Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 4734/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3905/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ob der Nichtantritt einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme der Rücknahme des Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gleich gestellt werden kann, kann offen gelassen werden. Jedenfalls bedarf es einer entsprechenden konkreten Belehrung hierüber durch den Rentenversicherungsträger
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2007 und die Bescheide der Beklagten vom 22. April 2005 und vom 13. September 2005 sowie der Widerspruchsbescheid vom 05. September 2006, soweit er die Widersprüche gegen die genannten Bescheide zurückgewiesen hat, aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtzügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rückforderung von Krankengeld (Krg) im Zeitraum 1. März bis 11. April 2005.
Der am 31. Oktober 1968 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger war wegen einer depressiven Symptomatik seit 14. Juni 2004 arbeitsunfähig krank. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt hatte, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 auf, bis 7. März 2005 beim Rentenversicherungsträger Maßnahmen zur Rehabilitation zu beantragen. Dem kam der Kläger nach und die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) genehmigte ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich vier Wochen in der P.-Klinik B. (Bescheid vom 7. April 2005).
Die Beklagte bezahlte Krg fortlaufend bis 11. April 2005, vom 1. bis 31. März 2005 1.339,80 EUR, vom 1. bis 11. April 2005 491,26 EUR. Für den Monat März 2005 erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber, der Firma T. Automotive, auf Grund des Versehens einer Urlaubsvertretung Gehalt in Höhe von 2.561,95 EUR brutto. Der Arbeitgeber verzichtete auf eine Rückforderung.
Am 15. April 2005 sagte der Kläger den Aufnahmetermin zum 27. April 2005 gegenüber der Klinik telefonisch ab.
Mit Bescheid vom 22. April 2005 stellte die Beklagte fest, dass das Krg wegen fehlender Mitwirkung am 7. März 2005 entfallen sei und die Versicherung zu diesem Zeitpunkt geendet habe. Sie forderte den Kläger zur Rückzahlung des in der Zeit vom 8. März bis 11. April 2005 bezahlten Krg auf.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und gab an, der Klinik nur mitgeteilt zu haben, den Termin nicht antreten zu können. Dort habe man erklärt, er solle sich mit der Beklagten in Verbindung setzen. Die Rehabilitationsmaßnahme habe er nicht angetreten, da eine psychosomatische Fachklinik nicht die richtige Einrichtung für ihn gewesen sei und sich sein Gesundheitszustand nach zwischenzeitlich erfolgter Trennung von seinem Arbeitgeber (zum 30. April 2005) gebessert habe.
Die BfA hob den Bescheid über die Gewährung der Rehabilitationsmaßnahme mit Bescheid vom 13. Juni 2005 auf, da es ihr nicht möglich sei, den Beginn der Rehabilitationsleistungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
Mit Bescheid vom 13. September 2005 wiederholte die Beklagte die Rückforderung des Krg. Wegen der Entgeltzahlung für den Monat März 2005 forderte die Beklagte darüber hinaus mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 das vom 1. bis 31. März 2005 gewährte Krg zurück. Der Kläger legte auch gegen diese Bescheide Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2006 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Rückforderung von Krg im Zeitraum 1. März bis 11. April 2005 zurück. Der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme komme einer Rücknahme des Antrags im Sinne von § 51 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gleich. Daher sei der Bescheid über die Krg-Zahlung rückwirkend zum 7. März 2005 aufgehoben worden. Bei der Zahlung für den Monat März 2005 habe es sich um Entgelt aus der Beschäftigung gehandelt, so dass der Anspruch auf Krg geruht habe.
Der Kläger hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Krg führe, jedenfalls nicht für die Vergangenheit. Die Entgeltzahlung für den Monat März sei eine reine Fehlüberweisung gewesen, jedenfalls eine Einmalzahlung, was den Anspruch auf Krg nicht zum Ruhen bringe. Die Beklagte hat ihre Rechtsansicht wiederholt.
Mit Urteil vom 27. Juni 2007 hat das SG die Bescheide vom 22. April, 13. September und 20. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme nicht als konkludente Rücknahme des Rehabilitationsantrages mit der Folge des rückwirkenden Entfallens des Krg-Anspruchs angesehen werden könne und auch eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausscheide. Die Verletzung von Mitwirkungspflichten werde abschließend in § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) geregelt. Diese Vorschrift setze aber die Ausübung von Ermessen voraus, was hier fehle. Das Krg habe auch im März 2005 nicht geruht, denn bei der offensichtlich EDV-bedingten Fehlbuchung des Arbeitgebers habe es sich nicht um eine Zahlung "aus der Beschäftigung" gehandelt. Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten bestehe daher nicht.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. Juli 2007 zugestellte Urteil am 9. August 2007 Berufung eingelegt. Sie hat ihre Rechtsansicht wiederholt und vertieft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Firma I. Automotive hat auf Anfrage des Berichterstatters des Senats ergänzend angegeben, bei der Zahlung im März 2005 habe es sich um reguläres Monatsgehalt gehandelt. Dieses sei bedingt durch eine Urlaubsvertretung aus Versehen ausbezahlt worden, was erst nach Rückfragen der Beklagten bemerkt worden sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist teilweise begründet. Die Rückforderung des Krg durch die Beklagte ist für den Monat März 2005 rechtmäßig erfolgt. Insoweit ist das Urteil des SG aufzuheben. Im Übrigen hat das SG der Klage zu Recht stattgegeben.
Versicherte habe nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dass diese Voraussetzungen im streitigen Zeitraum beim Kläger vorlagen, steht nicht im Zweifel.
Der Anspruch auf Krg ist nicht nach § 51 Abs. 3 SGB V entfallen.
Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb derer sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben. So ging die Beklagte mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 vor.
Stellen die Versicherten innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V der Anspruch auf Krg mit Ablauf der Frist. Ob dies auch auf vergleichbare Konstellationen (entsprechend) angewendet werden kann, ist umstritten. In der Literatur wird dies für den Fall nachträglicher rentenrechtlicher Dispositionen wie dem Hinausschieben oder der Rücknahme des Antrags sowie den Widerspruch der Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag gem. § 116 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch angenommen (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, § 51 Rdnr. 29, 54; Vay in: Krauskopf, § 51 SGB V Rdnr. 13; Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 51 SGB V Rdnr. 49; Höfler in: Kasseler Kommentar, § 51 SGB V Rdnr. 17). Das Bundessozialgericht (BSG) hat insoweit die Zustimmung der Krankenkasse zur nachträglichen Dispositionen des Versicherten für notwendig gehalten (Urteil vom 9. August 1995, 13 RJ 43/94, SozR 3-2500 § 50 Nr. 3; Urteil vom 7. Dezember 2004, B 1 KR 6/03 R, SozR 4-2500 § 51 Nr. 1).
Im Nichtantritt der Maßnahme kann aber keine konkludente Rücknahme des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gesehen werden. Tritt der Versicherte eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht an, bringt er damit nur zum Ausdruck, dass er diese konkret, zu diesem Zeitpunkt oder in der in Aussicht genommenen Einrichtung, nicht in Anspruch nehmen will. Er kann hierfür vielfältige Gründe haben, etwa - wie im Fall des Klägers - ein fehlendes Einverständnis mit der fachlichen Ausrichtung der Klinik. Nicht zwingend kann hieraus geschlossen werden, dass der Versicherte auf seinen aus dem Bewilligungsbescheid ersichtlichen Anspruch verzichten will, was unmittelbare Folge der Antragsrücknahme wäre. Die BfA hat die Aufhebung des Bescheides, mit dem die Rehabilitationsmaßnahme gewährt worden ist, daher auch nicht mit einer Rücknahme des Antrags durch den Kläger begründet, sondern aus dem Umstand, dass der Beginn der Maßnahme nicht weiter hinausgeschoben werden könne.
