L 18 U 248/09 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 5015/03 L
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 248/09 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Werden Beitragsbescheide mehrerer Jahre in einem Widerspruchsbescheid abgehandelt, betrifft die gegen diesen Widerspruchsbescheid gerichtete Klage wiederkehrende Geldleistungen für mehr als ein Jahr (vgl. LSG Saarland Urteil vom 22.6.2005 – L 2 U 97/01).
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.2009 wird verworfen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
III. Der Streitwert wird auf 432,03 EUR festgesetzt.



Gründe:


I.

Streitig ist die Beitragspflicht der Klägerin zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung.

Die Beklagte erließ den Beitragsbescheid vom 08.08.1995 (Umlage 1993 und 1994; Beitragshöhe gesamt: 324,70 DM). Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin den Widerspruch vom 01.09.1995 ein. Weiter erging der Beitragsbescheid vom 20.03.1996 (Umlage 1995; Beitragshöhe 175,00 DM). Unter dem 19.12.2002 erließ die Beklagte einen weiteren Beitragsbescheid für die Umlageforderungen der Jahre 1997 bis 2001 (Beitragshöhe gesamt 230,61 DM). Für die Umlage 2002 erließ die Beklagte den Beitragsbescheid vom 17.02.2003 (Beitragshöhe 58,63 EUR). Mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 08.08.1995, 20.03.1996, 19.12.2002 und 17.02.2003 zurück.

Am 09.04.2003 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Sie habe bereits mit Schreiben vom 27.12.1993 der Beklagten mitgeteilt, dass sie die in Rede stehenden Flächen und Flächenanteile an ihren Sohn verpachtet habe. Mit Schriftsatz vom 23.04.2004 hat sie dem SG ein nicht unterzeichnetes und an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 27.12.1993 zugeleitet. Ferner hat sie mit Schriftsatz vom 21.06.2004 ein nicht unterzeichnetes Schreiben vom 16.10.1995 übermittelt, in dem die Klägerin ausführt, dass sie schon mündlich und schriftlich der Beklagten mitgeteilt habe, sie betreibe keine Land- und Forstwirtschaft und die Flächen würden von ihrem Sohn bewirtschaftet. Dieses Schreiben war an die Beklagte adressiert und trägt einen Posteingangsstempel mit Aufdruck "16. Okt.1995 Stadt A-Stadt".

Mit Urteil vom 04.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen. Die Klägerin trage auch die Beweislast für den Zugang einer Veränderungsanzeige, die nicht zu den Akten der Beklagten gelangt sei. Es könne offen bleiben, ob eine Veränderungsanzeige am 16.10.1995 bei der Stadt A-Stadt eingegangen sei. In den Entscheidungsgründen hat das SG die Berufung nicht zugelassen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteige.

Die Klägerin hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Das SG habe es versäumt zu prüfen, ob eine Veränderungsanzeige bei der Stadt A-Stadt eingegangen ist. Schriftstücke könnten auch bei anderen inländischen Behörden abgegeben werden.

Die Beklagte hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen. Denn die Berufung gegen das Urteil des SG vom 04.03.2009 ist bereits kraft Gesetzes statthaft und bedarf nicht der gesonderten Zulassung durch das Beschwerdegericht.

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs 2 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Vorliegend betrifft der Rechtsstreit wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr, so dass die Berufung kraft Gesetzes zulässig ist. Die Bescheide vom 08.08.1995 und 19.12.2002 betreffen jeweils nicht nur ein Beitragsjahr und waren wie die Bescheide vom 17.02.2003 Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2003. Werden aber Beitragsbescheide mehrerer Jahre in einem Widerspruchsbescheid abgehandelt, betrifft die gegen diesen Widerspruchsbescheid gerichtete Klage wiederkehrende Geldleistungen für mehr als ein Jahr (vgl. LSG Saarland Urteil vom 22.6.2005 - L 2 U 97/01). Geldleistungen im Sinne des § 144 Abs 1 SGG sind nicht nur Leistungen von Leistungsträgern an Sozialleistungsberechtigte, sondern auch Leistungen, die die Leistungsträger vom Einzelnen fordern, wie etwa Beitragsforderungen (vgl. BSG Beschluss vom 28.01.1999 - B 12 KR 51/98 B = SozR 3-1500 § 144 Nr 16). Im Übrigen bestreitet die Klägerin die Versicherungspflicht als landwirtschaftliche Unternehmerin, so dass auch die Frage streitbefangen ist, ob sie überhaupt zur Entrichtung von Beiträgen verpflichtet ist und daher die Berufung insgesamt keiner Zulassung bedarf (vgl. Bayer. LSG Urteil vom 24.06.1999 - L 3 U 384/97).

Mithin ist die Nichtzulassungsbeschwerde zu verwerfen, da es einer Entscheidung des Senats über die Zulassung der Berufung nicht bedarf.

Zu berücksichtigen ist, dass das Beschwerdeverfahren nicht als Berufungsverfahren fortgeführt wird, da nach § 145 Abs 5 Satz 1 SGG das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren nur bei gesonderter Zulassung der Berufung durch das Beschwerdegericht fortgesetzt wird. Auch eine Umdeutung der von der Klägerin entsprechend der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde in eine Berufung ist nicht möglich (vgl. insgesamt LSG Baden-Württemberg vom 09.02.2009 -
L 10 U 5616/08; LSG Berlin-Brandenburg Beschlüsse vom 08.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - und vom 12.06.2008 - L 9 KR 47/04 NZB). Die Berufung kann die Klägerin aufgrund der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 66 Abs 2 Satz 1 SGG innerhalb eines Jahres seit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beim Bayer. LSG einlegen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 52 Abs 1, 47 Abs 3 Gerichtskostengesetz entsprechend den in den streitigen Beitragsbescheiden festgesetzten Beiträgen auf 432,03 EUR festzusetzen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved