Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 2363/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4184/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Personen, die eine von einem Träger der Sozialversicherung – hier Berufsgenossenschaft – finanzierte Umschulung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben absolvieren und Übergangsgeld erhalten, sind versicherungspflichtig gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 SGB III, wenn sie im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld hat.
Der Kläger absolvierte ab 17. September 2012 über die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung zum technischen Produktdesigner und hatte zunächst bis 27. März 2014 Anspruch auf Übergangsgeld (vgl. Bescheide der BGHM vom 30. März 2012 und vom 21. August 2012, Schreiben der BGHM vom 10. Februar 2014). In der Zeit vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 befand sich der Kläger in Haft (vom 13. Januar 2014 bis 17. Januar 2014 im Justizvollzugskrankenhaus A., vom 17. Januar 2014 bis 26. Mai 2014 in der Justizvollzugsanstalt A., vom 26. Mai 2014 bis 10. Juli 2014 in der Justizvollzugsanstalt O., vom 10. Juli 2014 bis 28. Januar 2016 in der Justizvollzugsanstalt F.) und war dort zeitweise versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 23. Februar 2015 befand sich der Kläger bis zu seiner Entlassung am 28. Januar 2016 im Rahmen der Entlassungsvorbereitung im sog. Freigang und setzte die Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner fort, die er am 24. Februar 2017 mit der Abschlussprüfung beendete. Ausweislich der Bescheinigung der AOK - Die Gesundheitskasse - Mittlerer Oberrhein vom 28. Februar 2017 bezog er vom 2. März 2015 bis 24. Februar 2017 Übergangsgeld.
Am 28. Februar 2017 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zum 1. März 2017 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 28. Juni 2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er in den letzten zwei Jahren vor dem 1. März 2017 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen sei und die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe (§§ 142, 143 SGB III). In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei vom 12. September 2012 bis 28. Februar 2017 in einer Umschulung über die BGHM in M. versichert gewesen. Während seines Aufenthalts in der JVA vom 13. Januar 2013 bis 28. Januar 2015 (gemeint 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016) habe er nach einer kurzen Unterbrechung die Umschulung fortgesetzt. Er sei die ganze Zeit krankenversichert gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der (wegen des Bezugs von Übergangsgeld verlängerten) Rahmenfrist (1. März 2012 bis 28. Februar 2017) seien nur 248 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der §§ 24, 26 und 28a SGB III gewesen sei. Während der versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Haft vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 würden nur die Arbeitstage gezählt. Während der beruflichen Reha-Maßnahme habe keine Versicherungspflicht bestanden (maßgeblich sei die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, nicht in der Krankenversicherung). Der Kläger habe daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, weil er nicht mindestens zwölf Monate (=360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juli 2017 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2017 in gesetzlicher Höhe geltend gemacht. Die Anwartschaftszeit sei erfüllt. Die berufliche Reha-Maßnahme der BGHM sei anzurechnen und während der Haft in der JVA F. seien in der Zeit vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 auch weiterhin Beiträge einbezahlt worden.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten und auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2017 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2017 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe ab 1. März 2017 für die gesetzliche Dauer zu bewilligen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2017 habe der Kläger als Gefangener Arbeitsentgelt für mindestens 12 Monate (=360 Tage, vgl. § 339 S. 2 SGB III) im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III erhalten. Er habe vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 durchgängig in der JVA gearbeitet. Der Wortlaut der §§ 24, 25 und 26 SGB III rechtfertige nicht die unterschiedliche Behandlung von Gefangenen, die ihre Arbeit gegen Entlohnung in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art verrichten und Arbeitnehmern, die ihre Arbeitsleistung gegen Entlohnung in einem freien Beschäftigungsverhältnis verrichten. Die Gesetzeshistorie spreche für die Intention des Gesetzgebers, mit der Einführung der Versicherungspflicht für Gefangene gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III die Arbeit der Gefangenen der Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichstellen zu wollen, so dass kein sachlicher Grund für die mit der jetzigen Berechnungspraxis gegebene Ungleichbehandlung zwischen arbeitenden Strafgefangenen und Arbeitnehmern in einem freien Beschäftigungsverhältnis gegeben sei. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die bisherige Berücksichtigung von arbeitsfreien Wochenenden und Wochenfeiertagen als Versicherungspflichtzeiten bei Gefangenen in Anlehnung an die Situation von Arbeitnehmern auch bereits ausdrücklich gebilligt und mit der Berechnung der Beiträge für die Versicherungszeit der Gefangenen in § 1 der Gefangenen-Beitragsverordnung begründet, nach der jeder Arbeitstag mit einem 250-tel der Beitragsbemessungsgrundlage für ein Jahr angesetzt wird. Auch entsprächen die Lohnfindung und Beitragsbemessung der arbeitnehmerähnlichen Gestaltung des Arbeitsumfangs. Insbesondere würden auch für arbeitsfreie Wochenenden und Feiertage, die eine fortlaufende Beschäftigung in der Anstalt unterbrechen, wie im freien Beschäftigungsverhältnis Beiträge abgeführt, was sich aus der Art der Beitragsberechnung ergebe. Würden für einen Gefangenen somit aber für ein Jahr Beiträge entrichtet, müsse dem auch ein Jahr Versicherungspflichtverhältnis entsprechen. Darüber hinaus hätte ein Gefangener, der ein Jahr durchgängig gearbeitet hat (ca. 250 Arbeitstage) nach der Auffassung der Beklagten, arbeitsfreie Wochenenden und Feiertage nicht zu berücksichtigen, noch 110 Arbeitstage "nachzuarbeiten", um die Anwartschaftszeit zu erfüllen, wobei 110 Arbeitstage rund 5 Monaten entsprächen, die zusätzlich zu arbeiten wären. Folglich müsste ein Gefangener rund 17 Monate durchgehend arbeiten, um eine Anwartschaftszeit von 12 Monaten zu erfüllen und wäre damit wesentlich schlechter gestellt als Arbeitnehmer in einem freien Beschäftigungsverhältnis.