Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 627/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 354/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Kosten für die Anschaffung eines PC für ein Schulkind sind kein unabweisbarer laufender Bedarf i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe:
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines internetfähigen Personalcomputers (PC).
Die 2004 geborene Klägerin besucht derzeit die 8. Klasse des Gymnasiums K. (staatlich anerkannte katholische Schule in freier Trägerschaft) in B. Sie bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter und fünf jüngeren Geschwistern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Ihr Vater lebt unter der Woche in H. und bezieht Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Mit Schreiben vom 05.12.2017 beantragte die Mutter der Klägerin die Übernahme der Kosten für einen PC für die Klägerin. Diese brauche einen internetfähigen Com-puter für die Erstellung von Hausaufgaben, Referaten und Präsentationen.
Mit Bescheid vom 11.12.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Anschaffung eines Computers sei durch den Regelbedarf abgedeckt. Die Gewährung eines Dar-lehens gemäß § 24 Abs. 1 SGB II komme nicht in Betracht, da es sich nicht um ei-nen unabweisbaren Bedarf handele.
Hiergegen erhob die Mutter der Klägerin für ihre Tochter am 09.01.2018 Wider-spruch. Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Cottbus (Urteil vom 13.10.2016, S 42 AS 1914/13) sei der Grundsicherungsträger zur Gewährung von Leistungen in Höhe von 350,- EUR für einen Computer verurteilt worden. Das Sozialge-richt Cottbus habe die Auffassung vertreten, der Computer werde für die ganze Schulzeit benötigt. Das Jobcenter müsse für einen unabweisbaren laufenden nicht nur einmaligen besonderen Bedarf aufkommen, was bei einem PC der Fall sei. Der Bedarf hierfür könne nicht aus dem Regelbedarf gedeckt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zu-rück. Bei den Anschaffungskosten für einen Computer handele es sich zweifelsfrei um einen Bedarf, der von der Regelleistung umfasst sei. Der Bedarf sei allerdings nicht unabweisbar, da nach dem Ergebnis einer Nachfrage bei der Schule die Klä-gerin Schulcomputer nutzen könne. Auch ein Darlehen gemäß § 24 Abs. 1 oder Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II kämen nicht in Betracht.
Am 21.02.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung der Klage verweist sie darauf, dass es zu wenig Schulcomputer gebe. Darüber hinaus sei sie an die dortigen Nutzungszeiten gebunden und könne am Computer zu erledigende Aufgaben nicht am Abend oder am Wochenende erledi-gen. Auch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten keinen Computer. Es sei heutzutage so, dass interne Vorgänge den Schülern per Email zugestellt wür-den. Hausaufgaben seien häufig mit Hilfe eines Computers zu verrichten. Der Be-klagte könne die Klägerin auch nicht auf die Nutzung von Computern in der Stadtbib-liothek verweisen, da hier die Wartezeiten zu lang seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2018 aufzuheben und ihr Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhalts in Höhe von 400,00 EUR zur Anschaffung eines PC zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er zunächst auf die Lernmittelfreiheit in Baden-Württemberg. Wenn es denn tatsächlich so sei, dass ein Computer notwendig sei, um die gestellten Hausaufgaben in der geforderten Form zu erledigen, müsse die Schule dies sicherstellen. Dass die Klägerin eine nichtstaatliche Schule besuche, erfolge auf deren eigenen Wunsch. Der Bedarf an Schulbildung hätte auch durch eine öffentliche Schule und durch die Lernmittelfreiheit ausreichend gedeckt werden können. Darüber hinaus werde erneut darauf hingewiesen, dass die Schule in der Schulbibliothek über internetfähige Computer verfüge, welche den Schülern zur Nut-zung zur Verfügung stünden. Darüber hinaus könne die Klägerin auch die internet-fähigen Computer der Stadtbibliothek in B. nutzen.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen und eine Auskunft bei der Schulleiterin der K.-Schule eingeholt. Danach (vgl. Schreiben vom 15.11.2018) müssen in der 8. Klasse Referate und Präsentationen erstellt werden, die gründlich recherchiert und gut dargestellt sein sollen – auch mit Medienunterstüt-zung. Auch Rechercheaufgaben als Teil der Hausaufgaben seien inzwischen die Regel. Die Schule verfüge über acht internetfähige Computer, die in der Schülerbib-liothek den Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse zum selbständigen Arbeiten zwischen 7.30 Uhr und 16.30 Uhr während der Schulzeit zur Verfügung stünden. Eine Ausnahmegenehmigung für die Klägerin für die Nutzung dieser Schulcomputer sei jedoch möglich. Drucker stünden nicht zur Verfügung. Die Computer würden we-nig genutzt, so dass immer einige zur Verfügung stünden. Zur Kommunikation sei-tens der Schule bzw. der Lehrerinnen und Lehrer mit der Klägerin sei ein internetfä-higer Computer nicht notwendig. Ergänzend weist die Schulleiterin darauf hin, dass eine Schülerin der Klasse 8 Zugriff auf einen internetfähigen Computer im privaten Umfeld haben sollte, jedoch keinen eigenen benötige. Ohne die Möglichkeit, auch ohne größere Planung auf das Internet für schulische Zwecke zugreifen zu können, entstünden der Schülerin Nachteile.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezoge-nen Verwaltungsakten sowie den der Gerichtsakte S 15 AS 627/18 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S.1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 23.01.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf zuschussweise zu gewährende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Anschaffung eines internetfähigen Per-sonalcomputers (PC).
