Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 AS 11665/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 2224/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2018 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung gegen sie festgesetzter Erstattungsforderungen.
Die 2006 geborene Antragstellerin und ihre allein sorgeberechtigte Mutter kamen im September 2012 aus Kasachstan nach Deutschland. Hier bezogen sie ab Oktober 2012 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Antragsgegner.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2013 hob dieser die für die Antragstellerin erfolgte Bewilligung von Leistungen für die Monate Februar und März 2013 - wegen des Bezuges von Unterhaltsvorschuss - teilweise in Höhe von insgesamt 360,00 EUR auf. Mit Bescheid vom 04. November 2013 hob er die Leistungsbewilligung für die Monate November 2012 bis Februar 2013 teilweise in Höhe von insgesamt 1.226,65 EUR auf, nachdem Kindergeld bewilligt worden war, wobei er das im November 2012 für die Monate September und Oktober 2012 ausgezahlte Kindergeld als einmalige Einnahme betrachtete und auf sechs Monate verteilt anrechnete. Weiter machte er in den Bescheiden Erstattungsforderungen in jeweils entsprechender Höhe gegen die Antragstellerin geltend. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Zum 01. November 2013 verzogen die Antragstellerin und ihre Mutter in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters.
Unter Verweis auf die vorgenannten Bescheide wandte die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service, sich "im Auftrag des Jobcenters" mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 an die Mutter der Antragstellerin, erklärte sich zur Wahrnehmung des Forderungseinzugs für beauftragt und mahnte die Zahlung der am 16. August und 22. November 2013 fälligen Forderungen in Höhe von insgesamt noch 1.506,65 EUR an. Weiter machte sie Mahngebühren in Höhe von 8,00 EUR geltend und kündigte an, die zwangsweise Einziehung der Forderung zu veranlassen, falls die Zahlung nicht bis zum 29. Oktober 2018 eingegangen sein sollte.
Am 26. Oktober 2018 hat die - anwaltlich vertretene - Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Berlin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Vollziehung der Erstattungsbescheide einzustellen und zur Begründung geltend gemacht, dass die Erstattungsforderungen verjährt seien.
Der Antragsgegner ist der Einrede der Verjährung entgegengetreten und hat insoweit ausgeführt, dass die nach §§ 50 Abs. 4 Satz 3, 52 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) hier geltende Frist von 30 Jahren ab Unanfechtbarkeit des Festsetzungsbescheides nach § 50 Abs. 3 SGB X nicht abgelaufen sei.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 21. November 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Vollstreckung der Forderungen aus den Bescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 in Höhe von 1.506,65 EUR vorläufig einzustellen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen dargelegt, dass ein Anordnungsanspruch bestehe. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Einstellung der Vollstreckungen. Es lägen die Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung vor. Nach § 257 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 40 Abs. 8 SGB II sowie § 5 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) sei eine Vollstreckung u.a. einzustellen, sobald der Anspruch auf die Leistung erloschen sei (Nr. 3). Die hier streitigen Forderungen seien in diesem Sinne erloschen, da sie verjährt seien. § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X gelte für die Verjährung von Erstattungsansprüchen. Die dreißigjährige Verjährungsfrist gemäß § 52 Abs. 2 SGB X greife hingegen erst bei Unanfechtbarkeit eines weiteren Verwaltungsaktes ein, mit dem die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erfolge. Hieran fehle es jedoch vorliegend. Für einen Vorrang von § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X spreche im Übrigen, dass es sich um die speziellere Vorschrift handele. Überdies würde § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X leerlaufen, wenn stets auf § 52 Abs. 2 SGB X zurückgegriffen würde. Die Verjährungsfrist habe vorliegend mit dem 01. Januar 2014 zu laufen begonnen und am 31. Dezember 2017 geendet. Auch stehe der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zur Seite, da eine Eilbedürftigkeit im Hinblick auf die bereits eingeleiteten und angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen gegeben sei. Bei gegebenem Anspruch auf Einstellung der Vollstreckungsmaßnahmen sei ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar.
Gegen diesen ihm am 22. November 2018 zugestellten Beschluss richtet sich - bei sachgerechter Auslegung - die am 29. November 2018 erhobene Beschwerde des Antragsgegners. Unter Wiedergabe verschiedener Fundstellen führt er aus, dass aus der Regelung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X, nach der § 52 SGB X unberührt bleibe, folge, dass Verwaltungsakte, die zugleich mit der Festsetzung nach Absatz 3 Satz 1 oder innerhalb der 4-Jahres-Frist des Absatz 4 Satz 1 zur Durchsetzung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergingen, nach § 52 Abs. 2 eine Verjährungsfrist von 30 Jahren - gerechnet ab Rechtskraft des Durchsetzungsbescheides - in Gang setzten. Diese Regelung erkläre sich daraus, dass die Behörde mit dem Versuch, die festgestellte Forderung durchzusetzen, alles getan habe, den Anspruch zu realisieren. Dieser Anspruch solle ihr bei Nichterfüllung deshalb ohne weiteres 30 Jahre lang erhalten bleiben. Gleiches gelte, wenn zugleich mit dem Erstattungsbescheid nach Absatz 3 die Aufrechnung oder später die Verrechnung erklärt oder eine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt werde. Sozialleistungsträger sollten nicht genötigt werden, noch nicht gebotene Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten oder den Klageweg zu beschreiten, sondern könnten sich durch den Erlass eines Verwaltungsakts einen Titel beschaffen, aus dem dann 30 Jahre lang ihr Anspruch geltend gemacht werden könnte. Der im vorliegenden Fall erlassene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erfülle die Voraussetzungen eines ("weiteren") Verwaltungsaktes, der zur Feststellung der Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen worden sei.
Die inzwischen vom Jobcenter Berlin Marzahn-Hellersdorf Grundsicherungsleistungen beziehende Antragstellerin ist dem entgegen getreten und hat weiter dargetan, dass angesichts ihrer prekären finanziellen Situation für sie eine unbillige Härte gegeben wäre, wenn der Antragsgegner die Vollstreckung weiter betreibe. Zugleich hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2018 ist gemäß § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Allerdings kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Vollstreckung der Erstattungsforderungen aus den Bescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 in Höhe von insgesamt 1.506,65 EUR vorläu-fig einzustellen. Denn weder ist es zu beanstanden, dass das Sozialgericht - dem Antrag der Antragstellerin folgend - im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden und das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung bejaht hat, noch begegnet es Bedenken, dass es die einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner ausgesprochen hat.
1. Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass einstweiliger Rechtsschutz vorliegend nach § 86 b Abs. 2 SGG zu gewähren ist. Denn gegen die "Mahnung" und Ankündigung der zwangsweisen Einziehung der Forderungen ist kein Widerspruch gegeben. Dieser kommt mangels Regelungswirkung nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes zu. Vielmehr hat die Vollstreckungsankündigung lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf die Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen (vgl. BSG Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - juris, Rn. 12, 15 m.w.N.). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG scheidet damit von vornherein aus.
2. Auch hat das Sozialgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht bejaht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Sicherungs- bzw. Regelungsanordnung glaubhaft zu machen. Dies ist der Antragstellerin hier gelungen.
a) Der Senat sieht es als überwiegend wahrscheinlich an, dass das Gericht der Hauptsache eine Einstellung der Vollstreckung aus den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 anordnen wird.
Zutreffend hat das Sozialgericht insoweit geprüft, ob die angekündigte Vollstreckung aus den vorgenannten Erstattungsbescheiden überhaupt bzw. hier insbesondere noch statthaft ist. Rechtliche Grundlage dafür ist § 257 Abs. 1 AO, der bei summarischer Prüfung über § 40 Abs. 8 SGB II i.V.m. §§ 1 bis 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) anwendbar ist. Denn nach § 40 Abs. 8 1. Halbsatz SGB II gilt für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes. Da der Antragsgegner kein zugelassener kommunaler Träger i.S.d. § 6a SGB II ist, richtet sich die Vollstreckung aus den hier maßgeblichen Bescheiden nach den die Vollstreckung von Geldforderungen betreffenden §§ 1 bis 4 VwVG sowie der - auf einzelne Bestimmungen, insbesondere die §§ 249 ff. AO verweisenden - Regelung in § 5 Abs. 1 VwVG.
Nach § 257 Abs. 1 AO ist eine Vollstreckung dann einzustellen oder zu beschränken, wenn die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind (Nr. 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr. 2), der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr. 3) oder die Leistung gestundet worden ist (Nr. 4). Gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 AO können Verwaltungsakte vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist. Schließlich regelt § 3 Abs. 2 VwVG, dass eine Vollstreckung nur eingeleitet werden darf, wenn ein Leistungsbescheid vorliegt, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist, die Leistung fällig ist und ein - hier nicht relevanter – Zeitabschnitt verstrichen ist. So wenig wie das Sozialgericht verkennt auch der Senat nicht, dass - ausgehend von ihrem jeweiligen Wortlaut - keine dieser Bestimmungen im Falle der Erhebung einer Verjährungseinrede der Vollstreckung entgegenstünde. Gleichwohl hat auch er keine Zweifel, dass es dem Antragsgegner verwehrt sein muss, aus einem Erstattungsbescheid zu vollstrecken, falls die Erstattungsforderung bereits verjährt ist. Ob hier - wie das Sozialgericht meint - letztlich vom Erlöschen der Forderung auszugehen, eine der anderen Bestimmungen erweiternd auszulegen oder eine sonstige Regelung heranzuziehen ist, kann letztlich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahinstehen. Denn hilfsweise wäre hier auf § 258 AO zurückzugreifen, nach dem eine Vollstreckung einstweilen einzustellen ist, soweit die Vollstreckung unbillig ist. Denn jedenfalls dies ist hier der Fall, da bei summarischer Prüfung sehr viel dafür spricht, dass die Erstattungsforderungen verjährt sind und eine gleichwohl erfolgende Vollstreckung nicht der Billigkeit entspricht.
