S 73 KR 135/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
73
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 135/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der vom Gesetzgeber in § 130 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Anpassung des Apothekenabschlags vorgegebene Bewertungsmaßstab ist die Leistungsgerechtigkeit der Summe der Vergütungen für die Leistungen aller Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel. Die Vertragsparteien und die Schiedsstelle nach §§ 130, 129 SGBV sind gehindert, von diesem umfassenden Maßstab abzuweichen.
2. Der Maßstab der Leistungsgerechtigkeit verlangt, dass den Betreibern der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung im Rahmen des Wettbewerbs auch nach Realisierung des Apothekenabschlags ein bei umfassender Betrachtung angemessener Gewinn verbleiben soll.
3. Eine umfassende Bewertung der Leistungsgerechtigkeit der Vergütungssumme kann ohne die Berücksichtigung der apothekenzuschlagbezogenen Umsätze nicht erfolgen, auch weil der Umfang der Leistungen in die Bewertung einzufließen hat und eine wirtschaftliche Betriebsführung Maßstab ist.
4. Angesichts der Regelungsgeschichte des § 130 SGB V muss das gesetzgeberisch gewünschte Einsparvolumen als Normzweck in die Auslegung und Anwendung der Vorschrift einfließen.
1. Die Entscheidung der Beklagten vom 21. Dezember 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag auf Festsetzung des Abschlags nach § 130 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V für das Kalenderjahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Der Kläger, die Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Rechtsstreites jeweils zu einem Drittel zu tragen. 4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des Apothekenabschlags nach § 130 Abs 1 SGB V durch die beklagte Schiedsstelle für das Jahr 2009 und darüber, inwieweit diese Festsetzung auch für das Jahr 2010 Bedeutung hat.

Der klagende GKV-Spitzenverband und der beigeladene Deutsche Apothekerverband nahmen im September 2008 Verhandlungen zur Festsetzung des Apothekenabschlags nach § 130 Absatz 1 SGB V für das Kalenderjahr 2009 auf. Am 9. Oktober 2008 einigten sich die Verhandlungsbeauftragten der Beteiligten auf einen Rabatt von 1,70 EUR. Der Kläger lehnte jedoch den Abschluss einer solchen Vereinbarung ab. Weitere Einigungsversuche scheiterten. Am 14. Juli 2009 beantragte der Beigeladene die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens. Es fanden drei Verhandlungen statt. Wegen der Ergebnisse dieser Verhandlungen wird auf die dazu getroffenen Feststellungen in der Begründung der Schiedsstellenentscheidung vom 21. Dezember 2009 entsprechend § 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.

Mit acht zu vier Stimmen beschloss die Schiedsstelle am 21. Dezember 2009, den Apothekenabschlag mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 auf 1,75 EUR festzusetzen. Ausgangsmaßstab müsse die gesetzgeberische Entscheidung zum 1. April 2007 sein, weil der Gesetzgeber für diesen Zeitpunkt den Rabatt mit 2,30 EUR als leistungsgerecht angesehen habe. Berücksichtigungsfähige Veränderungen, die sich hinreichend klar aus § 130 Abs 1 Satz 2 SGB V ableiten lassen würden, seien die Veränderungen der Personalmenge, der Personalkosten sowie der Sachkosten.

Dabei berücksichtigte die Beklagte die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten. Sie führte dies zu einem geringen Teil auf die Gründung neuer Filialen, zum überwiegenden und insofern maßgeblichen Teil auf einen erhöhten Beratungsaufwand wegen der Aut-idem-Regelung und der Abgabe von Medikamenten mit Herstellerrabatten zugunsten bestimmter Krankenkassen zurück. Weitere Gründe für einen höheren Personalbedarf seien nicht erkennbar. In Vollzeitstellen ausgedrückt ergebe sich ein Mehreinsatz von Personal, bereinigt um die Stellen für Mitarbeiter in neuen Filialen, von 3.154. Daraus errechne sich bei einer Vergütung für besonders qualifizierte Kräfte und Ansatz der Anzahl der 2008 verkauften Verpackungen (571 Mio.) ein Mehraufwand pro Packung von 0,23 EUR.

Auch hinsichtlich der Personal- und Sachkosten ging die Beklagte von der packungsbezogenen Vergütung aus und zog dafür vom Betrag des Apothekenrabatts die Umsatzsteuer ab. Sie gelangte so bei den Personalkosten unter Anwendung der Tarifentwicklung, auch unter Berücksichtigung der für das Jahr 2009 erfolgten Tariferhöhungen, auf einen Mehraufwand pro Packung von 0,19 EUR. Die Kalkulation der Sachkosten führte unter Berücksichtigung der Inflation, einschließlich derjenigen für das Jahr 2009, zu einem Betrag von 0,13 EUR für einen Mehraufwand pro Packung. Insgesamt würden sich Veränderungen in den Kosten pro Packung zu 0,55 EUR summieren, welche vom ursprünglich vorgegebenen Betrag des Rabatts abzuziehen seien, so dass sich ein neuer Abschlagsbetrag von 1,75 EUR pro Packung ergebe. Auch eine Kontrollrechnung, die eine inflationsgerechte Erhöhung des Apothekergewinns berücksichtige, komme zu demselben Wert.

Mit seiner Klage vom 21. Januar 2010 macht der Kläger geltend, die Berücksichtigung des Beratungsmehraufwandes sei aus mehreren Gründen unzulässig. Zum einen sei der Personalaufwand vollständig im Apothekenzuschlag abgebildet. Die zusätzliche Berücksichtigung beim Rabatt sei verfassungswidrig. Zum anderen begegne die Einbeziehung des Beratungsmehraufwandes bei der Abgabe von Medikamenten mit Herstellerrabatten Bedenken, weil nicht alle Kassen solche Verträge abgeschlossen hätten, zum Teil auch nicht abschließen könnten, und deshalb insofern gleichheitswidrig benachteiligt würden. Zudem dürfe die Umsatzsteuer nicht aus dem Rabatt herausgerechnet werden. Der dynamische Anteil des Apothekenzuschlages (die Drei-Prozent-Zulage auf den Einkaufspreis) dürfe nicht berücksichtigt werden. Dies gelte auch für den Apothekergewinn. Mit der enormen Absenkung um 0,55 EUR verlasse die Schiedsstelle den gesetzlich eingeräumten Gestaltungsspielraum. Dadurch würden der gesetzlichen Krankenversicherung ca. 315 bis 330 Millionen EUR jährlich verloren gehen. Dies widerspreche den gesetzgeberischen Anliegen.

Der Feststellungsklage bedürfe es wegen der Äußerung des Vorsitzenden der Beklagten vom 21. Januar 2010 dahingehend, dass der für das Jahr 2009 festgesetzte Apothekenabschlag bis zur jährlichen Anpassung durch die Vertragspartner und damit zunächst auch ab Januar 2010 fortgelte. Der Kläger ist der Auffassung, dass bis zu einer vertraglichen Einigung zwischen Kläger und Beigeladenem der gesetzlich vorgeschriebene Abschlag von 2,30 EUR anzuwenden sei.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. die Entscheidung der Beklagten vom 21. Dezember 2009 aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, 2. festzustellen, dass der von der Schiedsstelle festgesetzte Apothekenabschlag nur für das Jahr 2009 gilt und bei der Anpassung des Abschlages für das Jahr 2010 von dem gesetzlich vorgegebenen Wert in Höhe von 2,30 EUR auszugehen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die gesetzliche Vorgabe, dass die Vergütung bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung leistungsgerecht sein müsse, würde ohne die Berücksichtigung des Personalmehrbedarfs verletzt. Insofern sei auch der Beratungsmehrbedarf zu berücksichtigen, den der Gesetzgeber bei seiner Bewertung noch nicht habe beurteilen können. Der dynamische Anteil des Apothekenzuschlages sei zwingendes Vergütungselement und könne nicht herausgerechnet werden. Dies gelte auch für den Gewinn, weil das Gesetz auf eine leistungsgerechte Vergütung bei wirtschaftlicher Betriebsführung abstelle. Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sei durch den neu festgesetzten Rabatt nicht gefährdet.

Der Beigeladene beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Entscheidung der Beklagten sei trotz Abweichungen von den Vorschlägen des Beigeladenen nicht fehlerbehaftet. Zudem sei die von der Beklagten gewählte Methodik der packungsbezogenen Bewertung von den Beteiligten akzeptiert und einvernehmlich festgeschrieben. Dies binde die Beteiligten und das Gericht. Der Spruch der Beklagten wirke bei Betrachtung der Gesetzesentwicklung ohne vertragliche Neuregelung auch für das Kalenderjahr 2010 fort.

Die Beteiligten haben Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 SGG beantragt.

Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze, das Protokoll und den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Antrag zu1.) ist zulässig, insofern liegen die von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen vor. Die Feststellungsklage ist unzulässig, weil ihr jedenfalls das Feststellungsinteresse fehlt; eine Entscheidung in der Sache hat insofern zu unterbleiben.

1.1. Die auf Kassation der Entscheidung der Beklagten vom 21. Dezember 2009 gerichtete Anfechtungsklage ist statthaft (§ 54 Abs 1 SGG). Dies gilt auch für die damit verbundene Verpflichtungsklage auf Neuentscheidung durch die Beklagte (§ 54 Abs 1 SGG). Es handelt sich bei dem angefochtenen Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt i.S. des § 31 Satz 1 SGB X zur Gestaltung des Vertrages über die Regelung des Apothekenrabatts nach § 130 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1, Satz 2 SGB V gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen. Zwar gibt es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, aus der sich dies auch für die Schiedsstellenentscheidung nach §§ 130, 129 SGB V unmittelbar ergeben würde. Die Voraussetzungen des § 31 SGB X sind jedoch erfüllt. Die Beklagte hat als Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 RdNr 19) in Erfüllung einer ihr kraft Gesetzes übertragenen Aufgabe auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts einen Einzelfall – die vertraglichen Beziehungen zwischen den beiden anderen Beteiligten – mit unmittelbarer Wirkung für die Beteiligten geregelt. Sie hat die Erklärungen für das Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages für den Kläger und den Beigeladenen jeweils verbindlich ersetzt. Insofern ist nach Auffassung der Kammer die Entscheidung der Beklagten nicht anders zu bewerten als dies die ständige Rechtsprechung für alle Entscheidungen im Recht der Leistungserbringung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch Schiedsstellen oder -ämter annimmt (zuletzt BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 RdNr 18, 20 mwN). Aus dem aufgrund des Schiedsstellenspruches resultierenden Vertrag folgt eine die einzelnen Apotheken belastende Regelung, weshalb gerichtlicher Rechtsschutz jedenfalls für die unmittelbaren Adressaten des Schiedsstellenbeschlusses eröffnet sein muss.

Die Klagebefugnis des Klägers (§ 54 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 SGG) folgt für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage aus seiner formellen Betroffenheit durch den Schiedsspruch als nach dem Gesetz bestimmte Vertragspartei. Eines Vorverfahren bedurfte es nicht, obwohl eine gesetzliche Ausnahmeregelung wie für andere Schiedsverfahren nicht vorgesehen ist, weil im vorliegenden Fall im Sinne von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG der Kläger als Verband von Versicherungsträgern klagt. Der Beigeladene hätte wohl ein Vorverfahren durchführen müssen, weil eine gesetzliche Ausnahmeregelung i.S. von § 78 SGG nicht besteht und bei Rechtsbehelfen das BVerfG zu Recht gesetzliche Normklarheit fordert.

Die Beklagte ist zulässiger Klagegegner. Sie ist als Urheber des angefochtenen Verwaltungsaktes formell passiv legitimiert und auch beteiligtenfähig gemäß § 70 Nr 4 SGG.

1.2. Die Feststellungsklage ist unzulässig, weil ihr das Feststellungsinteresse nach § 55 Abs 1 SGG fehlt. Nach dieser Vorschrift ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn der Kläger ein Interesse an der baldigen Feststellung hat. Eine baldige Feststellung ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Dies gilt sowohl dann, wenn der Antrag zu 2) des Klägers zwei Feststellungsforderungen beinhalten würde, als auch dann, wenn man ihn als nur ein Feststellungsbegehren liest. Im ersten Fall würde eines der beiden Feststellungsanliegen auf die Klärung des zeitlichen Geltungsbereiches des Schiedsspruches (sogleich 1.2.1.) und das andere auf den Ausgangspunkt für die Neuvereinbarung des Abschlags im Jahr 2010 gerichtet sein (1.2.2.). Als ein einziges Feststellungsbegehren verstanden wäre der Aspekt der Geltung des Schiedsspruches nur für 2009 als Begründungselement des anderen Aspekts auszulegen.

1.2.1. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass sich die Schiedsstellenentscheidung formal nur auf das Jahr 2009 bezieht. Nur insofern wurde die Beklagte angerufen und nichts anderes ergibt sich aus Wortlaut und den Gründen der Entscheidung. Keine der Seiten hat etwas anderes auch nur angedeutet. Ein Interesse an einer gerichtlichen Klärung vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Sofern die Beklagte mit Schreiben vom 21. Januar 2010 mitteilte, dass der für 2009 festgesetzte Wert bis zur Vereinbarung für das Jahr 2010 sozusagen als vorläufiger Wert fortgelte, handelte es sich um eine unverbindliche rechtliche Einschätzung, die keinerlei Rechtswirkung entfaltet. Dies gilt schon deswegen, weil es Aufgabe des Klägers und des Beigeladenen ist, eine entsprechende Vereinbarung zu finden. Solange dies nicht geschehen ist und die Beklagte nicht angerufen ist, kommen Äußerungen der Beklagten, der einzelnen Mitglieder der Beklagten oder deren Vorsitzenden keine Bedeutung zu, die ein rechtliches Interesse an deren Bewertung durch ein Gericht begründen könnten. Insofern zeigt schon die vorherige Anfrage durch den Kläger bei der Beklagten ein elementares Fehlverständnis der Kompetenzen der Beklagten. Der Kläger und der Beigeladene sind gesetzlich verpflichtet, eine Vereinbarung zu treffen. Beide Seiten haben die volle Verhandlungshoheit und Entscheidungsmacht und können diese der Beklagten jederzeit durch eine entsprechende Vereinbarung entziehen.

Dem Schreiben vom 21. Januar 2010 ist auch kein weitergehender Wille als zu einer unverbindlichen rechtlichen Einschätzung zu entnehmen.

1.2.2. Weil es Aufgabe der beiden Vertragsseiten ist, eine entsprechende Vereinbarung zu finden, besteht auch kein Interesse des Klägers an baldiger Feststellung, welches der Ausgangspunkt für eine spätere Festlegung des Abschlagsbetrages sein müsse.

Zum einen gilt ohne die gesetzlich geforderte Vereinbarung kein auch nur vorläufiger Abschlagswert, so dass es letztlich Risiko der Apotheken, nicht aber der Krankenkassen bleibt, wenn nicht fristgerecht zum Jahresbeginn eine Vereinbarung besteht. Vertrauensgesichtspunkte können diesem Risiko nicht entgegen gehalten werden, weil durch den Gesetzgeber festgelegt ist, dass ein Abschlag einzuräumen ist, und hinsichtlich der Höhe kann bis zum Abschluss der Verhandlungen bzw des Schiedsstellenverfahrens ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstehen. Der Gesetzgeber hat keine Bestimmung darüber getroffen, welcher Wert vorläufig gelten soll, solange eine Einigung nicht erzielt ist. Die Krankenkassen erhalten den Abschlag also letztlich auf jeden Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger unzumutbare Nachteile ohne die Feststellung zu besorgen hätte. Unter diesen Umständen fehlt ihm das objektiv zu verstehende Interesse an der Klärung einer bloßen Vorfrage für die Festsetzung des endgültigen Betrages. Diese Festsetzung hat er vor Inanspruchnahme der Gerichte abzuwarten. Zudem ist auch das Kalenderjahr 2010 inzwischen abgelaufen, weshalb nun eine baldige Klärung nicht mehr erforderlich erscheint, denn letztlich geht es um Zahlungen für die Vergangenheit. Für 2011 gilt eine neue gesetzliche Regelung.

Zum anderen kann es kein Rechtsschutzinteresse des Klägers an einer vorweggenommenen gerichtlichen Prüfung von denkbaren Elementen oder Verhandlungsgrundsätzen für die allein den Beteiligten aufgetragenen Entscheidungen geben. Eine unmittelbare Gefahr der Beeinträchtigung von Rechten kann nicht bestehen. Insofern ist der Kläger gehalten den Ausgang der jeweiligen Neufestsetzung abzuwarten, zumal er diese ja mitzugestalten hat. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte Verhandlungshilfe zu geben, zumal einige wesentliche Aspekte zur Auslegung der gesetzlichen Grundlagen der vertraglichen Abschlagsfestlegung ja ohnehin im Zuge der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gerichtlich geklärt werden können.

Schließlich fehlt es hier an einem Rechtsschutzinteresse insofern, als die Beklagte der falsche Anspruchsgegner ist. Ein entsprechendes Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter besteht nicht, sofern die Verhandlungen mit dem Beigeladenen nicht abschließend gescheitert sind und die Beklagte nicht angerufen ist. Dieser Gesichtspunkt korrespondiert zugleich dem Umstand, dass diese Feststellungsklage auch ihrer Art nach nicht statthaft ist. Denn ein Rechtsverhältnis des Klägers mit der Beklagten ist nicht im Streit, sondern allenfalls eine Detailfrage/Elementenfeststellung für die Verhandlungen mit dem Beigeladenen., Deshalb eröffnet § 55 Abs 1 Nr 1 SGG die Feststellungsklage nicht, während die anderen nach § 55 Abs 1 SGG zulässigen Feststellungsbegehren ersichtlich nicht in Frage kommen.

1.2.3. Sollte nur ein Feststellungsbegehren vorliegen, wäre der Aspekt der auf 2009 begrenzten Geltung des Schiedsstellenspruchs lediglich Begründungselement des anderen Aspekts, so dass die zu 1.2.2. erfolgten Ausführungen auch in diesem Falle gelten müssen. Die Feststellungsklage wäre nicht statthaft und ihr würde das erforderliche Feststellungsinteresse fehlen.

2. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist erfolgreich. Der Kläger kann die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten vom 21. Dezember 2009 und die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beanspruchen. Der Schiedsspruch vom 21. Dezember 2009 hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass den Gerichten bei der Überprüfung von Schiedsstellenentscheidungen nur ein eingeschränkter Prüfungsrahmen zusteht, weil die Schiedsstelle aufgrund ihrer Zusammensetzung, des Mehrheitsprinzips und ihrer fachlichen Weisungsfreiheit vom Gesetzgeber dazu in die Lage versetzt wird, Entscheidungen auf der Grundlage einer sachnahen vermittelnden Zusammenführung verschiedener Interessen zu finden (st. Rspr.). Der Schiedsstelle steht eine Einschätzungsprärogative zu, die es gebietet, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle zwingendes Gesetzesrecht beachtet, den Sachverhalt zutreffend festgestellt hat und in einem fairen und willkürfreien Verfahren zu vertretbaren Bewertungen gelangt ist, der bestehende Beurteilungsspielraum also eingehalten worden ist, wozu eine hinreichende Begründung erforderlich ist (st. Rspr des BSG und des BVerwG). Mit einer eigenen Entscheidung darf das Gericht nicht diejenige der Schiedsstelle ersetzen, weshalb die Beklagte zu verpflichten ist, erneut eine Entscheidung zu treffen.

Die Beklagte hat den von ihr für ihre Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt unter Verletzung des ihr insofern zustehenden Beurteilungsspielraums unzutreffend festgestellt und gewürdigt, dabei gegen Denkgesetze verstoßen und sie hat die gesetzlichen Vorgaben für die ihr eingeräumte Entscheidung missachtet. Diese Fehler unterliegen trotz des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsrahmens der gesetzlichen Kontrolle und begründen einen Aufhebungsanspruch des Klägers.

2.1. Maßstäbe und Rechtsgrundlage für den Schiedsspruchs liefert § 130 Abs 1 Halbsatz 1 und Satz 2 SGB V in der vom 1. April 2007 bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung des Gesetzes. Nicht anwendbar ist § 130 Abs 1 SGB V in der ab 1. Januar 2011 durch das Gesetz vom 22. Dezember 2010 (BGBl I, S 2262) geltenden Fassung.

Die bis zum 31. Dezember 2010 gültige Fassung von § 130 Abs 1 SGB V hatte folgenden Wortlaut: "Die Krankenkassen erhalten von den Apotheken für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel einen Abschlag von 2,30 Euro je Arzneimittel, für sonstige Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 5 vom Hundert auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis. Der Abschlag nach Satz 1 erster Halbsatz ist erstmalig mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 von den Vertragspartnern in der Vereinbarung nach § 129 Abs. 2 so anzupassen, dass die Summe der Vergütungen der Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel leistungsgerecht ist unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen und der Kosten der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung."

