S 182 KR 2450/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
182
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 182 KR 2450/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei einem Streit über eine Krankenhausvergütung ist bei einem unterbliebenen Schlich-tungsverfahren die Klage nach § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG auch dann unzulässig, wenn ein Schlichtungsausschuss noch gar nicht existiert.

2. § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG ist auch auf Ansprüche anwendbar, die vor dem 1. August 2013 entstanden sind (Anschluss an SG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2014 – S 5 KR 4463/13).

3. Eine Verjährung der Forderung mit Ablauf des 31. Dezember 2013 droht nicht, weil die Verjährung wegen Stillstandes der Rechtspflege gehemmt ist. Daneben könnte der Einrede der Verjährung auch der Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegengehalten werden.

4. Das Verfahren ist nicht zur Nachholung des Schlichtungsverfahrens auszusetzen, weil dadurch die Zulässigkeit der Klage nicht herbeigeführt werden könnte.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist eine nach Berliner Landesrecht anerkannte Hochschulklinik. Sie behandelte in der Zeit vom 6. November 2009 bis zum 21. November 2009 die bei der Beklagten kranken-versicherte D. P. vollstationär. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 2. Dezember 2009 Behandlungskosten in Höhe von 3.935,88 Euro in Rechnung, die von der Beklagten am 17. Dezember 2009 zunächst vollständig beglichen worden waren. Die Beklagte beauftrage in der Folgezeit den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutach-tung des Falles auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen (Arztbrief und Operationsbe-richt). Der MDK kam zu dem Ergebnis, die Klägerin habe falsch abgerechnet. Nachdem die Beklagte die Klägerin erfolglos aufforderte, einen Betrag in Höhe von 1.018,30 Euro zurück-zuerstatten, rechnete sie am 27. Juli 2010 mit einer Forderung aus einem anderen Behand-lungsfall auf. Eine für den 21. November 2013 zwischen den Beteiligten angesetzte Fallkonfe-renz, deren Gegenstand die streitgegenständliche Forderung sein sollte, sagte die Beklagte am 5. November 2013 ab.

Die Beteiligten haben ein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs. 4b Satz 3 Krankenhausfi-nanzierungsgesetz (KHG) nicht durchgeführt. In Berlin ist ein Schlichtungsausschuss zur Überprüfung von nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung durch den MDK streitigen Vergütungen von dessen Vereinbarungspartnern, der Berliner Krankenhausgesellschaft sowie der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und der Krankenkassenverbände in Berlin, bis-lang nicht eingerichtet worden. Daher existieren auch keine entsprechenden Verfahrensrege-lungen. Im zur Gerichtsakte gereichten "Letter of Intent der Vereinbarungspartner des Schlich-tungsausschusses Berlin nach § 17c Abs. 4 KHG" (im Folgenden: "Letter of Intent") vom 31. Oktober 2013 heißt es:

"Mit dem Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (Beitragsschuldengesetz) vom 15. Juli 2013, welches am 1. August 2013 in Kraft getreten ist, wurde § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) neu geregelt. So wird u.a. durch Änderung des § 17c Abs. 4 KHG ein Konflikt-regelungsmechanismus eingeführt, nach dem Krankenhäuser und Krankenkassen durch Anrufung eines Schlichtungsausschusses Ergebnisse von MDK-Einzelfallprüfungen gemäß § 275 Abs. 1c SGB V überprüfen lassen können. Bei nach durchgeführter Abrechnungsprüfung strittigen Forderungen von bis zu 2.000 Euro ist nach § 17c Abs. 4b S. 3 KHG das Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung durchzu-führen. Die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie die Landes-krankenhausgesellschaft werden beauftragt, gemeinsam die näheren Einzelheiten zum Verfahren des Schlichtungsausschusses zu vereinbaren.

Im Zuge der genannten Neuregelung ist gleichzeitig der bisherige Aufgabenbereich des Schlichtungsausschusses, die sog. Stichprobenprüfung, weggefallen. Daher ergibt sich nunmehr ein grundlegend neuer Aufgabenbereich für den Schlichtungsausschuss nach § 17c Abs. 4 KHG. Aufgrund dessen muss die bestehende Vereinbarung ent-sprechend den neuen gesetzlichen Anforderungen umfassend überarbeitet und ange-passt werden.

Die Vereinbarungspartner sind bestrebt, die gesetzlichen Neuregelungen zügig umzu-setzen und möglichst zeitnah praktikable Regelungen zur Durchführung eines Schlich-tungsverfahrens zu finden und die näheren Einzelheiten des Verfahrens für einen ar-beitsfähigen Schlichtungsausschuss gemeinsam abzustimmen.

Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass aufgrund der Aufgabenänderung des Schlichtungsausschusses und der hierdurch erforderlichen Anpassungen des Verfah-rens und ggfs. einzurichtender Strukturen sowie der noch offenen Fragestellungen, u.a. zu Antragsformalitäten, die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens derzeit nicht möglich ist. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens auf Grundlage der ab-zustimmenden Vereinbarung wird frühestens zu Beginn des Jahres 2014 möglich sein."

Mit ihrer am 22. November 2013 schriftlich beim Sozialgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des Betrages, mit dem aufgerechnet wurde. Sie ist der Auffassung, die Klage sei zulässig. Ihr stehe nicht entgegen, dass ein Schlichtungsverfahren bislang nicht durchgeführt worden sei. Die Verpflichtung, vor Klageerhebung ein Schlichtungsverfahren durchzuführen, gelte erst für solche Ansprüche, die nach Inkrafttreten zum 1. August 2013 entstanden sind. Gesetzgeberischer Wille der zwingenden vorherigen Anrufung des Schlich-tungsausschusses sei die Entlastung der Sozialgerichte gewesen. Entlastung setze aber Ar-beitsfähigkeit des Schlichtungsausschusses voraus. Diese sei nicht gegeben. Ansonsten wäre dem Inhaber einer verjährungsbedrohten Forderung die Möglichkeit genommen, noch verjäh-rungshemmend Klage zu erheben. Stattdessen würde die Begutachtung des MDK quasi in Rechtskraft erwachsen. Wäre demgegenüber eine vorherige Anrufung des Schlichtungsaus-schusses auch für vor dem 1. August 2013 entstandene Ansprüche notwendig, wäre der Aus-schluss der Klagemöglichkeit mangels durchgeführtem Schlichtungsverfahren und mangels durchführbarem Schlichtungsverfahren ein Verstoß gegen das Recht auf effektiven Rechts-schutz nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie Behandlungskosten in Höhe von 1.018,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten ist die Klage zulässig. Weil das Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung für Krankenbehandlungen enthält, die vor dem 1. August 2013 begonnen haben, sei § 17c Abs. 4b KHG nur auf Fälle mit einem Aufnahmedatum ab dem 1. August 2013 anwendbar. Insoweit wirkten die für im Sozialrecht verankerte Leistungsansprüche gel-tenden Grundsätze (sog. Leistungsfallprinzip im Gegensatz zum reinen Geltungszeitraumprin-zip) und die Beachtung des Regelungsschwerpunktes des Gesamtregelungskomplexes zu-sammen. Der Gesetzgeber wolle nach dem Grundsatz des Regelungsschwerpunktes im Zweifel das Recht angewandt sehen, bei dem der Schwerpunkt der Regelung liegt. Schon der Wortlaut in Verbindung mit den übrigen Sätzen des Abs. 4b und den neugefassten Absätzen des § 17c KHG verdeutliche das Ineinandergreifen von Teilelementen zu einem Gesamtkom-plex, der nur auf die Überprüfung von Krankenhausbehandlungen ausgerichtet sei, die nach dem 1. August 2013 begonnen haben. Im Übrigen sei auch ein in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommener Wille des Gesetzgebers, die Regelung des § 17c Abs. 4b KHG auch auf vor dem Inkrafttreten der Vorschrift liegende Krankenhausbehandlungen zu erstre-cken, nicht ersichtlich. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 19/09 R – verwiesen. Selbst wenn man jedoch die Auffassung vertre-ten sollte, dass § 17c KHG in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung für alle Fälle mit einem Streitwert unter (gemeint ist wohl: bis) 2.000 Euro gelte, in denen die Klage nach dem 1. August 2013 eingereicht wurde, sei zu berücksichtigen, dass nach dem Inkrafttreten des neuen § 17c Abs. 4 KHG eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Rechtslage entstanden sei. Zum einen werde die Erhebung einer Klage an die Durchführung eines Schlichtungsverfah-rens geknüpft, zum anderen sei bisher bundesweit kein arbeitsfähiger Schlichtungsausschuss vorhanden. Der effektive Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG beinhalte jedoch, dass Rechts-schutz innerhalb angemessener Zeit gewährt wird und das Gericht dazu verpflichtet ist, die angefochtene Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig zu überprüfen. Schließlich garantiere der effektive Rechtsschutz auch den Zugang zu den Gerichten sowie die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren und eine gerichtliche Ent-scheidung. Da noch kein arbeitsfähiger Schlichtungsausschuss bestehe, habe es für die Klä-gerin keine anderweitige Möglichkeit gegeben, ihre (nach Auffassung der Beklagten unbe-gründete) Forderung durchzusetzen. Zudem sei derzeit zweifelhaft, ob in näherer Zukunft überhaupt ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden kann. Übereinstimmend sei das Bundesgesundheitsministerium durch die Krankenhausgesellschaften sowie den Spitzenver-band der Krankenkassen aufgrund der offensichtlichen Umsetzungsprobleme um eine Modifi-zierung des § 17c KHG gebeten worden. Es bestehe sogar die Forderung, die Regelung des § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG ersatzlos zu streichen. Dies hätte zur Folge, dass die Anrufung des Schlichtungsausschusses auf Landesebene zwar optional erfolgen könnte, dies jedoch keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage vor dem Sozialgericht für Streitigkeiten mit einem Streitwert unterhalb des Schwellenwertes sei (Verweis auf das zur Gerichtsakte gereichte Schreiben der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 5. Dezember 2013 an das Bundes-gesundheitsministerium).

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerin ein vorab per Fax an die "Ge-schäftsstelle des Schlichtungsausschusses nach § 17c Abs. 4 KHG c/o AOK Nordost für die Länder Berlin und Brandenburg" gerichtetes Schreiben vom 24. März 2014 in Abschrift über-reicht. Darin heißt es, die Klägerin vermöge nicht zu beurteilen, ob es zum bisherigen und zwi-schenzeitlich entfallenen Aufgabenbereich der sog. "Stichprobenprüfung" bereits einen Schlichtungsausschuss nach § 17c Abs. 4 KHG gab bzw. gibt. Sollte es ihn geben, sei sie lei-der gezwungen, ihn hiermit zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG anzurufen, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Klage vor dem Hintergrund des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2014 – S 5 KR 4463/13 – und des Ur-teils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 4. März 2014 – S 41 KR 419/13 – zurückgewiesen wird, weil eine Aussetzung des Gerichtsverfahrens zur Nachholung des Schlichtungsverfah-rens ausscheidet. Beide Sozialgerichte hätten die Möglichkeit einer Aussetzung des Verfah-rens bereits deshalb ausgeschlossen, weil bis zur mündlichen Verhandlung, dem Zeitpunkt, in dem die Sachurteilsvoraussetzungen spätestens vorliegen müssten, kein fristwahrender An-trag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens beim bereits existierenden Schlichtungs-ausschuss gestellt worden war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer auf den In-halt der Gerichtsakte und der den Behandlungsfall betreffenden Verwaltungsakte der Beklag-ten Bezug, die ihr bei ihrer Entscheidung vorlagen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist unzulässig, weil das gem. § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG einzuhaltende Schlich-tungsverfahren nicht durchgeführt worden ist (dazu unter a). Das Schlichtungsverfahren ist nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts auch bei Ansprüchen durchzuführen, die vor dem 1. August 2013 entstanden sind (hierzu unter b). Von der Einhal-tung des Schlichtungsverfahrens wegen mangelnder Einrichtung eines Schlichtungsaus-schusses ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen abzusehen, weil bereits eine Verjährung nicht droht (dazu unter c). Eine Aussetzung des Verfahrens kommt nicht in Be-tracht, da das Schlichtungsverfahren während des Sozialgerichtsprozesses nicht nachgeholt werden kann (hierzu unter d).

a) § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG ist durch Art. 5c Nr. 2 Buchst. e des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I, S. 2423) mit Wirkung vom 1. August 2013 eingeführt worden. Danach ist bei Klagen, mit denen nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c des Fünften Bu-ches Sozialgesetzbuch eine streitig gebliebene Vergütung gefordert wird, vor der Klageerhe-bung das Schlichtungsverfahren nach Absatz 4 durchzuführen, wenn der Wert der Forderung 2.000 Euro nicht übersteigt. Die die Zulässigkeit der Klage begründenden Voraussetzungen dieser Norm sind nicht erfüllt.

