewähren. Der Satz 2 sollte nach der Gesetzesbegründung klarstellend wirken (BT-Drs. 17/3404, 95). Mit der Regelung wird eine doppelte Gewährung von Absetz- und Freibeträgen auf dasselbe Einkommen ausgeschlossen. Diese grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung, doppelte Gewährung von Absetz- und Freibeträgen verhindern zu wollen, ist auch im Rahmen des § 41a Abs. 4 S. 3 SGB II zu berücksichtigen, nachdem auch hier eine Einnahme, die ausnahmsweise nicht alleine im Zuflussmonat anzurechnen ist, auf mehrere Monate verteilt wird.
4. Nur in der hier angewendeten Berechnungsweise ist § 11b Abs. 2 SGB II sinnvoll anzuwenden. Die dort genannte 100,- EUR-Pauschale setzt sich u. a. aus den Beiträgen zu öffentlichen oder privaten Versicherungen und den zur Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben zusammen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 EUR, können mehr als 100,- EUR abgesetzt werden, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100,- EUR übersteigt (vgl. § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II). Die Berechnung, ob die Summe der Beträge 100,- EUR übersteigt, erfordert in vielen Fällen eine kombinierte Berechnung aus den Aufwendungen im Zuflussmonat (z. B. die Versicherungspauschale gem. § 6 Alg II-V iVm § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II) und dem Monat der Erwirtschaftung des Erwerbseinkommens (z. B. Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit), wenn etwa das Erwerbseinkommen wie vorliegend erst im Folgemonat ausgezahlt wird. Es ist dabei nicht ausschließlich auf die im Zuflussmonat entstandenen Aufwendungen abzustellen. Das Bundessozialgericht stellt bei der Absetzung der mit der Erzielung des Einkommens getätigten Aufwendungen zutreffend auf den Zeitraum ab, in dem sie entstanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 29/08 R -). Anderes verlangt auch der Monatsbegriff selbst nicht, weil es bei der Einkommensbereinigung im Unterschied zum Zuflussprinzip nicht um die Frage geht, in welchem Zeitraum Einkommen bedarfsdeckend einzusetzen ist, sondern darum, wann zu berücksichtigende Aufwendungen angefallen sind (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2014 - B 14 AS 25/13 R -, m. w. N.). Wenn demnach zuvor ein Durchschnittseinkommen gebildet würde, wäre die Berechnung der Summe der Beträge nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 5 SGB II nicht mehr möglich, da die nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben auf das jeweilige Einkommen bezogen sind. Dies gilt erst recht, wenn man der Auffassung folgt, dass bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches ungeachtet der Einkommensart eine Verteilung sämtlicher Einkünfte über den Bewilligungsabschnitt hinweg zu erfolgen hat (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2018 - L 34 AS 2310/17 -). Eine sinnvolle Bereinigung verschiedener Einkommensarten wäre dann nicht mehr möglich, nachdem § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II - wie ausgeführt - auf das jeweilige Einkommen bezogen ist.
Die Kammer verkennt nicht, dass die durch den Gesetzgeber beabsichtigte Vereinfachung der Berechnung nicht mehr sichtbar ist. Nachdem jedoch in § 41a Abs. 4 SGB II keine alternative Berechnung zu den Absetz- und Freibeträgen geregelt wurde, hat die Absetzung nach den allgemeinen, oben genannten Regeln zu erfolgen. Soweit ersichtlich ist auch kein wirtschaftlich sinnvoller Anwendungsbereich des § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 SGB II eröffnet. Hiernach kann die leistungsberechtigte Person vor der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches eine Entscheidung auf der Grundlage des tatsächlichen monatlichen Einkommens beantragen. Nach der hier vertretenen Auffassung kann es zumindest in der Summe der zu bewilligenden Leistungen keinen Unterschied geben.
