Ein fahrlässiges arbeitsvertragswidriges Verhalten, das Anlass für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben und die vom Jobcenter zu einem Ersatzanspruch herangezogene Person in die Lage gebracht hat, Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen zu müssen, ist sozialwidrig, wenn sie die Hilfebedürftigkeit als mögliche Folge ihres Verhaltens grob fahrlässig verkannt hat und das Verhalten einer vorsätzlichen Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit wertungsmäßig gleichsteht.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Februar 2019 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
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Im Streit steht ein Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten nach § 34 SGB II.
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Der zuvor als Taxifahrer beschäftigte Kläger bezog von August 2014 bis Januar 2015 neben Alg aufstockendes und teilweise wegen Sperrzeit gemindertes Alg II, nachdem er bei einer Anhörung des Straßenverkehrsamts wegen einer Fahrgastbeförderung im April 2014 unter Cannabiseinfluss seine Fahrerlaubnis zurückgegeben hatte und darauf sein Arbeitsverhältnis am 6.8.2014 fristlos gekündigt worden war. Deswegen machte das beklagte Jobcenter nach Anhörung einen Ersatzanspruch in Höhe von 3148,58 Euro beim Kläger geltend (Leistungsbescheid vom 9.7.2015; Widerspruchsbescheid vom 11.8.2015).
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Das SG hat den Leistungsbescheid aufgehoben (Urteil vom 20.2.2017), das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 26.2.2019): Der Kläger habe die Voraussetzungen für die Gewährung von SGB II-Leistungen nicht schuldhaft herbeigeführt. Zwar habe er seine Erwerbsmöglichkeit gefährdet und sich damit sozialwidrig verhalten. Jedoch falle das Verhalten nicht unter den eng zu fassenden Ausnahmetatbestand des § 34 SGB II, weil es über einen durchschnittlichen Sanktionsfall nicht hinausgehe.
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 34 SGB II. Dem Ausnahmecharakter des § 34 SGB II trage bereits die Feststellung des sozialwidrigen Verhaltens Rechnung. Ob der Sanktionsfall überdurchschnittlich sei, sei nicht zu prüfen.
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Der Beklagte beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Februar 2019 und des Sozialgerichts Lüneburg vom 20. Februar 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II
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Die zulässige Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob der geltend gemachte Ersatzanspruch besteht, vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend zu entscheiden.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Leistungsbescheid vom 9.7.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.8.2015, durch den der Beklagte den Kläger für den Zeitraum von August 2014 bis Januar 2015 zum Ersatz erbrachter Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 3148,58 Euro herangezogen hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der (isolierten) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG).
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2. Rechtsgrundlage des Leistungsbescheids ist § 34 Abs 1 SGB II, hier in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850); die Änderungen nach seinem Erlass durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) finden keine Anwendung (BSG vom 8.2.2017 - B 14 AS 3/16 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 3 RdNr 14 f). Danach gilt: "Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Von der Geltendmachung des Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde."
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Ersatzansprüche "bei sozialwidrigem Verhalten" (vgl die amtliche Überschrift des § 34 SGB II seit der Ergänzung durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; nachfolgend RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) entstehen hiernach unbeschadet etwaiger Gründe für ein Absehen von ihrer Geltendmachung kraft Gesetzes, wenn jemand nach Vollendung des 18. Lebensjahres durch sozialwidriges Verhalten die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen an sich und ggf in Bedarfsgemeinschaft lebende weitere Personen vorsätzlich oder grob fahrlässig erstmals verursacht hat (vgl BSG vom 8.2.2017 - B 14 AS 3/16 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 3 RdNr 20 ff; seit dem 1.8.2016 auch: "erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert"). Ob davon nach den Maßstäben zur Beurteilung eines zur Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses Anlass gebenden Verhaltens (dazu 3.) hier auszugehen ist, vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen (dazu 4.).
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3. Ein fahrlässiges arbeitsvertragswidriges Verhalten, das Anlass für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben und die in Anspruch genommene Person in die Lage gebracht hat, Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen zu müssen, ist sozialwidrig, wenn sie die Hilfebedürftigkeit als mögliche Folge ihres Verhaltens grob fahrlässig verkannt hat und das Verhalten einer vorsätzlichen Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit wertungsmäßig gleichsteht.
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a) Ersatzansprüche nach § 34 SGB II wegen der Herbeiführung (seit dem 1.8.2016 auch: der Erhöhung, dem Aufrechterhalten oder nicht Verringern) von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II bestehen - mindestens seit Ergänzung der amtlichen Überschrift der Vorschrift durch RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG - nur "bei sozialwidrigem Verhalten". Mit dieser Wendung (vgl ebenso BT-Drucks 17/3404 S 113) ist Bezug genommen auf die Rechtsprechung des BVerwG zu der bei der Einführung von SGB II und SGB XII in unterschiedlicher Weise aufgegriffenen Regelung des § 92a BSHG (zu den Unterschieden und der Rechtsentwicklung vgl nur Simon in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 103 RdNr 14 ff, Stand 3.8.2020), nach der die Ersatzpflicht wegen der Herbeiführung der Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe auf einen "engen deliktsähnlichen Ausnahmetatbestand" beschränkt war (stRspr; vgl zuletzt nur BVerwG vom 10.4.2003 - 5 C 4.02 - BVerwGE 118, 109, 111 mwN); dem entspricht auch das Verständnis des BSG von § 34 SGB II (BSG vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 17; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 18).
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b) Der einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II tragende Vorwurf der Sozialwidrigkeit ist darin begründet, dass der Betreffende - im Sinne eines objektiven Unwerturteils - in zu missbilligender Weise sich selbst oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen in die Lage gebracht hat, existenzsichernde Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen (vgl zu § 92a BSHG nur BVerwG vom 14.1.1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318, 321 und zuletzt BVerwG vom 10.4.2003 - 5 C 4.02 - BVerwGE 118, 109, 111, jeweils mwN; zu § 34 SGB II BSG vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 21 sowie BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 22). Verwendet er etwa erzielte Einnahmen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts und wird dadurch Hilfebedürftigkeit herbeigeführt, kann dies einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen, wenn ein anderes Ausgabeverhalten grundsicherungsrechtlich abverlangt war (BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 17 f; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 22). Vergleichbar hat das BVerwG sozialwidriges Verhalten erwogen bei der Aufgabe eines bestehenden Krankenversicherungsschutzes (BVerwG vom 23.9.1999 - 5 C 22.99 - BVerwGE 109, 331) oder bei der Schaffung einer Lage, die trotz vorangegangener Versagung zur Leistung von Sozialhilfe zwingt (BVerwG vom 14.1.1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318). Einzubeziehen bei dieser Einordnung sind schließlich auch die im SGB II festgeschriebenen Wertmaßstäbe, in denen sich ausdrückt, welches Verhalten als dem Grundsatz der Eigenverantwortung vor Inanspruchnahme der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuwiderlaufend angesehen wird (BSG vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 20; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 22).
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c) Drücken danach grundsätzlich auch die Tatbestände des § 31 SGB II aus Sicht des SGB II nicht zu billigende Verhaltensweisen aus, deren Verletzung Ersatzansprüche nach § 34 SGB II begründen kann, so folgt daraus jedoch nicht, dass jede Verwirklichung eines nach § 31 SGB II sanktionsbewehrten Tatbestands zugleich einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II begründet. Wie der Senat bereits entschieden hat, stehen die Vorschriften vielmehr - soweit ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II an Verhalten anknüpfen soll, das schon Anlass für eine Leistungsminderung nach den §§ 31 ff SGB II gegeben hat - in einem Stufenverhältnis, nach dem auf die Verwirklichung eines nach § 31 SGB II sanktionsbewehrten Tatbestands regelhaft mit einer Minderung nach den §§ 31a und 31b SGB II zu reagieren und (nur) in einem besonderen Ausnahmefall zusätzlich ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II geltend zu machen ist. Kennzeichen dessen ist, dass - deliktsähnlich - die in den Tatbeständen des § 31 SGB II ausgedrückten Verhaltenserwartungen in besonders hohem Maß verletzt worden sind (BSG vom 29.8.2019 - B 14 AS 49/18 R - RdNr 27 f mwN).
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d) Das gilt auch für arbeitsvertragswidriges Verhalten, das Anlass für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben und damit den Minderungstatbestand von § 31 Abs 2 Nr 3 oder 4 SGB II iVm § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III erfüllt hat. Anders war schon § 92a BSHG als enger deliktsähnlicher Ausnahmetatbestand (vgl zuletzt nur BVerwG vom 10.4.2003 - 5 C 4.02 - BVerwGE 118, 109, 111 mwN) nicht zu verstehen. Umso mehr gilt das seit der Neufassung des § 43 SGB II durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, mit der die Realisierung von Ersatzansprüchen durch die Möglichkeit der Aufrechnung in Höhe von 30 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs grundsätzlich anteilig in den laufenden Leistungsbezug vorverlagert worden ist (§ 43 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG). Soweit damit im Gesetzgebungsverfahren "kein schutzwürdiges Interesse des Leistungsberechtigten" als berührt angesehen worden ist (BT-Drucks 17/3404 S 116), kann das angesichts der schwerwiegenden Rechtsfolge mit dem Zugriff auf an sich zur Existenzsicherung benötigte Mittel - wird nicht wegen einer Härte von der Geltendmachung abgesehen (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB II) oder im Einzelfall auf die Aufrechnung im Ermessenswege verzichtet (vgl § 43 Abs 1 Halbsatz 1 SGB II) - grundsätzlich über die gesamte Dauer des pflichtwidrig verursachten (seit dem 1.8.2016 auch: pflichtwidrig erhöhten) Leistungsbezugs und der dafür geltenden verfassungsrechtlichen Maßgaben (vgl zu Leistungsminderungen bei der Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten BVerfG vom 5.11.2019 - 1 BvL 7/16 - BVerfGE 152,68 RdNr 130 ff) nur auf ein Fehlverhalten gerichtet sein, das - wie das LSG unter Verweis auf den nur "durchschnittlichen Sanktionsfall" der Sache nach angenommen hat - nicht für jeden sperrzeitbegründenden Pflichtenverstoß in einem Beschäftigungsverhältnis vorauszusetzen ist.
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e) Maßgebend dafür ist nicht das Maß der Pflichtverletzung im Beschäftigungsverhältnis, sondern im Verhältnis zur Allgemeinheit, die als Solidargemeinschaft die Mittel der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufzubringen hat (vgl schon BVerwG vom 23.9.1999 - 5 C 22.99 - BVerwGE 109, 331, 333; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 22). Mit Blick hierauf hat der erkennende Senat demzufolge im Anschluss an den 4. Senat des BSG und dessen Rückgriff auf die Rechtsprechung des BVerwG zu § 92a BSHG ein Verhalten als sozialwidrig angesehen, das (1) in seiner Handlungstendenz auf die Einschränkung bzw den Wegfall der Erwerbsfähigkeit oder der Erwerbsmöglichkeit oder (2) die Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit bzw der Leistungserbringung gerichtet war bzw hiermit in "innerem Zusammenhang" stand oder bei dem (3) ein spezifischer Bezug zu anderen nach den Wertungen des SGB II zu missbilligenden Verhaltensweisen bestand (BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 20 unter Verweis auf BSG vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 16 und 22).
