L 13 EG 29/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 3 EG 20/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 29/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.05.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2009 verurteilt, das Elterngeld neu zu berechnen und bei dieser Berechnung als anzurechnende Einkünfte aus der Verdienstabrechnung der S Notarkammer vom 13.02.2009 lediglich die für den Berufsschulunterricht gezahlten Beträge von jeweils 184,07 Euro anzurechnen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von während des Elterngeldbezugs ausgezahlten Entgelts für eine unmittelbar im Anschluss ausgeübte Erwerbstätigkeit.

Der Kläger ist Notarassesor und Vater des am 00.00.2008 geborenen Kindes T.

Der Kläger nahm nach der Geburt für den 1. und 2. Lebensmonat seiner Tochter Elternzeit ohne Dienstbezüge in Anspruch und beantragte Elterngeld für die Zeit vom 00.00.2008 bis 23.02.2009.

Der Kläger erhält als Notarassessor monatliche Bezüge von der S Notarkammer. Daneben unterrichtet er circa 10 h monatlich an einer Berufsschule.· Für diese Tätigkeit erhält der Kläger von der S Notarkammer eine Zusatzvergütung von pauschal EUR 184,07 brutto pro Monat und zudem - je nach angefallenen Stunden - eine Vergütung vom Landesamt für Besoldung und Versorgung in Düsseldorf (LBV).

Während der Elternzeit war der Kläger nicht als Notarassessor tätig, seine Lehrtätigkeit an der Berufsschule setzte er dagegen in unvermindertem Umfang fort.

Am 31. 1. 2009 zahlte ihm das Landesamt für Besoldung und Versorgung 239 EUR für die Unterrichtstätigkeit im Oktober 2008 sowie 318 EUR für die Unterrichtstätigkeit im November 2008 nach.

Seine Tätigkeit als Notarassessor nahm er am 24. Februar 2009 am Tag nach dem Ablauf der Elternzeit und des Elterngeldbezugs wieder auf. Seine Verdienstabrechnung für den Monat Februar 2009 weist unter anderem ein Grundgehalt von 758 EUR für 32 Arbeitsstunden an vier Arbeitstagen im Zeitraum vom 24 bis zum 28. 02.2009 aus. Die S Notarkammer zahlte dem Kläger sein gesamtes Entgelt für den Monat Februar bereits zum 22.2. 2009, einen Tag vor Ende des Elterngeldbezugs, aus (Seite 69 Verwaltungsakte).

Am 31.3.2009 überwies das LBV dem Kläger für seine Tätigkeit an der Berufsschule je 239,22 EUR für die Monate Januar und Februar 2009.

Mit Bescheid vom 07.04.2009 wurde dem Kläger Elterngeld vorläufig in Höhe von EUR 1.493,87 pro Lebensmonat seiner Tochter gewährt. Nach Vorlage der Verdienstabrechnung der S Notarkammer vom 13.02.2009 für Februar 2009 korrigierte die Beklagte ihre Berechnung mit Bescheid vom 27.07.2009 und errechnete ein Elterngeld in Höhe von EUR 1.274,96 pro Lebensmonat. Die sich aufgrund der Neuberechnung ergebende Überzahlung in Höhe vom EUR 437,82 wurde vom Kläger unter Vorbehalt zurückgezahlt.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2009 mit der Begründung zurück, dass Gehaltszahlungen grundsätzlich dem Monat zugeordnet würden, in dessen Gehaltsbescheinigung sie ausgewiesen seien.

Der Kläger hat am 07.09.2009 Klage erhoben und zu ihrer Begründung vorgebracht, nur die Bezüge für während der Elternzeit geleistete Arbeit dürften Grundlage der Elterngeldberechnung sein, nicht jedoch die vorab geleisteten Zahlungen der S Notarkammer für seine Arbeit nach Ende der Elternzeit.

Während des Verfahrens hat die Beklagte einen weiteren Bescheid vom 17.12.2009 (S. 81 Gerichtsakte) erlassen, mit dem sie dem Widerspruch des Klägers teilweise abgeholfen hat und dem Kläger Elterngeld in Höhe von 1.339,06 pro Lebensmonat gewährt hat. Dabei hat die Beklagte dem Kläger für den 1. Monat des Elterngeldbezugs steuerpflichtige Bruttoeinnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit von 405 EUR und für den 2. Monat von 1150 EUR im Wege einer taggenauen Berechnung entsprechend Ziffer 2.3.2. der einschlägigen Verwaltungsrichtlinie zugrunde gelegt. Die Beklagte hat den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag in Höhe von EUR 128,20 an den Kläger überwiesen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, als Brutto- Nebenverdienst in der Elternzeit monatlich lediglich einen Betrag von 239 EUR vom LBV sowie von 184 EUR von der S Notarkammer für seine während der Elternzeit fortgeführte Unterrichtstätigkeit an der Berufsschule zu berücksichtigen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Sozialgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger weiteres Elterngeld mit der Maßgabe zu zahlen, dass die Beklagte von dem aufgrund der Verdienstabrechnung der S Notarkammer vom 13.12.2009 für Februar 2009 gezahlten Entgelt nur die Berufsschulzulagen in Höhe von 184 EUR berücksichtigen dürfe.

