Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 30895/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1023/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 76/19 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine erstinstanzlich vor dem Berufungsgericht, wegen unzulässiger Berufung als unzulässige Klageänderung, erhobene Klage wird durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG wirkungslos entsprechend §§ 202 Abs 1 SGG, 524 Abs 4 ZPO (Anschluss an BGH, Urteil vom 24.10.2013, III ZR 403/12).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2015, S 104 AS 30895/13, wird als unzulässig verworfen.
Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Monat Januar 2014 als Barleistung statt als Sachleistung.
Die Beklagte bewilligte dem 1964 geborenen Kläger mit Bescheid vom 21. August 2013 Arbeitslosengeld II für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 27. August 2013 (Aktenzeichen der Beklagten W 6014/13). Nach Erlass der Änderungsbescheide vom 6. und 10. September 2013 wurde der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2013 zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger am 15. Oktober 2013 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (zum Aktenzeichen S 156 AS 2473 3/13), mit der er die Bewilligung höherer Leistungen für die Zeit ab August 2013 bis Januar 2014 geltend machte. Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 29. Januar 2014 zum Verfahren S 196 AS 21507/13 verbunden.
Die Beklagte erließ die weiteren Änderungsbescheide vom 21. und 23. November 2013 und vom 12. Dezember 2013. Mit dem Bescheid vom 12. Dezember 2013 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 276,40 EUR für den Zeitraum vom 1. bis 31. Januar 2014 (Regelbedarf 391,00 EUR abzgl. Minderung aufgrund einer Sanktion von 114,60 EUR). Die Änderung sei wegen des Wegfalls von Einkommen zugunsten des Klägers erfolgt. Der Nachzahlungsbetrag werde in den nächsten Tagen ausgezahlt. Dieser Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens.
Mit Schreiben ebenfalls vom 12. Dezember 2013 teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage wegen der angebotenen Lebensmittelgutscheine mit, dass die Leistungen statt als Barleistung wegen des unwirtschaftlichen Verhaltens des Klägers als Sachleistung erbracht würden.
Gegen die Bescheide vom 12. Dezember 2013 legte der Kläger am 16. Dezember 2013 Widerspruch ein (W 9218/13 und W 9225/13), welche die Beklagte durch die Widerspruchsbescheide vom 16. Dezember 2013 jeweils als unzulässig verwarf. Der Kläger erhob dagegen am 19. Dezember 2013 Klage und hat zunächst höhere Leistungen "fortlaufend ab 1. Januar 2014" und diese Leistungen als Barleistungen und nicht als Sachleistungen verlangt. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen in beiden Widersprüchen.
Das Sozialgericht Berlin ging von einem auf den Monat Januar 2014 begrenzten Streitgegenstand aus und wies durch Urteil vom 24. März 2015, S 104 AS 30895/13, die so verstandenen Klagen ab, weil diese unzulässig seien. Die gegen den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2013 gerichtete Klage sei unzulässig, weil ihr die Rechtshängigkeit des Gegenstandes im Verfahren S 196 AS 21507/13 entgegen-stehe. Soweit sich der Kläger gegen das Schreiben vom 12. Dezember 2013 zur Sachleistung wende, sei die Klage nicht statthaft, weil es sich bei dem Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt handele, denn es habe nur informatorischen Charakter ohne Regelungswirkung. Das Gericht verweise im Übrigen auf die Widerspruchsbescheide. Das Urteil enthielt eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend, dass die Berufung gegeben sei.
