Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 17 KR 525/03
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 142/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für die Berufungsinstanz nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Krankenbehandlungskosten während ihres Auslandsaufenthaltes in Spanien.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin ist am 1906 geboren. Im November 2000 besuchte sie ihren in A , Spanien, wohnenden Sohn und seine Familie. Während des dortigen Aufenthalts erkrankte sie und musste wegen einer akuten Lebensgefahr ins Krankenhaus eingewiesen werden. Der stationäre Aufenthalt erfolgte vom 26. Januar bis 3. Februar 2001. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt nahm der Sohn seine Mutter zu sich nach Hause und versorgte sie dort.
Am 20. Februar 2001 beantragte der Sohn der Klägerin bei der Beklagten erstmals die Erstattung der angefallenen Behandlungskosten. Die Beklagte erstattete diese daraufhin im Rahmen der deutschen Vertragssätze und wies die Klägerin darauf hin, dass eine Erstattung von Behandlungskosten im Ausland nur bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt und bei medizinisch sofort notwendigen Leistungen möglich sei. Wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort der Klägerin nunmehr Spanien sei, so komme hier eine Betreuung über die spanische Krankenkasse in Betracht. Nach Erteilung der so genannten residencia werde der Antragsvordruck E 121, mit dem die Einschreibung der Klägerin zur Sachleistungsgewährung bei der spanischen Krankenkasse (INSS) veranlasst werden könne, ausgehändigt. Sachleistungen würden dann durch die INSS nach den dortigen Rechtsvorschriften erbracht. Der Sohn der Klägerin verneinte einen Wohnsitzwechsel. Ein Rücktransport nach Deutschland sei allerdings aufgrund ihres Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht nicht möglich.
Auf einen weiteren Kostenantrag hin verpflichtete sich die Beklagte mit Bescheid vom 16. August 2002 zur Kostenerstattung bis 30. September 2002 nach deutschen Sätzen. Gleichzeitig wies sie die Klägerin darauf hin, dass sich für weitere Kostenerstattungen rechtliche Probleme stellten. Da die Rückkehr nach Deutschland nicht beabsichtigt sei, ergebe sich daraus ein gewöhnlicher Aufenthalt in Spanien. Dann wechsele aber die Zuständigkeit für Sachleistungen in die des spanischen Versicherungsträgers. Voraussetzung sei allerdings eine Einschreibung dort. Der Sohn der Klägerin, der den Schriftverkehr mit der Beklagten führte, vertrat hingegen die Auffassung, dass ihr Wohnsitz weiterhin in K bestehe. Ihr sei es nur medizinisch nicht möglich, dorthin zu reisen, da sie nicht reisefähig sei. Sie sei im Juni 2004 wegen Herzversagens in der Notfallklinik aufgenommen worden und sei jetzt pflegedürftiger als vorher. Eine Einschreibung in das spanische System sei schon aus praktischen Gründen nicht möglich. Die Klägerin solle ihre letzten Stunden/Tage bei ihm verbringen können. Das sei nur möglich durch die Betreuung der dortigen Ärzte und Schwestern. So erhalte sie mindestens 16 Stunden pro Tag Sauerstoff. Ihre persönlichen Dinge befänden sich allerdings noch in K. Sie sehe keine Veranlassung, ihren seit Jahrzehnten bestehenden Wohnort K zu ändern. Es sei unmöglich, die residencia zu beantragen. Er - der Sohn - könne nicht als Stellvertreter auftreten, da von den spanischen Behörden das persönliche Erscheinen gefordert werde. Das bedeute aber nach seinen Erfahrungen, dass sie sich tagelang über mehrere Stunden in den Warteräumen der zuständigen Behörden aufzuhalten habe. Das sei der Klägerin nicht möglich. Im Jahre 2001 seien Kosten in Höhe von 13.738,69 EUR und im Jahre 2002 4.741,65 EUR entstanden. Davon habe die Beklagte im Jahre 2001 1.898,22 EUR und im Jahre 2002 1.406,09 EUR erstattet. Damit verbleibe eine Differenz von 15.176,03 EUR, deren Erstattung sie beantrage. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die spanischen Behörden ganz offensichtlich Barrieren aufbauten, um Antragstellern die Erlangung der residencia zu erschweren.
Mit Bescheid vom 9. April 2003 lehnte die Beklagte eine weitere Kostenerstattung ab. Nachdem aufgrund der Erkrankung ein Rücktransport für die Klägerin nicht mehr möglich sei, habe sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien. Damit habe sie gleichzeitig Sachleistungsansprüche in dem Umfang, wie sie nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers für seine Versicherten vorgesehen seien. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Auffassung der Beklagten über ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien sei unzutreffend. Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes setze die willentliche Entscheidung dazu voraus. Das sei hier nicht gegeben, weil die Krankheit sie dazu gezwungen habe, in Spanien zu bleiben. Eine Transportfähigkeit sei nach Auskunft der Ärzte nach wie vor nicht gegeben. Die spanischen Behörden knüpften die Erstattung von Behandlungskosten an die Erlangung der residencia, also einer behördlichen Aufenthaltsgenehmigung, vor welche die spanischen Behörde jedoch eine Reihe von Hürden aufgebaut hätten.
Nach einem am 9./17.4.2003 erstellten Pflegegutachten bewohnte die Klägerin ein eigenes Schlafzimmer im Haus des Sohnes. Auf die entsprechende Empfehlung hin wurde ihr Pflegestufe I ab Februar 2001 zuerkannt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 7. August 2003 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen: Ihr Zustand sei weiterhin so fragil, dass die behandelnden Ärzte eine Transportfähigkeit strikt verneinten. Mit kurzen Ausnahmen sei sie nach wie vor ans Bett gefesselt. Die Beklagte habe ihr zwar ein Pflegegeld gewährt, es jedoch abgelehnt, ihr die durch die erforderliche ärztliche Behandlung und die Sauerstoffversorgung entstehenden laufenden Kosten zu erstatten. Sie habe nach wie vor ihre Wohnung und ihren Lebensmittelpunkt in K. Auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialversicherung in Spanien seien in keinem Fall gegeben. Spanische Behörden seien nicht geneigt, ausländischen Rentnern, die ihren Lebensabend in Spanien verbringen wollten, Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Die von der Beklagten der Klägerin zugemutete Klage gegen spanische Behörden, um in den Genuss der angeblichen EU-Regelung zu gelangen, sei nicht Sache der hilfsbedürftigen deutschen Staatsangehörigen, sondern Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland. Wenn deutsche Sozialversicherungsträger internationale Verträge abschlössen, müssten sie auch dafür sorgen, dass diese eingehalten würden und deutsche Staatsbürger in Notfällen die angeblich vereinbarten Leistungen erhielten. Der Einwand der Beklagten, es sei kein Antrag auf die residencia gestellt worden, sei zynisch und menschenverachtend.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die in der Vergangenheit entstandenen und in der Zukunft noch entstehenden Behandlungskosten in Spanien zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes komme es auf die tatsächlichen Gegebenheiten an, auf eine Willenserklärung dagegen nur dann, wenn ein Wechsel zwischen mehreren Wohnsitzen stattfinde. Nach den ihr vorliegenden Rechnungen seien der Klägerin im Jahre 2001 Kosten in Höhe von 6.664,09 EUR entstanden. Erstattet worden seien durch sie davon 3.133,36 EUR. Die Zusammensetzung des Betrages hat die Beklagte im Einzelnen erläutert. Ihre Erfahrungen mit dem Erwerb der residencia zeigten keine großen Schwierigkeiten. Sie betreue sehr viele deutsche Rentner, die ihren Wohnsitz nach Spanien verlegt hätten und dort Leistungen über den spanischen Träger bezögen. Es sei ihr nicht bekannt, dass bei einem Rentner eine residencia durch die spanischen Behörden abgelehnt worden sei. Allerdings müsse diese residencia auch beantragt werden. Das sei im Falle der Klägerin nicht geschehen. Im Übrigen seien auch entgegen der Auffassung der Klägerin die kostenfreien Rücktransporte aus dem Ausland nicht Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das Sozialgericht Köln hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht Kiel verwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 29. Oktober 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen und ergänzend ausgeführt: Spätestens ab Oktober 2002 habe sich die Klägerin nicht mehr nur vorübergehend im Ausland befunden, sondern ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz in Spanien. Damit sei spätestens von diesem Zeitpunkt an der Krankenbehandlungs- bzw. Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten entfallen. Ein Leistungsanspruch ergebe sich auch nicht aus europarechtlichen Vorschriften. Art. 28 der EWG-Verordnung 1408/71 sehe einen Sachleistungsanspruch eines Rentners, der keinen Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates habe, in dessen Gebiet er wohne, zwar vor. Die Sachleistungsgewährung gehe nach Art. 28 Abs. 2a auf Kosten des Trägers desjenigen Mitgliedsstaates, nach dessen Rechtsvorschriften der Rentner Anspruch auf diese Sachleistungen habe. Daraus folge für die Klägerin während ihres Aufenthaltes in Spanien, dass sie Sachleistungen des spanischen Krankenversicherungsträgers beanspruchen könne. Die Durchführung dieses Anspruchs erfolge, indem der Rentner sich beim Träger des Wohnortes eintragen lasse und dabei eine Bescheinigung über seinen Sachleistungsanspruch gegenüber dem Träger des anderen Mitgliedsstaates vorlege (Art. 28 der EWG-VO 574/72). Diese Möglichkeit einer Leistungsgewährung bestehe auch für die Klägerin. An dieser Rechtslage habe sich auch mit In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 13 Abs. 4 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) nichts für die Klägerin geändert. Von dieser Regelung seien nämlich alle beim ausländischen Träger des Wohnorts einzuschreibenden Versicherten, für die eine pauschalierte Abrechnung der Leistungsaushilfekosten vorgesehen seien, ausgenommen. Hier komme ausschließlich eine Inanspruchnahme von Sachleistungen im Rahmen der Leistungsaushilfe in Betracht. Auch die Bundesrepublik Deutschland erstatte nach den Vorschriften der Artikel 28, 95 EWG-VO 574/72 über die Zentralstelle der AOK Rheinland für deutsche KVdR-Rentner, die ihren Wohnsitz in Spanien hätten, an den spanischen Krankenversicherungsträger einen Pauschbetrag für Krankenversicherungsleistungen. Sofern bürokratische Hemmnisse von spanischer Seite die Einschreibung in Spanien und die Erlangung der so genannten residencia für die Klägerin erschwerten, könne dies keine Leistungsansprüche gegen einen deutschen Krankenversicherungsträger begründen. Für Versäumnisse oder organisatorische Missstände in spanischen Verwaltungsbehörden sei die Beklagte nicht verantwortlich.
