Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AY 43/18 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 AY 14/19 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
I. Ein Verwaltungsakt, der eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellt, muss den Lebenssachverhalt, der der Anspruchseinschränkung zugrunde liegt, hinreichend bestimmt bezeichnen.
II. Vor Erlass eines solchenVerwaltungsaktes ist der betroffene Leistungsempfänger anzuhören.
II. Vor Erlass eines solchenVerwaltungsaktes ist der betroffene Leistungsempfänger anzuhören.
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.12.2018 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 20.09.2018 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019 monatliche Leistungen i.H.v. insgesamt 541,00 EUR zu erbringen.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind zu erstatten.
III. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, gewährt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019. Die 1991 geborene Ast ist aserbaidschanische Staatsangehörige und gemeinsam mit ihren Eltern am 02.05.2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sie ist wegen einer geistigen Behinderung, seelischen Störung schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80. Ihr sind die Merkzeichen G und B zuerkannt. Für die Ast ist Frau C. zur Betreuerin in allen Angelegenheiten bestellt (Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 26.10.2017). Am 12.05.2005 beantragte die Ast die Anerkennung als Asylberechtigte. Dieser Antrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.06.2005 abgelehnt. Die Ast ist seit dem 25.04.2007 vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und verfügt aktuell über eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Die Ast bezieht von der Antragsgegnerin seit Jahren laufende Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG. Zuletzt bewilligte die Antragsgegnerin ihr für den Zeitraum bis 30.09.2018 laufende Leistungen in Höhe von monatlich 469,25 EUR (vgl. hierzu u.a. Bescheide vom 12.02.2018, 22.03.2018, 25.04.2018, 24.05.2018, 25.06.2018 und 24.07.2018). Der Betrag setzte sich aus Grundleistungen nach § 3 AsylbLG i.H.v. monatlich 284 EUR, abzüglich einer Kürzung um 71,75 EUR, sowie Kosten der Unterkunft und Heizkosten in Höhe von 257 EUR zusammen.
Am 03.08.2018 fragte die Antragsgegnerin zur Klärung von Kürzungstatbeständen bei der Zentralen Ausländerbehörde in Form eines multiple-choice-Fragebogens an. Am 13.09.2018 sandte die Regierung von Mittelfranken - Zentrale Ausländerbehörde Mittelfranken ein Auskunftsschreiben ("Mitteilung gemäß § 90 Abs. 3 AufenthG") an die Antragsgegnerin. In diesem war unter der Überschrift "Sachverhalte zu Leistungskürzungen" § 1a Abs. 3 AsylbLG angekreuzt. Des Weiteren ergab sich aus angekreuzten Textbausteinen folgender Sachverhalt: Der/Die Leistungsberechtigte hat eine Duldung (§ 1 Abs. 1 Ziffer 4 AsylbLG) und aufenthaltsbeendende Maßnahmen können nicht vollzogen werden, da ein fehlendes Heimreisedokument entgegensteht. Die o.g. hat selbst zu vertreten, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht vollzogen werden konnte, da ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten (§ 82 AufenthG) bei der Beschaffung von Intensitätspapieren oder erforderlichen Heimreisedokumenten vorliegt, Angabe einer falschen Identität, Herkunft oder Staatsangehörigkeit getätigt wurden. Das Mitteilungsformular war mit ergänzenden Bemerkungen versehen.
Am 20.09.2018 erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid, mit dem sie die Grundleistungen zur Deckung des Bedarfs der Ast vom 01.10.2018 bis zur Nachholung ihrer Mitwirkungspflicht bzw. bis zum Wegfall der Kürzungstatbestände, längstens bis 31.03.2019 auf den Betrag von 165,84 EUR einschränkte. Wie sich aus den Gründen des Bescheids ergibt, wurden allerdings zuzüglich zu diesem Betrag Leistungen der Unterkunft, einschließlich Heizung, als Sachleistung bewilligt.
Hiergegen legte die Ast am 12.10.2018 Widerspruch ein. Über den Widerspruch wurde nach telefonischer Auskunft der Antragsgegnerin vom 14.05.2019 bislang noch nicht entschieden.
Ebenfalls am 12.10.2018 hat die Ast beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Mit Beschluss vom 20.12.2018 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Zugleich hat es den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Vorschrift des § 1a AsylbLG, insbesondere die des § 1a Abs. 4 AsylbLG, sei verfassungswidrig. Außerdem habe die unter Betreuung stehende Ast alle zumutbaren Handlungen vorgenommen, um ihre Identität nachzuweisen. Das mögliche Verschulden ihrer Eltern könne ihr nicht zugerechnet werden.
Die Ast beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.12.2018 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20.09.2018 anzuordnen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019 monatliche Leistungen i.H.v. 541.- EUR zu erbringen.
Zudem beantragt die Ast,
ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Leistungsakte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG den Antrag der Ast auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den hiermit einhergehenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 abgelehnt. Der von der Ast im Wege der Regelungsanordnung geltend gemachte Anspruch auf Leistungen i.H.v. monatlich 541 EUR ist gegeben. Auch liegt insoweit ein Anordnungsgrund vor.
1. Der Antrag der Ast war entsprechend ihrem Rechtsschutzbegehren auszulegen, § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog.
Die Ast hat im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, die Antragsgegnerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2008 zu verpflichten, ab Zugang des Antrages beim Gericht der Ast Leistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Beschwerdeverfahren hat die Ast keinen Antrag gestellt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist am 12.10.2018 beim SG eingegangen. Wie sich aus dem Vorbringen der Ast ergibt, wendet sie sich gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG und die in diesem Zusammenhang vorgenommene Reduzierung ("teilweise Aufhebung") der bis 30.09.2018 zugrunde gelegten - wenn auch schon da um 71,75 EUR gekürzten - Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 284 EUR (zuzüglich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 257 EUR) auf 165,84 EUR (zuzüglich Sachleistungen für Unterkunft, einschließlich Heizung). Hingegen ist ihrem Antragsbegehren nicht zu entnehmen, dass sie - über den "Kürzungsbetrag" von 118,16 EUR hinaus - höhere Grundleistungen geltend macht, als die seit Jahren von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten 284 EUR monatlich. Hierzu wird auch seitens des Prozessbevollmächtigten nichts vorgetragen.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2018 stellt sich als feststellender Verwaltungsakt nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (zur Notwendigkeit eines feststellenden Verwaltungsaktes nach § 1a AsylbLG als Voraussetzung für eine einschränkende Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG s. Bayerisches Landessozialgericht vom 01.03.2018 - L 18 AY 2/18 B ER, juris) und zugleich als Leistungsbewilligung für den Zeitraum 01.10.2018 bis 31.03.2019 dar. Insofern beinhaltet der angefochtene Bescheid in seinem Verfügungssatz zwei verschiedenen Regelungen, die die Antragsgegnerin miteinander vermischt hat.
Maßgeblich ist insofern der objektive Sinngehalt der Erklärung der Behörde, d.h. wie der Bescheid aus Sicht des Adressaten zu verstehen ist (BSG vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/16 R, juris Rn. 12) bzw. wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 31 Rn. 26 m.w.N.; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 35 Rn. 89). Dies zugrunde legend musste die Ast vorliegend zum einen von einem eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG feststellenden Verwaltungsakt der Antragsgegnerin ausgehen. Hierauf weist die Erwähnung des Wortes "Kürzungstatbestände" im Bescheidstenor in Zusammenschau mit der Bescheidsbegründung hin, wonach die Ast die Voraussetzungen für die Leistungseinschränkung im Rahmen des § 1a Abs. 3 AsylbLG erfülle. Rechtsfolge des Vorliegens dieses anspruchseinschränkenden Tatbestandes ist gem. § 1a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 AsylbLG, dass ein Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG nicht mehr besteht. Nach § 1a Abs. 3 S. 2 AsylbLG beginnt die Anspruchseinschränkung mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Zugleich hat die Antragsgegnerin mit dem Bescheid vom 20.09.2018 Leistungen in Höhe von monatlich 165,84 EUR für den Zeitraum 01.10.2018 bis 31.03.2019 bewilligt. Dies ergibt sich wiederum aus der Zusammenschau von Bescheidstenor und Bescheidsgründen. Hiernach sollen der Ast für den genannten Zeitraum Leistungen der Unterkunft, einschließlich Heizung als Sachleistung, sowie Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege als Geldleistung bewilligt werden. Grundlage für die Bewilligung bildet § 1a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2, 4 AsylbLG. Den von der Ast beantragten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG - wie sie bis 30.09.2018 gewährt wurden - in Höhe von monatlich 469,25 EUR steht die Anspruchseinschränkung der Antragsgegnerin nach § 1a Abs. 3 AsylbLG entgegen, da der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 12.10.2018 keine aufschiebende Wirkung entfaltet (siehe zum Ganzen sogleich unter 2.). Somit umfasst der Antrag der Ast auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (dazu unter 3.) auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 (siehe zu dieser Differenzierung Cantzler HK-AsylbLG, § 1a Rn. 142 ff).
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2018 ist statthaft. Denn gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG, § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG hat der Widerspruch der Ast gegen den Bescheid vom 20.09.2018 - soweit die Antragsgegnerin auch eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG festgestellt hat - keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann in einem solchen Fall gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen.
Ein Anspruch der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 12.10.2018 ist gegeben, weil das Interesse der Ast am Nichtvollzug der Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug überwiegt.
Der Prüfungsmaßstab für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG stellt sich wie folgt dar (s. hierzu die Entscheidungen des Senats vom 20.07.2018 - L 18 SO 126/18 B ER, juris Rn. 19 und vom 19.03.2018 - L 18 AY 7/18 B ER, ZFSH/SGB 2018, 339): Es ist auf der Grundlage des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG eine Abwägung des Interesses des Antragstellers am Nichtvollzug und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts durchzuführen. Dabei sind wegen der verfassungsrechtlich (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) fundierten Sicherungs- und Rechtsschutzfunktion des Eilverfahrens grundsätzlich und in der Regel nur die Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen zu beachten (vgl. dazu Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2016, Rn. 218 - 221). Die Gewichtung der einzelnen Abwägungselemente hängt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des fachgerichtlichen Eilverfahrens vom Rechtsschutzziel ab. Je schwerer die drohende Rechtsverletzung ist, umso höher sind die Anforderungen an die Genauigkeit der Prognose des Hauptsacheerfolgs zu stellen, um auf dieses Abwägungselement eine Ablehnung des Eilantrags zu stützen; gegebenenfalls muss sogar im Eilverfahren bereits eine abschließende Prüfung durchgeführt werden, um den Eilantrag wegen fehlender Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ablehnen zu können. Um dem Eilantrag des Antragstellers stattzugeben, sind umgekehrt umso geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs und des Eintritts von Beeinträchtigungen zu stellen, je schwerer die drohende Rechtsverletzung ist (vgl. dazu die grundlegenden Beschlüsse des BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 23&8201;ff.; v. 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06; ferner vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3; vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: "desto intensiver prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Bei der Abwägung ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen. Die danach vorgesehene sofort wirkende Belastung kann nur in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs und der Schwere der Belastung berücksichtigt werden. Bei geringer Erfolgswahrscheinlichkeit der Hauptsache wird die nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung mit sofortiger Wirkung eintretende Folge in der richterlichen Abwägungsentscheidung grundsätzlich nicht zugunsten des Antragstellers ins Gewicht fallen. Über die regelmäßig nach der gesetzgeberischen Entscheidung sofort eintretenden Beeinträchtigungen hinausgehende Belastungen sind bei der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. Krodel, NZS 2015, S. 681, 685 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes gelangt der Senat zu der Auffassung, dass aufgrund der hohen Erfolgswahrscheinlichkeit in der Hauptsache dem Antrag der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben ist. Die von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.09.2018 vorgenommene Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.
a. Der Bescheid ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. § 1a Abs. 3 AsylbLG sieht vor, dass Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG entsprechend § 1a Abs. 2 AsylbLG keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG haben, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.
Aus einem Verwaltungsakt, der eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellt, müssen nicht nur eindeutig der Umfang und die Dauer der Anspruchseinschränkung hervorgehen. Er muss auch den Sachverhalt genau bezeichnet, auf den die Anspruchseinschränkung gestützt wird; andernfalls ist der Verwaltungsakt zu unbestimmt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die einzelnen Tatbestände des § 1a AsylbLG unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen, sowohl hinsichtlich des Umfangs der Anspruchseinschränkung als auch hinsichtlich der Dauer (vgl. § 1a Abs. 5 S. 2 AsylbLG), aufweisen. Zudem muss für den Leistungsberechtigten erkennbar sein, welches Fehlverhalten ihm vorgeworfen wird, um sein Verhalten korrigieren zu können und damit ein Fortdauern der Anspruchseinschränkung (vgl. § 14 Abs. 2 AsylbLG) zu vermeiden. Trägt der von der Behörde geregelte Sachverhalt die Anspruchseinschränkung nicht, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (Cantzler a.a.O. Rn. 137). Vorliegend hat zwar die Antragsgegnerin in den Bescheidsgründen den Tatbestand des § 1a Abs. 3 AsylbLG als Grundlage der Anspruchseinschränkung erwähnt. Einen konkreten Lebenssachverhalt, auf den sie die Anspruchseinschränkung für die Ast stützt, hat sie jedoch nicht bezeichnet. Vielmehr wird durch angekreuzte Textbausteine ausgeführt, dass aus von der Ast selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, da sie bei der Beschaffung erforderlicher Heimreisedokumente bzw. bei der Beschaffung von für die zur Ausstellung von Einreisedokumenten erforderlichen Unterlagen nicht mitwirke, ihren Mitwirkungspflichten gemäß § 82 AufenthG nicht nachkomme und ihre Identität verschleiere. Aus den allgemeinen, offenen Formulierungen (wie "bzw.", "Mitwirkungspflichten nach § 82 AufenthG) und verwandten Oberbegriffen ("Dokumenten") wird nicht hinreichend deutlich, welche Gründe - die sie selbst zu vertreten hat - der Ast vorgehalten werden, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstehen. Für die Ast ist andererseits auch nicht erkennbar, die Erfüllung welcher (zumutbaren und erfüllbaren) Mitwirkungspflichten genau von ihr eingefordert werden. Insoweit geht aus dem Bescheid auch nicht klar hervor, unter welchen Voraussetzungen die Anspruchseinschränkung vorzeitig entfällt ("bis zur Nachholung ihrer Mitwirkungspflicht bzw. bis zum Wegfall der Kürzungstatbestände"). Im Übrigen werden auch die vollziehbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von den Ausländerbehörden beabsichtigt sind (siehe dazu Cantzler a.a.O. Rn. 66 ff.), nicht konkret bezeichnet.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 S. 1 AsylbLG ein Selbstvertretenmüssen ("selbst") des betroffenen Leistungsberechtigten voraussetzt. Es genügt somit nicht, wenn ein Verhalten Dritter vorliegt, das die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unmöglich gemacht hat, soweit der Leistungsberechtigte hieran nicht persönlich mitgewirkt hat (Cantzler a.a.O. Rn 70). Durch die tatbestandliche Voraussetzung des "Selbstvertretenmüssens" ist die Zurechnung fremden Verhaltens, z.B. von gesetzlichen Vertretern, ausgeschlossen (vgl. BT-Drucks. 18/2592, S. 19). Hier bestehen an einem Selbstvertretenmüssen der Ast deswegen Zweifel, weil ihr allein wegen einer geistigen Behinderung bzw. einer seelischen Störung ein Grad der Behinderung von 80 zuerkannt ist. Auch ist für die Ast, die bereits im Alter von 14 Jahren von ihren Eltern nach Deutschland gebracht worden ist, eine Betreuerin in allen Angelegenheiten bestellt. Auch insoweit wäre es erforderlich gewesen, dass die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid klar zum Ausdruck bringt, welche Gründe i.S.d. § 1a Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz nach ihrer Auffassung die Ast selbst zu vertreten hat.
b. Der Bescheid ist auch insoweit verfahrensfehlerhaft ergangen, als die Anspruchseinschränkung ohne vorhergehende Anhörung der Ast festgestellt wurde.
Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt auch für Verwaltungsakte, die eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellen (vgl. Cantzler a.a.O. Rn. 82, 139 m.w.N.). Eine solche Anhörung der Ast hat vor Erlass des angefochtenen Bescheides nicht stattgefunden. Zwar ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten grundsätzlich nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG nachholbar. Allerdings wird auch insofern zu fordern sein, dass die Ast zu einem konkreten Lebenssachverhalt (siehe dazu oben) angehört wird. Ist der Bescheid vom 20.09.2018 nach alledem rechtswidrig ergangen, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.10.2018 anzuordnen. Denn unter Berücksichtigung des oben dargelegten Prüfungsmaßstabes kann an dem Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen. Die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG setzt die (zumindest überwiegend wahrscheinliche) Rechtmäßigkeit des entsprechenden Verwaltungsaktes aus. Deshalb überwiegt das Interesse der Ast am Nichtvollzug des Bescheids vom 20.09.2018, um (höhere) Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten zu können (dazu sogleich unter 3.).
3. Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 12.10.2018 im Wege der einstweiligen Anordnung stellt sich der zutreffende Prüfungsmaßstab für die gerichtliche Eilentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wie folgt dar (s. dazu u.a. die Entscheidungen des Senats vom 19.03.2019 - L 18 AY 12/19 B ER, BeckRS 2019, 5064 und vom 11.10.2018 - L 18 SO 180/18 B ER, juris Rn. 24 ff.): Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 - B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (allgemeine Auffassung; vgl. z.B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d). Die Glaubhaftmachung kennzeichnet dabei im Bereich der Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften - soweit ersichtlich unbestrittenerweise - keinen variablen, von Fall zu Fall neu festzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern eben die im vorgenannten Sinn überwiegende Wahrscheinlichkeit, also das Vorliegen der guten Möglichkeit (zur verfassungsrechtlichen Sicht sogleich unten). Zusammenfassend stellt sich der einfachgesetzliche Prüfungsmaßstab wie folgt dar: § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 - 358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche Prüfungsmaßstab ist für den Richter grundsätzlich bindend (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG). Liegen mithin Anordnungsanspruch und -grund im oben genannten Sinne vor, hat der Eilantrag. Für eine Güter- und Folgenabwägung ist dann kein Raum. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht, ist die Prüfung jedoch fortzusetzen: Droht bei Ablehnung des Eilantrags unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 - 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06 Orientierungssatz 2 - Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung; vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 juris Rn. 10: Folgenabwägung möglich, wenn eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist), ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-)Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten.
Auch im Falle der Güter- und Folgenabwägung sind im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles, insbesondere der bei Stattgabe und Ablehnung des Eilantrags jeweils drohenden Folgen, zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Zusammenfassend bedeutet dies für den Fall, dass eine Güter- und Folgenabwägung durchzuführen ist, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des (jedenfalls möglichen) prospektiven Hauptsacheerfolgs und der (jedenfalls möglicherweise) ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02, juris LS 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, "desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen (BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25; vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13, juris Rn. 20). Der Richter hat mithin zunächst zu prüfen, ob Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund im oben dargestellten Sinn vorliegen. Ist dies der Fall, hat der Eilantrag dem Grunde nach Erfolg. Ist dies nicht der Fall - und nur dann - ist eine umfassende Güter- und Folgenabwägung durchzuführen, wenn ein Hauptsacheerfolg und der Eintritt einer schweren Beeinträchtigung im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zumindest möglich sind; dabei sind die (hypothetischen) Folgen bei Stattgabe und Ablehnung des Eilantrags, insbesondere die Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit der ohne Eilrechtsschutz für den Antragsteller drohenden Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Vorliegend kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Ast bei Nichtbewilligung der beantragten Leistungen schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entstehen könnten, so dass es zugunsten der Ast einer Modifizierung des Beweismaßes bedürfte. Denn hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 3 AsylbLG bestehen bereits nach dem einfachgesetzlichen Prüfungsmaßstab Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund.
a. Der Ast steht im streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu, so dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist.
Die Ast ist leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG, was zwischen den Beteiligten auch unstrittig ist. Sie ist Ausländerin, hält sich im Bundesgebiet tatsächlich auf und ist im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG. Es ist weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch für den Senat ersichtlich, dass die Ast über vorrangig einzusetzendes Einkommen oder Vermögen im Sinne des § 7 AsylbLG verfügt. Der von der Ast im vorliegende Verfahren geltend gemachte Bedarf nach § 3 AsylbLG beträgt ohne Kosten der Unterkunft und Heizkosten jedenfalls 284 EUR monatlich. Hinzu kommen monatliche Kosten der Unterkunft und Heizkosten in Höhe von insgesamt 257 EUR.
b. Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob allein die Bewilligung geringerer Leistungen nach dem AsylbLG allgemein die Annahme eines Anordnungsgrundes rechtfertigt. Jedenfalls im vorliegenden Fall erscheint die Kürzung der existenzsichernden Grundleistungen nach dem AsylbLG (siehe dazu u.a. BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, juris) um ca. 40 % (ohne Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizkosten) ausreichend, um einen wesentlichen Nachteil im dargelegten Sinne anzunehmen. Nach alledem war der Beschluss des SG vom 20.12.2018 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 anzuordnen und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ast für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 541 EUR (inklusive Kosten für Unterkunft und Heizung) zu zahlen. Für den Zeitraum bereits erbrachte Leistungen, auch Sachleistungen, sind auf eine Leistungsnachzahlung anzurechnen.
4. Der Ast war auf ihren Antrag hin für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) zu beachten. Deshalb dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 07.04.2000 - 1 BvR 81/00, juris Rn. 16). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7, 7a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG vom 13.07.2005 - 1 BvR 175/05, juris Rn. 10; vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 26 = BVerfGE 81, 347; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfG vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 25 = BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG vom 02.02.1993 - 1 BvR 1697/91, juris Rn. 13 = FamRZ 1993, 664, 665). Bei der Ast sind nach der vorliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH gegeben. Auch lagen die erforderlichen Erfolgsaussichten für die Beschwerde der Ast vor, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter 1. bis 3. ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Ast mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im vollen Umfang erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind zu erstatten.
III. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, gewährt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019. Die 1991 geborene Ast ist aserbaidschanische Staatsangehörige und gemeinsam mit ihren Eltern am 02.05.2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sie ist wegen einer geistigen Behinderung, seelischen Störung schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80. Ihr sind die Merkzeichen G und B zuerkannt. Für die Ast ist Frau C. zur Betreuerin in allen Angelegenheiten bestellt (Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 26.10.2017). Am 12.05.2005 beantragte die Ast die Anerkennung als Asylberechtigte. Dieser Antrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.06.2005 abgelehnt. Die Ast ist seit dem 25.04.2007 vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und verfügt aktuell über eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Die Ast bezieht von der Antragsgegnerin seit Jahren laufende Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG. Zuletzt bewilligte die Antragsgegnerin ihr für den Zeitraum bis 30.09.2018 laufende Leistungen in Höhe von monatlich 469,25 EUR (vgl. hierzu u.a. Bescheide vom 12.02.2018, 22.03.2018, 25.04.2018, 24.05.2018, 25.06.2018 und 24.07.2018). Der Betrag setzte sich aus Grundleistungen nach § 3 AsylbLG i.H.v. monatlich 284 EUR, abzüglich einer Kürzung um 71,75 EUR, sowie Kosten der Unterkunft und Heizkosten in Höhe von 257 EUR zusammen.
Am 03.08.2018 fragte die Antragsgegnerin zur Klärung von Kürzungstatbeständen bei der Zentralen Ausländerbehörde in Form eines multiple-choice-Fragebogens an. Am 13.09.2018 sandte die Regierung von Mittelfranken - Zentrale Ausländerbehörde Mittelfranken ein Auskunftsschreiben ("Mitteilung gemäß § 90 Abs. 3 AufenthG") an die Antragsgegnerin. In diesem war unter der Überschrift "Sachverhalte zu Leistungskürzungen" § 1a Abs. 3 AsylbLG angekreuzt. Des Weiteren ergab sich aus angekreuzten Textbausteinen folgender Sachverhalt: Der/Die Leistungsberechtigte hat eine Duldung (§ 1 Abs. 1 Ziffer 4 AsylbLG) und aufenthaltsbeendende Maßnahmen können nicht vollzogen werden, da ein fehlendes Heimreisedokument entgegensteht. Die o.g. hat selbst zu vertreten, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht vollzogen werden konnte, da ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten (§ 82 AufenthG) bei der Beschaffung von Intensitätspapieren oder erforderlichen Heimreisedokumenten vorliegt, Angabe einer falschen Identität, Herkunft oder Staatsangehörigkeit getätigt wurden. Das Mitteilungsformular war mit ergänzenden Bemerkungen versehen.
Am 20.09.2018 erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid, mit dem sie die Grundleistungen zur Deckung des Bedarfs der Ast vom 01.10.2018 bis zur Nachholung ihrer Mitwirkungspflicht bzw. bis zum Wegfall der Kürzungstatbestände, längstens bis 31.03.2019 auf den Betrag von 165,84 EUR einschränkte. Wie sich aus den Gründen des Bescheids ergibt, wurden allerdings zuzüglich zu diesem Betrag Leistungen der Unterkunft, einschließlich Heizung, als Sachleistung bewilligt.
Hiergegen legte die Ast am 12.10.2018 Widerspruch ein. Über den Widerspruch wurde nach telefonischer Auskunft der Antragsgegnerin vom 14.05.2019 bislang noch nicht entschieden.
Ebenfalls am 12.10.2018 hat die Ast beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Mit Beschluss vom 20.12.2018 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Zugleich hat es den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Vorschrift des § 1a AsylbLG, insbesondere die des § 1a Abs. 4 AsylbLG, sei verfassungswidrig. Außerdem habe die unter Betreuung stehende Ast alle zumutbaren Handlungen vorgenommen, um ihre Identität nachzuweisen. Das mögliche Verschulden ihrer Eltern könne ihr nicht zugerechnet werden.
Die Ast beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.12.2018 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20.09.2018 anzuordnen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019 monatliche Leistungen i.H.v. 541.- EUR zu erbringen.
Zudem beantragt die Ast,
ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Leistungsakte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG den Antrag der Ast auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den hiermit einhergehenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 abgelehnt. Der von der Ast im Wege der Regelungsanordnung geltend gemachte Anspruch auf Leistungen i.H.v. monatlich 541 EUR ist gegeben. Auch liegt insoweit ein Anordnungsgrund vor.
1. Der Antrag der Ast war entsprechend ihrem Rechtsschutzbegehren auszulegen, § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog.
Die Ast hat im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, die Antragsgegnerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2008 zu verpflichten, ab Zugang des Antrages beim Gericht der Ast Leistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Beschwerdeverfahren hat die Ast keinen Antrag gestellt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist am 12.10.2018 beim SG eingegangen. Wie sich aus dem Vorbringen der Ast ergibt, wendet sie sich gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG und die in diesem Zusammenhang vorgenommene Reduzierung ("teilweise Aufhebung") der bis 30.09.2018 zugrunde gelegten - wenn auch schon da um 71,75 EUR gekürzten - Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 284 EUR (zuzüglich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 257 EUR) auf 165,84 EUR (zuzüglich Sachleistungen für Unterkunft, einschließlich Heizung). Hingegen ist ihrem Antragsbegehren nicht zu entnehmen, dass sie - über den "Kürzungsbetrag" von 118,16 EUR hinaus - höhere Grundleistungen geltend macht, als die seit Jahren von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten 284 EUR monatlich. Hierzu wird auch seitens des Prozessbevollmächtigten nichts vorgetragen.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2018 stellt sich als feststellender Verwaltungsakt nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (zur Notwendigkeit eines feststellenden Verwaltungsaktes nach § 1a AsylbLG als Voraussetzung für eine einschränkende Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG s. Bayerisches Landessozialgericht vom 01.03.2018 - L 18 AY 2/18 B ER, juris) und zugleich als Leistungsbewilligung für den Zeitraum 01.10.2018 bis 31.03.2019 dar. Insofern beinhaltet der angefochtene Bescheid in seinem Verfügungssatz zwei verschiedenen Regelungen, die die Antragsgegnerin miteinander vermischt hat.
Maßgeblich ist insofern der objektive Sinngehalt der Erklärung der Behörde, d.h. wie der Bescheid aus Sicht des Adressaten zu verstehen ist (BSG vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/16 R, juris Rn. 12) bzw. wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 31 Rn. 26 m.w.N.; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 35 Rn. 89). Dies zugrunde legend musste die Ast vorliegend zum einen von einem eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG feststellenden Verwaltungsakt der Antragsgegnerin ausgehen. Hierauf weist die Erwähnung des Wortes "Kürzungstatbestände" im Bescheidstenor in Zusammenschau mit der Bescheidsbegründung hin, wonach die Ast die Voraussetzungen für die Leistungseinschränkung im Rahmen des § 1a Abs. 3 AsylbLG erfülle. Rechtsfolge des Vorliegens dieses anspruchseinschränkenden Tatbestandes ist gem. § 1a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 AsylbLG, dass ein Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG nicht mehr besteht. Nach § 1a Abs. 3 S. 2 AsylbLG beginnt die Anspruchseinschränkung mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Zugleich hat die Antragsgegnerin mit dem Bescheid vom 20.09.2018 Leistungen in Höhe von monatlich 165,84 EUR für den Zeitraum 01.10.2018 bis 31.03.2019 bewilligt. Dies ergibt sich wiederum aus der Zusammenschau von Bescheidstenor und Bescheidsgründen. Hiernach sollen der Ast für den genannten Zeitraum Leistungen der Unterkunft, einschließlich Heizung als Sachleistung, sowie Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege als Geldleistung bewilligt werden. Grundlage für die Bewilligung bildet § 1a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2, 4 AsylbLG. Den von der Ast beantragten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG - wie sie bis 30.09.2018 gewährt wurden - in Höhe von monatlich 469,25 EUR steht die Anspruchseinschränkung der Antragsgegnerin nach § 1a Abs. 3 AsylbLG entgegen, da der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 12.10.2018 keine aufschiebende Wirkung entfaltet (siehe zum Ganzen sogleich unter 2.). Somit umfasst der Antrag der Ast auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (dazu unter 3.) auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 (siehe zu dieser Differenzierung Cantzler HK-AsylbLG, § 1a Rn. 142 ff).
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2018 ist statthaft. Denn gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG, § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG hat der Widerspruch der Ast gegen den Bescheid vom 20.09.2018 - soweit die Antragsgegnerin auch eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG festgestellt hat - keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann in einem solchen Fall gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen.
Ein Anspruch der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 12.10.2018 ist gegeben, weil das Interesse der Ast am Nichtvollzug der Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug überwiegt.
Der Prüfungsmaßstab für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG stellt sich wie folgt dar (s. hierzu die Entscheidungen des Senats vom 20.07.2018 - L 18 SO 126/18 B ER, juris Rn. 19 und vom 19.03.2018 - L 18 AY 7/18 B ER, ZFSH/SGB 2018, 339): Es ist auf der Grundlage des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG eine Abwägung des Interesses des Antragstellers am Nichtvollzug und des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsakts durchzuführen. Dabei sind wegen der verfassungsrechtlich (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) fundierten Sicherungs- und Rechtsschutzfunktion des Eilverfahrens grundsätzlich und in der Regel nur die Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen zu beachten (vgl. dazu Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2016, Rn. 218 - 221). Die Gewichtung der einzelnen Abwägungselemente hängt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des fachgerichtlichen Eilverfahrens vom Rechtsschutzziel ab. Je schwerer die drohende Rechtsverletzung ist, umso höher sind die Anforderungen an die Genauigkeit der Prognose des Hauptsacheerfolgs zu stellen, um auf dieses Abwägungselement eine Ablehnung des Eilantrags zu stützen; gegebenenfalls muss sogar im Eilverfahren bereits eine abschließende Prüfung durchgeführt werden, um den Eilantrag wegen fehlender Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ablehnen zu können. Um dem Eilantrag des Antragstellers stattzugeben, sind umgekehrt umso geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs und des Eintritts von Beeinträchtigungen zu stellen, je schwerer die drohende Rechtsverletzung ist (vgl. dazu die grundlegenden Beschlüsse des BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 23&8201;ff.; v. 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06; ferner vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3; vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: "desto intensiver prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Bei der Abwägung ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu berücksichtigen. Die danach vorgesehene sofort wirkende Belastung kann nur in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs und der Schwere der Belastung berücksichtigt werden. Bei geringer Erfolgswahrscheinlichkeit der Hauptsache wird die nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung mit sofortiger Wirkung eintretende Folge in der richterlichen Abwägungsentscheidung grundsätzlich nicht zugunsten des Antragstellers ins Gewicht fallen. Über die regelmäßig nach der gesetzgeberischen Entscheidung sofort eintretenden Beeinträchtigungen hinausgehende Belastungen sind bei der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. Krodel, NZS 2015, S. 681, 685 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes gelangt der Senat zu der Auffassung, dass aufgrund der hohen Erfolgswahrscheinlichkeit in der Hauptsache dem Antrag der Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben ist. Die von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.09.2018 vorgenommene Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.
a. Der Bescheid ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. § 1a Abs. 3 AsylbLG sieht vor, dass Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG entsprechend § 1a Abs. 2 AsylbLG keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG haben, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.
