Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 11 SO 59/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 07.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Form des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung des Renteneinkommens zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) während des Aufenthaltes in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Der im Jahre 1974 geborene Kläger ist psychisch erkrankt. Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich ab dem 01.07.2017 auf 169,07 EUR netto belief. Die Rente ist zeitlich befristet, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Über weiteres Einkommen und Vermögen verfügte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht. Er hatte auch keine eigene Wohnung mehr, da er sich von seiner Ehefrau getrennt hatte und anschließend ausgezogen war.
Der Kläger wurde ab dem 04.07.2017 zunächst in dem psychiatrischen Krankenhaus H IV in C behandelt. Dabei handelt es sich um ein Akutkrankenhaus, in dem die Behandlung typischerweise beginnt, es gibt dort auch geschlossene Stationen bzw. Stationen, die bei Bedarf geschlossen werden können. Ab dem 21.09.2017 wurde er dann im Fachbereich Q behandelt. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein psychiatrisches Krankenhaus, dieses ist jedoch offen, d.h. die Patienten können es in ihrer Freizeit auf Wunsch verlassen. Die Behandlung dauert regelmäßig mehrere Monate. Der Kläger wurde dort bis zum 15.01.2018 behandelt. Die Kosten der Behandlung trug die Krankenversicherung des Klägers. Seit dem 16.01.2018 lebt der Kläger in einer stationären Wohngruppe.
Der Betreuer des Klägers beantragte am 21.07.2017 Sozialleistungen bei der Beklagten und teilte mit, dass der Kläger sich derzeit in H IV befinde und nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurückkehren könne.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII mit Bescheid vom 24.07.2017 ab, da der Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe und daher nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis gehöre.
Mit Bescheid vom 07.11.2017 lehnte die Beklagte dann auch die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab. Der Kläger befinde sich in einer stationären Behandlung, der Lebensunterhalt werde durch die Klinik sichergestellt. Es handele sich um eine stationäre Einrichtung, so dass gem. § 27b SGB XII lediglich ein Anspruch auf den Barbetrag in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente i.H.v. § 169,07 EUR abgedeckt, so dass kein Anspruch bestehe.
Der Kläger legte gegen den Bescheid am 07.12.2017 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass er nicht in einer stationären Einrichtung lebe. Die Klinik stelle nicht den Lebensunterhalt sicher, es sei im Gegenteil so, dass durch den Klinikaufenthalt noch zusätzliche Kosten entstünden, wie z.B. für Winterkleidung und Fahrkarten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2018 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII habe. Er sei zwar grundsätzlich leistungsberechtigte, bei der Klinik Q handele es sich um eine stationäre Einrichtung, so dass nur ein Anspruch auf den Barbetrag nach § 27b SGB XII in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente abgedeckt, so dass kein Anspruch auf Leistungen bestehe.
Der Kläger hat am 21.02.2018 Klage erhoben. Diese begründet er damit, dass er Anspruch auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe I habe, da er sich nicht in einer stationären Einrichtung befunden habe. Es handele sich bei H IV und der Klinik Q um Krankenhäuser, deren Leistungsspektrum nicht über das eines normalen Krankenhauses hinausgehe. Soweit dort Freizeitangebote gemacht würden, erfolgten diese im Rahmen des therapeutischen Konzepts. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung werde durch die Klinik nicht übernommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 07.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm im Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Form des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung des Renteneinkommens zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, da er in einer stationären Einrichtung behandelt worden sei und dementsprechend nur der Barbetrag in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente abgedeckt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung einer Mitarbeiterin der Klinik Q als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 07.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 erweist sich als rechtswidrig, denn der Kläger hat im Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Form des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung des Renteneinkommens.
Der Anspruch des Klägers beruht auf § 27 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen, denn er konnte auch während der Zeit der Behandlung in H IV und in der Klinik Q vom 21.07.2017 bis 15.01.2018 seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht mit seiner Rente decken. Weiteres Einkommen und Vermögen standen ihm nicht zur Verfügung.
Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII kamen für den Kläger in dem Zeitraum nicht in Betracht. Da er die Altersgrenze noch nicht überschritten hat, müsste er gem. § 41 Abs. 3 SGB XII unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sein und es müsste unwahrscheinlich sein, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Er bezieht lediglich eine zeitlich befristete Rente, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Im Übrigen hat die Beklagte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung mit Bescheid vom 24.07.2017 bestandskräftig abgelehnt.
Nach § 27a Abs. 3 SGB XII sind für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt.