Zur Überzeugung des Senats ist hier bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Erstattungsansprüche des Antragsgegners gegen die Antragstellerin verjährt sind. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Gemäß § 50 Abs. 3 SGB X ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden. Eben dies hat der Antragsgegner vorliegend mit seinen Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 getan. Weiter wird in § 50 Abs. 4 SGB X geregelt, wann der Erstattungsanspruch verjährt. Dies ist gemäß Satz 1 in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist, der Fall. Vorliegend sind mithin die im Jahre 2013 bestandskräftig festgesetzten Erstattungsansprüche mit Ablauf des Jahres 2017 verjährt.
Soweit hingegen der Antragsgegner meint, eine Verjährung trete erst nach 30 Jahren ein, folgt der Senat ihm nicht. Zwar heißt es in dem die Verjährung von Erstattungsansprüchen regelnden § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass § 52 SGB X unberührt bleibt, und wird in dieser Vorschrift bestimmt, dass die Verjährungsfrist 30 Jahre beträgt, wenn ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, unanfechtbar geworden ist. Einen entsprechenden Verwaltungsakt hat der Antragsgegner jedoch - wie bereits das Sozialgericht erkannt hat - nicht erlassen. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners rechtfertigt insoweit keine andere Entscheidung. Im Gegenteil sind bereits die von ihm zitierten Ausführungen nicht geeignet, seine eigene Rechtsauffassung zu stützen. Denn zutreffend weist er darauf hin, dass (nur) Verwaltungsakte, die entweder zugleich mit der Festsetzung nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X oder aber innerhalb der 4-Jahres-Frist des § 50 Abs. 4 Satz 1 zur Durchsetzung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergehen, nach § 52 Abs. 2 eine Verjährungsfrist von 30 Jahren - gerechnet ab Rechtskraft des Durchsetzungsbescheides - in Gang setzen. Vorliegend ist jedoch weder zugleich mit den Erstattungsbescheiden vom Juli und November 2013 noch innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist irgendein auf die Durchsetzung der festgestellten Erstattungsansprüche gerichteter weiterer Verwaltungsakt ergangen. Soweit der Antragsgegner sich zuletzt auf die Behauptung beschränkt hat, ein Erstattungsbescheid stelle bereits für sich genommen einen Verwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X dar, fehlt es für diese Rechtsauffassung an jeder Grundlage und wird diese auch durch die Rechtssystematik widerlegt. Träfe die Auffassung des Antragsgegners zu, verbliebe die Regelung in § 50 Abs. 4 SGB X ohne jeden Anwendungsbereich. Dass dies auf einem Redaktionsversehen beruhen könnte, ist zur Überzeugung des Senats auszuschließen. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber den Behörden über die Regelung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X gerade auch für Erstattungsansprüche die Möglichkeit eingeräumt, sich selbständig zu einer längeren Verjährungsfrist zu verhelfen, indem sie einen die Verjährung hemmenden Verwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X erlassen. Diese Möglichkeit hat der Antragsgegner vorliegend jedoch offensichtlich nicht genutzt, sodass es bei der vierjährigen Verjährungsfrist verbleibt.
b) Angesichts der ganz erheblichen rechtlichen Bedenken bzgl. des Vorgehens des Antragsgegners ist es der Antragstellerin vorliegend auch nicht zuzumuten, sie auf ein Hauptsacheverfahren zu verweisen. Die Antragstellerin bezieht weiterhin Leistungen zur Grundsicherung, sodass für sie eine Vollstreckung - in welch geringem Umfang auch immer - eine Härte bedeuten würde. Umgekehrt ist auf Seiten des Antragsgegners kein irgendwie geartetes Eilbedürfnis erkennbar. Sollten seine Ansprüche - wozu der Senat tendiert - bereits verjährt sein, kann ihm kein zu billigendes Interesse an einer Vollstreckung derselben zustehen. Sollte hingegen keine Verjährung eingetreten sein, weil tatsächlich eine Verjährungsfrist von 30 Jahre gilt, dann verbleibt dem Antragsgegner - auch unter Berücksichtigung der eingeschränkten Minderjährigenhaftung - ausreichend Zeit zur Vollstreckung. Gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung spricht hier schließlich auch nicht, dass bisher eine Vollstreckung offenbar nicht eingeleitet wurde, sondern lediglich eine Mahnung und eine Vollstreckungsankündigung vorliegen. Zwar geht der Senat davon aus, dass es der Antragstellerin durchaus zuzumuten gewesen wäre, vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes zunächst mit der Bundesagentur für Arbeit sowie dem Antragsgegner eine außergerichtliche Klärung anzustreben, was nach Aktenlage nicht geschehen ist. Indes hat der Antragsgegner zwischenzeit-lich deutlich gemacht, dass er nicht beabsichtigt, von der Vollstreckung abzusehen. Es ist daher zumindest nunmehr - auch angesichts des Ablaufs der gesetzten Zah-lungsfrist - mit der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen.