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. November 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Die längstmögliche erweiterte Rahmenfrist nach § 143 SGB III umfasse die Zeit vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2017. Innerhalb dieser Zeit habe der Kläger der Erfüllung der Anwartschaftszeit dienende Tätigkeiten während der Strafhaft vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 verrichtet. Seit 1. August 2016 seien aufgrund der Änderung des § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III bei der Berechnung der Versicherungspflichtzeiten auch arbeitsfreie Sonnabende, Sonntage und gesetzliche Feiertage zu berücksichtigen, wenn diese innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnittes lägen. Da die vom Kläger während der Strafhaft zurückgelegten Arbeitszeiten vor der Gesetzesänderung lägen, sei eine unmittelbare Anwendung der neuen Rechtslage nicht möglich. Zwar habe das BSG in einem ähnlich gelagerten Fall am 12. September 2017 (B 11 AL 18/16 R) entschieden, dass auch bis zur Gesetzesänderung von Arbeit "umfasste" allgemein arbeitsfreie Tage eine Anwartschaftszeit begründeten. Dies sei jedoch für den vorliegenden Fall unerheblich, weil der Kläger selbst unter Anlegung der vom BSG aufgestellten Maßstäbe die Anwartschaftszeit nicht erfülle, weil sich selbst dann, wenn die von Arbeit "umfassten" allgemein arbeitsfreien Tage während der Strafhaft mit einbezogen würden, insgesamt lediglich 334 Tage ergäben, die berücksichtigt werden könnten. Auch damit habe der Kläger die für die Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderlichen 12 Monate (=360 Tage) versicherungspflichtiger Beschäftigung nicht erreicht. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg, insbesondere die Erfüllung der Anwartschaftszeit, weiterhin für gegeben. Er hat den Berufsausbildungsvertrag mit dem Berufsbildungswerk N. GmbH vom 17. September 2012 sowie den Bescheid über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. September 2012 wegen Beginns einer Reha-Maßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld und die Bescheinigung der Beklagten über den Bezug von Arbeitslosengeld vom 5. Februar 2012 bis 16. September 2012 vorgelegt.
Der Senat hat bei der Justizvollzugsanstalt F. die Auskünfte vom 28. März 2018 und vom 1. Dezember 2018 eingeholt. Danach befand sich der Kläger während der Inhaftierung vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 vom 13. Januar 2014 bis 17. Januar 2014 im Justizvollzugskrankenhaus A., vom 17. Januar 2014 bis 26. Mai 2014 in der Justizvollzugsanstalt A., vom 26. Mai 2014 bis 10. Juli 2014 Justizvollzugsanstalt O. und vom 10. Juli 2014 bis 28. Januar 2016 in der Justizvollzugsanstalt F ... Während der Zeit der Inhaftierung in der JVA A. sei der Kläger im Ausbildungsbetrieb "Metall 2" tätig gewesen, nach der Verlegung am 26. Mai 2014 in die JVA O. vom 2. Juni 2014 bis 9. Juli 2014 in der dortigen Arbeitstherapie und nach der weiteren Verlegung in die JVA F. vom 14. Juli 2014 bis 20. Februar 2015 im Arbeitsbetrieb "Metallfertigung" (im Rahmen einer 5-Tage-Woche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden). Die Fehlzeiten in der Zeit vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 seien durch Betriebsschließungen (Brückentage, Inventur), sonstige Unterbrechungen (Arzt-, Besuchs-, Rechtsanwaltstermine etc.) und Zeiten infolge "unverschuldeter Nichtarbeit" (Zeitraum von Mitteilung des Arbeitswunsches bis zur Einteilung zur Arbeit [Warteliste], wie vom 10. Juli 2014 bis 13. Juli 2014) bedingt gewesen. Auch seien die in der Anlage ersichtlichen sog. Freistellungstage von der Arbeit gemäß §§ 48, 49 JVollzGB III in Anspruch genommen worden und der Kläger habe in Angleichung an das normale Arbeitsleben Arbeitsentgelt erhalten. In den Fällen von Betriebsschließungen, sonstigen Unterbrechungen und Zeiträumen "unverschuldeter Nichtarbeit" habe der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten. Ab dem 23. Februar 2015 bis zu seiner Entlassung am 28. Januar 2016 habe sich der Kläger im Rahmen der Entlassungsvorbereitung im sog. Freigang befunden und an einer Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner teilgenommen. Lohnzahlungen seien von der AOK Baden-Württemberg direkt auf das Gefangenenkonto des Klägers überwiesen worden. An den jeweiligen Sonntagen seien dem Kläger die noch vorhandenen von ihm erarbeiteten Freistellungstage gemäß § 49 JVollzGB III gebucht worden. Beigefügt ist eine Tagesübersicht der Inhaftierungszeit vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 mit Angabe der Beschäftigungszeiten bzw. der Zeiten ohne Beschäftigung gewesen.
Unter Berücksichtigung dieser Übersichten hat die Beklagte ergänzend ausgeführt, danach ergäben sich im Zeitraum vom 27. Januar 2014 bis 1. März 2015 insgesamt 338 Tage, die der Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen dürften. Hierzu hat sie auf eine Kalenderübersicht 2014/2015 und die sich daraus ergebende Berechnung verwiesen. Ab dem 2. März 2015 könne eine Berücksichtigung nicht stattfinden, da dem Kläger Übergangsgeld von der AOK bewilligt worden sei; dieser Zeitraum habe stattdessen die Rahmenfrist verlängert. Für die Zeit vor dem 27. Januar 2014 lägen keine Unterlagen zu etwaigen anderen Versicherungspflichtzeiten vor. Die Tage der Betriebsschließung, sonstiger Unterbrechungen und unverschuldeter Nichtarbeit, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde und Krankheitstage müssten unberücksichtigt bleiben. Eine Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III komme auf den Kläger nicht in Betracht, da er bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Feinwerkmechaniker verfügt habe und die Bildungsmaßnahme ab September 2012 damit keine (erstmalige) Berufsausbildung dargestellt habe. Es habe sich außerdem um eine von der BGHM als Rehabilitationsträger veranlasste außerbetriebliche Weiterbildung gehandelt, so dass der Kläger nicht Auszubildender im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III i.V.m. § 14 SGB III, sondern Teilnehmer an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gewesen sei. Menschen mit Behinderungen, die an außerbetrieblichen Weiterbildungen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf teilnähmen, erhielten – wie der Kläger – keine Ausbildungsvergütung, sondern Ausbildungsgeld oder Übergangsgeld. Bei Bezug von Übergangsgeld bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, nicht jedoch in der Arbeitslosenversicherung, was auch die BGHM mit Bescheid vom 30. März 2012 mitgeteilt habe. Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation seien weder als Zeiten einer Beschäftigung zu behandeln, noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks 13/4941, S. 158). Allein Jugendliche (ohne Anspruch auf Übergangsgeld), die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhielten, seien versicherungspflichtig (§ 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III), jedoch handele es sich beim Kläger um keinen Jugendlichen im Sinne des § 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III.