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Knüpfen diese Umschreibungen primär an das im "Herbeiführen" insbesondere angelegte Verständnis des zielgerichteten und damit vorsätzlichen Bewirkens von Hilfebedürftigkeit an (durch gezieltes Handeln bewirken, dass etwas geschieht, dass es zu etwas kommt; vgl Paul, Deutsches Wörterbuch, 10. Aufl 2002, 467; Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl 1999, Bd 4, 1748; Duden. Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl 2010, 485; vgl dazu BSG vom 8.2.2017 - B 14 AS 3/16 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 3 RdNr 18 mwN), so lassen sie sich auf das grob fahrlässige Herbeiführen von Hilfebedürftigkeit zwar nicht unmittelbar übertragen. Das ändert indes nichts an dem in der hergebrachten Auffassung angelegten und in der nunmehr geltenden Ausgestaltung umso mehr gebotenen Verständnis von § 34 SGB II als einem eng zu fassenden Ausnahmetatbestand. Dem entspricht zum einen, dass sich - im Sinne eines Wissenselements - vorsätzlich oder grob fahrlässig iS von § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II nur verhält, wer sich der Sozialwidrigkeit seines Verhaltens bewusst oder grob fahrlässig nicht bewusst ist (vgl BVerwG vom 10.4.2003 - 5 C 4.02 - BVerwGE 118, 109, 111 mwN). Hinzutreten muss - weil der Vorwurf des sozialwidrigen Verhaltens jedenfalls nicht primär aus dem Maß der Sorgfaltswidrigkeit Dritten (wie hier dem Taxiunternehmer) gegenüber abzuleiten, sondern vorrangig aus Sicht der in Anspruch genommenen Allgemeinheit zu treffen ist - auf der Wertungsebene, dass das zur Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen führende Verhalten - hier der Verstoß gegen das Gebot der Trennung eines Cannabiskonsums vom Führen von Kraftfahrzeugen (vgl dazu letztens BVerwG vom 11.4.2019 - 3 C 9.18 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr 21) - in vergleichbarer Weise zu missbilligen ist wie ein solches, das auf die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen ausdrücklich angelegt ist, das grob fahrlässige Verhalten der vorsätzlichen Herbeiführung also wertungsmäßig gleichsteht. Das ist nach den - vom Jobcenter bereits im Verwaltungsverfahren vollständig zu ermittelnden (BSG vom 29.8.2019 - B 14 AS 49/18 R - RdNr 28) - Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl nur BVerwG vom 24.6.1976 - V C 41.74 - BVerwGE 51, 61, 65; BSG vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 21).
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4. Ob die zum Entzug der Fahrerlaubnis führende und damit Anlass für die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als Taxifahrer gebende Personenbeförderung durch den Kläger unter Cannabiseinfluss hiernach als sozialwidrig anzusehen ist, vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen.
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a) Gegen den Kläger spricht insoweit, dass die Verletzung des fahrerlaubnisrechtlichen Trennungsgebots angesichts der festgestellten THC-Konzentration im Hinblick auf die Anforderungen an ihn aus den Verhaltenspflichten im Rahmen der Personenbeförderung erheblich ist (dazu BVerwG vom 11.4.2019 - 3 C 9.18 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr 21; zu den Werten BVerwG vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr 16 RdNr 37 ff). Hingegen bieten die Feststellungen des LSG keinen Anhalt für die Annahme, dass dieses Verhalten - die Beförderung von Personen unter Missachtung des fahrerlaubnisrechtlichen Trennungsgebots - mittelbar auf die Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses angelegt war oder eine solche Folge von dem Kläger im Sinne einer Gleichgültigkeit dem Verlust der Fahrerlaubnis und der nachfolgenden Angewiesenheit auf aufstockendes Alg II gegenüber auch nur billigend in Kauf genommen worden wäre.
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b) Sozialwidrig iS von § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II war der Verstoß gegen das Trennungsgebot hiernach (vgl RdNr 17) deshalb nur, wenn sich der Kläger grob fahrlässig der Einsicht verschlossen hat, dass sein Verhalten zum Entzug seiner Fahrerlaubnis führen und er deshalb seinen Arbeitsplatz als Taxifahrer verlieren und hilfebedürftig nach dem SGB II werden könnte und dies weiter der vorsätzlichen Herbeiführung (seit dem 1.8.2016 auch: der Erhöhung, dem Aufrechterhalten oder nicht Verringern) von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II wertungsmäßig gleichsteht.
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c) Ob der Vorwurf der Sozialwidrigkeit - wie das LSG angenommen hat - hiernach unbegründet ist, kann der Senat auf der Grundlage von dessen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Zwar war das LSG danach überzeugt, dem Kläger habe nicht unmittelbar vor Augen stehen müssen, dass sein Verhalten unweigerlich zum Bezug von Grundsicherungsleistungen führen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen ist jedoch offen, ob damit eine Feststellung (nur) zur groben Fahrlässigkeit getroffen oder eine Gesamtbewertung des Verhaltens des Klägers vorgenommen worden ist. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG daher zu klären und festzustellen haben, welche Vorstellungen der Kläger zu den Folgen seines Cannabiskonsums für die fragliche Fahrgastbeförderung hatte, und ggf zu beurteilen haben, ob das Verhalten - sollte es als grob fahrlässig iS von § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II anzusehen sein - unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls der vorsätzlichen Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II wertungsmäßig gleichsteht und deshalb als sozialwidrig zu qualifizieren ist.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.