Mit dieser Vorschrift verpflichtet der Gesetzgeber die Mitglieder des Klägers und des Beigeladenen auf die Realisierung des Abschlages. Damit will er sicherstellen, dass die Apotheken ihren Anteil im bundesdeutschen Gesundheitssystem zur Einsparung der Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung leisten (Ausschussbericht, BT-Drs 16/4247 S 47). Nachdem in der früheren Fassung der Vorschrift (Geltung ab 2004, GKV ModernisierungsG v. 14.11.2003) zunächst ein Abschlag von 2,00 EUR gesetzlich vorgeschrieben und den Beteiligten für 2005 die Pflicht zur Vereinbarung auferlegt worden war, welche diese mit einer Bestimmung des Abschlages auf 1,85 EUR für das zweite Halbjahr 2005 umsetzten, setzte der Gesetzgeber den Betrag des Abschlages mit Wirkung ab 2006 wieder auf 2,00 EUR fest. Erklärtes Anliegen des damaligen Gesetzgebers 2003 war, ein Einsparpotential von insgesamt einer Milliarde EUR sicherzustellen (Begründung der Koalitionsfraktionen, BT-Drs 15/1525 S 122). Mit der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung ab 1. April 2007 erhöhte der Gesetzgeber den Abschlagsbetrag auf 2,30 EUR je Fertigarzneimittel. Er wollte damit weitere deutliche Einsparungen realisieren, jedoch eine gesetzliche Verpflichtung der Apotheken, ein zusätzliches Einsparvolumen von 500 Mio EUR jährlich zu garantieren, vermeiden (Ausschussbericht BT-Drs 16/4247 S 47). Das gesetzgeberisch gewünschte Einsparvolumen sollte angesichts der Regelungsgeschichte über das bisherige Vorgehen durch einen gesetzlich vorgegebenen Abschlag pro Packung (Einsparvolumen über die Erhöhung um 0,30 EUR in einem Gesamtumfang von 150 Mio EUR) und Rabattverträge der Krankenkassen mit den Pharmazieunternehmen erzielt werden (BT-Drs 16/3950 S 23 und 16/4247 S 11). Diese gesetzgeberischen Zwecke bei der konkreten Ausgestaltung der Norm müssen in die Auslegung und Anwendung der Vorschrift einfließen, weil sie ersichtlich für die Festlegung des Abschlagsbetrages durch den Gesetzgeber entscheidend waren.

§ 130 Abs 1 Satz 2 SGB V gibt dem Kläger und dem Beigeladenen auf, für 2009 und 2010 den Abschlagsbetrag festzusetzen. Die Norm hat den Beteiligten dabei Maßstäbe vorgegeben, welche von den Vertragsseiten und auch von der Beklagten einzuhalten sind. Auf diese Weise erfährt die Vereinbarung der Beteiligten bzw ein entsprechender Schiedsspruch die erforderliche Legitimation. Nur so kann sie die vereinbarte Belastung der Apotheken rechtfertigen. Die Beklagte hat mithin keinen größeren Spielraum als die beiden Vertragsseiten. Die Einhaltung dieser Maßstäbe unterliegt deshalb auch der gerichtlichen Kontrolle, wobei der Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der Beteiligten zu respektieren bleibt.

Nach der gesetzlichen Vorschrift ist der Abschlagsbetrag so anzupassen, dass die Summe der Vergütungen der Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel leistungsgerecht ist unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen und der Kosten der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung. Daraus folgt zunächst, dass Beurteilungsmaßstab die Vergütungssumme für die Leistungen aller Apotheken ist, obwohl der Abschlag je Arzneimittel, also je Packung, wirksam werden muss. Es kommt mithin nicht auf einzelne Apotheken an, sondern das weitere Beurteilungskriterium der Leistungsgerechtigkeit gilt nur für eine Betrachtung der Vergütungssumme aller Apotheken. Von diesem umfassenden Maßstab abzuweichen, sind die Beteiligten gehindert. Insofern kommt es nicht darauf an, auf welches Berechnungsmodell sich die Beteiligten geeinigt haben. Das Berechnungsmodell oder die Anpassungsmethode muss den gesetzlichen Maßstäben entsprechen. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch über das Zustandekommen öffentlich-rechtlicher Verträge kann die Perpetuierung konsensualer Rechtswidrigkeit nicht beansprucht werden.

Für die Feststellung der Leistungsgerechtigkeit verlangt das Gesetz die Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen und der Kosten der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung. Auch insofern spricht der Gesetzgeber im Plural. Es kommt also auf die Kosten der Apotheken an und nicht auf die Betrachtung einzelner Apotheken. Dasselbe gilt für Art und Umfang der Leistungen. Jedenfalls hinsichtlich der Kosten kann nur eine wirtschaftliche Betriebsführung der Apotheken Berücksichtigung finden. Die vom Gesetzgeber vorgegebene umfassende Betrachtung unter Berücksichtigung dieser weiteren Kriterien gebietet mithin die Erschließung betriebswirtschaftlicher Reserven; unwirtschaftliche Betriebsführung darf keinen Einfluss auf die Entscheidung der Beteiligten haben. Die ausdrückliche Betonung dieses Aspekts durch den Gesetzgeber muss deshalb zwingend von den Beteiligten beachtet werden. Es kann bei der umfassenden Betrachtung nicht per se davon ausgegangen werden, dass sämtliche Kosten der Apotheken im Rahmen wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen. Ungünstige Gewinnentwicklungen infolge evtl. überhöhter Apothekendichte dürfen ebenfalls nicht in die Bewertung einbezogen werden.

Überdies gebietet der Gesetzgeber mit der Vorgabe dieser Maßstäbe, dass die Gesamtentwicklung auszuwerten ist und dies in die Entscheidung über die Anpassung des Abschlagsbetrages einfließen muss. Dabei ist zu bedenken, dass das Kriterium der Leistungsgerechtigkeit vom Gesetzgeber nicht abschließend definiert wird, sondern neben den ausdrücklich genannten Kriterien weitere Aspekte umfasst. Dazu gehört nach der Stellung der Apotheken im Gesundheitssystem und nach der weiteren gesetzlichen Ausgestaltung insbesondere des Arzneimittelpreisrechts, dass den Betreibern der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung im Rahmen des Wettbewerbs ein bei umfassender Betrachtung angemessener Gewinn verbleiben soll, wobei der Wettbewerb um die Qualität und nicht über den Preis (BT-Drs 16/3950 S 23) erfolgen soll. Die Beteiligten haben daher die Gewinnentwicklung der Apotheken zu beobachten. Insofern wird der Beurteilungsspielraum durch die Beteiligten jedenfalls nicht überzogen, wenn eine inflationsgemäße Gewinnentwicklung in die Bewertungen eingestellt wird.

Eine umfassende Bewertung der Leistungsgerechtigkeit der Vergütungssumme kann ohne die Berücksichtigung der erzielten Einnahmen in der Form der apothekenzuschlagbezogenen Umsätze nicht erfolgen. Nur die Berücksichtigung der Kosten ohne Beachtung der umsatzbedingten Erlöse bedeutete ein gravierendes Fehlverständnis des Begriffs der Leistungsgerechtigkeit und zwar gerade auch bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung. Dies folgt schon aus der gesetzlichen Vorgabe, dass der Umfang der Leistungen in die Bewertung einfließen muss. Dies ist auch konsequent, weil das Einsparziel bei einer steigenden Zahl verkaufter Verpackungen mit einem geringeren Abschlag erreicht wird. Sicherlich liegt es durchaus auch in der Intention des Gesetzgebers, bei entsprechenden Mehreinnahmen den Einspareffekt zu erhöhen, mindestens inflationsbedingt.

Der einer intensiven Wertung zugängliche Begriff der Leistungsgerechtigkeit erlaubt daher den Beteiligten bei der Fortschreibung des Abschlagsbetrages, die Einsparsumme und die Gewinne der Apotheken jeweils in ein angemessenes Verhältnis zu setzen. Dabei bietet es sich an, bei jeder jährlichen Prüfung sich des vom Gesetzgeber zum April 2007, bzw nunmehr zum Januar 2011 als angemessen bewerteten Verhältnisses zu vergewissern. Dies fällt indes in den Beurteilungsspielraum der Verhandlungspartner und die Einschätzungsprärogative der Beklagten. Unzulässig ist indes, den Umfang der Leistungen der Apotheken, die Entwicklung der Packungsverkäufe unbeachtet zu lassen und den Blick ausschließlich auf die Kostenentwicklung zu richten.

Dabei gilt zu bedenken, dass die Einnahmen der Apotheken zur Deckung der Sach- und Personalkosten (also aller Kosten) und zur Erzielung des Gewinns aus der Abgabe verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel ausschließlich aus dem Apothekenzuschlag resultieren. Dieser setzt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen aus einer dynamischen Komponente von 3 Prozent auf den Einkaufspreis und aus einem weiteren fixen Betrag von 8,10 EUR zusammen. Durch das Arzneimittelpreisrecht ist es den Apotheken versagt, bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln andere Preise zu realisieren. Insofern erweisen sich die Einkaufskosten der Arzneimittel und die Umsatzsteuer als preisliche Durchlaufposten. Die Beteiligten und die Kammer haben davon auszugehen, dass der Apothekenzuschlag ebenfalls leistungsgerecht ist und dass dies selbst noch nach Reduzierung durch den Apothekenabschlag nach § 130 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V der Fall ist und sein muss. Etwas anderes ist von keinem der Beteiligten auch nur angedeutet. Insofern ist die Beklagte nicht nur im Rahmen des Beurteilungsspielraums vertretbar sondern zutreffend davon ausgegangen, dass der Abschlag nach § 130 Abs 1 SGB V zum 1. April 2007 in Höhe von 2,30 EUR leistungsgerecht unter Berücksichtigung der gesetzlichen Maßstäbe gewesen sein musste.

Nähere, konkrete methodische Vorgaben macht der Gesetzgeber nicht. Insofern ist den Beteiligten im Rahmen der dargestellten Maßstäbe ein Spielraum eröffnet.

2.2. Im Grundsatz ist das methodische Vorgehen der Beklagten nicht zu beanstanden. Es bewegt sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Es beruht (unausgesprochen) auf der Annahme, dass sich die Gesamtheit der relevanten Kosten und deren Veränderungen sowie die Entwicklung der Verkaufszahlen auf die Preisbestandteile je Packung herunterbrechen lässt und dass so ermittelt und bewertet werden kann, inwieweit bei einem bestimmten Betrag des Abschlages die Summe der Apothekenvergütungen auch nach Anwendung des Abschlages leistungsgerecht ist. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass die Beklagte dazu die Einkaufspreise der Arzneimittel und die Umsatzsteuer als preisliche Durchlaufposten unberücksichtigt lässt. Sollte das methodische Vorgehen der Beklagten bereits im Ansatz aus dem Blick verloren haben, dass es um die Leistungsgerechtigkeit der Summe der Vergütungen der bundesdeutschen Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel geht, wäre jedoch bereits die gewählte Methode rechtswidrig. Dafür gibt die Begründung der Entscheidung jedoch trotz einiger Fehler im Detail keinen Anhalt.

2.3. Indes ist die Beklagte bei der Umsetzung dieses methodischen Ansatzes nicht konsequent geblieben und hat die gesetzlichen Maßstäbe teilweise missachtet.

2.3.1. Die Beklagte hat zunächst die fixe Komponente des Apothekenzuschlages (8,10 EUR) um den um die Umsatzsteuer (USt) bereinigten Abschlag reduziert (1,93 EUR) und zur weiteren Berechnung die dynamische Komponente (0,81 EUR für das Jahr 2007) addiert. Dass dabei zunächst nur die USt aus dem Abschlag herausgerechnet wurde, erscheint überzeugend, weil der gesamte Zuschlag beim Abgabepreis der USt zu unterwerfen ist, also die USt im Apothekenzuschlag nicht enthalten sein kann. Der Zuschlag und damit die eigentliche Apothekenvergütung werden deshalb auch nur durch den um die USt bereinigten Abschlag berührt. Die so errechnete Summe (6,98 EUR) wird zur Grundlage der weiteren Berechnungen, insbesondere der Entwicklung der Personal- und Sachkosten seit dem Stichtag 1. April 2007 gemacht und zunächst in die Anteile für Sach- und Personalkosten aufgeteilt. Diese Bestandteile werden entsprechend der von der Beklagten angenommenen Entwicklung fortgeschrieben und die Differenz zu den Ausgangswerten jeweils vom Betrag 2,30 EUR abgezogen. Bei der inflationsgerechten Anpassung der Entwicklung der Sachkosten hat die Beklagte dann wiederum zutreffend den Anteil der USt berücksichtigt.

Angesichts dieses hinsichtlich der USt gründlichen Vorgehens ist allerdings nicht schlüssig, dass der von der Beklagten ermittelte Gesamtanpassungsbetrag von 0,55 EUR nicht um die entsprechende Umsatzsteuer (0,10 EUR) erhöht wurde. Dieser Fehler bedeutet nach der Logik der Beklagten eine unzulässige Belastung der Apotheken. Eine Begründung dafür, dass der Wert von 0,55 EUR nicht wieder um die USt erhöht wurde, liefert die Entscheidung der Beklagten nicht. Dieser Fehler kann daher nicht als vom Beurteilungs- und Bewertungsspielraum der Beklagten gedeckt gelten. Er begründet jedoch keine Beschwer des Klägers und daher keinen Aufhebungsanspruch zugunsten des Klägers.

Im Rahmen ihres methodischen Vorgehens kann nicht beanstandet werden, dass beide Komponenten des Apothekenzuschlags in die Bewertung eingestellt werden, insbesondere auch die dynamische Komponente. Wortlaut, Systematik, Regelungsgeschichte und Zweck von § 130 Abs 1 Satz 2 SGB V erlauben nicht, diese Komponente der Vergütung bei der Bewertung der Leistungsgerechtigkeit auszuklammern. Auch diese Komponente bildet einen Teil der Summe der Vergütungen im Sinne von § 130 Abs 1 Satz 2 SGB V. Der gesamte Zuschlag bildet die Vergütung der Apotheke. Durch die dynamische Komponente können die Vergütungen die Entwicklungen am Preismarkt zu einem gewissen Teil mitvollziehen. Die Verwendung für bestimmte Zwecke, die im Rahmen der Bewertung der Leistungsgerechtigkeit außer Acht zu lassen wären, ist gesetzlich nicht vorgegeben.

Allerdings hat die Beklagte ihren methodischen Ansatz in anderer Hinsicht nicht konsequent verfolgt und ist deshalb zu einer im Sinne des Gesetzes fehlerhaften Bewertung der für diesen Ansatz heranzuziehenden Tatsachen gelangt. Insofern hat die Beklagte den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum bei der Bewertung der ihrer Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände verletzt. Dies gilt zum einen für ihren Ansatz höherer Kosten infolge einer Erhöhung des Personalbestandes. Dies gilt zum anderen für die Beurteilung der Entwicklung der Personal- und Sachkosten seit 1. April 2007 bei Bezug auf die einzelne Packung, weil sie die Entwicklung der Vergütungssumme und der Anzahl verkaufter Arzneimittelpackungen nicht in die Bewertung eingestellt hat, obwohl ihr dies bekannt war.