3. Schließlich ist es zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, dass sich die vom Sozialgericht Berlin erlassene einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner richtet, obwohl die Vollstreckungsankündigung von der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service - stammt.
Nach § 3 Abs. 4 VwVG wird eine Vollstreckungsanordnung von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend macht. Gemäß § 250 Abs. 1 AO tritt eine Vollstreckungsbehörde, die auf Ersuchen einer anderen Vollstreckungsbehörde Vollstreckungsmaßnahmen ausführt, an die Stelle der anderen Vollstreckungsbehörde. Für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs bleibt die ersuchende Vollstreckungsbehörde verantwortlich. Vorliegend hat die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Vollstreckungsankündigung vom 15. Oktober 2018 dargetan, dass sie vom Antragsgegner mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges beauftragt sei. Tatsächlich kann nach § 44b Abs. 4 Satz 1 SGB II die gemeinsame Einrichtung einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Über die Übertragung einzelner Aufgaben, zu denen insbesondere die Übertragung des Forderungseinzuges auf die Bundesagentur gehört (vgl. Korte in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 44b Rn. 24 m.w.N.), entscheidet nach § 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB II die Trägerversammlung. Ob es hier tatsächlich zu einer entsprechenden Übertragung gekommen ist, kann letztlich zumindest im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn der Antragsgegner den Forderungseinzug der Bundesagentur zulässigerweise übertragen haben sollte mit der Folge, dass im Verhältnis zwischen dem Antragsgegner und der Bundesagentur wirksam die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit Reckling¬hausen als Anordnungsbehörde im Sinne des § 3 Abs. 4 VwVG begründet und damit diese auch für die Überprüfung der Vollstreckungsanordnung zuständig geworden sein sollte, kann die Antragstellerin ihren Vollstreckungseinstellungsantrag nach dem Rechtsgedanken des § 16 Abs. 2 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) wirksam auch beim Antragsgegner anbringen. Denn jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG verpflichtet die Stellung als Anordnungsbehörde nach § 3 Abs. 4 VwVG auch die ersuchende Behörde - hier den Antragsgegner - in jeder Phase des Verfahrens, auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren. Dies folgt aus dem Zweck der von der Anordnungsbehörde zu erlassenden Vollstreckungsanordnung, vor Einleitung der Vollstreckung förmlich nach Maßgabe des Katalogs in § 3 Abs. 2 VwVG deren Statthaftigkeit zu bekräftigen. Damit ist der Anordnungsbehörde eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zugewiesen, die mit dem Erlass des Vollstreckungsauftrages nicht entfällt. Vielmehr bleibt die ersuchende Vollstreckungsbehörde nach § 40 Abs. 8 SGB II i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVG und § 250 Abs. 1 Satz 2 AO für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs auch dann verantwortlich, wenn die Zuständigkeit zur Ausführung der Vollstreckung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 AO auf die ersuchte Behörde übergegangen ist. Dies begründet die Verpflichtung der Anordnungsbehörde, in jedem Stadium der Vollstreckung selbständig auf Änderungen der Statthaftigkeit der Vollstreckung zu reagieren und ggf. deren Einstellung zu veranlassen (BSG, Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - juris, Rn. 19 f.). Dies auch deshalb, weil die Auseinandersetzung um die Verjährung der der Mahnung und Vollstreckungsankündigung zugrunde liegenden Erstattungsbescheide letztlich mit ihm geführt wird.
4. Ob das Begehren der Antragstellerin hier ergänzend auch dahin auszulegen gewesen wäre, die aufschiebende Wirkung ihres - möglicherweise in dem einstweiligen Rechtsschutzantrag zu sehenden - Widerspruchs gegen die Festsetzung von Mahngebühren in Höhe von 8,00 EUR (vgl. zur Qualität der Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt: BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 54/10 R - juris, Rn. 14) anzuordnen oder festzustellen, kann dahinstehen. Das Sozialgericht hat hierzu keine Entscheidung getroffen; von der insoweit ggfs. beschwerten Antragstel-lerin wurde indes keine Beschwerde eingelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin war abzulehnen, denn die Antragstellerin ist aufgrund der unanfechtbaren Kostenentscheidung in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung selbst aufzubringen.
Mit diesem Beschluss hat sich zugleich der Antrag nach § 199 SGG erledigt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung gegen sie festgesetzter Erstattungsforderungen.
