Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 13 AL 282/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 5/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Verfahren hat einen Antrag des Klägers auf Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zum Gegenstand.
Der Kläger war seit dem 2. April 2012 Referendar beim H ... Vom 30. September 2013 bis zum 31. März 2014 und ab dem 3. Oktober 2014 war der Kläger arbeitsunfähig wegen der Diagnosen F 32.9 (depressive Episode nicht näher bezeichnet) und F 21 (Schizotype Störung). Am 29. Juni 2015 beantragte der Kläger die Gleichstellung zunächst formlos, am 1. Juli 2015 auch mit dem Formblatt. Hierbei gab er an, sein Ausbildungsverhältnis sei gefährdet wegen Erschöpfung und Atemnot sowie Konzentrationsstörungen, Gedankenkreisen und reduzierter Merkfähigkeit, die Belastbarkeit für geistige, aber auch körperliche Tätigkeiten sei stark reduziert. Mit Bescheid vom 5. August 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger am 14. November 2015 Widerspruch ein unter Bezugnahme auf einen Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt/ Main vom 11. November 2015, mit welchem ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 durch das Versorgungsamt Frankfurt/ Main wegen seelischer Störungen festgestellt worden war. Der Kläger führte aus, sein Arbeitgeber habe eine amtsärztliche Untersuchung angekündigt. Es sei seine Entlassung geplant. Gleichzeitig stellte der Kläger am 12. November 2015 erneut einen Antrag auf Feststellung der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.
Der Kläger gab dabei an, dass er am 12. Juni 2015 die Ankündigung einer Untersuchung beim Personalärztlichen Dienst bekommen habe zwecks Feststellung der Dienstunfähigkeit. In der Folgezeit habe er fünf weitere Termine zur Untersuchung bekommen, aktuell für den 8. Dezember 2015. Es drohe ihm die Entlassung wegen der bei ihm bestehenden Behinderung. Auch beantrage er eine Korrektur des vorherigen Bescheides, denn dieser habe nicht berücksichtigt, dass der GdB von 30 schon seit dem 13. Juli 2015 festgestellt worden sei.
Die Beklagte leitete die Anhörungsverfahren zur Beurteilung des Arbeitsplatzes mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 an die Personalstelle für Referendare, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung ein. Der Personalrat der Referendarinnen und Referendare teilte am 14. Januar 2016 mit, der Antragsteller sei dauerhaft arbeitsunfähig. Der Arbeitsplatz sei für den Antragsteller geeignet. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes infolge der Behinderung sei nicht gegeben. Ergänzend teilte der Personalrat der Referendarinnen und Referendare mit, dass Referendare nicht über einen festen Arbeitsplatz innerhalb des Gerichts verfügen würden. Die regelmäßig innerhalb von zwei Jahren zu durchlaufenden Stationen während der Ausbildung könnten größtenteils frei und selbständig gewählt werden. Die Anstellung sei auf die Dauer der Ausbildung beschränkt, eine weitere Beschäftigung erfolge nicht.
Die Personalstelle für Referendare nahm am 8. Februar 2016 Stellung. Der Kläger befinde sich auf einem auf 24 Monate angelegten öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, einem Beamten auf Widerruf gleichgestellt. Es solle eine Untersuchung zur Frage der dauerhaften Dienstunfähigkeit stattfinden.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gleichstellung ab. Sie führte aus, die Voraussetzungen für eine Gleichstellung lägen nicht vor. Diese solle nach § 2 Abs. 3 SGB IX vorgenommen werden, wenn Menschen mit einem nicht nur vorübergehenden GdB von weniger als 50, aber mindestens von 30, infolge ihrer Behinderung ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Bei dem Kläger könne aufgrund der andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht eingeschätzt werden, ob er in der Lage sei, seine Beschäftigung wiederaufzunehmen und ob er diese, wenn auch mit behinderungsbedingten Einschränkungen, weiter ausüben könne. Der Kläger könne einen neuen Antrag stellen, wenn sich die Verhältnisse ändern würden, beispielsweise nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Der Kläger hat am 15. Februar 2016 vor dem Sozialgericht Hamburg Untätigkeitsklage erhoben, weil über seinen Widerspruch vom 14. November 2015 gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2015 nicht innerhalb der in § 88 SGG normierten Frist entscheiden worden sei. Diese Klage ist Gegenstand des Berufungsverfahrens L 2 AL 4/20. In dem zu diesem Verfahren anhängigen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz teilte der Kläger am 20. Mai 2016 mit, er habe nunmehr seine Entlassung erhalten. Inzwischen erhält der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und aufstockend Leistungen der Grundsicherung.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 11. April 2016 hat die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den Bescheid vom 5. August 2015 wie auch gegen den Bescheid vom 9. Februar 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der letztgenannte Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens L 2 AL 5/ 20.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3 Februar 2020 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, in beiden Alternativen des § 2 Abs. 3 SGB IX bestehe kein Anspruch des Klägers auf Gleichstellung. Der Erlangungstatbestand in § 2 Abs. 3 Alt. 1 SGB IX setze voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz anstrebe. Dies sei nicht der Fall. Dem Kläger gehe es vorrangig um den Erhalt der Referendariatsstelle beim H ... Es sei auch kein konkreter Arbeitsplatz genannt worden, auf den sich der Kläger in Alternative zum Referendariat beworben habe und den er konkret anstrebe.