Gegen das ihr am 18. November 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 23. November 2004. Zur Begründung ergänzt sie: Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 31. August 2005 (B 1 KR 2/04 R) nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichen Auffassungen der Behörden in den verschiedenen Vertragsstaaten nicht auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen werden dürften. In dem vom BSG entschiedenen Fall habe die Klägerin sogar die "tarjeta de residencia" von den spanischen Behörden erhalten und seit vielen Jahren ganz offiziell in Spanien gelebt. Wenn sogar in diesen Fällen ein Erstattungsanspruch bestehe, so dann doch wohl um so mehr, wenn die Versicherte von vornherein gar nicht die Absicht habe, ihren Wohnsitz nach Spanien zu verlegen. Außerdem habe das sozialgerichtliche Urteil unzutreffend die Begriffe Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt als gleichbedeutend angesehen. Die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt durch den Zeugen W sei ohne Vollmacht zum 31. Dezember 2004 erfolgt, um die kommunalen Gebühren zu sparen. Davon habe sie auch jetzt erst Kenntnis erlangt. Der zunächst zu Grunde gelegte Betrag von 1.898,26 EUR als Erstattungsbetrag der Beklagten für das Jahr 2001 sei unzutreffend wiedergegeben. Vielmehr sei in diesem Jahr ein Betrag von 5.383,04 EUR erstattet worden. Entsprechend vermindere sich der eingeforderte Betrag. Da sie, die Klägerin selbst gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, Rechnungen zu begleichen und die Bewegungen auf dem Konto zu überwachen, werde dies von dem Sohn und der Schwiegertochter wahrgenommen. Für beide seien die Zahlungen nicht erkennbar gewesen, weil die erste Zahlung auf das Konto des Zeugen W geflossen sei. Auch im 1. Quartal 2002 seien von der Beklagten noch 1.406,09 EUR erstattet worden und für den Pflegedienst weitere 1.230,00 EUR, so dass sich der Gesamtbetrag entsprechend vermindere. Die Klägerin habe bis Ende 1987 in Wa gewohnt. Danach sei sie zu ihrem Sohn nach Göteborg gezogen. Als ihr Sohn 1993 beruflich nach St. Petersburg gegangen sei, sei sie zu dem mit der Familie befreundeten Zeugen W nach K gezogen.
In der mündlichen Verhandlung am 8. November 2006, in der der Senat auch den Sohn der Klägerin gehört hat, trägt sie weiter vor, auf Antragstellung ihres Sohnes hin sei die residencia im letzten Monat ausgestellt und es sei der Antrag an die Sozialversicherung, Leistungen zu übernehmen, gestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die in der Vergangenheit entstandenen und in der Zukunft noch entstehenden Behandlungskosten in Spanien bis zum Eintritt des spanischen Sozialversicherungsträgers zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Mit denen habe sich die Klägerin nicht weiter auseinandergesetzt. Daher sei ein weiterer Vortrag nicht erforderlich. Sie bestätige, dass der Erstattungsbetrag von 1.151,14 EUR auf das Konto von E W gegangen sei. Weder dem von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 20. Januar angeführten Erstattungsbetrag in Höhe von 3.304,33 EURR noch der in diesem Zusammenhang von dem Senat in der Verfügung vom 14. März 2006 angeführte Erstattungsbetrag von 1.198,25 EUR vermöge sie in der Höhe nachzuvollziehen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Zeugen E W vernommen. Auf den Inhalt der Niederschrift wird insoweit verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Zahlungen der Beklagten sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft.
Die Darstellung der Rechtslage und die Begründung, mit der das Sozialgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch abgelehnt hat, sind zutreffend. Aus diesem Grund und um Wiederholungen zu vermeiden, macht der Senat von der durch § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit abzusehen und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend zu den sozialgerichtlichen Entscheidungsgründen weist der Senat noch auf Folgendes hin: Streitig sind nicht mehr die von der Klägerin zunächst begehrten Pflegeleistungen, sondern nur noch die Behandlungskosten in Spanien bis zum Eintritt des spanischen Sozialversicherungsträgers. Behandlungskosten sind von der beklagten Krankenkasse jedoch dann nicht mehr zu zahlen, wenn die Klägerin ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt hat. Auch darüber streiten die Beteiligten im Grundsatz nicht. Streit besteht insoweit vielmehr darüber, ob die Klägerin tatsächlich ihren Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt hat. Und hier ist das Sozialgericht zutreffend, wenn auch ohne nähere Begründung, von einem Wohnort- und Aufenthaltswechsel der Klägerin nach Spanien spätestens im August 2002 ausgegangen.
Nach § 30 Abs. 3 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Durch die jeweilige Bezugnahme auf die Umstände des Aufenthalts bzw. des Wohnsitzes hat sich in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundessozialgerichts (BSG), die Auffassung durchgesetzt, dass abweichend von der zivilrechtlichen Regelung der §§ 7, 8 des Bürgerlichen Gesetzbuches sich sowohl der Wohnsitz als auch der gewöhnliche Aufenthalt im Wesentlichen an objektiv zu beurteilenden tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten desjenigen orientiert, für den dieses Tatbestandsmerkmal rechtserheblich ist (z. B. BSG, SozR 5870 § 2 Nr. 44). Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt damit subjektiven Elementen nicht die Bedeutung bei, die sie ihnen zumisst. Vielmehr ist das reale Verhalten des Betroffenen in Bezug auf den Lebensmittelpunkt maßgebend. Ein entgegenstehender Wille, an einem bestimmten Ort zu wohnen, ist dann ohne Bedeutung, wenn er nicht realisierbar ist (BSG, a. a. O.). Der bloße Domizilwille, d. h. der Wunsch, ins Inland einzureisen, hier zu wohnen oder sich gewöhnlich aufzuhalten, reicht demnach allein nicht, und zwar auch dann nicht, wenn bereits entsprechende Vorbereitungshandlungen getroffen werden (Schlegel in jurisPK zu § 30 SGB I Rz. 44). Auf die ordnungsbehördliche Meldung eines Wohnsitzes beim Einwohnermeldeamt kommt es ebenfalls nicht an (BSG, SozR 3 5870 § 2 Nr. 36).
Nach diesen Kriterien hatte die Klägerin spätestens im September 2002 sowohl Wohnsitz als auch gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien. Zwar enthält § 30 Abs. 3 SGB I keine klare Grenzziehung, wann ein längerer Aufenthalt allein aufgrund seiner Dauer in einen gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnort umschlägt. In diesem Zusammenhang darf hier aber nicht ohne Bedeutung bleiben, dass sich die Klägerin im September 2002 bereits fast zwei Jahre in Spanien bei ihrem Sohn aufgehalten hatte. Ein solch langer Zeitraum, der nicht durch zeitliche begrenzte Sachverhalte begründet wird (etwa eine im Ausland befristete Arbeitsstelle), spricht bereits für einen Wohnsitz- und Aufenthaltswechsel. Von maßgeblicher Bedeutung ist darüber hinaus, dass sich jedenfalls Anfang 2002 herausgestellt hatte, dass eine Rückkehr nach Deutschland aufgrund ihrer Erkrankung und ihres Alters unwahrscheinlich war. So hat der Sohn der Klägerin, bei dem sich diese aufhielt, der Beklagten mit zwei Schreiben vom 23. und 28. April 2002 mitgeteilt, dass sie ihre restliche Lebenszeit bei ihm verbleiben werde. Selbst wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch einen Rückkehrwillen gehabt hätte, so wäre dieser, da nicht realisierbar, im Rahmen der Klärung des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts unerheblich. Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Wohnung für die Klägerin in Spanien auch dergestalt eingerichtet, dass sie ein eigenes Zimmer als Schlafzimmer benutzte.
Die Umstände, dass die Abmeldung des Wohnsitzes beim Einwohnermeldeamt, zudem ohne Vollmacht der Klägerin, zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt erfolgte und überdies noch Mietzahlungen getätigt wurden, wie der Zeuge W ausgesagt hat, ist demgegenüber ohne Bedeutung. Damit ist zwar dokumentiert, dass ein Rückkehrwille über September 2002 hinaus bestand, dieser jedoch, was von Bedeutung ist, nicht realisierbar war. Damit hatte die Klägerin spätestens im September 2002 ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten aufgrund des Wohnortwechsels oder des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthaltes nach Spanien endete.
Soweit sich die Klägerin gegen die Beschränkung der Erstattung für die Zeit bis September 2002 auf die Höhe deutscher Sätze wendet, greift ihre Berufung ebenfalls nicht. Zutreffend weist das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil auf § 13 Abs. 4 SGB V hin. Diese Vorschrift ist zwar erst am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Seine Anwendung ist jedoch auch auf die Zeit davor zu erstrecken, da die darin enthaltene Erweiterung des Erstattungsanspruchs für das EU-Ausland der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entspricht (BSG, SozR 4 2500 § 13 Nr. 3).
Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des BSG vom 31. August 2005 (richtig: 5. Juli 2005, am 31. August 2005 gab es nur Entscheidungen des 6. Senats) beruft, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Der dort zu entscheidende Sachverhalt war ein anderer als der vorliegende. Dort hatte nämlich die Klägerin ihren Wohnsitz ins Ausland (Frankreich und nicht Spanien) verlegt und begehrte nun Leistungen von dem deutschen Sozialversicherungsträger bei einem vorübergehenden Deutschlandaufenthalt.
Zutreffend weist das Sozialgericht auch darauf hin, dass der Umstand, mögliche Probleme mit dem spanischen Leistungsträger bei der Leistungsabwicklung zu haben, nicht der Beklagten in der Form entgegengehalten werden können, dass gegen diese weiterhin ein Anspruch besteht. Durch den bei der Klägerin vorliegenden Auslandsbezug hat diese den Krankenbehandlungsanspruch gegenüber der Beklagten aufgrund der oben dargestellten Rechtslage verloren. Eine Anspruchsgrundlage dafür, dass diese etwa bei Versäumnissen oder organisatorischen Missständen in ausländischen Verwaltungsbehörden gleichwohl subsidiär leistungsverpflichtet ist, ist nicht erkennbar. Sieht das internationale Recht grundsätzlich einen Wechsel der Leistungsträger vor, was im vorliegenden Fall so ist, so kann ein Anspruch gegen den die Leistungspflicht abgebenden Leistungsträger nicht mehr eingefordert werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Krankenbehandlungskosten während ihres Auslandsaufenthaltes in Spanien.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin ist am 1906 geboren. Im November 2000 besuchte sie ihren in A , Spanien, wohnenden Sohn und seine Familie. Während des dortigen Aufenthalts erkrankte sie und musste wegen einer akuten Lebensgefahr ins Krankenhaus eingewiesen werden. Der stationäre Aufenthalt erfolgte vom 26. Januar bis 3. Februar 2001. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt nahm der Sohn seine Mutter zu sich nach Hause und versorgte sie dort.
Am 20. Februar 2001 beantragte der Sohn der Klägerin bei der Beklagten erstmals die Erstattung der angefallenen Behandlungskosten. Die Beklagte erstattete diese daraufhin im Rahmen der deutschen Vertragssätze und wies die Klägerin darauf hin, dass eine Erstattung von Behandlungskosten im Ausland nur bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt und bei medizinisch sofort notwendigen Leistungen möglich sei. Wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort der Klägerin nunmehr Spanien sei, so komme hier eine Betreuung über die spanische Krankenkasse in Betracht. Nach Erteilung der so genannten residencia werde der Antragsvordruck E 121, mit dem die Einschreibung der Klägerin zur Sachleistungsgewährung bei der spanischen Krankenkasse (INSS) veranlasst werden könne, ausgehändigt. Sachleistungen würden dann durch die INSS nach den dortigen Rechtsvorschriften erbracht. Der Sohn der Klägerin verneinte einen Wohnsitzwechsel. Ein Rücktransport nach Deutschland sei allerdings aufgrund ihres Gesundheitszustandes aus ärztlicher Sicht nicht möglich.
Auf einen weiteren Kostenantrag hin verpflichtete sich die Beklagte mit Bescheid vom 16. August 2002 zur Kostenerstattung bis 30. September 2002 nach deutschen Sätzen. Gleichzeitig wies sie die Klägerin darauf hin, dass sich für weitere Kostenerstattungen rechtliche Probleme stellten. Da die Rückkehr nach Deutschland nicht beabsichtigt sei, ergebe sich daraus ein gewöhnlicher Aufenthalt in Spanien. Dann wechsele aber die Zuständigkeit für Sachleistungen in die des spanischen Versicherungsträgers. Voraussetzung sei allerdings eine Einschreibung dort. Der Sohn der Klägerin, der den Schriftverkehr mit der Beklagten führte, vertrat hingegen die Auffassung, dass ihr Wohnsitz weiterhin in K bestehe. Ihr sei es nur medizinisch nicht möglich, dorthin zu reisen, da sie nicht reisefähig sei. Sie sei im Juni 2004 wegen Herzversagens in der Notfallklinik aufgenommen worden und sei jetzt pflegedürftiger als vorher. Eine Einschreibung in das spanische System sei schon aus praktischen Gründen nicht möglich. Die Klägerin solle ihre letzten Stunden/Tage bei ihm verbringen können. Das sei nur möglich durch die Betreuung der dortigen Ärzte und Schwestern. So erhalte sie mindestens 16 Stunden pro Tag Sauerstoff. Ihre persönlichen Dinge befänden sich allerdings noch in K. Sie sehe keine Veranlassung, ihren seit Jahrzehnten bestehenden Wohnort K zu ändern. Es sei unmöglich, die residencia zu beantragen. Er - der Sohn - könne nicht als Stellvertreter auftreten, da von den spanischen Behörden das persönliche Erscheinen gefordert werde. Das bedeute aber nach seinen Erfahrungen, dass sie sich tagelang über mehrere Stunden in den Warteräumen der zuständigen Behörden aufzuhalten habe. Das sei der Klägerin nicht möglich. Im Jahre 2001 seien Kosten in Höhe von 13.738,69 EUR und im Jahre 2002 4.741,65 EUR entstanden. Davon habe die Beklagte im Jahre 2001 1.898,22 EUR und im Jahre 2002 1.406,09 EUR erstattet. Damit verbleibe eine Differenz von 15.176,03 EUR, deren Erstattung sie beantrage. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die spanischen Behörden ganz offensichtlich Barrieren aufbauten, um Antragstellern die Erlangung der residencia zu erschweren.
Mit Bescheid vom 9. April 2003 lehnte die Beklagte eine weitere Kostenerstattung ab. Nachdem aufgrund der Erkrankung ein Rücktransport für die Klägerin nicht mehr möglich sei, habe sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien. Damit habe sie gleichzeitig Sachleistungsansprüche in dem Umfang, wie sie nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers für seine Versicherten vorgesehen seien. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Auffassung der Beklagten über ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien sei unzutreffend. Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes setze die willentliche Entscheidung dazu voraus. Das sei hier nicht gegeben, weil die Krankheit sie dazu gezwungen habe, in Spanien zu bleiben. Eine Transportfähigkeit sei nach Auskunft der Ärzte nach wie vor nicht gegeben. Die spanischen Behörden knüpften die Erstattung von Behandlungskosten an die Erlangung der residencia, also einer behördlichen Aufenthaltsgenehmigung, vor welche die spanischen Behörde jedoch eine Reihe von Hürden aufgebaut hätten.