Der Kläger hat am 16. April 2015 beim Urkundsbeamten des Sozialgerichts Berlin "Berufung" eingelegt, die am 20. April 2015 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einging. Er verweise auf die Urteile des BVerfG vom 12. Mai 2005, 9. Februar 2010 und 14. Juli 2014, Sozialcharta von 1961 und Art. 2 des Genfer Abkommens von 1949. Er habe die Leistungen immer als Sachgutschein und teils in Barleistung erhalten. Die Sachgutscheine habe er zurückgegeben und eine Nachzahlung der auf die Sachgutscheine zuzahlenden Gelder nicht erhalten. Ein entsprechender gerichtlicher Beschluss zur Vermögensverwaltung habe nicht vorgelegen.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
1. den Gerichtsbescheid (gemeint: das Urteil) des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2015 aufzuheben, 2. den Änderungsbescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2013 (W 9218/13) und das Schreiben der Beklagten vom 13. Dezember 2013 (gemeint 12. Dezember 2013) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2013 (W 9225/13) zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Monat Januar 2014 höhere Leistungen der Grundsicherung als Barleistung zu gewähren.
Auf gerichtliche Nachfrage zum Streitgegenstand und der darauf begründeten Bedenken zur Statthaftigkeit der Berufung äußerte der Kläger am 19. August 2015, laut dem anliegenden Bescheid der Beklagten vom 12. August 2015 betrage der Beschwerdewert ca. 4000 EUR. Sein vorheriges Vorbringen sei jedoch nicht beachtet worden. Er habe deutlich gemacht, dass Leistungen seit November 2014 streitig seien. Somit müsse der Streitwert bei ca. 9000 EUR liegen.
Der Bescheid vom 12. August 2015 betraf die Zeiträume vom 1. Februar bis 31. Juli 2015. Auf den richterlichen Hinweis, dass der Bescheid vom 12. August 2015 erst nach der Entscheidung des Sozialgerichts ergangen sei und daher nicht Gegenstand dieser Entscheidung und deswegen auch nicht des Berufungsverfahrens sein könne, erklärte der Kläger am 20. August 2015: "Das Geld aus dem Bescheid vom 12. August 2015 ist bis heute nicht eingegangen. [ ] Ich bitte um mündliche Verhandlung." Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 antwortete der Kläger auf den gerichtlichen Hinweis, dass es sich hinsichtlich des Begehrens zum Bescheid vom 12. August 2015 um eine unzulässige Klageänderung handeln dürfte: "Ich lasse den ursprungliche Förderung gelten, wie festhalten zu Bescheid von 12.08.2018".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Aus ihrer Sicht ist die Berufungssumme nicht erreicht. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf die Ausführungen des Urteils des Sozialgerichts.
Der Senat hat die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung nach § 158 SGG angehört.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird gemäß §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II
Die Berufung ist unzulässig.
Nach § 158 SGG gilt: Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Eine Entscheidung durch Beschluss ist ausgeschlossen, wenn die erstinstanzliche Entscheidung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 158 RdNr 6). Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Beteiligten hatten hinreichend Gelegenheit zur Äußerung, weshalb es der Senat für ermessensgerecht hält, durch Beschluss zu entscheiden.
Die Berufung ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 1 SGG).
Im vorliegenden Fall richtete sich die Klage ausdrücklich auf eine Geldleistung, nämlich höhere Grundsicherungsleistung und zwar als Barzahlung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der vom Kläger mit der Berufung verfolgten Klage übersteigt nicht den Betrag von 750 EUR. Dabei ist der Wert des Beschwerdegegenstandes durch die Beschwer begrenzt, welche vom angefochtenen Urteil ausgeht und nur insoweit, als sein Begehren mit der Berufung weiter verfolgt wird (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 144 RdNr 14 mwN). Dahin stehen kann, ob das Sozialgericht das Klagebegehren zutreffend ausgelegt hat, indem es lediglich über die auf Grundsicherungsleistungen für den Monat Januar 2014 gerichtete Klage befunden hat. Denn der Kläger hat die Berufung ausweislich des im Berufungsschreiben formulierten Antrages ausdrücklich nur für den Monat Januar 2014 eingelegt. Den Gründen der Berufung lässt sich nichts dafür entnehmen, dass sein eigentliches Begehren weiter reichen könnte als nach dem gestellten Antrag. Die Auslegung seines Vortrages gemäß § 123 SGG ergibt unter diesen Umständen, dass der Kläger Berufung nur für den Monat Januar 2014 eingelegt hat und insoweit zwei Begehren verfolgt: Einerseits verlangt er höhere Grundsicherungsleistungen, wobei er den Umfang der geforderten Erhöhung auch auf gerichtliche Nachfrage nicht konkretisiert hat, und andererseits die Erbringung der Leistung als Bar- statt als Sachleistung.