Die 2006 geborene Antragstellerin und ihre allein sorgeberechtigte Mutter kamen im September 2012 aus Kasachstan nach Deutschland. Hier bezogen sie ab Oktober 2012 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Antragsgegner.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2013 hob dieser die für die Antragstellerin erfolgte Bewilligung von Leistungen für die Monate Februar und März 2013 - wegen des Bezuges von Unterhaltsvorschuss - teilweise in Höhe von insgesamt 360,00 EUR auf. Mit Bescheid vom 04. November 2013 hob er die Leistungsbewilligung für die Monate November 2012 bis Februar 2013 teilweise in Höhe von insgesamt 1.226,65 EUR auf, nachdem Kindergeld bewilligt worden war, wobei er das im November 2012 für die Monate September und Oktober 2012 ausgezahlte Kindergeld als einmalige Einnahme betrachtete und auf sechs Monate verteilt anrechnete. Weiter machte er in den Bescheiden Erstattungsforderungen in jeweils entsprechender Höhe gegen die Antragstellerin geltend. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Zum 01. November 2013 verzogen die Antragstellerin und ihre Mutter in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters.
Unter Verweis auf die vorgenannten Bescheide wandte die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service, sich "im Auftrag des Jobcenters" mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 an die Mutter der Antragstellerin, erklärte sich zur Wahrnehmung des Forderungseinzugs für beauftragt und mahnte die Zahlung der am 16. August und 22. November 2013 fälligen Forderungen in Höhe von insgesamt noch 1.506,65 EUR an. Weiter machte sie Mahngebühren in Höhe von 8,00 EUR geltend und kündigte an, die zwangsweise Einziehung der Forderung zu veranlassen, falls die Zahlung nicht bis zum 29. Oktober 2018 eingegangen sein sollte.
Am 26. Oktober 2018 hat die - anwaltlich vertretene - Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Berlin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Vollziehung der Erstattungsbescheide einzustellen und zur Begründung geltend gemacht, dass die Erstattungsforderungen verjährt seien.
Der Antragsgegner ist der Einrede der Verjährung entgegengetreten und hat insoweit ausgeführt, dass die nach §§ 50 Abs. 4 Satz 3, 52 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) hier geltende Frist von 30 Jahren ab Unanfechtbarkeit des Festsetzungsbescheides nach § 50 Abs. 3 SGB X nicht abgelaufen sei.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 21. November 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Vollstreckung der Forderungen aus den Bescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 in Höhe von 1.506,65 EUR vorläufig einzustellen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen dargelegt, dass ein Anordnungsanspruch bestehe. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Einstellung der Vollstreckungen. Es lägen die Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung vor. Nach § 257 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 40 Abs. 8 SGB II sowie § 5 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) sei eine Vollstreckung u.a. einzustellen, sobald der Anspruch auf die Leistung erloschen sei (Nr. 3). Die hier streitigen Forderungen seien in diesem Sinne erloschen, da sie verjährt seien. § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X gelte für die Verjährung von Erstattungsansprüchen. Die dreißigjährige Verjährungsfrist gemäß § 52 Abs. 2 SGB X greife hingegen erst bei Unanfechtbarkeit eines weiteren Verwaltungsaktes ein, mit dem die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erfolge. Hieran fehle es jedoch vorliegend. Für einen Vorrang von § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X spreche im Übrigen, dass es sich um die speziellere Vorschrift handele. Überdies würde § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X leerlaufen, wenn stets auf § 52 Abs. 2 SGB X zurückgegriffen würde. Die Verjährungsfrist habe vorliegend mit dem 01. Januar 2014 zu laufen begonnen und am 31. Dezember 2017 geendet. Auch stehe der Antragstellerin ein Anordnungsgrund zur Seite, da eine Eilbedürftigkeit im Hinblick auf die bereits eingeleiteten und angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen gegeben sei. Bei gegebenem Anspruch auf Einstellung der Vollstreckungsmaßnahmen sei ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar.
Gegen diesen ihm am 22. November 2018 zugestellten Beschluss richtet sich - bei sachgerechter Auslegung - die am 29. November 2018 erhobene Beschwerde des Antragsgegners. Unter Wiedergabe verschiedener Fundstellen führt er aus, dass aus der Regelung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X, nach der § 52 SGB X unberührt bleibe, folge, dass Verwaltungsakte, die zugleich mit der Festsetzung nach Absatz 3 Satz 1 oder innerhalb der 4-Jahres-Frist des Absatz 4 Satz 1 zur Durchsetzung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergingen, nach § 52 Abs. 2 eine Verjährungsfrist von 30 Jahren - gerechnet ab Rechtskraft des Durchsetzungsbescheides - in Gang setzten. Diese Regelung erkläre sich daraus, dass die Behörde mit dem Versuch, die festgestellte Forderung durchzusetzen, alles getan habe, den Anspruch zu realisieren. Dieser Anspruch solle ihr bei Nichterfüllung deshalb ohne weiteres 30 Jahre lang erhalten bleiben. Gleiches gelte, wenn zugleich mit dem Erstattungsbescheid nach Absatz 3 die Aufrechnung oder später die Verrechnung erklärt oder eine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt werde. Sozialleistungsträger sollten nicht genötigt werden, noch nicht gebotene Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten oder den Klageweg zu beschreiten, sondern könnten sich durch den Erlass eines Verwaltungsakts einen Titel beschaffen, aus dem dann 30 Jahre lang ihr Anspruch geltend gemacht werden könnte. Der im vorliegenden Fall erlassene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erfülle die Voraussetzungen eines ("weiteren") Verwaltungsaktes, der zur Feststellung der Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen worden sei.