Nach einem am 9./17.4.2003 erstellten Pflegegutachten bewohnte die Klägerin ein eigenes Schlafzimmer im Haus des Sohnes. Auf die entsprechende Empfehlung hin wurde ihr Pflegestufe I ab Februar 2001 zuerkannt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 7. August 2003 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen: Ihr Zustand sei weiterhin so fragil, dass die behandelnden Ärzte eine Transportfähigkeit strikt verneinten. Mit kurzen Ausnahmen sei sie nach wie vor ans Bett gefesselt. Die Beklagte habe ihr zwar ein Pflegegeld gewährt, es jedoch abgelehnt, ihr die durch die erforderliche ärztliche Behandlung und die Sauerstoffversorgung entstehenden laufenden Kosten zu erstatten. Sie habe nach wie vor ihre Wohnung und ihren Lebensmittelpunkt in K. Auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialversicherung in Spanien seien in keinem Fall gegeben. Spanische Behörden seien nicht geneigt, ausländischen Rentnern, die ihren Lebensabend in Spanien verbringen wollten, Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Die von der Beklagten der Klägerin zugemutete Klage gegen spanische Behörden, um in den Genuss der angeblichen EU-Regelung zu gelangen, sei nicht Sache der hilfsbedürftigen deutschen Staatsangehörigen, sondern Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland. Wenn deutsche Sozialversicherungsträger internationale Verträge abschlössen, müssten sie auch dafür sorgen, dass diese eingehalten würden und deutsche Staatsbürger in Notfällen die angeblich vereinbarten Leistungen erhielten. Der Einwand der Beklagten, es sei kein Antrag auf die residencia gestellt worden, sei zynisch und menschenverachtend.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die in der Vergangenheit entstandenen und in der Zukunft noch entstehenden Behandlungskosten in Spanien zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes komme es auf die tatsächlichen Gegebenheiten an, auf eine Willenserklärung dagegen nur dann, wenn ein Wechsel zwischen mehreren Wohnsitzen stattfinde. Nach den ihr vorliegenden Rechnungen seien der Klägerin im Jahre 2001 Kosten in Höhe von 6.664,09 EUR entstanden. Erstattet worden seien durch sie davon 3.133,36 EUR. Die Zusammensetzung des Betrages hat die Beklagte im Einzelnen erläutert. Ihre Erfahrungen mit dem Erwerb der residencia zeigten keine großen Schwierigkeiten. Sie betreue sehr viele deutsche Rentner, die ihren Wohnsitz nach Spanien verlegt hätten und dort Leistungen über den spanischen Träger bezögen. Es sei ihr nicht bekannt, dass bei einem Rentner eine residencia durch die spanischen Behörden abgelehnt worden sei. Allerdings müsse diese residencia auch beantragt werden. Das sei im Falle der Klägerin nicht geschehen. Im Übrigen seien auch entgegen der Auffassung der Klägerin die kostenfreien Rücktransporte aus dem Ausland nicht Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das Sozialgericht Köln hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht Kiel verwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 29. Oktober 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen und ergänzend ausgeführt: Spätestens ab Oktober 2002 habe sich die Klägerin nicht mehr nur vorübergehend im Ausland befunden, sondern ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz in Spanien. Damit sei spätestens von diesem Zeitpunkt an der Krankenbehandlungs- bzw. Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten entfallen. Ein Leistungsanspruch ergebe sich auch nicht aus europarechtlichen Vorschriften. Art. 28 der EWG-Verordnung 1408/71 sehe einen Sachleistungsanspruch eines Rentners, der keinen Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates habe, in dessen Gebiet er wohne, zwar vor. Die Sachleistungsgewährung gehe nach Art. 28 Abs. 2a auf Kosten des Trägers desjenigen Mitgliedsstaates, nach dessen Rechtsvorschriften der Rentner Anspruch auf diese Sachleistungen habe. Daraus folge für die Klägerin während ihres Aufenthaltes in Spanien, dass sie Sachleistungen des spanischen Krankenversicherungsträgers beanspruchen könne. Die Durchführung dieses Anspruchs erfolge, indem der Rentner sich beim Träger des Wohnortes eintragen lasse und dabei eine Bescheinigung über seinen Sachleistungsanspruch gegenüber dem Träger des anderen Mitgliedsstaates vorlege (Art. 28 der EWG-VO 574/72). Diese Möglichkeit einer Leistungsgewährung bestehe auch für die Klägerin. An dieser Rechtslage habe sich auch mit In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 13 Abs. 4 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) nichts für die Klägerin geändert. Von dieser Regelung seien nämlich alle beim ausländischen Träger des Wohnorts einzuschreibenden Versicherten, für die eine pauschalierte Abrechnung der Leistungsaushilfekosten vorgesehen seien, ausgenommen. Hier komme ausschließlich eine Inanspruchnahme von Sachleistungen im Rahmen der Leistungsaushilfe in Betracht. Auch die Bundesrepublik Deutschland erstatte nach den Vorschriften der Artikel 28, 95 EWG-VO 574/72 über die Zentralstelle der AOK Rheinland für deutsche KVdR-Rentner, die ihren Wohnsitz in Spanien hätten, an den spanischen Krankenversicherungsträger einen Pauschbetrag für Krankenversicherungsleistungen. Sofern bürokratische Hemmnisse von spanischer Seite die Einschreibung in Spanien und die Erlangung der so genannten residencia für die Klägerin erschwerten, könne dies keine Leistungsansprüche gegen einen deutschen Krankenversicherungsträger begründen. Für Versäumnisse oder organisatorische Missstände in spanischen Verwaltungsbehörden sei die Beklagte nicht verantwortlich.