Laufende Leistungen für mehr als ein Jahr sind mithin vom Berufungsbegehren nicht betroffen. Das Urteil vom 24. März 2015 hatte den erst danach erlassenen, nämlich auf den 12. August 2015 datierten Bescheid der Beklagten und dessen Regelungszeiträume vom 1. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 nicht zum Gegenstand. Es ist auch nicht erkennbar, dass dieses Begehren bis zur sozialgerichtlichen Entscheidung bereits zum Gegenstand der Klage geworden sein könnte. Klageänderungen im Berufungsverfahren haben keinen Einfluss auf den Beschwerdewert (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 144 RdNr 20 mwN zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung). Der Hinweis des Klägers auf den Bescheid vom 12. August 2015 und die von ihm insofern klageändernd erhobene Forderung kann für die Bestimmung des Beschwerdewerts deshalb nicht herangezogen werden.
Dem im Übrigen nicht bezifferten und trotz gerichtlicher Aufforderung zur näheren Bestimmung des Klagebegehrens auch sonst nicht weiter konkretisierten Klagebegehren lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger die Auszahlung der ihm für Januar 2014 zustehenden Leistungen statt als Sachleistung bar ausgezahlt erhalten will. Berücksichtigte man über die für Januar 2014 in Höhe von 276,40 EUR bewilligte Leistung auch noch, dass sich der Kläger gegen den begünstigenden Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2013 zur Erlangung einer höheren Grundsicherungsleistung auch noch gegen die Absenkung aufgrund einer Sanktion in Höhe von 114,60 EUR wenden könnte, ergibt sich eine maximale Beschwer von 391,00 EUR. Auch damit wird jedoch der Grenzbetrag von 750 EUR nicht überschritten.
Ist die Berufung nicht statthaft, scheidet eine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung aus.
Die vom Kläger ausdrücklich eingelegte Berufung ist auch nicht als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen. Das Berufungsschreiben lässt mit dem wiederholten Hinweis auf den Berufungscharakter nach dem Wortlaut des Rechtsmittelschriftsatzes keinen Zweifel am Charakter des Rechtsmittels. Auch auf gerichtlichen Hinweis hat der Kläger nicht zu erkennen gegeben, durch ein anderes Rechtsmittel vorgehen zu wollen. Eine Umdeutung in einen anderen Rechtsbehelf ist ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, JURIS-RdNr 18 ff).