2.3.2. Bei der Berücksichtigung erhöhter Kosten durch zusätzliches Personal wegen eines erhöhten Beratungsbedarfs geht die Beklagte davon aus, dass der von ihr errechnete Personalzuwachs vom 1. April 2007 bis zum 31. Dezember 2008 von 3.439 Vollzeitkräften lediglich um das Personal für neueröffnete Filialen zu vermindern sei (285 Vollzeitkräfte), so dass zusätzliches Personal von insgesamt 3.154 Mitarbeitern zu berücksichtigen sei. Dies sei zusätzlicher Personalaufwand, der ausschließlich auf Grund eines Beratungsmehrbedarfs entstanden sei. "Für weitere Abzüge bestehen keine konkreten Grundlagen." Dies ist ersichtlich unrichtig, denn in gleicher Zeit trat nicht nur ein erhöhter Beratungsbedarf auf, gleichzeitig erhöhte sich der Umsatz an verkauften Packungen deutlich. Damit können, wie der Beigeladene zu Recht anmerkt, erhöhte Aufwendungen im sächlichen wie im personellen Bereich verbunden sein. Der Umsatz verkaufter Packungen stieg vielmehr sogar stärker als das Personal. In Vollzeitkräften ausgedrückt verfügten die Apotheken nach Berechnung der Beklagten am 1. April 2007 über einen Personalbestand von 132.250 Mitarbeitern. Ein Zuwachs um 3.154 Vollzeitkräfte bedeutete mithin eine Erhöhung um 2,38 Prozent. Der Umsatz verkaufter Packungen stieg im gleichen Zeitraum um 5,69 Prozent. Der Umsatz verkaufter Packungen entwickelte sich in den Jahren 2006 mit 536 Mio Stück auf 553 Mio Stück im Jahr 2007 und schließlich auf 571 Mio Stück im Jahre 2008. Diese Daten sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Wert für 2008 wurde in der Entscheidung der Beklagten ausdrücklich herangezogen. Berücksichtigt man mit dem methodischen Ansatz der Beklagten eine kontinuierliche Steigerung während eines jeden laufenden Kalenderjahres ergibt sich zum 1. April 2007 ein Ausgangswert für verkaufte Verpackungen berechnet auf 12 Monate von 540,25 Mio Stück. Bezogen auf diesen Wert erfolgte eine Umsatzsteigerung der verkauften Packungen bis 31. Dezember 2008 um 5,69 Prozent. Allein im Jahre 2008 war eine Steigerung des Umsatzes verkaufter Packungen gegenüber dem Vorjahr von 3,25 Prozent zu verzeichnen. Allein diese Steigerung liegt über dem Zuwachs an Personal im Gesamtzeitraum von April 2007 bis Dezember 2008. Ein Erfordernis, wegen des erhöhten Umsatzes über die inflationsgemäße Anpassung der Sachkosten hinaus Kostensteigerungen anzuerkennen, hat die Beklagte nicht gesehen. Dies ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nicht durch das Gericht zu beanstanden.

Daraus folgt, dass die Beurteilung des Sachverhalts der Personalerhöhung durch die Beklagte in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft sein muss. Diese Fehler sind nicht durch den Beurteilungsspielraum der Beklagten gedeckt, denn sie betreffen wesentliche Tatsachenmomente und die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe.

Gerade bei der gebotenen umfassenden betriebswirtschaftlichen Betrachtung ist es nicht unter Verstoß gegen die Denkgesetze möglich, den Personalzuwachs ausschließlich mit einem erhöhten Beratungsbedarf zu begründen. Unwirtschaftliches Verhalten ist nicht zu berücksichtigen und wenn die hier relevante Tätigkeit der Apotheken in der Beschaffung, Beratung und dem Verkauf von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln bestand (also keine Fertigung durch die Apotheke zu erfolgen hatte), dann ist es bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung nicht schlüssig, einen Personalmehrbedarf nicht in Beziehung zum erhöhten Verkaufs- und damit verbundenen Beratungsaufwand zu setzen. Insofern drängt es sich durchaus nicht auf, dass betriebswirtschaftlich ein vom Umsatzzuwachs unabhängiger Beratungsaufwand kausal für erhöhten Personalbedarf gewesen sein musste. Ausführungen dazu finden sich nicht in der Entscheidung, weshalb davon auszugehen ist, dass eine sachgerechte Bewertung dieser Umstände nicht erfolgte.

Dabei ist zu beachten, dass eine statistische Aufteilung auf die einzelne Apotheke angesichts der vom Gesetzgeber geforderten umfassenden Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit bezogen auf die Summe der Vergütungen zu unterbleiben hat. Ebenso wie eine statistische Darstellung der zusätzlichen Packungsverkäufe auf Verkaufszahlen pro Tag und Apotheke in diesem Zusammenhang nicht zulässig ist, kann eine statistische Darstellung eines Personalzuwachses pro Apotheke erfolgen. Sofern die Beklagte und der Beigeladene ausführen, dass ein Zuwachs der Packungsverkäufe von 2,5 pro Tag keine Einstellung zusätzlicher Vollzeitkräfte rechtfertigen würde, gilt dies auch für das Personal: 3.154 Vollzeitkräfte ergeben bezogen auf 21.500 Apotheken knapp 0,15 zusätzliche Mitarbeiter. Da die Leistungsgerechtigkeit bezogen auf alle Apotheken festzustellen ist und unwirtschaftliches Verhalten nicht berücksichtigt werden darf, kann der Personalzuwachs unter umfassender betriebswirtschaftlicher Betrachtung nur unter Würdigung auch des Verhältnisses der damit verbundenen gesteigerten Aufwendungen und der Erlöse sachgerecht betrachtet werden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass Umsatzzuwächse und Mehraufwand für die nicht separat zu vergütende Beratung oftmals mit dem vorhandenen Mitteleinsatz, also unter Erschließung vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven aufgefangen werden können. Die Beklagte schließt jedoch schlicht aus dem erhöhten (bereinigten) Personaleinsatz, dass dies nur infolge des Beratungsaufwandes geschehen sein kann. Dieser Schluss lässt sich jedoch nicht ohne weitere Argumentation halten. Dieser hier zumindest als Begründungsfehler anzuerkennende Umstand wird durch seine Folgen für die Entscheidung relevant.

Angesichts des deutlich stärkeren Umsatzwachstums bei verkauften Verpackungen lässt sich nicht annehmen, dass ausschließlich besonders hoch qualifiziertes Personal einzustellen war, weil bei Berücksichtigung auch der Umsatzsteigerungen nicht nur ein erhöhter Beratungsaufwand mit entsprechender Kompetenz anfällt. Insofern erweist sich der Kostenansatz der Beklagten für die Personalmehrkosten wegen zusätzlicher Stellen nicht als schlüssig. In die Bewertung durch die Beklagte ist dieser Umstand jedenfalls ausweislich der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht eingeflossen.

Schließlich stellt der erhöhte Personaleinsatz angesichts des deutlich gestiegenen Umsatzes bei der gebotenen umfassenden betriebswirtschaftlichen Betrachtung kein hinreichendes Argument für eine Absenkung des Abschlagsbetrages dar. Kompensieren umsatzbedingte erhöhte Einnahmen zusätzliche Personalkosten, können diese eine Absenkung des Abschlagsbetrages nicht begründen. Dieser Aspekt ist jedoch sogleich mit der Bewertung der Personalkosten zu behandeln.

