L 17 U 290/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 211/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 290/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 106/00 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.09.1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der von der Klägerin am 10.01.1996 erlittene Verkehrsunfall als Wegeunfall von der Beklagten anzuerkennen und der Klägerin hieraus resultierend Verletztenrente zu gewähren ist.

Die 1964 geborene Klägerin erlitt am 10.01.1996 auf dem Weg von dem Kinderhaus E ... S ... in K ... nach Hause als Sozia auf einem Motorroller einen Unfall, als der Motorroller ins Schleudern geriet und die Klägerin mit dem rechten Fuß und dem Kopf gegen eine Leitplanke schlug. Laut Bericht des Durchgangsarztes Prof. Dr. B ... vom 01.10.1996, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie der Krankenanstalten in K ..., zog sich die Klägerin bei diesem Unfall ein Schädelhirntrauma mit Fraktur rechts temporal, ein großes Epiduralhämatom, eine intracerebrale Blutung im temporalen Lappen und Hirnödem sowie eine offene distale Unterschenkelfraktur mit Gelenkbeteiligung rechts zu.

Das Arbeitsamt K ... teilte auf Anfrage der Beklagten am 04.10.1996 mit, daß die Klägerin sich am 12.12.1995 dort arbeitslos gemeldet habe und Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 19.12.1995 bis 30.03.1996 hatte. Die Vorstellung beim Kinderhaus E ... S ... in K ... am 10.01.1996 sowie der Hospitationstag in derselben Einrichtung sei nicht auf Veranlassung des Arbeitsamtes im Rahmen der Arbeitsvermittlung erfolgt.

Das Kinderhaus E ... S ... teilte der Beklagten mit, die Klägerin sei am 10.01.1996 von 9.00 bis 16.00 Uhr als Hospitantin in der Einrichtung gewesen. Direkte Anweisungen habe sie nicht bekommen; sie habe hospitiert, zum Teil mit einzelnen Kindern gespielt. Ein Hospitationstag diene den Mitarbeiterinnen in der Gruppe dazu, den Hospitanten zu beobachten und zu spüren, ob er wirklich Interesse an diesem Arbeitsplatz habe und ob er im groben für dieses Arbeitsfeld geeignet sei. Für diesen Tag bestehe kein Arbeitsverhältnis (kein Entgelt für Anfahrt als auch für die Arbeitszeit), sondern ein Gastverhältnis. Der Tag gelte als Orientierung sowohl für die Einrichtung, als auch für den Bewerber.

Die Klägerin gab der Beklagten gegenüber an, sie habe am Unfalltag von 8.00 bis 16.00 Uhr gearbeitet und sei mit gemeinsamen Spielen mit den Kindern, d.h. Kinderbetreuung im Haus und auf der Spielwiese sowie mit Essensvorbereitung zur Mittagszeit beschäftigt gewesen. Die Tätigkeiten habe sie auf Anweisung des Personals vom Kinderhaus in der Überzeugung ausgeübt, als Mitarbeiterin übernommen zu werden.

Mit Bescheid vom 16.04.1997 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall (Wegeunfall) nicht gegeben seien. Die Klägerin sei am Unfalltag nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden. Insofern habe auch kein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 4 b Reichsversicherungsordnung (RVO) bestanden. sie sei auch nicht gemäß § 539 Abs. 2 RVO wie eine Arbeitnehmerin tätig geworden. Der Hospitationstag sei Teil der Bewerbung als Kindererzieherin gewesen. Sie habe damit überwiegend eigene Interessen (Erlangung eines Arbeitsplatzes) verfolgt und sei deshalb nicht "wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses", sondern "eigenwirtschaftlich" tätig gewesen.

Den hiergegen von der Klägerin am 05.05.1997 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.1997 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 01.09.1997 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie hat geltend gemacht, daß sie während der Hospitation wie eine Beschäftigte tätig geworden sei. Sie habe unter Anleitung einer Kollegin Kinder in der Gruppe beaufsichtigt. Der Probearbeitstag habe nicht einseitig nur ihrer Bewerbung gedient, sondern beiden Seiten, also auch im Interesse des Kindergartens gelegen. Im übrigen gehöre sie zu der Personengruppe, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig seien, so daß schon aus diesem Grunde Versicherungsschutz am Unfalltage bestanden habe.

Die Beklagte hat an ihrer ablehnenden Auffassung festgehalten und ergänzend vorgetragen, daß es nicht genüge, ein Arbeitsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis zu begründen, wenn der Leiter des Kinderhauses in einem Telefongespräch den Hospitationstag als "Probearbeitstag" bezeichnet habe. Wesentlich komme es auf die finale Handlungstendenz der Klägerin an. Im Vordergrund habe nicht gestanden, eine Arbeitsleistung für ein Unternehmen zu erbringen oder der Allgemeinheit zu dienen, sondern eine Arbeitsstelle zu erlangen. Die Hospitation am Unfalltage sei Teil der Bewerbungsgespräche gewesen. Die Klägerin habe diesen Hospitationstag absolviert, um als Mitarbeiterin eingestellt zu werden und habe damit eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.

Mit Urteil vom 09.09.1999 hat das SG Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 11.10.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.11.1999 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr früheres Vorbringen und ist der Auffassung, daß sie mit ihrer Arbeit gezielt für den Arbeitgeber - das Kinderhaus - sinnvolle und fremdnützige Arbeit geleistet habe. Darüber hinaus habe der Probearbeitstag nicht nur ihr, sondern auch dem Kinderhaus zur Erprobung gedient, was für einen Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 2 RVO ausreiche. Die Klägerin verweist insoweit auf eine Entscheidung des BGH vom 25.06.1985 (VersR 1985, 1082).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.09.1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.04.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1997 zu verurteilen, das Ereignis vom 10.01.1996 als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Klägerin gehört und zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes Beweis erhoben durch Vernehmung des Leiters des Kinderhauses E ... S ..., H ... F ...-S ..., als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 10.02.2000 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 16.04.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1997 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese hat keinen Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung, denn sie hat keinen Arbeitsunfall erlitten.

Der Anspruch der Klägerin beurteilt sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Unfall vor dem Inkrafttreten des Siebenten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII).

Gemäß § 548 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt nach § 550 Abs. 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Ein Wegeunfall in diesem Sinne lag aber nicht vor, denn die Klägerin stand im Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie keine "Versicherte" i.S.d. vorstehenden Ausführungen war.

Die Klägerin war am Unfalltag nicht im Rahmen eines durch persönliche Abhängigkeit gekennzeichneten Beschäftigungsverhältnisses (vgl. dazu m.w.N. auf die Rechtsprechung: Bereiter-Hahn/Schieke/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - Stand 6/96 § 539 RVO Rdn. 6 ff.) zum Kinderhaus E ... S ... tätig, so daß sie dabei nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versichert gewesen ist. Auch die Klägerin ging nach ihrem eigenen Bekunden in Übereinstimmung mit der Leitung des Kinderhauses E ... S ... davon aus, daß es sich um einen sogenannten "Hospitationstag" oder "Probearbeitstag" handeln sollte. Sie gab am 10.01.2000 an, daß sie gewußt habe, daß eine Auswahl unter mehreren Bewerbern stattfinden würde. Nach den Angaben des Zeugen F ...-S ... fand die Hospitation im Rahmen des Bewerbungsverfahrens der Klägerin statt. Damit war das Merkmal der "Eingliederung" in den Betrieb nicht gegeben; die Klägerin hat nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gearbeitet (vgl. dazu BSG SozR Nr. 34 zu § 539 RVO sowie BSG SozR 2200 § 539 Nr. 10).

Bei Verrichtungen und auf Wegen, die mit einer privaten Arbeitssuche und den Verhandlungen über den Abschluß eines Arbeitsvertrages zusammenhängen, ist in der Regel kein Versicherungsschutz gegeben; es handelt sich vielmehr grundsätzlich um den eigenwirtschaftlichen unversicherten Bereich des Arbeitsuchenden (BSG SozR 2200 § 550 Nr. 1; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 36; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Auflage, Seite 472 i I m.w.N.).

Die Klägerin war auch nicht gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b RVO versichert. Diese Vorschrift begründet für einen bestimmten Personenkreis u.a. Versicherungsschutz, wenn auf Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit eine andere Stelle aufgesucht wird. Da der Vorstellung der Klägerin im Kinderhaus E ... S ... am 10.01.1996 eine solche Aufforderung nicht zugrunde lag, greift diese Norm nach ihrem Wortlaut hier nicht ein. Das BSG hat mehrfach entschieden (vgl. BSG SGb 1986, 577; SozR 2200 § 539 Nr. 119, BSG SozR 2200 § 550 Nr. 1), daß die Aufforderung unerläßliche Voraussetzungen für den Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift ist, weil der Gesetzgeber diesen Schutz nicht auf Personen ausdehnen wollte, die ohne Aufforderung des Arbeitsamtes einen Unternehmer zur Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses aufsuchen (Krasney, BG 1987, 383, 384). Deshalb kann § 539 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b RVO nach dieser Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, auch nicht analog angewendet werden (vgl. Bereiter- Hahn/Schieke/Mehrtens, a.a.O. Rdn. 11 sowie Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - § 2 SGB VII Rdnrn. 28.1 und 28.14).

Ebenso scheidet ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO und §§ 539 Abs. 1 Nr. 11 und 18 RVO aus, da diese Vorschriften bereits vom Wortlaut her nicht in Betracht kommen. Auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils wird insoweit Bezug genommen.

