Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 1224/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 227/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Durch die Anweisung von Arbeitslohn auf ein vom Arbeitnehmer hierfür ausdrücklich bestimmtes Konto eines Dritten bewirkt der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung mit schuldbefreiender Wirkung.
2. Der sozialrechtliche Einkommenszufluss beim Arbeitnehmer erfolgt in diesem Fall bereits am Tag der Gutschrift auf dem Konto des aufgrund des Verwahrungsvertrages zur jederzeitigen Barauszahlung verpflichteten Dritten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Bargeld tatsächlich erst später in Händen hält.
3. Das in § 11 Abs. 2 SGB II normierte Zuflussprinzip wurde nicht sachwidrig gewählt und verletzt daher nicht den allgemeinen Gleichheitssatz.
2. Der sozialrechtliche Einkommenszufluss beim Arbeitnehmer erfolgt in diesem Fall bereits am Tag der Gutschrift auf dem Konto des aufgrund des Verwahrungsvertrages zur jederzeitigen Barauszahlung verpflichteten Dritten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Bargeld tatsächlich erst später in Händen hält.
3. Das in § 11 Abs. 2 SGB II normierte Zuflussprinzip wurde nicht sachwidrig gewählt und verletzt daher nicht den allgemeinen Gleichheitssatz.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.09.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 und gegen eine damit verbundene Erstattungsforderung in Höhe von 891,57 EUR.
Der im Januar 1958 geborene Kläger bezog laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II vom Beklagten. Am 07.09.2017 beantragte er die Weiterbewilligung der Leistungen ab 01.10.2017 und gab u.a. an, er erziele kein Einkommen. Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 13.09.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10.2017 bis 31.03.2018 in Höhe von 884,41 EUR, welche in Umsetzung der gesetzlichen Anhebung der Regelbedarfe zum 01.01.2018 mit Änderungsbescheid vom 25.11.2017 auf 891,57 EUR monatlich erhöht wurden. Der Beklagte überwies diese Leistungen monatlich im Voraus auf das als P-Konto geführte Bankkonto Nr. xxxxxxx des Klägers.
Am 28.12.2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er werde ab 01.01.2018 eine Erwerbstätigkeit bei der Firma E. aufnehmen, worauf der Beklagte die Leistungen vorläufig einstellte und den Kläger am 05.01.2018 zur Vorlage von Gehaltsnachweisen aufforderte, die nach wiederholter Erinnerung am 14.05.2018 eingereicht wurden. Ausweislich der Lohnabrechnung vom 24.01.2018 hatte der Arbeitgeber das Gehalt für Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR auf ein Bankkonto Nr. yyyyyyyy überwiesen. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit, sein Lohn sei auf ein fremdes Konto überwiesen worden und er habe den Betrag von 1.961,25 EUR am 02.02.2018 (einem Freitag) in bar erhalten. Die Kontoinhaberin sei Frau W, eine Bekannte von ihm, mit der er wegen seines P-Kontos die Gehaltszahlung auf ihr Konto sowie die Barauszahlung des Lohnes an ihn vereinbart habe. Er legte ein handschriftliches, von ihm und Frau W unterzeichnetes Schriftstück vor, in dem hieß: "Überweisung Fa. E. per Konto W für Jan 2018 Eingang Konto W: 2.111, 25 - Rückzahlung Kredit: 150,- - 1.961,25 EUR Bar von W am 2.2.2018 erhalten." Den Zeitpunkt des Zahlungseingangs auf diesem Konto nannte der Kläger auf Nachfrage nicht, gab aber erneut an, er habe den Lohn am 02.02.2018 in bar erhalten. Der Arbeitgeber legte eine Einkommensbescheinigung vor, nach der die Auszahlung des Arbeitslohns jeweils am 28. des laufenden Monats fällig war.
Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 22.08.2018 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungen für den Monat Januar 2018 an, hob mit Bescheid vom 10.09.2018 seine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 auf, stützte diese Aufhebung auf § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 SGB III und § 48 SGB X und führte zur Begründung aus, mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen. Die für Januar 2018 erbrachten Leistungen in Höhe von 891,57 EUR seien daher zu erstatten.
Den hiergegen am 10.10.2018 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2019 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, bedingt durch das Einkommen im Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR, dem ein Bedarf von 891,57 EUR entgegengestanden habe, sei die Hilfebedürftigkeit entfallen.
Zur Begründung der am 24.04.2019 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte habe hier verkannt, dass es sich bei dem Zuflussprinzip laut Gesetzesbegründung lediglich um eine Soll-Vorschrift handele, was sich auch aus der Kommentierung von Brühl in LPK-SGB II, § 11 ergebe. Diese Vorschrift könne bereits aus formellen Gründen nicht ungeprüft gelten, da der genaue Zeitpunkt eines Zahlungseingangs oftmals vom Zufall oder von durch den Leistungsempfänger gerade nicht kontrollierbaren Umständen abhänge. Es widerspreche dem grundgesetzlich statuierten Gleichheitsgrundsatz, wenn der Leistungsempfänger zum Spielball einer Vielzahl von durch ihn nicht beeinflussbaren Variablen werde, wenn Arbeitgeberzahlungen verschieden schnell, verschieden pünktlich oder verschieden zuverlässig erfolgten. Auch eine dem Kläger vorzuhaltende Vorwerfbarkeit sei in dieser Konstellation in keinster Weise gegeben. Bereits aufgrund der nicht unerheblichen Höhe der in Rede stehenden Summe und des fehlenden Verschuldens sei hier ein Härtefall zu bejahen. Zumindest hätte hier als milderes Mittel der Zufluss auf mehrere Monate verteilt werden müssen.