Soweit der Kläger den Streitstoff zum Bescheid vom 12. August 2015 klageändernd in das Verfahren einbezogen hat, ist darüber nicht zu entscheiden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich nicht um ein Begehren, das bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht Klagegegenstand war. Es handelt sich um eine zusätzliche, vor dem LSG erstinstanzlich erhobene Klage. Sie stellt eine nach § 99 SGG unzulässige Klageerweiterung dar, weil eine Klageänderung im Berufungsverfahren stets eine zulässige Berufung voraussetzt (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 99 RdNr 12 mwN). Über eine solche mangels zulässiger Berufung unzulässige Klage ist durch das Berufungsgericht nicht zu entscheiden, weil diese Klageerweiterung mit der Verwerfung der Berufung nach § 158 SGG wirkungslos wird. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von §§ 202 Abs 1 SGG, 524 Abs 4 ZPO (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013, III ZR 403/12, RdNr 8 und 19 mwN; Beschluss vom 06.11.2014, IX ZR 204/13, RdNr 2, und Urteil vom 03.11.2016, III ZR 84/15, RdNr 14 ff; Heßler in Zöller: ZPO, 32. Aufl, § 522 RdNr 37 jeweils mwN zur insofern herrschenden Meinung). Soweit die zivilrechtliche Rechtsprechung zu Fällen der einstimmigen Zurückweisung der Berufung in der Sache ergangen ist und insofern Unterschiede zu § 153 Abs 4 SGG gerade für den Fall der Klageänderung bestehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 153 RdNr 15b mwN), lassen sich wesentliche systematische und teleologische Unterschiede bei der Anwendung der §§ 202 Abs 1 SGG, 524 Abs 4 ZPO im Rahmen des hier maßgeblichen § 158 SGG nicht feststellen. Wenn schon über das Rechtsmittel durch das Berufungsgericht nicht in der Sache entschieden werden darf, lässt sich kein Grund erkennen, warum die unzulässige und bei der erkennbar falschen Instanz angebrachte Klageänderung nicht auch das Schicksal einer Widerklage oder Anschlussberufung teilen können soll oder gar entgegen der gesetzgeberischen Intentionen des § 158 SGG (BSG, Beschluss vom 10.07.2012, B 13 R 53/12 B, RdNr 15, in RdNr 11 und 13 ff zur Zulässigkeit der Entscheidung über eine Wiederaufnahmeklage im Wege des § 158 SGG) das Berufungsgericht zu einer mündlichen Verhandlung nötigen sollte. Eine unzulässige Verfahrensgestaltung durch den Kläger bedarf keines besonderen Rechtsschutzes. Zudem war im vorliegenden Fall der Kläger durch den Senat rechtzeitig und ausdrücklich auf die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 12. August 2015 hingewiesen worden. Wird die unzulässige Klageänderung bei Verwerfung der Berufung nach § 158 SGG wirkungslos, darf das Berufungsgericht über die erstinstanzlich vor dem Berufungsgericht erhobene Klage weder erstinstanzlich entscheiden noch diese an das Sozialgericht wegen dessen erstinstanzlicher Entscheidungskompetenz verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 SGG).
Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Monat Januar 2014 als Barleistung statt als Sachleistung.
Die Beklagte bewilligte dem 1964 geborenen Kläger mit Bescheid vom 21. August 2013 Arbeitslosengeld II für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 27. August 2013 (Aktenzeichen der Beklagten W 6014/13). Nach Erlass der Änderungsbescheide vom 6. und 10. September 2013 wurde der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2013 zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger am 15. Oktober 2013 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (zum Aktenzeichen S 156 AS 2473 3/13), mit der er die Bewilligung höherer Leistungen für die Zeit ab August 2013 bis Januar 2014 geltend machte. Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 29. Januar 2014 zum Verfahren S 196 AS 21507/13 verbunden.
Die Beklagte erließ die weiteren Änderungsbescheide vom 21. und 23. November 2013 und vom 12. Dezember 2013. Mit dem Bescheid vom 12. Dezember 2013 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 276,40 EUR für den Zeitraum vom 1. bis 31. Januar 2014 (Regelbedarf 391,00 EUR abzgl. Minderung aufgrund einer Sanktion von 114,60 EUR). Die Änderung sei wegen des Wegfalls von Einkommen zugunsten des Klägers erfolgt. Der Nachzahlungsbetrag werde in den nächsten Tagen ausgezahlt. Dieser Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens.
Mit Schreiben ebenfalls vom 12. Dezember 2013 teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage wegen der angebotenen Lebensmittelgutscheine mit, dass die Leistungen statt als Barleistung wegen des unwirtschaftlichen Verhaltens des Klägers als Sachleistung erbracht würden.
