Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 36 AS 1939/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 833/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 01.03.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung von März 2015 bis Februar 2016.
Die 1969 geborene Klägerin bezieht seit Juni 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnt eine Wohnung auf der N-Straße 00 in S mit einer Wohnfläche von 69,13 qm. Die Höhe der Kaltmiete betrug im streitigen Zeitraum 338,74 Euro. Hinzu kamen Nebenkostenvorauszahlungen bis zum 31.12.2014 in Höhe von 57,49 Euro und ab dem 01.01.2015 in Höhe von 66,26 Euro sowie Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von zunächst 29,00 Euro, ab Januar 2015 in Höhe von 67,00 Euro und ab November 2015 in Höhe von 47,00 Euro. Mit Schreiben vom 01.08.2014 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Kosten für die Unterkunft und Heizung zu senken. Die angemessene Grundmiete für eine Person liege bei 240,00 Euro. Da die Abrechnung der Betriebskosten zudem überwiegend nach Wohnfläche und nicht nach Personenanzahl erfolge, sei die für die Fläche von über 50 qm geforderte Betriebskostenvorauszahlung als unangemessen anzusehen. Dies gelte auch für die Heizkosten. Die aktuelle Miete könne nur noch für die Dauer von sechs Monaten, d.h. bis einschließlich November 2014 berücksichtigt werden. Nach Ablauf der Frist könnten nur noch die angemessenen Kosten für die Grundmiete in Höhe von 240,00 Euro und die angemessenen Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigt werden. Mit Bescheid vom 07.11.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin von Dezember 2014 bis Februar 2015 Leistungen. Dabei berücksichtigte sie die bisher anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung. Eine Absenkung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf die aus Sicht der Beklagten angemessenen Kosten erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 16.12.2014 wies die Beklagte auf neue Angemessenheitskriterien hin. Für einen Ein-Personen-Haushalt in R sei eine Wohnung mit 50 qm und einer Bruttokaltmiete (Kaltmiete inkl. Nebenkosten - ohne Heizkosten) in Höhe von 340,00 Euro als angemessen anzusehen. Die Heizkosten würden zusätzlich übernommen. Es bleibe bei der Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten. Nachdem die Klägerin im Januar 2015 eine Abrechnung über die Heizkosten für die Zeit vom 24.03.2014 bis 02.09.2014 eingereicht hatte, wonach sich der Abschlag für die Gaslieferung ab Januar 2015 auf monatlich 67,00 Euro erhöhte, erließ die Beklagte am 08.01.2015 einen Änderungsbescheid, mit welchem sie die Erhöhung des Abschlages für die Heizkosten berücksichtigte.
Am 20.01.2015 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 01.03.2015. Die Kosten für die Unterkunft und Heizung beliefen sich nunmehr auf 338,74 Euro Grundmiete, 66,26 Euro Nebenkostenvorauszahlungen und 67,00 Euro Heizkosten (insgesamt 472,00 Euro).
Mit Bescheid vom 23.01.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2015 bis zum 31.08.2015 Leistungen. Als Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie für die Grundmiete und Nebenkosten sowie die sonstigen Wohnkosten in Höhe von insgesamt nur 340,00 Euro (statt 405,00 Euro) sowie die Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 67,00 Euro. Bei der Berechnung der Grundmiete legte die Beklagte das von der Firma F für den Kreis S im Oktober 2013 erstellte "Schlüssige Konzept zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe der Unterkunft" (im Folgenden: Konzept 2013) sowie die darauf basierende "Richtlinie L" (Leistungsrecht 006/2014 vom 17.12.2014) zugrunde. Für die Kaltmiete stützte sich die Beklagte auf das Konzept 2013, bezüglich der Betriebskosten auf den Betriebskostenspiegel 2013/2014 des Deutschen Mieterbundes e.V., der am 01.10.2014 veröffentlicht wurde. Dabei berücksichtigte die Beklagte als Kaltmiete einen Betrag in Höhe von 240,00 Euro und als Betriebskosten einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro (laut Betriebskostenspiegel 2013/2014 2,00 Euro/ qm x 50 qm).
Den hiergegen am 30.01.2015 eingelegten Widerspruch wies der Kreis S als Widerspruchsbehörde mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2015 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 13.05.2015 änderte die Beklagte den Bescheid vom 23.01.2015 dahingehend ab, dass ab Juni 2015 bis August 2015 der Abschlag für Strom sowie Heizkosten direkt an den Versorger gezahlt wurden. Mit Bescheid vom 29.07.2015 änderte die Beklagte den Bescheid 13.05.2015 erneut ab. Ab dem 01.08.2015 seien durch den Kreis S neue Richtlinien erlassen worden. Ab diesem Zeitpunkt sei für S eine Bruttokaltmiete von 360,00 Euro (Grundmiete + Nebenkosten) als angemessen anzusehen. Ab dem 01.08.2015 erhalte die Klägerin daher 20,00 Euro mehr für die Kosten für Unterkunft und Heizung. Bei der Neuberechnung legte die Beklagte dabei die von der Firma F für den Kreis S im Juni 2015 erstellte "Aktualisierung zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe der Unterkunft" (im Folgenden: Aktualisierung 2015) sowie die darauf basierende neue "Richtlinie L" (Leistungsrecht 005/2015 vom 15.07.2015) zugrunde. Für die Kaltmiete stützte sich die Beklagte auf das Konzept 2013 und die Aktualisierung 2015, bezüglich der Betriebskosten auf den Betriebskostenspiegel 2013/2014. Dabei berücksichtigte sie als Kaltmiete einen Betrag in Höhe von 260,00 Euro und als Betriebskosten erneut einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2015 für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 29.02.2016 Leistungen. Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie weiterhin monatlich 360,00 Euro für die Grundmiete und Nebenkosten sowie Heizkosten in Höhe von 67,00 Euro. Für die Zeit ab 01.10.2015 bewilligte die Beklagte weiterhin Betriebskosten in Höhe von 2,00 Euro/qm, obwohl sich aufgrund des Betriebskostenspiegels 2014/2015, der am 01.10.2015 veröffentlicht wurde, lediglich ein durchschnittlicher Betrag für Betriebskosten von 1,93 Euro/qm x 50 qm ergibt.
Den gegen den Bewilligungsbescheid vom 29.07.2015 eingelegten Widerspruch wies der Kreis S mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 als unbegründet zurück.
Mit Änderungsbescheid vom 29.09.2015 bewilligte die Beklagte unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 29.07.2015 weitere 71,20 Euro für Wartungskosten für die Heiztherme.
Nach der Abrechnung des Strom- und Gasversorgers vom 26.09.2015 betrugen die Kosten für die Versorgung mit Gas für die Zeit vom 19.08.2014 bis 19.08.2015 insgesamt 511,06 Euro. Als neuen Abschlag setzte der Versorger einen monatlichen Betrag für Gas in Höhe von 47,00 Euro fest.
Mit weiterem Bescheid vom 09.10.2015 änderte die Beklagte die für Oktober 2015 erfolgte Bewilligung ab. In der Zeit vom September 2014 bis August 2015 seien insgesamt 766,00 Euro an Heizkosten gezahlt worden. Da die tatsächlichen Kosten lediglich 511,06 Euro betragen hätten, stehe das Guthaben aus der Abrechnung der Beklagten zu. Daher seien die Kosten für Unterkunft und Heizung für Oktober 2015 um 254,94 Euro zu mindern. Ab November 2015 berücksichtigte die Beklagte den neuen Heizkostenabschlag in Höhe von 47,00 Euro.
Mit Schreiben vom 18.12.2015 beantragte die Klägerin die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 29.07.2015 und der ergangenen Änderungsbescheide, soweit die Beklagte nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen hatte, und begehrte höhere Leistungen unter Zugrundelegung dieser Kosten.
Mit Bescheid vom 23.12.2015 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2016 über einen bevollmächtigten Rechtsanwalt Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 26.04.2016 teilte der Rechtsanwalt dem Beklagten mit, dass das Mandatsverhältnis beendet sei und die Beklagte sich direkt an die Klägerin wenden möge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2016, welcher an den bevollmächtigten Rechtsanwalt adressiert war, wies der Kreis S den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 25.07.2016 erhobenen Klage gegen die Stadt S hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Den Widerspruchsbescheid habe sie erst am 28.06.2016 erhalten. Ihr stünden ab März 2015 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu. Sie habe keinen aktuell gültigen Personalausweis, da ihr für dessen Beantragung die Mittel fehlten. Ohne einen Personalausweis könne sie keine neue Wohnung anmieten. In ihrer jetzigen Wohnung sei die Küche Bestandteil des Mietvertrages. Sie müsse daher eine neue Küche kaufen, wenn sie keine Wohnung mit Küche finde. Zudem dulde der Vermieter in ihrer jetzigen Wohnung es, wenn sie die Wäsche in der Wohnung trockne. Der Umzug sei daher nicht wirtschaftlich.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 und des Überprüfungsbescheides vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2016 und der Bewilligungsbescheide vom 29.07.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zu verurteilen, ihr für die Zeit von März 2015 bis Februar 2016 höhere Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
In Bezug auf den Zeitraum März 2015 bis August 2015 sei die Klage unzulässig. Mit dem angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 23.12.2015 seien lediglich der Bewilligungsbescheid vom 29.07.2015 sowie die hierzu ergangenen Änderungsbescheide in Bezug auf die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung überprüft worden. Damit sei nur der Zeitraum ab dem 01.09.2015 überhaupt zu prüfen. In Bezug auf die Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 01.09.2015 sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte habe nachgewiesen, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum ausreichend angemessener Wohnraum zu den von der Beklagten als angemessen angesehenen Kosten zur Verfügung gestanden habe. Nach dem von der Beklagten herangezogenen schlüssigen Konzept seien in S für einen Ein-Personen-Haushalt ab August 2015 monatlich 360,00 Euro für die Grundmiete und Nebenkosten als angemessen anzusehen. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin seien unangemessen und daher nicht zu übernehmen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.02.2017 einen Ausdruck über den verfügbaren Wohnraum aus www.immobilienscout24.de vorgelegt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Danach waren von September 2015 bis Februar 2016 eine Vielzahl von Wohnungen zu einem Preis von bis zu 360,00 Euro (Grundmiete zzgl. Nebenkosten) verfügbar.
Mit Urteil vom 01.03.2017 hat das Sozialgericht bei Nennung des Kreises S als Klagegegner die Klage abgewiesen. Die Klage sei, soweit der Bewilligungszeitraum März 2015 bis August 2015 betroffen sei, unzulässig. Der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.05.2015 und 26.07.2015 sei bestandskräftig. Der angefochtene Überprüfungsbescheid betreffe nur den Bewilligungszeitraum von September 2015 bis Februar 2016. Die Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2016 sei zulässig. Sie sei insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Zwar habe die Klägerin die Klage erst am 25.07.2016 erhoben. Die Beklagte habe allerdings den Widerspruchsbescheid vom 09.05.2016 noch an die Bevollmächtigten der Klägerin gesendet, obwohl diese der Beklagten bereits am 26.04.2016 mitgeteilt hätten, dass Mandatsverhältnis beendet zu haben. Die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides an die nicht mehr bevollmächtigten Rechtsanwälte sei nicht zulässig gewesen und habe somit auch nicht die Drei-Tages-Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) in Gang setzen können. Da die Klägerin erklärt habe, den Widerspruchsbescheid erst am 28.06.2016 erhalten zu haben, und der Beklagte einen früheren Zugang nicht nachgewiesen habe (§ 37 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz SGB X), habe die Klägerin die Klage am 25.07.2016 innerhalb der Monatsfrist erhoben.
Die Klägerin habe ihren Antrag vom 18.12.2015 auf Überprüfung des Bescheides vom 29.07.2015 und der hierzu ergangenen Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zulässig auf die Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Die Klage sei unbegründet. Die Bewilligungsbescheide seien nicht rechtswidrig i.S.d. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Klägerin habe von September 2015 bis Februar 2016 keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Nach der Rechtsprechung des BSG sei zunächst die Angemessenheitsgrenze abstrakt zu bestimmen. Für die Angemessenheit einer Unterkunft sei zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Nach der Feststellung der Wohnraumgröße sei als weiterer Faktor der Wohnstandard zu berücksichtigen. Angemessen seien Aufwendungen für eine Wohnung nur, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügten und keinen gehobenen Wohnstandard aufwiesen. Die Wohnung müsse preislich im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bilde, denn im Ergebnis komme es allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers an. Dieser Wohnstandard schlage sich entsprechend in der Wohnungsmiete nieder. Sie solle die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige solle durch die Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen. Die festgestellte Referenzmiete müsse es ihm also ermöglichen, im konkreten Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten. Diese Mietobergrenze sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Ein solches schlüssiges Konzept liege nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn der Ersteller planmäßig im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall vorgegangen sei. Im Rahmen der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei ferner zu beachten, dass neben der Grundmiete (ohne Betriebskosten) auch die angemessenen Betriebskosten - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen seien. In einem letzten Schritt sei diese abstrakt ermittelte Angemessenheitsgrenze auf die konkrete Angemessenheit zu überprüfen. Erschienen die für eine Unterkunft aufzubringenden Aufwendungen - abstrakt - unangemessen hoch, müsse sich die Angemessenheitsprüfung auch darauf erstrecken, ob dem Leistungsberechtigten im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich sei. Dieser Auffassung des BSG folge die Kammer nicht. Zur Überzeugung der Kammer sei zu prüfen, ob die von dem Leistungsträger ermittelte Angemessenheitsgrenze - hier für S 360,00 Euro für die Grundmiete und Betriebskosten - es dem Leistungsberechtigten ermögliche, in dem streitgegenständlichen Bedarfszeitrum eine andere, bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung anzumieten. Dieser konkret für eine Anmietung zur Verfügung stehenden Wohnungen müssten dabei nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Zudem dürfe es nicht zu einer Ghettoisierung durch die als angemessen angesehenen Kosten für die Unterkunft kommen. Die Beklagte habe durch die dem Gericht überreichten Ausdrucke aus der Datenbank aus www.immobilienscout24.de für den streitgegenständlichen Zeitraum nachgewiesen, dass es in dem Stadtgebiet S ausreichend Möglichkeiten für die Klägerin gegeben habe, Wohnraum anzumieten. Dabei sei die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sogar Wohnraum mit einer voll ausgestatteten Küche hätte angemietet werden können. Aus den einzelnen Postleitzahlen und Adressen sei auch zu ersehen, dass es sich nicht nur um einen klein abgegrenzten Bereich innerhalb von S handele, in welchem Wohnraum zu den von der Beklagten als angemessen angesehenen Kosten für die Unterkunft angemietet werden könne, sondern das gesamte Stadtgebiet erfasst sei. Die Wohnungen entsprächen auch in Bezug auf die Ausstattung und Bausubstanz dem unteren - wenn nicht sogar zum Teil dem mittleren - Standard. Die dort angebotenen Wohnungen würden der Klägerin ein menschenwürdiges Wohnen ermöglichen. Ob bei der Ermittlung der als angemessen angesehenen Kosten für Unterkunft und Heizung daher systematische Ermittlungen und Bewertungen genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle vorausgegangen seien und ob anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze berücksichtigt worden seien, sei in dem Fall, in welchem der Leistungsträger nachweise, dass die konkrete Angemessenheit gegeben sei, unerheblich. Denn in diesem Fall werde es dem betroffenen Leistungsempfänger ermöglicht, seinen Bedarf für die Unterkunft - ggf. nach einem Umzug - unter voller Übernahme der hierfür anfallenden Kosten zu decken und ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspreche. Das der Ermittlung zugrunde liegende Konzept sei in einem solchen Fall als schlüssig anzusehen, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung bedürfte. Umgekehrt wäre das Konzept nicht schlüssig, wenn die konkrete Angemessenheit zu verneinen wäre. An der fehlenden Schlüssigkeit änderte sich bei der fehlenden konkreten Angemessenheit auch dann nichts, wenn die vom BSG geforderten Voraussetzungen bei der Ermittlung des abstrakten Konzeptes erfüllt wären. Soweit die Klägerin vortrage, sie könne keine neue Wohnung anmieten, da sie nicht über einen aktuell gültigen Personalausweis verfüge, so führe dies nicht zu einer anderen Betrachtung. Auch für die Anschaffung einer eigenen Küche habe die Klägerin die Möglichkeit, ein Darlehen zu erhalten bzw. ggf. sogar einen Zuschuss, sollte es sich bei ihr um einen Fall der Erstausstattung handeln.
Gegen das ihr am 01.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.05.2017 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt und im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Wohnung ihrer Ansicht nach sehr niedrige Heizkosten habe und eine Gesamtangemessenheitsgrenze gezogen werden müsse.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts vom 01.03.2017 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 und des Überprüfungsbescheides vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2016 und der Bewilligungsbescheide vom 29.07.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zu verurteilen, ihr für die Zeit von März 2015 bis Februar 2016 höhere Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Auf die am 06.05.2020 zugestellte Ladung zum Verhandlungstermin am 28.05.2020 hat die Klägerin am 27.05.2020 schriftsätzlich sinngemäß beantragt, den Verhandlungstermin zu verlegen. Sie könne sich "aufgrund der Seuchenlage Corona nicht in den Zug setzen mit Atemmaske bei Asthma und Schlaganfall, sowie mittellos ohne Essen/Trinken". Ein ärztliches Attest hat die Klägerin - trotz ausdrücklichen Hinweises der Erforderlichkeit in der Ladung - nicht vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2020 hat der Senat mit Beschluss nach geheimer Beratung den Vertagungsantrag abgelehnt.
Auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass entgegen dem Rubrum des Sozialgerichts Klagegegner die Stadt S sei, haben die Vertreter des Beklagten sich mit der Rubrumsberichtigung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten und der beigezogenen Vorprozessakten sowie die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Herleitung der angemessenen Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe für Unterkunft im Kreis S verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache im Termin trotz der Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Klägerin ist auf diese Möglichkeit mit der Ladung zum Termin ausdrücklich hingewiesen worden.
Der Senat war aufgrund des Verlegungsantrags der Klägerin vom 27.05.2020 nicht an der Durchführung der mündlichen Verhandlung gehindert. Ein erheblicher Grund für die beantragte Terminsverlegung i.S.d. § 202 SGG, § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) lag nicht vor. Bei der Prüfung eines erheblichen Grundes sind das Interesse der Allgemeinheit und der Prozessbeteiligten an einer zeitnahen Entscheidung und das Interesse des Beteiligten auf Wahrung rechtlichen Gehörs gegeneinander abzuwägen. Zwar begründet ein ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminverlegungs- oder Terminvertagungsgrund grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung (BSG Beschluss vom 13.11.2008, B 13 R 277/08 B m.w.N.). Die Klägerin hat mit ihrem Verlegungsantrag jedoch keinen solchen Grund substantiiert geltend oder glaubhaft gemacht. Die pauschale Behauptung, sie könne sich "aufgrund der Seuchenlage Corona nicht in den Zug setzen mit Atemmaske bei Asthma und Schlaganfall", hat sie trotz Hinweises in der Ladung nicht glaubhaft gemacht. Eine allgemeine, nicht durch besondere, glaubhaft gemachte gesundheitliche Umstände im Einzelnen näher begründete Besorgnis, sich bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu infizieren, stellt keinen erheblichen Grund i.S.d. § 227 ZPO dar.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist eine Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung von März 2015 bis Februar 2016 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2016 sowie entsprechender Rücknahme der Bewilligungsbescheide für diesen Zeitraum. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zurecht mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG Urteil vom 18.11.2014, B 4 AS 4/14 R) und hat den Rechtsstreit zulässigerweise (vgl. BSG Urteil vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R) auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt.
Die Klägerin hat ihr Begehren zu Recht gegen die Beklagte (Stadt S) gerichtet. Der im Rubrum des Sozialgerichts als Klagegegner bezeichnete Kreis S ist eine Optionskommune i.S.d. § 6a SGB II und zwar als solcher grundsätzlich zuständiger Leistungsträger (§ 6b Abs. 1 SGB II). Gem. § 2 Abs.1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Kreis S (Heranziehungssatzung) vom 21.12.2016 zieht der Kreis jedoch die kreisangehörigen Städte, zu denen auch die Beklagte zählt, zur Erfüllung der Aufgaben heran. Die kreisangehörigen Städte arbeiten gem. § 2 Abs. 1 Satz 5 der Heranziehungssatzung bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im eigenen Namen, sind also im gerichtlichen Verfahren selbst passivlegitimiert. Der Kreis erlässt lediglich den Widerspruchsbescheid und übernimmt die gerichtliche Vertretung (§ 6 Abs. 4 der Heranziehungssatzung). Das fehlerhafte Rubrum des Sozialgerichts war dementsprechend zu korrigieren (zur Zulässigkeit der Rubrumsberichtigung bei Korrektur im Verhältnis von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde BSG Urteil vom 10.03.2011, B 3 P 3/10 R m.w.N.).
Für den Zeitraum März 2015 bis August 2015 hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass die Klage unzulässig ist, weil es insoweit an einem vorangegangenen abgeschlossenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehlt. Der Bescheid vom 23.01.2015 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 ist bestandskräftig. Die Überprüfung dieser Bescheide wurde nicht beantragt und die Beklagte hat darüber nicht mit dem hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 10.05.2016 entschieden.
Die Klägerin hat auch für die Zeit vom September 2015 bis Februar 2016 nur im von der Beklagten anerkannten Umfang Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Zu Recht hat die Beklagte einen Rücknahmeanspruch gem. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 44 Abs. 1 SGB X verneint. Sie hat die Unterkunftskosten in zutreffender Höhe bewilligt.
Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie war erwerbsfähige Leistungsberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), war erwerbsfähig (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II), hilfebedürftig (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II), weshalb ihr ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zustand (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Leistungsausschlussgründe liegen unstreitig nicht vor. Die Leistungen umfassen den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Unterkunftskosten sind oberhalb der Beträge, die die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt hat, nicht angemessen.
Bei dem Tatbestandsmerkmal Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs ist gerichtlich voll überprüfbar (BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R m.w.N.). Die Bestimmung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (Bruttokaltmiete) zu ermitteln; dann ist die konkrete (subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Die Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete hat unter Anwendung der Produkttheorie (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung nach einem "schlüssigen Konzept" und (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (zusammenfassend m.w.N., BSG Urteile vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R, und vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R).
Für einen Ein-Personen-Haushalt in Nordrhein-Westfalen ist regelmäßig eine Wohnfläche von 50 qm angemessen (vgl. BSG Urteil vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R; Landessozialgericht NRW (LSG NRW) Urteil vom 06.09.2018, L 7 AS 744/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18; LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16).
Bei der Festlegung des Wohnstandards sind Wohnungen angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen (BSG Urteile vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R und vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden (Substandardwohnungen), gehören nicht zu dem Wohnungsbestand, der für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (BSG Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Zu Wohnungen des Substandards gehören Wohnungen ohne Sammelheizung und innenliegendes Bad (BSG Urteile vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R, und vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R).
Der für die Ermittlung des Quadratmeterpreises maßgebliche Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R m.w.N). Der Beklagte hat hier zutreffend unter Beachtung dieser Kriterien das gesamte Gebiet der Stadt S als Vergleichsraum festgelegt (so für die insoweit vergleichbare Stadt Duisburg BSG Urteil vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R; LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17).
Ein rechtmäßiges Konzept liegt - auch aus verfassungsrechtlichen Gründen (zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; zum "sachlichen Gleichklang" der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Rechtsprechung des BVerfG zu der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums vgl. Berlit in: LPK-SGB II 6. Aufl., § 22 Rn. 85) - nur vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R; vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 91 mwN). Inhaltlich soll das Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird ("schlüssiges Konzept"). Hierfür muss das Konzept nach der Rechtsprechung des BSG neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllen und nachvollziehbar sein. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R; grundlegend BSG Urteil vom 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R; BSG Urteile vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 12.12.2017, B 4 AS 33/16 R).
Das hier maßgebliche Konzept der Firma F stellt eine sachkundige, systematische Erfassung und Bewertung genereller Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum dar und erfüllt damit die Anforderungen an ein planmäßiges Vorgehen. Die Beklagte entscheidet aufgrund dieses Konzepts und nicht nur über die zustehenden Unterkunftskosten "von Fall zu Fall".
Das Konzept bietet Gewähr dafür, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wurde, und ist daher ein "schlüssiges Konzept".
Datengrundlage war die "F-Preisdatenbank", in der die öffentlich inserierten Wohnungen erfasst werden (zur Eignung dieser Datenbank als Grundlage für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts auch LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16). Auswertungszeitraum war Januar 2013 bis Dezember 2014. Zum für die Preisbildung relevanten unteren Marktsegment zählte F das untere Drittel aller verfügbaren Wohnungen (vgl. Aktualisierung 2015 S. 8, 11). Im Gutachten wird dargelegt, dass für Alleinstehende (um 50 qm große Wohnungen) 998 Wohnungsangebote ausgewertet wurden. Auf das "untere Drittel" (33 %) entfallen damit ca. 329 Wohnungen.
Der Anteil von 33 % ist als Segment zur Abbildung des unteren Wohnungsmarktbereichs ausreichend. Dieser Wert steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen. Er ist plausibel, denn der Wert berücksichtigt sowohl den Anteil der Wohnungssuchenden, die entweder selbst Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe oder Wohngeld beziehen (ca. 10 % der Bevölkerung) als auch der Personen, die mit Beziehern dieser Leistungen um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren. Bei den konkurrierenden Nachfragern handelt es sich um Haushalte mit einem geringen Einkommen, das sie gleichwohl unabhängig von ergänzenden Sozialleistungen macht. Hinsichtlich der letztgenannten Gruppe - Niedrig-Verdiener ohne Transferleistungsbezug - kann angenommen werden, dass die Nachfragergruppe weitere 10 % der Haushalte ausmacht (ausführlich hierzu LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17 - Duisburg; LSG NRW Urteil vom 16.08.2018, L 19 AS 2334/17). Auf der Basis dieser Daten ist die Einschätzung von 33% des Wohnungsmarkts, der Bedarfsgemeinschaften i.S.d. SGB II zur Verfügung stehen soll, in jedem Fall als ausreichend anzusehen.
Damit standen im Beobachtungszeitraum 329 Wohnungen für alleinstehende Leistungsempfänger zur Anmietung zur Verfügung, wenn allein von der "F-Preisdatenbank" ausgegangen wird. Hinzuzurechnen ist eine unbestimmte Anzahl nicht inserierter, aber ebenfalls verfügbarer Wohnungen (z.B. Angebote großer Wohnungsbauunternehmen; Wohnungen, die ohne Inserat weitergegeben werden). Damit ist nachgewiesen, dass zu dem vom Beklagten zugrunde gelegten Wert im ausreichenden Umfang angemessene Wohnungen zur Verfügung standen; eine Beschränkung des Datenbestandes auf bestimmte Stadtteile ist nicht erfolgt.
Bestätigt wird dies durch den von der Beklagten übersandten Ausdruck verfügbaren Wohnraums, aus dem ersichtlich ist, dass die Klägerin in der Zeit vom September 2015 bis Februar 2016 auf 85 Wohnungen (davon 16 mit Einbauküche bzw. der Möglichkeit die Küche zu übernehmen) zu einer Bruttokaltmiete von 360,00 EUR hätte zurückgreifen können. Anhaltspunkte dafür, dass den angebotenen angemessenen Wohnungen eine so große Zahl von Nachfragern gegenüber stand, dass Zweifel bestehen, ob Leistungsempfänger nach dem SGB II bei entsprechenden Bemühungen eine solche Wohnung hätten anmieten können, liegen nicht vor. Auch aus der Tabelle der ausgewerteten Wohnungsangebote der Firma F (Bl. 61 Aktualisierung 2015) ergeben sich für S für die Jahre 2013 und 2014 eine Fallzahl von 49 Wohnungen zwischen 35 und 50 qm zu einer Nettokaltmiete von über 100,00 bis 200,00 Euro und eine Fallzahl von 296 Wohnungen zwischen 35 qm bis 50 qm zu einer Nettokaltmiete von über 200,00 bis 300,00 Euro.