Ob § 51 Abs. 3 SGB V auch dann Anwendung findet, wenn der Antrag nicht zurückgenommen, aber die beantragte Leistung zur medizinischen Rehabilitation vom Versicherten nicht angetreten wird, ist zweifelhaft. In Rechtsprechung und Literatur wird dies abgelehnt und statt dessen ein Fall fehlender Mitwirkung des Versicherten angenommen, auf den § 66 SGB I Anwendung findet (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2002, L 5 KR 86/01; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Mai 2003, L 16 KR 182/02; Brinkhoff in: Juris-Praxiskommentar, § 51 SGB V Rdnr. 27).
Der Senat kann offen lassen, ob dem zu folgen ist. Denn Einigkeit besteht darüber, dass mit der Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen, über die Rechtsfolgen des § 51 Abs. 3 SGB V, dass der Anspruch auf Krg entfällt, konkret belehrt werden muss (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.; Noftz, a.a.O. Rdnr. 21; Höfler a.a.O. Rdnr. 11).
Dies ist hier nicht geschehen. Das Schreiben der Beklagten vom 23. Dezember 2004 belehrte den Kläger zwar darüber, dass der Anspruch auf Krg entfalle, wenn der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht fristgerecht gestellt werde. Auch wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er für die Rücknahme des Antrages, den Verzicht auf die Rente oder auf Rehabilitationsmaßnahmen sowie für jegliche Erklärung über die Art der Rente oder den Rentenbeginn, wenn der Rentenversicherungsträger den Antrag (auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation) als Rentenantrag werte oder wenn der Kläger an Stelle der ursprünglich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahme eine Rente beantragen möchte, der Zustimmung der Beklagten bedürfe. Der Kläger wurde aufgefordert, sich dann rechtzeitig unter Darlegung der Gründe an die Beklagte zu wenden. Der Anspruch auf Krg könne wegfallen, wenn er eine der vorgenannten Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger ohne Zustimmung der Beklagten abgebe. Darauf, dass der Anspruch auf Krg auch entfällt, wenn der Kläger die bewilligte Maßnahme nicht antritt, wies die Beklagte ihn aber nicht hin.
§ 51 Abs. 3 SGB V führt daher im Fall des Klägers nicht zum Wegfall des Krg-Anspruchs.
Auch aus § 66 SGB I folgt dies nicht. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger im Falle, dass ein Versicherter seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I - hier der Pflicht, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen (§ 63 SGB I) - nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Auch hierbei bedarf es nach § 66 Abs. 3 SGB I einer vergleichbaren Belehrung, an der es hier fehlt. § 66 SGB I verlangt zudem die Ausübung von Ermessen, die hier ebenfalls nicht erfolgt ist. Eine rückwirkende Entziehung von Leistungen sieht die Vorschrift gleichfalls nicht vor (vgl. die parallele Konstellation bei LSG Rheinland-Pfalz, a. a. O. und LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.).
Der Anspruch auf Krg ist aber nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB V im März 2005 zum Ruhen gebracht worden, weil dem Kläger für diesen Monat Arbeitsentgelt bezahlt worden ist.
Die Anspruch auf Krg ruht nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB V soweit und solange der Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nicht erfasst wird nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 SGB V einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind nach § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden.
Nach der Auskunft der Firma I. Automotive im Berufungsverfahren handelte es sich bei der Bezahlung um ein reguläres Monatsgehalt, das auch auf dem Lohnkonto des Klägers ausgewiesen wurde. Die Arbeitgeber wollte ersichtlich den arbeitsvertraglichen Anspruch des Klägers auf eine monatliche Entlohnung erfüllen. Darauf, dass der Kläger hierauf nach Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums keinen Anspruch hatte, was der Arbeitgeber übersah, kommt es nicht an.
Bei der Zahlung handelt sich auch nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, sondern um das regelmäßige, lediglich infolge der Arbeitsunfähigkeit des Klägers unterbrochene Entgelt. Bezahlt wurde im Hinblick auf die zum 30. April 2005 vollzogene einverständliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses insbesondere keine Abfindung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 26/05 R, SozR 4-2500 § 49 Nr. 4 zur Urlaubsabgeltung). In der vom Kläger vorgelegten "Abwicklungsvereinbarung" vom 29. April 2005 findet sich insoweit kein Hinweis. Die Firma I. Automotive hat auch gegenüber dem Senat eindeutig verneint, dass es sich um eine Abfindung handelte.
Das Ruhen des Krg-Anspruchs führte nicht zur Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten, denn die Mitgliedschaft bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange der Anspruch auf Krg besteht. Hierfür reicht ein dem Grunde nach bestehender, ruhender Anspruch aus (Baier in: Krauskopf, § 192 SGB V Rdnr. 12).
Die Gewährung von Krg erfolgte schlüssig durch die Auszahlung der Leistung (BSG, Urteil vom 16. September 1986, 3 RK 37/85, SozR 2200 § 182 Nr. 103). Mit dem Ruhen des Anspruchs im Monat März 2005 kam es zu einer wesentlichen Änderung, die die Beklagte berechtigte, die Gewährung aufzuheben. Denn soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Beklagte war auch berechtigt, die Gewährung rückwirkend zurückzunehmen. Denn der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X findet in entsprechender Weise Anwendung auf das Ruhen des Krg-Anspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 1998, B 2 U 35/97 R zum Verletztengeld), wobei insoweit auf den Beginn des Anrechnungszeitraumes abzustellen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Die weiteren Voraussetzungen der Rücknahme - seit dem Erlass des zurückgenommen Bescheides sind nicht mehr als zehn Jahre (§ 48 Abs. 4 Satz 1, § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) und seit der Kenntnis der Behörde von der Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht mehr als ein Jahr vergangen (§ 48 Abs. 4 Satz 1, § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) - liegen gleichfalls vor. Die Rückforderung des gezahlten Krg durch die Beklagte stützt sich auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Im Ergebnis hat die Beklagte nur insofern rechtmäßig gehandelt, als sie die Gewährung von Krg hinsichtlich des Monates März 2005 zurücknahm und die entsprechende Zahlung zurückforderte. Diese Regelung findet sich im Bescheid vom 20. Dezember 2005, der insoweit Bestand hat. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich daran, in welchem Umfang der Rückforderung des Krg die Beteiligten mit ihrem jeweiligen Rechtsbegehren erfolgreich waren.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtzügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rückforderung von Krankengeld (Krg) im Zeitraum 1. März bis 11. April 2005.
Der am 31. Oktober 1968 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger war wegen einer depressiven Symptomatik seit 14. Juni 2004 arbeitsunfähig krank. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt hatte, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 auf, bis 7. März 2005 beim Rentenversicherungsträger Maßnahmen zur Rehabilitation zu beantragen. Dem kam der Kläger nach und die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) genehmigte ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich vier Wochen in der P.-Klinik B. (Bescheid vom 7. April 2005).
Die Beklagte bezahlte Krg fortlaufend bis 11. April 2005, vom 1. bis 31. März 2005 1.339,80 EUR, vom 1. bis 11. April 2005 491,26 EUR. Für den Monat März 2005 erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber, der Firma T. Automotive, auf Grund des Versehens einer Urlaubsvertretung Gehalt in Höhe von 2.561,95 EUR brutto. Der Arbeitgeber verzichtete auf eine Rückforderung.
Am 15. April 2005 sagte der Kläger den Aufnahmetermin zum 27. April 2005 gegenüber der Klinik telefonisch ab.
Mit Bescheid vom 22. April 2005 stellte die Beklagte fest, dass das Krg wegen fehlender Mitwirkung am 7. März 2005 entfallen sei und die Versicherung zu diesem Zeitpunkt geendet habe. Sie forderte den Kläger zur Rückzahlung des in der Zeit vom 8. März bis 11. April 2005 bezahlten Krg auf.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und gab an, der Klinik nur mitgeteilt zu haben, den Termin nicht antreten zu können. Dort habe man erklärt, er solle sich mit der Beklagten in Verbindung setzen. Die Rehabilitationsmaßnahme habe er nicht angetreten, da eine psychosomatische Fachklinik nicht die richtige Einrichtung für ihn gewesen sei und sich sein Gesundheitszustand nach zwischenzeitlich erfolgter Trennung von seinem Arbeitgeber (zum 30. April 2005) gebessert habe.
Die BfA hob den Bescheid über die Gewährung der Rehabilitationsmaßnahme mit Bescheid vom 13. Juni 2005 auf, da es ihr nicht möglich sei, den Beginn der Rehabilitationsleistungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
Mit Bescheid vom 13. September 2005 wiederholte die Beklagte die Rückforderung des Krg. Wegen der Entgeltzahlung für den Monat März 2005 forderte die Beklagte darüber hinaus mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 das vom 1. bis 31. März 2005 gewährte Krg zurück. Der Kläger legte auch gegen diese Bescheide Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2006 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Rückforderung von Krg im Zeitraum 1. März bis 11. April 2005 zurück. Der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme komme einer Rücknahme des Antrags im Sinne von § 51 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gleich. Daher sei der Bescheid über die Krg-Zahlung rückwirkend zum 7. März 2005 aufgehoben worden. Bei der Zahlung für den Monat März 2005 habe es sich um Entgelt aus der Beschäftigung gehandelt, so dass der Anspruch auf Krg geruht habe.
Der Kläger hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Krg führe, jedenfalls nicht für die Vergangenheit. Die Entgeltzahlung für den Monat März sei eine reine Fehlüberweisung gewesen, jedenfalls eine Einmalzahlung, was den Anspruch auf Krg nicht zum Ruhen bringe. Die Beklagte hat ihre Rechtsansicht wiederholt.
Mit Urteil vom 27. Juni 2007 hat das SG die Bescheide vom 22. April, 13. September und 20. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Nichtantritt der Rehabilitationsmaßnahme nicht als konkludente Rücknahme des Rehabilitationsantrages mit der Folge des rückwirkenden Entfallens des Krg-Anspruchs angesehen werden könne und auch eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausscheide. Die Verletzung von Mitwirkungspflichten werde abschließend in § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) geregelt. Diese Vorschrift setze aber die Ausübung von Ermessen voraus, was hier fehle. Das Krg habe auch im März 2005 nicht geruht, denn bei der offensichtlich EDV-bedingten Fehlbuchung des Arbeitgebers habe es sich nicht um eine Zahlung "aus der Beschäftigung" gehandelt. Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten bestehe daher nicht.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. Juli 2007 zugestellte Urteil am 9. August 2007 Berufung eingelegt. Sie hat ihre Rechtsansicht wiederholt und vertieft.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Firma I. Automotive hat auf Anfrage des Berichterstatters des Senats ergänzend angegeben, bei der Zahlung im März 2005 habe es sich um reguläres Monatsgehalt gehandelt. Dieses sei bedingt durch eine Urlaubsvertretung aus Versehen ausbezahlt worden, was erst nach Rückfragen der Beklagten bemerkt worden sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist teilweise begründet. Die Rückforderung des Krg durch die Beklagte ist für den Monat März 2005 rechtmäßig erfolgt. Insoweit ist das Urteil des SG aufzuheben. Im Übrigen hat das SG der Klage zu Recht stattgegeben.
Versicherte habe nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dass diese Voraussetzungen im streitigen Zeitraum beim Kläger vorlagen, steht nicht im Zweifel.
Der Anspruch auf Krg ist nicht nach § 51 Abs. 3 SGB V entfallen.
Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb derer sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben. So ging die Beklagte mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 vor.
Stellen die Versicherten innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V der Anspruch auf Krg mit Ablauf der Frist. Ob dies auch auf vergleichbare Konstellationen (entsprechend) angewendet werden kann, ist umstritten. In der Literatur wird dies für den Fall nachträglicher rentenrechtlicher Dispositionen wie dem Hinausschieben oder der Rücknahme des Antrags sowie den Widerspruch der Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag gem. § 116 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch angenommen (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, § 51 Rdnr. 29, 54; Vay in: Krauskopf, § 51 SGB V Rdnr. 13; Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 51 SGB V Rdnr. 49; Höfler in: Kasseler Kommentar, § 51 SGB V Rdnr. 17). Das Bundessozialgericht (BSG) hat insoweit die Zustimmung der Krankenkasse zur nachträglichen Dispositionen des Versicherten für notwendig gehalten (Urteil vom 9. August 1995, 13 RJ 43/94, SozR 3-2500 § 50 Nr. 3; Urteil vom 7. Dezember 2004, B 1 KR 6/03 R, SozR 4-2500 § 51 Nr. 1).
Im Nichtantritt der Maßnahme kann aber keine konkludente Rücknahme des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gesehen werden. Tritt der Versicherte eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht an, bringt er damit nur zum Ausdruck, dass er diese konkret, zu diesem Zeitpunkt oder in der in Aussicht genommenen Einrichtung, nicht in Anspruch nehmen will. Er kann hierfür vielfältige Gründe haben, etwa - wie im Fall des Klägers - ein fehlendes Einverständnis mit der fachlichen Ausrichtung der Klinik. Nicht zwingend kann hieraus geschlossen werden, dass der Versicherte auf seinen aus dem Bewilligungsbescheid ersichtlichen Anspruch verzichten will, was unmittelbare Folge der Antragsrücknahme wäre. Die BfA hat die Aufhebung des Bescheides, mit dem die Rehabilitationsmaßnahme gewährt worden ist, daher auch nicht mit einer Rücknahme des Antrags durch den Kläger begründet, sondern aus dem Umstand, dass der Beginn der Maßnahme nicht weiter hinausgeschoben werden könne.
Ob § 51 Abs. 3 SGB V auch dann Anwendung findet, wenn der Antrag nicht zurückgenommen, aber die beantragte Leistung zur medizinischen Rehabilitation vom Versicherten nicht angetreten wird, ist zweifelhaft. In Rechtsprechung und Literatur wird dies abgelehnt und statt dessen ein Fall fehlender Mitwirkung des Versicherten angenommen, auf den § 66 SGB I Anwendung findet (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2002, L 5 KR 86/01; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Mai 2003, L 16 KR 182/02; Brinkhoff in: Juris-Praxiskommentar, § 51 SGB V Rdnr. 27).
Der Senat kann offen lassen, ob dem zu folgen ist. Denn Einigkeit besteht darüber, dass mit der Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen, über die Rechtsfolgen des § 51 Abs. 3 SGB V, dass der Anspruch auf Krg entfällt, konkret belehrt werden muss (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.; Noftz, a.a.O. Rdnr. 21; Höfler a.a.O. Rdnr. 11).
Dies ist hier nicht geschehen. Das Schreiben der Beklagten vom 23. Dezember 2004 belehrte den Kläger zwar darüber, dass der Anspruch auf Krg entfalle, wenn der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht fristgerecht gestellt werde. Auch wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er für die Rücknahme des Antrages, den Verzicht auf die Rente oder auf Rehabilitationsmaßnahmen sowie für jegliche Erklärung über die Art der Rente oder den Rentenbeginn, wenn der Rentenversicherungsträger den Antrag (auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation) als Rentenantrag werte oder wenn der Kläger an Stelle der ursprünglich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahme eine Rente beantragen möchte, der Zustimmung der Beklagten bedürfe. Der Kläger wurde aufgefordert, sich dann rechtzeitig unter Darlegung der Gründe an die Beklagte zu wenden. Der Anspruch auf Krg könne wegfallen, wenn er eine der vorgenannten Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger ohne Zustimmung der Beklagten abgebe. Darauf, dass der Anspruch auf Krg auch entfällt, wenn der Kläger die bewilligte Maßnahme nicht antritt, wies die Beklagte ihn aber nicht hin.
§ 51 Abs. 3 SGB V führt daher im Fall des Klägers nicht zum Wegfall des Krg-Anspruchs.
Auch aus § 66 SGB I folgt dies nicht. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger im Falle, dass ein Versicherter seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I - hier der Pflicht, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen (§ 63 SGB I) - nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Auch hierbei bedarf es nach § 66 Abs. 3 SGB I einer vergleichbaren Belehrung, an der es hier fehlt. § 66 SGB I verlangt zudem die Ausübung von Ermessen, die hier ebenfalls nicht erfolgt ist. Eine rückwirkende Entziehung von Leistungen sieht die Vorschrift gleichfalls nicht vor (vgl. die parallele Konstellation bei LSG Rheinland-Pfalz, a. a. O. und LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.).
Der Anspruch auf Krg ist aber nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB V im März 2005 zum Ruhen gebracht worden, weil dem Kläger für diesen Monat Arbeitsentgelt bezahlt worden ist.
Die Anspruch auf Krg ruht nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB V soweit und solange der Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nicht erfasst wird nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 SGB V einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind nach § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden.
Nach der Auskunft der Firma I. Automotive im Berufungsverfahren handelte es sich bei der Bezahlung um ein reguläres Monatsgehalt, das auch auf dem Lohnkonto des Klägers ausgewiesen wurde. Die Arbeitgeber wollte ersichtlich den arbeitsvertraglichen Anspruch des Klägers auf eine monatliche Entlohnung erfüllen. Darauf, dass der Kläger hierauf nach Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums keinen Anspruch hatte, was der Arbeitgeber übersah, kommt es nicht an.
Bei der Zahlung handelt sich auch nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, sondern um das regelmäßige, lediglich infolge der Arbeitsunfähigkeit des Klägers unterbrochene Entgelt. Bezahlt wurde im Hinblick auf die zum 30. April 2005 vollzogene einverständliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses insbesondere keine Abfindung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 26/05 R, SozR 4-2500 § 49 Nr. 4 zur Urlaubsabgeltung). In der vom Kläger vorgelegten "Abwicklungsvereinbarung" vom 29. April 2005 findet sich insoweit kein Hinweis. Die Firma I. Automotive hat auch gegenüber dem Senat eindeutig verneint, dass es sich um eine Abfindung handelte.
Das Ruhen des Krg-Anspruchs führte nicht zur Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten, denn die Mitgliedschaft bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange der Anspruch auf Krg besteht. Hierfür reicht ein dem Grunde nach bestehender, ruhender Anspruch aus (Baier in: Krauskopf, § 192 SGB V Rdnr. 12).
Die Gewährung von Krg erfolgte schlüssig durch die Auszahlung der Leistung (BSG, Urteil vom 16. September 1986, 3 RK 37/85, SozR 2200 § 182 Nr. 103). Mit dem Ruhen des Anspruchs im Monat März 2005 kam es zu einer wesentlichen Änderung, die die Beklagte berechtigte, die Gewährung aufzuheben. Denn soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Beklagte war auch berechtigt, die Gewährung rückwirkend zurückzunehmen. Denn der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X findet in entsprechender Weise Anwendung auf das Ruhen des Krg-Anspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 1998, B 2 U 35/97 R zum Verletztengeld), wobei insoweit auf den Beginn des Anrechnungszeitraumes abzustellen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Die weiteren Voraussetzungen der Rücknahme - seit dem Erlass des zurückgenommen Bescheides sind nicht mehr als zehn Jahre (§ 48 Abs. 4 Satz 1, § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) und seit der Kenntnis der Behörde von der Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht mehr als ein Jahr vergangen (§ 48 Abs. 4 Satz 1, § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) - liegen gleichfalls vor. Die Rückforderung des gezahlten Krg durch die Beklagte stützt sich auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Im Ergebnis hat die Beklagte nur insofern rechtmäßig gehandelt, als sie die Gewährung von Krg hinsichtlich des Monates März 2005 zurücknahm und die entsprechende Zahlung zurückforderte. Diese Regelung findet sich im Bescheid vom 20. Dezember 2005, der insoweit Bestand hat. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich daran, in welchem Umfang der Rückforderung des Krg die Beteiligten mit ihrem jeweiligen Rechtsbegehren erfolgreich waren.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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