S 6 KR 14/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 14/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 31. Juli 2008 hinaus bis 17. November 2008 zu zahlen.

II. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Krankengeld über den 31. Juli 2008 hinaus bis 17. November 2008.

1. Die 1949 geborene Klägerin war ab 1990 als Sachbearbeiterin in einem Autohaus tätig, das im Jahr 2007 an die nächste Generation übergeben wurde. Ab 21. Mai 2007 war die Klägerin arbeitsunfähig. Hintergrund hierfür war, dass die neuen Inhaber versucht haben, die bestehenden vertraglichen Regelungen mit den Arbeitnehmern zu deren Lasten zu ändern, wogegen die Klägerin, auch in Bezug auf Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche, vor dem Arbeitsgericht vorgegangen ist. Dies habe nach Angeben der Klägerin dazu geführt, dass sie gemobbt worden sei.

Vom 24. Januar 2008 bis 5. März 2008 unterzog sich die Klägerin einer Reha-Maßnahme, aus der sie für die bestehende Arbeitsstelle als Sachbearbeiterin in einem Autohaus wegen unüberbrückbarer Differenzen mit dem Arbeitgeber als arbeitsunfähig entlassen wurde. Bei einem anderen Arbeitgeber sei der Klägerin diese Art von Tätigkeit weiterhin zumutbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen in Früh- und Spätschicht ohne wesentliche Einschränkungen ausgeübt werden. Am 11. Juli 2008 erklärte die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. W., dass die Klägerin auf nicht absehbare Zeit arbeitsunfähig sei. Am 21. Juli 2008 führte Dr. W. gegenüber dem MDK aus, dass wesentlich die Klärung der arbeitsrechtlichen Situation sei. Am 24. Juli 2008 stehe ein Gerichtstermin zur Klärung von Schmerzensgeld an. Von ihrer Seite aus bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 25. Juli 2008 erklärte die Beklagte, dass der Klägerin eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz wegen unüberbrückbarer Differenzen nicht mehr möglich sei. Die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Sachbearbeiterin in einem Autohaus ab sofort bei einem anderen Arbeitgeber wieder ausüben. Eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuchs liege nicht mehr vor. Die Krankengeldzahlung werde daher mit dem 31. Juli 2008 eingestellt. Dagegen legte die Klägerin am 28. Juli 2008 Widerspruch ein. Unter dem 31. Juli 2008 erklärte der MDK nach Aktenlage, dass für die aktuelle Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit bestehe. Eine Rückkehr in die derzeitige Tätigkeit sei der Klägerin wegen der Gefahr der Verschlimmerung nicht mehr zumutbar. Prinzipiell könne die Klägerin ab sofort eine gleichartige Tätigkeit bei jedem anderen Arbeitgeber ausüben, weil die Arbeitsunfähigkeit an die jetzige Arbeitsplatzsituation geknüpft sei. Darüber hinaus verfüge die Klägerin über ein vollschichtiges Leistungsbild des allgemeinen Arbeitsmarktes für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus. Am 4. August 2008 erklärte die behandelnde Neurologin und Psychiaterin, dass die Klägerin aufgrund von Mobbing am Arbeitsplatz nicht mehr in der Lage sei, auf ihre ursprüngliche Stelle zurückzukehren, weil ansonsten eine psychische Dekompensation zu befürchten sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2008 wurde der Widerspruch zurück-gewiesen. Nach den Feststellungen im Reha-Entlassungsbericht und des MDK bestehe zwar für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Autohaus Arbeitsunfähigkeit, weil dort ein chronifizierter Arbeitsplatzkonflikt bestehe. Prinzipiell könne die Klägerin jedoch ab sofort eine gleichartige Tätigkeit als Sachbearbeiterin in einem Autohaus bei jedem anderen Arbeitgeber ausüben. Sofern sich der Arbeitnehmer durch einen Arbeitsplatzkonflikt außerstande fühle, seiner Arbeitspflicht nachzukommen, könne dies nicht zu einer Leistungspflicht der Krankenkasse führen. Dies habe der Arbeitnehmer evtl. durch Schadenersatzforderung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.

2. Dagegen wurde am 13. Januar 2008 Klage erhoben. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften und der einschlägigen ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stelle die Beklagte für die Begründung der Krankengeldeinstellung darauf ab, der Klägerin sei es zumutbar, auch außerhalb ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber tätig zu sein. Die Beklagte könne nicht verlangen, dass die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit ihrem bisherigen Arbeitgeber beende, mit dem Risiko dann langfristig arbeitslos zu sein.

Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 31. Juli 2008 hinaus bis 17. November 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid,

die Klage abzuweisen.

4. Am 8. Januar 2009 wurde für den früheren Arbeitgeber vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und am 1. April 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der frühere Arbeitgeber der Klägerin wurde von einem anderen Autohaus im April 2009 übernommen. Ein von der Klägerin angestrengtes Verfahren vor dem Arbeitsgericht, in dem die Klägerin Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbing geltend gemacht hat, war zunächst aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen, ein gerichtlicher Vergleich vom 24. Juli 2008 wurde vom Arbeitgeber widerrufen. Letztlich hat die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter eine außergerichtliche Vereinbarung geschlossen, wonach sie aus gesundheitlichen Gründen mit Wirkung vom 30. September 2009 aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ausschied.

Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts erklärte die Beklagte, dass der Anspruch auf Krankengeld aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit ab 21. Mai 2007 am 17. November 2008 erschöpft wäre, falls über den 31. Juli 2008 von weiterer Arbeitsunfähigkeit auszugehen wäre. Die Klägerin erklärte, dass sei kein Insolvenzgeld bezogen habe, lediglich ab 1. Au-gust 2008 Arbeitslosengeld I.

5. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte, die beigezogene Akte des Arbeitsgerichts sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Die Klägerin hat über den 31. Juli 2008 hinaus bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer Anspruch auf Krankengeld bis einschließlich 17. November 2008 in gesetzlicher Höhe. Daher ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Anspruch auf Krankengeld Versicherte, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

1.1 Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seine bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben. Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeldanspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Arbeitsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht, der sich die Kammer anschließt, gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Arbeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben könnte, ist unerheblich. Die Arbeitsunfähigkeit wird also nicht durch die Möglichkeit ausgeschlossen, eine Erwerbstätigkeit durch Übergang zu einer anderen Berufstätigkeit zu gewinnen, auch wenn eine solche Tätigkeit den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entspricht und ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und des Berufs, den er seither aus-geübt hat, zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R -; vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - und vom 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R - zitiert nach juris).

1.2 Allerdings ist auch im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit möglich, obwohl die letzte konkrete Arbeit (der Arbeitsplatz) nicht wieder aufgenommen werden kann. Das ist dann der Fall, wenn dem Versicherten vom Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts ein anderer Arbeitsplatz im Betrieb zugewiesen wird, dem er gesundheitlich gewachsen ist und den er im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses wahrzunehmen hat. Dieses Abstellen auf die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen stellt nicht nur die gebotene Übereinstimmung mit den arbeitsrechtlichen Regelungen sicher, sondern erscheint auch nach dem Zweck des Krankengeldes angemessen. Es besteht kein Grund, das Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlen, wenn sich der Arbeitnehmer weigert, eine ihm arbeitsvertraglich obliegende Tätigkeit auszuüben, obwohl gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Denn die dadurch bewirkte Lohneinbuße wäre nicht mehr auf seine Krankheit zurückzuführen, sondern beruhte auf seinem Verhalten. Eine danach in Betracht kommende "Verweisung" im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist jedoch nur unter zwei Voraussetzungen möglich: Die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit tritt nicht bereits bei der abstrakten Möglichkeit einer innerbetrieblichen Versetzung ein; denn wenn der Arbeitgeber eine Versetzung nicht vornehmen kann oder will, bleibt Ursache des durch das Krankengeld auszugleichenden Entgeltausfalls weiterhin die Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber muss daher eine Versetzung konkret angeboten haben. Ferner muss der zugewiesene Arbeitsplatz den arbeitsrechtlichen Grundsätzen einer zulässigen bzw. wirksamen "Versetzung" entsprechen. Danach kommt die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes - im Sinne eines anderen Tätigkeitsbereichs und/oder einer örtlichen Versetzung - aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers nur insoweit in Betracht, als der Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber überhaupt einen Spielraum bei der Bestimmung von Art und Ort der Arbeitsleistung belässt. Fehlt es an einem derartigen Spielraum und würde die zugewiesene Arbeit eine Änderung des Arbeitsverhältnisses voraussetzen (im Sinne einer Änderungskündigung), ist die Verweisung unzulässig. Von einer zulässigen Verweisung ist vielmehr nur dort zu sprechen, wo der Wechsel des Arbeitsplatzes vom Arbeitgeber einseitig im Rahmen seines Direktionsrechts angeordnet werden kann (BSG, Urteil vom 07.08.1991 - 1/3 RK 28/89 - zitiert nach juris, m.w.N.).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Klägerin über den 31. Juli 2008 hinaus arbeitsunfähig. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und angesichts der eindeutigen Aussagen im Reha-Entlassungsbericht sowie im Gutachten des MDK vom 31. Juli 2008 nicht anders darstellbar, dass der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen eine Rückkehr an ihre alte Arbeitsstelle nicht mehr zumutbar war. Eine vergleichbare Tätigkeit hätte die Klägerin zwar bei jedem anderen Arbeitgeber aufnehmen können, weil dort eine entspre-chende "Mobbing - Situation" nicht geherrscht hätte und daher eine psychische Dekom-pensation nicht zu befürchten gewesen wäre. Da aber das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch noch über den 31. Juli 2008 bestand, kann und konnte die Klägerin nach der zitierten Rechtsprechung nicht auf einen anderen Arbeitgeber verwiesen werden. Der Arbeitgeber hat auch keine innerbetriebliche Versetzung angeboten, die im Übrigen an der "Mobbing - Situation" wohl eh nichts geändert hätte. Von daher war die Klägerin über den 31. Juli 2008 hinaus arbeitsunfähig, so dass sie bis zur Erschöpfung des Krankengeldes am 17. November 2008 Anspruch auf Krankengeld hat.

3. Daran ändert auch der Einwand der Beklagte nichts, dass es nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse führen könne, wenn sich der Arbeitnehmer durch einen Arbeitsplatzkonflikt außerstande fühle, seinen Arbeitspflichten nachzukommen. Hierfür hat die Beklagte keine gesetzliche Regelung angeführt und konnte dies auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung auch nicht. Tatsächlich steht auch die Auffassung der Beklagten im Widerspruch zu den gesamten Regelungen des Krankengeldbezugs.

3.1 Bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V geht hervor, dass die Ursache der Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, keine Rolle spielt. Der Versicherungsschutz umfasst die Krankheit als allgemeinen Wechselfall des Lebens.

3.2 Nur ausnahmsweise besteht nach § 52 SGB V eine Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden. Haben sich Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen, kann die Krankenkasse sie an den Kosten der Leistungen in angemessener Höhe beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer dieser Krankheit versagen oder zurückfordern, § 52 Abs. 1 SGB V. Voraussetzung hierfür ist demnach ein vorsätzliches Handeln des Versicherten, was zur Folge hat, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, ob sie Krankengeld versagt. Für den Fall, dass die Krankenkasse eine Ermessensentscheidung dahingehend trifft, dass Krankengeld zu versagen ist, hat sie des Weiteren eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob dies ganz oder teilweise zu geschehen hat. Gleiches gilt, falls sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben, § 52 Abs. 2 SGB V, wobei es dann keiner Ermessensbetätigung bezüglich des ob bedarf. Mit diesen gesetzlichen Regelungen ist die Konstellation der Klägerin mit ihrem Arbeitgeber nicht an-satzweise vergleichbar. Ursache für die Unzumutbarkeit der Rückkehr auf ihren Arbeitsplatz ist nicht allein das Verhalten der Klägerin. Damit kann die Regelung des § 52 SGB V nicht, auch nicht analog herangezogen werden.

3.3 Dass die Ursache der Erkrankung für den Bereich der gesetzlichen Krankenkasse - abge-sehen von dem hier nicht einschlägigen § 11 Abs. 5 SGB V - keine Rolle spielt, korrespondiert mit den Regelungen des § 115 ff SGB X. Auch insoweit wird die Krankenkasse nicht von ihren Leistungspflichten befreit, sie hat vielmehr "lediglich" die Möglichkeit, Rückgriff bei dem Arbeitgeber oder Schadensersatzpflichtigen zu nehmen. Dieses Risiko will die Beklagte der Klägerin als Versicherte aufbürden, indem sie ihr im Widerspruchs-bescheid geraten hat, eventuelle Schadensersatzforderungen gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Auch insoweit ist das Verhalten der Beklagten nicht in Einklang mit den eindeutigen gesetzlichen Regelungen zu bringen. Eine Abwälzung des Risikos auf die Versicherten sieht das Gesetz nicht vor.

3.4 Auch aus sonstigen Gründen ist ein Verweis auf andere Arbeitgeber und damit indirekt die Forderung, das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen, nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang zu bringen. Die §§ 60 ff SGB I enthalten – hier nicht einschlägige - Regelungen zur Mitwirkung der Leistungsberechtigten. Aufgrund dieser detaillierten Regelungen ist davon auszugehen, dass sie abschließenden Charakter haben. Zu weiteren Schritten kann der Leistungsträger den Betroffenen nicht auffordern. Der Verweis auf einen anderen Arbeitgeber würde daher auch den Regelungen über die Mitwirkung entgegenstehen.

4. Demnach kann die Klägerin nicht auf einen anderen Arbeitgeber verwiesen werden. In ihrem aktuellen Arbeitsverhältnis war die Klägerin arbeitsunfähig, was auch von der Beklagten nicht bestritten wird. Die Klägerin hat demnach Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach in gesetzlicher Höhe über den 31. Juli 2008 hinaus bis 17. November 2008. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2008 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er war daher aufzuheben und die Beklagte war zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 31. Juli 2008 hinaus bis 17. November 2008 zu bezahlen.

5. Die Entscheidung über die Kosten ist getragen von der Erwägung, dass die Klage Erfolg hat.

6. Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht, weil die Berufungssumme überschritten wird, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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