Ein PC ist grundsätzlich vom Regelbedarf umfasst (hierzu unter 1.). Leistungen zur Anschaffung eines PC für schulische Zwecke zusätzlich zum Regelbedarf stehen der Klägerin weder als Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 6 SGB II (hierzu unter 2.) noch als Leistung für Wohnungserstausstattung (§ 24 Abs. 3 SGB II) zu (hierzu unter 3.).
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23.1.2018, mit dem der Beklagte es abgelehnt hat, der Klä-gerin auf ihren Antrag vom 5.12.2017 Leistungen zur Anschaffung eines PC zu ge-währen. Soweit diese Entscheidung die Prüfung eines Mehrbedarfs umfasst, über den eigentlich nur zusammen mit dem Regelbedarf entschieden werden kann, steht dem nicht entgegen, dass die Leistungsbewilligung für Dezember 2017 bereits be-standskräftig erfolgt war. Insoweit kann der Bescheid vom 11.12.2017 dahingehend ausgelegt werden, dass der Beklagte die von ihm getroffene Regelung hinsichtlich des Regelbedarfs unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs überprüft hat und in der Sache an der getroffenen Regelung festhält, was eine erneute Sachprüfung im Widerspruchs- und Klageverfahren ermöglicht (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rn. 10 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Nicht (mehr) Streitgegenstand des Verfahrens ist eine darlehensweise Leistungs-gewährung (vgl. § 24 Abs. 1 SGB II), weil sich das klägerische Begehren aus-schließlich auf eine zuschussweise Übernahme der Kosten für einen PC richtet; ein Darlehen wurde ausdrücklich abgelehnt.
1. Zwar ist die Klägerin grundsätzlich nach dem SGB II leistungsberechtigt, denn sie erfüllt die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie bildet eine Be-darfsgemeinschaft mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Dementsprechend hat der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21.12.2016 Leistungen in Höhe von monatlich 1.497,24 EUR (Februar 2017 bis De-zember 2017) bzw. 1.487,24 EUR (Januar 2018) bewilligt.
Die bewilligten Leistungen umfassen Regelbedarf und Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 SGB II). Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts um-fasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile so-wie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnis-sen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regel-bedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverant-wortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu be-rücksichtigen (§ 20 Abs. 1 SGB II).
Grundsätzlich haben Bezieher von Arbeitslosengeld II ihren Lebensunterhalt aus dem Regelbedarf zu bestreiten bzw. entsprechend anzusparen. Denn die pauscha-lierten Regelbedarfe beinhalten neben den in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich als typisch genannten Bedarfe sämtliche laufende Bedarfe, die ihrer Natur- und Zweckbestimmung nach mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehren sowie einmalige oder in größeren Zeitabständen auftretende Bedarfe (vgl. nur Behrend in Schle-gel/Voelzke, juris PK SGB II, § 20 Rdnr. 35). Es gilt die Regel, dass von den Regel-bedarfen nach § 20 alle Bedarfslagen umfasst sind, die nicht im Rahmen der ge-setzlichen Regelungen anderweitig geregelt worden sind. Abs. 1 garantiert damit neben dem physischen Existenzminimum mit den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens auch das sog. soziokulturelle Existenzminimum (Saitzek in Ei-cher/Luik, SGB II, § 20, Rn. 54 f.).
Die Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber im Rahmen des Regelbedarf-Ermittlungsgesetzes auf der Grundlage der Ergebnisse einer bun-desweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) genügt den verfassungs-rechtlichen Anforderungen an eine hinreichend transparente, auf der Grundlage ver-lässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen-de Bemessung der Leistungshöhe (BVerfG, Urteil vom 23.7.2014, 1 BvL 10/12, juris, Rn. 89 ff.). Innerhalb der Abteilung 09 der EVS (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) findet sich auch die Rubrik "Datenverarbeitungsgeräte und Software". Ein internetfähiger PC ist ein Datenverarbeitungsgerät in diesem Sinne. Auch der Bedarf für die An-schaffung eines Computers ist daher in die Ermittlung des Regelbedarfs eingeflos-sen (s. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.6.2018, L 4 AS 885/17, juris, Rn. 22; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.1.2010, L 7 AS 41/10 B ER, juris, Rn. 15). Dafür, dass der Bedarf für Datenverarbeitungsgeräte im Rahmen der EVS nur in evident unzureichender Höhe erfasst worden wäre, sieht die Kammer derzeit kei-ne Anhaltspunkte. Das Begehren der Klägerin ist damit grundsätzlich von der Regel-leistung umfasst.
2. Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf aner-kannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger beson-derer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Zwar hält die Kammer – anders als noch der Beklagte im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid – einen internetfähigen PC in der konkreten Fallkonstel-lation für die Klägerin für unabweisbar. Aus der Auskunft der Schulleiterin ist deutlich geworden, dass die Klägerin als Schülerin einer achten Klasse eines Gymnasiums Zugriff auf einen internetfähigen Computer im privaten Umfeld braucht, um auch ohne größere Planung auf das Internet für schulische Zwecke, beispielsweise zur Erstellung von Hausaufgaben und Referaten zugreifen zu können. Dies erscheint der Kammer auch mit Blick auf ihren eigenen Erfahrungshorizont plausibel. Ein der-artiger Zugriff ist im Fall der Klägerin derzeit nicht möglich, da der einzige in der Fa-milie vorhandene Computer sich in der Zweitwohnung ihres Vaters in H. befindet. Die Beschränkung auf die Nutzung von Schulcomputern oder der Angebote der Stadtbibliothek während der jeweiligen Öffnungszeiten stellt nach der Überzeugung der Kammer für die Klägerin eine derartige Einschränkung dar, dass sie hierauf – nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Chancengleichheit mit anderen Schülerinnen und Schülern - nicht auf Dauer verwiesen werden kann.