II. Im vorliegenden Rechtsstreit ist daher die Berechnung wie folgt vorzunehmen:
Zunächst sind die jeweiligen monatlichen Einkommen zu bereinigen. Der Kläger hatte ausschließlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
Juli August September Oktober Brutto 145,30 EUR 226,37 EUR 216,84 EUR 135,58 EUR Netto 134,89 EUR 217,82 EUR 208,65 EUR 123,60 EUR
§11b Abs. 2 S. 1 SGB II 100,00 EUR 100,00 EUR 100,00 EUR 100,00 EUR §11b Abs. 3 SGB II (20%) 9,06 EUR 25,27 EUR 23,37 EUR 7,12 EUR
Anrechenbar 25,83 EUR 92,55 EUR 85,28 EUR 16,48 EUR
Summe der anrechenbaren Beträge 220,14 EUR pro Monat 220,14 EUR/6 36,69 EUR 36,69 EUR 36,69 EUR 36,69 EUR
Auf den unstrittigen monatlichen Gesamtbedarf des Klägers (910,50 EUR) sind monatlich 36,69 EUR Einkommen anzurechnen. Der monatliche Anspruch beträgt somit im Zeitraum Juli bis Oktober 2017 (ohne den Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung) 873,81 EUR. Bewilligt wurden zuvor mtl. 855,47 EUR. Es kommt zu einer monatlichen Nachzahlung von 18,34 EUR, insgesamt demgemäß für vier Monate 73,36 EUR. Für die Monate November und Dezember 2017 scheidet ein höherer Anspruch des Klägers bereits deshalb aus, weil der Beklagte in diesen Monaten (zu Gunsten des Klägers) überhaupt kein Einkommen angerechnet hatte. Eine Saldierungsvorschrift entsprechend § 41a Abs. 6 S. 2 SGB II existiert für eine endgültige Entscheidung wie die vorliegende nicht. Trotz der Überzahlung für die Monate November und Dezember 2017 muss der Beklagte daher 73,36 EUR nachzahlen.
III. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens. Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Vorliegend hat die Beklagtenseite klargestellt, dass sich die von ihr durchgeführte Einkommensberechnung aus der eigenen Dienstanweisung ergibt. Man gehe regelmäßig so vor. Es handelt sich folglich nicht um einen Einzelfall. Die gestellte Rechtsfrage ist somit über den Einzelfall hinaus klärungsbedürftig und ist im konkreten Fall klärungsfähig.
-
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form eingelegt wird. Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung von Einkommen nach vorläufiger Bewilligung im Leistungszeitraum Juli bis Dezember 2017 umstritten.
Der 1957 geborene Kläger beantragte im Mai 2017 die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 20.06.2017 in Form der Änderungsbescheide vom 06.10.2017 und 15.11.2017 vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017. Die Vorläufigkeit beruhe darauf, dass der Kläger schwankendes Erwerbseinkommen habe. Der Beklagte bewilligte dem Kläger somit vorläufig für Juli bis Oktober 2017 monatlich 1.250,69 EUR und für November und Dezember 2017 monatlich 1241,19 EUR (jeweils inklusive der Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen).
Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum Einkommen aus Erwerbstätigkeit in folgender Höhe:
2017 Juli August September Oktober Brutto 145,30 EUR 226,37 EUR 216,84 EUR 135,58 EUR Netto 134,89 EUR 217,82 EUR 208,65 EUR 123,60 EUR
Im November und Dezember 2017 flossen dem Kläger keine Einnahmen zu. Das vom Beklagten berechnete Gesamteinkommen belief sich auf 794,16 EUR brutto und 684,96 EUR netto.
Mit Bescheid vom 13.12.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann endgültig Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017 in Höhe von monatlich 1.247,66 EUR für den Zeitraum Juli bis Oktober 2017 und monatlich 1.329,19 EUR für den Zeitraum November bis Dezember 2017 (jeweils inklusive der Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen). Der Beklagte ging dabei von einem Durchschnittseinkommen in Höhe von 171,24 EUR netto aus, nachdem er das Gesamteinkommen (vor dem Abzug der Freibeträge) durch vier Monate geteilt hatte. Dieses Einkommen rechnete der Beklagte nur in den Monaten Juli bis Oktober 2017 auf den Bedarf des Klägers an und berücksichtigte dabei in den vier Monaten die Freibeträge. In den Monaten November und Dezember 2017 wurde überhaupt kein Einkommen angerechnet.
Mit Schreiben vom 15.12.2017 legte der Kläger Widerspruch ein. Das Gesamteinkommen im Jahr 2017 habe 1.599,10 EUR betragen. Daher sei das Einkommen auf 135 EUR pro Monat zu ändern.
Mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 06.03.2018 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es gebe keinen Bescheid für das ganze Jahr. Maßgeblich sei nur das Einkommen im Zeitraum Juli bis Dezember 2017.
Mit seiner Klage vom 12.03.2018 hat sich der Kläger an das Sozialgericht Landshut gewandt. Das Einkommen sei zu hoch angesetzt worden.