Der Senat sieht bei einem - hier wie dargelegt gegebenen - Nachweis ausreichender Wohnraumversorgung zu dem vom Leistungsträger planmäßig ermittelten Quadratmeterpreis keine Veranlassung, für die Bejahung der Schlüssigkeit des Konzepts weitere Anforderungen an die Festlegung des Quadratmeterpreises zu stellen (so auch LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18 - Gelsenkirchen). Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswerts und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt es nach der Rechtsprechung des BSG nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R). Diese nachvollziehende Kontrolle kann nach Auffassung des Senats dadurch erfolgen, dass festgestellt wird, ob es den Leistungsempfängern - wie der Beklagte hier dargelegt hat - im Ergebnis möglich ist, zu dem ermittelten Quadratmeterpreis Wohnraum anzumieten, weil ein ausreichender Wohnungsmarkt, der sich in der aktuellen Angebotssituation widerspiegelt, vorhanden ist. Das hier gegebene Außerachtlassen von Bestandsmieten in der Aktualisierung 2015 ist von der den Grundsicherungsträgern eingeräumten Methodenfreiheit gedeckt und trägt am ehesten dem Umstand Rechnung, dass auch die Leistungsbezieher im Rahmen einer Wohnungssuche auf die aktuellen Angebotspreise verwiesen sind (ebenso LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 16.12.2015, L 15 AS 159/14; LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Der auf die im streitigen Zeitraum bestehende Angebotssituation abstellende Ansatz folgt nicht nur aus der nach der Rechtsprechung des BSG ausdrücklich (aufgrund der Methodenvielfalt bei der Erstellung des Konzepts) anzuerkennenden Eigenverantwortung der Exekutive und der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf eine nachvollziehende Kontrolle, sondern auch aus der verfassungsrechtlich bestimmten Aufgabe des (sozial)gerichtlichen Rechtsschutzes. Die Sozialgerichte haben im Rahmen der hier maßgeblichen Anfechtungs- und Leistungsklage eines Leistungsberechtigten i.S.d. § 54 Abs. 4 SGG nicht die Verpflichtung oder die Kompetenz zu prüfen, ob der Leistungsträger alle objektiv-rechtlichen Anforderungen an sein Verwaltungshandeln erfüllt hat, sondern allein zu klären, ob eine Verletzung subjektiver Rechte des Rechtsuchenden (hier des Klägers) gegeben ist. Weitergehende Anforderungen, die evtl. insbesondere mit den Merkmalen "Repräsentativität", "Validität" und "Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze" an die Festlegung des angemessenen Quadratmeterpreises gestellt werden sollen, haben indes nicht nur die Funktion, eine Beschwer der Leistungsempfänger zu vermeiden, indem sichergestellt wird, dass zu diesem Preis ausreichend Wohnraum angemietet werden kann, sondern auch umgekehrt zu verhindern, dass die Jobcenter zu hohe Quadratmeterpreise festlegen und so den Mietmarkt zu Ungunsten der Geringverdiener beeinflussen. Insoweit wohnt dem Schlüssigkeitsbegriff das Element der Begrenzung inne (BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R). Entsprechend hat der Gesetzgeber im Rahmen der Satzungsermächtigung nach § 22a SGB II ausdrücklich angeordnet, dass bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Vermeidung von Mietpreis erhöhenden Wirkungen berücksichtigt werden sollen (§ 22a Abs. 3 Satz 2 SGB II). Aus diesem Grund verpflichtet § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II, dass bei der Erstellung der Satzung in die Datenauswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen (zur begrenzenden Wirkung der Berücksichtigung von Bestandsmieten näher Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22c Rn. 4). Ob die Begrenzungsfunktion beachtet wurde, ist indes nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Die Klärung der Frage, ob ein "zu hoher" Wert festgesetzt wurde, gehört nicht zu dem Rechtsschutzbegehren und ist deshalb nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Ein Konzept, dass evident methodisch fehlerhaft zu hohe Werte als Angemessenheitswerte festlegt, wäre zwar mathematisch-statistisch unschlüssig und verstieße als Satzung gegen § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II, führte indes nicht zu einem Erfolg des Klagebegehrens, weshalb eine entsprechende Feststellung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht getroffen werden dürfte und müsste (vgl. hierzu LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Auch der von der Beklagten zugrunde gelegte Betriebskostenwert beschwert die Klägerin nicht. Bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum geht es darum, "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (BSG Urteile vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, und vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R).
Die Beklagte hat die Auswertung der Firma F zu den kalten Betriebskosten aus dem Konzept 2013 nicht zugrunde gelegt, sondern auf die - insoweit für die Klägerin günstigeren - Daten des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes NRW zurückgegriffen. Dies ist zulässig (BSG Urteil vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R). Das Vorgehen der Beklagten ist vorliegend auch deswegen nicht zulasten der Klägerin rechtswidrig, weil sich aus der Auswertung der Firma F durchgehend niedrigere Betriebskosten ergaben. Die Beklagte hat zugunsten der Klägerin einen höheren Betrag für die Betriebskosten gewährt und dabei den jeweiligen Betriebskostenspiegel zugrunde gelegt.
Ein Anspruch auf höhere Unterkunftskosten steht der Klägerin auch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zu. Hiernach sind Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, die den angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dieser befristete Bestandschutz ist in der Regel längstens für sechs Monate zu gewähren. Die Beklagte hat die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nach Erstantragstellung von Juni 2014 bis Februar 2015 gewährt. Die Klägerin hatte aufgrund der Kostensenkungsaufforderung vom 01.08.2014 und der Mitteilung der Beklagten vom 16.12.2014 über die angemessenen Wohnkosten konkret die Möglichkeit, die Aufwendungen zu senken. Soweit das BSG im Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 43/06 R, ausgeführt hat: "Falls erforderlich wird die Bereitschaft potentieller Vermieter zur Überlassung von Wohnraum an Hilfesuchende zu prüfen sein", folgt hieraus keine Notwendigkeit, entsprechende Feststellungen zu treffen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Vermieter im maßgeblichen Vergleichsraum generell nicht bereit sein sollen, an Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Wohnraum zu vermieten, zumal diese Bereitschaft - wäre ihr Fehlen feststellbar - dann auch nicht durch einen Mietpreis in Anlehnung an die Wohngeldtabelle herzustellen sein dürfte (so auch LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Die Senkung der Unterkunftskosten war auch zumutbar. Soweit die Klägerin einwendet, ein Umzug sei ihr nicht zuzumuten, da in der bisherigen Wohnung eine Küche vorhanden sei, ist festzustellen, dass auch Wohnraum mit einer voll ausgestatteten Küche hätte angemietet werden können. Zudem wäre es der Klägerin auch möglich gewesen, im Rahmen eines Umzugs die Kosten für die Anschaffung einer Küche als Erstausstattung oder im Rahmen eines Darlehens beim Beklagten zu beantragen. Auch der Einwand, sie dürfe ihre Wäsche in der bisherigen Wohnung trocknen, dies sei bei anderen Vermietern nicht möglich, führt nicht zur Unzumutbarkeit des Wohnungswechsels. Im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Wohnung steht Trockenraum für Wäsche zur Verfügung. Soweit die Klägerin vorträgt, sie bedürfe zur Anmietung einer neuen Wohnung eines Personalausweises, hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit hat, jederzeit einen Personalausweis zu beantragen und ggf. für die anfallenden Gebühren ein Darlehen beim Beklagten zu beantragen.
Entgegen ihrem Vorbringen ist der Klägerin ein Umzug schließlich nicht etwa deshalb unzumutbar gewesen, weil in einer neuen Wohnung unter Berücksichtigung eines maximal angemessenen Heizkostenwertes Heizkosten angefallen wären, bei deren Übernahme die Gesamtkosten trotz abgesenkter Bruttokaltmiete nicht gesenkt worden wären. Zwar ist ein Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte wirtschaftliche Verhalten. Ein Wohnungswechsel, der nicht zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung verbleiben will (BSG Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 60/12 R). Entsprechend bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass eine Absenkung der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unangemessenen Unterkunftskosten nicht gefordert werden muss (i.S. von "darf", hierzu Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 152), wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringende Leistungen unwirtschaftlich wäre (so auch LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17). Es gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass auf dem Wohnungsmarkt in S nur Wohnungen zu finden waren, für die so hohe Heizkosten aufzubringen waren, dass trotz der geforderten Senkung der Bruttokaltmiete eine Senkung der Gesamtkosten nicht erfolgt. Vielmehr belegen die von der Beklagten vorgelegten Wohnungsangebote aus dem streitigen Zeitraum, dass in einer Vielzahl anderer Wohnungen in S die Heizkosten sogar in den Nebenkosten enthalten waren. Zudem sind die monatlichen Heizkosten der Klägerin ausweislich der eingereichten Abrechnung des Gasversorgers vom 26.09.2015 (Zeitraum 19.08.2014 bis 19.08.2015) mit durchschnittlich monatlich ca. 43 Euro (plus ca. 70 Euro jährlich für die Wartung der Heizungsanlage) für einen Ein-Personen-Haushalt nicht auffällig niedrig.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 22 Abs. 10 SGB II berufen. Zwar ist nach dieser Vorschrift zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung erst am 01.08.2016 in Kraft getreten ist (Art. 1 Nr. 20 e des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 - BGBl. I 1824) und damit den streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfasst, folgt hieraus eine Unzumutbarkeit eines Umzugs bis zur Ausschöpfung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nicht, da der Beklagte eine solche nicht festgelegt hat. Aus § 22 Abs. 10 SGB II lässt sich ein Anspruch auf eine Budgetierung der Unterkunftskosten unter Berücksichtigung maximal möglicher Heizkosten nicht ableiten (LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17).
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ob die in der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten iS von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zutreffend angewandt worden sind oder nicht, bleibt zwar nach der Rechtsprechung des BSG auch dann eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall, wenn sie sich in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellt. Grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG kommt einer Entscheidung zum schlüssigen Konzept jedoch zu, soweit die angegriffene Entscheidung das gesamte Bundesgebiet betreffende Rechtsfragen berührt, die eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung der Rechtsprechung durch das Revisionsgericht angezeigt erscheinen lassen (BSG Beschluss vom 07.10.2015, B 14 AS 255/15 B). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Frage, ob ein Konzept, das bei der Festlegung der Nettokaltmiete maßgeblich auf der Auswertung von Wohnungsinseraten und der prozentualen Festlegung einer Nachfragegruppe beruht, schlüssig ist (fraglich im Hinblick auf BSG Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, wonach bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen ist, sondern auch auf vermietete Wohnungen), stellt eine das gesamte Bundesgebiet betreffende Rechtsfrage dar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung von März 2015 bis Februar 2016.
