Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4878/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 97/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Es verbleibt auch im Fall der verweigerten Auskunft des Klägers zur Höhe von Vermögenswerten trotz des Bestehens einer entsprechenden Obliegenheit zur Auskunftserteilung bei der Amtermittlungspflicht des Grundsicherungsträgers bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren des Gerichts. Allerdings trägt derjenige, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, die Folgen der objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen (hier: Hilfebedürftigkeit) nicht feststellen lassen (Anschluss an BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R –, Rn. 21, juris)
2. In einem Fonds gebundenes Kapital kann nicht als Altersvorsorgevermögen unberücksichtigt bleiben, wenn es an objektiven Umständen fehlt, die auf eine Zweckbestimmung zur Altersvorsorge schließen lassen und der Hilfebedürftige jederzeit uneingeschränkten Zugriff nehmen kann.
2. In einem Fonds gebundenes Kapital kann nicht als Altersvorsorgevermögen unberücksichtigt bleiben, wenn es an objektiven Umständen fehlt, die auf eine Zweckbestimmung zur Altersvorsorge schließen lassen und der Hilfebedürftige jederzeit uneingeschränkten Zugriff nehmen kann.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 wegen der Hilfebedürftigkeit des Klägers entgegenstehenden Vermögens im Streit.
Der am 1965 geborene Kläger bezog bis zum 30.06.2017 Leistungen nach dem SGB II vom Jobcenter. Zum 01.07.2017 verlegte er seinen Wohnsitz in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Bereits am 09.06.2017 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.07.2017. Im Rahmen der Antragstellung legte er den Jahresdepotauszug seines D.-Fonds zum 31.12.2016 vor. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Fondswert 8.099,66 EUR. Das Girokonto des Klägers wies zum 31.05.2017 ein Guthaben in Höhe von 11.793,84 EUR, zum 30.06.2017 ein Guthaben in Höhe von 9.714,45 EUR und zum 31.07.2017 ein Guthaben in Höhe von 8.303,04 EUR aus.
Am 29.08.2017 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.08.2017.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 21.09.2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf die Anträge des Klägers vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 ab. Der Kläger sei wegen seines Vermögens nicht hilfebedürftig.
Mit Schreiben vom 27.09.2017 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.09.2017. Der Beklagte entschied hierauf durch Bescheid vom 07.12.2017 über vorläufige Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 28.02.2018. Die Höhe der Leistungen betrug für September und Oktober 2017 wegen des den Freibetrag übersteigenden Vermögens 0 EUR, für November 2017 wegen des teilweise den Freibetrag übersteigenden Vermögens 221,74 EUR, für Dezember 2017 909 EUR und für Januar und Februar 2018 jeweils 916 EUR. In den Monaten Dezember bis Februar berücksichtigte der Beklagte kein verwertbares Vermögen des Klägers.
Gegen den Bescheid vom 21.09.2017 über die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen auf die Anträge vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch. Er machte geltend, sein Vermögen übersteige nicht den ihm zustehenden Freibetrag. Der D.-Fonds sei als Vermögen nicht verwertbar, weil er seiner Alterssicherung diene. Das Guthaben auf seinem Girokonto benötige er für notwendige Anschaffungen und zum Aufbau seiner selbständigen Tätigkeit. Während des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger einen Kontoauszug seines D.-Fonds vor. Aus diesem ergab sich zum 05.10.2017 ein Guthaben in Höhe von 9.401,69 EUR sowie die teilweise Überweisung dieses Guthabens in Höhe von 2.000 EUR am 24.10.2017 auf das Girokonto des Klägers. Durch Widerspruchsbescheid vom 29.11.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht hilfebedürftig gewesen. Der D.-Fonds sei verwertbares Vermögen, das den Freibetrag des Klägers in Höhe von 8.550 EUR übersteige. Die gesetzlich vorgesehenen Vermögensprivilegierungen seien nicht auf den Kläger anwendbar.
Deswegen hat der Kläger am 22.12.2017 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat den Kläger mehrfach aufgefordert, den Stand des D.-Fonds im Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.10.2017 mitzuteilen oder ihm zu gestatten, selbst bei der D.-Bank die entsprechenden Auskünfte einzuholen (Verfügung vom 02.03.2018, Erinnerung vom 18.04.2018, Verfügungen vom 13.08.2018 und vom 13.09.2018). Der Kläger hat eine entsprechende Auskunftserteilung für nicht erforderlich gehalten und hat auch nicht die Einholung einer Auskunft gestattet. Er war der Ansicht, der Stand des D.-Fonds zum Zeitpunkt der Antragstellung am 08.06.2017 könne errechnet werden: Stand laut Jahreskontoauszug 2016 8.099.66 EUR zuzüglich eines halben Jahres Zinsen, laut Vorjahr 87,24 EUR, demnach insgesamt 8.186,90 EUR.
Der Kläger hat im Übrigen geltend gemacht, der D.-Fonds diene der Alterssicherung und sei demnach nicht verwertbar. Er sei von der Rentenversicherungspflicht befreit. Das Guthaben auf seinem Girokonto benötige er für notwendige Anschaffungen und den Aufbau seiner selbständigen Tätigkeit im Gartenbaubereich. Auch würde die Vermögensverwertung zu einem Härtefall führen.
Der Beklagte hat die Leistungsablehnung verteidigt.
Durch Gerichtsbescheid vom 13.12.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 wegen Vermögens nicht hilfebedürftig gewesen. Der streitgegenständliche Zeitraum sei bis zum 31.08.2017 begrenzt, da der Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 29.09.2017 über den Zeitraum ab dem 01.09.2017 durch den nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2017 entschieden habe.
Der D.-Fonds übersteige mit einem Stand von 9.401,69 EUR den Vermögensfreibetrag des Klägers von 8.550 EUR. An der Verwertbarkeit dieses Fonds bestünden keine Zweifel. Hinsichtlich der Höhe des Fondswertes zum Antragszeitpunkt seien die Erkenntnisquellen des Gerichts ausgeschöpft. Der Kläger sei seinen zumutbaren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Soweit der Kläger ohne jeglichen Nachweis behauptet habe, der Fondswert habe im Juni 2017 8.168,90 EUR betragen, sei dies angesichts des Wertes des Fonds am 05.10.2017 in Höhe von 9.401,69 EUR nicht nachvollziehbar. Denn dann hätte der Wertzuwachs innerhalb der vier Monate von Juni bis Oktober 2017 über 1.200 EUR und innerhalb der vorherigen sechs Monate von Januar bis Juni 2017 lediglich 87,24 EUR betragen.
Das Vermögen in Form des D.-Fonds sei auch nicht deswegen geschützt, weil der Kläger es zur Altersvorsorge vorgesehen habe. Im Weiteren sei die Vermögensverwertung weder offensichtlich unwirtschaftlich noch würde sie für den Kläger eine besondere Härte bedeuten.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.01.2019 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Zur Berufungsbegründung bekräftigt der Kläger sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und bekräftigt nochmals die Notwendigkeit des Fonds zur Alterssicherung, weil für Zeiten des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt würden. Im Weiteren führt er aus, das SG sei von einem unzutreffenden streitgegenständlichen Zeitraum, dem Zeitraum Juli und August 2017, ausgegangen. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten habe sich auf seinen Antrag vom 09.06.2017 bezogen. Mit diesem Antrag habe er Leistungen nach dem SGB II für die Dauer von sechs Monaten und demnach für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen des SG.
Der Berichterstatter hat am 24.09.2019 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt. In diesem Termin hat der Kläger es weiterhin abgelehnt, die Höhe des D.-Fonds zum 01.07.2017, zum 01.08.2017 und zum 01.09.2017 mitzuteilen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 mit dem der Beklagte die Anträge des Klägers auf Erbringung von Leistungen nach dem SGB II vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 abgelehnt hat. Der Kläger begehrt im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4 SGG dessen Aufhebung und die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 nur eine Regelung für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 trifft. Der Kläger hat mit Antrag vom 09.06.2017 die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.07.2017 und mit Antrag vom 29.08.2017 die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.08.2017 begehrt. Am 29.09.2017 hat er einen weiteren Leistungsantrag für den Zeitraum ab dem 01.09.2017 gestellt. Über diesen Antrag hat der Beklagte durch den nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2017 entschieden. Infolge dieses Bescheides ist die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs auf den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris, Rn. 13).