Der Kläger hat damit Anspruch auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 der Anlage zu § 28 SGB XII. Diese gilt für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt und für die nicht Regelbedarfsstufe 2 gilt. Der Kläger hatte zwar keine eigene Wohnung mehr, aber während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern sind diese als seine Wohnung anzusehen. Denn der Kläger kann keiner anderen Regelbedarfsstufe zugeordnet werden. Die Regelbedarfsstufe 2 kommt nicht in Betracht, da es an einem Zusammenleben fehlt, und die Regelbedarfsstufe 3 gilt seit dem 01.01.2017 nur noch für eine erwachsene Person, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall.
Der notwendige Lebensunterhalt des Klägers während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern bemisst sich nicht nach § 27b Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift umfasst der notwendige Lebensunterhalt 1. in Einrichtungen den darin erbrachten Lebensunterhalt, 2. in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Nach Abs. 3 der Vorschrift umfasst der weitere notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 Nummer 2 insbesondere einen Barbetrag nach Absatz 3 sowie Bekleidung und Schuhe (Bekleidungspauschale) nach Absatz 4. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden, denn der Kläger war während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern nicht in einer stationären Einrichtung untergebracht.
Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei einer Einrichtung um einen in einer besonderen Organisationsform zusammengefassten Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr 3, Rn. 18). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt. Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (vgl. BSG, aaO).
In stationären Einrichtungen übernimmt der Einrichtungsträger daher von der Aufnahme der leistungsberechtigten Person bis zu ihrer Entlassung nach Maßgabe eines angewandten Gesamtkonzepts die Gesamtverantwortung für deren tägliche Lebensführung. Dementsprechend liegt § 27b Abs. 1 SGB XII die Wertung zugrunde, dass der notwendige Lebensunterhalt in Situationen, in denen die Gesamtverantwortung des Einzelnen für seine tägliche Lebensführung aufgehoben ist, zum größten Teil nach anderen Vorschriften als dem dritten Kapitel des SGB XII tatsächlich erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2017 - B 8 SO 16/16 R -, SozR 4-3500 § 27b Nr 1, Rn. 25).
Das ist beispielsweise in Pflegeheimen der Fall, deren Leistungsspektrum sich nach den Rahmenverträgen richtet, die gem. § 75 SGB XI zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen sowie dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land und den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land abgeschlossen werden. Bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluss zu beteiligen. Diese Rahmenverträge gelten dann gem. § 75 Abs. 5 SGB XII (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) auch für die Leistungen nach dem SGB XII. Der Landesrahmenvertrag für das Land NRW enthält in § 2 nicht nur Pflegeleistungen, sondern in Abs. 3 auch die Leistungen der sozialen Betreuung. Durch diese soll die Pflegeeinrichtung für die Pflegebedürftigen einen Lebensraum gestalten, der ihnen die Führung eines selbständigen und selbstbestimmten Lebens ermöglicht sowie zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft innerhalb und außerhalb der Einrichtung beiträgt. Hilfebedarf bei der persönlichen Lebensführung und bei der Gestaltung des Alltags nach eigenen Vorstellungen soll durch Leistungen der sozialen Betreuung ausgeglichen werden, soweit dies nicht durch das soziale Umfeld (z. B. Angehörige) geschieht. Ziel ist es insbesondere, Vereinsamung, Apathie, Depression und Immobilität zu vermeiden und dadurch einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit vorzubeugen bzw. die bestehende Pflegebedürftigkeit zu mindern. In diesem Sinne dienen die Leistungen im Rahmen der sozialen Betreuung der Orientierung zur Zeit, zum Ort, zur Person, der Gestaltung des persönlichen Alltags und einem Leben in der Gemeinschaft, der Unterstützung bei der Erledigung persönlicher Angelegenheiten.
Anhand dieser Leistungen der sozialen Betreuung wird deutlich, dass ein Pflegeheim nicht nur die Verantwortung für die Pflege der Bewohner übernimmt, sondern darüber hinaus z.B. für die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und für die Freizeitgestaltung. Auch die dadurch entstehenden Kosten sind von der Einrichtung zu tragen. Dementsprechend ist bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim die Gesamtverantwortung des Bewohners für seine tägliche Lebensführung aufgehoben, so dass es gerechtfertigt ist, dass er nur noch den Barbetrag nach § 27b Abs. 3 SGB XII erhält.