Die 1969 geborene Klägerin bezieht seit Juni 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnt eine Wohnung auf der N-Straße 00 in S mit einer Wohnfläche von 69,13 qm. Die Höhe der Kaltmiete betrug im streitigen Zeitraum 338,74 Euro. Hinzu kamen Nebenkostenvorauszahlungen bis zum 31.12.2014 in Höhe von 57,49 Euro und ab dem 01.01.2015 in Höhe von 66,26 Euro sowie Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von zunächst 29,00 Euro, ab Januar 2015 in Höhe von 67,00 Euro und ab November 2015 in Höhe von 47,00 Euro. Mit Schreiben vom 01.08.2014 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Kosten für die Unterkunft und Heizung zu senken. Die angemessene Grundmiete für eine Person liege bei 240,00 Euro. Da die Abrechnung der Betriebskosten zudem überwiegend nach Wohnfläche und nicht nach Personenanzahl erfolge, sei die für die Fläche von über 50 qm geforderte Betriebskostenvorauszahlung als unangemessen anzusehen. Dies gelte auch für die Heizkosten. Die aktuelle Miete könne nur noch für die Dauer von sechs Monaten, d.h. bis einschließlich November 2014 berücksichtigt werden. Nach Ablauf der Frist könnten nur noch die angemessenen Kosten für die Grundmiete in Höhe von 240,00 Euro und die angemessenen Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigt werden. Mit Bescheid vom 07.11.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin von Dezember 2014 bis Februar 2015 Leistungen. Dabei berücksichtigte sie die bisher anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung. Eine Absenkung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf die aus Sicht der Beklagten angemessenen Kosten erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 16.12.2014 wies die Beklagte auf neue Angemessenheitskriterien hin. Für einen Ein-Personen-Haushalt in R sei eine Wohnung mit 50 qm und einer Bruttokaltmiete (Kaltmiete inkl. Nebenkosten - ohne Heizkosten) in Höhe von 340,00 Euro als angemessen anzusehen. Die Heizkosten würden zusätzlich übernommen. Es bleibe bei der Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten. Nachdem die Klägerin im Januar 2015 eine Abrechnung über die Heizkosten für die Zeit vom 24.03.2014 bis 02.09.2014 eingereicht hatte, wonach sich der Abschlag für die Gaslieferung ab Januar 2015 auf monatlich 67,00 Euro erhöhte, erließ die Beklagte am 08.01.2015 einen Änderungsbescheid, mit welchem sie die Erhöhung des Abschlages für die Heizkosten berücksichtigte.
Am 20.01.2015 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 01.03.2015. Die Kosten für die Unterkunft und Heizung beliefen sich nunmehr auf 338,74 Euro Grundmiete, 66,26 Euro Nebenkostenvorauszahlungen und 67,00 Euro Heizkosten (insgesamt 472,00 Euro).
Mit Bescheid vom 23.01.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.03.2015 bis zum 31.08.2015 Leistungen. Als Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie für die Grundmiete und Nebenkosten sowie die sonstigen Wohnkosten in Höhe von insgesamt nur 340,00 Euro (statt 405,00 Euro) sowie die Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 67,00 Euro. Bei der Berechnung der Grundmiete legte die Beklagte das von der Firma F für den Kreis S im Oktober 2013 erstellte "Schlüssige Konzept zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe der Unterkunft" (im Folgenden: Konzept 2013) sowie die darauf basierende "Richtlinie L" (Leistungsrecht 006/2014 vom 17.12.2014) zugrunde. Für die Kaltmiete stützte sich die Beklagte auf das Konzept 2013, bezüglich der Betriebskosten auf den Betriebskostenspiegel 2013/2014 des Deutschen Mieterbundes e.V., der am 01.10.2014 veröffentlicht wurde. Dabei berücksichtigte die Beklagte als Kaltmiete einen Betrag in Höhe von 240,00 Euro und als Betriebskosten einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro (laut Betriebskostenspiegel 2013/2014 2,00 Euro/ qm x 50 qm).
Den hiergegen am 30.01.2015 eingelegten Widerspruch wies der Kreis S als Widerspruchsbehörde mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2015 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 13.05.2015 änderte die Beklagte den Bescheid vom 23.01.2015 dahingehend ab, dass ab Juni 2015 bis August 2015 der Abschlag für Strom sowie Heizkosten direkt an den Versorger gezahlt wurden. Mit Bescheid vom 29.07.2015 änderte die Beklagte den Bescheid 13.05.2015 erneut ab. Ab dem 01.08.2015 seien durch den Kreis S neue Richtlinien erlassen worden. Ab diesem Zeitpunkt sei für S eine Bruttokaltmiete von 360,00 Euro (Grundmiete + Nebenkosten) als angemessen anzusehen. Ab dem 01.08.2015 erhalte die Klägerin daher 20,00 Euro mehr für die Kosten für Unterkunft und Heizung. Bei der Neuberechnung legte die Beklagte dabei die von der Firma F für den Kreis S im Juni 2015 erstellte "Aktualisierung zur Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe der Unterkunft" (im Folgenden: Aktualisierung 2015) sowie die darauf basierende neue "Richtlinie L" (Leistungsrecht 005/2015 vom 15.07.2015) zugrunde. Für die Kaltmiete stützte sich die Beklagte auf das Konzept 2013 und die Aktualisierung 2015, bezüglich der Betriebskosten auf den Betriebskostenspiegel 2013/2014. Dabei berücksichtigte sie als Kaltmiete einen Betrag in Höhe von 260,00 Euro und als Betriebskosten erneut einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2015 für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 29.02.2016 Leistungen. Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie weiterhin monatlich 360,00 Euro für die Grundmiete und Nebenkosten sowie Heizkosten in Höhe von 67,00 Euro. Für die Zeit ab 01.10.2015 bewilligte die Beklagte weiterhin Betriebskosten in Höhe von 2,00 Euro/qm, obwohl sich aufgrund des Betriebskostenspiegels 2014/2015, der am 01.10.2015 veröffentlicht wurde, lediglich ein durchschnittlicher Betrag für Betriebskosten von 1,93 Euro/qm x 50 qm ergibt.
Den gegen den Bewilligungsbescheid vom 29.07.2015 eingelegten Widerspruch wies der Kreis S mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 als unbegründet zurück.
Mit Änderungsbescheid vom 29.09.2015 bewilligte die Beklagte unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 29.07.2015 weitere 71,20 Euro für Wartungskosten für die Heiztherme.
Nach der Abrechnung des Strom- und Gasversorgers vom 26.09.2015 betrugen die Kosten für die Versorgung mit Gas für die Zeit vom 19.08.2014 bis 19.08.2015 insgesamt 511,06 Euro. Als neuen Abschlag setzte der Versorger einen monatlichen Betrag für Gas in Höhe von 47,00 Euro fest.
Mit weiterem Bescheid vom 09.10.2015 änderte die Beklagte die für Oktober 2015 erfolgte Bewilligung ab. In der Zeit vom September 2014 bis August 2015 seien insgesamt 766,00 Euro an Heizkosten gezahlt worden. Da die tatsächlichen Kosten lediglich 511,06 Euro betragen hätten, stehe das Guthaben aus der Abrechnung der Beklagten zu. Daher seien die Kosten für Unterkunft und Heizung für Oktober 2015 um 254,94 Euro zu mindern. Ab November 2015 berücksichtigte die Beklagte den neuen Heizkostenabschlag in Höhe von 47,00 Euro.
Mit Schreiben vom 18.12.2015 beantragte die Klägerin die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 29.07.2015 und der ergangenen Änderungsbescheide, soweit die Beklagte nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen hatte, und begehrte höhere Leistungen unter Zugrundelegung dieser Kosten.
Mit Bescheid vom 23.12.2015 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.01.2016 über einen bevollmächtigten Rechtsanwalt Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 26.04.2016 teilte der Rechtsanwalt dem Beklagten mit, dass das Mandatsverhältnis beendet sei und die Beklagte sich direkt an die Klägerin wenden möge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2016, welcher an den bevollmächtigten Rechtsanwalt adressiert war, wies der Kreis S den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 25.07.2016 erhobenen Klage gegen die Stadt S hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Den Widerspruchsbescheid habe sie erst am 28.06.2016 erhalten. Ihr stünden ab März 2015 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu. Sie habe keinen aktuell gültigen Personalausweis, da ihr für dessen Beantragung die Mittel fehlten. Ohne einen Personalausweis könne sie keine neue Wohnung anmieten. In ihrer jetzigen Wohnung sei die Küche Bestandteil des Mietvertrages. Sie müsse daher eine neue Küche kaufen, wenn sie keine Wohnung mit Küche finde. Zudem dulde der Vermieter in ihrer jetzigen Wohnung es, wenn sie die Wäsche in der Wohnung trockne. Der Umzug sei daher nicht wirtschaftlich.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 und des Überprüfungsbescheides vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2016 und der Bewilligungsbescheide vom 29.07.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zu verurteilen, ihr für die Zeit von März 2015 bis Februar 2016 höhere Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
In Bezug auf den Zeitraum März 2015 bis August 2015 sei die Klage unzulässig. Mit dem angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 23.12.2015 seien lediglich der Bewilligungsbescheid vom 29.07.2015 sowie die hierzu ergangenen Änderungsbescheide in Bezug auf die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung überprüft worden. Damit sei nur der Zeitraum ab dem 01.09.2015 überhaupt zu prüfen. In Bezug auf die Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 01.09.2015 sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte habe nachgewiesen, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum ausreichend angemessener Wohnraum zu den von der Beklagten als angemessen angesehenen Kosten zur Verfügung gestanden habe. Nach dem von der Beklagten herangezogenen schlüssigen Konzept seien in S für einen Ein-Personen-Haushalt ab August 2015 monatlich 360,00 Euro für die Grundmiete und Nebenkosten als angemessen anzusehen. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin seien unangemessen und daher nicht zu übernehmen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.02.2017 einen Ausdruck über den verfügbaren Wohnraum aus www.immobilienscout24.de vorgelegt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Danach waren von September 2015 bis Februar 2016 eine Vielzahl von Wohnungen zu einem Preis von bis zu 360,00 Euro (Grundmiete zzgl. Nebenkosten) verfügbar.