Gegen das ihr am 18. November 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 23. November 2004. Zur Begründung ergänzt sie: Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 31. August 2005 (B 1 KR 2/04 R) nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichen Auffassungen der Behörden in den verschiedenen Vertragsstaaten nicht auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen werden dürften. In dem vom BSG entschiedenen Fall habe die Klägerin sogar die "tarjeta de residencia" von den spanischen Behörden erhalten und seit vielen Jahren ganz offiziell in Spanien gelebt. Wenn sogar in diesen Fällen ein Erstattungsanspruch bestehe, so dann doch wohl um so mehr, wenn die Versicherte von vornherein gar nicht die Absicht habe, ihren Wohnsitz nach Spanien zu verlegen. Außerdem habe das sozialgerichtliche Urteil unzutreffend die Begriffe Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt als gleichbedeutend angesehen. Die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt durch den Zeugen W sei ohne Vollmacht zum 31. Dezember 2004 erfolgt, um die kommunalen Gebühren zu sparen. Davon habe sie auch jetzt erst Kenntnis erlangt. Der zunächst zu Grunde gelegte Betrag von 1.898,26 EUR als Erstattungsbetrag der Beklagten für das Jahr 2001 sei unzutreffend wiedergegeben. Vielmehr sei in diesem Jahr ein Betrag von 5.383,04 EUR erstattet worden. Entsprechend vermindere sich der eingeforderte Betrag. Da sie, die Klägerin selbst gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, Rechnungen zu begleichen und die Bewegungen auf dem Konto zu überwachen, werde dies von dem Sohn und der Schwiegertochter wahrgenommen. Für beide seien die Zahlungen nicht erkennbar gewesen, weil die erste Zahlung auf das Konto des Zeugen W geflossen sei. Auch im 1. Quartal 2002 seien von der Beklagten noch 1.406,09 EUR erstattet worden und für den Pflegedienst weitere 1.230,00 EUR, so dass sich der Gesamtbetrag entsprechend vermindere. Die Klägerin habe bis Ende 1987 in Wa gewohnt. Danach sei sie zu ihrem Sohn nach Göteborg gezogen. Als ihr Sohn 1993 beruflich nach St. Petersburg gegangen sei, sei sie zu dem mit der Familie befreundeten Zeugen W nach K gezogen.
In der mündlichen Verhandlung am 8. November 2006, in der der Senat auch den Sohn der Klägerin gehört hat, trägt sie weiter vor, auf Antragstellung ihres Sohnes hin sei die residencia im letzten Monat ausgestellt und es sei der Antrag an die Sozialversicherung, Leistungen zu übernehmen, gestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die in der Vergangenheit entstandenen und in der Zukunft noch entstehenden Behandlungskosten in Spanien bis zum Eintritt des spanischen Sozialversicherungsträgers zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Mit denen habe sich die Klägerin nicht weiter auseinandergesetzt. Daher sei ein weiterer Vortrag nicht erforderlich. Sie bestätige, dass der Erstattungsbetrag von 1.151,14 EUR auf das Konto von E W gegangen sei. Weder dem von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 20. Januar angeführten Erstattungsbetrag in Höhe von 3.304,33 EURR noch der in diesem Zusammenhang von dem Senat in der Verfügung vom 14. März 2006 angeführte Erstattungsbetrag von 1.198,25 EUR vermöge sie in der Höhe nachzuvollziehen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Zeugen E W vernommen. Auf den Inhalt der Niederschrift wird insoweit verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Zahlungen der Beklagten sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft.
Die Darstellung der Rechtslage und die Begründung, mit der das Sozialgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch abgelehnt hat, sind zutreffend. Aus diesem Grund und um Wiederholungen zu vermeiden, macht der Senat von der durch § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit abzusehen und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend zu den sozialgerichtlichen Entscheidungsgründen weist der Senat noch auf Folgendes hin: Streitig sind nicht mehr die von der Klägerin zunächst begehrten Pflegeleistungen, sondern nur noch die Behandlungskosten in Spanien bis zum Eintritt des spanischen Sozialversicherungsträgers. Behandlungskosten sind von der beklagten Krankenkasse jedoch dann nicht mehr zu zahlen, wenn die Klägerin ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt hat. Auch darüber streiten die Beteiligten im Grundsatz nicht. Streit besteht insoweit vielmehr darüber, ob die Klägerin tatsächlich ihren Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt hat. Und hier ist das Sozialgericht zutreffend, wenn auch ohne nähere Begründung, von einem Wohnort- und Aufenthaltswechsel der Klägerin nach Spanien spätestens im August 2002 ausgegangen.