Es handelt sich mit Kosten von etwa 350 bis 400 EUR (nach Angaben der Klägerin, die die Kammer für plausibel hält), auch um einen der Höhe nach erheblichen Anschaf-fungspreis, der nicht durch Umschichtung oder Einsparungen in anderen Bereichen gedeckt werden kann.
Die Kammer lässt dahinstehen, ob entsprechend der Auffassung des Beklagten der Schulträger der Klägerin im Rahmen der in Baden-Württemberg geltenden Lernmit-telfreiheit einen PC zur Verfügung stellen müsste (in diese Richtung z.B. BSG, Urteil vom 10.9.2013, B 4 AS 12 /13 R, juris, Rn. 27 betreffend Leihgebühren für ein Mu-sikinstrument). Denn die Deckung des aktuellen Bedarfs Computer könnte für die Klägerin auf diesem Weg nicht kurzfristig gelingen. Faktisch erfolgt eine entspre-chende Versorgung mit Computern durch die Schulträger in Baden-Württemberg derzeit nicht. Die Kammer hält es für unzumutbar, die Klägerin darauf zu verweisen, ihre Rechte auf einem Weg durchzusetzen, mit dem sie quasi Neuland betritt und mit dem die von ihr begehrte zeitnahe Versorgung in keiner Weise sichergestellt ist.
Auf eine eventuell aufgrund von Eigeninitiative der Klägerin oder ihrer Eltern in Be-tracht kommende anderweitige Bedarfsdeckung durch Dritte (so hat die Kammer die Klägerin im Laufe des Klageverfahrens auf den Verein "Angestöpselt" – www. ange-stoepselt.de – hingewiesen, wo gebrauchte Computer aufgearbeitet und an Bedürf-tige vergeben werden; laut Internetauftritt der Schule verfügt diese auch über einen Förderverein, der eventuell angesprochen werden könnte) kann das Gericht die Klä-gerin nicht verweisen, denn die Sicherung des Existenzminimums ist zuvörderst Aufgabe des Staates und muss durch gesetzliche Ansprüche gesichert sein (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 136).
Auch ist der Bedarf hinsichtlich eines PC nicht bereits deshalb gedeckt, weil die Klä-gerin Leistungen gem. § 28 Abs. II SGB II (sog. Schulbedarfspauschale) erhält. Zwar sollen nach der Gesetzesbegründung Kosten für "Schulmaterialien" nicht von § 21 Abs. 6 SGB II umfasst sein (BT-Drs. 17/1465, Seite 9), allerdings ist ein Computer hiervon nicht umfasst. Ausweislich der Gesetzesbegründung dient die sogenannte Schulbedarfspauschale des § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB II (70,- EUR zum 01. August eines jeden Jahres und 30,- EUR zum 01. Februar eines jeden Jahres) insbesondere dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z. B. Schul-ranzen, Turnzeug, Turnbeutel) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterial (z. B. Füller, Stifte, Hefte, Papier, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck). Ein Computer ist entsprechend dieser Konzeption nicht Gegenstand der persönlichen Ausstattung im Sinne des § 28 Abs. 3 SGB II (so auch SG Hannover, Beschluss vom 6.2.2018, S 68 AS 344/18 ER, juris, Rn. 21).
Entgegen der klägerischen Auffassung handelt es sich jedoch bei den Kosten für die Anschaffung eines Computers nicht um einen laufenden Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II. Ein laufender Bedarf liegt dann vor, wenn er innerhalb eines Bewil-ligungszeitraums (§ 41 Abs. 3 SGB II: zwölf Monate) voraussichtlich nicht nur einma-lig auftritt. Dies ist bei einem PC nicht der Fall. Darauf, dass die Klägerin den Com-puter selbstverständlich während ihrer gesamten Schulzeit wiederholt und dauerhaft nutzen wird, kann es zur Überzeugung der Kammer nicht ankommen. Denn der Be-darf hinsichtlich der Kosten des Computers entsteht nur einmal, nämlich im Zeitpunkt seiner Beschaffung (so ausdrücklich auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.06.2018, L 4 AS 885/17 NZB, juris, Rdnr. 24; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rdnr. 38: Bedarf hinsichtlich der Kosten zur Be-schaffung eines Passes nur einmalig trotz fortlaufender Passpflicht). Der von ande-ren Gerichten teilweise vertretenen Auffassung, es handele sich doch um einen lau-fenden Bedarf, weil die Bedarfslage eine dauerhafte sei, auch wenn deren Deckung durch eine einmalige Anschaffung erfolge (so SG Gotha, Urteil vom 17.08.2018, S 26 AS 3971/17, juris, Rdnr. 20; SG Cottbus, Urteil vom 13.10.2016, S 42 AS 1914/13), vermag die Kammer nicht zu folgen: Mit dem Argument der dauerhaften Nutzung könnte man praktisch jede einmalige Anschaffung zu einem laufenden Be-darf erklären. Eine klare Grenzziehung zwischen einmaligem und laufendem Bedarf wäre nicht mehr möglich. Dies dürfte vom Gesetzgeber ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen sein.
Eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II kommt nach der Überzeugung der Kammer deswegen nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber für die Schließung von Deckungslücken im Bereich einmaliger, nicht dauerhafter oder laufender Bedarfe ausdrücklich eine Lösung vorgesehen hat: nämlich die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II. Für eine zuschussweise Gewährung analog § 21 Abs. 6 SGB II fehlt es mithin an einer planwidrigen Regelungslücke. Im Fall der Klägerin liegt auch keine Ähnlichkeit mit den von § 21 Abs. 6 erfassten Fällen eines laufen-den Bedarfs vor – es handelt sich wie dargelegt klar um eine einmalige notwendige Anschaffung, die von ihr (und möglicherweise ihren Geschwistern) über mehrere Jahre hinweg benutzt werden wird. Hierin liegt ein Unterschied zu einer Fallkonstella-tion, in der der Bedarf zwar nicht nur einmalig, aber doch häufiger wiederkehrend auftritt und in dem aufgrund der vergleichbaren Interessenlage eine analoge An-wendung des § 21 Abs. 6 möglich wäre (so etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2017, L 11 AS 349/17, juris, Rn. 74 ff.: Übernahme jährlich anfallender Schulbuchkosten bei fehlender Lernmittelfreiheit für Oberstufenschüler).
Über die Gewährung eines Darlehens, das der Beklagte der Klägerin im Laufe des Klageverfahrens und zuletzt auf Hinweis der Kammer nochmals im Termin zur mündlichen Verhandlung angeboten hat, hatte die Kammer nicht zu entscheiden, weil ein solches von Klägerseite nicht beantragt wurde bzw. sogar ausdrücklich ab-gelehnt wurde. Lediglich außerhalb des Streitgegenstandes erfolgt daher nochmals der ausdrückliche Hinweis, dass die Kammer die Anspruchsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II für erfüllt und mithin einen Anspruch der Klägerin auf Gewäh-rung eines Darlehens zur Deckung eines vom Regelbedarf zur Sicherung des Le-bensunterhalts umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarfs (PC für schulische Zwecke) für erfüllt hält.
Auch wenn mit der Gewährung eines Darlehens zwingend eine Rückzahlung im Wege der Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ab dem Folgemonat verbun-den ist, hat die Kammer derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass im Fall der Klägerin und ihrer Familie keinerlei Spielräume für die Rückzahlung des Darlehens bestehen. Es besteht daher kein Raum für eine erweiternde "verfassungskonforme Auslegung" der vorhandenen Regelungen über gesondert neben dem Regelbedarf zu erbrin-gende einmalige, als Zuschuss zu gewährende Leistungen (vgl. insoweit BVerfG, Urteil vom 23.7.2014, 1 BvL 10/12, juris, Rn. 116). Es handelt sich bei den geltend gemachten Kosten in Höhe von etwa 400,00 EUR nicht um "extrem hohe" Kosten (vgl. BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rn. 40 zu Passbeschaffungskos-ten), hinsichtlich derer die Aufrechnung die Sicherung des Existenzminimums für einen unvertretbar lange dauernden Zeitraum einschränken würde.
3. Auch eine zuschussweise Leistungsgewährung über die Sondervorschrift des § 24 Abs. 3 SGB II kommt nicht in Betracht: Danach werden Leistungen für Erstaus-stattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht (Ziffer 1).
Ein Computer gehört nicht zur Wohnungserstausstattung, denn hierzu zählen nur Geräte, die – wie etwa ein Herd oder eine Waschmaschine – für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sind. Es muss sich um einen wohnraumbezogenen Gegenstand, der eine geordnete Haushaltsführung und ein an den führenden Wohnverhältnissen orientiertes Wohnen ermöglicht, handeln und der der Befriedi-gung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen und Aufenthalt dient. Dass es sich um einen wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand handelt, der Be-ziehungen zur Umwelt, Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht bzw. der Befriedi-gung von Unterhaltungsbedürfnissen oder Informationsbedürfnissen dient, reicht nicht aus. Letzterem und nicht dem reinen Wohnen dient jedoch gerade ein internet-fähiger Computer (vgl. zuletzt LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.06.2018, L 4 AS 886/17 NZB, juris, Rdnr. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2015, L 7 AS 2346/13, juris, Rdnr. 31; BSG, Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 75/10 R: Fern-sehgerät).
Nach alledem ist im Ergebnis eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Übernahme der Kosten für einen Computer in Form eines Zuschusses nicht gegeben. Auch wenn dieses Ergebnis, insbesondere mit Blick auf das Ziel gleicher Bildungs- und Teilhabechancen für alle Schülerinnen und Schüler sozialpolitisch nicht zufrieden-stellend ist, ist die Klägerin nach der aktuellen gesetzlichen Konzeption des SGB II darauf zu verweisen, diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten oder das ihr vom Beklagten mehrfach angebotene Darlehen in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil sie der Frage, ob sich aus dem Leis-tungssystem des SGB II mit Blick auf die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollte Sicherung der Bildungsbedarfe und Teilhabemöglichkeiten von hilfebedürftigen Schülern ein Anspruch auf zuschussweise Gewährung von Leistungen für einen für die Schule benötigten Computer ergibt, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zumisst.