Die inzwischen vom Jobcenter Berlin Marzahn-Hellersdorf Grundsicherungsleistungen beziehende Antragstellerin ist dem entgegen getreten und hat weiter dargetan, dass angesichts ihrer prekären finanziellen Situation für sie eine unbillige Härte gegeben wäre, wenn der Antragsgegner die Vollstreckung weiter betreibe. Zugleich hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2018 ist gemäß § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Allerdings kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Vollstreckung der Erstattungsforderungen aus den Bescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 in Höhe von insgesamt 1.506,65 EUR vorläu-fig einzustellen. Denn weder ist es zu beanstanden, dass das Sozialgericht - dem Antrag der Antragstellerin folgend - im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden und das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung bejaht hat, noch begegnet es Bedenken, dass es die einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner ausgesprochen hat.
1. Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass einstweiliger Rechtsschutz vorliegend nach § 86 b Abs. 2 SGG zu gewähren ist. Denn gegen die "Mahnung" und Ankündigung der zwangsweisen Einziehung der Forderungen ist kein Widerspruch gegeben. Dieser kommt mangels Regelungswirkung nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes zu. Vielmehr hat die Vollstreckungsankündigung lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf die Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen (vgl. BSG Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - juris, Rn. 12, 15 m.w.N.). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG scheidet damit von vornherein aus.
2. Auch hat das Sozialgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht bejaht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Sicherungs- bzw. Regelungsanordnung glaubhaft zu machen. Dies ist der Antragstellerin hier gelungen.
a) Der Senat sieht es als überwiegend wahrscheinlich an, dass das Gericht der Hauptsache eine Einstellung der Vollstreckung aus den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 anordnen wird.
Zutreffend hat das Sozialgericht insoweit geprüft, ob die angekündigte Vollstreckung aus den vorgenannten Erstattungsbescheiden überhaupt bzw. hier insbesondere noch statthaft ist. Rechtliche Grundlage dafür ist § 257 Abs. 1 AO, der bei summarischer Prüfung über § 40 Abs. 8 SGB II i.V.m. §§ 1 bis 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) anwendbar ist. Denn nach § 40 Abs. 8 1. Halbsatz SGB II gilt für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes. Da der Antragsgegner kein zugelassener kommunaler Träger i.S.d. § 6a SGB II ist, richtet sich die Vollstreckung aus den hier maßgeblichen Bescheiden nach den die Vollstreckung von Geldforderungen betreffenden §§ 1 bis 4 VwVG sowie der - auf einzelne Bestimmungen, insbesondere die §§ 249 ff. AO verweisenden - Regelung in § 5 Abs. 1 VwVG.
Nach § 257 Abs. 1 AO ist eine Vollstreckung dann einzustellen oder zu beschränken, wenn die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind (Nr. 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr. 2), der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr. 3) oder die Leistung gestundet worden ist (Nr. 4). Gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 AO können Verwaltungsakte vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist. Schließlich regelt § 3 Abs. 2 VwVG, dass eine Vollstreckung nur eingeleitet werden darf, wenn ein Leistungsbescheid vorliegt, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist, die Leistung fällig ist und ein - hier nicht relevanter – Zeitabschnitt verstrichen ist. So wenig wie das Sozialgericht verkennt auch der Senat nicht, dass - ausgehend von ihrem jeweiligen Wortlaut - keine dieser Bestimmungen im Falle der Erhebung einer Verjährungseinrede der Vollstreckung entgegenstünde. Gleichwohl hat auch er keine Zweifel, dass es dem Antragsgegner verwehrt sein muss, aus einem Erstattungsbescheid zu vollstrecken, falls die Erstattungsforderung bereits verjährt ist. Ob hier - wie das Sozialgericht meint - letztlich vom Erlöschen der Forderung auszugehen, eine der anderen Bestimmungen erweiternd auszulegen oder eine sonstige Regelung heranzuziehen ist, kann letztlich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dahinstehen. Denn hilfsweise wäre hier auf § 258 AO zurückzugreifen, nach dem eine Vollstreckung einstweilen einzustellen ist, soweit die Vollstreckung unbillig ist. Denn jedenfalls dies ist hier der Fall, da bei summarischer Prüfung sehr viel dafür spricht, dass die Erstattungsforderungen verjährt sind und eine gleichwohl erfolgende Vollstreckung nicht der Billigkeit entspricht.