Auch die Gleichstellung zum Erhalt der Referendariatsstelle scheide aus, denn sie scheitere daran, dass – ungeachtet der Frage des Vorliegens einer akuten Arbeitsunfähigkeit - der Arbeitsplatz für den Kläger ungeeignet sei. Eine den Anspruch auf Gleichstellung mit einem Behinderten nach § 2 Abs. 3 SGB IX ausschließende Ungeeignetheit eines konkreten Arbeitsplatzes liege vor, wenn behinderungsbedingt unverzichtbare Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht ausgeübt oder solche Tätigkeiten nur unter Inkaufnahme sofort oder sicher deswegen künftig auftretender gesundheitlicher Folgen noch verrichtet werden könnten. Der Kläger habe in seinem Antrag auf Gleichstellung angegeben, dass er Fehlzeiten wegen Erschöpfung, Atemnot sowie Konzentrationsstörungen und Gedankenkreisen habe. Er habe eine reduzierte Merkfähigkeit und eine stark reduzierte Belastbarkeit bei geistiger, aber auch körperlicher Tätigkeit. Die dem Gericht bekannten Anforderungen an die Tätigkeit eines Referendars sprächen bei den mit der Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen gegen eine grundsätzliche Geeignetheit des Arbeitsplatzes, da Merk- und Konzentrationsfähigkeit wesentliche Eigenschaften seien, die bei der Tätigkeit abverlangt würden. Der Arbeitsplatz als Referendar könne auch nicht durch technische Hilfen oder durch behindertengerechte Umrüstung so umgestaltet werden, dass der Kläger die Aufgaben des Referendars verrichten könne. Bei der Prüfung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes seien die besonderen Verpflichtungen aller Versicherungsträger zur Rehabilitation sowie die aus § 164 Abs. 3 und 4 SGB IX folgenden Verpflichtungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen hätten gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit entsprechenden technischen Arbeitshilfen. Die Besonderheit der Tätigkeit der Rechtsreferendare bestehe darin, dass sie über keinen festen Arbeitsplatz im G. verfügten. Sie durchliefen in einem regulären Zeitraum von zwei Jahren mehrere (interne und externe) Stationen, welche sie großteils frei und selbständig wählten, und beendeten das Referendariat mit dem Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung. Aus dieser Besonderheit ergebe sich, dass weder technische Hilfen noch eine innerbetriebliche Umsetzung möglich sei, die den in seiner Merk- und Konzentrationsfähigkeit eingeschränkten Kläger in die Lage versetzen könnten, die im Referendariat mit hohen Anforderungen an die Konzentrations- und Merkfähigkeit einhergehenden Aufgaben vollwertig auszufüllen. Auch dürften die hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten für die Ungeeignetheit des Arbeitsplatzes sprechen. Wenn die Arbeitsplatzverhältnisse eine substantielle Verschlechterung der Erkrankung bzw. Ausweitung der Behinderung bedingten oder eine solche erwarten ließen, sei der Arbeitsplatz ungeeignet und der Schutzzweck der Gleichstellung an dem konkret inne gehabten Arbeitsplatz werde verfehlt. Die neben der Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten von den Krankenkassen mitgeteilten Diagnosen ließen darauf schließen, dass der Kläger den mit dem Ableisten des Referendariats verbundenen Leistungsanforderungen nicht nur nicht gewachsen sei, sondern auch darauf, dass die dort an ihn gestellten Erwartungen beim Fertigen von Arbeitsentwürfen und Rechtsprüfungen sowie beim Ableisten von Präsenzdiensten (Sitzungsanwesenheiten und Vorbereitungen), die jeweils regelmäßig mit einem gewissen unverzichtbaren, in der Arbeitswelt juristischer Berufe üblichen Zeitdruck und mit der Anforderung an die Konzentrationsfähigkeit, um auch komplexe Zusammenhänge auszuwerten, versehen seien, die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen gar noch zu intensivieren geeignet sein dürften.
Aber selbst wenn man den Arbeitsplatz grundsätzlich als geeignet ansehe, fehle es für einen Gleichstellungsanspruch daran, dass eine behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes nicht vorliege. Grundvoraussetzung für die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen sei, dass die Behinderung die wesentliche Ursache für eine mögliche Arbeitsplatzgefährdung sei. Zu fordern sei, dass der Arbeitnehmer ernstlich mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen müsse und er sich ohne Gleichstellung nicht gegenüber Gesunden im Wettbewerb um seinen Arbeitsplatz behaupten könne (vgl. LSG NRW, Urteil vom 4.6.2008, L 12 AL 64/07). Nach den Gründen für die amtsärztliche Untersuchung zu urteilen, seien Anlass für die Prüfung der Diensttauglichkeit die hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten infolge von Erkrankung. Es dürfe zwar als allgemeiner Erfahrungswert vorausgesetzt werden können, dass Behinderung und Arbeitsunfähigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stünden, da in der Gruppe von behinderten Menschen in erheblicherem Umfang mehr Arbeitsunfähigkeitszeiten aufträten als in der Gruppe nicht behinderter Menschen. Dennoch sei eine Behinderung, die bei dem Kläger unzweifelhaft mit einem GdB von 30 wegen seelischer Störungen festgestellt worden sei, nicht mit zu Ausfallzeiten führender Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Die Personalstelle für Referendare beim H. habe am 8. Februar 2016 mitgeteilt, dass infolge der ohne Einzelheiten oder Diagnosen bekannten gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers fortlaufende Krankschreibung seit 15 Monaten resultiere. Eine behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes sei darin nicht zu erkennen. Vielmehr dürfte die vom H. eingeleiteten Maßnahmen von Untersuchung bzw. ggfls. schwebend unwirksamer Entlassung ein Resultat aus der negativen Prognose für den Erfolg der Ausbildungszeit sein.
