L 1 KR 3/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 KR 257/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 3/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16.11.2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger bei der Beklagten versichert ist, insbesondere, ob er Mitglied der Krankenversicherung der Rentner - KVdR - ist.

Der am ... geborene Kläger beantragte am 19.02.1996 bei der beigeladenen Landesversicherungsanstalt Sachsen die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In der Meldung zur KVdR vom 12.03.1996 gab an, im September 1975 erstmalig eine Erwerbstätigkeit aufgenommen zu haben und in Folge bis zum 31.12.1990 erwerbstätig gewesen zu sein. Vom 01.01.1991 bis 20.03.1994 sei er versicherungspflichtiges Mitglied bei der AOK Dresden gewesen. Unter dem 04.04.1996 wählte der Kläger die Mitgliedschaft bei der Beklagten. Die Beklagte führte eine Prüfung der Vorversicherungszeit für die Versicherung in der KVdR durch. Auf der Rückseite des Meldeformulars zur KVdR kreuzte sie als Ergebnis der Prüfung an, dass die Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei. Am 18.03.1997 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass mit Bescheid vom 25.02.1997 der Antrag des Klägers abgelehnt worden sei, da Berufsunfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) nicht vorliege.

Am 18.03.1997 erließ die Beklagte einen Einstufungsbescheid. Danach hat die Beklagte für die Einstufung des Klägers beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 1.213,33 DM zu Grunde gelegt. Die Einstufung gelte ab 19.02.1996. Der Krankenversicherungsbeitrag betrage monatlich 155,30 DM. Des Weiteren machte die Pflegekasse der Beklagten mit Bescheid vom 18.03.1997 Beiträge zur Pflegeversicherung ab dem 19.02.1996 geltend.

Mit Bescheid vom 31.07.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Mitgliedschaft zum 31.08.1998 beenden werde. Dem Antrag auf Mitgliedschaft habe die Beklagte statt gegeben, obwohl es an einer Rechtsgrundlage hierfür gefehlt habe. Da der Kläger vom 21.03.1994 bis 19.02.1996 in keiner Krankenkasse versichert gewesen sei, habe er die Vorversicherungszeit nicht erfüllt. Eine Beitrittsberechtigung habe sich aus den §§ 5 bzw. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. § 10 der Satzung der DAK nicht ergeben. Der Kläger habe zu keinem der in den gesetzlichen Bestimmungen definierten Personenkreise gehört. Er sei weder versicherungspflichtig noch versicherungsberechtigt, sondern versicherungsunfähig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könnten Personen, die nicht versicherungsfähig seien, also nicht dem Kreis der Versicherungspflichtigen oder Versicherungsberechtigten angehörten, weder durch Verwaltungsakt noch durch Vertrag Mitglied einer Krankenkasse werden. Hiergegen legte der Kläger am 13.08.1998 Widerspruch ein. Er trug vor, dass eine Kündigung höchstens zum Jahresende statthaft sei.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.1998 zurück. Der Kläger sei weder als Bezieher von Sozialhilfeleistungen noch als Rentenantragsteller versicherungsfähig gewesen. Dass er dennoch versichert worden sei, dürfe nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Nach dem auch im gesamten öffentlichen Recht geltenden Rechtsgedanken des § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein Rechtsgeschäft, dass gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, nichtig sei, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergebe, habe der Widerspruchsausschuss seinem Begehren nicht entsprechen können. Wenn der Gesetzgeber nämlich in § 173 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung eröffne, verbiete er gleichzeitig ihren Trägern, Versicherungsunfähige als Mitglieder aufzunehmen. Ausnahmen von diesem Gebot seien im Gesetz nicht vorgesehen. Der Widerspruchsbescheid enthielt folgende Rechtsbehelfsbelehrung: "Gegen diesen Widerspruchsbescheid können sie gemäß §§ 54 Abs. 1, 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Sozialgericht Dresden, Löbtauer Straße 4, 01067 Dresden, erheben. Die Klageschrift ... und einen bestimmten Antrag enthalten; sie soll auf diesen Bescheid hinweisen, die zur Begründung dienenden Tatsachen, Beweismittel angeben und muss von ihnen oder einen zu ihrer Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein."