Nach § 30 Abs. 3 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Durch die jeweilige Bezugnahme auf die Umstände des Aufenthalts bzw. des Wohnsitzes hat sich in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundessozialgerichts (BSG), die Auffassung durchgesetzt, dass abweichend von der zivilrechtlichen Regelung der §§ 7, 8 des Bürgerlichen Gesetzbuches sich sowohl der Wohnsitz als auch der gewöhnliche Aufenthalt im Wesentlichen an objektiv zu beurteilenden tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten desjenigen orientiert, für den dieses Tatbestandsmerkmal rechtserheblich ist (z. B. BSG, SozR 5870 § 2 Nr. 44). Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt damit subjektiven Elementen nicht die Bedeutung bei, die sie ihnen zumisst. Vielmehr ist das reale Verhalten des Betroffenen in Bezug auf den Lebensmittelpunkt maßgebend. Ein entgegenstehender Wille, an einem bestimmten Ort zu wohnen, ist dann ohne Bedeutung, wenn er nicht realisierbar ist (BSG, a. a. O.). Der bloße Domizilwille, d. h. der Wunsch, ins Inland einzureisen, hier zu wohnen oder sich gewöhnlich aufzuhalten, reicht demnach allein nicht, und zwar auch dann nicht, wenn bereits entsprechende Vorbereitungshandlungen getroffen werden (Schlegel in jurisPK zu § 30 SGB I Rz. 44). Auf die ordnungsbehördliche Meldung eines Wohnsitzes beim Einwohnermeldeamt kommt es ebenfalls nicht an (BSG, SozR 3 5870 § 2 Nr. 36).
Nach diesen Kriterien hatte die Klägerin spätestens im September 2002 sowohl Wohnsitz als auch gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien. Zwar enthält § 30 Abs. 3 SGB I keine klare Grenzziehung, wann ein längerer Aufenthalt allein aufgrund seiner Dauer in einen gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnort umschlägt. In diesem Zusammenhang darf hier aber nicht ohne Bedeutung bleiben, dass sich die Klägerin im September 2002 bereits fast zwei Jahre in Spanien bei ihrem Sohn aufgehalten hatte. Ein solch langer Zeitraum, der nicht durch zeitliche begrenzte Sachverhalte begründet wird (etwa eine im Ausland befristete Arbeitsstelle), spricht bereits für einen Wohnsitz- und Aufenthaltswechsel. Von maßgeblicher Bedeutung ist darüber hinaus, dass sich jedenfalls Anfang 2002 herausgestellt hatte, dass eine Rückkehr nach Deutschland aufgrund ihrer Erkrankung und ihres Alters unwahrscheinlich war. So hat der Sohn der Klägerin, bei dem sich diese aufhielt, der Beklagten mit zwei Schreiben vom 23. und 28. April 2002 mitgeteilt, dass sie ihre restliche Lebenszeit bei ihm verbleiben werde. Selbst wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch einen Rückkehrwillen gehabt hätte, so wäre dieser, da nicht realisierbar, im Rahmen der Klärung des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts unerheblich. Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Wohnung für die Klägerin in Spanien auch dergestalt eingerichtet, dass sie ein eigenes Zimmer als Schlafzimmer benutzte.
Die Umstände, dass die Abmeldung des Wohnsitzes beim Einwohnermeldeamt, zudem ohne Vollmacht der Klägerin, zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt erfolgte und überdies noch Mietzahlungen getätigt wurden, wie der Zeuge W ausgesagt hat, ist demgegenüber ohne Bedeutung. Damit ist zwar dokumentiert, dass ein Rückkehrwille über September 2002 hinaus bestand, dieser jedoch, was von Bedeutung ist, nicht realisierbar war. Damit hatte die Klägerin spätestens im September 2002 ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien verlegt. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten aufgrund des Wohnortwechsels oder des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthaltes nach Spanien endete.
Soweit sich die Klägerin gegen die Beschränkung der Erstattung für die Zeit bis September 2002 auf die Höhe deutscher Sätze wendet, greift ihre Berufung ebenfalls nicht. Zutreffend weist das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil auf § 13 Abs. 4 SGB V hin. Diese Vorschrift ist zwar erst am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Seine Anwendung ist jedoch auch auf die Zeit davor zu erstrecken, da die darin enthaltene Erweiterung des Erstattungsanspruchs für das EU-Ausland der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entspricht (BSG, SozR 4 2500 § 13 Nr. 3).
Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des BSG vom 31. August 2005 (richtig: 5. Juli 2005, am 31. August 2005 gab es nur Entscheidungen des 6. Senats) beruft, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Der dort zu entscheidende Sachverhalt war ein anderer als der vorliegende. Dort hatte nämlich die Klägerin ihren Wohnsitz ins Ausland (Frankreich und nicht Spanien) verlegt und begehrte nun Leistungen von dem deutschen Sozialversicherungsträger bei einem vorübergehenden Deutschlandaufenthalt.
Zutreffend weist das Sozialgericht auch darauf hin, dass der Umstand, mögliche Probleme mit dem spanischen Leistungsträger bei der Leistungsabwicklung zu haben, nicht der Beklagten in der Form entgegengehalten werden können, dass gegen diese weiterhin ein Anspruch besteht. Durch den bei der Klägerin vorliegenden Auslandsbezug hat diese den Krankenbehandlungsanspruch gegenüber der Beklagten aufgrund der oben dargestellten Rechtslage verloren. Eine Anspruchsgrundlage dafür, dass diese etwa bei Versäumnissen oder organisatorischen Missständen in ausländischen Verwaltungsbehörden gleichwohl subsidiär leistungsverpflichtet ist, ist nicht erkennbar. Sieht das internationale Recht grundsätzlich einen Wechsel der Leistungsträger vor, was im vorliegenden Fall so ist, so kann ein Anspruch gegen den die Leistungspflicht abgebenden Leistungsträger nicht mehr eingefordert werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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