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten ist eine Hilfebedürftigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 nicht erwiesen.
Voraussetzung eines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II unter anderem die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
1. Der D.-Fonds hatte zum 31.12.2016 einen Wert in Höhe von 8.099,66 EUR und zum 5.10.2017 einen Wert in Höhe von 9.401,69 EUR.
a) Dieser Fond war verwertbar. Tatsächliche oder rechtliche Verwertungshindernisse haben nicht bestanden. Deutlich wurde dies durch die Entnahme eines Betrags in Höhe von 2.000 EUR aus dem Fonds im Oktober 2017 durch den Kläger.
b) Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, wonach vom Vermögen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, abzusetzen sind, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB II maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, liegen nicht vor. Die Verwertbarkeit des D.-Fonds war nicht durch eine unwiderrufliche Vereinbarung ausgeschlossen, die beinhaltete, dass dieser vor dem Erreichen des Ruhestandes weder ausgezahlt, übertragen, verpfändet oder sonstwie genutzt werden kann (vgl. Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 89). Der Kläger hat im Oktober 2017 dem Fonds 2.000 EUR entnehmen können. Dies steht dem Bestehen eines Ausschlusses der Verwertbarkeit des Fonds vor Erreichen des Ruhestandes entgegen.
c) Ebenso bleibt der D.-Fonds auch nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht unberücksichtigt. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht zu berücksichtigen von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Zwingende Voraussetzung für die Nichtberücksichtigung von Vermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist jedoch neben der subjektiven Zweckbestimmung des Vermögens zur Alterssicherung, dass im Weiteren objektive Umstände bei der Anlage des Vermögens, wie etwa Vertragsgestaltung und Dauer der Bindung der Kapitalanlage, in Einklang mit der subjektiven Zweckbestimmung stehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009 – L 12 AS 3486/08 – juris, Rn. 21; Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 119 ff.). Solche objektiven Begleitumstände, die auf eine Zweckbestimmung des D.-Fonds zur Altersvorsorge schließen lassen, liegen nicht vor. Im Gegenteil konnte der Kläger – wie im Oktober 2017 erfolgt – jederzeit auf das Fonds-Guthaben zugreifen.
d) Der Berücksichtigung des D.-Fonds als Vermögen steht auch nicht entgegen, dass dessen Verwertung für den Kläger offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre oder für ihn eine besondere Härte bedeutet hätte (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II).
Die Verwertung von Vermögen ist dann als offensichtlich unwirtschaftlich anzusehen, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Gegenstandes steht (vgl. Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 158). Für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Fonds zum Lebensunterhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte. Die Entnahme der 2.000 EUR im Oktober 2017 hat für den Kläger außer der infolge der Entnahme entstehenden Minderung des Fondswertes nicht zu weiteren wirtschaftlichen Nachteilen geführt.
Auch hätte die Verwertung des Fonds für den Kläger zur Existenzsicherung keine besondere Härte bedeutet. Für die Annahme einer besonderen Härte müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Dies machen die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 SGB II z.B. dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (vgl. BT-Drucks 15/1749, S. 32). Dem kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides auch nur zusammen mit der Versorgungslücke eine besondere Härte darstellt. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R – juris, Rn. 35). Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum von Juli bis August 2017 52 Jahre alt. Er hat somit nicht unmittelbar vor dem Rentenalter gestanden. Insofern ist seine subjektive Zweckbestimmung des D.-Fonds zur Alterssicherung nicht geeignet, eine besondere Härte zu begründen. Auch die gesetzgeberische Entscheidung, seit dem Jahr 2011 für Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen, führt nicht zu einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung des Fonds für den Kläger eine besondere Härte bedeutet hätte, hat der Kläger nicht vorgebracht und sind auch dem Senat nicht ersichtlich.
e) Die Höhe des im maßgeblichen Zeitraum Juli bis August 2017 dem in diesem Zeitraum 52-jahrigen Kläger nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 4 SGB II zustehenden Vermögensfreibetrages hat 8.550 EUR (52 x 150 EUR + 750 EUR) betragen. Zum 31.12.2016 hat der D.-Fonds mit einem Wert in Höhe von 8.099,66 EUR zwar noch unter diesem Vermögensfreibetrag gelegen. Zum 05.10.2017 hat der Fonds mit einem Wert in Höhe von 9.401,69 EUR den Vermögensfreibetrag jedoch bereits deutlich überschritten.