Gegen die Bescheide vom 12. Dezember 2013 legte der Kläger am 16. Dezember 2013 Widerspruch ein (W 9218/13 und W 9225/13), welche die Beklagte durch die Widerspruchsbescheide vom 16. Dezember 2013 jeweils als unzulässig verwarf. Der Kläger erhob dagegen am 19. Dezember 2013 Klage und hat zunächst höhere Leistungen "fortlaufend ab 1. Januar 2014" und diese Leistungen als Barleistungen und nicht als Sachleistungen verlangt. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen in beiden Widersprüchen.
Das Sozialgericht Berlin ging von einem auf den Monat Januar 2014 begrenzten Streitgegenstand aus und wies durch Urteil vom 24. März 2015, S 104 AS 30895/13, die so verstandenen Klagen ab, weil diese unzulässig seien. Die gegen den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2013 gerichtete Klage sei unzulässig, weil ihr die Rechtshängigkeit des Gegenstandes im Verfahren S 196 AS 21507/13 entgegen-stehe. Soweit sich der Kläger gegen das Schreiben vom 12. Dezember 2013 zur Sachleistung wende, sei die Klage nicht statthaft, weil es sich bei dem Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt handele, denn es habe nur informatorischen Charakter ohne Regelungswirkung. Das Gericht verweise im Übrigen auf die Widerspruchsbescheide. Das Urteil enthielt eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend, dass die Berufung gegeben sei.
Der Kläger hat am 16. April 2015 beim Urkundsbeamten des Sozialgerichts Berlin "Berufung" eingelegt, die am 20. April 2015 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einging. Er verweise auf die Urteile des BVerfG vom 12. Mai 2005, 9. Februar 2010 und 14. Juli 2014, Sozialcharta von 1961 und Art. 2 des Genfer Abkommens von 1949. Er habe die Leistungen immer als Sachgutschein und teils in Barleistung erhalten. Die Sachgutscheine habe er zurückgegeben und eine Nachzahlung der auf die Sachgutscheine zuzahlenden Gelder nicht erhalten. Ein entsprechender gerichtlicher Beschluss zur Vermögensverwaltung habe nicht vorgelegen.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
1. den Gerichtsbescheid (gemeint: das Urteil) des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2015 aufzuheben, 2. den Änderungsbescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2013 (W 9218/13) und das Schreiben der Beklagten vom 13. Dezember 2013 (gemeint 12. Dezember 2013) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2013 (W 9225/13) zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Monat Januar 2014 höhere Leistungen der Grundsicherung als Barleistung zu gewähren.
Auf gerichtliche Nachfrage zum Streitgegenstand und der darauf begründeten Bedenken zur Statthaftigkeit der Berufung äußerte der Kläger am 19. August 2015, laut dem anliegenden Bescheid der Beklagten vom 12. August 2015 betrage der Beschwerdewert ca. 4000 EUR. Sein vorheriges Vorbringen sei jedoch nicht beachtet worden. Er habe deutlich gemacht, dass Leistungen seit November 2014 streitig seien. Somit müsse der Streitwert bei ca. 9000 EUR liegen.
Der Bescheid vom 12. August 2015 betraf die Zeiträume vom 1. Februar bis 31. Juli 2015. Auf den richterlichen Hinweis, dass der Bescheid vom 12. August 2015 erst nach der Entscheidung des Sozialgerichts ergangen sei und daher nicht Gegenstand dieser Entscheidung und deswegen auch nicht des Berufungsverfahrens sein könne, erklärte der Kläger am 20. August 2015: "Das Geld aus dem Bescheid vom 12. August 2015 ist bis heute nicht eingegangen. [ ] Ich bitte um mündliche Verhandlung." Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 antwortete der Kläger auf den gerichtlichen Hinweis, dass es sich hinsichtlich des Begehrens zum Bescheid vom 12. August 2015 um eine unzulässige Klageänderung handeln dürfte: "Ich lasse den ursprungliche Förderung gelten, wie festhalten zu Bescheid von 12.08.2018".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Aus ihrer Sicht ist die Berufungssumme nicht erreicht. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf die Ausführungen des Urteils des Sozialgerichts.