Zwar wird mit der Klage die Vergütung einer streitigen Forderung in Höhe von 1.018,30 Euro (und damit in einem Wert, der 2.000 Euro nicht übersteigt) verfolgt. Es hat auch eine Abrech-nungsprüfung nach § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenver-sicherung (SGB V) stattgefunden. Allerdings ist vor der Erhebung der Klage am 22. November 2013 das nach § 17c Abs. 4 KHG einzuhaltende Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt worden. Eine – wie hier schriftliche – Klage ist im sozialgerichtlichen Verfahren mit dem Ein-gang bei Gericht erhoben (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufla-ge 2012, § 90 Rdnr. 7, § 94 Rdnr. 3). Dem steht nicht entgegen, dass der nach § 17c Abs. 4 KHG einzurichtende Schlichtungsausschuss zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch gar nicht existierte. Dem Gesetz kann nicht entnommen werden, dass die in § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG normierte Zulässigkeitsvoraussetzung in diesem Fall nicht gelten soll. Der Gesetzgeber hat keine entsprechende Formulierung gewählt oder eine Übergangsregelung eingeführt. Auch aus dem "Letter of Intent" kann nichts anderes hergeleitet werden. Das Gericht hat über das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen unabhängig von der Auffassung der Beteiligten zu entscheiden. Die Sachurteilsvoraussetzungen stehen nicht zu deren Disposition. Andernfalls hätten es die Beteiligten in der Hand, durch schlichte Untätigkeit die Einrichtung des Schlich-tungsausschusses auf unbestimmte Zeit zu verzögern und dadurch die Geltung des Gesetzes faktisch auszuhebeln. Damit würde auch der Wille des Gesetzgebers vereitelt, der § 17c Abs. 4b KHG einführte, um Konflikte zwischen den Vertragsparteien bei der Abrechnungsprü-fung im Krankenhausbereich zu vermeiden und die Modalitäten der Konfliktlösung stärker in die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu legen, um auch gerichtliche Auseinanderset-zungen zu vermindern und so Bürokratie abzubauen und die Sozialgerichte zu entlasten (so die amtliche Begründung, BT-Drucks. 17/13947, S. 37, 40).

b) § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG ist entgegen der Auffassung der Beteiligten auch auf Ansprüche anwendbar, die vor dem 1. August 2013 entstanden sind. Dies ergibt sich aus den allgemei-nen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Das Leistungsfallprinzip oder der von der Beklagten vorgetragene Regelungsschwerpunkt des Gesamtregelungskomplexes vermö-gen diese Grundsätze nicht außer Kraft zu setzen. Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Norm für deren Anwendbarkeit (hierzu aa). Es lässt sich auch kein Wille des Gesetzge-bers ermitteln, der die Sichtweise der Beteiligten stützt (dazu unter bb).

aa) Das Sozialgericht Karlsruhe hat zu einem vergleichbaren Fall ausgeführt:

"bb) § 17c Abs. 4b S. 3 KHG erfasst auch Klagen, in denen die Vergütung für eine Be-handlung im Streit steht, die vor dem 1.8.2013 begonnen hat.

(1) Die Vorschrift ist zum 1.8.2013 in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung für ,Alt-fälle‘ hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen (vgl. Art. 2 des Gesetzes vom 15.7.2013, BGBl. I Seite 2423).

(2) Auch nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts ist eine Änderung des Verfahrensrechts ohne Übergangsfrist zu berücksichtigen; von einer Rechtsänderung erfasst sind daher grundsätzlich sogar Klagen, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits anhängig sind (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 16.12.2009, B 7 AL 147/09 B, Rdnr. 8 - nach Juris; Urteil vom 25.4.2013, B 8 SO 21/11 R; Rdnr. 12 nach Juris).

Allerdings werden im Einzelfall die allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Pro-zessrechts durch den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz des Vertrauens-schutzes eingeschränkt: Wirkt der Gesetzgeber auf die verfahrensrechtliche Lage ein, in der sich ein Kläger befindet, und ist das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung schutzwürdig, so findet das neue Recht ausnahmsweise keine Anwendung (BVerfG, Beschluss vom 7.7.1992, 2 BvR 1631/90, Rdnr. 42 - nach Juris; BSG, a.a.O.). Eine solche schutzwürdige Lage kommt aber frühestens in Betracht, wenn der Kläger ein Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 43 - nach Juris); vor Erhebung einer Klage besteht hingegen überhaupt keine prozessuale Position, die be-einträchtigt oder entzogen werden könnte.

Im vorliegenden Fall ist die einschränkende Regelung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG am 1.8.2013 in Kraft getreten. Klage erhoben hat die Klägerin indes erst am 19.12.2013. Angesichts dessen konnte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt des gerichtlichen Verfah-rens erwarten, ein Schlichtungsverfahren sei nicht erforderlich.

(3) Unergiebig ist in diesem Zusammenhang das von der Klägerin angeführte Urteil des BSG vom 22.6.2010 (B 1 KR 29/09 R). In dieser Entscheidung hat sich das BSG mit der Frage befasst, ob die in § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V normierte Pflicht der Kran-kenkasse, im Falle einer erfolglosen Abrechnungsprüfung dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale zu zahlen, auch für Behandlungen gilt, die vor dem Inkrafttreten der Vorschrift begonnen haben. Es ging also nicht um eine prozessuale Regelung, sondern um eine Regelung des materiellen Sozialrechts. Ob eine neue Regelung des materiellen Sozialrechts Anwendung findet, richtet sich u.a. nach dem sogenannten Leistungs- bzw. Versicherungsfallprinzip; dieses Prinzip war auch für das BSG bei sei-ner Entscheidung vom 22.6.2010 bedeutsam (a.a.O., Rdnr. 14 - nach Juris). Im Pro-zessrecht spielt das Prinzip hingegen keine Rolle. Da es sich bei § 17c Abs. 4b S. 3 KHG um keine materielle, sondern um eine prozessuale Regelung handelt, die den Zugang zum gerichtlichen Verfahren normiert, liegt - entgegen der Auffassung der Klä-gerin - hier keine Konstellation vor, die dem vom BSG beurteilten Fall entspräche.

Ebenso wenig zu überzeugen vermag der Vortrag der Beklagten, der ,Regelungs-schwerpunkt des Gesamtregelungskomplexes‘ spreche gegen die Anwendung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG. Die Beklagte lehnt sich ersichtlich an die Argumentationslinie des BSG in der o.a. Entscheidung vom 22.6.2010 an (ohne diese ausdrücklich zu nen-nen). Wie ausgeführt, ist dieses Urteil auf den vorliegenden Fall indes gerade nicht übertragbar. Unabhängig davon ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum die neue Regelung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG mit den weiteren Änderungen des § 17c KHG, die zum 1.8.2013 in Kraft getreten sind, einen unauflösbaren ,Gesamtregelungs¬komplex‘ bilden sollte. Ein solcher Zusammenhang wird von der Beklagten nur be-hauptet, aber nicht belegt.

(4) Für die Anwendbarkeit des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG spricht schließlich auch Sinn und Zweck der Norm. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll das obligatorische Schlichtungsverfahren der Entlastung der Sozialgerichte dienen (BT-Drucksache 17/13947 Seite 40). Erfasste die Regelung - entsprechend der Auffassung der Beteilig-ten - nur Klagen, in denen die Vergütung für eine Behandlung im Streit steht, die nach dem 1.8.2013 begonnen hat, träte der vom Gesetzgeber beabsichtigte Effekt indes erst mit großer Verzögerung ein. Denn in der Praxis klagen Krankenhäuser streitig ge-bliebene Vergütungsforderungen oft erst lange nach der Behandlung ein, nicht selten knapp kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist. Folgte man der Ansicht der Be-teiligten, gäbe es daher in den nächsten Jahren kaum Klagen, die von § 17c Abs. 4b S. 3 KHG erfasst sind; die Entlastung der Sozialgerichte bliebe also jedenfalls kurz- und mittelfristig marginal. Dies widerspräche dem erklärten Willen des Gesetzgebers (so auch Weis/Romeyke, NZS 2013, 733, 734). Um der Regelung des § 17c Abs. 4b S. 3 KHG volle Wirksamkeit zu verschaffen, ist sie somit ab dem 1.8.2013 auch dann anzuwenden, wenn die streitige Behandlung vor diesem Zeitpunkt begann."

SG Karlsruhe, Urteil vom 24. Februar 2014 – S 5 KR 4463/13, juris, Rdnr. 19 bis 26 (Hervorhebungen im Original).

Die erkennende Kammer schließt sich diesen ausführlichen und zutreffenden Ausführungen nach eigener Überzeugungsbildung in vollem Umfang an. Auch im hier zu entscheidenden Fall hat die Klägerin erst nach dem 1. August 2013, nämlich am 22. November 2013, Klage erhoben. Somit bestand zu keinem Zeitpunkt eine prozessuale Position, die hätte beeinträch-tigt oder entzogen werden können. Die Klägerin konnte somit nicht darauf vertrauen, ein Schlichtungsverfahren nicht einhalten zu müssen. Die Klägerin kann auch aus dem "Letter of Intent" keine Vertrauensposition ableiten, da § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG als ius cogens nicht von den Beteiligten abbedungen werden kann.

bb) Das Argument der Beklagten, in den Gesetzesmaterialien sei kein Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gekommen, die Regelung auch auf vor ihrem Inkrafttreten liegende Kranken-hausbehandlungen zu erstrecken, überzeugt nicht. Das parlamentarische Dokument schweigt zu dieser Frage. Daher können die Beteiligten aus den Materialien nichts herleiten, was für ihren Standpunkt spricht.

c) Eine andere Sichtweise ist auch nicht durch das in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG niedergelegte Prinzip des effektiven Rechtsschutzes geboten. Die Möglichkeit der Durchsetzung des kläge-rischen Anspruchs mit Hilfe der Gerichte bleibt gegeben. Die der Klage zugrunde liegende Forderung droht nämlich nicht nach § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) mit Ablauf des 31. Dezember 2013 zu verjähren, weil die Verjährung gem. § 45 Abs. 2 SGB I i.V.m. § 206 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Stillstandes der Rechts-pflege gehemmt ist (hierzu aa). Daneben wäre der Beklagten die Einrede der Verjährung auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeschnitten (dazu unter bb).

aa) Nach § 45 Abs. 2 SGB I i.V.m. § 206 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Gläu-biger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Höhere Gewalt liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignis-sen beruht, die auch durch die äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausge-sehen und verhütet werden konnten. Schon das geringste Verschulden des Gläubigers schließt höhere Gewalt aus (Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 206 Rdnr. 4 m.w.N.). Der Stillstand der Rechtspflege ist ein Unterfall der höheren Gewalt (BT-Drucks. 14/6040, S. 119). Darunter zu verstehen ist die Einstellung der Gerichtstätigkeit. Ein Klageweg oder Instrumente der Verjährungshemmung dürfen nicht zur Verfügung stehen (vgl. nur Grothe, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl. 2012, § 206 Rdnr. 7; Pe-ters/Jacoby, Staudinger, Neubearbeitung 2009, § 206 Rdnr. 6). Dem Einstellen der Tätigkeit einer gesetzlich vorgesehen Institution der Rechtspflege ist der Fall gleichzustellen, dass eine solche Institution zwar vom Gesetz vorgesehen, aber von den dazu Verpflichteten noch nicht eingerichtet worden ist. So liegt es hier. Ist wie durch § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG aufgrund staatlicher Setzung ein Schlichtungsverfahren einem sozialgerichtlichen Verfahren obligato-risch vorgeschaltet, zählt auch das Schlichtungsverfahren zur Rechtspflege. Mangels Einrich-tung eines Schlichtungsausschusses steht der Klägerin derzeit kein Instrument der Verjäh-rungshemmung zur Verfügung. Die Klägerin trifft auch kein Verschulden daran, dass der Schlichtungsausschuss nach wie vor nicht eingerichtet worden ist. Sie muss sich das Verhal-ten der Vereinbarungspartner, auf das sie nur teilweise und mittelbar Einfluss hat, insoweit nicht zurechnen lassen. Die Klägerin war auch innerhalb der letzten sechs Monate der Verjäh-rungsfrist an der Rechtsverfolgung gehindert, da seit dem 1. August 2013 das durch § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG vorgesehene Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung durchzuführen war. Da die Verjährung nach § 206 BGB gehemmt ist, wird nach § 45 Abs. 2 SGB I i.V.m. § 209 BGB der Zeitraum, während dessen ein Schlichtungsverfahren mangels eines entspre-chenden Ausschusses nicht durchgeführt werden kann, nicht in die Verjährungsfrist einge-rechnet (allgemeiner Buchner, SGb 2014, 119, 122, der von einem Hinderungsgrund in Form von höherer Gewalt ausgeht).

bb) Der Einrede der Verjährung durch die Beklagte könnte die Klägerin auch nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 242 BGB den Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegenhalten. Nach der Rechtsprechung des 1. und des 3. Senats des Bundessozialgerichts ist bei Vergütungs-streitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen von den Beteiligten gegenseitige Rücksichtnahme zu erwarten, weil sie aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiten und ihnen die gegenseitigen Interessenstrukturen geläufig sind (BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, juris, Rdnr. 16; Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 22/12 R, juris, Rdnr. 25). Das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme gilt umso mehr in Fällen, in denen den Beteiligten bzw. den sie repräsentierenden Verbänden auf Lan-desebene gesetzlich aufgegeben ist, ein obligatorisches Verfahren zu implementieren, ihnen dies aber nicht vor Ablauf der Verjährungsfristen gelingt. Hinzu kommt, dass die Beklagte auf-grund der politischen Intervention der Deutschen Krankenhausgesellschaft Zweifel geäußert hat, ob in näherer Zukunft überhaupt ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden kann. Gelingt es aber den Vereinbarungspartnern nicht, ihren vom Gesetzgeber oktroyierten Pflich-ten nachzukommen, kann nicht ein Beteiligter daraus einen rechtlichen Vorteil ziehen.

d) Das Verfahren war auch nicht in analoger Anwendung von § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung das Schlichtungsverfahren zur Nachholung der Sachurteilsvoraussetzungen durchzuführen (a.A. SG Dresden, Beschluss vom 20. Februar 2014 – S 18 KR 1051/13, juris). Die Kammer konnte es dahin stehen lassen, ob durch die Klägerin wirksam ein Schlichtungsverfahren eingeleitet worden ist. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dadurch nicht die Zulässigkeit der Klage herbeigeführt werden (unten aa). Dem steht auch nicht die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entgegen, wonach zur Nachholung eines bislang unterbliebenen Vorverfahrens das Klageverfahren auszusetzen ist (unten bb). Für eine Aussetzung streiten auch nicht Gründe der Prozessökonomie (unten cc).

aa) Mit der Durchführung des Schlichtungsverfahrens nach Klageerhebung könnte die Zuläs-sigkeit der Klage nicht herbeigeführt werden. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG, wonach vor der Klageerhebung das Schlichtungsverfahren durchzuführen ist. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens nicht nur besondere Prozessvoraussetzung sein soll, die zum Zeitpunkt der letzten mündli-chen Verhandlung vorliegen muss, sondern dass schon die Erhebung der Klage nur dann zu-lässig ist, wenn das Schlichtungsverfahren bereits durchgeführt wurde. Das Schlichtungsver-fahren muss also vor diesem Zeitpunkt bereits stattgefunden haben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. November 2004 – VI ZR 336/06, juris, Rdnr. 13 zum strukturell vergleichbaren § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (EG¬ZPO); zur Verfas-sungsmäßigkeit dieser Norm BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Februar 2007 – 1 BvR 1351/10; siehe auch Buchner, SGb 2014, 119, 125). Hierfür sprechen auch Sinn und Zweck des § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG. Die vom Gesetzgeber intendierte Entlastung der Sozialgerich-te träte nicht ein, wenn das Schlichtungsverfahren noch im Sozialgerichtsprozess nachgeholt werden könnte. Das Vorgehen der Beteiligten wäre dann vielfach schon von vornherein auf ein paralleles Vorgehen abgestellt mit dem festen Willen, eine Schlichtung scheitern zu las-sen. Wäre aber erst einmal Klage erhoben, so könnte kaum erwartet werden, dass ein aus-schließlich zum Zwecke der Herbeiführung der Zulässigkeit eingeleitetes Schlichtungsverfah-ren von dem ernsthaften Willen der Beteiligten getragen wäre, das bereits eingeleitete, nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG kostenpflichtige Klageverfahren nicht fortzusetzen (so zu § 15a EGZPO BGH, a.a.O., Rdnr. 18). Der Kläger würde in diesem Fall zumeist keine erfolgreiche Schlichtung anstreben, sondern sich einer Einigung verweigern, da die erhobene Klage im Falle einer erfolgreichen Schlichtung unzulässig würde und der Kläger sodann die vollen Kos-ten des Rechtsstreits zu tragen hätte (Bitter, NJW 2005, 1235, 1237; Gruber, Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4. Aufl. 2013, § 15a EGZPO Rdnr. 7 m.w.N.). Auch das Bundessozialgericht geht unter Bezugnahme auf § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass ein der Klage obligatorisch vorgeschaltetes Streitschlich-tungsverfahren nach Klageeinreichung nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden kann (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 59/12 R, juris, Rdnr. 19).

bb) Eine andere Beurteilung kann auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundessozialge-richts zur Aussetzung des Verfahrens bei noch nicht durchgeführtem Widerspruchsverfahren abgeleitet werden (so aber Becker/Nicht, ZZP 120 (2007), 159, 175 ff.). Danach muss das Gericht dem Kläger die Möglichkeit geben, das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG vor Klageerhe-bung durchzuführende Vorverfahren nachzuholen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 78 Rdnr. 3a m.w.N. zur Rspr.). Eine Übertragung die-ser Rechtsprechung auf das nach § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG vorgesehene Schlichtungsver-fahren scheidet wegen der grundsätzlichen Unterschiede zwischen beiden Verfahrensarten aus.

(1) Das Widerspruchsverfahren ist von einer Doppelrechtsnatur gekennzeichnet. Es ist sowohl Sachentscheidungsvoraussetzung der Klage als auch besonderes Verwaltungsverfahren. Als besonderes Verwaltungsverfahren unterliegt es der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG). Die Verwaltung überprüft selbständig die angefochtene Entscheidung auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Kontrolldichte im Vorverfahren ist mit Blick auf die Zweckmäßigkeitskontrolle höher als im gerichtlichen Verfahren. Dies spielt vor allem bei Ermessensentscheidungen und Entscheidungen mit Beurteilungsspielräumen eine Rolle. Im gerichtlichen Verfahren ist die Kontrolldichte geringer, denn Ermessensent-scheidungen werden nur darauf hin überprüft, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Er-mächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Be-urteilungsspielräume der Verwaltung unterliegen in der Regel ebenfalls eingeschränkter ge-richtlicher Kontrolle. Angesichts des dadurch erzielten verbesserten Rechtsschutzes des Be-troffenen besteht die zuverlässige Gewähr, dass die Filterfunktion des Widerspruchsverfah-rens erfüllt wird und zu einer Entlastung der Sozialgerichte führt.

(2) Das Schlichtungsverfahren ist demgegenüber auf die strikt konsensuelle Beilegung des Streits ausgerichtet, § 17c Abs. 4 Satz 2 KHG. Schlichtung ist Hilfeleistung in einem Streit über eine zu treffende Regelung zur Herbeiführung dieser Regelung. Gegenstand der Schlich-tung ist also nicht ein Rechtsstreit, der durch die Anwendung von Rechtsnormen entschieden wird, sondern ein Regelungsstreit. Der Schlichtungsspruch, der notwendig wird, wenn sich die Parteien vor dem Schlichtungsausschuss nicht einigen, ist rechtlich ohne jede Bindungswir-kung für die Vertragsparteien. Sie können den Einigungsvorschlag annehmen oder auch nicht (vgl. Quaas, in: Schnapp, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2004, Kap. C Rdnr. 307 m.w.N.; ders., f&w 2013, 681, 682). Im Schlichtungsverfahren können daher auch Tatsachen berücksichtigt werden, die für die Lösung des Konflikts der Beteiligten von wesent-licher oder ausschlaggebender Bedeutung, rechtlich jedoch irrelevant sind (so zu § 15a EG¬ZPO BT-Drucks. 14/980, S. 5). Eine rechtliche Prüfung im Sinne eines verbesserten Rechts-schutzes erfolgt nicht zwingend. Da das Ergebnis der Schlichtung danach in hohem Maße von der Bereitschaft der Beteiligten zur Einigung abhängt und diese Bereitschaft im Falle eines bereits anhängigen gerichtlichen Verfahrens nur in eingeschränktem Maße vorhanden sein wird, kommt die in Fällen der vorliegenden Art in Rede stehende Entlastungsfunktion bei einer Nachholung im Prozess nicht in vergleichbar effizienter Weise zum Tragen wie bei der Nach-holung des Vorverfahrens.

cc) Schließlich kann auch der Gedanke der Prozessökonomie (vgl. Kopp/Schenke, Verwal-tungsgerichtsordnung, 19. Aufl. 2013, § 68 Rdnr. 4; Becker/Nicht, ZZP 120 (2007), 159, 175) nicht zu einer anderen Bewertung führen. Bei einer Aussetzung würde es nicht zu einer ledig-lich kurzfristigen Verfahrensverzögerung kommen, weil ein Schlichtungsausschuss nach § 17c Abs. 4 KHG derzeit nicht existiert. Es ist auch nicht absehbar, wann ein solcher eingerichtet sein wird. Angesichts der Bestrebungen der Beteiligten bzw. der sie repräsentierenden Gre-mien, über eine politische Einflussnahme die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung wieder zu beseitigen, erscheint die Etablierung eines arbeitsfähigen Schlichtungsausschusses in naher Zukunft als zweifelhaft. Ein echtes Interesse der Beteilig-ten, das Schlichtungsverfahren durchzuführen, kann die Kammer nicht erkennen. Somit droht eine erhebliche Verfahrensverzögerung.

e) Da die Sachurteilsvoraussetzungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vorla-gen, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

2. Das Gericht hat in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens (dazu Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2011, Kap. IX Rdnr. 27; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 161 Rdnr. 6) gem. § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG die Sprungrevision zugelassen. Ein Revisionsgrund ist gegeben. Die sich hier stellenden Rechtsfragen, ob § 17c Abs. 4b Satz 3 KHG nur auf Ansprüche anwendbar ist, die ab dem 1. August 2013 entstanden sind, bzw. ob bei einer Anwendung der Norm auf vor de-ren Inkrafttreten entstandene Ansprüche aus verfassungsrechtlichen Gründen von der Durch-führung eines Schlichtungsverfahrens abzusehen ist, weil ein funktionsfähiger Schlichtungs-ausschuss nach § 17c Abs. 4 KHG noch nicht etabliert ist, betreffen eine Vielzahl von kran-kenhausrechtlichen Vergütungsstreitigkeiten, die seit dem 1. August 2013 bei den Sozialge-richten anhängig gemacht worden sind. Eine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung hierzu liegt noch nicht vor. Die Klärung dieser Fragen hat daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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