Angesichts dieser Indizienlage spricht erheblich mehr dafür als dagegen, dass der Wert des D.-Fonds den Vermögensfreibetrag von 8.550 EUR bereits vor dem 01.07.2017 überschritten hat. Ob und wann dies der Fall war, vermag der Senat zwar nicht sicher festzustellen. Das Schweigen des Klägers wirkt sich aber nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen hier zu seinen Lasten aus. Zwar bleibt es auch in Fällen verweigerter Auskünfte trotz bestehender Obliegenheit zur Auskunftserteilung bzw. Vorlage von Urkunden bei der Amtsermittlungspflicht des Grundsicherungsträgers bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren des Gerichts. Allerdings trägt, wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris, Rn. 21). Der Kläger hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren die Höhe des Fonds im maßgeblichen Zeitraum durch die Vorlage entsprechender Unterlagen über den Stand des Fonds mitgeteilt noch die Einholung entsprechender Auskünfte durch das SG oder das LSG gestattet. Er ist damit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (vgl. zum Umfang der Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris, Rn. 13 ff.).
Aufgrund der auch im Berufungsverfahren nicht bestehenden Bereitschaft des Klägers zur zumutbaren Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung in Form des Nachweises der Fondshöhe konnte die Fondshöhe im maßgeblichen Zeitraum nicht ermittelt werden. Die Nichterweisbarkeit der Hilfebedürftigkeit des Klägers geht zu seinen Lasten mit der Folge, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht als erwiesen angesehen werden kann. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige trägt die Beweislast dafür, dass die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 SGB II vorliegen, mithin auch dafür, dass er hilfebedürftig ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 6/08 R – juris, Rn. 19; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.03.2016 – L 1 AS 296/15 – juris, Rn. 81).
Die Mitwirkung des Klägers in Form der Vorlage von Unterlagen zur Fondshöhe war erforderlich. Unzutreffend ist die Ansicht des Klägers, der Wert des Fonds habe ausgehend von dessen Zinszuwachs im Jahr 2016 für den maßgeblichen Zeitraum Juli bis August 2017 berechnet werden können. Der Kläger hat folgende Berechnung angestellt: Stand des Fonds laut Jahreskontoauszug 2016 8.099.66 EUR zuzüglich eines halben Jahres Zinsen, laut Vorjahr 87,24 EUR. Nach der Berechnung des Klägers würde sich demnach zum 01.07.2017 ein Fondsguthaben in Höhe von 8.186,90 EUR ergeben. Angesichts des Wertes des Fonds am 05.10.2017 in Höhe von 9.401,69 EUR ist diese vom Kläger angedachte Berechnung jedoch nicht schlüssig. Denn dann hätte der Wertzuwachs innerhalb der vier Monate von Juli bis Oktober 2017 über 1.200 EUR und innerhalb der vorherigen sechs Monate von Januar bis Juni 2017 lediglich 87,24 EUR betragen.
2. Darüber hinaus hat der Kläger im maßgeblichen Zeitraum über ein erhebliches Girokontoguthaben verfügt. Zum 30.06.2017 hat das Girokonto ein Guthaben von 9.714,45 EUR und zum 31.07.2017 ein Guthaben von 8.303,04 EUR ausgewiesen.