In Krankenhäusern gibt es keine entsprechenden Leistungen der sozialen Betreuung. Zwar hat das Krankenhaus nach § 5 Abs. 2 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) einen sozialen Dienst sicherzustellen und die Patientinnen und Patienten darüber zu informieren. Der soziale Dienst hat aber nur die Aufgabe, die Patientinnen und Patienten in sozialen Fragen zu beraten und Hilfen nach den Sozialgesetzbüchern zu vermitteln. Eine weitergehende Unterstützung, z.B. bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei der Freizeitgestaltung, leisten die Krankenhäuser nicht. Dementsprechend ist bei einer Krankenhausbehandlung auch die Gesamtverantwortung des Patienten für die tägliche Lebensführung nicht aufgehoben, so dass es sich bei einem Krankenhaus nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII handelt (a.A. offenbar: Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII § 13 Rn. 28; Groth, in: BeckOK SozR/, 55. Ed. 1.6.2019, SGB XII § 13 Rn. 14).
Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer für ein psychiatrisches Krankenhaus, wie diejenigen in denen der Kläger im streitigen Zeitraum behandelt worden ist. Auch dabei handelt es sich nicht um stationäre Einrichtungen (a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3.11.2011 - L 8 SO 30/10 B; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 12/18, § 13 SGB XII, Rn. 53). Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung nicht, dass das Leistungsspektrum eines psychiatrischen Krankenhauses über das hinausgeht, was in einem Krankenhaus angeboten wird, in dem körperlichen Erkrankungen behandelt werden. Die als Zeugin vernommene Mitarbeiterin der Klinik Q hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, dass anders als in solchen Krankenhäusern nicht nur kostenlose Mahlzeiten angeboten werden bzw. Geld für den Einkauf zur Verfügung gestellt wird, sondern auch Freizeitangebote gemacht werden. So gebe es z.B. eine Gruppe von Patienten, die einmal in der Woche zum Schwimmen fahre. Die Kosten für den Eintritt trage die Klinik, der Transport erfolge durch die klinikeigenen Fahrzeuge. Auch würden Ausflüge angeboten, z.B. zu nahegelegenen Sehenswürdigkeiten oder in den Zoo. Der Zweck dieser Angebote liegt jedoch nicht in erster Linie in der Freizeitgestaltung, sondern es handelt sich dabei um einen Teil des therapeutischen Konzepts der Klinik. Die Freizeitangebote gibt es in der Regel nur in der Zeit zwischen 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr, in der auch die sonstige Behandlung der Patienten stattfindet, wie z.B. Ergotherapie oder Gespräche mit den Ärzten und Therapeuten. Daraus ergibt sich, dass die Patienten jeden Tag mehrere Stunden Freizeit haben, die nicht durch die Klinik gestaltet wird und wofür die Klinik auch keine Kosten übernimmt. Die Zeugin hat ausdrücklich bestätigt, dass z.B. gemeinsame Aktivitäten der Patienten am Abend nicht von der Klinik organisiert werden und dafür auch keine Kosten übernommen werden. Es gibt auch keine Möglichkeit, Internet und Telefon für private Zwecke zu nutzen, sondern nur im Rahmen der Ergotherapie bzw. um rechtliche Angelegenheiten mit Betreuern und Behörden zu regeln. Die Patienten müssen also ihre eigenen Geräte mitbringen, wenn sie Internet und Telefon privat nutzen wollen und auch die durch die Nutzung entstehenden Kosten tragen. Im Hinblick auf diese Freizeit der Patienten, die nicht durch die Klinik gestaltet wird und für die sie auch keine Kosten trägt, geht die Kammer davon aus, dass die Gesamtverantwortung der Patienten für die tägliche Lebensführung nicht - wie z.B. in einem Pflegeheim - aufgehoben ist, sondern ein größerer Teil bei ihnen verbleibt. Daher handelt es sich auch bei den psychiatrischen Krankenhäusern, in denen der Kläger im streitigen Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 behandelt worden ist, nicht um Einrichtungen im Sinne des SGB XII. Dies gilt nach Auffassung der Kammer sowohl für das Krankenhaus H IV, als auch für die Klinik Q, denn das Leistungsangebot der beiden Krankenhäuser unterscheidet sich nach den Bekundungen der Zeugin nicht wesentlich. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Stationen in H IV geschlossen werden können, wenn dies aufgrund der Erkrankung der Patienten erforderlich ist, während es sich bei der Klinik Q um einen offenen Bereich handelt. Dementsprechend bestand der Anspruch des Klägers auch schon während der Behandlung in H IV.