Der Senat hat von der BGHM weitere Unterlagen im Zusammenhang mit der vom Kläger seit 17. September 2012 absolvierten Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner beigezogen. Danach wurden dem Kläger mit Bescheid vom 30. März 2012 zur dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung gemäß § 35 SGB VII i.V.m. § 33 SGB IX die Kosten der Umschulung (Ausbildungskosten, Unterkunft und Verpflegung, Fahrtkosten, Übergangsgeld [vgl. Bescheid vom 21. August 2012], Sozialversicherungsbeiträge mit Ausnahme des Beitragszuschlags für Kinderlose in der gesetzlichen Pflegeversicherung, Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und des kassenindividuellen Zusatzbeitrags) zum technischen Produktdesigner im Berufsbildungswerk N. gGmbH für die Zeit vom 17. September 2012 bis 31. Januar 2016 bewilligt. Mit Bescheid vom 21. März 2013 hat die BGHM den Bescheid vom 30. März 2012 abgeändert und entschieden, dass die Ausbildung ab dem 25. März 2013 nicht mehr internatsmäßig im Berufsbildungswerk, sondern in virtueller Ausbildungsform (E-Learning) erfolgt, wobei bis 27. März 2014 weiterhin Anspruch auf Übergangsgeld bestand (vgl. Schreiben der BGHM an die JVA A. vom 10. Februar 2014). Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 wurde die Maßnahme (nach Ablegen der Zwischenprüfung im März 2014 und Verlegung von der JVA A. nach O. am 26. Mai 2014) mit Wirkung vom 30. Mai 2014 abgebrochen und die Zahlung des Übergangsgeldes mit Ablauf des 30. Mai 2014 (vorläufig bis zur Wiederaufnahme der Zahlungen ab 2. März 2015 wegen der Fortsetzung der Umschulung) eingestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Zahlung der Geldleistung Alg in gesetzlicher Höhe ab dem 1. März 2017 hat.
Der Anspruch auf Alg setzt gemäß § 137 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) voraus, dass Arbeitnehmer arbeitslos sind (§ 138 SGB III), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) erfüllt haben. Der Kläger hat sich am 28. Februar 2017 bei der Beklagten zum 1. März 2017 arbeitslos gemeldet und ist auch arbeitslos im Sinne des § 138 SGB III gewesen, weil er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, sich bemühte, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stand.
Eine Alg-Bewilligung scheitert auch nicht an der nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erforderlichen Erfüllung der Anwartschaftszeit im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist (des § 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beläuft sich nach § 143 Abs. 1 SGB III auf zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstiger Voraussetzungen des Alg-Anspruchs (Arbeitslosigkeit und Arbeitslosmeldung, vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III), im vorliegenden Fall also am 28. Februar 2017, so dass die Rahmenfrist den Zeitraum 1. März 2015 bis 28. Februar 2017 umfasst. In diesem Zeitraum hat der Kläger ab dem 23. Februar 2015 eine am 17. September 2012 begonnene, zwischenzeitlich während der Inhaftierung unterbrochene und am 24. Februar 2017 mit der Abschlussprüfung abgeschlossene Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner absolviert und hierfür nachweislich vom 2. März 2015 bis 24. Februar 2017 Übergangsgeld von der AOK erhalten.
Gemäß § 143 Abs. 3 S. 1 SGB III werden in die Rahmenfrist Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat (§ 143 Abs. 3 S. 1 SGB III). In diesem Fall endet die Rahmenfrist spätestens 5 Jahre nach ihrem Beginn (§ 143 Abs. 3 S. 2 SGB III). Jedoch ist zu beachten, dass Zeiten, in denen Übergangsgeld zur beruflichen Rehabilitation bezogen wird, nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Versicherungspflicht unterliegen können, und damit nicht zu einer Verlängerung der Rahmenfrist führen (vgl. Öndül in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage 2019, § 143 Rn. 37). Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, und Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen, stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Das BSG hat zu dem Begriff der Berufsausbildung in § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und der Vorgängerregelung zu § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III (§ 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]) entschieden, dass Berufsausbildung die erstmalige, breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendige Fachbildung in einem geordneten Ausbildungsgang und einem Berufsausbildungsverhältnis (§ 1 Abs. 2, § 3 BBiG) ist und einer Berufsausbildung in diesem Sinne die berufliche Umschulung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG (§ 1 Abs. 4 und § 47 ) durchgeführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R m.w.N.). Dies kann auf den identischen Begriff der Berufsausbildung in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III übertragen werden und es ist auch kein Grund ersichtlich, eine hiervon abweichende Beurteilung für Auszubildende im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III vorzunehmen. Der Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III steht deshalb nicht entgegen, dass es sich im vorliegenden Fall um keine erstmalige Berufsausbildung des Klägers gehandelt hat.
Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, sollte mit der Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III klargestellt werden, dass Betroffene, deren außerbetriebliche Berufsausbildung mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, wie bei einer betrieblichen Berufsausbildung zu schützen sind und deshalb auch die in einer außerbetrieblichen Einrichtung auf Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG ausgebildeten Personen zum Kreis der zur Berufsausbildung beschäftigten gehören und damit in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen werden. Dagegen sind sonstige Ausbildungen oder Weiterbildungen nach dem SGB III bei freien Bildungsträgern, die nicht auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrages absolviert werden, keine Beschäftigungen zur Berufsausbildung (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R, Rn. 17f. m.w.N. – juris). Gemessen hieran sind die Zeiten, in denen der Kläger über die BGHM eine Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner absolviert hat, als Versicherungspflichtzeiten gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III anzusehen. Bei der Umschulung hat es sich - ausweislich des Bescheids der BGHM vom 30. März 2012 - um eine berufliche Wiedereingliederungsmaßnahme gemäß § 35 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, in der Fassung bis 31. Dezember 2017) gehandelt, die aufgrund eines Berufsausbildungsvertrags in einer außerbetrieblichen Einrichtung (Berufsbildungswerk N. GmbH) durchgeführt wurde. Dass es sich hierbei tatsächlich um ein Umschulungsverhältnis handelte, das den Vorschriften des BBiG für Umschulungsverhältnisse und der Ausbildungsordnung für den Beruf des technischen Produktdesigners entsprach, ergibt sich aus der Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse (vgl. den Vermerk vom 14. Dezember 2012 auf dem Berufsausbildungsvertrag), welche für die Gerichte, Verwaltungsbehörden und die Parteien des Ausbildungsvertrags Tatbestandswirkung hat (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R, Rn. 16 – juris m.w.N.). Der Kläger steht demnach den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Dem steht – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht entgegen, dass es sich um eine von der BGHM veranlasste Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gehandelt hat und der Kläger keine Ausbildungsvergütung erhalten, sondern Übergangsgeld bezogen hat, für das keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden. Denn darauf kommt es bei der Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 SGB III nicht an. Es wird weder die Zahlung einer Ausbildungsvergütung vorausgesetzt, noch steht der Versicherungspflicht entgegen, dass eine Ausbildung von Trägern der Sozialversicherungen, insbesondere der Bundesagentur für Arbeit, getragen, durchgeführt oder zumindest finanziert wird, sofern es sich - wie hier - um eine Berufsausbildung, berufliche Umschulung oder berufliche Fortbildung handelt, die unter die Vorschriften des BBiG fällt (vgl. Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Dezember 2018, § 25 Rn. 213, Rn. 223). Das BSG hat im Übrigen eine Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III für den Fall angenommen, dass eine Auszubildende im Rahmen einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Rehabilitationsmaßnahme in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurde und währenddessen Ausbildungsgeld bezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R). Da ein Anspruch auf Ausbildungsgeld gemäß § 122 Abs. 1 SGB III nur dann besteht, wenn Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann, kann für den Bezug von Übergangsgeld selbst nichts anderes gelten. Soweit sich die Beklagte auf die BT-Drucks 13/4941 (S.158) vom 18. Juni 1996 bezogen und ausgeführt hat, danach seien Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation weder als Zeiten einer Beschäftigung noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen, kann dies für den vorliegenden Fall ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung führen, weil der hier einschlägige § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III erst danach, nämlich zum 1. Januar 2002 eingeführt wurde. Schließlich steht der Versicherungspflicht des Klägers gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III auch nicht entgegen, dass § 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III für Jugendliche in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation gemäß § 35 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) eine eigene Regelung zur Versicherungspflicht trifft. Denn dies schließt nicht aus, dass für Erwachsene bei Erfüllung der in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III genannten Voraussetzungen (außerbetriebliche Ausbildung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG) im Rahmen der beruflichen Rehabilitation Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III bestehen kann. Wie sich aus der Regelung des § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB III ergibt, kann ein Jugendlicher, der versicherungspflichtig gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ist, auch gleichzeitig versicherungspflichtig nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sein, wobei in diesem Fall die Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 SGB III vorgeht. Deshalb ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb ein Erwachsener, der nicht unter den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB III fällt, aber die Voraussetzungen des § 25 Abs.1 Satz 2 SGB III erfüllt, nicht versicherungspflichtig sein soll.
Daraus folgt, dass die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld im vorliegenden Fall zu keiner Verlängerung der Rahmenfrist gemäß § 143 Abs. 3 SGB III führt, sondern es bei der zweijährigen Rahmenfrist verbleibt, die den Zeitraum vom 1. März 2015 bis 28. Februar 2017 umfasst. In diesem Zeitraum hat der Kläger auch mindestens 12 Monate (d.h. 360 Kalendertage, vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 7 AL 42/00 R) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, denn – wie bereits oben dargestellt – sind die Zeiten, in denen der Kläger an der Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner teilgenommen hat, versicherungspflichtig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III gewesen. Die Umschulung ist – wie bereits dargelegt – für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und entsprechend der Vorschriften des BBiG. Innerhalb der Rahmenfrist hat der Kläger demnach vom 1. März 2015 bis zum Abschluss der Umschulungsmaßnahme mit der Abschlussprüfung am 24. Februar 2017 und damit weit mehr als 360 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Auf die Frage, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeiten während der Inhaftierung ab 13. Januar 2014 bis zur Fortsetzung der Umschulungsmaßnahme am 23. Februar 2015 mindestens 360 Kalendertage versicherungspflichtig gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III war, kommt es daher nicht entscheidend an. Diese Zeiten liegen im Übrigen außerhalb der Rahmenfrist.
Da das SG somit im Ergebnis zu Recht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2017 verurteilt hat, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe ab 1. März 2017 für die gesetzliche Dauer zu gewähren, war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger in beiden Rechtszügen obsiegt hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere weder grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Wie bereits oben ausgeführt, hat das BSG entschieden, dass eine berufliche Umschulung der erstmaligen Berufsausbildung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf und nach den Vorschriften des BBiG erfolgt und darauf hingewiesen, dass mit der Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III klargestellt werden sollte, dass die in einer außerbetrieblichen Einrichtung auf Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG ausgebildeten Personen zum Kreis der zur Berufsausbildung beschäftigten gehören und damit in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen werden (vgl. BSG, Urteile vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R m.w.N. – juris und vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R, Rn. 18. m.w.N. – juris).
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld hat.