Es spricht hier einiges dafür, dass es sich bei dem Girokontoguthaben, anders als der Beklagte gemeint hat, um Vermögen gehandelt hat. Zwar hat es sich im Zeitpunkt seines Zuflusses um Einkommen i.S.d. § 11 SGB II gehandelt. Nach Ablauf des Anrechnungszeitraumes kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.02.2015 – B 14 KG 1/14 R – juris, Rn. 20) aber noch vorhandenes Einkommen als Vermögen berücksichtigt werden. Ob und hinsichtlich welcher Geldbeträge dies hier der Fall gewesen ist, kann indes dahinstehen, nachdem sich die Leistungsvoraussetzungen für den streitigen Zeitraum bereits aufgrund der ungeklärten Höhe der Einlagen auf dem D.-Fonds nicht feststellen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 wegen der Hilfebedürftigkeit des Klägers entgegenstehenden Vermögens im Streit.
Der am 1965 geborene Kläger bezog bis zum 30.06.2017 Leistungen nach dem SGB II vom Jobcenter. Zum 01.07.2017 verlegte er seinen Wohnsitz in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Bereits am 09.06.2017 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.07.2017. Im Rahmen der Antragstellung legte er den Jahresdepotauszug seines D.-Fonds zum 31.12.2016 vor. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Fondswert 8.099,66 EUR. Das Girokonto des Klägers wies zum 31.05.2017 ein Guthaben in Höhe von 11.793,84 EUR, zum 30.06.2017 ein Guthaben in Höhe von 9.714,45 EUR und zum 31.07.2017 ein Guthaben in Höhe von 8.303,04 EUR aus.
Am 29.08.2017 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.08.2017.
Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 21.09.2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf die Anträge des Klägers vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 ab. Der Kläger sei wegen seines Vermögens nicht hilfebedürftig.
Mit Schreiben vom 27.09.2017 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.09.2017. Der Beklagte entschied hierauf durch Bescheid vom 07.12.2017 über vorläufige Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 28.02.2018. Die Höhe der Leistungen betrug für September und Oktober 2017 wegen des den Freibetrag übersteigenden Vermögens 0 EUR, für November 2017 wegen des teilweise den Freibetrag übersteigenden Vermögens 221,74 EUR, für Dezember 2017 909 EUR und für Januar und Februar 2018 jeweils 916 EUR. In den Monaten Dezember bis Februar berücksichtigte der Beklagte kein verwertbares Vermögen des Klägers.
Gegen den Bescheid vom 21.09.2017 über die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen auf die Anträge vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch. Er machte geltend, sein Vermögen übersteige nicht den ihm zustehenden Freibetrag. Der D.-Fonds sei als Vermögen nicht verwertbar, weil er seiner Alterssicherung diene. Das Guthaben auf seinem Girokonto benötige er für notwendige Anschaffungen und zum Aufbau seiner selbständigen Tätigkeit. Während des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger einen Kontoauszug seines D.-Fonds vor. Aus diesem ergab sich zum 05.10.2017 ein Guthaben in Höhe von 9.401,69 EUR sowie die teilweise Überweisung dieses Guthabens in Höhe von 2.000 EUR am 24.10.2017 auf das Girokonto des Klägers. Durch Widerspruchsbescheid vom 29.11.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht hilfebedürftig gewesen. Der D.-Fonds sei verwertbares Vermögen, das den Freibetrag des Klägers in Höhe von 8.550 EUR übersteige. Die gesetzlich vorgesehenen Vermögensprivilegierungen seien nicht auf den Kläger anwendbar.
Deswegen hat der Kläger am 22.12.2017 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat den Kläger mehrfach aufgefordert, den Stand des D.-Fonds im Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.10.2017 mitzuteilen oder ihm zu gestatten, selbst bei der D.-Bank die entsprechenden Auskünfte einzuholen (Verfügung vom 02.03.2018, Erinnerung vom 18.04.2018, Verfügungen vom 13.08.2018 und vom 13.09.2018). Der Kläger hat eine entsprechende Auskunftserteilung für nicht erforderlich gehalten und hat auch nicht die Einholung einer Auskunft gestattet. Er war der Ansicht, der Stand des D.-Fonds zum Zeitpunkt der Antragstellung am 08.06.2017 könne errechnet werden: Stand laut Jahreskontoauszug 2016 8.099.66 EUR zuzüglich eines halben Jahres Zinsen, laut Vorjahr 87,24 EUR, demnach insgesamt 8.186,90 EUR.