Zur Überzeugung des Senats ist hier bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Erstattungsansprüche des Antragsgegners gegen die Antragstellerin verjährt sind. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Gemäß § 50 Abs. 3 SGB X ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden. Eben dies hat der Antragsgegner vorliegend mit seinen Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 29. Juli und 04. November 2013 getan. Weiter wird in § 50 Abs. 4 SGB X geregelt, wann der Erstattungsanspruch verjährt. Dies ist gemäß Satz 1 in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist, der Fall. Vorliegend sind mithin die im Jahre 2013 bestandskräftig festgesetzten Erstattungsansprüche mit Ablauf des Jahres 2017 verjährt.
Soweit hingegen der Antragsgegner meint, eine Verjährung trete erst nach 30 Jahren ein, folgt der Senat ihm nicht. Zwar heißt es in dem die Verjährung von Erstattungsansprüchen regelnden § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass § 52 SGB X unberührt bleibt, und wird in dieser Vorschrift bestimmt, dass die Verjährungsfrist 30 Jahre beträgt, wenn ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, unanfechtbar geworden ist. Einen entsprechenden Verwaltungsakt hat der Antragsgegner jedoch - wie bereits das Sozialgericht erkannt hat - nicht erlassen. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners rechtfertigt insoweit keine andere Entscheidung. Im Gegenteil sind bereits die von ihm zitierten Ausführungen nicht geeignet, seine eigene Rechtsauffassung zu stützen. Denn zutreffend weist er darauf hin, dass (nur) Verwaltungsakte, die entweder zugleich mit der Festsetzung nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X oder aber innerhalb der 4-Jahres-Frist des § 50 Abs. 4 Satz 1 zur Durchsetzung des festgestellten Erstattungsanspruchs ergehen, nach § 52 Abs. 2 eine Verjährungsfrist von 30 Jahren - gerechnet ab Rechtskraft des Durchsetzungsbescheides - in Gang setzen. Vorliegend ist jedoch weder zugleich mit den Erstattungsbescheiden vom Juli und November 2013 noch innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist irgendein auf die Durchsetzung der festgestellten Erstattungsansprüche gerichteter weiterer Verwaltungsakt ergangen. Soweit der Antragsgegner sich zuletzt auf die Behauptung beschränkt hat, ein Erstattungsbescheid stelle bereits für sich genommen einen Verwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X dar, fehlt es für diese Rechtsauffassung an jeder Grundlage und wird diese auch durch die Rechtssystematik widerlegt. Träfe die Auffassung des Antragsgegners zu, verbliebe die Regelung in § 50 Abs. 4 SGB X ohne jeden Anwendungsbereich. Dass dies auf einem Redaktionsversehen beruhen könnte, ist zur Überzeugung des Senats auszuschließen. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber den Behörden über die Regelung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X gerade auch für Erstattungsansprüche die Möglichkeit eingeräumt, sich selbständig zu einer längeren Verjährungsfrist zu verhelfen, indem sie einen die Verjährung hemmenden Verwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X erlassen. Diese Möglichkeit hat der Antragsgegner vorliegend jedoch offensichtlich nicht genutzt, sodass es bei der vierjährigen Verjährungsfrist verbleibt.
b) Angesichts der ganz erheblichen rechtlichen Bedenken bzgl. des Vorgehens des Antragsgegners ist es der Antragstellerin vorliegend auch nicht zuzumuten, sie auf ein Hauptsacheverfahren zu verweisen. Die Antragstellerin bezieht weiterhin Leistungen zur Grundsicherung, sodass für sie eine Vollstreckung - in welch geringem Umfang auch immer - eine Härte bedeuten würde. Umgekehrt ist auf Seiten des Antragsgegners kein irgendwie geartetes Eilbedürfnis erkennbar. Sollten seine Ansprüche - wozu der Senat tendiert - bereits verjährt sein, kann ihm kein zu billigendes Interesse an einer Vollstreckung derselben zustehen. Sollte hingegen keine Verjährung eingetreten sein, weil tatsächlich eine Verjährungsfrist von 30 Jahre gilt, dann verbleibt dem Antragsgegner - auch unter Berücksichtigung der eingeschränkten Minderjährigenhaftung - ausreichend Zeit zur Vollstreckung. Gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung spricht hier schließlich auch nicht, dass bisher eine Vollstreckung offenbar nicht eingeleitet wurde, sondern lediglich eine Mahnung und eine Vollstreckungsankündigung vorliegen. Zwar geht der Senat davon aus, dass es der Antragstellerin durchaus zuzumuten gewesen wäre, vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes zunächst mit der Bundesagentur für Arbeit sowie dem Antragsgegner eine außergerichtliche Klärung anzustreben, was nach Aktenlage nicht geschehen ist. Indes hat der Antragsgegner zwischenzeit-lich deutlich gemacht, dass er nicht beabsichtigt, von der Vollstreckung abzusehen. Es ist daher zumindest nunmehr - auch angesichts des Ablaufs der gesetzten Zah-lungsfrist - mit der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen.