Mit Urteil vom 01.03.2017 hat das Sozialgericht bei Nennung des Kreises S als Klagegegner die Klage abgewiesen. Die Klage sei, soweit der Bewilligungszeitraum März 2015 bis August 2015 betroffen sei, unzulässig. Der Bescheid vom 23.01.2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.05.2015 und 26.07.2015 sei bestandskräftig. Der angefochtene Überprüfungsbescheid betreffe nur den Bewilligungszeitraum von September 2015 bis Februar 2016. Die Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2016 sei zulässig. Sie sei insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Zwar habe die Klägerin die Klage erst am 25.07.2016 erhoben. Die Beklagte habe allerdings den Widerspruchsbescheid vom 09.05.2016 noch an die Bevollmächtigten der Klägerin gesendet, obwohl diese der Beklagten bereits am 26.04.2016 mitgeteilt hätten, dass Mandatsverhältnis beendet zu haben. Die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides an die nicht mehr bevollmächtigten Rechtsanwälte sei nicht zulässig gewesen und habe somit auch nicht die Drei-Tages-Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) in Gang setzen können. Da die Klägerin erklärt habe, den Widerspruchsbescheid erst am 28.06.2016 erhalten zu haben, und der Beklagte einen früheren Zugang nicht nachgewiesen habe (§ 37 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz SGB X), habe die Klägerin die Klage am 25.07.2016 innerhalb der Monatsfrist erhoben.
Die Klägerin habe ihren Antrag vom 18.12.2015 auf Überprüfung des Bescheides vom 29.07.2015 und der hierzu ergangenen Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zulässig auf die Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Die Klage sei unbegründet. Die Bewilligungsbescheide seien nicht rechtswidrig i.S.d. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Klägerin habe von September 2015 bis Februar 2016 keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Nach der Rechtsprechung des BSG sei zunächst die Angemessenheitsgrenze abstrakt zu bestimmen. Für die Angemessenheit einer Unterkunft sei zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen, und zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Nach der Feststellung der Wohnraumgröße sei als weiterer Faktor der Wohnstandard zu berücksichtigen. Angemessen seien Aufwendungen für eine Wohnung nur, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügten und keinen gehobenen Wohnstandard aufwiesen. Die Wohnung müsse preislich im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bilde, denn im Ergebnis komme es allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers an. Dieser Wohnstandard schlage sich entsprechend in der Wohnungsmiete nieder. Sie solle die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige solle durch die Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen. Die festgestellte Referenzmiete müsse es ihm also ermöglichen, im konkreten Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten. Diese Mietobergrenze sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Ein solches schlüssiges Konzept liege nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn der Ersteller planmäßig im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall vorgegangen sei. Im Rahmen der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei ferner zu beachten, dass neben der Grundmiete (ohne Betriebskosten) auch die angemessenen Betriebskosten - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen seien. In einem letzten Schritt sei diese abstrakt ermittelte Angemessenheitsgrenze auf die konkrete Angemessenheit zu überprüfen. Erschienen die für eine Unterkunft aufzubringenden Aufwendungen - abstrakt - unangemessen hoch, müsse sich die Angemessenheitsprüfung auch darauf erstrecken, ob dem Leistungsberechtigten im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich sei. Dieser Auffassung des BSG folge die Kammer nicht. Zur Überzeugung der Kammer sei zu prüfen, ob die von dem Leistungsträger ermittelte Angemessenheitsgrenze - hier für S 360,00 Euro für die Grundmiete und Betriebskosten - es dem Leistungsberechtigten ermögliche, in dem streitgegenständlichen Bedarfszeitrum eine andere, bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung anzumieten. Dieser konkret für eine Anmietung zur Verfügung stehenden Wohnungen müssten dabei nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Zudem dürfe es nicht zu einer Ghettoisierung durch die als angemessen angesehenen Kosten für die Unterkunft kommen. Die Beklagte habe durch die dem Gericht überreichten Ausdrucke aus der Datenbank aus www.immobilienscout24.de für den streitgegenständlichen Zeitraum nachgewiesen, dass es in dem Stadtgebiet S ausreichend Möglichkeiten für die Klägerin gegeben habe, Wohnraum anzumieten. Dabei sei die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sogar Wohnraum mit einer voll ausgestatteten Küche hätte angemietet werden können. Aus den einzelnen Postleitzahlen und Adressen sei auch zu ersehen, dass es sich nicht nur um einen klein abgegrenzten Bereich innerhalb von S handele, in welchem Wohnraum zu den von der Beklagten als angemessen angesehenen Kosten für die Unterkunft angemietet werden könne, sondern das gesamte Stadtgebiet erfasst sei. Die Wohnungen entsprächen auch in Bezug auf die Ausstattung und Bausubstanz dem unteren - wenn nicht sogar zum Teil dem mittleren - Standard. Die dort angebotenen Wohnungen würden der Klägerin ein menschenwürdiges Wohnen ermöglichen. Ob bei der Ermittlung der als angemessen angesehenen Kosten für Unterkunft und Heizung daher systematische Ermittlungen und Bewertungen genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle vorausgegangen seien und ob anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze berücksichtigt worden seien, sei in dem Fall, in welchem der Leistungsträger nachweise, dass die konkrete Angemessenheit gegeben sei, unerheblich. Denn in diesem Fall werde es dem betroffenen Leistungsempfänger ermöglicht, seinen Bedarf für die Unterkunft - ggf. nach einem Umzug - unter voller Übernahme der hierfür anfallenden Kosten zu decken und ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspreche. Das der Ermittlung zugrunde liegende Konzept sei in einem solchen Fall als schlüssig anzusehen, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung bedürfte. Umgekehrt wäre das Konzept nicht schlüssig, wenn die konkrete Angemessenheit zu verneinen wäre. An der fehlenden Schlüssigkeit änderte sich bei der fehlenden konkreten Angemessenheit auch dann nichts, wenn die vom BSG geforderten Voraussetzungen bei der Ermittlung des abstrakten Konzeptes erfüllt wären. Soweit die Klägerin vortrage, sie könne keine neue Wohnung anmieten, da sie nicht über einen aktuell gültigen Personalausweis verfüge, so führe dies nicht zu einer anderen Betrachtung. Auch für die Anschaffung einer eigenen Küche habe die Klägerin die Möglichkeit, ein Darlehen zu erhalten bzw. ggf. sogar einen Zuschuss, sollte es sich bei ihr um einen Fall der Erstausstattung handeln.
Gegen das ihr am 01.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.05.2017 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt und im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Wohnung ihrer Ansicht nach sehr niedrige Heizkosten habe und eine Gesamtangemessenheitsgrenze gezogen werden müsse.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts vom 01.03.2017 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 und des Überprüfungsbescheides vom 23.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2016 und der Bewilligungsbescheide vom 29.07.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 29.09.2015 und 09.10.2015 zu verurteilen, ihr für die Zeit von März 2015 bis Februar 2016 höhere Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Auf die am 06.05.2020 zugestellte Ladung zum Verhandlungstermin am 28.05.2020 hat die Klägerin am 27.05.2020 schriftsätzlich sinngemäß beantragt, den Verhandlungstermin zu verlegen. Sie könne sich "aufgrund der Seuchenlage Corona nicht in den Zug setzen mit Atemmaske bei Asthma und Schlaganfall, sowie mittellos ohne Essen/Trinken". Ein ärztliches Attest hat die Klägerin - trotz ausdrücklichen Hinweises der Erforderlichkeit in der Ladung - nicht vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2020 hat der Senat mit Beschluss nach geheimer Beratung den Vertagungsantrag abgelehnt.
Auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass entgegen dem Rubrum des Sozialgerichts Klagegegner die Stadt S sei, haben die Vertreter des Beklagten sich mit der Rubrumsberichtigung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten und der beigezogenen Vorprozessakten sowie die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Herleitung der angemessenen Mietobergrenzen für angemessene Bedarfe für Unterkunft im Kreis S verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache im Termin trotz der Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Klägerin ist auf diese Möglichkeit mit der Ladung zum Termin ausdrücklich hingewiesen worden.
Der Senat war aufgrund des Verlegungsantrags der Klägerin vom 27.05.2020 nicht an der Durchführung der mündlichen Verhandlung gehindert. Ein erheblicher Grund für die beantragte Terminsverlegung i.S.d. § 202 SGG, § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) lag nicht vor. Bei der Prüfung eines erheblichen Grundes sind das Interesse der Allgemeinheit und der Prozessbeteiligten an einer zeitnahen Entscheidung und das Interesse des Beteiligten auf Wahrung rechtlichen Gehörs gegeneinander abzuwägen. Zwar begründet ein ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminverlegungs- oder Terminvertagungsgrund grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung (BSG Beschluss vom 13.11.2008, B 13 R 277/08 B m.w.N.). Die Klägerin hat mit ihrem Verlegungsantrag jedoch keinen solchen Grund substantiiert geltend oder glaubhaft gemacht. Die pauschale Behauptung, sie könne sich "aufgrund der Seuchenlage Corona nicht in den Zug setzen mit Atemmaske bei Asthma und Schlaganfall", hat sie trotz Hinweises in der Ladung nicht glaubhaft gemacht. Eine allgemeine, nicht durch besondere, glaubhaft gemachte gesundheitliche Umstände im Einzelnen näher begründete Besorgnis, sich bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu infizieren, stellt keinen erheblichen Grund i.S.d. § 227 ZPO dar.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist eine Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung von März 2015 bis Februar 2016 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2016 sowie entsprechender Rücknahme der Bewilligungsbescheide für diesen Zeitraum. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zurecht mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG Urteil vom 18.11.2014, B 4 AS 4/14 R) und hat den Rechtsstreit zulässigerweise (vgl. BSG Urteil vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R) auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt.