Der Regelbedarf des Klägers kann während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern auch nicht abweichend festgelegt werden. Nach § 27a Abs. 4 Nr. 1 SGB XII wird im Einzelfall der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG nur eröffnet, wenn die anderweitige Bedarfsdeckung ebenfalls durch Leistungen nach dem SGB XII erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 36). Eine Berücksichtigung als Einkommen scheide dann nämlich schon deshalb aus, weil nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Leistungen nach dem SGB XII von dem Einkommensbegriff ausdrücklich ausgenommen seien. Dies sei der maßgebende Gesichtspunkt für die Abgrenzung beider Vorschriften. Der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a.F. (jetzt § 27a Abs. 4 SGB XII) sei deshalb zur Vermeidung von Doppelleistungen dann eröffnet, wenn es bei der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt - etwa als Teil der Eingliederungshilfeleistung zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen komme. Einer solchen Überschneidung könne nicht im Rahmen der Einkommensberücksichtigung, sondern allein durch Minderung des Bedarfs nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII begegnet werden, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Absenkung des Regelsatzes vorlägen. In anderen Fällen, in denen die Leistung nicht (institutionell) als Sozialhilfe erbracht werde, sei im Rahmen der normativen Abgrenzung eine Berücksichtigung als Einkommen iS von § 82 SGB XII zu prüfen; Einkommen mindere also im Sinne der gesetzlichen Regelung nicht bereits den Bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 36). Demnach kommt im vorliegenden Verfahren eine abweichende Bedarfsfestsetzung nicht in Betracht, da die Leistungen, die der Kläger während der Behandlung im Krankenhaus erhalten hat, nicht durch einen Träger der Sozialhilfe finanziert worden sind, sondern durch die Krankenversicherung des Klägers.
Auch eine Einkommensanrechnung scheidet aus. Nach § 82 Abs. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Einnahmen in Geldeswert sind solche Zuflüsse, die einen Marktwert haben und sich daher in Geld tauschen lassen. Einnahmen mit Geldeswert sind z.B. Sachleistungen in Form von Waren oder Dienstleistungen, die mit ihrem Marktwert als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. Schmidt in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 82 SGB XII (Stand: 01.02.2020), Rn. 40). Die Leistungen, die der Kläger von den Krankenhäusern erhalten hat, wie z.B. kostenlose Mahlzeiten und Freizeitangebote, stellen kein Einkommen dar, weil es dafür keinen Markt gibt und sie sich daher nicht in Geld tauschen lassen.
Die kostenlosen Mahlzeiten in den Krankenhäusern können auch nicht als Sachbezüge in Geld bewertet und dann auf die Leistungen angerechnet werden. Zwar enthält § 2 DVO zu § 82 SGB XII eine Regelung über die Bewertung von Sachbezügen. Danach sind für die Bewertung von Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Wohnung und sonstige Sachbezüge), die auf Grund des § 17 Abs. 2 SGB IV für die Sozialversicherung zuletzt festgesetzten Werte der Sachbezüge maßgebend. Sachbezüge werden durch die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) festgesetzt. Nach dessen § 2 Abs. 1 (in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung) beträgt der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung monatlich 241 Euro. Davon entfallen 51 Euro auf das Frühstück und jeweils 95 Euro auf das Mittag- und Abendessen. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG aber nur anwendbar, wenn es sich um Sachbezüge im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit handelt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 38). § 2 der DVO zu § 82 SGB XII und die in Bezug genommene Sozialversicherungsentgeltverordnung seien erkennbar auf die Bewertung von Sachbezügen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gerichtet. So regele § 2 Abs. 2 der DVO zu § 82 SGB XII die Anwendbarkeit von Abs. 1 auch in den Fällen, in denen der Wert der Sachbezüge in einem Tarifvertrag, einer Tarifordnung, einer Betriebs- oder Dienstordnung, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag oder einem sonstigen Vertrag festgesetzt worden ist, und zeige damit deutlich, dass die Vorschrift (nur) auf nichtselbstständige Beschäftigungen ziele. Dies mache außerdem die Sozialversicherungsentgeltverordnung deutlich, die mehrfach von Beschäftigten eines Arbeitgebers spricht, etwa in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 3. Andernfalls wäre auch nicht zu erklären, weshalb die DVO zu § 82 SGB XII den Wert, der für die Vollverpflegung in Ansatz zu bringen ist, mit ca. 60 % des Regelsatzes Euro bestimmt, während der Bedarfsanteil für Nahrung und alkoholfreie Getränke nur ca. 35% beträgt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 38). Die kostenlosen Mahlzeiten, die der Kläger von der Klinik erhalten hat, können daher auch nicht als Einkommen auf den Regelsatz angerechnet werden.
Der Kläger hat damit auch während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern Anspruch auf den vollen Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1, auf den lediglich sein Renteneinkommen anzurechnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) während des Aufenthaltes in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Der im Jahre 1974 geborene Kläger ist psychisch erkrankt. Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich ab dem 01.07.2017 auf 169,07 EUR netto belief. Die Rente ist zeitlich befristet, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Über weiteres Einkommen und Vermögen verfügte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht. Er hatte auch keine eigene Wohnung mehr, da er sich von seiner Ehefrau getrennt hatte und anschließend ausgezogen war.
Der Kläger wurde ab dem 04.07.2017 zunächst in dem psychiatrischen Krankenhaus H IV in C behandelt. Dabei handelt es sich um ein Akutkrankenhaus, in dem die Behandlung typischerweise beginnt, es gibt dort auch geschlossene Stationen bzw. Stationen, die bei Bedarf geschlossen werden können. Ab dem 21.09.2017 wurde er dann im Fachbereich Q behandelt. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein psychiatrisches Krankenhaus, dieses ist jedoch offen, d.h. die Patienten können es in ihrer Freizeit auf Wunsch verlassen. Die Behandlung dauert regelmäßig mehrere Monate. Der Kläger wurde dort bis zum 15.01.2018 behandelt. Die Kosten der Behandlung trug die Krankenversicherung des Klägers. Seit dem 16.01.2018 lebt der Kläger in einer stationären Wohngruppe.
Der Betreuer des Klägers beantragte am 21.07.2017 Sozialleistungen bei der Beklagten und teilte mit, dass der Kläger sich derzeit in H IV befinde und nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurückkehren könne.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII mit Bescheid vom 24.07.2017 ab, da der Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe und daher nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis gehöre.
Mit Bescheid vom 07.11.2017 lehnte die Beklagte dann auch die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab. Der Kläger befinde sich in einer stationären Behandlung, der Lebensunterhalt werde durch die Klinik sichergestellt. Es handele sich um eine stationäre Einrichtung, so dass gem. § 27b SGB XII lediglich ein Anspruch auf den Barbetrag in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente i.H.v. § 169,07 EUR abgedeckt, so dass kein Anspruch bestehe.
Der Kläger legte gegen den Bescheid am 07.12.2017 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass er nicht in einer stationären Einrichtung lebe. Die Klinik stelle nicht den Lebensunterhalt sicher, es sei im Gegenteil so, dass durch den Klinikaufenthalt noch zusätzliche Kosten entstünden, wie z.B. für Winterkleidung und Fahrkarten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2018 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII habe. Er sei zwar grundsätzlich leistungsberechtigte, bei der Klinik Q handele es sich um eine stationäre Einrichtung, so dass nur ein Anspruch auf den Barbetrag nach § 27b SGB XII in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente abgedeckt, so dass kein Anspruch auf Leistungen bestehe.
Der Kläger hat am 21.02.2018 Klage erhoben. Diese begründet er damit, dass er Anspruch auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe I habe, da er sich nicht in einer stationären Einrichtung befunden habe. Es handele sich bei H IV und der Klinik Q um Krankenhäuser, deren Leistungsspektrum nicht über das eines normalen Krankenhauses hinausgehe. Soweit dort Freizeitangebote gemacht würden, erfolgten diese im Rahmen des therapeutischen Konzepts. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung werde durch die Klinik nicht übernommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 07.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm im Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Form des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung des Renteneinkommens zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, da er in einer stationären Einrichtung behandelt worden sei und dementsprechend nur der Barbetrag in Betracht komme. Dieser werde durch die Rente abgedeckt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung einer Mitarbeiterin der Klinik Q als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 07.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2018 erweist sich als rechtswidrig, denn der Kläger hat im Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Form des Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung des Renteneinkommens.
Der Anspruch des Klägers beruht auf § 27 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen, denn er konnte auch während der Zeit der Behandlung in H IV und in der Klinik Q vom 21.07.2017 bis 15.01.2018 seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht mit seiner Rente decken. Weiteres Einkommen und Vermögen standen ihm nicht zur Verfügung.
Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII kamen für den Kläger in dem Zeitraum nicht in Betracht. Da er die Altersgrenze noch nicht überschritten hat, müsste er gem. § 41 Abs. 3 SGB XII unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sein und es müsste unwahrscheinlich sein, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Er bezieht lediglich eine zeitlich befristete Rente, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Im Übrigen hat die Beklagte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung mit Bescheid vom 24.07.2017 bestandskräftig abgelehnt.
Nach § 27a Abs. 3 SGB XII sind für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt.
Der Kläger hat damit Anspruch auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 der Anlage zu § 28 SGB XII. Diese gilt für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt und für die nicht Regelbedarfsstufe 2 gilt. Der Kläger hatte zwar keine eigene Wohnung mehr, aber während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern sind diese als seine Wohnung anzusehen. Denn der Kläger kann keiner anderen Regelbedarfsstufe zugeordnet werden. Die Regelbedarfsstufe 2 kommt nicht in Betracht, da es an einem Zusammenleben fehlt, und die Regelbedarfsstufe 3 gilt seit dem 01.01.2017 nur noch für eine erwachsene Person, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall.
Der notwendige Lebensunterhalt des Klägers während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern bemisst sich nicht nach § 27b Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift umfasst der notwendige Lebensunterhalt 1. in Einrichtungen den darin erbrachten Lebensunterhalt, 2. in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Nach Abs. 3 der Vorschrift umfasst der weitere notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 Nummer 2 insbesondere einen Barbetrag nach Absatz 3 sowie Bekleidung und Schuhe (Bekleidungspauschale) nach Absatz 4. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden, denn der Kläger war während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern nicht in einer stationären Einrichtung untergebracht.
Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei einer Einrichtung um einen in einer besonderen Organisationsform zusammengefassten Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr 3, Rn. 18). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt. Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (vgl. BSG, aaO).
In stationären Einrichtungen übernimmt der Einrichtungsträger daher von der Aufnahme der leistungsberechtigten Person bis zu ihrer Entlassung nach Maßgabe eines angewandten Gesamtkonzepts die Gesamtverantwortung für deren tägliche Lebensführung. Dementsprechend liegt § 27b Abs. 1 SGB XII die Wertung zugrunde, dass der notwendige Lebensunterhalt in Situationen, in denen die Gesamtverantwortung des Einzelnen für seine tägliche Lebensführung aufgehoben ist, zum größten Teil nach anderen Vorschriften als dem dritten Kapitel des SGB XII tatsächlich erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2017 - B 8 SO 16/16 R -, SozR 4-3500 § 27b Nr 1, Rn. 25).
Das ist beispielsweise in Pflegeheimen der Fall, deren Leistungsspektrum sich nach den Rahmenverträgen richtet, die gem. § 75 SGB XI zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen sowie dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land und den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land abgeschlossen werden. Bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluss zu beteiligen. Diese Rahmenverträge gelten dann gem. § 75 Abs. 5 SGB XII (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) auch für die Leistungen nach dem SGB XII. Der Landesrahmenvertrag für das Land NRW enthält in § 2 nicht nur Pflegeleistungen, sondern in Abs. 3 auch die Leistungen der sozialen Betreuung. Durch diese soll die Pflegeeinrichtung für die Pflegebedürftigen einen Lebensraum gestalten, der ihnen die Führung eines selbständigen und selbstbestimmten Lebens ermöglicht sowie zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft innerhalb und außerhalb der Einrichtung beiträgt. Hilfebedarf bei der persönlichen Lebensführung und bei der Gestaltung des Alltags nach eigenen Vorstellungen soll durch Leistungen der sozialen Betreuung ausgeglichen werden, soweit dies nicht durch das soziale Umfeld (z. B. Angehörige) geschieht. Ziel ist es insbesondere, Vereinsamung, Apathie, Depression und Immobilität zu vermeiden und dadurch einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit vorzubeugen bzw. die bestehende Pflegebedürftigkeit zu mindern. In diesem Sinne dienen die Leistungen im Rahmen der sozialen Betreuung der Orientierung zur Zeit, zum Ort, zur Person, der Gestaltung des persönlichen Alltags und einem Leben in der Gemeinschaft, der Unterstützung bei der Erledigung persönlicher Angelegenheiten.
Anhand dieser Leistungen der sozialen Betreuung wird deutlich, dass ein Pflegeheim nicht nur die Verantwortung für die Pflege der Bewohner übernimmt, sondern darüber hinaus z.B. für die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und für die Freizeitgestaltung. Auch die dadurch entstehenden Kosten sind von der Einrichtung zu tragen. Dementsprechend ist bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim die Gesamtverantwortung des Bewohners für seine tägliche Lebensführung aufgehoben, so dass es gerechtfertigt ist, dass er nur noch den Barbetrag nach § 27b Abs. 3 SGB XII erhält.