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere ca. 180 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Beklagte auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
In den fachlichen Anweisungen des Beklagten (Fachliche Weisungen zu § 41a SGB II, Vorläufige Entscheidung, Stand: 20.03.2018, S. 12) ist zum Thema Durchschnittseinkommen nach vorläufiger Bewilligung u.a. als Beispiel geregelt: "Die leistungsberechtigte Person erzielt im Rahmen eines Minijobs schwankendes Einkommen. Dieses wird in den ersten 5 Monaten des Bewilligungszeitraumes gezahlt. Im sechsten Monat erfolgt kein Einkommenszufluss aus Erwerbseinkommen (längere Erkrankung ohne Krankengeldanspruch). Im Rahmen der abschließenden Feststellung ist ein Durchschnittseinkommen für 5 Monate zu bilden, da auch nur in 5 Monaten Einkommen erzielt wurde."
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese hat das Gericht seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 13.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017. Der Kläger begehrt für den genannten Zeitraum höhere endgültige Leistungen. Der Bescheid erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf höhere Leistungen für die Monate Juli bis Oktober 2017.
Arbeitslosengeld II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nummer 1), erwerbsfähig sind (Nummer 2), hilfebedürftig sind (Nummer 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nummer 4). Der Kläger erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die Voraussetzungen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 4 SGB II. Er war auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II und nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeschlossen.
I. Maßstab für die Prüfung der alleine strittigen Einkommensanrechnung ist zunächst § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II. Dieser sieht vor, dass bei der abschließenden Feststellung zunächst nur vorläufig bewilligter Leistungen, wie hier mit Bescheid vom 20.06.2017 in Form der Änderungsbescheide vom 06.10.2017 und 15.11.2017 geschehen, "ein monat-liches Durchschnittseinkommen" zugrunde zu legen ist, sofern - wie hier - keine der enumerativ genannten Ausnahmen des Abs. 4 Satz 2 vorliegen. Nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II ist als monatliches Durchschnittseinkommen für jeden Kalendermonat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II begrenzt die Bildung eines Durchschnittseinkommens weder auf schwankendes Erwerbseinkommen, noch wird der Divisor als Zahl der Monate bestimmt, in denen die zu berücksichtigenden Einnahmen erzielt wurden, wie es z. B. in § 3 Abs. 1 S. 3 Alg II-V geschehen ist (Anschluss an: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 07. September 2018 - S 37 AS 6994/18 -). Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut setzt § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II für die Bildung eines monatlichen Durchschnittseinkommens nicht voraus, dass es sich um schwankendes und über die gesamten Monate des Bewilligungsabschnitts hinweg erzieltes Erwerbseinkommen handeln muss. Eine Aufteilung des Durchschnittseinkommens auf nur vier Monate scheidet daher bereits aus.
Aus § 41a Abs. 4 SGB II geht jedoch nicht explizit hervor, wie das Einkommen zu bereinigen ist bzw. wie die Absetzbeträge zu berechnen sind. Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass es im Sinne des Gesetzeszusammenhangs nicht darauf ankommen kann, ob zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden oder nicht. Letztendlich muss jedem Leistungsbezieher dieselbe Höhe des Einkommens anrechnungsfrei gestellt werden, wenn Einkommen in der gleichen Höhe in denselben Monaten zugeflossen ist.
Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 22.08.2013, B 14 AS 78/12 R m.w.N.) von Folgendem auszugehen: Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG, Urteile vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R und vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R). Das Erwerbseinkommen stellt eine laufende Einnahme dar. Laufende Einnahmen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden. Zu laufenden Einnahmen gehören auch regelmäßige, aber in der Höhe schwankende Einnahmen. Unter demselben Rechtsgrund ist nicht dieselbe Rechtsnorm, sondern die Grundlage der Zahlung, d.h. das Rechtsverhältnis gemeint, so dass sämtliche regelmäßigen Zuflüsse aus diesem Rechtsverhältnis laufende sind (Schmidt in Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, SGB II § 11 Rn. 34 m. w. N.). Der Lohn des Klägers ist daher laufendes Einkommen. Grundsätzlich ist laufendes Einkommen im Zuflussmonat zu berücksichtigen.
Bei der Bildung eines Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II ist Erwerbseinkommen zunächst vorab für den jeweiligen Zuflussmonat zu bereinigen. Erst dann ist ein Durchschnittseinkommen zu bilden und auf alle Monate des Bewilligungszeitraums umzulegen.