Der Kläger absolvierte ab 17. September 2012 über die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung zum technischen Produktdesigner und hatte zunächst bis 27. März 2014 Anspruch auf Übergangsgeld (vgl. Bescheide der BGHM vom 30. März 2012 und vom 21. August 2012, Schreiben der BGHM vom 10. Februar 2014). In der Zeit vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 befand sich der Kläger in Haft (vom 13. Januar 2014 bis 17. Januar 2014 im Justizvollzugskrankenhaus A., vom 17. Januar 2014 bis 26. Mai 2014 in der Justizvollzugsanstalt A., vom 26. Mai 2014 bis 10. Juli 2014 in der Justizvollzugsanstalt O., vom 10. Juli 2014 bis 28. Januar 2016 in der Justizvollzugsanstalt F.) und war dort zeitweise versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 23. Februar 2015 befand sich der Kläger bis zu seiner Entlassung am 28. Januar 2016 im Rahmen der Entlassungsvorbereitung im sog. Freigang und setzte die Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner fort, die er am 24. Februar 2017 mit der Abschlussprüfung beendete. Ausweislich der Bescheinigung der AOK - Die Gesundheitskasse - Mittlerer Oberrhein vom 28. Februar 2017 bezog er vom 2. März 2015 bis 24. Februar 2017 Übergangsgeld.
Am 28. Februar 2017 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zum 1. März 2017 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 28. Juni 2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er in den letzten zwei Jahren vor dem 1. März 2017 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen sei und die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe (§§ 142, 143 SGB III). In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei vom 12. September 2012 bis 28. Februar 2017 in einer Umschulung über die BGHM in M. versichert gewesen. Während seines Aufenthalts in der JVA vom 13. Januar 2013 bis 28. Januar 2015 (gemeint 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016) habe er nach einer kurzen Unterbrechung die Umschulung fortgesetzt. Er sei die ganze Zeit krankenversichert gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der (wegen des Bezugs von Übergangsgeld verlängerten) Rahmenfrist (1. März 2012 bis 28. Februar 2017) seien nur 248 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der §§ 24, 26 und 28a SGB III gewesen sei. Während der versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Haft vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 würden nur die Arbeitstage gezählt. Während der beruflichen Reha-Maßnahme habe keine Versicherungspflicht bestanden (maßgeblich sei die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, nicht in der Krankenversicherung). Der Kläger habe daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, weil er nicht mindestens zwölf Monate (=360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juli 2017 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2017 in gesetzlicher Höhe geltend gemacht. Die Anwartschaftszeit sei erfüllt. Die berufliche Reha-Maßnahme der BGHM sei anzurechnen und während der Haft in der JVA F. seien in der Zeit vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 auch weiterhin Beiträge einbezahlt worden.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten und auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2017 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2017 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe ab 1. März 2017 für die gesetzliche Dauer zu bewilligen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2017 habe der Kläger als Gefangener Arbeitsentgelt für mindestens 12 Monate (=360 Tage, vgl. § 339 S. 2 SGB III) im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III erhalten. Er habe vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 durchgängig in der JVA gearbeitet. Der Wortlaut der §§ 24, 25 und 26 SGB III rechtfertige nicht die unterschiedliche Behandlung von Gefangenen, die ihre Arbeit gegen Entlohnung in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art verrichten und Arbeitnehmern, die ihre Arbeitsleistung gegen Entlohnung in einem freien Beschäftigungsverhältnis verrichten. Die Gesetzeshistorie spreche für die Intention des Gesetzgebers, mit der Einführung der Versicherungspflicht für Gefangene gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III die Arbeit der Gefangenen der Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichstellen zu wollen, so dass kein sachlicher Grund für die mit der jetzigen Berechnungspraxis gegebene Ungleichbehandlung zwischen arbeitenden Strafgefangenen und Arbeitnehmern in einem freien Beschäftigungsverhältnis gegeben sei. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die bisherige Berücksichtigung von arbeitsfreien Wochenenden und Wochenfeiertagen als Versicherungspflichtzeiten bei Gefangenen in Anlehnung an die Situation von Arbeitnehmern auch bereits ausdrücklich gebilligt und mit der Berechnung der Beiträge für die Versicherungszeit der Gefangenen in § 1 der Gefangenen-Beitragsverordnung begründet, nach der jeder Arbeitstag mit einem 250-tel der Beitragsbemessungsgrundlage für ein Jahr angesetzt wird. Auch entsprächen die Lohnfindung und Beitragsbemessung der arbeitnehmerähnlichen Gestaltung des Arbeitsumfangs. Insbesondere würden auch für arbeitsfreie Wochenenden und Feiertage, die eine fortlaufende Beschäftigung in der Anstalt unterbrechen, wie im freien Beschäftigungsverhältnis Beiträge abgeführt, was sich aus der Art der Beitragsberechnung ergebe. Würden für einen Gefangenen somit aber für ein Jahr Beiträge entrichtet, müsse dem auch ein Jahr Versicherungspflichtverhältnis entsprechen. Darüber hinaus hätte ein Gefangener, der ein Jahr durchgängig gearbeitet hat (ca. 250 Arbeitstage) nach der Auffassung der Beklagten, arbeitsfreie Wochenenden und Feiertage nicht zu berücksichtigen, noch 110 Arbeitstage "nachzuarbeiten", um die Anwartschaftszeit zu erfüllen, wobei 110 Arbeitstage rund 5 Monaten entsprächen, die zusätzlich zu arbeiten wären. Folglich müsste ein Gefangener rund 17 Monate durchgehend arbeiten, um eine Anwartschaftszeit von 12 Monaten zu erfüllen und wäre damit wesentlich schlechter gestellt als Arbeitnehmer in einem freien Beschäftigungsverhältnis.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. November 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Die längstmögliche erweiterte Rahmenfrist nach § 143 SGB III umfasse die Zeit vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2017. Innerhalb dieser Zeit habe der Kläger der Erfüllung der Anwartschaftszeit dienende Tätigkeiten während der Strafhaft vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 verrichtet. Seit 1. August 2016 seien aufgrund der Änderung des § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III bei der Berechnung der Versicherungspflichtzeiten auch arbeitsfreie Sonnabende, Sonntage und gesetzliche Feiertage zu berücksichtigen, wenn diese innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnittes lägen. Da die vom Kläger während der Strafhaft zurückgelegten Arbeitszeiten vor der Gesetzesänderung lägen, sei eine unmittelbare Anwendung der neuen Rechtslage nicht möglich. Zwar habe das BSG in einem ähnlich gelagerten Fall am 12. September 2017 (B 11 AL 18/16 R) entschieden, dass auch bis zur Gesetzesänderung von Arbeit "umfasste" allgemein arbeitsfreie Tage eine Anwartschaftszeit begründeten. Dies sei jedoch für den vorliegenden Fall unerheblich, weil der Kläger selbst unter Anlegung der vom BSG aufgestellten Maßstäbe die Anwartschaftszeit nicht erfülle, weil sich selbst dann, wenn die von Arbeit "umfassten" allgemein arbeitsfreien Tage während der Strafhaft mit einbezogen würden, insgesamt lediglich 334 Tage ergäben, die berücksichtigt werden könnten. Auch damit habe der Kläger die für die Erfüllung der Anwartschaftszeit erforderlichen 12 Monate (=360 Tage) versicherungspflichtiger Beschäftigung nicht erreicht. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg, insbesondere die Erfüllung der Anwartschaftszeit, weiterhin für gegeben. Er hat den Berufsausbildungsvertrag mit dem Berufsbildungswerk N. GmbH vom 17. September 2012 sowie den Bescheid über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. September 2012 wegen Beginns einer Reha-Maßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld und die Bescheinigung der Beklagten über den Bezug von Arbeitslosengeld vom 5. Februar 2012 bis 16. September 2012 vorgelegt.
