Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 685/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 625/20 B ER; L 7 AS 666/20 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.03.2020 wird zurückgewiesen. Der weitergehende Antrag vom 22.04.2020 wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den einstweiligen Rechtsschutzantrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auch der weitergehende Antrag ist abzulehnen.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Direktzahlung von Unterkunftskosten an seinen Vermieter N. und begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auszahlung von 6655,05 EUR auf ein Pfändungsschutzkonto wegen verschiedener bis März 2020 beanspruchter Leistungen (u.a. Erstausstattungen, Mietzahlungen, Mobilitätskosten, verschiedene besondere Bedarfe). Mit Schriftsatz vom 22.04.2020 hat er zudem beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn mit MNS-Gesichtsmasken auszustatten bzw. die entsprechenden Anschaffungskosten zu übernehmen.
Der Antragsteller hat hinsichtlich der Direktüberweisung der Miete an den Vermieter einen Anordnungsanspruch iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller berechtigt ist, die volle Mietzahlung wegen der von ihm geltend gemachten Mängel und Rechtsverletzungen des Vermieters zu verweigern. Ist der Antragsteller zur Mietminderung nicht berechtigt, ist die Antragsgegnerin gem. § 22 Abs. 7 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 und 4 SGB II ermächtigt, die Unterkunfts- und Heizbedarfe an den Vermieter zu zahlen. Ist der Antragsteller zur Mietminderung berechtigt, entstehen ihm insoweit keine Unterkunftskosten iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, so dass insoweit auch kein entsprechender Leistungsanspruch gegen die Antragsgegnerin besteht. Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums u.a. durch Sicherung einer angemessenen Wohnung, die hier gewährleistet ist. Zivilrechtliche Streitigkeiten mit einem Vermieter sind nicht über das Jobcenter auszutragen, sondern im Wege des zivilrechtlichen (ggf. einstweiligen) Rechtsschutzes. Der Umstand, dass die Miete nur an einen der Vermieter gezahlt wird, ist unerheblich. Zwar ist auch die Mutter des Antragstellers Vermieterin der Wohnung des Antragstellers, jedoch kann die Miete gem. § 3 des Mietvertrags mit schuldbefreiender Wirkung auf das Konto des Vermieters N. gezahlt werden.
Bezüglich der Auszahlung von 6655,05 EUR als Darlehen ist der Eilantrag ebenfalls erfolglos. Einige Positionen aus der Auflistung im Schriftsatz vom 17.03.2020 können offensichtlich nicht beansprucht werden. Dies gilt namentlich für die Erstausstattung im Februar 2019, da der zentrale Ermittlungsdienst bei einer Wohnungsbegehung am 06.03.2018, also nach Entlassung aus der JVA, bei dem Antragsteller eine komplett eingerichtete Wohnung vorgefunden hat, für die Kosten für ein Fahrrad iHv 400 EUR, da hierfür keine Anspruchsgrundlage im SGB II besteht und für Mietzahlungen von Oktober 2019 bis März 2020, da die Antragsgegnerin diese mit den Bescheiden vom 10.03.2020 bewilligt hat und der Antragsteller sich - wie ausgeführt - nicht mit Erfolg auf eine von ihm gewünschte Mietminderung berufen kann. Im Übrigen ist Eilbedürftigkeit nicht erkennbar, der Antragsteller kann zumutbar auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden.
Soweit der Antragsteller am 22.04.2020 in zulässiger Antragserweiterung (§ 99 SGG) im Wege der einstweiligen Anordnung die Auszahlung von 349 EUR für die Anschaffung von MNS-Schutzmasken bzw. die Gestellung dieser Masken durch die Antragsgegnerin selbst begehrt, lässt der Senat offen, ob der Antragsteller sich insoweit bereits erfolglos an die Antragsgegnerin gewendet hat und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen Eilantrag besteht.
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Bei Leistungsberechtigten wird gem. § 21 Abs. 6 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Nach § 12a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 der insoweit maßgeblichen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) für das Land Nordrhein-Westfalen in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung ist lediglich das Tragen einer textilen Mund-Nase-Bedeckung (zum Beispiel Alltagsmaske, Schal, Tuch) in bestimmten Lebenslagen erforderlich. Ähnliche Regelungen gelten in den anderen Bundesländern (vgl. Informationen bei www.bundesregierung.de). Die Finanzierung derartiger Gesichtsbedeckungen, die als Bestandteil der Bekleidung angesehen werden können, ist aus dem Regelbedarf möglich. Ein unabweisbarer Bedarf ist nicht gegeben.
Aus den dargelegten Gründen hat das Sozialgericht zu Recht auch den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Änderungsbescheid vom 10.03.2020 ist bereits vor dem Eilantrag vom 17.03.2020 ergangen, sodass die Rechtsverfolgung von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren steht nicht zu, da die Rechtsverfolgung auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg hatte. Gleiches gilt für die Antragserweiterung.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung. Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den einstweiligen Rechtsschutzantrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auch der weitergehende Antrag ist abzulehnen.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Direktzahlung von Unterkunftskosten an seinen Vermieter N. und begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auszahlung von 6655,05 EUR auf ein Pfändungsschutzkonto wegen verschiedener bis März 2020 beanspruchter Leistungen (u.a. Erstausstattungen, Mietzahlungen, Mobilitätskosten, verschiedene besondere Bedarfe). Mit Schriftsatz vom 22.04.2020 hat er zudem beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn mit MNS-Gesichtsmasken auszustatten bzw. die entsprechenden Anschaffungskosten zu übernehmen.
Der Antragsteller hat hinsichtlich der Direktüberweisung der Miete an den Vermieter einen Anordnungsanspruch iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller berechtigt ist, die volle Mietzahlung wegen der von ihm geltend gemachten Mängel und Rechtsverletzungen des Vermieters zu verweigern. Ist der Antragsteller zur Mietminderung nicht berechtigt, ist die Antragsgegnerin gem. § 22 Abs. 7 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 und 4 SGB II ermächtigt, die Unterkunfts- und Heizbedarfe an den Vermieter zu zahlen. Ist der Antragsteller zur Mietminderung berechtigt, entstehen ihm insoweit keine Unterkunftskosten iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, so dass insoweit auch kein entsprechender Leistungsanspruch gegen die Antragsgegnerin besteht. Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums u.a. durch Sicherung einer angemessenen Wohnung, die hier gewährleistet ist. Zivilrechtliche Streitigkeiten mit einem Vermieter sind nicht über das Jobcenter auszutragen, sondern im Wege des zivilrechtlichen (ggf. einstweiligen) Rechtsschutzes. Der Umstand, dass die Miete nur an einen der Vermieter gezahlt wird, ist unerheblich. Zwar ist auch die Mutter des Antragstellers Vermieterin der Wohnung des Antragstellers, jedoch kann die Miete gem. § 3 des Mietvertrags mit schuldbefreiender Wirkung auf das Konto des Vermieters N. gezahlt werden.
Bezüglich der Auszahlung von 6655,05 EUR als Darlehen ist der Eilantrag ebenfalls erfolglos. Einige Positionen aus der Auflistung im Schriftsatz vom 17.03.2020 können offensichtlich nicht beansprucht werden. Dies gilt namentlich für die Erstausstattung im Februar 2019, da der zentrale Ermittlungsdienst bei einer Wohnungsbegehung am 06.03.2018, also nach Entlassung aus der JVA, bei dem Antragsteller eine komplett eingerichtete Wohnung vorgefunden hat, für die Kosten für ein Fahrrad iHv 400 EUR, da hierfür keine Anspruchsgrundlage im SGB II besteht und für Mietzahlungen von Oktober 2019 bis März 2020, da die Antragsgegnerin diese mit den Bescheiden vom 10.03.2020 bewilligt hat und der Antragsteller sich - wie ausgeführt - nicht mit Erfolg auf eine von ihm gewünschte Mietminderung berufen kann. Im Übrigen ist Eilbedürftigkeit nicht erkennbar, der Antragsteller kann zumutbar auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden.
Soweit der Antragsteller am 22.04.2020 in zulässiger Antragserweiterung (§ 99 SGG) im Wege der einstweiligen Anordnung die Auszahlung von 349 EUR für die Anschaffung von MNS-Schutzmasken bzw. die Gestellung dieser Masken durch die Antragsgegnerin selbst begehrt, lässt der Senat offen, ob der Antragsteller sich insoweit bereits erfolglos an die Antragsgegnerin gewendet hat und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen Eilantrag besteht.
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Bei Leistungsberechtigten wird gem. § 21 Abs. 6 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Nach § 12a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 der insoweit maßgeblichen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) für das Land Nordrhein-Westfalen in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung ist lediglich das Tragen einer textilen Mund-Nase-Bedeckung (zum Beispiel Alltagsmaske, Schal, Tuch) in bestimmten Lebenslagen erforderlich. Ähnliche Regelungen gelten in den anderen Bundesländern (vgl. Informationen bei www.bundesregierung.de). Die Finanzierung derartiger Gesichtsbedeckungen, die als Bestandteil der Bekleidung angesehen werden können, ist aus dem Regelbedarf möglich. Ein unabweisbarer Bedarf ist nicht gegeben.
Aus den dargelegten Gründen hat das Sozialgericht zu Recht auch den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Änderungsbescheid vom 10.03.2020 ist bereits vor dem Eilantrag vom 17.03.2020 ergangen, sodass die Rechtsverfolgung von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren steht nicht zu, da die Rechtsverfolgung auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg hatte. Gleiches gilt für die Antragserweiterung.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung. Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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