Der Kläger hat gegen den am 6. Februar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 10. Februar 2020 Berufung eingelegt. Er macht geltend, die Ausführungen des Gerichts passten nicht zu dem Umstand, dass man ihm keine Prüfungserleichterungen habe gewähren wollen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts vo 3. Februar 2020 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2016 zu verpflichten, ihn einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung hat der Senat dem mittellosen Kläger, dessen persönliches Erscheinen zum Termin nicht angeordnet war, auf seinen Antrag hin Kostenerstattung für eine Bahnkarte für Hin- und Rückfahrt und die notwendigen Tagegelder nach der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) bewilligt und unter Bezugnahme auf eine günstige, vom Gericht ermittelte Verbindung zunächst 142,90 EUR als Vorschuss an den Kläger überwiesen. Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat an diesem Tag um 6.25 Uhr morgens per Email mitgeteilt, das überwiesene Geld reiche nur für eine Teilstrecke, was ihm gerade erst aufgefallen sei. Er schicke dem Gericht das Ticket zu seiner Entlastung zurück und bitte für einen neuen Termin den Vorschuss rechtzeitig zu zahlen und darauf zu achten, dass das recherchierte Ticket nicht nur für eine Teilstrecke gelte.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 2. September 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berichterstatterin konnte zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern an Stelle des Senats entscheiden, da das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat ihr durch Beschluss vom 27. März 2020 die Berufung übertragen hat (§ 153 Abs. 5 SGG). Die Entscheidung konnte auch in Abwesenheit des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, weil dieser unter entsprechendem Hinweis ordnungsgemäß geladen worden waren. Dem steht die Mitteilung vom Morgen des Sitzungstages nicht entgegen, denn selbst wenn man die Mitteilung als Verlegungsantrag auslegen will, was sich nicht unmittelbar aus dem Schreiben ergibt, ist ein erheblicher Grund für das Nichterscheinen des Klägers damit nicht glaubhaft gemacht (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Vertagung: B. Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 110 Rn. 4b ff.). Zwar ist es zutreffend, dass aufgrund eines Büroversehens der übersendete Vorschuss den Reisepreis für Hin- und Rückreise nicht komplett, sondern nur zu 92% abdeckte (142,90 EUR zu 155,20 EUR), jedoch betraf der vom Kläger festgestellte Teilstreckenpreis ausschließlich die Rückfahrt von H1 nach B2, welche die Teilstrecke B. im Preis nicht abbildete. Der Kläger hatte also, sein Vortrag als zutreffend unterstellt, für die komplette Hinfahrt eine gültige Fahrkarte und hätte diese nutzen können, um dann vor Ort in der mündlichen Verhandlung den Restbetrag von 13 EUR (Differenz der Verbindungen, bzw. die Kosten einer Fahrkarte von B1 nach B2, das sind 7,90 EUR) geltend zu machen. Im Übrigen wäre dem Kläger nach Auffassung des Senats auch das einmalige Vorstrecken dieses Betrages von 13 EUR bzw. knapp 8 EUR bis zur Abrechnung seiner Reisekosten durch das Gericht zumutbar gewesen. Auch wenn sich das Bundessozialgericht (BSG) zu Bagatellgrenzen im Bereich von Grundsicherungsleistungen bisher sehr zurückhaltend geäußert hat, handelt es sich hier doch um einen einmaligen, geringfügigen Betrag, den der Kläger auch nur hätte verauslagen müssen und den er später zurückerhalten hätte. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung, auf die nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Absehen einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Senat ist, ebenso wie das Sozialgericht zuvor und mit derselben Begründung, welcher sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt, davon überzeugt, dass der Arbeitsplatz als Rechtsreferendar beim H. für den Kläger nach dessen Eignungs- und Leistungspotential ungeeignet war. Lediglich ergänzend sei insoweit auch auf folgende Umstände hingewiesen: Die Tätigkeit eines Juristen – um eine solche handelt es sich nach dem erfolgreich beendeten 1. Juristischen Staatsexamen, auch, soweit es sich um die Vorbereitung auf das 2. Juristische Staatsexamen im Beamtenverhältnis auf Widerruf handelt – erfordert nach der Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit (im Internet abzurufen unter berufenet.arbeitsagentur.de) die folgenden berufsspezifischen Merkmale des Arbeits- und Sozialverhaltens: • Leistungs- und Einsatzbereitschaft (z.B. Bereitschaft, engagiert und zeitlich flexibel dringende rechtliche Vertragsfragen zu klären) • Sorgfalt (z.B. fehlerfreie und präzise Formulierung juristischer Schriftstücke) • Verantwortungsbewusstsein und -bereitschaft (z.B. verantwortungsvolles Beraten von Unternehmen bei der rechtlichen Gestaltung von Gesellschafter-, Kauf- und anderen Verträgen) • Entscheidungsfähigkeit (z.B. sicheres Entscheiden über die Rechtmäßigkeit einer Vertragsformulierung in einem Beratungsgespräch) • Selbstständige Arbeitsweise (z.B. eigenständiges Klären juristischer Sachverhalte) • Lernbereitschaft (z.B. stets auf dem aktuellen Entwicklungsstand der Rechtsprechung bleiben) • Verschwiegenheit (z.B. Stillschweigen bewahren über Rechtsverhältnisse und Vertragsinhalte) • Psychische Stabilität (z.B. Bewahren professioneller Distanz gegenüber den Konfliktparteien in Mediationsverfahren) • Kommunikationsfähigkeit (z.B. schwierige Rechtsgegenstände verständlich darstellen) • Kontaktbereitschaft (z.B. rasches Herstellen vertrauensvoller Kontakte zu ratsuchenden Mandanten) • Konfliktfähigkeit (z.B. Vermitteln in rechtlichen Konflikten, beispielsweise als Mediator/in) • Selbstsicherheit (z.B. sicheres und souveränes Auftreten in Beratungsgesprächen oder in Verhandlungen) • Einfühlungsvermögen (z.B. Einstellen und angemessenes Reagieren auf die persönlichen Beweggründe oder den sozialen Hintergrund von Mandanten) • Verhandlungsgeschick (z.B. Führen von Vertragsverhandlungen) • Durchsetzungsvermögen (z.B. Begründen und Durchsetzen der Interessen von Unternehmen und Behörden) Zu den unbedingt notwendigen gesundheitlichen Anforderungen gehört dabei ein belastbares Nervensystem (vgl. berufenet a.a.O.). Der Kläger, der in diesem Bereich selbst auf erhebliche Einschränkungen seiner Belastbarkeit verweist, leidet nicht nur an einer, sondern an zwei Erkrankungen, welche mit einer erheblichen Einschränkung der psychischen Stabilität, der Einsatzfähigkeit und der Kontaktbereitschaft verbunden sind. So heißt es im ICD 10 zu der beim Kläger diagnostizierten Störung F21 (Schizotype Persönlichkeitsstörung): "Eine Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind. Es kommen vor: ein kalter Affekt, Anhedonie und seltsames und exzentrisches Verhalten, Tendenz zu sozialem Rückzug, paranoische oder bizarre Ideen, die aber nicht bis zu eigentlichen Wahnvorstellungen gehen, zwanghaftes Grübeln, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, gelegentlich vorübergehende, quasipsychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen, meist ohne äußere Veranlassung. Es lässt sich kein klarer Beginn feststellen; Entwicklung und Verlauf entsprechen gewöhnlich einer Persönlichkeitsstörung." Zum Formenkreis F32 (Depressive Episode) heißt es: "Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen." Die hohen Anforderungen, die an die Leistungsbereitschaft, die psychische Stabilität und die Kontaktbereitschaft und Konfliktfähigkeit eines Juristen gestellt werden, sind mit diesen Einschränkungen nicht ohne eine zu besorgende Verschlechterung des Gesundheitszustandes in Einklang zu bringen, ohne dass technische Hilfen zur Herstellung einer Geeignetheit des Arbeitsplatzes denkbar wären. Denn bei den genannten Anforderungen handelt es sich um solche, die an die persönliche Belastbarkeit des Juristen gerichtet sind und die bereits das Kerngeschäft der Tätigkeit mit sich bringt. Dass der Kläger hier möglicherweise bereits die Grenzen seiner Kraft überschritten hat, zeigen auch die Arbeitsunfähigkeitszeiten, die nahtlos in eine Erwerbsminderungsrente gemündet sind. Ungeeignet ist ein konkreter Arbeitsplatz jedoch für derjenigen, der behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, unverzichtbare Tätigkeiten an seinem Arbeitsplatz auszuüben oder diese nur unter Inkaufnahme sofort oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft deswegen auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichten kann. Der Zweck der Gleichstellung, die Verbesserung der Wettbewerbschancen der behinderten Menschen am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsmarkt, wird nicht erreicht, wenn die Leistungsanforderungen des konkreten Arbeitsplatzes von vornherein nicht erfüllt werden können oder die konkrete Tätigkeit zu einer zunehmenden Gesundheitsverschlechterung führt, was aller Voraussicht nach zu einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbschancen führt. Fehlt das Tatbestandsmerkmal des geeigneten - derzeit innehabenden - Arbeitsplatzes, besteht kein Anspruch auf Gleichstellung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.2.2014 - L 8 AL 501/13, Juris und Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6.8.2014 – B 11 AL 16/13 R, Juris). Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Das Verfahren hat einen Antrag des Klägers auf Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zum Gegenstand.