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines internetfähigen Personalcomputers (PC).
Die 2004 geborene Klägerin besucht derzeit die 8. Klasse des Gymnasiums K. (staatlich anerkannte katholische Schule in freier Trägerschaft) in B. Sie bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter und fünf jüngeren Geschwistern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Ihr Vater lebt unter der Woche in H. und bezieht Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Mit Schreiben vom 05.12.2017 beantragte die Mutter der Klägerin die Übernahme der Kosten für einen PC für die Klägerin. Diese brauche einen internetfähigen Com-puter für die Erstellung von Hausaufgaben, Referaten und Präsentationen.
Mit Bescheid vom 11.12.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Anschaffung eines Computers sei durch den Regelbedarf abgedeckt. Die Gewährung eines Dar-lehens gemäß § 24 Abs. 1 SGB II komme nicht in Betracht, da es sich nicht um ei-nen unabweisbaren Bedarf handele.
Hiergegen erhob die Mutter der Klägerin für ihre Tochter am 09.01.2018 Wider-spruch. Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Cottbus (Urteil vom 13.10.2016, S 42 AS 1914/13) sei der Grundsicherungsträger zur Gewährung von Leistungen in Höhe von 350,- EUR für einen Computer verurteilt worden. Das Sozialge-richt Cottbus habe die Auffassung vertreten, der Computer werde für die ganze Schulzeit benötigt. Das Jobcenter müsse für einen unabweisbaren laufenden nicht nur einmaligen besonderen Bedarf aufkommen, was bei einem PC der Fall sei. Der Bedarf hierfür könne nicht aus dem Regelbedarf gedeckt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zu-rück. Bei den Anschaffungskosten für einen Computer handele es sich zweifelsfrei um einen Bedarf, der von der Regelleistung umfasst sei. Der Bedarf sei allerdings nicht unabweisbar, da nach dem Ergebnis einer Nachfrage bei der Schule die Klä-gerin Schulcomputer nutzen könne. Auch ein Darlehen gemäß § 24 Abs. 1 oder Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II kämen nicht in Betracht.
Am 21.02.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung der Klage verweist sie darauf, dass es zu wenig Schulcomputer gebe. Darüber hinaus sei sie an die dortigen Nutzungszeiten gebunden und könne am Computer zu erledigende Aufgaben nicht am Abend oder am Wochenende erledi-gen. Auch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten keinen Computer. Es sei heutzutage so, dass interne Vorgänge den Schülern per Email zugestellt wür-den. Hausaufgaben seien häufig mit Hilfe eines Computers zu verrichten. Der Be-klagte könne die Klägerin auch nicht auf die Nutzung von Computern in der Stadtbib-liothek verweisen, da hier die Wartezeiten zu lang seien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2018 aufzuheben und ihr Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhalts in Höhe von 400,00 EUR zur Anschaffung eines PC zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er zunächst auf die Lernmittelfreiheit in Baden-Württemberg. Wenn es denn tatsächlich so sei, dass ein Computer notwendig sei, um die gestellten Hausaufgaben in der geforderten Form zu erledigen, müsse die Schule dies sicherstellen. Dass die Klägerin eine nichtstaatliche Schule besuche, erfolge auf deren eigenen Wunsch. Der Bedarf an Schulbildung hätte auch durch eine öffentliche Schule und durch die Lernmittelfreiheit ausreichend gedeckt werden können. Darüber hinaus werde erneut darauf hingewiesen, dass die Schule in der Schulbibliothek über internetfähige Computer verfüge, welche den Schülern zur Nut-zung zur Verfügung stünden. Darüber hinaus könne die Klägerin auch die internet-fähigen Computer der Stadtbibliothek in B. nutzen.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen und eine Auskunft bei der Schulleiterin der K.-Schule eingeholt. Danach (vgl. Schreiben vom 15.11.2018) müssen in der 8. Klasse Referate und Präsentationen erstellt werden, die gründlich recherchiert und gut dargestellt sein sollen – auch mit Medienunterstüt-zung. Auch Rechercheaufgaben als Teil der Hausaufgaben seien inzwischen die Regel. Die Schule verfüge über acht internetfähige Computer, die in der Schülerbib-liothek den Schülerinnen und Schülern ab der 9. Klasse zum selbständigen Arbeiten zwischen 7.30 Uhr und 16.30 Uhr während der Schulzeit zur Verfügung stünden. Eine Ausnahmegenehmigung für die Klägerin für die Nutzung dieser Schulcomputer sei jedoch möglich. Drucker stünden nicht zur Verfügung. Die Computer würden we-nig genutzt, so dass immer einige zur Verfügung stünden. Zur Kommunikation sei-tens der Schule bzw. der Lehrerinnen und Lehrer mit der Klägerin sei ein internetfä-higer Computer nicht notwendig. Ergänzend weist die Schulleiterin darauf hin, dass eine Schülerin der Klasse 8 Zugriff auf einen internetfähigen Computer im privaten Umfeld haben sollte, jedoch keinen eigenen benötige. Ohne die Möglichkeit, auch ohne größere Planung auf das Internet für schulische Zwecke zugreifen zu können, entstünden der Schülerin Nachteile.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezoge-nen Verwaltungsakten sowie den der Gerichtsakte S 15 AS 627/18 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S.1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 23.01.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf zuschussweise zu gewährende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Anschaffung eines internetfähigen Per-sonalcomputers (PC).