Diese Berechnungsweise ist durch die folgenden Argumente begründet, die sich an den gesetzgeberischen Entscheidungen orientieren:
1. Leistungsberechtigte, denen zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden, sind mit Leistungsberechtigten gleichzustellen, denen sogleich endgültige Leistungen gewährt werden. Wenn vorliegend das laufende Erwerbseinkommens des Klägers in den vier Monaten zuvor festgestanden hätte und eine anfänglich endgültige Entscheidung des Beklagten ergangen wäre, hätte der Beklagte zutreffend die 100,- EUR-Pauschale und die sonstigen Absetzbeträge lediglich in den Monaten des Zuflusses (Juli bis Oktober 2017) abgesetzt. Auch mit der Intension der Verwaltungsvereinfachung ist nicht begründbar, dass vorliegend die erwerbseinkommensbezogenen Absetzbeträge zusätzlich auch in den Monaten November und Dezember abzusetzen sind, nur, weil zuvor vorläufige Leistungen gewährt wurden. Auch die weitergehende 20 %-Absetzung bei einer vorherigen Durchschnittseinkommensbildung ist nicht gerechtfertigt.
2. Eine echte Verwaltungsvereinfachung gäbe es ohnedies nicht, auch wenn die Durchschnittseinkommensbildung vor Absetzung der Freibeträge erfolgen würde. Eine Durchschnittseinkommensbildung scheidet aus, wenn der Leistungsanspruch in mindestens einem Monat des Bewilligungszeitraums durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Feststellung nachgewiesene zu berücksichtigende Einkommen entfällt (vgl. § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB II). Daraus ist zu erkennen, dass ohnedies zuvor rechnerisch eine Einkommensberechnung zu erfolgen hat, wie diese auch bei einer endgültigen Entscheidung ohne vorherige vorläufige Entscheidung hätte erfolgen müssen.
3. Der Gesetzgeber möchte keine Mehrfachabsetzung der Freibeträge. Nach § 11b Abs. 1 S. 2 SGB II sind bei einmaligen Einnahmen, die wegen § 11 Absatz 3 S. 4 SGB II auf sechs Monate zu verteilen sind, Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (Nr. 2), notwendige Ausgaben (Nr. 5) und der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 (Nr. 6) vorweg abzusetzen. Damit ist es ausgeschlossen, den besonderen Erwerbstätigenfreibetrag des Abs. 3 nur wegen des Einmaleinkommens für jeden der sechs Monate zu gewähren. Der Satz 2 sollte nach der Gesetzesbegründung klarstellend wirken (BT-Drs. 17/3404, 95). Mit der Regelung wird eine doppelte Gewährung von Absetz- und Freibeträgen auf dasselbe Einkommen ausgeschlossen. Diese grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung, doppelte Gewährung von Absetz- und Freibeträgen verhindern zu wollen, ist auch im Rahmen des § 41a Abs. 4 S. 3 SGB II zu berücksichtigen, nachdem auch hier eine Einnahme, die ausnahmsweise nicht alleine im Zuflussmonat anzurechnen ist, auf mehrere Monate verteilt wird.
4. Nur in der hier angewendeten Berechnungsweise ist § 11b Abs. 2 SGB II sinnvoll anzuwenden. Die dort genannte 100,- EUR-Pauschale setzt sich u. a. aus den Beiträgen zu öffentlichen oder privaten Versicherungen und den zur Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben zusammen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 EUR, können mehr als 100,- EUR abgesetzt werden, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100,- EUR übersteigt (vgl. § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II). Die Berechnung, ob die Summe der Beträge 100,- EUR übersteigt, erfordert in vielen Fällen eine kombinierte Berechnung aus den Aufwendungen im Zuflussmonat (z. B. die Versicherungspauschale gem. § 6 Alg II-V iVm § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II) und dem Monat der Erwirtschaftung des Erwerbseinkommens (z. B. Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit), wenn etwa das Erwerbseinkommen wie vorliegend erst im Folgemonat ausgezahlt wird. Es ist dabei nicht ausschließlich auf die im Zuflussmonat entstandenen Aufwendungen abzustellen. Das Bundessozialgericht stellt bei der Absetzung der mit der Erzielung des Einkommens getätigten Aufwendungen zutreffend auf den Zeitraum ab, in dem sie entstanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 29/08 R -). Anderes verlangt auch der Monatsbegriff selbst nicht, weil es bei der Einkommensbereinigung im Unterschied zum Zuflussprinzip nicht um die Frage geht, in welchem Zeitraum Einkommen bedarfsdeckend einzusetzen ist, sondern darum, wann zu berücksichtigende Aufwendungen angefallen sind (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2014 - B 14 AS 25/13 R -, m. w. N.). Wenn demnach zuvor ein Durchschnittseinkommen gebildet würde, wäre die Berechnung der Summe der Beträge nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 5 SGB II nicht mehr möglich, da die nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben auf das jeweilige Einkommen bezogen sind. Dies gilt erst recht, wenn man der Auffassung folgt, dass bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches ungeachtet der Einkommensart eine Verteilung sämtlicher Einkünfte über den Bewilligungsabschnitt hinweg zu erfolgen hat (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2018 - L 34 AS 2310/17 -). Eine sinnvolle Bereinigung verschiedener Einkommensarten wäre dann nicht mehr möglich, nachdem § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II - wie ausgeführt - auf das jeweilige Einkommen bezogen ist.