Der Kläger war seit dem 2. April 2012 Referendar beim H ... Vom 30. September 2013 bis zum 31. März 2014 und ab dem 3. Oktober 2014 war der Kläger arbeitsunfähig wegen der Diagnosen F 32.9 (depressive Episode nicht näher bezeichnet) und F 21 (Schizotype Störung). Am 29. Juni 2015 beantragte der Kläger die Gleichstellung zunächst formlos, am 1. Juli 2015 auch mit dem Formblatt. Hierbei gab er an, sein Ausbildungsverhältnis sei gefährdet wegen Erschöpfung und Atemnot sowie Konzentrationsstörungen, Gedankenkreisen und reduzierter Merkfähigkeit, die Belastbarkeit für geistige, aber auch körperliche Tätigkeiten sei stark reduziert. Mit Bescheid vom 5. August 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger am 14. November 2015 Widerspruch ein unter Bezugnahme auf einen Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt/ Main vom 11. November 2015, mit welchem ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 durch das Versorgungsamt Frankfurt/ Main wegen seelischer Störungen festgestellt worden war. Der Kläger führte aus, sein Arbeitgeber habe eine amtsärztliche Untersuchung angekündigt. Es sei seine Entlassung geplant. Gleichzeitig stellte der Kläger am 12. November 2015 erneut einen Antrag auf Feststellung der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.
Der Kläger gab dabei an, dass er am 12. Juni 2015 die Ankündigung einer Untersuchung beim Personalärztlichen Dienst bekommen habe zwecks Feststellung der Dienstunfähigkeit. In der Folgezeit habe er fünf weitere Termine zur Untersuchung bekommen, aktuell für den 8. Dezember 2015. Es drohe ihm die Entlassung wegen der bei ihm bestehenden Behinderung. Auch beantrage er eine Korrektur des vorherigen Bescheides, denn dieser habe nicht berücksichtigt, dass der GdB von 30 schon seit dem 13. Juli 2015 festgestellt worden sei.
Die Beklagte leitete die Anhörungsverfahren zur Beurteilung des Arbeitsplatzes mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 an die Personalstelle für Referendare, den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung ein. Der Personalrat der Referendarinnen und Referendare teilte am 14. Januar 2016 mit, der Antragsteller sei dauerhaft arbeitsunfähig. Der Arbeitsplatz sei für den Antragsteller geeignet. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes infolge der Behinderung sei nicht gegeben. Ergänzend teilte der Personalrat der Referendarinnen und Referendare mit, dass Referendare nicht über einen festen Arbeitsplatz innerhalb des Gerichts verfügen würden. Die regelmäßig innerhalb von zwei Jahren zu durchlaufenden Stationen während der Ausbildung könnten größtenteils frei und selbständig gewählt werden. Die Anstellung sei auf die Dauer der Ausbildung beschränkt, eine weitere Beschäftigung erfolge nicht.
Die Personalstelle für Referendare nahm am 8. Februar 2016 Stellung. Der Kläger befinde sich auf einem auf 24 Monate angelegten öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, einem Beamten auf Widerruf gleichgestellt. Es solle eine Untersuchung zur Frage der dauerhaften Dienstunfähigkeit stattfinden.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gleichstellung ab. Sie führte aus, die Voraussetzungen für eine Gleichstellung lägen nicht vor. Diese solle nach § 2 Abs. 3 SGB IX vorgenommen werden, wenn Menschen mit einem nicht nur vorübergehenden GdB von weniger als 50, aber mindestens von 30, infolge ihrer Behinderung ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Bei dem Kläger könne aufgrund der andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht eingeschätzt werden, ob er in der Lage sei, seine Beschäftigung wiederaufzunehmen und ob er diese, wenn auch mit behinderungsbedingten Einschränkungen, weiter ausüben könne. Der Kläger könne einen neuen Antrag stellen, wenn sich die Verhältnisse ändern würden, beispielsweise nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Der Kläger hat am 15. Februar 2016 vor dem Sozialgericht Hamburg Untätigkeitsklage erhoben, weil über seinen Widerspruch vom 14. November 2015 gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. November 2015 nicht innerhalb der in § 88 SGG normierten Frist entscheiden worden sei. Diese Klage ist Gegenstand des Berufungsverfahrens L 2 AL 4/20. In dem zu diesem Verfahren anhängigen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz teilte der Kläger am 20. Mai 2016 mit, er habe nunmehr seine Entlassung erhalten. Inzwischen erhält der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und aufstockend Leistungen der Grundsicherung.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 11. April 2016 hat die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den Bescheid vom 5. August 2015 wie auch gegen den Bescheid vom 9. Februar 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der letztgenannte Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens L 2 AL 5/ 20.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3 Februar 2020 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, in beiden Alternativen des § 2 Abs. 3 SGB IX bestehe kein Anspruch des Klägers auf Gleichstellung. Der Erlangungstatbestand in § 2 Abs. 3 Alt. 1 SGB IX setze voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz anstrebe. Dies sei nicht der Fall. Dem Kläger gehe es vorrangig um den Erhalt der Referendariatsstelle beim H ... Es sei auch kein konkreter Arbeitsplatz genannt worden, auf den sich der Kläger in Alternative zum Referendariat beworben habe und den er konkret anstrebe.