Bereits am 14.09.1998 hatte der Kläger beim Sozialgericht Dresden (SG) mit Schriftsatz vom 08.09.1998 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Weiterversicherung bei der Beklagten gestellt, damit sein Krankenversicherungsschutz erhalten bleibe. Im Erörterungstermin vom 26.11.1998 nahm der Kläger seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück und erklärte weiter, dass er zugleich einen Antrag auf Erhebung einer Feststellungsklage stelle, mit der er beantrage festzustellen, dass eine Mitgliedschaft bei der Beklagten über den 31.08.1998 bis auf weiteres fortbestehe. Soweit die Feststellungsklage als nicht zulässig erachtet würde, beantrage er hilfsweise, den Antrag vom 08.09.1998 zugleich als Klage gegen die Beendigung der Mitgliedschaft vom 31.07.1998 zu bewerten.

In der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2000 beantragte der Kläger festzustellen, dass seine Mitgliedschaft bei der Beklagten über den 31.08.1998 hinaus fortbestehe, hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom 31.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.1998 aufzuheben. Das SG gab dem Hilfsantrag statt und wies im Übrigen die Klage durch Urteil ab. Die Klage sei hinsichtlich des Hauptantrages unzulässig, da im Hinblick auf die Möglichkeit der Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Anfechtungsklage kein berechtigtes Interesse an einer gesonderten Feststellung des Fortbestehens der Mitgliedschaft im Sinne des § 50 Abs. 1 SGG bestehe. Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Der Kläger habe fristgemäß Klage erhoben. Klageerhebung habe gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG innerhalb eines Jahres erhoben werden können, da die Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 13.10.1998 unrichtig sei, da der Widerspruchsbescheid den Hinweis enthalten habe, der Kläger könne gegen diesen Widerspruchsbescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erheben. Gemäß § 87 Abs. 2 SGG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung habe die Klagefrist, sofern ein Vorverfahren statt gefunden habe, hingegen mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides begonnen. Erst durch Gesetz vom 22.12.1999 (BGBl. I, S. 2626) sei § 87 Abs. 2 SGG dahingehend geändert worden, dass nunmehr auf die Bekanntgabe abzustellen sei. Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X für die Rücknahme des Bescheides vom 18.03.1997 mit Wirkung für die Zukunft hätten nicht vorgelegen. Das SG ist unter Hinweis auf das Urteil des LSG Berlin vom 27.01.1999 (Az: L 15 KR 31/96) der Ansicht, dass es sich bei dem Einstufungsbescheid der Beklagten vom 18.03.1997 um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 45 SGB X handele. Durch diesen Bescheid habe die Beklagte festgestellt, dass der Kläger zum Kreis der Versicherungspflichtigen Rentenantragsteller im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V gehöre. Zwar habe die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers als Rentenantragsteller im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht ausdrücklich im Tenor des Bescheides, jedoch sinngemäß durch die ausdrückliche Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit als Rentenantragsteller ab dem 19.02.1996 ausgesprochen. Der Bescheid sei aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont in der Weise zu verstehen und auch von ihm (dem Kläger) verstanden worden, dass die Beklagte hiermit nicht nur eine irgendwie geartete "Mitgliedschaft" bestätigt habe, sondern vielmehr insbesondere auch die Versicherungspflicht des Klägers als Rentenantragsteller gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V festgestellt habe. Da der Kläger die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe, sei der Bescheid rechtswidrig. Mangels erforderlicher Ermessensausübung sei der Bescheid vom 31.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.1998 jedoch rechtswidrig und daher aufzuheben.

Gegen das ihr am 17.01.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 31.01.2001 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Bezug des SG auf das angegebene Urteil des LSG Berlin gehe fehl, da in dem vom LSG Berlin beurteilten Rechtsstreit die Rücknahme eines Verwaltungsaktes strittig gewesen sei, der die Regelung des Versicherungsverhältnisses des Klägers betroffen habe. Die Herstellung der Mitgliedschaft des Klägers sei durch Verwaltungsakt aber gerade nicht bestätigt worden. Lägen die Voraussetzungen für die Herstellung einer Mitgliedschaft nicht vor, so sei der Beitritt vielmehr nichtig und führe zu einer Fehlversicherung. Die Nichtigkeit des Beitritts zur Beklagten habe zur Folge, dass die Mitgliedschaft nach Feststellung der Fehlversicherung zu beenden sei. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (BSG, Urteil vom 28.02.1961 - 3 RK 53/56; Urteile vom 25.02.1966 - 3 RK 38/65 und 3 RK 73/61). Im Übrigen verweist die Beklagte auf ein Urteil des SG vom 09.04.1998 - S 16 KR 41/98 -. Hier habe das SG ausgeführt, dass es, da der Beitritt als freiwilliger Versicherter allein durch eine Willenserklärung des Versicherten zustande komme, weder der Bestätigung durch die Krankenversicherung in Form eines Verwaltungsaktes noch der Annahme in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bedürfe. Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen, komme das Versicherungsverhältnis ohne irgendein Zutun der Krankenkasse zustande. Daher liege auch in dem Beitragseinstufungsbescheid keine Regelung der Beklagten zur Frage der Berechtigung der freiwilligen Versicherung bzw. eine etwaige Bestätigung derselben nach einer entsprechenden Entscheidung der Beklagten. Der Bescheid treffe lediglich eine Regelung zur Beitragshöhe, soweit eine freiwillige Versicherung entsprechend der Erklärung des Klägers bestehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16.11.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und der Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1; § 110 Abs. 1 SGG).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der vor dem SG gestellte Hilfsantrag des Klägers, da dieser seinerseits gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig und erweist sich in der Sache als begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 31.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.1998 aufgehoben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen Der Kläger ist über den 31.08.1998 hinaus nicht Mitglied bei der Beklagten-Ersatzkasse.