Der Senat hat die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung nach § 158 SGG angehört.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird gemäß §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II
Die Berufung ist unzulässig.
Nach § 158 SGG gilt: Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Eine Entscheidung durch Beschluss ist ausgeschlossen, wenn die erstinstanzliche Entscheidung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 158 RdNr 6). Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Beteiligten hatten hinreichend Gelegenheit zur Äußerung, weshalb es der Senat für ermessensgerecht hält, durch Beschluss zu entscheiden.
Die Berufung ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 1 SGG).
Im vorliegenden Fall richtete sich die Klage ausdrücklich auf eine Geldleistung, nämlich höhere Grundsicherungsleistung und zwar als Barzahlung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der vom Kläger mit der Berufung verfolgten Klage übersteigt nicht den Betrag von 750 EUR. Dabei ist der Wert des Beschwerdegegenstandes durch die Beschwer begrenzt, welche vom angefochtenen Urteil ausgeht und nur insoweit, als sein Begehren mit der Berufung weiter verfolgt wird (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 144 RdNr 14 mwN). Dahin stehen kann, ob das Sozialgericht das Klagebegehren zutreffend ausgelegt hat, indem es lediglich über die auf Grundsicherungsleistungen für den Monat Januar 2014 gerichtete Klage befunden hat. Denn der Kläger hat die Berufung ausweislich des im Berufungsschreiben formulierten Antrages ausdrücklich nur für den Monat Januar 2014 eingelegt. Den Gründen der Berufung lässt sich nichts dafür entnehmen, dass sein eigentliches Begehren weiter reichen könnte als nach dem gestellten Antrag. Die Auslegung seines Vortrages gemäß § 123 SGG ergibt unter diesen Umständen, dass der Kläger Berufung nur für den Monat Januar 2014 eingelegt hat und insoweit zwei Begehren verfolgt: Einerseits verlangt er höhere Grundsicherungsleistungen, wobei er den Umfang der geforderten Erhöhung auch auf gerichtliche Nachfrage nicht konkretisiert hat, und andererseits die Erbringung der Leistung als Bar- statt als Sachleistung.
Laufende Leistungen für mehr als ein Jahr sind mithin vom Berufungsbegehren nicht betroffen. Das Urteil vom 24. März 2015 hatte den erst danach erlassenen, nämlich auf den 12. August 2015 datierten Bescheid der Beklagten und dessen Regelungszeiträume vom 1. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 nicht zum Gegenstand. Es ist auch nicht erkennbar, dass dieses Begehren bis zur sozialgerichtlichen Entscheidung bereits zum Gegenstand der Klage geworden sein könnte. Klageänderungen im Berufungsverfahren haben keinen Einfluss auf den Beschwerdewert (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 144 RdNr 20 mwN zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung). Der Hinweis des Klägers auf den Bescheid vom 12. August 2015 und die von ihm insofern klageändernd erhobene Forderung kann für die Bestimmung des Beschwerdewerts deshalb nicht herangezogen werden.
Dem im Übrigen nicht bezifferten und trotz gerichtlicher Aufforderung zur näheren Bestimmung des Klagebegehrens auch sonst nicht weiter konkretisierten Klagebegehren lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger die Auszahlung der ihm für Januar 2014 zustehenden Leistungen statt als Sachleistung bar ausgezahlt erhalten will. Berücksichtigte man über die für Januar 2014 in Höhe von 276,40 EUR bewilligte Leistung auch noch, dass sich der Kläger gegen den begünstigenden Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2013 zur Erlangung einer höheren Grundsicherungsleistung auch noch gegen die Absenkung aufgrund einer Sanktion in Höhe von 114,60 EUR wenden könnte, ergibt sich eine maximale Beschwer von 391,00 EUR. Auch damit wird jedoch der Grenzbetrag von 750 EUR nicht überschritten.