Der Kläger hat im Übrigen geltend gemacht, der D.-Fonds diene der Alterssicherung und sei demnach nicht verwertbar. Er sei von der Rentenversicherungspflicht befreit. Das Guthaben auf seinem Girokonto benötige er für notwendige Anschaffungen und den Aufbau seiner selbständigen Tätigkeit im Gartenbaubereich. Auch würde die Vermögensverwertung zu einem Härtefall führen.
Der Beklagte hat die Leistungsablehnung verteidigt.
Durch Gerichtsbescheid vom 13.12.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 wegen Vermögens nicht hilfebedürftig gewesen. Der streitgegenständliche Zeitraum sei bis zum 31.08.2017 begrenzt, da der Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 29.09.2017 über den Zeitraum ab dem 01.09.2017 durch den nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2017 entschieden habe.
Der D.-Fonds übersteige mit einem Stand von 9.401,69 EUR den Vermögensfreibetrag des Klägers von 8.550 EUR. An der Verwertbarkeit dieses Fonds bestünden keine Zweifel. Hinsichtlich der Höhe des Fondswertes zum Antragszeitpunkt seien die Erkenntnisquellen des Gerichts ausgeschöpft. Der Kläger sei seinen zumutbaren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Soweit der Kläger ohne jeglichen Nachweis behauptet habe, der Fondswert habe im Juni 2017 8.168,90 EUR betragen, sei dies angesichts des Wertes des Fonds am 05.10.2017 in Höhe von 9.401,69 EUR nicht nachvollziehbar. Denn dann hätte der Wertzuwachs innerhalb der vier Monate von Juni bis Oktober 2017 über 1.200 EUR und innerhalb der vorherigen sechs Monate von Januar bis Juni 2017 lediglich 87,24 EUR betragen.
Das Vermögen in Form des D.-Fonds sei auch nicht deswegen geschützt, weil der Kläger es zur Altersvorsorge vorgesehen habe. Im Weiteren sei die Vermögensverwertung weder offensichtlich unwirtschaftlich noch würde sie für den Kläger eine besondere Härte bedeuten.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.01.2019 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Zur Berufungsbegründung bekräftigt der Kläger sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und bekräftigt nochmals die Notwendigkeit des Fonds zur Alterssicherung, weil für Zeiten des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt würden. Im Weiteren führt er aus, das SG sei von einem unzutreffenden streitgegenständlichen Zeitraum, dem Zeitraum Juli und August 2017, ausgegangen. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten habe sich auf seinen Antrag vom 09.06.2017 bezogen. Mit diesem Antrag habe er Leistungen nach dem SGB II für die Dauer von sechs Monaten und demnach für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen des SG.
Der Berichterstatter hat am 24.09.2019 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt. In diesem Termin hat der Kläger es weiterhin abgelehnt, die Höhe des D.-Fonds zum 01.07.2017, zum 01.08.2017 und zum 01.09.2017 mitzuteilen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 mit dem der Beklagte die Anträge des Klägers auf Erbringung von Leistungen nach dem SGB II vom 09.06.2017 und vom 29.08.2017 abgelehnt hat. Der Kläger begehrt im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4 SGG dessen Aufhebung und die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 21.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 nur eine Regelung für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 trifft. Der Kläger hat mit Antrag vom 09.06.2017 die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.07.2017 und mit Antrag vom 29.08.2017 die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.08.2017 begehrt. Am 29.09.2017 hat er einen weiteren Leistungsantrag für den Zeitraum ab dem 01.09.2017 gestellt. Über diesen Antrag hat der Beklagte durch den nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 07.12.2017 entschieden. Infolge dieses Bescheides ist die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs auf den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris, Rn. 13).
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten ist eine Hilfebedürftigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017 nicht erwiesen.
Voraussetzung eines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II unter anderem die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
1. Der D.-Fonds hatte zum 31.12.2016 einen Wert in Höhe von 8.099,66 EUR und zum 5.10.2017 einen Wert in Höhe von 9.401,69 EUR.
a) Dieser Fond war verwertbar. Tatsächliche oder rechtliche Verwertungshindernisse haben nicht bestanden. Deutlich wurde dies durch die Entnahme eines Betrags in Höhe von 2.000 EUR aus dem Fonds im Oktober 2017 durch den Kläger.
b) Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, wonach vom Vermögen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, abzusetzen sind, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB II maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, liegen nicht vor. Die Verwertbarkeit des D.-Fonds war nicht durch eine unwiderrufliche Vereinbarung ausgeschlossen, die beinhaltete, dass dieser vor dem Erreichen des Ruhestandes weder ausgezahlt, übertragen, verpfändet oder sonstwie genutzt werden kann (vgl. Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 89). Der Kläger hat im Oktober 2017 dem Fonds 2.000 EUR entnehmen können. Dies steht dem Bestehen eines Ausschlusses der Verwertbarkeit des Fonds vor Erreichen des Ruhestandes entgegen.
c) Ebenso bleibt der D.-Fonds auch nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht unberücksichtigt. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht zu berücksichtigen von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Zwingende Voraussetzung für die Nichtberücksichtigung von Vermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist jedoch neben der subjektiven Zweckbestimmung des Vermögens zur Alterssicherung, dass im Weiteren objektive Umstände bei der Anlage des Vermögens, wie etwa Vertragsgestaltung und Dauer der Bindung der Kapitalanlage, in Einklang mit der subjektiven Zweckbestimmung stehen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009 – L 12 AS 3486/08 – juris, Rn. 21; Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 119 ff.). Solche objektiven Begleitumstände, die auf eine Zweckbestimmung des D.-Fonds zur Altersvorsorge schließen lassen, liegen nicht vor. Im Gegenteil konnte der Kläger – wie im Oktober 2017 erfolgt – jederzeit auf das Fonds-Guthaben zugreifen.
d) Der Berücksichtigung des D.-Fonds als Vermögen steht auch nicht entgegen, dass dessen Verwertung für den Kläger offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre oder für ihn eine besondere Härte bedeutet hätte (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II).
Die Verwertung von Vermögen ist dann als offensichtlich unwirtschaftlich anzusehen, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Gegenstandes steht (vgl. Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12, Rn. 158). Für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Fonds zum Lebensunterhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte. Die Entnahme der 2.000 EUR im Oktober 2017 hat für den Kläger außer der infolge der Entnahme entstehenden Minderung des Fondswertes nicht zu weiteren wirtschaftlichen Nachteilen geführt.
Auch hätte die Verwertung des Fonds für den Kläger zur Existenzsicherung keine besondere Härte bedeutet. Für die Annahme einer besonderen Härte müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Dies machen die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 SGB II z.B. dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (vgl. BT-Drucks 15/1749, S. 32). Dem kann entnommen werden, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides auch nur zusammen mit der Versorgungslücke eine besondere Härte darstellt. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R – juris, Rn. 35). Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum von Juli bis August 2017 52 Jahre alt. Er hat somit nicht unmittelbar vor dem Rentenalter gestanden. Insofern ist seine subjektive Zweckbestimmung des D.-Fonds zur Alterssicherung nicht geeignet, eine besondere Härte zu begründen. Auch die gesetzgeberische Entscheidung, seit dem Jahr 2011 für Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen, führt nicht zu einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung des Fonds für den Kläger eine besondere Härte bedeutet hätte, hat der Kläger nicht vorgebracht und sind auch dem Senat nicht ersichtlich.
e) Die Höhe des im maßgeblichen Zeitraum Juli bis August 2017 dem in diesem Zeitraum 52-jahrigen Kläger nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 4 SGB II zustehenden Vermögensfreibetrages hat 8.550 EUR (52 x 150 EUR + 750 EUR) betragen. Zum 31.12.2016 hat der D.-Fonds mit einem Wert in Höhe von 8.099,66 EUR zwar noch unter diesem Vermögensfreibetrag gelegen. Zum 05.10.2017 hat der Fonds mit einem Wert in Höhe von 9.401,69 EUR den Vermögensfreibetrag jedoch bereits deutlich überschritten.