Die Anfechtungsklage ist zulässig. Das SG geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Klage fristgemäß erhoben wurde. Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Zustellung, oder wenn nicht zugestellt wird, nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist gemäß § 87 Abs. 2 SGG in der im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung der Bekanntmachung des SGG vom 23. September 1975 (BBGl. I S. 2535, 2547) -a.F.- mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides zu laufen.

Der Senat konnte dahingestellt lassen, ob die Klageerhebung am 26.11.1998, die wirksam vom Vorsitzenden Richter in der Sitzung zur Niederschrift aufgenommen werden konnte (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 90 Rz. 6), innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 SGG erhoben wurde, da die Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 13.10.1998 unrichtig war und daher die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zur Erhebung der Klage galt. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG sieht vor, dass, sofern die Belehrung unrichtig erteilt worden ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig ist, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war, oder eine schriftliche Belehrung dahingehend erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Soweit das SG die Ansicht vertritt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung deshalb unrichtig sei, weil danach Klage innerhalb eines Monats nach "Bekanntgabe" des Widerspruchsbescheides zu erheben gewesen sei, während § 87 Abs. 2 SGG a.F. im Zeitpunkt der Klageerhebng die Zustellung des Widerspruchsbescheides als maßgebend für den Beginn der Klagefrist vorsah, verkennt es, dass § 85 Abs. 3 SGG mit Wirkung ab 01.04.1998 nunmehr nur noch die einfache Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides durch die Behörde vorsieht (vgl. Artikel 1 Nr. 2, Artikel 4 Abs. 2 5. Gesetz der Änderung des Sozialgerichtsgesetzes - 5. SGG-ÄndG - vom 30. März 1998 [BGBl. I S. 638]). § 85 Abs. 3 SGG normiert indes die Voraussetzungen für den formell richtigen Erlass eines Widerspruchsbescheides. Im Hinblick auf die Novellierung des § 85 Abs. 3 SGG wäre es erforderlich gewesen, auch die Vorschrift des § 87 Abs. 2 SGG a.F. entsprechend dahingehend abzuändern, dass die Klagefrist bei vorausgegangenen Vorverfahren mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beginnt. Diese Änderung ist indes durch den Gesetzgeber zunächst nicht erfolgt. Insoweit handelt es sich jedoch offensichtlich nur um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers, dass er durch Artikel 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626, 2651) korrigiert hat. Seit dem 01.01.2000 (vgl. Artikel 22 Abs. 5 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) normiert nunmehr § 87 Abs. 2 SGG ausdrücklich, dass die Klagefrist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beginnt, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat. Der Beklagte hat somit den Widerspruchsbescheid vom 13.10.1998 formell ordnungsgemäß entsprechend § 85 Abs. 3 SGG i. d. F. des 5. SGG-ÄndG erlassen und war die Rechtsmittelbelehrung insoweit nicht zu beanstanden.

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist aber deshalb unrichtig, weil in ihr angegeben ist, dass die Klage mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein "muss". § 92 SGG sieht hingegen nur vor, dass die Klage von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein soll. Die Unterschrift unter die Klageschrift ist daher zur Wirksamkeit der Klage nicht erforderlich (vgl. BSGE 19, 191). Die Bezeichnung der Soll-Vorschrift als Muss-Vorschrift und der unrichtige Hinweis auf dieses angeblich zwingende Erfordernis führen zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG Platz greift. Da Klage am 26.11.1998 erhoben wurde, hat der Kläger die Jahresfrist unzweifelhaft gewahrt.