Weil sich die Beklagte mit den sich aufdrängenden Aspekten des erhöhten Packungsumsatzes bei ihrer Entscheidung überhaupt nicht befasst und dementsprechend auch keine entsprechende an den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben orientierte Begründung geboten, darauf jedoch zu einem sehr wesentlichen Teil ihre Entscheidung gestützt hat, liegt hier ein gravierender Fehler in der Feststellung und Beurteilung der für die Entscheidung erheblichen Tatsachengrundlagen. Dies muss zur Aufhebung der Entscheidung führen.

2.3.3. Der Reduzierung des Abschlagsbetrages wegen erhöhter Personal- und Sachkosten liegt ebenfalls eine fehlerhafte Feststellung und eine Verletzung des Beurteilungsspielraums hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Tatsachen zugrunde. Auch insofern musste die angefochtene Entscheidung kassiert werden. Die Beklagte hat verkannt, dass erhebliche zuschlagsbezogene Umsatzsteigerungen bei umfassender betriebswirtschaftlicher Betrachtung für die Bewertung der Leistungsgerechtigkeit nicht unbeachtet bleiben dürfen. Sie hat die Entwicklung der Summe der Vergütungen der Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht in ihre Bewertungen einbezogen. Damit hat sie den gesetzlich vorgegebenen Beurteilungsmaßstab missachtet.

Weil sich der Umsatz verkaufter verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel wegen des Apothekenzuschlags unmittelbar auf den eigentlichen Erlös der Apotheken (also ohne Arzneimitteleinkaufspreis und ohne USt) auswirkt und daraus nach der gesetzlichen Vorstellung sämtliche Personal- und Sachkosten und der Unternehmensgewinn finanziert werden, stellt die Entwicklung des zuschlagbedingten Umsatzes ein entscheidendes Kriterium bei der Bewertung der Leistungsgerechtigkeit dar. Eine umfassende betriebswirtschaftliche Betrachtung der Leistungsgerechtigkeit kann daher auf eine Berücksichtigung der zuschlagbedingten Umsatzentwicklung auch bei abschließender Bewertung der packungsbezogenen Kostenanteile nicht verzichten. Dies folgt schon aus der gesetzlichen Vorgabe, dass Maßstab dieser Bewertung die Summe der Apothekenvergütungen unter Berücksichtigung des Umfangs der Leistungen zu sein hat. Eine Bewertung, die dies nicht beachtet, bewegt sich außerhalb des vorgeschriebenen Beurteilungsspielraums.

Im vorliegenden Fall geht die Beklagte in der Sache von Kostensteigerungen bei den Peronalkosten im Zeitraum von April 2007 bis Ende 2009 von 7,77 Prozent aus. Darin ist auch die Steigerung der Mitarbeiteranzahl berücksichtigt. Setzt man die Personalkosten zum 1. April 2007 auf 1,00, dann ergibt sich diese Steigerung aus den ebenfalls von der Beklagten ausschließlich berücksichtigten Tariferhöhungen 2007 von 2,3 Prozent und zum 1. Januar 2009 von 2,9 Prozent und der Erhöhung des Personals um 2,38 Prozent: 1,00 x 1,023 x 1,029 x 1,0238 = 1,07772.

Bei den Sachkosten hat die Beklagte eine Steigerung bis Ende 2009 auf die inflationsbedingte Entwicklung gestützt und berücksichtigt damit eine Steigerung um 4,79 Prozent (1,73 für 2007, 2,6 für 2008, 0,4 für 2009): 1,00 x 1,0173 x 1,026 x 1,004 = 1,04792.

Daraus ergibt sich eine Gesamtsteigerung der Personal- und Sachkosten vom April 2007 bis Dezember 2009 nach den von der Beklagten berücksichtigten Daten und ohne Berücksichtigung eines Gewinnanteils (also eine Aufteilung der Gesamtkosten von 100 zu 53,45 Prozent auf die Personalkosten und zu 46,55 Prozent auf die Sachkosten) von 6,38 Prozent: 53,45 x 1,0777 = 57,603 46,55 x 1,0479 = 48,780 Gesamt: 106,383

Berücksichtigt man wie die Beklagte in der Kontrollrechnung und, weil in die Beurteilung der Leistungsgerechtigkeit auch eine angemessene Gewinnentwicklung einzufließen hat, auch einen inflationsentsprechenden gesteigerten Gewinnanteil von 21,27 Prozent (dann reduzieren sich bezogen auf die Gesamtpositionen von 100 die Personalkosten auf einen Anteil von 42,08 Prozent und die Sachkosten auf 36,65 Prozent – mit dieser Methode verringert sich die Gewinnquote im Ergebnis geringfügig, was wegen des Beurteilungsspielraums der Beklagten jedoch nicht zu beanstanden ist), errechnet sich eine Steigerung von 6,045 Prozent: 42,08 x 1,0777 = 45,350 36,65 x 1,0479 = 38,406 21,27 x 1,0479 = 22,289 Gesamt: 106,045.

Demgegenüber steht eine Steigerung des Absatzes an Packungen von 5,69 Prozent, und zwar nur bis Dezember 2008, während sich die Gesamtkostensteigerung um 6,38 Prozent auf den Zeitraum bis Dezember 2009 bezieht. Jedoch hat sich nicht nur die Zahl der verkauften Packungen erhöht, auch der Zuschlag erhöhte sich infolge höherer Einkaufspreise. Daraus resultierte eine zuschlagbezogene Umsatzsteigerung von 6,05 Prozent. Nach den unstreitigen Angaben der Beteiligten erfolgte eine Erhöhung der dynamischen Komponente des Apothekenzuschlags pro Packung von 2006 mit 0,80 EUR, 2007 mit 0,81 EUR und 2008 mit 0,84 EUR. Verteilt man die Steigerung im Jahre 2007 gleichmäßig auf das Jahr so ergibt sich ein Ausgangswert für April 2007 von 0,8025, daraus resultiert zum Dezember 2008 eine Steigerung um 4,67 Prozent. Bezogen auf den gesamten Zuschlag und, wenn man (wie die Beklagte insoweit etwas inkonsequent) den Wert für 2007 ohne Berücksichtigung der Veränderung gegenüber 2006 anwendet, ergibt sich eine Erhöhung von 8,91 EUR pro Packung auf 8,94 EUR (entspricht einer Steigerung um 0,34 Prozent). Mit der Erhöhung der verkauften Packungszahl ergibt sich mithin eine zuschlagbezogene Umsatzsteigerung von 6,05 Prozent (1,00 x 1,0569 x 1,0034 = 1,06049).

Teilt man also die zuschlagbedingten Verkaufserlöse auf alle Kosten und den Gewinn mit der Methode der Beklagten die Kostensteigerungen bis Ende 2009 auf, sind sämtliche Kosten und ein nach Auffassung der Beklagten angemessen gesteigerter Gewinn bereits vollständig von den zuschlagsbezogenen Erlössteigerungen bis Ende 2008 gedeckt. Die Kammer berücksichtigt dabei vollumfänglich die Kostensteigerungen, welche auch die Beklagte angenommen hat. Die einzige Ausnahme besteht darin, dass wegen des Personalmehraufwands nicht von überdurchschnittlichen Gehältern ausgegangen wurde. Dieser Umstand ist angesichts der zuschlagbedingten Umsatzsteigerung für 2009 (2,08 Prozent gegenüber 2008) letztendlich nicht entscheidend.