Ist die Berufung nicht statthaft, scheidet eine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung aus.
Die vom Kläger ausdrücklich eingelegte Berufung ist auch nicht als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen. Das Berufungsschreiben lässt mit dem wiederholten Hinweis auf den Berufungscharakter nach dem Wortlaut des Rechtsmittelschriftsatzes keinen Zweifel am Charakter des Rechtsmittels. Auch auf gerichtlichen Hinweis hat der Kläger nicht zu erkennen gegeben, durch ein anderes Rechtsmittel vorgehen zu wollen. Eine Umdeutung in einen anderen Rechtsbehelf ist ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, JURIS-RdNr 18 ff).
Soweit der Kläger den Streitstoff zum Bescheid vom 12. August 2015 klageändernd in das Verfahren einbezogen hat, ist darüber nicht zu entscheiden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich nicht um ein Begehren, das bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht Klagegegenstand war. Es handelt sich um eine zusätzliche, vor dem LSG erstinstanzlich erhobene Klage. Sie stellt eine nach § 99 SGG unzulässige Klageerweiterung dar, weil eine Klageänderung im Berufungsverfahren stets eine zulässige Berufung voraussetzt (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 99 RdNr 12 mwN). Über eine solche mangels zulässiger Berufung unzulässige Klage ist durch das Berufungsgericht nicht zu entscheiden, weil diese Klageerweiterung mit der Verwerfung der Berufung nach § 158 SGG wirkungslos wird. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von §§ 202 Abs 1 SGG, 524 Abs 4 ZPO (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013, III ZR 403/12, RdNr 8 und 19 mwN; Beschluss vom 06.11.2014, IX ZR 204/13, RdNr 2, und Urteil vom 03.11.2016, III ZR 84/15, RdNr 14 ff; Heßler in Zöller: ZPO, 32. Aufl, § 522 RdNr 37 jeweils mwN zur insofern herrschenden Meinung). Soweit die zivilrechtliche Rechtsprechung zu Fällen der einstimmigen Zurückweisung der Berufung in der Sache ergangen ist und insofern Unterschiede zu § 153 Abs 4 SGG gerade für den Fall der Klageänderung bestehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt: SGG, 12. Aufl, § 153 RdNr 15b mwN), lassen sich wesentliche systematische und teleologische Unterschiede bei der Anwendung der §§ 202 Abs 1 SGG, 524 Abs 4 ZPO im Rahmen des hier maßgeblichen § 158 SGG nicht feststellen. Wenn schon über das Rechtsmittel durch das Berufungsgericht nicht in der Sache entschieden werden darf, lässt sich kein Grund erkennen, warum die unzulässige und bei der erkennbar falschen Instanz angebrachte Klageänderung nicht auch das Schicksal einer Widerklage oder Anschlussberufung teilen können soll oder gar entgegen der gesetzgeberischen Intentionen des § 158 SGG (BSG, Beschluss vom 10.07.2012, B 13 R 53/12 B, RdNr 15, in RdNr 11 und 13 ff zur Zulässigkeit der Entscheidung über eine Wiederaufnahmeklage im Wege des § 158 SGG) das Berufungsgericht zu einer mündlichen Verhandlung nötigen sollte. Eine unzulässige Verfahrensgestaltung durch den Kläger bedarf keines besonderen Rechtsschutzes. Zudem war im vorliegenden Fall der Kläger durch den Senat rechtzeitig und ausdrücklich auf die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 12. August 2015 hingewiesen worden. Wird die unzulässige Klageänderung bei Verwerfung der Berufung nach § 158 SGG wirkungslos, darf das Berufungsgericht über die erstinstanzlich vor dem Berufungsgericht erhobene Klage weder erstinstanzlich entscheiden noch diese an das Sozialgericht wegen dessen erstinstanzlicher Entscheidungskompetenz verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 SGG).
Rechtskraft
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