Die Kammer verkennt nicht, dass die durch den Gesetzgeber beabsichtigte Vereinfachung der Berechnung nicht mehr sichtbar ist. Nachdem jedoch in § 41a Abs. 4 SGB II keine alternative Berechnung zu den Absetz- und Freibeträgen geregelt wurde, hat die Absetzung nach den allgemeinen, oben genannten Regeln zu erfolgen. Soweit ersichtlich ist auch kein wirtschaftlich sinnvoller Anwendungsbereich des § 41a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 SGB II eröffnet. Hiernach kann die leistungsberechtigte Person vor der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches eine Entscheidung auf der Grundlage des tatsächlichen monatlichen Einkommens beantragen. Nach der hier vertretenen Auffassung kann es zumindest in der Summe der zu bewilligenden Leistungen keinen Unterschied geben.
II. Im vorliegenden Rechtsstreit ist daher die Berechnung wie folgt vorzunehmen:
Zunächst sind die jeweiligen monatlichen Einkommen zu bereinigen. Der Kläger hatte ausschließlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
Juli August September Oktober Brutto 145,30 EUR 226,37 EUR 216,84 EUR 135,58 EUR Netto 134,89 EUR 217,82 EUR 208,65 EUR 123,60 EUR
§11b Abs. 2 S. 1 SGB II 100,00 EUR 100,00 EUR 100,00 EUR 100,00 EUR §11b Abs. 3 SGB II (20%) 9,06 EUR 25,27 EUR 23,37 EUR 7,12 EUR
Anrechenbar 25,83 EUR 92,55 EUR 85,28 EUR 16,48 EUR
Summe der anrechenbaren Beträge 220,14 EUR pro Monat 220,14 EUR/6 36,69 EUR 36,69 EUR 36,69 EUR 36,69 EUR
Auf den unstrittigen monatlichen Gesamtbedarf des Klägers (910,50 EUR) sind monatlich 36,69 EUR Einkommen anzurechnen. Der monatliche Anspruch beträgt somit im Zeitraum Juli bis Oktober 2017 (ohne den Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung) 873,81 EUR. Bewilligt wurden zuvor mtl. 855,47 EUR. Es kommt zu einer monatlichen Nachzahlung von 18,34 EUR, insgesamt demgemäß für vier Monate 73,36 EUR. Für die Monate November und Dezember 2017 scheidet ein höherer Anspruch des Klägers bereits deshalb aus, weil der Beklagte in diesen Monaten (zu Gunsten des Klägers) überhaupt kein Einkommen angerechnet hatte. Eine Saldierungsvorschrift entsprechend § 41a Abs. 6 S. 2 SGB II existiert für eine endgültige Entscheidung wie die vorliegende nicht. Trotz der Überzahlung für die Monate November und Dezember 2017 muss der Beklagte daher 73,36 EUR nachzahlen.
III. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens. Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).
Vorliegend hat die Beklagtenseite klargestellt, dass sich die von ihr durchgeführte Einkommensberechnung aus der eigenen Dienstanweisung ergibt. Man gehe regelmäßig so vor. Es handelt sich folglich nicht um einen Einzelfall. Die gestellte Rechtsfrage ist somit über den Einzelfall hinaus klärungsbedürftig und ist im konkreten Fall klärungsfähig.
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Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form eingelegt wird. Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
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