Die Klägerin hat ihr Begehren zu Recht gegen die Beklagte (Stadt S) gerichtet. Der im Rubrum des Sozialgerichts als Klagegegner bezeichnete Kreis S ist eine Optionskommune i.S.d. § 6a SGB II und zwar als solcher grundsätzlich zuständiger Leistungsträger (§ 6b Abs. 1 SGB II). Gem. § 2 Abs.1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Kreis S (Heranziehungssatzung) vom 21.12.2016 zieht der Kreis jedoch die kreisangehörigen Städte, zu denen auch die Beklagte zählt, zur Erfüllung der Aufgaben heran. Die kreisangehörigen Städte arbeiten gem. § 2 Abs. 1 Satz 5 der Heranziehungssatzung bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im eigenen Namen, sind also im gerichtlichen Verfahren selbst passivlegitimiert. Der Kreis erlässt lediglich den Widerspruchsbescheid und übernimmt die gerichtliche Vertretung (§ 6 Abs. 4 der Heranziehungssatzung). Das fehlerhafte Rubrum des Sozialgerichts war dementsprechend zu korrigieren (zur Zulässigkeit der Rubrumsberichtigung bei Korrektur im Verhältnis von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde BSG Urteil vom 10.03.2011, B 3 P 3/10 R m.w.N.).
Für den Zeitraum März 2015 bis August 2015 hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass die Klage unzulässig ist, weil es insoweit an einem vorangegangenen abgeschlossenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehlt. Der Bescheid vom 23.01.2015 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13.05.2015 und 29.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 ist bestandskräftig. Die Überprüfung dieser Bescheide wurde nicht beantragt und die Beklagte hat darüber nicht mit dem hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 10.05.2016 entschieden.
Die Klägerin hat auch für die Zeit vom September 2015 bis Februar 2016 nur im von der Beklagten anerkannten Umfang Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Zu Recht hat die Beklagte einen Rücknahmeanspruch gem. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 44 Abs. 1 SGB X verneint. Sie hat die Unterkunftskosten in zutreffender Höhe bewilligt.
Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie war erwerbsfähige Leistungsberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), war erwerbsfähig (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II), hilfebedürftig (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II), weshalb ihr ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zustand (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Leistungsausschlussgründe liegen unstreitig nicht vor. Die Leistungen umfassen den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Unterkunftskosten sind oberhalb der Beträge, die die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt hat, nicht angemessen.
Bei dem Tatbestandsmerkmal Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs ist gerichtlich voll überprüfbar (BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R m.w.N.). Die Bestimmung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (Bruttokaltmiete) zu ermitteln; dann ist die konkrete (subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Die Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete hat unter Anwendung der Produkttheorie (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung nach einem "schlüssigen Konzept" und (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (zusammenfassend m.w.N., BSG Urteile vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R, und vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R).
Für einen Ein-Personen-Haushalt in Nordrhein-Westfalen ist regelmäßig eine Wohnfläche von 50 qm angemessen (vgl. BSG Urteil vom 29.08.2019, B 14 AS 43/18 R; Landessozialgericht NRW (LSG NRW) Urteil vom 06.09.2018, L 7 AS 744/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18; LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16).
Bei der Festlegung des Wohnstandards sind Wohnungen angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen (BSG Urteile vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R und vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden (Substandardwohnungen), gehören nicht zu dem Wohnungsbestand, der für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (BSG Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Zu Wohnungen des Substandards gehören Wohnungen ohne Sammelheizung und innenliegendes Bad (BSG Urteile vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R, und vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R).
Der für die Ermittlung des Quadratmeterpreises maßgebliche Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R m.w.N). Der Beklagte hat hier zutreffend unter Beachtung dieser Kriterien das gesamte Gebiet der Stadt S als Vergleichsraum festgelegt (so für die insoweit vergleichbare Stadt Duisburg BSG Urteil vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R; LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17).
Ein rechtmäßiges Konzept liegt - auch aus verfassungsrechtlichen Gründen (zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; zum "sachlichen Gleichklang" der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Rechtsprechung des BVerfG zu der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums vgl. Berlit in: LPK-SGB II 6. Aufl., § 22 Rn. 85) - nur vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R; vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 91 mwN). Inhaltlich soll das Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird ("schlüssiges Konzept"). Hierfür muss das Konzept nach der Rechtsprechung des BSG neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllen und nachvollziehbar sein. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R; grundlegend BSG Urteil vom 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R; BSG Urteile vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 12.12.2017, B 4 AS 33/16 R).
Das hier maßgebliche Konzept der Firma F stellt eine sachkundige, systematische Erfassung und Bewertung genereller Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum dar und erfüllt damit die Anforderungen an ein planmäßiges Vorgehen. Die Beklagte entscheidet aufgrund dieses Konzepts und nicht nur über die zustehenden Unterkunftskosten "von Fall zu Fall".
Das Konzept bietet Gewähr dafür, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wurde, und ist daher ein "schlüssiges Konzept".
Datengrundlage war die "F-Preisdatenbank", in der die öffentlich inserierten Wohnungen erfasst werden (zur Eignung dieser Datenbank als Grundlage für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts auch LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16). Auswertungszeitraum war Januar 2013 bis Dezember 2014. Zum für die Preisbildung relevanten unteren Marktsegment zählte F das untere Drittel aller verfügbaren Wohnungen (vgl. Aktualisierung 2015 S. 8, 11). Im Gutachten wird dargelegt, dass für Alleinstehende (um 50 qm große Wohnungen) 998 Wohnungsangebote ausgewertet wurden. Auf das "untere Drittel" (33 %) entfallen damit ca. 329 Wohnungen.
Der Anteil von 33 % ist als Segment zur Abbildung des unteren Wohnungsmarktbereichs ausreichend. Dieser Wert steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen. Er ist plausibel, denn der Wert berücksichtigt sowohl den Anteil der Wohnungssuchenden, die entweder selbst Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe oder Wohngeld beziehen (ca. 10 % der Bevölkerung) als auch der Personen, die mit Beziehern dieser Leistungen um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren. Bei den konkurrierenden Nachfragern handelt es sich um Haushalte mit einem geringen Einkommen, das sie gleichwohl unabhängig von ergänzenden Sozialleistungen macht. Hinsichtlich der letztgenannten Gruppe - Niedrig-Verdiener ohne Transferleistungsbezug - kann angenommen werden, dass die Nachfragergruppe weitere 10 % der Haushalte ausmacht (ausführlich hierzu LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17 - Duisburg; LSG NRW Urteil vom 16.08.2018, L 19 AS 2334/17). Auf der Basis dieser Daten ist die Einschätzung von 33% des Wohnungsmarkts, der Bedarfsgemeinschaften i.S.d. SGB II zur Verfügung stehen soll, in jedem Fall als ausreichend anzusehen.
Damit standen im Beobachtungszeitraum 329 Wohnungen für alleinstehende Leistungsempfänger zur Anmietung zur Verfügung, wenn allein von der "F-Preisdatenbank" ausgegangen wird. Hinzuzurechnen ist eine unbestimmte Anzahl nicht inserierter, aber ebenfalls verfügbarer Wohnungen (z.B. Angebote großer Wohnungsbauunternehmen; Wohnungen, die ohne Inserat weitergegeben werden). Damit ist nachgewiesen, dass zu dem vom Beklagten zugrunde gelegten Wert im ausreichenden Umfang angemessene Wohnungen zur Verfügung standen; eine Beschränkung des Datenbestandes auf bestimmte Stadtteile ist nicht erfolgt.
Bestätigt wird dies durch den von der Beklagten übersandten Ausdruck verfügbaren Wohnraums, aus dem ersichtlich ist, dass die Klägerin in der Zeit vom September 2015 bis Februar 2016 auf 85 Wohnungen (davon 16 mit Einbauküche bzw. der Möglichkeit die Küche zu übernehmen) zu einer Bruttokaltmiete von 360,00 EUR hätte zurückgreifen können. Anhaltspunkte dafür, dass den angebotenen angemessenen Wohnungen eine so große Zahl von Nachfragern gegenüber stand, dass Zweifel bestehen, ob Leistungsempfänger nach dem SGB II bei entsprechenden Bemühungen eine solche Wohnung hätten anmieten können, liegen nicht vor. Auch aus der Tabelle der ausgewerteten Wohnungsangebote der Firma F (Bl. 61 Aktualisierung 2015) ergeben sich für S für die Jahre 2013 und 2014 eine Fallzahl von 49 Wohnungen zwischen 35 und 50 qm zu einer Nettokaltmiete von über 100,00 bis 200,00 Euro und eine Fallzahl von 296 Wohnungen zwischen 35 qm bis 50 qm zu einer Nettokaltmiete von über 200,00 bis 300,00 Euro.