Ein PC ist grundsätzlich vom Regelbedarf umfasst (hierzu unter 1.). Leistungen zur Anschaffung eines PC für schulische Zwecke zusätzlich zum Regelbedarf stehen der Klägerin weder als Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 6 SGB II (hierzu unter 2.) noch als Leistung für Wohnungserstausstattung (§ 24 Abs. 3 SGB II) zu (hierzu unter 3.).
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 11.12.2017 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23.1.2018, mit dem der Beklagte es abgelehnt hat, der Klä-gerin auf ihren Antrag vom 5.12.2017 Leistungen zur Anschaffung eines PC zu ge-währen. Soweit diese Entscheidung die Prüfung eines Mehrbedarfs umfasst, über den eigentlich nur zusammen mit dem Regelbedarf entschieden werden kann, steht dem nicht entgegen, dass die Leistungsbewilligung für Dezember 2017 bereits be-standskräftig erfolgt war. Insoweit kann der Bescheid vom 11.12.2017 dahingehend ausgelegt werden, dass der Beklagte die von ihm getroffene Regelung hinsichtlich des Regelbedarfs unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs überprüft hat und in der Sache an der getroffenen Regelung festhält, was eine erneute Sachprüfung im Widerspruchs- und Klageverfahren ermöglicht (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rn. 10 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Nicht (mehr) Streitgegenstand des Verfahrens ist eine darlehensweise Leistungs-gewährung (vgl. § 24 Abs. 1 SGB II), weil sich das klägerische Begehren aus-schließlich auf eine zuschussweise Übernahme der Kosten für einen PC richtet; ein Darlehen wurde ausdrücklich abgelehnt.
1. Zwar ist die Klägerin grundsätzlich nach dem SGB II leistungsberechtigt, denn sie erfüllt die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie bildet eine Be-darfsgemeinschaft mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Dementsprechend hat der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21.12.2016 Leistungen in Höhe von monatlich 1.497,24 EUR (Februar 2017 bis De-zember 2017) bzw. 1.487,24 EUR (Januar 2018) bewilligt.
Die bewilligten Leistungen umfassen Regelbedarf und Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 SGB II). Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts um-fasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile so-wie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnis-sen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regel-bedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverant-wortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu be-rücksichtigen (§ 20 Abs. 1 SGB II).
Grundsätzlich haben Bezieher von Arbeitslosengeld II ihren Lebensunterhalt aus dem Regelbedarf zu bestreiten bzw. entsprechend anzusparen. Denn die pauscha-lierten Regelbedarfe beinhalten neben den in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich als typisch genannten Bedarfe sämtliche laufende Bedarfe, die ihrer Natur- und Zweckbestimmung nach mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehren sowie einmalige oder in größeren Zeitabständen auftretende Bedarfe (vgl. nur Behrend in Schle-gel/Voelzke, juris PK SGB II, § 20 Rdnr. 35). Es gilt die Regel, dass von den Regel-bedarfen nach § 20 alle Bedarfslagen umfasst sind, die nicht im Rahmen der ge-setzlichen Regelungen anderweitig geregelt worden sind. Abs. 1 garantiert damit neben dem physischen Existenzminimum mit den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens auch das sog. soziokulturelle Existenzminimum (Saitzek in Ei-cher/Luik, SGB II, § 20, Rn. 54 f.).
Die Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber im Rahmen des Regelbedarf-Ermittlungsgesetzes auf der Grundlage der Ergebnisse einer bun-desweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) genügt den verfassungs-rechtlichen Anforderungen an eine hinreichend transparente, auf der Grundlage ver-lässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen-de Bemessung der Leistungshöhe (BVerfG, Urteil vom 23.7.2014, 1 BvL 10/12, juris, Rn. 89 ff.). Innerhalb der Abteilung 09 der EVS (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) findet sich auch die Rubrik "Datenverarbeitungsgeräte und Software". Ein internetfähiger PC ist ein Datenverarbeitungsgerät in diesem Sinne. Auch der Bedarf für die An-schaffung eines Computers ist daher in die Ermittlung des Regelbedarfs eingeflos-sen (s. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.6.2018, L 4 AS 885/17, juris, Rn. 22; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.1.2010, L 7 AS 41/10 B ER, juris, Rn. 15). Dafür, dass der Bedarf für Datenverarbeitungsgeräte im Rahmen der EVS nur in evident unzureichender Höhe erfasst worden wäre, sieht die Kammer derzeit kei-ne Anhaltspunkte. Das Begehren der Klägerin ist damit grundsätzlich von der Regel-leistung umfasst.
2. Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf aner-kannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger beson-derer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Zwar hält die Kammer – anders als noch der Beklagte im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid – einen internetfähigen PC in der konkreten Fallkonstel-lation für die Klägerin für unabweisbar. Aus der Auskunft der Schulleiterin ist deutlich geworden, dass die Klägerin als Schülerin einer achten Klasse eines Gymnasiums Zugriff auf einen internetfähigen Computer im privaten Umfeld braucht, um auch ohne größere Planung auf das Internet für schulische Zwecke, beispielsweise zur Erstellung von Hausaufgaben und Referaten zugreifen zu können. Dies erscheint der Kammer auch mit Blick auf ihren eigenen Erfahrungshorizont plausibel. Ein der-artiger Zugriff ist im Fall der Klägerin derzeit nicht möglich, da der einzige in der Fa-milie vorhandene Computer sich in der Zweitwohnung ihres Vaters in H. befindet. Die Beschränkung auf die Nutzung von Schulcomputern oder der Angebote der Stadtbibliothek während der jeweiligen Öffnungszeiten stellt nach der Überzeugung der Kammer für die Klägerin eine derartige Einschränkung dar, dass sie hierauf – nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Chancengleichheit mit anderen Schülerinnen und Schülern - nicht auf Dauer verwiesen werden kann.