In der mündlichen Verhandlung am 25.09.2019 hat das SG Frau W als Zeugin vernommen, die unter Vorlage eines Kontoauszuges ihres Kontos Nr. yyyyyyyy angegeben hat, das Gehalt des Klägers für den Monat Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR sei ihrem Konto am 30.01.2018 gutgeschrieben worden. Da der Kläger bei ihr noch Schulden gehabt habe, habe sie - wie vereinbart - von dem Arbeitslohn 200 EUR einbehalten und den restlichen Betrag in bar an ihn ausgezahlt. Es könne auch sein, dass sie nur 150 EUR einbehalten habe. Den Lohn für Januar habe sie dem Kläger erst "am Freitag" auszahlen können, da sie mit einer Grippe im Bett gelegen habe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.09.2019 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Änderungsbescheid vom 25.11.2017 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, als die Hilfebedürftigkeit des Klägers als Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss des Arbeitslohns im Januar 2018 entfallen sei. Diesen Zufluss, der laut Angaben der Zeugin W im Januar 2018 erfolgt sei, müsse der Kläger sich zurechnen lassen, auch wenn er das Geld in bar erst im Februar erhalten habe. Denn er habe bei seinem Arbeitgeber die Auszahlung des Lohnes auf das Konto eines Dritten bewusst veranlasst und müsse sich damit den Zufluss des Geldes auf das Konto dieses Dritten zurechnen lassen. Die Lohnzahlung sei als laufende Einnahme für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließe. Damit sei für Januar 2018 die Hilfebedürftigkeit entfallen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers teile die Kammer nicht, denn die gesetzliche Regelung in § 11 Abs. 2 SGB II führe nicht zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung.
Gegen das ihm am 19.10.2019 zugestellte Urteil des SG richtet sich die am 19.11.2019 beim SG eingelegte und am 18.01.2020 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangene Berufung des Klägers, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und noch einmal betont hat, erst im Februar 2018 eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf das Geld gehabt zu haben. Es könne nicht das tatsächlich politisch und gesetzgeberisch gewollte Ergebnis sein, dass es rein vom Zufall und von durch den Kläger nicht steuerbaren Faktoren abhänge, dass er zu einer Rückzahlung verpflichtet werde. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass der Kläger für eine Auszahlung der in Rede stehenden Gelder auf das Konto einer dritten Person gesorgt habe, was dann erst zeitlich versetzt an ihn erfolgt sei.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.09.2019 und den Bescheid des Beklagten vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat sich den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil angeschlossen und noch darauf hingewiesen, dass die Zahlung des Arbeitgebers eben nicht zufällig in einem oder einem anderen Monat, sondern nach den arbeitsrechtlichen Regelungen jeweils am Monatsende erfolge. Dass die tatsächliche Verfügungsgewalt aufgrund der eigenen Regelung des Klägers erst im Februar erfolgt sei, spiele hierbei keine Rolle.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.03.2020 an seiner bisherigen Rechtsauffassung festgehalten und - sinngemäß - hilfsweise die Zulassung der Revision beantragt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 20.03.2020 und Schriftsatz des Beklagten vom 20.04.2020).
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der Aufhebung des Urteils des SG vom 25.09.2019 die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 (isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Das SG hat zu Recht der Anfechtungsklage den Erfolg versagt.
Der Bescheid vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 ist – insbesondere, da die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung erfolgt ist – formell und auch materiell rechtmäßig.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und seine Eingliederung in Arbeit nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alle Einnahmen in Geld zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 2 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sind § 48 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III und für die Erstattungsforderung § 50 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. dann aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 SGB X gegeben. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des letzten bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 25.11.2017 (Änderung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2018 bis 31.03.2018) vorlagen, trat ab 01.01.2018 eine wesentliche Änderung ein, da der zuvor ohne Einkommen gewesene Kläger ab diesem Zeitpunkt Erwerbseinkommen erzielte, das gemäß § 11 SGB II auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts anzurechnen war. Denn bei dem von ihm im Monat Januar 2018 laut Lohnabrechnung vom 24.01.2018 erzielten Nettoeinkommen in Höhe von 2.111,25 EUR handelte es sich um laufende, da auf demselben Rechtsgrund beruhende und regelmäßig erbrachte Einnahmen (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand 01.03.2020, § 11, Rn. 76). Diese flossen ihm am 30.01.2018 zu und waren damit für den Monat Januar 2018 bedarfsmindernd zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 2 SGB II). Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 11 Abs. 2 SGB II für die Ermittlung des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II laufende Einnahmen zwingend dem Zuflussmonat zugeordnet, wobei es nach einhellig in Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretener Meinung nicht darauf ankommt, an welchem Tag innerhalb des Kalendermonats der Zufluss erfolgt. Auch am Monatsende ausbezahltes Erwerbseinkommen ist als Einkommen für den ganzen Monat anzusehen (vgl.: Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 08.05.2019 - B 14 AS 20/18, Rn. 13, vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07, vom 30.07.2008 - B 14 AS 43/07, alle in juris; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11, Rn. 34/35; Striebinger in: Gagel, SGB II, Stand März 2020, § 11, Rn. 56-58; Neumann in: BeckOK Sozialrecht, Stand 01.12.2019, § 11 SGB II, Rn. 27). Dies wird auch in der vom Kläger zitierten Kommentierung in LPK-SGB II so gesehen, wo ausgeführt ist: "Laufende Einnahmen sind ungeachtet des Zeitpunkts, zu dem sie in einem Monat zufließen, dem monatlichen SGB-II-Bedarf gegenüberzustellen (BSG 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B)" (Geiger in: LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 11, Rn. 62).