3. Schließlich ist es zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, dass sich die vom Sozialgericht Berlin erlassene einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner richtet, obwohl die Vollstreckungsankündigung von der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Recklinghausen, Inkasso-Service - stammt.
Nach § 3 Abs. 4 VwVG wird eine Vollstreckungsanordnung von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend macht. Gemäß § 250 Abs. 1 AO tritt eine Vollstreckungsbehörde, die auf Ersuchen einer anderen Vollstreckungsbehörde Vollstreckungsmaßnahmen ausführt, an die Stelle der anderen Vollstreckungsbehörde. Für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs bleibt die ersuchende Vollstreckungsbehörde verantwortlich. Vorliegend hat die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Vollstreckungsankündigung vom 15. Oktober 2018 dargetan, dass sie vom Antragsgegner mit der Wahrnehmung des Forderungseinzuges beauftragt sei. Tatsächlich kann nach § 44b Abs. 4 Satz 1 SGB II die gemeinsame Einrichtung einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Über die Übertragung einzelner Aufgaben, zu denen insbesondere die Übertragung des Forderungseinzuges auf die Bundesagentur gehört (vgl. Korte in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 44b Rn. 24 m.w.N.), entscheidet nach § 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB II die Trägerversammlung. Ob es hier tatsächlich zu einer entsprechenden Übertragung gekommen ist, kann letztlich zumindest im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn der Antragsgegner den Forderungseinzug der Bundesagentur zulässigerweise übertragen haben sollte mit der Folge, dass im Verhältnis zwischen dem Antragsgegner und der Bundesagentur wirksam die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit Reckling¬hausen als Anordnungsbehörde im Sinne des § 3 Abs. 4 VwVG begründet und damit diese auch für die Überprüfung der Vollstreckungsanordnung zuständig geworden sein sollte, kann die Antragstellerin ihren Vollstreckungseinstellungsantrag nach dem Rechtsgedanken des § 16 Abs. 2 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) wirksam auch beim Antragsgegner anbringen. Denn jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG verpflichtet die Stellung als Anordnungsbehörde nach § 3 Abs. 4 VwVG auch die ersuchende Behörde - hier den Antragsgegner - in jeder Phase des Verfahrens, auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren. Dies folgt aus dem Zweck der von der Anordnungsbehörde zu erlassenden Vollstreckungsanordnung, vor Einleitung der Vollstreckung förmlich nach Maßgabe des Katalogs in § 3 Abs. 2 VwVG deren Statthaftigkeit zu bekräftigen. Damit ist der Anordnungsbehörde eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zugewiesen, die mit dem Erlass des Vollstreckungsauftrages nicht entfällt. Vielmehr bleibt die ersuchende Vollstreckungsbehörde nach § 40 Abs. 8 SGB II i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVG und § 250 Abs. 1 Satz 2 AO für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs auch dann verantwortlich, wenn die Zuständigkeit zur Ausführung der Vollstreckung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 AO auf die ersuchte Behörde übergegangen ist. Dies begründet die Verpflichtung der Anordnungsbehörde, in jedem Stadium der Vollstreckung selbständig auf Änderungen der Statthaftigkeit der Vollstreckung zu reagieren und ggf. deren Einstellung zu veranlassen (BSG, Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - juris, Rn. 19 f.). Dies auch deshalb, weil die Auseinandersetzung um die Verjährung der der Mahnung und Vollstreckungsankündigung zugrunde liegenden Erstattungsbescheide letztlich mit ihm geführt wird.
4. Ob das Begehren der Antragstellerin hier ergänzend auch dahin auszulegen gewesen wäre, die aufschiebende Wirkung ihres - möglicherweise in dem einstweiligen Rechtsschutzantrag zu sehenden - Widerspruchs gegen die Festsetzung von Mahngebühren in Höhe von 8,00 EUR (vgl. zur Qualität der Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt: BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 54/10 R - juris, Rn. 14) anzuordnen oder festzustellen, kann dahinstehen. Das Sozialgericht hat hierzu keine Entscheidung getroffen; von der insoweit ggfs. beschwerten Antragstel-lerin wurde indes keine Beschwerde eingelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin war abzulehnen, denn die Antragstellerin ist aufgrund der unanfechtbaren Kostenentscheidung in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung selbst aufzubringen.
Mit diesem Beschluss hat sich zugleich der Antrag nach § 199 SGG erledigt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved