L 9 SO 3/07

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 15 SO 620/05
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 3/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Februar 2007 aufgehoben und der Bescheid des Beklagten vom 24. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 210,00 EUR monatlich und des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung.

Der 1972 geborene Kläger bewohnt das Obergeschoss des seinem Vater gehörenden Wohnhauses zur Miete. Dort befinden sich neben dem Flur ein Wohn-, ein Schlaf- sowie ein Badezimmer und eine Küche. Diese Wohnung weist eine Grundfläche von 44 qm auf. Sie ist durch eine Tür abschließbar. Der Vater des Klägers bewohnt das Erdgeschoss. Laut Mietbescheinigung beträgt die Miete pauschal 250,00 EUR monatlich. In diesem Betrag sind Kosten für Heizung (30,00 EUR), Warmwasserkosten (10,00 EUR), Kosten für die Waschmaschinennutzung (10,00 EUR) sowie Stromkosten (20,00 EUR) enthalten.

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannter Schwerbehinderter. Er leidet im Wesentlichen an den Folgen einer Hirnrindenschädigung. Der Kläger geht seit längerer Zeit einer Vollzeitbeschäftigung in der Gärtnerei des Erlenhofs (Werkstatt für behinderte Menschen) in Aukrug nach.

Mit Bescheid vom 24. März 2005 gewährte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2005 und 30. Juni 2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz in Höhe von monatlich 260,19 EUR. Dabei wurden als Bedarf ein Regelsatz in Höhe von 276,00 EUR sowie anteilige Unterkunftskosten in Höhe von 150,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 26,78 EUR berücksichtigt.

Hiergegen legte der Kläger am 31. März 2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vortrug, ihm stünde der volle Regelsatz eines Alleinstehenden zu. Seine Wohnung im Obergeschoss sei vom übrigen Teil des Hauses unabhängig. Er führe auch seinen Haushalt eigenständig. Deshalb müsse auch die Miete, die er an seinen Vater zu entrichten habe, in voller Höhe als Unterkunftsbedarf anerkannt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Kläger zwar anspruchsberechtigt nach dem SGB XII sei, ihm allerdings nur die Regelleistung für einen Haushaltsangehörigen bewilligt werden könnte, da er und sein Vater eine Haushaltsgemeinschaft bildeten. Hiervon sei u.a. aufgrund der Behinderung des Klägers auszugehen, da dieser sich nicht allein versorgen könne. Der Vater sei als Haushaltsvorstand anzusehen. Ferner könne die Mietbescheinigung des Vaters nicht akzeptiert werden. Es müsse stattdessen von der Hälfte der angemessenen Unterkunftskosten für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von monatlich 300,00 EUR ausgegangen werden.

Hiergegen hat der Kläger am 25. November 2005 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.

Der Beklagte hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen und diese weiterhin für zutreffend gehalten.

Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2007 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F. H. (Vater des Klägers).

Mit Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass von einer Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Vater auszugehen sei. Zwar seien die Wohnungen innerhalb des Hauses weitgehend getrennt voneinander. Auch finde die Zubereitung der Mahlzeiten getrennt statt. Es finde aber ein gemeinsames Wirtschaften auf anderer Ebene statt. So verfüge der Vater des Klägers über eine Kontovollmacht und teile dem Kläger, nachdem er das Geld zunächst abgehoben hat, sein Geld zu. Weiter reinige die Putzkraft des Vaters des Klägers auch bestimmte Räume des Klägers in dessen Wohnung. Der Vater des Klägers lasse sich auch die Quittungen der Einkäufe des Klägers zeigen. Auch leiste der Kläger dem Vater in dessen Garten und Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit Hilfe. Schließlich werde es auch mit der Mietzahlung nicht so genau genommen, wie es bei Führung zweier Haushalte zu erwarten gewesen wäre. So führe der Vater des Klägers kein Kassenbuch, was aber angesichts der unregelmäßigen Mietzahlungen seitens des Klägers erforderlich zu erwarten gewesen wäre. Zu beachten sei auch, dass der Vater des Klägers diesem die aufgelaufenen Mietrückstände vollständig erlassen und ihm sogar einen Teil der Mieten zurückerstattet habe. Daraus folge schließlich auch, dass nach dem Kopfteilsprinzip lediglich die Hälfte der angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen sei.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. April 2007 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am 22. Mai 2007 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass zwischen ihm und seinem Vater keine Haushaltsgemeinschaft bestehe. Der Vater des Klägers habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, dass er dem Kläger das Geld nicht "zuteile". Außerdem bedeute die Kontovollmacht nicht, dass der Vater des Klägers zu seinen eigenen Gunsten über das Konto des Klägers verfügen dürfe. Die Tatsache, dass der Vater des Klägers kein Kassenbuch führe und auch keine Quittungen über die Mietzahlungen ausstelle, spreche ebenfalls nicht für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, da dies gelegentlich auch zwischen nicht verwandten Personen so geschehe. Dem Umstand, dass der Vater des Klägers die Putzfrau bezahle, die auch Bad und Flur des Klägers reinige, komme keine große Bedeutung im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu. Es sei vielmehr von einer kleinen Gefälligkeit auszugehen. Die Argumentation des Sozialgerichts betreffend die Mietschulden des Klägers sei sachfremd, da die Mietschulden nicht den streitgegenständlichen Zeitraum beträfen. Die Berücksichtigung der "ehrenamtlichen" Hilfeleistungen des Klägers im Garten seines Vaters sei ebenfalls sachfremd, da es sich um übliche Hilfeleistungen handele. Ein gegenseitiges füreinander Einstehen werde hierdurch nicht begründet. Kein Grund für die Klagabweisung sei schließlich, dass sich der Kläger und sein Vater gegenseitig bei Einkäufen etwas mitbrächten. Derartiges sei auch Wohngemeinschaften der Fall. Bei solchen Einkäufen werde zudem getrennt abgerechnet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Februar 2007 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten und es Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts.

Der Senat hat Beweis erhoben durch eine erneute Vernehmung des Vaters des Klägers F. H. als Zeugen. Wegen des Inhalts der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2008 verwiesen.

Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die Schwerbehindertenakten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger angehört wurde.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Dem Kläger stehen Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten und des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zu.

Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Dass er zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, wird vom Beklagten anerkannt und ist daher nicht im Streit. Dem Kläger steht auch der volle Regelsatz gemäß der §§ 41 Abs. 1 Nr. 2, 42 Satz 1 Nr. 1, 28 SGB XII in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Regelsatzverordnung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu, denn er ist als Haushaltsvorstand seines eigenen Haushalts anzusehen. Eine Haushaltsgemeinschaft zwischen ihm und seinem Vater liegt nicht vor.

Ob eine Haushaltsgemeinschaft besteht, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung festzustellen. Das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft setzt voraus, dass mehrere Personen zusammen in einer Wohnung oder einer entsprechenden Unterkunft leben. Eine gewisse Dauer des gemeinsamen Wohnens wird nicht verlangt. Ausschlaggebend ist, dass die Personen dort "gemeinsam wohnen". Hierfür reicht es aus, dass sie die ihnen zustehende Wohnung bzw. Unterkunft zusammen nutzen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn jeder dabei einzelne Wohnräume für sich allein beansprucht. Gegen ein gemeinsames Wohnen spricht jedoch in der Regel, wenn eine Person der anderen Person einen oder mehrere Räume in der Wohnung bzw. Unterkunft untervermietet hat (Adolph, in: Adolph/Linhart (Hrsg.), SGB II/XII, Stand 2007, § 36 SGB XII Rdn. 31). Hier hat der Vater des Klägers diesem die Wohnung im Obergeschoss seines Hauses vermietet. Gegen das Vorliegen eines Mietverhältnisses spricht hier nicht, dass der Vater des Klägers kein Kassenbuch über die Mieteinnahmen führt. Dies ist ebenso wenig Voraussetzung für das Bestehen eines Mietvertrages wie die Schriftform des Mietvertrages. Die Wohnung des Klägers ist vollständig von der Wohnung seines Vaters getrennt. Sie ist nur durch eine verschließbare Tür am oberen Ende der Treppe zu erreichen und insoweit in sich abgeschlossen. Sie weist auch alle die für ein eigenständiges Leben notwendigen Einrichtungen wie Bad und Küche, Schlaf- und Wohngelegenheit auf. Dass kein zur Außenseite des Hauses führender Ausgang aus der Wohnung existiert, steht der Beurteilung als eigene Wohnung nicht entgegen. Hierbei handelt es sich nicht um ein wesentliches Element einer selbstständigen Wohnung. Die Wohnung des Klägers verfügt auch über eine eigene Klingel.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 128 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) ist der Senat auch davon überzeugt, dass ein gemeinsames Wirtschaften trotz zweier abgetrennter Wohnungen zwischen dem Kläger und seinem Vater nicht stattfindet. Ein gemeinsames Wirtschaften in einer Wohnung bzw. Unterkunft ist dann anzunehmen, wenn die wirtschaftliche Verantwortung in der alltäglichen Haushaltsführung nicht klar zwischen den Bewohnern einer gemeinsamen Wohnung getrennt ist. Wesentlich ist nach gängiger Formulierung (vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16. Dezember 1958, 1 BvL 3/57, BVerfGE 9, 20, 30; Wenzel in Wenzel/Fichtner (Hrsg.), Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 36 SGB XII Rdn. 7, Dauber in Mergler/Zink (Hrsg.), Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Stand 2006, § 36 SGB XII Rdn. 7; Falterbaum in Hauck/Noftz (Hrsg.), SGB XII, Stand 2006, § 36 Rdn. 17), das Wirtschaften "aus einem Topf". Ob das gegeben ist, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls zu ermitteln (vgl. Falterbaum ebenda). Als Indizien kommen hierfür in Betracht die Führung einer gemeinsamen Haushaltskasse, ein gemeinsames Girokonto oder der gemeinsame Einkauf und Verbrauch von Lebensmitteln (diese Beispiele bei Dauber ebenda, Wenzel ebenda), wobei im Einzelfall auch wieder Einschränkungen zu machen sind. Umgekehrt liegt nur eine reine Wohngemeinschaft vor, wenn in einer gemeinsamen Wohnung grundsätzlich getrennt gewirtschaftet wird. In einer Wohngemeinschaft werden die Kosten der Unterkunft nach der Zahl der Bewohner aufgeteilt. Wird nur ein Teil des Lebensunterhalts gemeinsam gedeckt, bestehen in der Regel getrennte Kassen. Ein gemeinsames Wirtschaften ist in diesen Fällen regelmäßig zu verneinen (Dauber ebenda). Nach der gebotenen Gesamtbetrachtung der Indizien ist hier nicht vom Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft auszugehen. Das gemeinsame Wohnen in einem Haus und die teilweise Hilfestellung des Zeugen durch Kontrolle des Klägers sind hier dem Umstand geschuldet, dass der Kläger geistig behindert ist. Eine Haushaltsgemeinschaft wird allein dadurch nicht begründet. Auch bei reinen Wohngemeinschaften sind Hilfestellungen unter den Bewohnern üblich und typisch und es kann auch einzelne Überschneidungen in der Haushaltsführung geben, die nicht bereits zu einem gemeinsamen Wirtschaften im Sinne einer Haushaltsgemeinschaft führen.

Gegen das Vorliegen eines gemeinsamen Wirtschaftens spricht hier, dass der Kläger in seinem vom Rest des Hauses abgetrennten Wohnbereich die Dinge des täglichen Lebens allein verrichtet. Hierzu ist er trotz seiner Behinderung in der Lage. Insbesondere bereitet er sich dort seine eigenen Mahlzeiten zu. Ein gemeinsamer Verbrauch der eingekauften Lebensmittel findet nicht statt. Auch im Übrigen trägt der Kläger die Verantwortung für seine Wohnung weitgehend alleinverantwortlich. Auch der Einsatz der vom Vater des Klägers bezahlten Putzfrau für einen Teil der Wohnung des Klägers führt nicht zur Annahme einer Haushaltsgemeinschaft. Es handelt sich nicht um eine Ge¬staltung gemeinsamen Wirtschaftens, sondern um eine reine Gefälligkeit bzw. Fürsorge, der keine gesteigerte Bedeutung in der Bewertung des Zusammenlebens als Haushaltsgemeinschaft zukommt.

Dass sich der Kläger und sein Vater gegenseitig Dinge beim Einkaufen mitbringen, spricht hier ebenfalls nicht für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft. Denn es findet - wie der Vater des Klägers in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet hat – eine getrennte Abrechnung statt. Die gegenseitige Besorgung einzelner Dinge beim Einkauf ist auch bei Wohngemeinschaften üblich und kann nicht als aussagekräftiges Indiz für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft gewertet werden. Das Vorzeigen der Kassenzettel nach Einkäufen des Klägers beim Vater liegt in der Behinderung des Klägers begründet, da dies dem Schutz davor dient, dass der Kläger wegen seiner Behinderung beim Einkaufen hintergangen wird. Hierdurch kommt wiederum lediglich die familiäre und persönliche Fürsorge des Vaters gegenüber seinem Kind zum Ausdruck.

Auch das Mähen des Rasens und andere körperlich schwere Arbeiten im Garten des Vaters, die der Kläger übernimmt, lassen keinen Rückschluss auf das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft zu. Diese Hilfeleistung wird familientypisch von erwachsenen Kindern ihren Eltern gegenüber erbracht, wenn die Eltern – wie hier – gesundheitlich beeinträchtigt sind und die Kinder in der Nachbarschaft zu ihren Eltern leben.

Für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft spricht hier auch nicht, dass der Zeuge H eine Kontovollmacht für das Konto des Klägers besitzt. Sowohl der Kläger als auch sein Vater verfügen über getrennte Girokonten. Die Kontovollmacht des Vaters dient ausschließlich der Kontrolle der Geldgeschäfte des geistig behinderten Klägers. Die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat deutlich gemacht, dass insoweit Defizite beim Kläger bestehen, die das Vorgehen des Zeugen verständlich erscheinen lassen. Die Beweisaufnahme hat aber andererseits keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Zeuge die Kontovollmacht dafür nutzt, um über das auf dem Konto befindliche Geld zu seinen eigenen Gunsten zu verfügen. Im Gegenteil: Der Zeuge unterstützt den Kläger finanziell insbesondere bei Anschaffungen, wenn dessen eigenes Geld nicht ausreicht. Ein gemeinsames Wirtschaften "aus einem Topf", d.h. aus dem Konto des Klägers, wird durch die Kontovollmacht für den Zeugen mithin nicht belegt.

Der – unstreitig erfolgte – Erlass der Mietschulden kann zwar als Indiz für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft gewertet werden. Dem kommt indes zum einen keine derartige Bedeutung zu, das gewonnene Ergebnis in Frage stellen zu können. Zum anderen ist der Erlass von Mietschulden ein Vorgang, der jedem Gläubiger rechtlich zusteht und der hier durch das Verwandtschaftsverhältnis des Klägers zu seinem Vater begünstigt wird. Der Schuldenerlass unter Verwandten ist ein Vorgang, der grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft erfolgt und nicht untypisch ist.

Die der Entscheidung des Senats zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers und seines als Zeugen gehörten Vaters. Der Senat hat – wie auch schon das Sozialgericht – keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen, wenngleich nicht verkannt wird, dass beide ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben und eng miteinander verwandt sind. Die Angaben des Klägers stimmten im Wesentlichen mit der Aussage des Zeugen überein, ohne dass diese abgesprochen wirkten. Aufgrund seiner geistigen Behinderung erscheint es kaum möglich, dass eine zielgerichtet falsche Aussage des Klägers im Rahmen einer längeren Befragung in zwei Instanzen unerkannt bliebe. Ohne weiteres nachvollziehbar ist andererseits auch das Interesse des Zeugen, mit dem Kläger gerade keine Haushaltsgemeinschaft zu bilden, damit dessen Eigenständigkeit weiter gefördert wird. Der Kläger ist in der Lage, selbstständig einen eigenen Haushalt zu führen, wobei noch eine gewisse Beobachtung und Kontrolle durch den Vater erforderlich erscheint und auch erfolgt. Dies ist der Behinderung des Klägers geschuldet und grenzt sich klar vom Wirtschaften "aus einem Topf" ab. Zudem hat der Kläger bewiesen, dass er zumindest zeitweise ganz ohne die Hilfe des Vaters auskommt, als sich dieser im Krankenhaus und in der Reha befand. Auch wenn der Vater für mehrere Tage seine Partnerin in Berlin besucht, bleibt der Kläger alleine im Haus.

Der Kläger hat auch Anspruch auf die von ihm geltend gemachten Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe. Dies ist ein Betrag von 210,00 EUR (inklusive 30,00 EUR Heizung). Von den in der Mietbescheinigung ausgewiesenen 250,00 EUR sind abzuziehen Warmwasserkosten (10,00 EUR), Kosten für die Waschmaschinenbenutzung (10,00 EUR) sowie Stromkosten (20,00 EUR). Diese Kosten sind bereits im Regelsatz enthalten, so dass sie nicht noch einmal als Kosten der Unterkunft Berücksichtigung finden können. Kosten der Unterkunft in Höhe von 210,00 EUR monatlich sind nicht unangemessen im Sinne der §§ 42 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit 29 Abs. 1 SGB XII. Dies wird vom Beklagten bei Annahme eines Ein-Personen-Haushalts – auch nicht in Frage gestellt.

Der Senat konnte durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 155 Abs. 3 und 3 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen, da es sich insbesondere bei den hier streitigen Fragen nicht um solche handelt, die eine über den Fall hinausgehende Bedeutung haben (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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