Einem Einkommenszufluss am 30.01.2020 steht nicht entgegen, dass die vom Arbeitgeber angewiesene Lohnzahlung dem Bankkonto der Frau W gutgeschrieben wurde und diese dem Kläger den Betrag von 1.961,25 EUR erst am 02.02.2018 in bar übergeben hat. Grundsätzlich ist Einkommen erst ab dem Zeitpunkt bedarfsdeckend zu berücksichtigen, zu dem es als "bereites Mittel" zur Verfügung steht und tatsächlich verfügbar ist, also z.B. dem Konto gutgeschrieben ist (BSG, Urteile vom: 19.08.2015 - B 14 AS 43/14 R, Rn. 16; 29.04.2015 B 14 AS 10/14 R, Rn. 30; 25.01.2012 - B 14 AS 101/11, Rn. 21, alle in juris; Söhngen, a.a.O., § 11, Rn. 26). Die Anweisung von Einkommen auf das Bankkonto eines Dritten kann einen Zufluss beim Leistungsempfänger allerdings ausschließen, wenn der Dritte infolge gemäß § 398 BGB vereinbarter Abtretung als neuer Gläubiger vollständig an die Stelle des Leistungsempfängers getreten ist und die Auszahlung infolge der Abtretung direkt an den Dritten als Abtretungsempfänger erfolgt. In einem solchen Fall hätte der Leistungsempfänger keine Verfügungsgewalt über das Einkommen erlangt, so dass ein Zufluss bei ihm nicht erfolgt wäre (vgl. Schmidt, a.a.O., § 11, Rn. 26). So liegt der Fall hier indes nicht, denn dass der Kläger und Frau W eine Abtretung seiner Lohnansprüche gemäß § 398 BGB vereinbart hätten, kann nicht festgestellt werden. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Zeugenaussage der Frau W - deren Glaubwürdigkeit anzuzweifeln keine Veranlassung besteht - sowie der von beiden unterzeichneten Bestätigung vom 02.02.2018 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Auszahlung des Arbeitslohns an Frau W als empfangsberechtigte Dritte im Rahmen einer zwischen ihr und dem Kläger getroffenen Treuhand- und Verwahrungsvereinbarung erfolgte. Inhalt dieser Vereinbarung zwischen dem Kläger und Frau W war nämlich, dass diese - unter Umgehung des P-Kontos des Klägers - ihr Bankkonto als Empfängerkonto für die Lohnzahlung zur Verfügung stellte (§ 688 BGB) und sich dem Kläger gegenüber zur Herausgabe des eingegangenen Lohns per Barauszahlung verpflichtete (§ 695 BGB). Im Gegenzug war Frau W berechtigt, einen der Höhe nach vereinbarten Lohnanteil (150 EUR oder 200 EUR) zur Schuldentilgung einzubehalten. Diese Abrede war hier also gerade nicht mit einem Wechsel des Inhabers des Lohnzahlungsanspruchs verbunden (§ 389 BGB), denn es ist in keiner Weise erkennbar - und auch nicht geltend gemacht worden - dass Frau W im Verhältnis zum Arbeitgeber als Gläubigerin an die Stelle des Arbeitgebers treten sollte. Vielmehr sollte der Kläger Inhaber der Gehaltsforderung bleiben, deren Auszahlung aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf das Bankkonto Nr. yyyyyyyy anzuweisen war. Aufgrund dieser Abreden des Klägers mit dem Arbeitgeber einerseits und mit Frau W andererseits war Frau W im Verhältnis zu dessen Arbeitgeber eine nichtberechtigte Dritte, auf deren Bankkonto der Arbeitgeber aufgrund der vom Kläger getroffenen Bestimmung und mit dessen Einwilligung die geschuldete Leistung mit schuldbefreiender Wirkung bewirken konnte (§ 362 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 BGB). Frau W ihrerseits war aufgrund der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung als Verwahrerin verpflichtet, ihm das Geld (abzüglich eines Anteils zur Schuldentilgung) jederzeit in bar auszuhändigen. Darauf, dass der Kläger das Geld tatsächlich erst am 02.02.2018 bar in Händen hielt, kommt es entgegen seinem Vorbringen nicht an, denn die Rechtslage am 30.01.2018 entsprach exakt derjenigen, die bei Gutschrift des Arbeitslohnes auf dem eigenen Bankkonto des Klägers bestanden hätte: auch in letzterem Fall hätte der Kläger aufgrund des zwischen ihm und der kontoführenden Bank bestehenden Girovertrages (jedenfalls bei einem ausreichenden Haben-Saldo) ab dem Tag der Gutschrift jederzeit die Auszahlung des Lohnes verlangen können. Zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise bereite Mittel im o.g. Sinne nach erfolgtem Zufluss tatsächlich bedarfsdeckend eingesetzt werden, ist nach den Grundsätzen der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, nicht relevant. Der in der Berufungsbegründung dargelegten Auffassung des Klägers, es müsse auf die "tatsächliche Zugriffsmöglichkeit" im Februar 2018 abgestellt werden, ist nicht zu folgen. Dem Kläger ist der Arbeitslohn im Monat Januar 2018 zugeflossen und eine Anrechnung hatte für diesen Kalendermonat zu erfolgen.