Die Anfechtungsklage erweist sich indes in der Sache als unbegründet. Mit Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.1998 festgestellt, dass der Kläger weder versicherungspflichtig noch versicherungsberechtigt ist und daher nicht Mitglied in der Beklagten-Ersatzkasse sein kann. Der Feststellung, dass ein Versicherungsverhältnis nicht entstanden ist, steht der Einstufungsbescheid der Beklagten vom 18.03.1997 nicht entgegen. Die Beklagte hat mit dem Einstufungsbescheid keinen Verwaltungsakt erlassen, der nach § 77 SGG zwischen den Beteiligten bindend geworden ist, weil sie in diesem keine "Regelung" über die Versicherungspflicht des Klägers getroffen hat. Entgegen der Auffassung des SG war daher eine Aufhebung des Bescheides vom 18.03.1997 gemäß § 45 SGB X nicht erforderlich.

Der Kläger ist weder versicherungspflichtig im Sinne des § 5 SGB V noch versicherungsberechtigt im Sinne des § 9 SGB V.

Ein Versicherungsverhältnis nach deutschem Recht als Grundlage für die Leistungspflicht der Krankenkasse wird entweder durch Gesetz als Pflichtversicherung oder auf Grund eines Antrages als freiwillige Versicherung begründet. Nach den für den Kläger einschlägigen §§ 189 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V, § 3 Nr. 2 SGB IV hängt die Versicherungspflicht davon ab, ob eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt wurde bzw. bezogen wird, die Vorversicherungszeit erfüllt wurde und ein Wohnsitz im Inland besteht. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen schafft eine besondere Beziehung zu einer bestimmten Krankenkasse, indem der Rentner deren "Mitglied" wird (§ 173 Abs. 1 SGB V), soweit er gemäß § 175 Abs. 1 SGB V sein Wahlrecht entsprechend ausübt.

Eine Versicherungspflicht des Klägers in der KVdR bestand von Anfang an bereits deshalb nicht, weil der Kläger die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht erfüllt. Danach sind versicherungspflichtig, Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente nach der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes auf Grund einer Pflichtversicherung Mitglied oder auf Grund einer Pflichtversicherung nach § 10 versichert waren; als Zeiten der Pflichtversicherung gelten auch Zeiten, in denen wegen des Bezugs von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaues (§ 38 Nr. 2 des Sechsten Buches) oder des Bezuges von Überprüfungsgeld aus der Seemannskasse (§ 143 des Siebten Buches) eine freiwillige Versicherung bestanden hat. Nach den eigenen Angaben des Klägers, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass zu zweifeln hatte, erstreckt sich die Rahmenfrist ausgehend von der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Kläger zum 01.09.1975 bis zum Tag der Rentenantragstellung am 19.02.1996 über einen Zeitraum von 20 Jahren, 5 Monaten und 18 Tagen, wobei die zweite Hälfte der Rahmenfrist (10 Jahre, 2 Monate, 24 Tage) am 25.11.1985 begann und am 18.02.1996 endete. Voraussetzung für eine Pflichtversicherung als Rentenantragsteller waren demnach Vorversicherungszeiten von 9 Jahren, 2 Monaten und 16 Tagen (9/10 von 10 Jahren, 2 Monaten und 24 Tagen). Der Kläger hat hingegen auf Pflichtversicherung beruhende Mitgliedszeiten in der zweiten Hälfte der Rahmenfrist von insgesamt 8 Jahren, 3 Monaten und 26 Tagen. Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V bestand demnach nicht.

Der Kläger konnte sich auch nicht gem. § 9 SGB V bei der Beklagten freiwillig versichern. Unabhängig davon, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, der als Berechtigungstatbestand allein in Betracht kommt, erfüllt, konnte der Kläger jedenfalls im März bzw. April 1996 nicht mehr wirksam der Beklagten beitreten, da er den Beitritt nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft am 20.03.1994 angezeigt hatte (vgl. § 9 Abs.2 Nr. 1 SGB V).