Die Klägerin war schließlich im Unfallzeitpunkt auch nicht nach § 539 Abs. 2 RVO versichert. Danach sind gegen Arbeitsunfall auch Personen versichert, die wie ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter - wenn auch nur vorübergehend - tätig werden. Dies erfordert eine ernstliche, dem in Betracht kommenden Unternehmen dienende Tätigkeit, die dem möglichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen und unter solchen Umständen geleistet wird, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die Tätigkeit muß zudem in einem inneren Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen stehen und rechtlich wesentlich sein (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 119; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 16 m.w.N.). Für einen Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO reicht es nicht aus, daß die einzelne Verrichtung losgelöst von den sie tragenden Umständen dem Unternehmen nützlich und ihrer Art nach üblicherweise sonst dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist. Nicht alles, was einem Unternehmen objektiv nützlich und der Art der Verrichtung nach üblicherweise sonst dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, wird in arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit verrichtet (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 119). Wesentlich für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO ist vielmehr die auf die Belange des Unternehmens gerichtete Handlungstendenz, die in dem von der Rechtsprechung verwendeten und bereits dargelegten Begriff der dem Unternehmen "dienenden" Tätigkeit zum Ausdruck kommt (s. BSG a.a.O.; BSG Urteile vom 25.11.1992 - 2 RU 48/91 und 30.06.1993 - 2 RU 40/92 - m.w.N.). Es muß mithin eine Sachlage gegeben sein, in welcher die Gesamtumstände das Vorliegen dem Unternehmen zu dienen bestimmter, arbeitnehmerähnlicher Tätigkeiten anzeigen. Der Bundesgerichtshof - BGH - (BGH VersR 1985, 1082, 1083) spricht von einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung, der die Tätigkeit dienen müsse. So stellt das BSG in seinen Entscheidungen darauf ab, daß die Tätigkeit "geeignet" sei, den Interessen des Unternehmens zu dienen (s. BSG a.a.O.). Verfolgt dagegen eine Person mit ihrem Verhalten in Wirklichkeit wesentlich allein ihre eigenen Angelegenheiten ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht auch daher nicht nach § 539 Abs. 2 RVO wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätiger unter Versicherungsschutz (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.03.1998 - L 17 U 61/96 -). Dient die Tätigkeit sowohl eigenen Belangen als auch fremden Zwecken, so sind objektiv erbrachte Leistungen und subjektive Handlungstendenz ihrer Intensität nach jeweils gegeneinander abzuwägen (s. BSG a.a.O.).

Hiervon ausgehend ist aber festzustellen, daß die Tätigkeit der Klägerin am Unfalltag im Kinderhaus E ... S ... wesentlich geprägt war durch die Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen. Sie war als "Vorstellende" eigenwirtschaftlich tätig geworden und nicht wie eine Beschäftigte. Der Zeuge F ...-S ... hat bei seiner Vernehmung bestätigt, daß es sich bei der Hospitation um einen Teil der Bewerbung gehandelt hatte. Eine eigene Verantwortung für die Gruppe oder einzelne Kinder war der Klägerin nicht übertragen worden. Vielmehr ging es darum, sich gegenseitig (Bewerber und Gruppenleiterin) kennenzulernen und zu beobachten. Mithin war die Klägerin nicht wie eine Erzieherin in dem Kinderhaus tätig geworden; stets waren andere Erzieher, ob in den Räumen oder auf dem Außengelände in ihrer Nähe. Die objektiven Umstände sprechen dafür, daß die Hospitation, für die es kein Entgelt gab und - wie der Zeuge F ...-S ... bekundete - auch keine Fahrkostenerstattung, im Rahmen des Bewerbungsverfahrens zu sehen ist und nicht etwa dazu bestimmt war, den Interessen des Kinderhauses S ... zu dienen. Allein die "Vorstellung und Erprobung" der Klägerin rechtfertigt entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht die Annahme, daß die Klägerin arbeitnehmerähnlich tätig war, auch wenn sie mit Kindern gespielt oder bei der Essensvorbereitung bzw. bei der Essensausgabe geholfen hat. Auch wenn diese Tätigkeiten dem Kinderhaus E ... S ... objektiv nützlich gewesen sind, war dies lediglich die notwendige Folge der eigenwirtschaftlichen Handlungstendenz der Klägerin. Entscheidend war für sie, aufgrund dieser Hospitation in die engere Auswahl der Bewerberinnen zu kommen und schließlich den offenen Arbeitsplatz zu bekommen. Das war möglich aber auch aus der damaligen Sicht der Klägerin keineswegs sicher. Daß die Handlungstendenz der Klägerin wesentlich auf die Belange des Kinderhauses gerichtet waren und überwiegend dessen Interessen gedient wurde, ist nach alledem weder nach dem Vortrag der Klägerin noch nach den Bekundungen des Zeugen F ...-S ... anzunehmen.

Selbst wenn man annimmt, daß die Klägerin durch die Hospitation die Erzieherinnen entlastet und ihnen möglicherweise einen Teil ihrer Arbeit abgenommen hat, reicht dies nach den oben für die Annahme eines Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 2 RVO aus den dargelegten Grundsätzen nicht aus. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob bei einer "gemischtwirtschaftlichen" Tätigkeit diese wesentlich den betrieblichen Interessen gedient hat,ist, ob sie hypothetisch auch bei Entfallen des privaten Zweckes vorgenommen worden wäre (BSGE 20, 219; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Dies muß hier eindeutig verneint werden.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlaß.
Rechtskraft
Aus
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