Auch die Gleichstellung zum Erhalt der Referendariatsstelle scheide aus, denn sie scheitere daran, dass – ungeachtet der Frage des Vorliegens einer akuten Arbeitsunfähigkeit - der Arbeitsplatz für den Kläger ungeeignet sei. Eine den Anspruch auf Gleichstellung mit einem Behinderten nach § 2 Abs. 3 SGB IX ausschließende Ungeeignetheit eines konkreten Arbeitsplatzes liege vor, wenn behinderungsbedingt unverzichtbare Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht ausgeübt oder solche Tätigkeiten nur unter Inkaufnahme sofort oder sicher deswegen künftig auftretender gesundheitlicher Folgen noch verrichtet werden könnten. Der Kläger habe in seinem Antrag auf Gleichstellung angegeben, dass er Fehlzeiten wegen Erschöpfung, Atemnot sowie Konzentrationsstörungen und Gedankenkreisen habe. Er habe eine reduzierte Merkfähigkeit und eine stark reduzierte Belastbarkeit bei geistiger, aber auch körperlicher Tätigkeit. Die dem Gericht bekannten Anforderungen an die Tätigkeit eines Referendars sprächen bei den mit der Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen gegen eine grundsätzliche Geeignetheit des Arbeitsplatzes, da Merk- und Konzentrationsfähigkeit wesentliche Eigenschaften seien, die bei der Tätigkeit abverlangt würden. Der Arbeitsplatz als Referendar könne auch nicht durch technische Hilfen oder durch behindertengerechte Umrüstung so umgestaltet werden, dass der Kläger die Aufgaben des Referendars verrichten könne. Bei der Prüfung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes seien die besonderen Verpflichtungen aller Versicherungsträger zur Rehabilitation sowie die aus § 164 Abs. 3 und 4 SGB IX folgenden Verpflichtungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen hätten gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit entsprechenden technischen Arbeitshilfen. Die Besonderheit der Tätigkeit der Rechtsreferendare bestehe darin, dass sie über keinen festen Arbeitsplatz im G. verfügten. Sie durchliefen in einem regulären Zeitraum von zwei Jahren mehrere (interne und externe) Stationen, welche sie großteils frei und selbständig wählten, und beendeten das Referendariat mit dem Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung. Aus dieser Besonderheit ergebe sich, dass weder technische Hilfen noch eine innerbetriebliche Umsetzung möglich sei, die den in seiner Merk- und Konzentrationsfähigkeit eingeschränkten Kläger in die Lage versetzen könnten, die im Referendariat mit hohen Anforderungen an die Konzentrations- und Merkfähigkeit einhergehenden Aufgaben vollwertig auszufüllen. Auch dürften die hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten für die Ungeeignetheit des Arbeitsplatzes sprechen. Wenn die Arbeitsplatzverhältnisse eine substantielle Verschlechterung der Erkrankung bzw. Ausweitung der Behinderung bedingten oder eine solche erwarten ließen, sei der Arbeitsplatz ungeeignet und der Schutzzweck der Gleichstellung an dem konkret inne gehabten Arbeitsplatz werde verfehlt. Die neben der Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten von den Krankenkassen mitgeteilten Diagnosen ließen darauf schließen, dass der Kläger den mit dem Ableisten des Referendariats verbundenen Leistungsanforderungen nicht nur nicht gewachsen sei, sondern auch darauf, dass die dort an ihn gestellten Erwartungen beim Fertigen von Arbeitsentwürfen und Rechtsprüfungen sowie beim Ableisten von Präsenzdiensten (Sitzungsanwesenheiten und Vorbereitungen), die jeweils regelmäßig mit einem gewissen unverzichtbaren, in der Arbeitswelt juristischer Berufe üblichen Zeitdruck und mit der Anforderung an die Konzentrationsfähigkeit, um auch komplexe Zusammenhänge auszuwerten, versehen seien, die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen gar noch zu intensivieren geeignet sein dürften.
Aber selbst wenn man den Arbeitsplatz grundsätzlich als geeignet ansehe, fehle es für einen Gleichstellungsanspruch daran, dass eine behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes nicht vorliege. Grundvoraussetzung für die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen sei, dass die Behinderung die wesentliche Ursache für eine mögliche Arbeitsplatzgefährdung sei. Zu fordern sei, dass der Arbeitnehmer ernstlich mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen müsse und er sich ohne Gleichstellung nicht gegenüber Gesunden im Wettbewerb um seinen Arbeitsplatz behaupten könne (vgl. LSG NRW, Urteil vom 4.6.2008, L 12 AL 64/07). Nach den Gründen für die amtsärztliche Untersuchung zu urteilen, seien Anlass für die Prüfung der Diensttauglichkeit die hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten infolge von Erkrankung. Es dürfe zwar als allgemeiner Erfahrungswert vorausgesetzt werden können, dass Behinderung und Arbeitsunfähigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stünden, da in der Gruppe von behinderten Menschen in erheblicherem Umfang mehr Arbeitsunfähigkeitszeiten aufträten als in der Gruppe nicht behinderter Menschen. Dennoch sei eine Behinderung, die bei dem Kläger unzweifelhaft mit einem GdB von 30 wegen seelischer Störungen festgestellt worden sei, nicht mit zu Ausfallzeiten führender Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Die Personalstelle für Referendare beim H. habe am 8. Februar 2016 mitgeteilt, dass infolge der ohne Einzelheiten oder Diagnosen bekannten gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers fortlaufende Krankschreibung seit 15 Monaten resultiere. Eine behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes sei darin nicht zu erkennen. Vielmehr dürfte die vom H. eingeleiteten Maßnahmen von Untersuchung bzw. ggfls. schwebend unwirksamer Entlassung ein Resultat aus der negativen Prognose für den Erfolg der Ausbildungszeit sein.
