Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 AS 859/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 847/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2014 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 monatlich weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate Juni bis November 2013 in Höhe von 5,39 EUR zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum von Juni bis November 2013.
Die Kläger bewohnen ein Eigenheim und sind seit 2005 im Leistungsbezug. Die Beheizung des Hauses erfolgt mit Heizöl. Der zum Betrieb der Heizungsanlage benötigte Strom kann in Ermangelung einer Einrichtung hierfür nicht separat vom Haushaltsstrom gemessen werden. Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Stromkosten für den Betrieb der Heizpumpe der Heizungsanlage blieben bei der Berechnung unberücksichtigt.
Im Jahr 2013 tankte der Kläger am 18. März 2013 631 l Heizöl (586,82 Euro) und am 4. Juli 2013 826 l Heizöl (706,24 Euro).
Die Kläger stellten mit Anwaltsschreiben vom 14. August 2013 wegen der bislang nicht übernommenen Stromkosten für die Heizungspumpe einen Antrag auf Überprüfung. Sie machten rückwirkend höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung geltend unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 7. Juli 2011, B 14 AS 51/10 R. Die Stromkosten könnten geschätzt werden: 60 Watt x 24 Stunden x Heizperiode 8 Monate.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag des Bescheides vom 25. April 2013 ab. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden, weil die Kläger keine konkrete Höhe der Stromkosten für die Heizungspumpe nachgewiesen hätten. Pauschal geltend gemacht Beträge für Stromaufwendungen der Heizungsanlage könnten nicht anerkannt werden. Es sei der Einbau eines separaten Zählers notwendig.
Hiergegen erhoben die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 21. Oktober 2013 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kläger hätten über die konkrete Höhe der Stromkosten für die Heizungsanlage bisher keinen Nachweis vorgelegt. Allein die Angabe der Leistungsaufnahme der Pumpe stelle keine verlässliche Grundlage für ein realistische Schätzung des Stromverbrauchs dar.
Die Kläger haben mit Anwaltsschriftsatz vom 5. April 2014 Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien auch Kosten der Stromversorgung der Heizpumpe vom Beklagten zu übernehmen. Das gelte auch, wenn kein separater Zähler existiert. In dem Fall dürfe der Heizkostenanteil geschätzt werden, indem 5 % der Brennstoffkosten als Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage in Ansatz gebracht werden.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 die Stromkosten der Heizpumpe nach Schätzung in dem Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und
die Berufung zuzulassen.
Er verweist zunächst auf den Inhalt der Verwaltungsakte und die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Eine Schätzung der Stromkosten sei schon allein deshalb nicht möglich, weil die bloße Angabe einer Wattzahl noch keine verlässliche Grundlage für eine realistische Schätzung des Stromverbrauchs biete. Hierzu bedürfe es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 5. Senats des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. November 2012 (L 5 AS 83/11) der Kenntnis weiterer Faktoren, die die Kläger jedoch nicht benennen könnten. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung seien im Rahmen des § 22 SGB II grundsätzlich immer nur tatsächliche und belegte Aufwendungen berücksichtigungsfähig, nicht dagegen allgemeine Pauschalen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG zulässig (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R, Rn. 11; Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 17/13 R, Rn. 12; aA Bundessozialgericht, Urteil vom 5. September 2006, B 2 U 24/05 R, Rn. 9 ["einer zusätzlichen Verpflichtungsklage bedarf es nicht"] – juris). Die Kläger begehren mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2014. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheides durch den Beklagten gerichtet, mit denen dieser die begehrte Änderung des Bewilligungsbescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragen die Kläger die Erbringung höherer Leistungen. Die Kläger begehren die Übernahme der Stromkosten für die Heizungsanlage, mithin weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juni 2013 bis November 2013. Damit liegt eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 SGB II, welche auch zulässig ist, da es sich hierbei um eine abtrennbare Verfügung (= Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X) des Gesamtbescheides handelt und das Gericht bei entsprechendem Antrag auch lediglich über diese Position des Alg II-Anspruchs befinden muss (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 18; Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R, Rn. 12 – juris). Liegt eine unzweifelhafte und ausdrückliche Erklärung vor, sind zwar die Anspruchsvoraussetzungen für den Alg II-Anspruch dem Grunde nach im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II zu prüfen. Die sonstigen (normativen) Bedarfspositionen sind aber bindend festgestellt und haben damit für die abtrennbare Verfügung Tatbestandswirkung (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 23 – juris).
II. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Bescheides vom 25. April 2013 kommt nur § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden.
Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst, ggf. nach Auslegung – oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf. mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist jedoch entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakte ohne weiteres zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014, B 14 AS 39/13 R).
Vorliegend haben die Kläger in ihrem Antrag vom 14. August 2013 den zu überprüfenden Bescheid vom 25. April 2013 explizit genannt und bezogen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung mit dem Hinweis auf die bislang nicht übernommenen Stromkosten für die Heizungsanlage dargelegt, aus welchen Gründen eine Überprüfung erfolgen soll. Die Kläger haben damit ihren Überprüfungsantrag hinreichend konkretisiert.
Die vorgenannten Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind auch im Übrigen erfüllt. Der Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 das Recht unrichtig angewandt. Die Kläger haben im Zeitraum Juni 2013 bis November 2013 einen Anspruch Zahlung weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung in tenorierter Höhe.
Die Kläger sind dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Nach § 19 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 01.01.2011 geltenden Fassung) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 01.01.2011 geltenden Fassung) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum im passenden Alter, erwerbsfähig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren hilfebedürftig, weil sie ihren Bedarf mit Einkommen nicht decken konnten. Verwertbares Vermögen war nicht vorhanden.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Abgesehen von der Problematik bezüglich der Übernahmefähigkeit von Stromkosten einer Heizungsanlage werden die Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Kläger nicht bestritten und daher die bislang in der Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 bewilligten Unterkunfts- und Heizkosten mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von der Kammer als richtig unterstellt. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Beklagte jedoch weitere Heizkosten in tenorierter Höhe an die Kläger zu zahlen. Diese resultieren aus der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten des Betriebsstroms der klägerischen Heizungsanlage, die zu Unrecht nicht in die Berechnung der angemessenen Heizkosten eingestellt wurden (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, B 14 AS 51/10 R, Rn. 15; Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 47/14 R, Rn. 13 ff.).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist vorliegend eine Schätzung möglich und zulässig. In seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2015 hat das Bundessozialgericht (B 4 AS 47/14 R) unter Randnummer 23 ausdrücklich als Anknüpfungspunkt für die Schätzung der Stromkosten von Heizungsanlagen den Rückgriff auf die in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden für zulässig erachtet. Danach werden die Stromkosten mit üblicherweise 4 bis 10 % der Brennstoffkosten geschätzt, wobei in der Regel auf einen geschätzten Anteil der Stromkosten von 5 % der Brennstoffkosten abgestellt wird. Für ebenso zulässig ist nach vorgenannter BSG-Entscheidung aber auch eine Schätzung des Stromverbrauchs der Heizungsanlage auf der Grundlage geschätzter durchschnittlicher Betriebsstunden ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. November 2012, L 5 AS 83/11), wobei die Kammer, wie im Schreiben vom 2. März 2016 den Beteiligten dargelegt, eine Schätzung der Stromkosten der Heizungsanlage anhand von 5 % der Brennstoffkosten durchführt.
In Anwendung des vorstehend Gesagten ergibt sich für die Monate Juni 2013 bis November 2013 eine monatliche Nachzahlung an die Kläger in Höhe von 5,39 Euro. Die Kläger hatten Heizkosten im Jahr 2013 in Höhe von 1.293,06 Euro (Rechnungen vom 18. März 2013 und 4. Juli 2013). 5 % der vorgenannten Heizkosten ergeben im Jahr 2013 64,63 Euro. Der Betrag ergibt bei einer Verteilung auf zwölf Monate den vorgenannten Monatsbetrag von 5,39 Euro, der für den Zeitraum Juni bis November 2013 noch an die Kläger zu zahlen ist. Insoweit ist der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 abzuändern.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG i. V. m. § 183 Satz 1 SGG.
IV. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes ersichtlich 750,00 Euro nicht übersteigt. Es liegen nach Auffassung der Kammer auch keine Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG vor. Insbesondere hat das Bundessozialgericht vom 3. Dezember 2015 (B 4 AS 47/14 R) eine Schätzung anhand der in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden für zulässig erachtet.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum von Juni bis November 2013.
Die Kläger bewohnen ein Eigenheim und sind seit 2005 im Leistungsbezug. Die Beheizung des Hauses erfolgt mit Heizöl. Der zum Betrieb der Heizungsanlage benötigte Strom kann in Ermangelung einer Einrichtung hierfür nicht separat vom Haushaltsstrom gemessen werden. Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Stromkosten für den Betrieb der Heizpumpe der Heizungsanlage blieben bei der Berechnung unberücksichtigt.
Im Jahr 2013 tankte der Kläger am 18. März 2013 631 l Heizöl (586,82 Euro) und am 4. Juli 2013 826 l Heizöl (706,24 Euro).
Die Kläger stellten mit Anwaltsschreiben vom 14. August 2013 wegen der bislang nicht übernommenen Stromkosten für die Heizungspumpe einen Antrag auf Überprüfung. Sie machten rückwirkend höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung geltend unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 7. Juli 2011, B 14 AS 51/10 R. Die Stromkosten könnten geschätzt werden: 60 Watt x 24 Stunden x Heizperiode 8 Monate.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag des Bescheides vom 25. April 2013 ab. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden, weil die Kläger keine konkrete Höhe der Stromkosten für die Heizungspumpe nachgewiesen hätten. Pauschal geltend gemacht Beträge für Stromaufwendungen der Heizungsanlage könnten nicht anerkannt werden. Es sei der Einbau eines separaten Zählers notwendig.
Hiergegen erhoben die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 21. Oktober 2013 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kläger hätten über die konkrete Höhe der Stromkosten für die Heizungsanlage bisher keinen Nachweis vorgelegt. Allein die Angabe der Leistungsaufnahme der Pumpe stelle keine verlässliche Grundlage für ein realistische Schätzung des Stromverbrauchs dar.
Die Kläger haben mit Anwaltsschriftsatz vom 5. April 2014 Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien auch Kosten der Stromversorgung der Heizpumpe vom Beklagten zu übernehmen. Das gelte auch, wenn kein separater Zähler existiert. In dem Fall dürfe der Heizkostenanteil geschätzt werden, indem 5 % der Brennstoffkosten als Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage in Ansatz gebracht werden.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 die Stromkosten der Heizpumpe nach Schätzung in dem Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und
die Berufung zuzulassen.
Er verweist zunächst auf den Inhalt der Verwaltungsakte und die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Eine Schätzung der Stromkosten sei schon allein deshalb nicht möglich, weil die bloße Angabe einer Wattzahl noch keine verlässliche Grundlage für eine realistische Schätzung des Stromverbrauchs biete. Hierzu bedürfe es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 5. Senats des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 22. November 2012 (L 5 AS 83/11) der Kenntnis weiterer Faktoren, die die Kläger jedoch nicht benennen könnten. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung seien im Rahmen des § 22 SGB II grundsätzlich immer nur tatsächliche und belegte Aufwendungen berücksichtigungsfähig, nicht dagegen allgemeine Pauschalen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG zulässig (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R, Rn. 11; Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 17/13 R, Rn. 12; aA Bundessozialgericht, Urteil vom 5. September 2006, B 2 U 24/05 R, Rn. 9 ["einer zusätzlichen Verpflichtungsklage bedarf es nicht"] – juris). Die Kläger begehren mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 16. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2014. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheides durch den Beklagten gerichtet, mit denen dieser die begehrte Änderung des Bewilligungsbescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragen die Kläger die Erbringung höherer Leistungen. Die Kläger begehren die Übernahme der Stromkosten für die Heizungsanlage, mithin weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juni 2013 bis November 2013. Damit liegt eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 SGB II, welche auch zulässig ist, da es sich hierbei um eine abtrennbare Verfügung (= Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X) des Gesamtbescheides handelt und das Gericht bei entsprechendem Antrag auch lediglich über diese Position des Alg II-Anspruchs befinden muss (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 18; Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R, Rn. 12 – juris). Liegt eine unzweifelhafte und ausdrückliche Erklärung vor, sind zwar die Anspruchsvoraussetzungen für den Alg II-Anspruch dem Grunde nach im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II zu prüfen. Die sonstigen (normativen) Bedarfspositionen sind aber bindend festgestellt und haben damit für die abtrennbare Verfügung Tatbestandswirkung (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 23 – juris).
II. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Bescheides vom 25. April 2013 kommt nur § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden.
Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst, ggf. nach Auslegung – oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf. mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist jedoch entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakte ohne weiteres zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014, B 14 AS 39/13 R).
Vorliegend haben die Kläger in ihrem Antrag vom 14. August 2013 den zu überprüfenden Bescheid vom 25. April 2013 explizit genannt und bezogen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung mit dem Hinweis auf die bislang nicht übernommenen Stromkosten für die Heizungsanlage dargelegt, aus welchen Gründen eine Überprüfung erfolgen soll. Die Kläger haben damit ihren Überprüfungsantrag hinreichend konkretisiert.
Die vorgenannten Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind auch im Übrigen erfüllt. Der Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 das Recht unrichtig angewandt. Die Kläger haben im Zeitraum Juni 2013 bis November 2013 einen Anspruch Zahlung weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung in tenorierter Höhe.
Die Kläger sind dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Nach § 19 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 01.01.2011 geltenden Fassung) erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der ab dem 01.01.2011 geltenden Fassung) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum im passenden Alter, erwerbsfähig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren hilfebedürftig, weil sie ihren Bedarf mit Einkommen nicht decken konnten. Verwertbares Vermögen war nicht vorhanden.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Abgesehen von der Problematik bezüglich der Übernahmefähigkeit von Stromkosten einer Heizungsanlage werden die Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Kläger nicht bestritten und daher die bislang in der Zeit vom 1. Juni 2013 bis 30. November 2013 bewilligten Unterkunfts- und Heizkosten mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von der Kammer als richtig unterstellt. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Beklagte jedoch weitere Heizkosten in tenorierter Höhe an die Kläger zu zahlen. Diese resultieren aus der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten des Betriebsstroms der klägerischen Heizungsanlage, die zu Unrecht nicht in die Berechnung der angemessenen Heizkosten eingestellt wurden (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, B 14 AS 51/10 R, Rn. 15; Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 47/14 R, Rn. 13 ff.).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist vorliegend eine Schätzung möglich und zulässig. In seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2015 hat das Bundessozialgericht (B 4 AS 47/14 R) unter Randnummer 23 ausdrücklich als Anknüpfungspunkt für die Schätzung der Stromkosten von Heizungsanlagen den Rückgriff auf die in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden für zulässig erachtet. Danach werden die Stromkosten mit üblicherweise 4 bis 10 % der Brennstoffkosten geschätzt, wobei in der Regel auf einen geschätzten Anteil der Stromkosten von 5 % der Brennstoffkosten abgestellt wird. Für ebenso zulässig ist nach vorgenannter BSG-Entscheidung aber auch eine Schätzung des Stromverbrauchs der Heizungsanlage auf der Grundlage geschätzter durchschnittlicher Betriebsstunden ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. November 2012, L 5 AS 83/11), wobei die Kammer, wie im Schreiben vom 2. März 2016 den Beteiligten dargelegt, eine Schätzung der Stromkosten der Heizungsanlage anhand von 5 % der Brennstoffkosten durchführt.
In Anwendung des vorstehend Gesagten ergibt sich für die Monate Juni 2013 bis November 2013 eine monatliche Nachzahlung an die Kläger in Höhe von 5,39 Euro. Die Kläger hatten Heizkosten im Jahr 2013 in Höhe von 1.293,06 Euro (Rechnungen vom 18. März 2013 und 4. Juli 2013). 5 % der vorgenannten Heizkosten ergeben im Jahr 2013 64,63 Euro. Der Betrag ergibt bei einer Verteilung auf zwölf Monate den vorgenannten Monatsbetrag von 5,39 Euro, der für den Zeitraum Juni bis November 2013 noch an die Kläger zu zahlen ist. Insoweit ist der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2013 abzuändern.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG i. V. m. § 183 Satz 1 SGG.
IV. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes ersichtlich 750,00 Euro nicht übersteigt. Es liegen nach Auffassung der Kammer auch keine Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG vor. Insbesondere hat das Bundessozialgericht vom 3. Dezember 2015 (B 4 AS 47/14 R) eine Schätzung anhand der in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden für zulässig erachtet.
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