Der Kläger hat also im streitigen Zeitraum Einkommen erzielt, das aufgrund der Höhe zum Wegfall seines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II führte (§ 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II). Wegen des im Januar 2018 erzielten Einkommenszuflusses in Höhe von 1.961,25 EUR , der seinem Gesamtbedarf von 891,57 EUR gegenüber stand, hatte der Kläger mangels Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b SGB II.
Da er somit Einkommen erzielte, das zum Wegfall seiner Hilfebedürftigkeit und seines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II führte, sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt, wobei es nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift nicht darauf ankommt, ob der Betroffene von dem Wegfall des Anspruchs wusste oder hätte wissen müssen (Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Dezember 2019, § 48, Rn. 51). Damit kommt es auf das Argument des Klägers in der Berufungsbegründung, ihm könne keine "Vorwerfbarkeit" vorgehalten werden, nicht an.
Auch die vom Kläger wiederholt geltend gemachten besonderen Umstände - Überweisung auf Konto eines Dritten; tatsächlicher Erhalt des Geldes erst am 02.02.2018 - können zu keiner für ihn günstigeren Entscheidung führen, da es keine rechtliche Grundlage für die Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalles gibt. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gilt § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III entsprechend. Aus § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ergibt sich eine Modifikation der Regelungen über die rückwirkende Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, vor allem wenn diese zu Lasten des Leistungsempfängers nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2-4 SGB X erfolgt. Anders als in den allgemeinen Vorschriften vorgesehen, ist in diesen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern der begünstigende Verwaltungsakt muss zwingend mit Wirkung für die Vergangenheit vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden (Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand 01.03.2020, § 40, Rn. 77). Somit ist gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III weder Atypik zu prüfen noch Ermessen (Schaumberg in: jurisPK SGB III, Stand 15.01.2019, § 330, Rn. 112) auszuüben.
Das Gesetz sieht auch weder die Berücksichtigung einer besonderen Härte vor, noch kann die vom Kläger als "milderes Mittel" gewünschte Verteilung des Einkommens auf mehrere Monate vorgenommen werden, da eine Anrechnung im Folgemonat (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II) oder eine Verteilung auf mehrere Monate (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II) nur im Falle einmaliger Einnahmen möglich ist, laufende Einnahmen (zu denen Arbeitseinkommen gehört, s.o.) jedoch zwingend im Zuflussmonat anzurechnen sind.
Ebenso wie das SG teilt auch der Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers bezogen auf das Zuflussprinzip nicht. Soweit der Kläger argumentiert, durch die divergierende Anzahl von Tagen der verschiedenen Monate, durch das Anfallen von Wochenenden und Feiertagen und durch verschieden zuverlässige Arbeitgeberzahlungen würden Leistungsempfänger zum Spielball verschiedener für sie nicht kontrollierbarer Umstände, was den grundgesetzlich statuierten Gleichheitsgrundsatz verletze, ist dem nicht zu folgen. Zwar hätte der Kläger, wenn ihm sein im Januar 2018 erarbeiteter Lohn nicht innerhalb dieses Bezugsmonats, sondern später zugeflossen wäre, die ihm für Januar 2018 vom Beklagten erbrachten Leistungen nach dem SGB II nicht erstatten müssen. Dass das Entstehen der Erstattungspflicht (§ 50 SGB X) vom auch Zufällen unterliegenden Zuflusszeitpunkt abhängt, rechtfertigt jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken und stellt insbesondere keine Verletzung des sich aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz ergebenden allgemeinen Gleichheitssatzes dar. Insoweit wirkt sich das Zuflussprinzip nämlich so wie alle anderen gesetzlichen Stichtagsregelungen aus, die ihrer Natur entsprechend stets Härten bedingen, ohne die dadurch benachteiligten Personen in ihren Grundrechten zu verletzen, wenn sie nicht sachwidrig gewählt wurden (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2011 - 1 BvR 1811/08, juris; BSG, Urteil vom 27.06.2019 - B 10 EG 2/18 R, Rn. 40ff., juris). Die auf den Fall des Klägers hier anwendbare, mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, 453; RBEG/SGBXII-ÄndG) vom 24.03.2011 eingeführte und am 01.04.2011 in Kraft getretene Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II gilt im Zusammenspiel mit der durch § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II mit Wirkung vom 01.01.2011 angeordneten Rückwirkung des Antrags auf den Ersten des Monats auch für Einnahmen, die im Zuflussmonat vor dem Tag der Antragstellung im Antragsmonat zufließen (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 94 und S. 114; Schmidt, a.a.O., § 11, Rn. 7 und Rn. 35; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 12/19, § 11, Rn. 415; Söhngen, a.a.O., § 11, Rn. 64; BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 51/12 R, Rn. 17, juris). Die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist außerdem im Zusammenhang mit dem sonstigen Recht zu sehen, insbesondere mit der eine monatliche Betrachtungsweise voraussetzenden Darlehensregelung des § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Das Abstellen auf den Kalendermonat in § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist somit nicht sachwidrig gewählt und verletzt durch die Regelung im Einzelfall benachteiligte Personen daher nicht in ihren Grundrechten.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG die beantragte Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Urteil des Senats von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 und gegen eine damit verbundene Erstattungsforderung in Höhe von 891,57 EUR.
Der im Januar 1958 geborene Kläger bezog laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II vom Beklagten. Am 07.09.2017 beantragte er die Weiterbewilligung der Leistungen ab 01.10.2017 und gab u.a. an, er erziele kein Einkommen. Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 13.09.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10.2017 bis 31.03.2018 in Höhe von 884,41 EUR, welche in Umsetzung der gesetzlichen Anhebung der Regelbedarfe zum 01.01.2018 mit Änderungsbescheid vom 25.11.2017 auf 891,57 EUR monatlich erhöht wurden. Der Beklagte überwies diese Leistungen monatlich im Voraus auf das als P-Konto geführte Bankkonto Nr. xxxxxxx des Klägers.
Am 28.12.2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er werde ab 01.01.2018 eine Erwerbstätigkeit bei der Firma E. aufnehmen, worauf der Beklagte die Leistungen vorläufig einstellte und den Kläger am 05.01.2018 zur Vorlage von Gehaltsnachweisen aufforderte, die nach wiederholter Erinnerung am 14.05.2018 eingereicht wurden. Ausweislich der Lohnabrechnung vom 24.01.2018 hatte der Arbeitgeber das Gehalt für Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR auf ein Bankkonto Nr. yyyyyyyy überwiesen. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit, sein Lohn sei auf ein fremdes Konto überwiesen worden und er habe den Betrag von 1.961,25 EUR am 02.02.2018 (einem Freitag) in bar erhalten. Die Kontoinhaberin sei Frau W, eine Bekannte von ihm, mit der er wegen seines P-Kontos die Gehaltszahlung auf ihr Konto sowie die Barauszahlung des Lohnes an ihn vereinbart habe. Er legte ein handschriftliches, von ihm und Frau W unterzeichnetes Schriftstück vor, in dem hieß: "Überweisung Fa. E. per Konto W für Jan 2018 Eingang Konto W: 2.111, 25 - Rückzahlung Kredit: 150,- - 1.961,25 EUR Bar von W am 2.2.2018 erhalten." Den Zeitpunkt des Zahlungseingangs auf diesem Konto nannte der Kläger auf Nachfrage nicht, gab aber erneut an, er habe den Lohn am 02.02.2018 in bar erhalten. Der Arbeitgeber legte eine Einkommensbescheinigung vor, nach der die Auszahlung des Arbeitslohns jeweils am 28. des laufenden Monats fällig war.
Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 22.08.2018 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungen für den Monat Januar 2018 an, hob mit Bescheid vom 10.09.2018 seine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 auf, stützte diese Aufhebung auf § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 SGB III und § 48 SGB X und führte zur Begründung aus, mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen. Die für Januar 2018 erbrachten Leistungen in Höhe von 891,57 EUR seien daher zu erstatten.
Den hiergegen am 10.10.2018 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2019 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, bedingt durch das Einkommen im Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR, dem ein Bedarf von 891,57 EUR entgegengestanden habe, sei die Hilfebedürftigkeit entfallen.
Zur Begründung der am 24.04.2019 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte habe hier verkannt, dass es sich bei dem Zuflussprinzip laut Gesetzesbegründung lediglich um eine Soll-Vorschrift handele, was sich auch aus der Kommentierung von Brühl in LPK-SGB II, § 11 ergebe. Diese Vorschrift könne bereits aus formellen Gründen nicht ungeprüft gelten, da der genaue Zeitpunkt eines Zahlungseingangs oftmals vom Zufall oder von durch den Leistungsempfänger gerade nicht kontrollierbaren Umständen abhänge. Es widerspreche dem grundgesetzlich statuierten Gleichheitsgrundsatz, wenn der Leistungsempfänger zum Spielball einer Vielzahl von durch ihn nicht beeinflussbaren Variablen werde, wenn Arbeitgeberzahlungen verschieden schnell, verschieden pünktlich oder verschieden zuverlässig erfolgten. Auch eine dem Kläger vorzuhaltende Vorwerfbarkeit sei in dieser Konstellation in keinster Weise gegeben. Bereits aufgrund der nicht unerheblichen Höhe der in Rede stehenden Summe und des fehlenden Verschuldens sei hier ein Härtefall zu bejahen. Zumindest hätte hier als milderes Mittel der Zufluss auf mehrere Monate verteilt werden müssen.
In der mündlichen Verhandlung am 25.09.2019 hat das SG Frau W als Zeugin vernommen, die unter Vorlage eines Kontoauszuges ihres Kontos Nr. yyyyyyyy angegeben hat, das Gehalt des Klägers für den Monat Januar 2018 in Höhe von 2.111,25 EUR sei ihrem Konto am 30.01.2018 gutgeschrieben worden. Da der Kläger bei ihr noch Schulden gehabt habe, habe sie - wie vereinbart - von dem Arbeitslohn 200 EUR einbehalten und den restlichen Betrag in bar an ihn ausgezahlt. Es könne auch sein, dass sie nur 150 EUR einbehalten habe. Den Lohn für Januar habe sie dem Kläger erst "am Freitag" auszahlen können, da sie mit einer Grippe im Bett gelegen habe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.09.2019 als unbegründet abgewiesen. Nach dem Änderungsbescheid vom 25.11.2017 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, als die Hilfebedürftigkeit des Klägers als Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss des Arbeitslohns im Januar 2018 entfallen sei. Diesen Zufluss, der laut Angaben der Zeugin W im Januar 2018 erfolgt sei, müsse der Kläger sich zurechnen lassen, auch wenn er das Geld in bar erst im Februar erhalten habe. Denn er habe bei seinem Arbeitgeber die Auszahlung des Lohnes auf das Konto eines Dritten bewusst veranlasst und müsse sich damit den Zufluss des Geldes auf das Konto dieses Dritten zurechnen lassen. Die Lohnzahlung sei als laufende Einnahme für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließe. Damit sei für Januar 2018 die Hilfebedürftigkeit entfallen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers teile die Kammer nicht, denn die gesetzliche Regelung in § 11 Abs. 2 SGB II führe nicht zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung.
Gegen das ihm am 19.10.2019 zugestellte Urteil des SG richtet sich die am 19.11.2019 beim SG eingelegte und am 18.01.2020 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangene Berufung des Klägers, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und noch einmal betont hat, erst im Februar 2018 eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf das Geld gehabt zu haben. Es könne nicht das tatsächlich politisch und gesetzgeberisch gewollte Ergebnis sein, dass es rein vom Zufall und von durch den Kläger nicht steuerbaren Faktoren abhänge, dass er zu einer Rückzahlung verpflichtet werde. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass der Kläger für eine Auszahlung der in Rede stehenden Gelder auf das Konto einer dritten Person gesorgt habe, was dann erst zeitlich versetzt an ihn erfolgt sei.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.09.2019 und den Bescheid des Beklagten vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat sich den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil angeschlossen und noch darauf hingewiesen, dass die Zahlung des Arbeitgebers eben nicht zufällig in einem oder einem anderen Monat, sondern nach den arbeitsrechtlichen Regelungen jeweils am Monatsende erfolge. Dass die tatsächliche Verfügungsgewalt aufgrund der eigenen Regelung des Klägers erst im Februar erfolgt sei, spiele hierbei keine Rolle.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.03.2020 an seiner bisherigen Rechtsauffassung festgehalten und - sinngemäß - hilfsweise die Zulassung der Revision beantragt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 20.03.2020 und Schriftsatz des Beklagten vom 20.04.2020).
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der Aufhebung des Urteils des SG vom 25.09.2019 die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 (isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Das SG hat zu Recht der Anfechtungsklage den Erfolg versagt.
Der Bescheid vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2019 ist – insbesondere, da die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung erfolgt ist – formell und auch materiell rechtmäßig.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und seine Eingliederung in Arbeit nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alle Einnahmen in Geld zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 2 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sind § 48 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III und für die Erstattungsforderung § 50 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. dann aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 SGB X gegeben. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des letzten bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 25.11.2017 (Änderung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2018 bis 31.03.2018) vorlagen, trat ab 01.01.2018 eine wesentliche Änderung ein, da der zuvor ohne Einkommen gewesene Kläger ab diesem Zeitpunkt Erwerbseinkommen erzielte, das gemäß § 11 SGB II auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts anzurechnen war. Denn bei dem von ihm im Monat Januar 2018 laut Lohnabrechnung vom 24.01.2018 erzielten Nettoeinkommen in Höhe von 2.111,25 EUR handelte es sich um laufende, da auf demselben Rechtsgrund beruhende und regelmäßig erbrachte Einnahmen (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand 01.03.2020, § 11, Rn. 76). Diese flossen ihm am 30.01.2018 zu und waren damit für den Monat Januar 2018 bedarfsmindernd zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 2 SGB II). Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 11 Abs. 2 SGB II für die Ermittlung des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II laufende Einnahmen zwingend dem Zuflussmonat zugeordnet, wobei es nach einhellig in Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretener Meinung nicht darauf ankommt, an welchem Tag innerhalb des Kalendermonats der Zufluss erfolgt. Auch am Monatsende ausbezahltes Erwerbseinkommen ist als Einkommen für den ganzen Monat anzusehen (vgl.: Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 08.05.2019 - B 14 AS 20/18, Rn. 13, vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07, vom 30.07.2008 - B 14 AS 43/07, alle in juris; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11, Rn. 34/35; Striebinger in: Gagel, SGB II, Stand März 2020, § 11, Rn. 56-58; Neumann in: BeckOK Sozialrecht, Stand 01.12.2019, § 11 SGB II, Rn. 27). Dies wird auch in der vom Kläger zitierten Kommentierung in LPK-SGB II so gesehen, wo ausgeführt ist: "Laufende Einnahmen sind ungeachtet des Zeitpunkts, zu dem sie in einem Monat zufließen, dem monatlichen SGB-II-Bedarf gegenüberzustellen (BSG 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B)" (Geiger in: LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 11, Rn. 62).
Einem Einkommenszufluss am 30.01.2020 steht nicht entgegen, dass die vom Arbeitgeber angewiesene Lohnzahlung dem Bankkonto der Frau W gutgeschrieben wurde und diese dem Kläger den Betrag von 1.961,25 EUR erst am 02.02.2018 in bar übergeben hat. Grundsätzlich ist Einkommen erst ab dem Zeitpunkt bedarfsdeckend zu berücksichtigen, zu dem es als "bereites Mittel" zur Verfügung steht und tatsächlich verfügbar ist, also z.B. dem Konto gutgeschrieben ist (BSG, Urteile vom: 19.08.2015 - B 14 AS 43/14 R, Rn. 16; 29.04.2015 B 14 AS 10/14 R, Rn. 30; 25.01.2012 - B 14 AS 101/11, Rn. 21, alle in juris; Söhngen, a.a.O., § 11, Rn. 26). Die Anweisung von Einkommen auf das Bankkonto eines Dritten kann einen Zufluss beim Leistungsempfänger allerdings ausschließen, wenn der Dritte infolge gemäß § 398 BGB vereinbarter Abtretung als neuer Gläubiger vollständig an die Stelle des Leistungsempfängers getreten ist und die Auszahlung infolge der Abtretung direkt an den Dritten als Abtretungsempfänger erfolgt. In einem solchen Fall hätte der Leistungsempfänger keine Verfügungsgewalt über das Einkommen erlangt, so dass ein Zufluss bei ihm nicht erfolgt wäre (vgl. Schmidt, a.a.O., § 11, Rn. 26). So liegt der Fall hier indes nicht, denn dass der Kläger und Frau W eine Abtretung seiner Lohnansprüche gemäß § 398 BGB vereinbart hätten, kann nicht festgestellt werden. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Zeugenaussage der Frau W - deren Glaubwürdigkeit anzuzweifeln keine Veranlassung besteht - sowie der von beiden unterzeichneten Bestätigung vom 02.02.2018 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Auszahlung des Arbeitslohns an Frau W als empfangsberechtigte Dritte im Rahmen einer zwischen ihr und dem Kläger getroffenen Treuhand- und Verwahrungsvereinbarung erfolgte. Inhalt dieser Vereinbarung zwischen dem Kläger und Frau W war nämlich, dass diese - unter Umgehung des P-Kontos des Klägers - ihr Bankkonto als Empfängerkonto für die Lohnzahlung zur Verfügung stellte (§ 688 BGB) und sich dem Kläger gegenüber zur Herausgabe des eingegangenen Lohns per Barauszahlung verpflichtete (§ 695 BGB). Im Gegenzug war Frau W berechtigt, einen der Höhe nach vereinbarten Lohnanteil (150 EUR oder 200 EUR) zur Schuldentilgung einzubehalten. Diese Abrede war hier also gerade nicht mit einem Wechsel des Inhabers des Lohnzahlungsanspruchs verbunden (§ 389 BGB), denn es ist in keiner Weise erkennbar - und auch nicht geltend gemacht worden - dass Frau W im Verhältnis zum Arbeitgeber als Gläubigerin an die Stelle des Arbeitgebers treten sollte. Vielmehr sollte der Kläger Inhaber der Gehaltsforderung bleiben, deren Auszahlung aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf das Bankkonto Nr. yyyyyyyy anzuweisen war. Aufgrund dieser Abreden des Klägers mit dem Arbeitgeber einerseits und mit Frau W andererseits war Frau W im Verhältnis zu dessen Arbeitgeber eine nichtberechtigte Dritte, auf deren Bankkonto der Arbeitgeber aufgrund der vom Kläger getroffenen Bestimmung und mit dessen Einwilligung die geschuldete Leistung mit schuldbefreiender Wirkung bewirken konnte (§ 362 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 BGB). Frau W ihrerseits war aufgrund der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung als Verwahrerin verpflichtet, ihm das Geld (abzüglich eines Anteils zur Schuldentilgung) jederzeit in bar auszuhändigen. Darauf, dass der Kläger das Geld tatsächlich erst am 02.02.2018 bar in Händen hielt, kommt es entgegen seinem Vorbringen nicht an, denn die Rechtslage am 30.01.2018 entsprach exakt derjenigen, die bei Gutschrift des Arbeitslohnes auf dem eigenen Bankkonto des Klägers bestanden hätte: auch in letzterem Fall hätte der Kläger aufgrund des zwischen ihm und der kontoführenden Bank bestehenden Girovertrages (jedenfalls bei einem ausreichenden Haben-Saldo) ab dem Tag der Gutschrift jederzeit die Auszahlung des Lohnes verlangen können. Zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise bereite Mittel im o.g. Sinne nach erfolgtem Zufluss tatsächlich bedarfsdeckend eingesetzt werden, ist nach den Grundsätzen der o.g. höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, nicht relevant. Der in der Berufungsbegründung dargelegten Auffassung des Klägers, es müsse auf die "tatsächliche Zugriffsmöglichkeit" im Februar 2018 abgestellt werden, ist nicht zu folgen. Dem Kläger ist der Arbeitslohn im Monat Januar 2018 zugeflossen und eine Anrechnung hatte für diesen Kalendermonat zu erfolgen.
Der Kläger hat also im streitigen Zeitraum Einkommen erzielt, das aufgrund der Höhe zum Wegfall seines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II führte (§ 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II). Wegen des im Januar 2018 erzielten Einkommenszuflusses in Höhe von 1.961,25 EUR , der seinem Gesamtbedarf von 891,57 EUR gegenüber stand, hatte der Kläger mangels Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11b SGB II.
Da er somit Einkommen erzielte, das zum Wegfall seiner Hilfebedürftigkeit und seines Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II führte, sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt, wobei es nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift nicht darauf ankommt, ob der Betroffene von dem Wegfall des Anspruchs wusste oder hätte wissen müssen (Steinwedel in: Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Dezember 2019, § 48, Rn. 51). Damit kommt es auf das Argument des Klägers in der Berufungsbegründung, ihm könne keine "Vorwerfbarkeit" vorgehalten werden, nicht an.
Auch die vom Kläger wiederholt geltend gemachten besonderen Umstände - Überweisung auf Konto eines Dritten; tatsächlicher Erhalt des Geldes erst am 02.02.2018 - können zu keiner für ihn günstigeren Entscheidung führen, da es keine rechtliche Grundlage für die Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalles gibt. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gilt § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III entsprechend. Aus § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ergibt sich eine Modifikation der Regelungen über die rückwirkende Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, vor allem wenn diese zu Lasten des Leistungsempfängers nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2-4 SGB X erfolgt. Anders als in den allgemeinen Vorschriften vorgesehen, ist in diesen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern der begünstigende Verwaltungsakt muss zwingend mit Wirkung für die Vergangenheit vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden (Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand 01.03.2020, § 40, Rn. 77). Somit ist gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III weder Atypik zu prüfen noch Ermessen (Schaumberg in: jurisPK SGB III, Stand 15.01.2019, § 330, Rn. 112) auszuüben.
Das Gesetz sieht auch weder die Berücksichtigung einer besonderen Härte vor, noch kann die vom Kläger als "milderes Mittel" gewünschte Verteilung des Einkommens auf mehrere Monate vorgenommen werden, da eine Anrechnung im Folgemonat (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II) oder eine Verteilung auf mehrere Monate (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II) nur im Falle einmaliger Einnahmen möglich ist, laufende Einnahmen (zu denen Arbeitseinkommen gehört, s.o.) jedoch zwingend im Zuflussmonat anzurechnen sind.
Ebenso wie das SG teilt auch der Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers bezogen auf das Zuflussprinzip nicht. Soweit der Kläger argumentiert, durch die divergierende Anzahl von Tagen der verschiedenen Monate, durch das Anfallen von Wochenenden und Feiertagen und durch verschieden zuverlässige Arbeitgeberzahlungen würden Leistungsempfänger zum Spielball verschiedener für sie nicht kontrollierbarer Umstände, was den grundgesetzlich statuierten Gleichheitsgrundsatz verletze, ist dem nicht zu folgen. Zwar hätte der Kläger, wenn ihm sein im Januar 2018 erarbeiteter Lohn nicht innerhalb dieses Bezugsmonats, sondern später zugeflossen wäre, die ihm für Januar 2018 vom Beklagten erbrachten Leistungen nach dem SGB II nicht erstatten müssen. Dass das Entstehen der Erstattungspflicht (§ 50 SGB X) vom auch Zufällen unterliegenden Zuflusszeitpunkt abhängt, rechtfertigt jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken und stellt insbesondere keine Verletzung des sich aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz ergebenden allgemeinen Gleichheitssatzes dar. Insoweit wirkt sich das Zuflussprinzip nämlich so wie alle anderen gesetzlichen Stichtagsregelungen aus, die ihrer Natur entsprechend stets Härten bedingen, ohne die dadurch benachteiligten Personen in ihren Grundrechten zu verletzen, wenn sie nicht sachwidrig gewählt wurden (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2011 - 1 BvR 1811/08, juris; BSG, Urteil vom 27.06.2019 - B 10 EG 2/18 R, Rn. 40ff., juris). Die auf den Fall des Klägers hier anwendbare, mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, 453; RBEG/SGBXII-ÄndG) vom 24.03.2011 eingeführte und am 01.04.2011 in Kraft getretene Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II gilt im Zusammenspiel mit der durch § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II mit Wirkung vom 01.01.2011 angeordneten Rückwirkung des Antrags auf den Ersten des Monats auch für Einnahmen, die im Zuflussmonat vor dem Tag der Antragstellung im Antragsmonat zufließen (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 94 und S. 114; Schmidt, a.a.O., § 11, Rn. 7 und Rn. 35; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 12/19, § 11, Rn. 415; Söhngen, a.a.O., § 11, Rn. 64; BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 51/12 R, Rn. 17, juris). Die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist außerdem im Zusammenhang mit dem sonstigen Recht zu sehen, insbesondere mit der eine monatliche Betrachtungsweise voraussetzenden Darlehensregelung des § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Das Abstellen auf den Kalendermonat in § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist somit nicht sachwidrig gewählt und verletzt durch die Regelung im Einzelfall benachteiligte Personen daher nicht in ihren Grundrechten.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG die beantragte Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Urteil des Senats von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab.
Rechtskraft
Aus
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