Der Kläger hat gegen den am 6. Februar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 10. Februar 2020 Berufung eingelegt. Er macht geltend, die Ausführungen des Gerichts passten nicht zu dem Umstand, dass man ihm keine Prüfungserleichterungen habe gewähren wollen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts vo 3. Februar 2020 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2016 zu verpflichten, ihn einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung hat der Senat dem mittellosen Kläger, dessen persönliches Erscheinen zum Termin nicht angeordnet war, auf seinen Antrag hin Kostenerstattung für eine Bahnkarte für Hin- und Rückfahrt und die notwendigen Tagegelder nach der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) bewilligt und unter Bezugnahme auf eine günstige, vom Gericht ermittelte Verbindung zunächst 142,90 EUR als Vorschuss an den Kläger überwiesen. Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat an diesem Tag um 6.25 Uhr morgens per Email mitgeteilt, das überwiesene Geld reiche nur für eine Teilstrecke, was ihm gerade erst aufgefallen sei. Er schicke dem Gericht das Ticket zu seiner Entlastung zurück und bitte für einen neuen Termin den Vorschuss rechtzeitig zu zahlen und darauf zu achten, dass das recherchierte Ticket nicht nur für eine Teilstrecke gelte.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 2. September 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berichterstatterin konnte zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern an Stelle des Senats entscheiden, da das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat ihr durch Beschluss vom 27. März 2020 die Berufung übertragen hat (§ 153 Abs. 5 SGG). Die Entscheidung konnte auch in Abwesenheit des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, weil dieser unter entsprechendem Hinweis ordnungsgemäß geladen worden waren. Dem steht die Mitteilung vom Morgen des Sitzungstages nicht entgegen, denn selbst wenn man die Mitteilung als Verlegungsantrag auslegen will, was sich nicht unmittelbar aus dem Schreiben ergibt, ist ein erheblicher Grund für das Nichterscheinen des Klägers damit nicht glaubhaft gemacht (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Vertagung: B. Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 110 Rn. 4b ff.). Zwar ist es zutreffend, dass aufgrund eines Büroversehens der übersendete Vorschuss den Reisepreis für Hin- und Rückreise nicht komplett, sondern nur zu 92% abdeckte (142,90 EUR zu 155,20 EUR), jedoch betraf der vom Kläger festgestellte Teilstreckenpreis ausschließlich die Rückfahrt von H1 nach B2, welche die Teilstrecke B. im Preis nicht abbildete. Der Kläger hatte also, sein Vortrag als zutreffend unterstellt, für die komplette Hinfahrt eine gültige Fahrkarte und hätte diese nutzen können, um dann vor Ort in der mündlichen Verhandlung den Restbetrag von 13 EUR (Differenz der Verbindungen, bzw. die Kosten einer Fahrkarte von B1 nach B2, das sind 7,90 EUR) geltend zu machen. Im Übrigen wäre dem Kläger nach Auffassung des Senats auch das einmalige Vorstrecken dieses Betrages von 13 EUR bzw. knapp 8 EUR bis zur Abrechnung seiner Reisekosten durch das Gericht zumutbar gewesen. Auch wenn sich das Bundessozialgericht (BSG) zu Bagatellgrenzen im Bereich von Grundsicherungsleistungen bisher sehr zurückhaltend geäußert hat, handelt es sich hier doch um einen einmaligen, geringfügigen Betrag, den der Kläger auch nur hätte verauslagen müssen und den er später zurückerhalten hätte. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung, auf die nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Absehen einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Senat ist, ebenso wie das Sozialgericht zuvor und mit derselben Begründung, welcher sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich anschließt, davon überzeugt, dass der Arbeitsplatz als Rechtsreferendar beim H. für den Kläger nach dessen Eignungs- und Leistungspotential ungeeignet war. Lediglich ergänzend sei insoweit auch auf folgende Umstände hingewiesen: Die Tätigkeit eines Juristen – um eine solche handelt es sich nach dem erfolgreich beendeten 1. Juristischen Staatsexamen, auch, soweit es sich um die Vorbereitung auf das 2. Juristische Staatsexamen im Beamtenverhältnis auf Widerruf handelt – erfordert nach der Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit (im Internet abzurufen unter berufenet.arbeitsagentur.de) die folgenden berufsspezifischen Merkmale des Arbeits- und Sozialverhaltens: • Leistungs- und Einsatzbereitschaft (z.B. Bereitschaft, engagiert und zeitlich flexibel dringende rechtliche Vertragsfragen zu klären) • Sorgfalt (z.B. fehlerfreie und präzise