War die Summe der Vergütungen mit einem Abschlag von 2,30 EUR pro Packung zum 1. April 2007 leistungsgerecht und war die Steigerung der zuschlagbedingten Erlöse seitdem höher als die Steigerung aller Kosten bei Berücksichtigung auch eines nach Auffassung der Beklagten angemessen erhöhten Gewinns, dann kann nicht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze eine Absenkung des Abschlages mit einer Kostensteigerung begründet werden.

Hinsichtlich der Ausgangsrechnung der Beklagten wird ersichtlich, dass die von der Beklagten angenommenen Gesamtkostensteigerungen bis Ende 2009 fast vollständig von den zuschlagsbezogenen Umsatzkostensteigerungen allein bis Ende 2008 gedeckt sind. Weitere Kostensteigerungen hat die Beklagte nicht angenommen. Insofern kann der vorliegenden Berechnung nicht vom Beigeladenen entgegengehalten werden, es seien weitere Kosten zu berücksichtigen, wenn der Beigeladenen sonst dem Vorgehen der Beklagten zustimmt. Die Entscheidung der Beklagten erging durch die Stimmen der unparteiischen Mitglieder und die Stimmen der Mitglieder des Beigeladenen.

Nicht berücksichtigt ist, dass für 2009 ebenfalls eine Umsatzsteigerung und auch eine Steigerung der dynamischen Komponente des Apothekenzuschlages zu erwarten waren und auch stattfanden (die Zahl der verkauften Packungen erhöhte sich um 1,6 Prozent, die dynamische Komponente des Zuschlages von 0,84 EUR 2008 auf 0,88 EUR im Jahr 2009; woraus sich eine gesamte Steigerung um weitere 2,21 Prozent gegenüber April 2007 errechnet). Insofern hat die Beklagte keinerlei Ausführungen in der Entscheidungsbegründung getätigt. Es ist Element der ihr eingeräumten Einschätzungsprärogative, eine entsprechende Prognose für das zu bewertende Jahr anzustellen, jedenfalls dann, wenn sie die Kostensteigerungen für das jeweilige Jahr zugrunde legt. Stellt die Beklagte die prognostizierten Kostensteigerungen für das maßgebliche Jahr bereits in ihre Entscheidung ein, verletzt die Entscheidung der Beklagten die Denkgesetze, wenn keine Prognose zur Frage getroffen wird, inwieweit diese Kostensteigerungen durch Mehreinnahmen betriebswirtschaftlich kompensiert werden können. Die Beklagte hat keinerlei Überlegungen angestellt, inwieweit die sich entwickelnden zuschlagbezogenen Erlöse/Umsätze die von ihr angenommenen Kostensteigerungen ausgleichen. Insofern hat sie den durch das Gesetz vorgegebenen Beurteilungsrahmen verlassen, weil sie weder die gesetzlich geforderte umfassende Bewertung der Leistungsgerechtigkeit vorgenommen noch entscheidende betriebswirtschaftliche Aspekte beachtet hat.

Angesichts der im Verhältnis zur Umsatzsteigerung relativ geringen Kostensteigerung musste sich der Beklagten jedenfalls aufdrängen, dass eine Absenkung des Abschlages um 24 Prozent auch angesichts der Regelungsgeschichte auf deutlich unter 2,00 EUR den durch den Gesetzgeber vorgezeichneten Rahmen verlassen haben musste. Die Erhöhung des Umsatzes hat eine Absenkung des Abschlagsbetrages nur in einem deutlich geringeren Umfang gerechtfertigt (bei Annahme eines maßgeblichen Stichtags zum Jahresende 2008 und ohne Inflationsanpassung des Einsparvolumens hätte der Abschlag ca. 2,17 EUR betragen, bei entsprechender Umsatzprognose für 2009 noch etwas weniger – bei entsprechender Fortschreibung bis 2011 dürfte man wohl zu etwa 2,05 EUR gelangen).

2.4. Bei ihrer nun erforderlichen neuen Entscheidung kann die Beklagte an ihrer Methode festhalten. Sie hat dann jedoch die gesetzlichen Maßstäbe im Rahmen ihres gesetzlich eingeräumten und vorgegebenen Beurteilungsspielraumes und ihres Entscheidungsrahmens zu verwirklichen. Insbesondere darf Sie die umfassende Bewertung der Leistungsgerechtigkeit nicht aus dem Blick verlieren. Sie kann, nachdem das Jahr 2009 inzwischen verstrichen ist, auch eine ex post Bewertung vornehmen. Sie kann ebenfalls angesichts der vollständig vorliegenden Daten die tatsächlichen Umsätze und Ausgaben sowie Gewinne berücksichtigen. Angesichts der seit 2007 erfolgten Umsatzsteigerung ist sie bei umfassender Betrachtung nicht gehindert, im Rahmen wertender Abwägung eine Absenkung des Abschlages zu erwägen, weil durch die Erhöhung des Umsatzes der vom Gesetzgeber gewünschte Einspareffekt auch mit einem reduzierten Abschlagsbetrag (bezogen auf 2,30 EUR) erreicht werden kann (bei Berücksichtigung der tatsächlichen zuschlagbezogenen Erlösentwicklung und einer inflationsbereinigten Anpassung des Einsparvolumens erlaubt die zuschlagbezogene Umsatzsteigerung eine Absenkung auf ca. 2,23 EUR, bei Berücksichtigung nur der Entwicklung der Anzahl der verkauften Packungen auf 2,24 EUR). Sie kann aber auch bei umfassender Bewertung der Leistungsgerechtigkeit eine Erhöhung des Einsparvolumens erlauben, sofern die Gewinne der Apotheken angemessen berücksichtigt werden. Dies kann, muss aber nicht am Maßstab der Inflationsentwicklung geschehen. Die von der Beklagten angewandte Methode ist ohne zusätzliche umfassende Bewertung des Verhältnisses von Umsatzerlösen und Gewinnen nicht geeignet, bei deutlichen Umsatzzuwächsen den Abschlag zu reduzieren und die Apotheken mit ihren Gewinnen am Umsatzwachstum teilhaben zu lassen. Angesichts des vorliegenden Zahlenmaterials müsste mit der Methode der Beklagten und bei Berücksichtigung einer Prognose eines nur recht geringen Umsatzwachstums der Abschlagsbetrag mindestens konstant bleiben oder gar erhöht werden, wiewohl das Umsatzwachstum auch eine maßvolle Absenkung rechtfertigen würde. Die gesetzgeberischen Zwecke wären damit jedoch noch nicht verletzt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG. Sie berücksichtigt den anteiligen Erfolg der Rechtsverfolgung durch die Beteiligten. Die Kammer hat der Feststellungsklage dabei ein geringeres Gewicht beigemessen, weil insofern nicht der eigentliche Abschlag sondern nur eine Vorfrage Gegenstand war.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§§ 161 Abs 2 Satz 1, 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Revisionszulassung bezieht sich ausschließlich auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Rechtskraft
Aus
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