Aus einem Verwaltungsakt, der eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellt, müssen nicht nur eindeutig der Umfang und die Dauer der Anspruchseinschränkung hervorgehen. Er muss auch den Sachverhalt genau bezeichnet, auf den die Anspruchseinschränkung gestützt wird; andernfalls ist der Verwaltungsakt zu unbestimmt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die einzelnen Tatbestände des § 1a AsylbLG unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen, sowohl hinsichtlich des Umfangs der Anspruchseinschränkung als auch hinsichtlich der Dauer (vgl. § 1a Abs. 5 S. 2 AsylbLG), aufweisen. Zudem muss für den Leistungsberechtigten erkennbar sein, welches Fehlverhalten ihm vorgeworfen wird, um sein Verhalten korrigieren zu können und damit ein Fortdauern der Anspruchseinschränkung (vgl. § 14 Abs. 2 AsylbLG) zu vermeiden. Trägt der von der Behörde geregelte Sachverhalt die Anspruchseinschränkung nicht, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (Cantzler a.a.O. Rn. 137). Vorliegend hat zwar die Antragsgegnerin in den Bescheidsgründen den Tatbestand des § 1a Abs. 3 AsylbLG als Grundlage der Anspruchseinschränkung erwähnt. Einen konkreten Lebenssachverhalt, auf den sie die Anspruchseinschränkung für die Ast stützt, hat sie jedoch nicht bezeichnet. Vielmehr wird durch angekreuzte Textbausteine ausgeführt, dass aus von der Ast selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, da sie bei der Beschaffung erforderlicher Heimreisedokumente bzw. bei der Beschaffung von für die zur Ausstellung von Einreisedokumenten erforderlichen Unterlagen nicht mitwirke, ihren Mitwirkungspflichten gemäß § 82 AufenthG nicht nachkomme und ihre Identität verschleiere. Aus den allgemeinen, offenen Formulierungen (wie "bzw.", "Mitwirkungspflichten nach § 82 AufenthG) und verwandten Oberbegriffen ("Dokumenten") wird nicht hinreichend deutlich, welche Gründe - die sie selbst zu vertreten hat - der Ast vorgehalten werden, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstehen. Für die Ast ist andererseits auch nicht erkennbar, die Erfüllung welcher (zumutbaren und erfüllbaren) Mitwirkungspflichten genau von ihr eingefordert werden. Insoweit geht aus dem Bescheid auch nicht klar hervor, unter welchen Voraussetzungen die Anspruchseinschränkung vorzeitig entfällt ("bis zur Nachholung ihrer Mitwirkungspflicht bzw. bis zum Wegfall der Kürzungstatbestände"). Im Übrigen werden auch die vollziehbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von den Ausländerbehörden beabsichtigt sind (siehe dazu Cantzler a.a.O. Rn. 66 ff.), nicht konkret bezeichnet.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 S. 1 AsylbLG ein Selbstvertretenmüssen ("selbst") des betroffenen Leistungsberechtigten voraussetzt. Es genügt somit nicht, wenn ein Verhalten Dritter vorliegt, das die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unmöglich gemacht hat, soweit der Leistungsberechtigte hieran nicht persönlich mitgewirkt hat (Cantzler a.a.O. Rn 70). Durch die tatbestandliche Voraussetzung des "Selbstvertretenmüssens" ist die Zurechnung fremden Verhaltens, z.B. von gesetzlichen Vertretern, ausgeschlossen (vgl. BT-Drucks. 18/2592, S. 19). Hier bestehen an einem Selbstvertretenmüssen der Ast deswegen Zweifel, weil ihr allein wegen einer geistigen Behinderung bzw. einer seelischen Störung ein Grad der Behinderung von 80 zuerkannt ist. Auch ist für die Ast, die bereits im Alter von 14 Jahren von ihren Eltern nach Deutschland gebracht worden ist, eine Betreuerin in allen Angelegenheiten bestellt. Auch insoweit wäre es erforderlich gewesen, dass die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid klar zum Ausdruck bringt, welche Gründe i.S.d. § 1a Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz nach ihrer Auffassung die Ast selbst zu vertreten hat.
b. Der Bescheid ist auch insoweit verfahrensfehlerhaft ergangen, als die Anspruchseinschränkung ohne vorhergehende Anhörung der Ast festgestellt wurde.
Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt auch für Verwaltungsakte, die eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellen (vgl. Cantzler a.a.O. Rn. 82, 139 m.w.N.). Eine solche Anhörung der Ast hat vor Erlass des angefochtenen Bescheides nicht stattgefunden. Zwar ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten grundsätzlich nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG nachholbar. Allerdings wird auch insofern zu fordern sein, dass die Ast zu einem konkreten Lebenssachverhalt (siehe dazu oben) angehört wird. Ist der Bescheid vom 20.09.2018 nach alledem rechtswidrig ergangen, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.10.2018 anzuordnen. Denn unter Berücksichtigung des oben dargelegten Prüfungsmaßstabes kann an dem Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen. Die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG setzt die (zumindest überwiegend wahrscheinliche) Rechtmäßigkeit des entsprechenden Verwaltungsaktes aus. Deshalb überwiegt das Interesse der Ast am Nichtvollzug des Bescheids vom 20.09.2018, um (höhere) Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten zu können (dazu sogleich unter 3.).
3. Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 12.10.2018 im Wege der einstweiligen Anordnung stellt sich der zutreffende Prüfungsmaßstab für die gerichtliche Eilentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wie folgt dar (s. dazu u.a. die Entscheidungen des Senats vom 19.03.2019 - L 18 AY 12/19 B ER, BeckRS 2019, 5064 und vom 11.10.2018 - L 18 SO 180/18 B ER, juris Rn. 24 ff.): Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 - B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (allgemeine Auffassung; vgl. z.B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d). Die Glaubhaftmachung kennzeichnet dabei im Bereich der Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften - soweit ersichtlich unbestrittenerweise - keinen variablen, von Fall zu Fall neu festzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern eben die im vorgenannten Sinn überwiegende Wahrscheinlichkeit, also das Vorliegen der guten Möglichkeit (zur verfassungsrechtlichen Sicht sogleich unten). Zusammenfassend stellt sich der einfachgesetzliche Prüfungsmaßstab wie folgt dar: § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 - 358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche Prüfungsmaßstab ist für den Richter grundsätzlich bindend (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG). Liegen mithin Anordnungsanspruch und -grund im oben genannten Sinne vor, hat der Eilantrag. Für eine Güter- und Folgenabwägung ist dann kein Raum. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht, ist die Prüfung jedoch fortzusetzen: Droht bei Ablehnung des Eilantrags unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 - 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06 Orientierungssatz 2 - Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung; vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 juris Rn. 10: Folgenabwägung möglich, wenn eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist), ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-)Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten.
Auch im Falle der Güter- und Folgenabwägung sind im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles, insbesondere der bei Stattgabe und Ablehnung des Eilantrags jeweils drohenden Folgen, zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Zusammenfassend bedeutet dies für den Fall, dass eine Güter- und Folgenabwägung durchzuführen ist, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des (jedenfalls möglichen) prospektiven Hauptsacheerfolgs und der (jedenfalls möglicherweise) ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02, juris LS 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, "desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist"). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen (BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, juris Rn. 25; vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13, juris Rn. 20). Der Richter hat mithin zunächst zu prüfen, ob Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund im oben dargestellten Sinn vorliegen. Ist dies der Fall, hat der Eilantrag dem Grunde nach Erfolg. Ist dies nicht der Fall - und nur dann - ist eine umfassende Güter- und Folgenabwägung durchzuführen, wenn ein Hauptsacheerfolg und der Eintritt einer schweren Beeinträchtigung im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zumindest möglich sind; dabei sind die (hypothetischen) Folgen bei Stattgabe und Ablehnung des Eilantrags, insbesondere die Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit der ohne Eilrechtsschutz für den Antragsteller drohenden Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Vorliegend kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Ast bei Nichtbewilligung der beantragten Leistungen schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entstehen könnten, so dass es zugunsten der Ast einer Modifizierung des Beweismaßes bedürfte. Denn hinsichtlich der beantragten Leistungen nach § 3 AsylbLG bestehen bereits nach dem einfachgesetzlichen Prüfungsmaßstab Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund.
a. Der Ast steht im streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu, so dass ein Anordnungsanspruch gegeben ist.
Die Ast ist leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG, was zwischen den Beteiligten auch unstrittig ist. Sie ist Ausländerin, hält sich im Bundesgebiet tatsächlich auf und ist im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG. Es ist weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch für den Senat ersichtlich, dass die Ast über vorrangig einzusetzendes Einkommen oder Vermögen im Sinne des § 7 AsylbLG verfügt. Der von der Ast im vorliegende Verfahren geltend gemachte Bedarf nach § 3 AsylbLG beträgt ohne Kosten der Unterkunft und Heizkosten jedenfalls 284 EUR monatlich. Hinzu kommen monatliche Kosten der Unterkunft und Heizkosten in Höhe von insgesamt 257 EUR.
b. Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob allein die Bewilligung geringerer Leistungen nach dem AsylbLG allgemein die Annahme eines Anordnungsgrundes rechtfertigt. Jedenfalls im vorliegenden Fall erscheint die Kürzung der existenzsichernden Grundleistungen nach dem AsylbLG (siehe dazu u.a. BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, juris) um ca. 40 % (ohne Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizkosten) ausreichend, um einen wesentlichen Nachteil im dargelegten Sinne anzunehmen. Nach alledem war der Beschluss des SG vom 20.12.2018 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.10.2018 gegen den Bescheid vom 20.09.2018 anzuordnen und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ast für den Zeitraum 12.10.2018 bis 31.03.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 541 EUR (inklusive Kosten für Unterkunft und Heizung) zu zahlen. Für den Zeitraum bereits erbrachte Leistungen, auch Sachleistungen, sind auf eine Leistungsnachzahlung anzurechnen.
4. Der Ast war auf ihren Antrag hin für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) zu beachten. Deshalb dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 07.04.2000 - 1 BvR 81/00, juris Rn. 16). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7, 7a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG vom 13.07.2005 - 1 BvR 175/05, juris Rn. 10; vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 26 = BVerfGE 81, 347; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfG vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88, juris Rn. 25 = BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG vom 02.02.1993 - 1 BvR 1697/91, juris Rn. 13 = FamRZ 1993, 664, 665). Bei der Ast sind nach der vorliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH gegeben. Auch lagen die erforderlichen Erfolgsaussichten für die Beschwerde der Ast vor, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter 1. bis 3. ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Ast mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im vollen Umfang erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
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