Formulierung juristischer Schriftstücke) • Verantwortungsbewusstsein und -bereitschaft (z.B. verantwortungsvolles Beraten von Unternehmen bei der rechtlichen Gestaltung von Gesellschafter-, Kauf- und anderen Verträgen) • Entscheidungsfähigkeit (z.B. sicheres Entscheiden über die Rechtmäßigkeit einer Vertragsformulierung in einem Beratungsgespräch) • Selbstständige Arbeitsweise (z.B. eigenständiges Klären juristischer Sachverhalte) • Lernbereitschaft (z.B. stets auf dem aktuellen Entwicklungsstand der Rechtsprechung bleiben) • Verschwiegenheit (z.B. Stillschweigen bewahren über Rechtsverhältnisse und Vertragsinhalte) • Psychische Stabilität (z.B. Bewahren professioneller Distanz gegenüber den Konfliktparteien in Mediationsverfahren) • Kommunikationsfähigkeit (z.B. schwierige Rechtsgegenstände verständlich darstellen) • Kontaktbereitschaft (z.B. rasches Herstellen vertrauensvoller Kontakte zu ratsuchenden Mandanten) • Konfliktfähigkeit (z.B. Vermitteln in rechtlichen Konflikten, beispielsweise als Mediator/in) • Selbstsicherheit (z.B. sicheres und souveränes Auftreten in Beratungsgesprächen oder in Verhandlungen) • Einfühlungsvermögen (z.B. Einstellen und angemessenes Reagieren auf die persönlichen Beweggründe oder den sozialen Hintergrund von Mandanten) • Verhandlungsgeschick (z.B. Führen von Vertragsverhandlungen) • Durchsetzungsvermögen (z.B. Begründen und Durchsetzen der Interessen von Unternehmen und Behörden) Zu den unbedingt notwendigen gesundheitlichen Anforderungen gehört dabei ein belastbares Nervensystem (vgl. berufenet a.a.O.). Der Kläger, der in diesem Bereich selbst auf erhebliche Einschränkungen seiner Belastbarkeit verweist, leidet nicht nur an einer, sondern an zwei Erkrankungen, welche mit einer erheblichen Einschränkung der psychischen Stabilität, der Einsatzfähigkeit und der Kontaktbereitschaft verbunden sind. So heißt es im ICD 10 zu der beim Kläger diagnostizierten Störung F21 (Schizotype Persönlichkeitsstörung): "Eine Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind. Es kommen vor: ein kalter Affekt, Anhedonie und seltsames und exzentrisches Verhalten, Tendenz zu sozialem Rückzug, paranoische oder bizarre Ideen, die aber nicht bis zu eigentlichen Wahnvorstellungen gehen, zwanghaftes Grübeln, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, gelegentlich vorübergehende, quasipsychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen, meist ohne äußere Veranlassung. Es lässt sich kein klarer Beginn feststellen; Entwicklung und Verlauf entsprechen gewöhnlich einer Persönlichkeitsstörung." Zum Formenkreis F32 (Depressive Episode) heißt es: "Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen." Die hohen Anforderungen, die an die Leistungsbereitschaft, die psychische Stabilität und die Kontaktbereitschaft und Konfliktfähigkeit eines Juristen gestellt werden, sind mit diesen Einschränkungen nicht ohne eine zu besorgende Verschlechterung des Gesundheitszustandes in Einklang zu bringen, ohne dass technische Hilfen zur Herstellung einer Geeignetheit des Arbeitsplatzes denkbar wären. Denn bei den genannten Anforderungen handelt es sich um solche, die an die persönliche Belastbarkeit des Juristen gerichtet sind und die bereits das Kerngeschäft der Tätigkeit mit sich bringt. Dass der Kläger hier möglicherweise bereits die Grenzen seiner Kraft überschritten hat, zeigen auch die Arbeitsunfähigkeitszeiten, die nahtlos in eine Erwerbsminderungsrente gemündet sind. Ungeeignet ist ein konkreter Arbeitsplatz jedoch für derjenigen, der behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, unverzichtbare Tätigkeiten an seinem Arbeitsplatz auszuüben oder diese nur unter Inkaufnahme sofort oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft deswegen auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichten kann. Der Zweck der Gleichstellung, die Verbesserung der Wettbewerbschancen der behinderten Menschen am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsmarkt, wird nicht erreicht, wenn die Leistungsanforderungen des konkreten Arbeitsplatzes von vornherein nicht erfüllt werden können oder die konkrete Tätigkeit zu einer zunehmenden Gesundheitsverschlechterung führt, was aller Voraussicht nach zu einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbschancen führt. Fehlt das Tatbestandsmerkmal des geeigneten - derzeit innehabenden - Arbeitsplatzes, besteht kein Anspruch auf Gleichstellung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.2.2014 - L 8 AL 501/13, Juris und Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6.8.2014 – B 11 AL 16/13 R, Juris). Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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