Angesichts dieser Indizienlage spricht erheblich mehr dafür als dagegen, dass der Wert des D.-Fonds den Vermögensfreibetrag von 8.550 EUR bereits vor dem 01.07.2017 überschritten hat. Ob und wann dies der Fall war, vermag der Senat zwar nicht sicher festzustellen. Das Schweigen des Klägers wirkt sich aber nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen hier zu seinen Lasten aus. Zwar bleibt es auch in Fällen verweigerter Auskünfte trotz bestehender Obliegenheit zur Auskunftserteilung bzw. Vorlage von Urkunden bei der Amtsermittlungspflicht des Grundsicherungsträgers bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren des Gerichts. Allerdings trägt, wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, die Folgen einer objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris, Rn. 21). Der Kläger hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren die Höhe des Fonds im maßgeblichen Zeitraum durch die Vorlage entsprechender Unterlagen über den Stand des Fonds mitgeteilt noch die Einholung entsprechender Auskünfte durch das SG oder das LSG gestattet. Er ist damit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (vgl. zum Umfang der Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – juris, Rn. 13 ff.).
Aufgrund der auch im Berufungsverfahren nicht bestehenden Bereitschaft des Klägers zur zumutbaren Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung in Form des Nachweises der Fondshöhe konnte die Fondshöhe im maßgeblichen Zeitraum nicht ermittelt werden. Die Nichterweisbarkeit der Hilfebedürftigkeit des Klägers geht zu seinen Lasten mit der Folge, dass eine Hilfebedürftigkeit nicht als erwiesen angesehen werden kann. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige trägt die Beweislast dafür, dass die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 SGB II vorliegen, mithin auch dafür, dass er hilfebedürftig ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 6/08 R – juris, Rn. 19; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.03.2016 – L 1 AS 296/15 – juris, Rn. 81).
Die Mitwirkung des Klägers in Form der Vorlage von Unterlagen zur Fondshöhe war erforderlich. Unzutreffend ist die Ansicht des Klägers, der Wert des Fonds habe ausgehend von dessen Zinszuwachs im Jahr 2016 für den maßgeblichen Zeitraum Juli bis August 2017 berechnet werden können. Der Kläger hat folgende Berechnung angestellt: Stand des Fonds laut Jahreskontoauszug 2016 8.099.66 EUR zuzüglich eines halben Jahres Zinsen, laut Vorjahr 87,24 EUR. Nach der Berechnung des Klägers würde sich demnach zum 01.07.2017 ein Fondsguthaben in Höhe von 8.186,90 EUR ergeben. Angesichts des Wertes des Fonds am 05.10.2017 in Höhe von 9.401,69 EUR ist diese vom Kläger angedachte Berechnung jedoch nicht schlüssig. Denn dann hätte der Wertzuwachs innerhalb der vier Monate von Juli bis Oktober 2017 über 1.200 EUR und innerhalb der vorherigen sechs Monate von Januar bis Juni 2017 lediglich 87,24 EUR betragen.
2. Darüber hinaus hat der Kläger im maßgeblichen Zeitraum über ein erhebliches Girokontoguthaben verfügt. Zum 30.06.2017 hat das Girokonto ein Guthaben von 9.714,45 EUR und zum 31.07.2017 ein Guthaben von 8.303,04 EUR ausgewiesen.
Es spricht hier einiges dafür, dass es sich bei dem Girokontoguthaben, anders als der Beklagte gemeint hat, um Vermögen gehandelt hat. Zwar hat es sich im Zeitpunkt seines Zuflusses um Einkommen i.S.d. § 11 SGB II gehandelt. Nach Ablauf des Anrechnungszeitraumes kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.02.2015 – B 14 KG 1/14 R – juris, Rn. 20) aber noch vorhandenes Einkommen als Vermögen berücksichtigt werden. Ob und hinsichtlich welcher Geldbeträge dies hier der Fall gewesen ist, kann indes dahinstehen, nachdem sich die Leistungsvoraussetzungen für den streitigen Zeitraum bereits aufgrund der ungeklärten Höhe der Einlagen auf dem D.-Fonds nicht feststellen lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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