Es handelt sich mit Kosten von etwa 350 bis 400 EUR (nach Angaben der Klägerin, die die Kammer für plausibel hält), auch um einen der Höhe nach erheblichen Anschaf-fungspreis, der nicht durch Umschichtung oder Einsparungen in anderen Bereichen gedeckt werden kann.
Die Kammer lässt dahinstehen, ob entsprechend der Auffassung des Beklagten der Schulträger der Klägerin im Rahmen der in Baden-Württemberg geltenden Lernmit-telfreiheit einen PC zur Verfügung stellen müsste (in diese Richtung z.B. BSG, Urteil vom 10.9.2013, B 4 AS 12 /13 R, juris, Rn. 27 betreffend Leihgebühren für ein Mu-sikinstrument). Denn die Deckung des aktuellen Bedarfs Computer könnte für die Klägerin auf diesem Weg nicht kurzfristig gelingen. Faktisch erfolgt eine entspre-chende Versorgung mit Computern durch die Schulträger in Baden-Württemberg derzeit nicht. Die Kammer hält es für unzumutbar, die Klägerin darauf zu verweisen, ihre Rechte auf einem Weg durchzusetzen, mit dem sie quasi Neuland betritt und mit dem die von ihr begehrte zeitnahe Versorgung in keiner Weise sichergestellt ist.
Auf eine eventuell aufgrund von Eigeninitiative der Klägerin oder ihrer Eltern in Be-tracht kommende anderweitige Bedarfsdeckung durch Dritte (so hat die Kammer die Klägerin im Laufe des Klageverfahrens auf den Verein "Angestöpselt" – www. ange-stoepselt.de – hingewiesen, wo gebrauchte Computer aufgearbeitet und an Bedürf-tige vergeben werden; laut Internetauftritt der Schule verfügt diese auch über einen Förderverein, der eventuell angesprochen werden könnte) kann das Gericht die Klä-gerin nicht verweisen, denn die Sicherung des Existenzminimums ist zuvörderst Aufgabe des Staates und muss durch gesetzliche Ansprüche gesichert sein (BVerfG, Urteil vom 9.2.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 136).
Auch ist der Bedarf hinsichtlich eines PC nicht bereits deshalb gedeckt, weil die Klä-gerin Leistungen gem. § 28 Abs. II SGB II (sog. Schulbedarfspauschale) erhält. Zwar sollen nach der Gesetzesbegründung Kosten für "Schulmaterialien" nicht von § 21 Abs. 6 SGB II umfasst sein (BT-Drs. 17/1465, Seite 9), allerdings ist ein Computer hiervon nicht umfasst. Ausweislich der Gesetzesbegründung dient die sogenannte Schulbedarfspauschale des § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB II (70,- EUR zum 01. August eines jeden Jahres und 30,- EUR zum 01. Februar eines jeden Jahres) insbesondere dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z. B. Schul-ranzen, Turnzeug, Turnbeutel) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterial (z. B. Füller, Stifte, Hefte, Papier, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck). Ein Computer ist entsprechend dieser Konzeption nicht Gegenstand der persönlichen Ausstattung im Sinne des § 28 Abs. 3 SGB II (so auch SG Hannover, Beschluss vom 6.2.2018, S 68 AS 344/18 ER, juris, Rn. 21).
Entgegen der klägerischen Auffassung handelt es sich jedoch bei den Kosten für die Anschaffung eines Computers nicht um einen laufenden Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II. Ein laufender Bedarf liegt dann vor, wenn er innerhalb eines Bewil-ligungszeitraums (§ 41 Abs. 3 SGB II: zwölf Monate) voraussichtlich nicht nur einma-lig auftritt. Dies ist bei einem PC nicht der Fall. Darauf, dass die Klägerin den Com-puter selbstverständlich während ihrer gesamten Schulzeit wiederholt und dauerhaft nutzen wird, kann es zur Überzeugung der Kammer nicht ankommen. Denn der Be-darf hinsichtlich der Kosten des Computers entsteht nur einmal, nämlich im Zeitpunkt seiner Beschaffung (so ausdrücklich auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.06.2018, L 4 AS 885/17 NZB, juris, Rdnr. 24; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rdnr. 38: Bedarf hinsichtlich der Kosten zur Be-schaffung eines Passes nur einmalig trotz fortlaufender Passpflicht). Der von ande-ren Gerichten teilweise vertretenen Auffassung, es handele sich doch um einen lau-fenden Bedarf, weil die Bedarfslage eine dauerhafte sei, auch wenn deren Deckung durch eine einmalige Anschaffung erfolge (so SG Gotha, Urteil vom 17.08.2018, S 26 AS 3971/17, juris, Rdnr. 20; SG Cottbus, Urteil vom 13.10.2016, S 42 AS 1914/13), vermag die Kammer nicht zu folgen: Mit dem Argument der dauerhaften Nutzung könnte man praktisch jede einmalige Anschaffung zu einem laufenden Be-darf erklären. Eine klare Grenzziehung zwischen einmaligem und laufendem Bedarf wäre nicht mehr möglich. Dies dürfte vom Gesetzgeber ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen sein.
Eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II kommt nach der Überzeugung der Kammer deswegen nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber für die Schließung von Deckungslücken im Bereich einmaliger, nicht dauerhafter oder laufender Bedarfe ausdrücklich eine Lösung vorgesehen hat: nämlich die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II. Für eine zuschussweise Gewährung analog § 21 Abs. 6 SGB II fehlt es mithin an einer planwidrigen Regelungslücke. Im Fall der Klägerin liegt auch keine Ähnlichkeit mit den von § 21 Abs. 6 erfassten Fällen eines laufen-den Bedarfs vor – es handelt sich wie dargelegt klar um eine einmalige notwendige Anschaffung, die von ihr (und möglicherweise ihren Geschwistern) über mehrere Jahre hinweg benutzt werden wird. Hierin liegt ein Unterschied zu einer Fallkonstella-tion, in der der Bedarf zwar nicht nur einmalig, aber doch häufiger wiederkehrend auftritt und in dem aufgrund der vergleichbaren Interessenlage eine analoge An-wendung des § 21 Abs. 6 möglich wäre (so etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2017, L 11 AS 349/17, juris, Rn. 74 ff.: Übernahme jährlich anfallender Schulbuchkosten bei fehlender Lernmittelfreiheit für Oberstufenschüler).
Über die Gewährung eines Darlehens, das der Beklagte der Klägerin im Laufe des Klageverfahrens und zuletzt auf Hinweis der Kammer nochmals im Termin zur mündlichen Verhandlung angeboten hat, hatte die Kammer nicht zu entscheiden, weil ein solches von Klägerseite nicht beantragt wurde bzw. sogar ausdrücklich ab-gelehnt wurde. Lediglich außerhalb des Streitgegenstandes erfolgt daher nochmals der ausdrückliche Hinweis, dass die Kammer die Anspruchsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II für erfüllt und mithin einen Anspruch der Klägerin auf Gewäh-rung eines Darlehens zur Deckung eines vom Regelbedarf zur Sicherung des Le-bensunterhalts umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarfs (PC für schulische Zwecke) für erfüllt hält.
Auch wenn mit der Gewährung eines Darlehens zwingend eine Rückzahlung im Wege der Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ab dem Folgemonat verbun-den ist, hat die Kammer derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass im Fall der Klägerin und ihrer Familie keinerlei Spielräume für die Rückzahlung des Darlehens bestehen. Es besteht daher kein Raum für eine erweiternde "verfassungskonforme Auslegung" der vorhandenen Regelungen über gesondert neben dem Regelbedarf zu erbrin-gende einmalige, als Zuschuss zu gewährende Leistungen (vgl. insoweit BVerfG, Urteil vom 23.7.2014, 1 BvL 10/12, juris, Rn. 116). Es handelt sich bei den geltend gemachten Kosten in Höhe von etwa 400,00 EUR nicht um "extrem hohe" Kosten (vgl. BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 4 AS 33/17 R, juris, Rn. 40 zu Passbeschaffungskos-ten), hinsichtlich derer die Aufrechnung die Sicherung des Existenzminimums für einen unvertretbar lange dauernden Zeitraum einschränken würde.
3. Auch eine zuschussweise Leistungsgewährung über die Sondervorschrift des § 24 Abs. 3 SGB II kommt nicht in Betracht: Danach werden Leistungen für Erstaus-stattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht (Ziffer 1).
Ein Computer gehört nicht zur Wohnungserstausstattung, denn hierzu zählen nur Geräte, die – wie etwa ein Herd oder eine Waschmaschine – für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sind. Es muss sich um einen wohnraumbezogenen Gegenstand, der eine geordnete Haushaltsführung und ein an den führenden Wohnverhältnissen orientiertes Wohnen ermöglicht, handeln und der der Befriedi-gung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen und Aufenthalt dient. Dass es sich um einen wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand handelt, der Be-ziehungen zur Umwelt, Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht bzw. der Befriedi-gung von Unterhaltungsbedürfnissen oder Informationsbedürfnissen dient, reicht nicht aus. Letzterem und nicht dem reinen Wohnen dient jedoch gerade ein internet-fähiger Computer (vgl. zuletzt LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.06.2018, L 4 AS 886/17 NZB, juris, Rdnr. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2015, L 7 AS 2346/13, juris, Rdnr. 31; BSG, Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 75/10 R: Fern-sehgerät).
Nach alledem ist im Ergebnis eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Übernahme der Kosten für einen Computer in Form eines Zuschusses nicht gegeben. Auch wenn dieses Ergebnis, insbesondere mit Blick auf das Ziel gleicher Bildungs- und Teilhabechancen für alle Schülerinnen und Schüler sozialpolitisch nicht zufrieden-stellend ist, ist die Klägerin nach der aktuellen gesetzlichen Konzeption des SGB II darauf zu verweisen, diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten oder das ihr vom Beklagten mehrfach angebotene Darlehen in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil sie der Frage, ob sich aus dem Leis-tungssystem des SGB II mit Blick auf die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollte Sicherung der Bildungsbedarfe und Teilhabemöglichkeiten von hilfebedürftigen Schülern ein Anspruch auf zuschussweise Gewährung von Leistungen für einen für die Schule benötigten Computer ergibt, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zumisst.
Rechtskraft
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