Der Senat hat bei der Justizvollzugsanstalt F. die Auskünfte vom 28. März 2018 und vom 1. Dezember 2018 eingeholt. Danach befand sich der Kläger während der Inhaftierung vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 vom 13. Januar 2014 bis 17. Januar 2014 im Justizvollzugskrankenhaus A., vom 17. Januar 2014 bis 26. Mai 2014 in der Justizvollzugsanstalt A., vom 26. Mai 2014 bis 10. Juli 2014 Justizvollzugsanstalt O. und vom 10. Juli 2014 bis 28. Januar 2016 in der Justizvollzugsanstalt F ... Während der Zeit der Inhaftierung in der JVA A. sei der Kläger im Ausbildungsbetrieb "Metall 2" tätig gewesen, nach der Verlegung am 26. Mai 2014 in die JVA O. vom 2. Juni 2014 bis 9. Juli 2014 in der dortigen Arbeitstherapie und nach der weiteren Verlegung in die JVA F. vom 14. Juli 2014 bis 20. Februar 2015 im Arbeitsbetrieb "Metallfertigung" (im Rahmen einer 5-Tage-Woche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden). Die Fehlzeiten in der Zeit vom 27. Januar 2014 bis 29. März 2015 seien durch Betriebsschließungen (Brückentage, Inventur), sonstige Unterbrechungen (Arzt-, Besuchs-, Rechtsanwaltstermine etc.) und Zeiten infolge "unverschuldeter Nichtarbeit" (Zeitraum von Mitteilung des Arbeitswunsches bis zur Einteilung zur Arbeit [Warteliste], wie vom 10. Juli 2014 bis 13. Juli 2014) bedingt gewesen. Auch seien die in der Anlage ersichtlichen sog. Freistellungstage von der Arbeit gemäß §§ 48, 49 JVollzGB III in Anspruch genommen worden und der Kläger habe in Angleichung an das normale Arbeitsleben Arbeitsentgelt erhalten. In den Fällen von Betriebsschließungen, sonstigen Unterbrechungen und Zeiträumen "unverschuldeter Nichtarbeit" habe der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten. Ab dem 23. Februar 2015 bis zu seiner Entlassung am 28. Januar 2016 habe sich der Kläger im Rahmen der Entlassungsvorbereitung im sog. Freigang befunden und an einer Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner teilgenommen. Lohnzahlungen seien von der AOK Baden-Württemberg direkt auf das Gefangenenkonto des Klägers überwiesen worden. An den jeweiligen Sonntagen seien dem Kläger die noch vorhandenen von ihm erarbeiteten Freistellungstage gemäß § 49 JVollzGB III gebucht worden. Beigefügt ist eine Tagesübersicht der Inhaftierungszeit vom 13. Januar 2014 bis 28. Januar 2016 mit Angabe der Beschäftigungszeiten bzw. der Zeiten ohne Beschäftigung gewesen.
Unter Berücksichtigung dieser Übersichten hat die Beklagte ergänzend ausgeführt, danach ergäben sich im Zeitraum vom 27. Januar 2014 bis 1. März 2015 insgesamt 338 Tage, die der Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen dürften. Hierzu hat sie auf eine Kalenderübersicht 2014/2015 und die sich daraus ergebende Berechnung verwiesen. Ab dem 2. März 2015 könne eine Berücksichtigung nicht stattfinden, da dem Kläger Übergangsgeld von der AOK bewilligt worden sei; dieser Zeitraum habe stattdessen die Rahmenfrist verlängert. Für die Zeit vor dem 27. Januar 2014 lägen keine Unterlagen zu etwaigen anderen Versicherungspflichtzeiten vor. Die Tage der Betriebsschließung, sonstiger Unterbrechungen und unverschuldeter Nichtarbeit, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde und Krankheitstage müssten unberücksichtigt bleiben. Eine Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III komme auf den Kläger nicht in Betracht, da er bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Feinwerkmechaniker verfügt habe und die Bildungsmaßnahme ab September 2012 damit keine (erstmalige) Berufsausbildung dargestellt habe. Es habe sich außerdem um eine von der BGHM als Rehabilitationsträger veranlasste außerbetriebliche Weiterbildung gehandelt, so dass der Kläger nicht Auszubildender im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III i.V.m. § 14 SGB III, sondern Teilnehmer an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gewesen sei. Menschen mit Behinderungen, die an außerbetrieblichen Weiterbildungen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf teilnähmen, erhielten – wie der Kläger – keine Ausbildungsvergütung, sondern Ausbildungsgeld oder Übergangsgeld. Bei Bezug von Übergangsgeld bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, nicht jedoch in der Arbeitslosenversicherung, was auch die BGHM mit Bescheid vom 30. März 2012 mitgeteilt habe. Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation seien weder als Zeiten einer Beschäftigung zu behandeln, noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks 13/4941, S. 158). Allein Jugendliche (ohne Anspruch auf Übergangsgeld), die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhielten, seien versicherungspflichtig (§ 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III), jedoch handele es sich beim Kläger um keinen Jugendlichen im Sinne des § 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III.
Der Senat hat von der BGHM weitere Unterlagen im Zusammenhang mit der vom Kläger seit 17. September 2012 absolvierten Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner beigezogen. Danach wurden dem Kläger mit Bescheid vom 30. März 2012 zur dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung gemäß § 35 SGB VII i.V.m. § 33 SGB IX die Kosten der Umschulung (Ausbildungskosten, Unterkunft und Verpflegung, Fahrtkosten, Übergangsgeld [vgl. Bescheid vom 21. August 2012], Sozialversicherungsbeiträge mit Ausnahme des Beitragszuschlags für Kinderlose in der gesetzlichen Pflegeversicherung, Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und des kassenindividuellen Zusatzbeitrags) zum technischen Produktdesigner im Berufsbildungswerk N. gGmbH für die Zeit vom 17. September 2012 bis 31. Januar 2016 bewilligt. Mit Bescheid vom 21. März 2013 hat die BGHM den Bescheid vom 30. März 2012 abgeändert und entschieden, dass die Ausbildung ab dem 25. März 2013 nicht mehr internatsmäßig im Berufsbildungswerk, sondern in virtueller Ausbildungsform (E-Learning) erfolgt, wobei bis 27. März 2014 weiterhin Anspruch auf Übergangsgeld bestand (vgl. Schreiben der BGHM an die JVA A. vom 10. Februar 2014). Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 wurde die Maßnahme (nach Ablegen der Zwischenprüfung im März 2014 und Verlegung von der JVA A. nach O. am 26. Mai 2014) mit Wirkung vom 30. Mai 2014 abgebrochen und die Zahlung des Übergangsgeldes mit Ablauf des 30. Mai 2014 (vorläufig bis zur Wiederaufnahme der Zahlungen ab 2. März 2015 wegen der Fortsetzung der Umschulung) eingestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Zahlung der Geldleistung Alg in gesetzlicher Höhe ab dem 1. März 2017 hat.
Der Anspruch auf Alg setzt gemäß § 137 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) voraus, dass Arbeitnehmer arbeitslos sind (§ 138 SGB III), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) erfüllt haben. Der Kläger hat sich am 28. Februar 2017 bei der Beklagten zum 1. März 2017 arbeitslos gemeldet und ist auch arbeitslos im Sinne des § 138 SGB III gewesen, weil er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, sich bemühte, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stand.
Eine Alg-Bewilligung scheitert auch nicht an der nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erforderlichen Erfüllung der Anwartschaftszeit im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist (des § 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beläuft sich nach § 143 Abs. 1 SGB III auf zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstiger Voraussetzungen des Alg-Anspruchs (Arbeitslosigkeit und Arbeitslosmeldung, vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III), im vorliegenden Fall also am 28. Februar 2017, so dass die Rahmenfrist den Zeitraum 1. März 2015 bis 28. Februar 2017 umfasst. In diesem Zeitraum hat der Kläger ab dem 23. Februar 2015 eine am 17. September 2012 begonnene, zwischenzeitlich während der Inhaftierung unterbrochene und am 24. Februar 2017 mit der Abschlussprüfung abgeschlossene Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner absolviert und hierfür nachweislich vom 2. März 2015 bis 24. Februar 2017 Übergangsgeld von der AOK erhalten.
Gemäß § 143 Abs. 3 S. 1 SGB III werden in die Rahmenfrist Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat (§ 143 Abs. 3 S. 1 SGB III). In diesem Fall endet die Rahmenfrist spätestens 5 Jahre nach ihrem Beginn (§ 143 Abs. 3 S. 2 SGB III). Jedoch ist zu beachten, dass Zeiten, in denen Übergangsgeld zur beruflichen Rehabilitation bezogen wird, nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Versicherungspflicht unterliegen können, und damit nicht zu einer Verlängerung der Rahmenfrist führen (vgl. Öndül in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage 2019, § 143 Rn. 37). Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, und Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen, stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Das BSG hat zu dem Begriff der Berufsausbildung in § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und der Vorgängerregelung zu § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III (§ 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]) entschieden, dass Berufsausbildung die erstmalige, breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendige Fachbildung in einem geordneten Ausbildungsgang und einem Berufsausbildungsverhältnis (§ 1 Abs. 2, § 3 BBiG) ist und einer Berufsausbildung in diesem Sinne die berufliche Umschulung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG (§ 1 Abs. 4 und § 47 ) durchgeführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R m.w.N.). Dies kann auf den identischen Begriff der Berufsausbildung in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III übertragen werden und es ist auch kein Grund ersichtlich, eine hiervon abweichende Beurteilung für Auszubildende im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III vorzunehmen. Der Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III steht deshalb nicht entgegen, dass es sich im vorliegenden Fall um keine erstmalige Berufsausbildung des Klägers gehandelt hat.
Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, sollte mit der Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III klargestellt werden, dass Betroffene, deren außerbetriebliche Berufsausbildung mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, wie bei einer betrieblichen Berufsausbildung zu schützen sind und deshalb auch die in einer außerbetrieblichen Einrichtung auf Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG ausgebildeten Personen zum Kreis der zur Berufsausbildung beschäftigten gehören und damit in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen werden. Dagegen sind sonstige Ausbildungen oder Weiterbildungen nach dem SGB III bei freien Bildungsträgern, die nicht auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrages absolviert werden, keine Beschäftigungen zur Berufsausbildung (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R, Rn. 17f. m.w.N. – juris). Gemessen hieran sind die Zeiten, in denen der Kläger über die BGHM eine Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner absolviert hat, als Versicherungspflichtzeiten gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III anzusehen. Bei der Umschulung hat es sich - ausweislich des Bescheids der BGHM vom 30. März 2012 - um eine berufliche Wiedereingliederungsmaßnahme gemäß § 35 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, in der Fassung bis 31. Dezember 2017) gehandelt, die aufgrund eines Berufsausbildungsvertrags in einer außerbetrieblichen Einrichtung (Berufsbildungswerk N. GmbH) durchgeführt wurde. Dass es sich hierbei tatsächlich um ein Umschulungsverhältnis handelte, das den Vorschriften des BBiG für Umschulungsverhältnisse und der Ausbildungsordnung für den Beruf des technischen Produktdesigners entsprach, ergibt sich aus der Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse (vgl. den Vermerk vom 14. Dezember 2012 auf dem Berufsausbildungsvertrag), welche für die Gerichte, Verwaltungsbehörden und die Parteien des Ausbildungsvertrags Tatbestandswirkung hat (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R, Rn. 16 – juris m.w.N.). Der Kläger steht demnach den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Dem steht – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht entgegen, dass es sich um eine von der BGHM veranlasste Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gehandelt hat und der Kläger keine Ausbildungsvergütung erhalten, sondern Übergangsgeld bezogen hat, für das keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden. Denn darauf kommt es bei der Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 SGB III nicht an. Es wird weder die Zahlung einer Ausbildungsvergütung vorausgesetzt, noch steht der Versicherungspflicht entgegen, dass eine Ausbildung von Trägern der Sozialversicherungen, insbesondere der Bundesagentur für Arbeit, getragen, durchgeführt oder zumindest finanziert wird, sofern es sich - wie hier - um eine Berufsausbildung, berufliche Umschulung oder berufliche Fortbildung handelt, die unter die Vorschriften des BBiG fällt (vgl. Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Dezember 2018, § 25 Rn. 213, Rn. 223). Das BSG hat im Übrigen eine Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III für den Fall angenommen, dass eine Auszubildende im Rahmen einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Rehabilitationsmaßnahme in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurde und währenddessen Ausbildungsgeld bezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R). Da ein Anspruch auf Ausbildungsgeld gemäß § 122 Abs. 1 SGB III nur dann besteht, wenn Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann, kann für den Bezug von Übergangsgeld selbst nichts anderes gelten. Soweit sich die Beklagte auf die BT-Drucks 13/4941 (S.158) vom 18. Juni 1996 bezogen und ausgeführt hat, danach seien Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation weder als Zeiten einer Beschäftigung noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen, kann dies für den vorliegenden Fall ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung führen, weil der hier einschlägige § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III erst danach, nämlich zum 1. Januar 2002 eingeführt wurde. Schließlich steht der Versicherungspflicht des Klägers gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III auch nicht entgegen, dass § 26 Abs. 1 Ziffer 1 SGB III für Jugendliche in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation gemäß § 35 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) eine eigene Regelung zur Versicherungspflicht trifft. Denn dies schließt nicht aus, dass für Erwachsene bei Erfüllung der in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III genannten Voraussetzungen (außerbetriebliche Ausbildung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG) im Rahmen der beruflichen Rehabilitation Versicherungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III bestehen kann. Wie sich aus der Regelung des § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB III ergibt, kann ein Jugendlicher, der versicherungspflichtig gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ist, auch gleichzeitig versicherungspflichtig nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sein, wobei in diesem Fall die Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 SGB III vorgeht. Deshalb ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb ein Erwachsener, der nicht unter den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB III fällt, aber die Voraussetzungen des § 25 Abs.1 Satz 2 SGB III erfüllt, nicht versicherungspflichtig sein soll.
Daraus folgt, dass die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld im vorliegenden Fall zu keiner Verlängerung der Rahmenfrist gemäß § 143 Abs. 3 SGB III führt, sondern es bei der zweijährigen Rahmenfrist verbleibt, die den Zeitraum vom 1. März 2015 bis 28. Februar 2017 umfasst. In diesem Zeitraum hat der Kläger auch mindestens 12 Monate (d.h. 360 Kalendertage, vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 7 AL 42/00 R) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, denn – wie bereits oben dargestellt – sind die Zeiten, in denen der Kläger an der Umschulungsmaßnahme zum technischen Produktdesigner teilgenommen hat, versicherungspflichtig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III gewesen. Die Umschulung ist – wie bereits dargelegt – für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und entsprechend der Vorschriften des BBiG. Innerhalb der Rahmenfrist hat der Kläger demnach vom 1. März 2015 bis zum Abschluss der Umschulungsmaßnahme mit der Abschlussprüfung am 24. Februar 2017 und damit weit mehr als 360 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Auf die Frage, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeiten während der Inhaftierung ab 13. Januar 2014 bis zur Fortsetzung der Umschulungsmaßnahme am 23. Februar 2015 mindestens 360 Kalendertage versicherungspflichtig gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III war, kommt es daher nicht entscheidend an. Diese Zeiten liegen im Übrigen außerhalb der Rahmenfrist.
Da das SG somit im Ergebnis zu Recht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2017 verurteilt hat, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe ab 1. März 2017 für die gesetzliche Dauer zu gewähren, war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger in beiden Rechtszügen obsiegt hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere weder grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Wie bereits oben ausgeführt, hat das BSG entschieden, dass eine berufliche Umschulung der erstmaligen Berufsausbildung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf und nach den Vorschriften des BBiG erfolgt und darauf hingewiesen, dass mit der Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III klargestellt werden sollte, dass die in einer außerbetrieblichen Einrichtung auf Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG ausgebildeten Personen zum Kreis der zur Berufsausbildung beschäftigten gehören und damit in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen werden (vgl. BSG, Urteile vom 12. Oktober 2000 – B 12 KR 7/00 R m.w.N. – juris und vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R, Rn. 18. m.w.N. – juris).
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