In Krankenhäusern gibt es keine entsprechenden Leistungen der sozialen Betreuung. Zwar hat das Krankenhaus nach § 5 Abs. 2 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) einen sozialen Dienst sicherzustellen und die Patientinnen und Patienten darüber zu informieren. Der soziale Dienst hat aber nur die Aufgabe, die Patientinnen und Patienten in sozialen Fragen zu beraten und Hilfen nach den Sozialgesetzbüchern zu vermitteln. Eine weitergehende Unterstützung, z.B. bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei der Freizeitgestaltung, leisten die Krankenhäuser nicht. Dementsprechend ist bei einer Krankenhausbehandlung auch die Gesamtverantwortung des Patienten für die tägliche Lebensführung nicht aufgehoben, so dass es sich bei einem Krankenhaus nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII handelt (a.A. offenbar: Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII § 13 Rn. 28; Groth, in: BeckOK SozR/, 55. Ed. 1.6.2019, SGB XII § 13 Rn. 14).
Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer für ein psychiatrisches Krankenhaus, wie diejenigen in denen der Kläger im streitigen Zeitraum behandelt worden ist. Auch dabei handelt es sich nicht um stationäre Einrichtungen (a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3.11.2011 - L 8 SO 30/10 B; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 12/18, § 13 SGB XII, Rn. 53). Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung nicht, dass das Leistungsspektrum eines psychiatrischen Krankenhauses über das hinausgeht, was in einem Krankenhaus angeboten wird, in dem körperlichen Erkrankungen behandelt werden. Die als Zeugin vernommene Mitarbeiterin der Klinik Q hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, dass anders als in solchen Krankenhäusern nicht nur kostenlose Mahlzeiten angeboten werden bzw. Geld für den Einkauf zur Verfügung gestellt wird, sondern auch Freizeitangebote gemacht werden. So gebe es z.B. eine Gruppe von Patienten, die einmal in der Woche zum Schwimmen fahre. Die Kosten für den Eintritt trage die Klinik, der Transport erfolge durch die klinikeigenen Fahrzeuge. Auch würden Ausflüge angeboten, z.B. zu nahegelegenen Sehenswürdigkeiten oder in den Zoo. Der Zweck dieser Angebote liegt jedoch nicht in erster Linie in der Freizeitgestaltung, sondern es handelt sich dabei um einen Teil des therapeutischen Konzepts der Klinik. Die Freizeitangebote gibt es in der Regel nur in der Zeit zwischen 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr, in der auch die sonstige Behandlung der Patienten stattfindet, wie z.B. Ergotherapie oder Gespräche mit den Ärzten und Therapeuten. Daraus ergibt sich, dass die Patienten jeden Tag mehrere Stunden Freizeit haben, die nicht durch die Klinik gestaltet wird und wofür die Klinik auch keine Kosten übernimmt. Die Zeugin hat ausdrücklich bestätigt, dass z.B. gemeinsame Aktivitäten der Patienten am Abend nicht von der Klinik organisiert werden und dafür auch keine Kosten übernommen werden. Es gibt auch keine Möglichkeit, Internet und Telefon für private Zwecke zu nutzen, sondern nur im Rahmen der Ergotherapie bzw. um rechtliche Angelegenheiten mit Betreuern und Behörden zu regeln. Die Patienten müssen also ihre eigenen Geräte mitbringen, wenn sie Internet und Telefon privat nutzen wollen und auch die durch die Nutzung entstehenden Kosten tragen. Im Hinblick auf diese Freizeit der Patienten, die nicht durch die Klinik gestaltet wird und für die sie auch keine Kosten trägt, geht die Kammer davon aus, dass die Gesamtverantwortung der Patienten für die tägliche Lebensführung nicht - wie z.B. in einem Pflegeheim - aufgehoben ist, sondern ein größerer Teil bei ihnen verbleibt. Daher handelt es sich auch bei den psychiatrischen Krankenhäusern, in denen der Kläger im streitigen Zeitraum 21.07.2017 bis 15.01.2018 behandelt worden ist, nicht um Einrichtungen im Sinne des SGB XII. Dies gilt nach Auffassung der Kammer sowohl für das Krankenhaus H IV, als auch für die Klinik Q, denn das Leistungsangebot der beiden Krankenhäuser unterscheidet sich nach den Bekundungen der Zeugin nicht wesentlich. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Stationen in H IV geschlossen werden können, wenn dies aufgrund der Erkrankung der Patienten erforderlich ist, während es sich bei der Klinik Q um einen offenen Bereich handelt. Dementsprechend bestand der Anspruch des Klägers auch schon während der Behandlung in H IV.
Der Regelbedarf des Klägers kann während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern auch nicht abweichend festgelegt werden. Nach § 27a Abs. 4 Nr. 1 SGB XII wird im Einzelfall der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatzfestsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat nachweisbar vollständig oder teilweise anderweitig gedeckt ist. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG nur eröffnet, wenn die anderweitige Bedarfsdeckung ebenfalls durch Leistungen nach dem SGB XII erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 36). Eine Berücksichtigung als Einkommen scheide dann nämlich schon deshalb aus, weil nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Leistungen nach dem SGB XII von dem Einkommensbegriff ausdrücklich ausgenommen seien. Dies sei der maßgebende Gesichtspunkt für die Abgrenzung beider Vorschriften. Der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a.F. (jetzt § 27a Abs. 4 SGB XII) sei deshalb zur Vermeidung von Doppelleistungen dann eröffnet, wenn es bei der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt - etwa als Teil der Eingliederungshilfeleistung zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen komme. Einer solchen Überschneidung könne nicht im Rahmen der Einkommensberücksichtigung, sondern allein durch Minderung des Bedarfs nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII begegnet werden, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Absenkung des Regelsatzes vorlägen. In anderen Fällen, in denen die Leistung nicht (institutionell) als Sozialhilfe erbracht werde, sei im Rahmen der normativen Abgrenzung eine Berücksichtigung als Einkommen iS von § 82 SGB XII zu prüfen; Einkommen mindere also im Sinne der gesetzlichen Regelung nicht bereits den Bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 36). Demnach kommt im vorliegenden Verfahren eine abweichende Bedarfsfestsetzung nicht in Betracht, da die Leistungen, die der Kläger während der Behandlung im Krankenhaus erhalten hat, nicht durch einen Träger der Sozialhilfe finanziert worden sind, sondern durch die Krankenversicherung des Klägers.
Auch eine Einkommensanrechnung scheidet aus. Nach § 82 Abs. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Einnahmen in Geldeswert sind solche Zuflüsse, die einen Marktwert haben und sich daher in Geld tauschen lassen. Einnahmen mit Geldeswert sind z.B. Sachleistungen in Form von Waren oder Dienstleistungen, die mit ihrem Marktwert als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. Schmidt in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 82 SGB XII (Stand: 01.02.2020), Rn. 40). Die Leistungen, die der Kläger von den Krankenhäusern erhalten hat, wie z.B. kostenlose Mahlzeiten und Freizeitangebote, stellen kein Einkommen dar, weil es dafür keinen Markt gibt und sie sich daher nicht in Geld tauschen lassen.
Die kostenlosen Mahlzeiten in den Krankenhäusern können auch nicht als Sachbezüge in Geld bewertet und dann auf die Leistungen angerechnet werden. Zwar enthält § 2 DVO zu § 82 SGB XII eine Regelung über die Bewertung von Sachbezügen. Danach sind für die Bewertung von Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Wohnung und sonstige Sachbezüge), die auf Grund des § 17 Abs. 2 SGB IV für die Sozialversicherung zuletzt festgesetzten Werte der Sachbezüge maßgebend. Sachbezüge werden durch die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) festgesetzt. Nach dessen § 2 Abs. 1 (in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung) beträgt der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung monatlich 241 Euro. Davon entfallen 51 Euro auf das Frühstück und jeweils 95 Euro auf das Mittag- und Abendessen. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG aber nur anwendbar, wenn es sich um Sachbezüge im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit handelt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 38). § 2 der DVO zu § 82 SGB XII und die in Bezug genommene Sozialversicherungsentgeltverordnung seien erkennbar auf die Bewertung von Sachbezügen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gerichtet. So regele § 2 Abs. 2 der DVO zu § 82 SGB XII die Anwendbarkeit von Abs. 1 auch in den Fällen, in denen der Wert der Sachbezüge in einem Tarifvertrag, einer Tarifordnung, einer Betriebs- oder Dienstordnung, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag oder einem sonstigen Vertrag festgesetzt worden ist, und zeige damit deutlich, dass die Vorschrift (nur) auf nichtselbstständige Beschäftigungen ziele. Dies mache außerdem die Sozialversicherungsentgeltverordnung deutlich, die mehrfach von Beschäftigten eines Arbeitgebers spricht, etwa in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 3. Andernfalls wäre auch nicht zu erklären, weshalb die DVO zu § 82 SGB XII den Wert, der für die Vollverpflegung in Ansatz zu bringen ist, mit ca. 60 % des Regelsatzes Euro bestimmt, während der Bedarfsanteil für Nahrung und alkoholfreie Getränke nur ca. 35% beträgt (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Rn. 38). Die kostenlosen Mahlzeiten, die der Kläger von der Klinik erhalten hat, können daher auch nicht als Einkommen auf den Regelsatz angerechnet werden.
Der Kläger hat damit auch während der Zeit der Behandlung in den Krankenhäusern Anspruch auf den vollen Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1, auf den lediglich sein Renteneinkommen anzurechnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
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