Ob Personen, die - wie der Kläger - nicht versicherungsfähig sind, dennoch durch Verwaltungsakt oder durch Vertrag Mitglied einer Krankenkasse werden können, oder ob dem der auch im öffentlichen Recht geltende Gedanke des § 134 BGB entgegensteht, wonach durch Vertrag nicht wirksam zu einem ungesetzlichen Verhalten verpflichtet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.1961 - 3 RK 63/56 - Breithaupt 1961, 890, 891, 892), konnte der Senat dahingestellt lassen, da es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 18.03.1997 nicht um einen Verwaltungsakt handelt, mit dem die Beklagte die Mitgliedschaft des Klägers festgestellt oder gar begründet hat. Der Bescheid vom 18.03.1997 enthält insoweit keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Die in dem Bescheid getroffene Regelung bezieht sich allein auf die vom Kläger geschuldeten Krankenversicherungsbeiträge.

Maßgebend für den Regelungsgehalt des Verfügungssatzes eines Verwaltungsaktes ist die darin abgegebene Erklärung und der aus dem Inhalt ersichtliche Erklärungswille, in der Gestalt, wie beides für den Adressaten der Erklärung erkennbar geworden ist (vgl. BSG SozR 4100 § 117 Nr. 21 S. 112 m.w.N.). Maßgebend ist also nicht, was die Verwaltung mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern wie der Empfänger sie verstehen durfte. Andererseits kann der Empfänger sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn sie objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte.

Soweit das SG meint, die Beklagte habe die Feststellung der Versicherungspflicht sinngemäß durch die ausdrückliche Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen ausgesprochen, entspricht dies nicht dem Regelungswillen der Beklagten, wie dieser von einem objektiven Empfänger verstanden werden konnte. Weder ergibt sich ein solcher Regelungswille aus dem Wortlaut des Bescheides vom 18.03.1997, noch lagen Umstände vor, die den Schluss gerechtfertigt hätten, die Beklagte wolle mit dem Bescheid die Versicherungspflicht des Klägers und damit dessen Mitgliedschaft feststellen. Der Bescheid vom 18.03.1997 ist ausdrücklich als Einstufungsbescheid bezeichnet und regelt nur die Höhe der vom Kläger geschuldeten monatlichen Beiträge. Anders als in der vom SG zitierten Entscheidung des LSG Berlin vom 27.01.1999 - L 15 Kr 31/96 - findet sich in dem Bescheid kein Hinweis, dass dieser zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers ergeht. Dies war anders als in dem vom LSG Berlin entschiedenen Rechtsstreit auch nicht erforderlich, da die Versicherungspflicht in der KVdR gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V kraft Gesetzes eintritt. In dem zitierten Urteil des LSG Berlin ging es hingegen um die Versicherungspflicht des Klägers in der Künstlersozialversicherung. Bei selbstständigen Künstlern und Publizisten bedarf es aber gerade gemäß § 186 Abs. 3 Satz 1 SGB V für den Beginn der Mitgliedschaft in der Künstlersozialversicherung einer Feststellung der Versicherungspflicht, weil es hier an einem klar erkennbaren Anknüpfungstatbestand fehlt. Die Entscheidung des LSG Berlin ist daher auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar.

Es war schließlich weder geboten, noch gesetzlich vorgesehen, über die Versicherungspflicht des Klägers in Form eines Verwaltungsaktes zu entscheiden, insbesondere bestanden im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides zwischen der Beklagten und dem Kläger keine Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen der Versicherungspflicht des Klägers (vgl. insoweit Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 5 Rz. 69). Der Bescheid der Beklagten vom 18.03.1997 kann auch nicht dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenkasse feststellen wollte, nachdem ausdrücklich Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit als "Rentenantragsteller" vom Kläger gefordert wurden. Im Übrigen kommt der Beitritt als freiwillig Versicherter allein durch die Willenserklärung des Versicherten zustande und bedarf weder einer Bestätigung durch die Krankenversicherung in Form eines Verwaltungsaktes noch der Annahme in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Hierauf hat die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des SG Dresden vom 09.04.1998 zu Recht hingewiesen (vgl. auch Krause/von Mutius/Schnapp/Sievert, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch [GK-SGB] - Verwaltungsverfahren - § 31 Rz. 20; Gleitze/Krause/von Maydell/Merten GK-SGB IV § 2 Rz. 70; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 9 SGB V Rz. 18). Mangels im Sinne von § 77 SGG bindender Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers mit Bescheid vom 18.03.1997 war dessen Aufhebung zur Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten nicht erforderlich.

Nach alldem war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor, da insbesondere die Entscheidung, wie dargelegt, nicht von der des LSG Berlin vom 27.01.1999 (a.a.O.) abweicht.
Rechtskraft
Aus
Saved