Der Senat sieht bei einem - hier wie dargelegt gegebenen - Nachweis ausreichender Wohnraumversorgung zu dem vom Leistungsträger planmäßig ermittelten Quadratmeterpreis keine Veranlassung, für die Bejahung der Schlüssigkeit des Konzepts weitere Anforderungen an die Festlegung des Quadratmeterpreises zu stellen (so auch LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18 - Gelsenkirchen). Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswerts und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt es nach der Rechtsprechung des BSG nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird (BSG Urteile vom 30.01.2019, B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R). Diese nachvollziehende Kontrolle kann nach Auffassung des Senats dadurch erfolgen, dass festgestellt wird, ob es den Leistungsempfängern - wie der Beklagte hier dargelegt hat - im Ergebnis möglich ist, zu dem ermittelten Quadratmeterpreis Wohnraum anzumieten, weil ein ausreichender Wohnungsmarkt, der sich in der aktuellen Angebotssituation widerspiegelt, vorhanden ist. Das hier gegebene Außerachtlassen von Bestandsmieten in der Aktualisierung 2015 ist von der den Grundsicherungsträgern eingeräumten Methodenfreiheit gedeckt und trägt am ehesten dem Umstand Rechnung, dass auch die Leistungsbezieher im Rahmen einer Wohnungssuche auf die aktuellen Angebotspreise verwiesen sind (ebenso LSG NRW Urteil vom 12.10.2017, L 19 AS 502/16; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 16.12.2015, L 15 AS 159/14; LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Der auf die im streitigen Zeitraum bestehende Angebotssituation abstellende Ansatz folgt nicht nur aus der nach der Rechtsprechung des BSG ausdrücklich (aufgrund der Methodenvielfalt bei der Erstellung des Konzepts) anzuerkennenden Eigenverantwortung der Exekutive und der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf eine nachvollziehende Kontrolle, sondern auch aus der verfassungsrechtlich bestimmten Aufgabe des (sozial)gerichtlichen Rechtsschutzes. Die Sozialgerichte haben im Rahmen der hier maßgeblichen Anfechtungs- und Leistungsklage eines Leistungsberechtigten i.S.d. § 54 Abs. 4 SGG nicht die Verpflichtung oder die Kompetenz zu prüfen, ob der Leistungsträger alle objektiv-rechtlichen Anforderungen an sein Verwaltungshandeln erfüllt hat, sondern allein zu klären, ob eine Verletzung subjektiver Rechte des Rechtsuchenden (hier des Klägers) gegeben ist. Weitergehende Anforderungen, die evtl. insbesondere mit den Merkmalen "Repräsentativität", "Validität" und "Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze" an die Festlegung des angemessenen Quadratmeterpreises gestellt werden sollen, haben indes nicht nur die Funktion, eine Beschwer der Leistungsempfänger zu vermeiden, indem sichergestellt wird, dass zu diesem Preis ausreichend Wohnraum angemietet werden kann, sondern auch umgekehrt zu verhindern, dass die Jobcenter zu hohe Quadratmeterpreise festlegen und so den Mietmarkt zu Ungunsten der Geringverdiener beeinflussen. Insoweit wohnt dem Schlüssigkeitsbegriff das Element der Begrenzung inne (BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R). Entsprechend hat der Gesetzgeber im Rahmen der Satzungsermächtigung nach § 22a SGB II ausdrücklich angeordnet, dass bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Vermeidung von Mietpreis erhöhenden Wirkungen berücksichtigt werden sollen (§ 22a Abs. 3 Satz 2 SGB II). Aus diesem Grund verpflichtet § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II, dass bei der Erstellung der Satzung in die Datenauswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen (zur begrenzenden Wirkung der Berücksichtigung von Bestandsmieten näher Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22c Rn. 4). Ob die Begrenzungsfunktion beachtet wurde, ist indes nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Die Klärung der Frage, ob ein "zu hoher" Wert festgesetzt wurde, gehört nicht zu dem Rechtsschutzbegehren und ist deshalb nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Ein Konzept, dass evident methodisch fehlerhaft zu hohe Werte als Angemessenheitswerte festlegt, wäre zwar mathematisch-statistisch unschlüssig und verstieße als Satzung gegen § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II, führte indes nicht zu einem Erfolg des Klagebegehrens, weshalb eine entsprechende Feststellung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht getroffen werden dürfte und müsste (vgl. hierzu LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17; LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Auch der von der Beklagten zugrunde gelegte Betriebskostenwert beschwert die Klägerin nicht. Bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum geht es darum, "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (BSG Urteile vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, und vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R).
Die Beklagte hat die Auswertung der Firma F zu den kalten Betriebskosten aus dem Konzept 2013 nicht zugrunde gelegt, sondern auf die - insoweit für die Klägerin günstigeren - Daten des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes NRW zurückgegriffen. Dies ist zulässig (BSG Urteil vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R). Das Vorgehen der Beklagten ist vorliegend auch deswegen nicht zulasten der Klägerin rechtswidrig, weil sich aus der Auswertung der Firma F durchgehend niedrigere Betriebskosten ergaben. Die Beklagte hat zugunsten der Klägerin einen höheren Betrag für die Betriebskosten gewährt und dabei den jeweiligen Betriebskostenspiegel zugrunde gelegt.
Ein Anspruch auf höhere Unterkunftskosten steht der Klägerin auch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zu. Hiernach sind Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, die den angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dieser befristete Bestandschutz ist in der Regel längstens für sechs Monate zu gewähren. Die Beklagte hat die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nach Erstantragstellung von Juni 2014 bis Februar 2015 gewährt. Die Klägerin hatte aufgrund der Kostensenkungsaufforderung vom 01.08.2014 und der Mitteilung der Beklagten vom 16.12.2014 über die angemessenen Wohnkosten konkret die Möglichkeit, die Aufwendungen zu senken. Soweit das BSG im Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 43/06 R, ausgeführt hat: "Falls erforderlich wird die Bereitschaft potentieller Vermieter zur Überlassung von Wohnraum an Hilfesuchende zu prüfen sein", folgt hieraus keine Notwendigkeit, entsprechende Feststellungen zu treffen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Vermieter im maßgeblichen Vergleichsraum generell nicht bereit sein sollen, an Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Wohnraum zu vermieten, zumal diese Bereitschaft - wäre ihr Fehlen feststellbar - dann auch nicht durch einen Mietpreis in Anlehnung an die Wohngeldtabelle herzustellen sein dürfte (so auch LSG NRW Urteil vom 05.12.2019, L 7 AS 1764/18).
Die Senkung der Unterkunftskosten war auch zumutbar. Soweit die Klägerin einwendet, ein Umzug sei ihr nicht zuzumuten, da in der bisherigen Wohnung eine Küche vorhanden sei, ist festzustellen, dass auch Wohnraum mit einer voll ausgestatteten Küche hätte angemietet werden können. Zudem wäre es der Klägerin auch möglich gewesen, im Rahmen eines Umzugs die Kosten für die Anschaffung einer Küche als Erstausstattung oder im Rahmen eines Darlehens beim Beklagten zu beantragen. Auch der Einwand, sie dürfe ihre Wäsche in der bisherigen Wohnung trocknen, dies sei bei anderen Vermietern nicht möglich, führt nicht zur Unzumutbarkeit des Wohnungswechsels. Im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Wohnung steht Trockenraum für Wäsche zur Verfügung. Soweit die Klägerin vorträgt, sie bedürfe zur Anmietung einer neuen Wohnung eines Personalausweises, hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit hat, jederzeit einen Personalausweis zu beantragen und ggf. für die anfallenden Gebühren ein Darlehen beim Beklagten zu beantragen.
Entgegen ihrem Vorbringen ist der Klägerin ein Umzug schließlich nicht etwa deshalb unzumutbar gewesen, weil in einer neuen Wohnung unter Berücksichtigung eines maximal angemessenen Heizkostenwertes Heizkosten angefallen wären, bei deren Übernahme die Gesamtkosten trotz abgesenkter Bruttokaltmiete nicht gesenkt worden wären. Zwar ist ein Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte wirtschaftliche Verhalten. Ein Wohnungswechsel, der nicht zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung verbleiben will (BSG Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 60/12 R). Entsprechend bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass eine Absenkung der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unangemessenen Unterkunftskosten nicht gefordert werden muss (i.S. von "darf", hierzu Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22 Rn. 152), wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringende Leistungen unwirtschaftlich wäre (so auch LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17). Es gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass auf dem Wohnungsmarkt in S nur Wohnungen zu finden waren, für die so hohe Heizkosten aufzubringen waren, dass trotz der geforderten Senkung der Bruttokaltmiete eine Senkung der Gesamtkosten nicht erfolgt. Vielmehr belegen die von der Beklagten vorgelegten Wohnungsangebote aus dem streitigen Zeitraum, dass in einer Vielzahl anderer Wohnungen in S die Heizkosten sogar in den Nebenkosten enthalten waren. Zudem sind die monatlichen Heizkosten der Klägerin ausweislich der eingereichten Abrechnung des Gasversorgers vom 26.09.2015 (Zeitraum 19.08.2014 bis 19.08.2015) mit durchschnittlich monatlich ca. 43 Euro (plus ca. 70 Euro jährlich für die Wartung der Heizungsanlage) für einen Ein-Personen-Haushalt nicht auffällig niedrig.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 22 Abs. 10 SGB II berufen. Zwar ist nach dieser Vorschrift zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung erst am 01.08.2016 in Kraft getreten ist (Art. 1 Nr. 20 e des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 - BGBl. I 1824) und damit den streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfasst, folgt hieraus eine Unzumutbarkeit eines Umzugs bis zur Ausschöpfung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nicht, da der Beklagte eine solche nicht festgelegt hat. Aus § 22 Abs. 10 SGB II lässt sich ein Anspruch auf eine Budgetierung der Unterkunftskosten unter Berücksichtigung maximal möglicher Heizkosten nicht ableiten (LSG NRW Urteil vom 05.09.2019, L 7 AS 1327/17).
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ob die in der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten iS von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zutreffend angewandt worden sind oder nicht, bleibt zwar nach der Rechtsprechung des BSG auch dann eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall, wenn sie sich in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellt. Grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG kommt einer Entscheidung zum schlüssigen Konzept jedoch zu, soweit die angegriffene Entscheidung das gesamte Bundesgebiet betreffende Rechtsfragen berührt, die eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung der Rechtsprechung durch das Revisionsgericht angezeigt erscheinen lassen (BSG Beschluss vom 07.10.2015, B 14 AS 255/15 B). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Frage, ob ein Konzept, das bei der Festlegung der Nettokaltmiete maßgeblich auf der Auswertung von Wohnungsinseraten und der prozentualen Festlegung einer Nachfragegruppe beruht, schlüssig ist (fraglich im Hinblick auf BSG Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, wonach bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen ist, sondern auch auf vermietete Wohnungen), stellt eine das gesamte Bundesgebiet betreffende Rechtsfrage dar.
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