Die Beklagte habe die dem Kläger im Januar 2009 zugeflossenen Bezüge des LBV in Höhe von 547 EUR zurecht in voller Höhe als Einkommen berücksichtigt, weil der Kläger seine Tätigkeit für die Berufsschule im Bezugszeitraum des Elterngelds unverändert fortgesetzt habe und diese Tätigkeit laufend entlohnt werde. Es sei irrelevant, dass die Bezügemitteilung des LBV nicht die beiden Monate des Elterngelds betreffe, weil aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers Grundlage der Einkommensermittlung bildeten. Die Berücksichtigung der Bezüge erscheine auch sachgerecht, weil dem Kläger aufgrund der unverändert fortlaufenden Erwerbstätigkeit keine Versorgungslücken entstünden, er also mit den Bezügen teilweise seinen Lebensunterhalt bestreiten könne.

Zu Unrecht habe aber die Beklagte auch das Entgelt der S Notarkammer für die nach der Elternzeit wieder aufgenommene Tätigkeit des Klägers als Notarassessor berücksichtigt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG in Verbindung mit den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts gliedere sich die Einkünfteerzielung in einen Erwerbstatbestand und einen Erwerbserfolg auf. Nur derjenige verwirkliche den Tatbestand der Einkünfteerzielung, der im Bezugszeitrum des Elterngelds die tatbestandsmäßige Handlung vornehme und dadurch den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeiführe. Allein der Zufluss im Bezugszeitraum genüge nicht, wie sich aus dem systematischen Bezug zum Steuerrecht sowie aus Sinn und Zweck des Gesetzes ergebe. Der Gesetzgeber habe den Elternteil, der zugunsten der Betreuung seines Kindes auf Erwerbstätigkeit und folglich auch Einkommen verzichte, durch Leistung von Lohnersatz belohnen wollen und nicht auf die Bedürftigkeit abgestellt. Es könne nicht entscheidend sein, ob sich die finanziellen Einbußen wegen der Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit schon im Bezugszeitraum oder erst später auswirkten, solange sie durch die Kinderbetreuung überhaupt entstünden. Daher müsse sich der Kläger das Entgelt für die in der Elternzeit unverändert fortgeführte Tätigkeit an der Berufsschule anrechnen lassen. Dies gelte jedoch nicht für seine Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Notarassessor, weil der Kläger in der Elternzeit nicht als Notarassessor gearbeitet habe. Es sei nicht sachgerecht, den bloßen Zufluss von Einkommen durch die Vorleistung des Arbeitgebers für eine nach der Elternzeit zu leistende Tätigkeit als Notarassessor zu berücksichtigen. Aufgrund der Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit entstünden dem Kläger Versorgungslücken. Er könne dem Vorschuss nicht ohne weiteres zur Bestreitung seines Lebensunterhalts im Bezugszeitraum einsetzen, weil ihm das Geld dann tür die Zeit nach der Elternzeit zum Leben fehle.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung hat die Beklagte geltend gemacht, Gehaltszahlungen seien nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG grundsätzlich dem Monat zugeordnet, in dessen Gehaltsbescheinigung sie ausgewiesen seien. Deshalb müsse sich der Kläger die Zahlungen der S Notarkammer für Februar insgesamt auf sein Elterngeld anrechnen lassen. Es komme entscheidend auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Der Gesetzgeber habe im Unterschied zum Erziehungsgeldrecht bewusst auf das Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum abgestellt, nicht auf die Erwerbstätigkeit selbst. Die Sinnwidrigkeit der Rechtsansicht des Sozialgerichts zeige auch der Fall eines Sabbatjahres im Bemessungszeitraum des Elterngeld, in dem tatsächlich keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil der Sozialgericht Köln vom 10.5.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben, §153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG.

Die vom Sozialgericht zugelassene und rechtzeitig eingelegte Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7.4.2009 in der Gestalt des Bescheids vom 27. 7. 2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2009 sowie des Bescheids vom 17.12.2009 war teilweise rechtswidrig und verletzte den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf höheres Elterngeld, weil die Beklagte zu Unrecht das in der Verdienstbescheinigung der S Notarkammer vom 13.2.2009 ausgewiesene Entgelt auch insoweit elterngeldmindernd berücksichtigt hat, als es während der Elternzeit vorab für nach Ende des Elterngeldbezugs erbrachte Arbeitsleistung gezahlt wurde.

Das Sozialgericht hat 2 Abs. 3 BEEG im Ergebnis richtig angewandt. Die Vorschrift regelt die Berechnung von Elterngeld in Monaten nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Erzielt hat der Kläger im Bezugszeitraum Einkommen auch insoweit, als ihm Zahlungen für eine direkt im Anschluss an den Elterngeldbezug erbrachte Arbeitsleistung bereits am vorletzten Tag des Elterngeldbezugs tatsächlich zugeflossen sind.

Ob erzielen im Sinne von § 2 Abs. 3 BEEG in jedem Fall den tatsächlichen Zufluss des Einkommens im Bezugszeitraum voraussetzt, erscheint im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des BSG zweifelhaft. Der Senat hat bereits in mehreren Entscheidungen die Anwendung des strengen Zuflussprinzips bei der Bestimmung des erzielten Einkommens im Bemessungszeitraum bejaht (vgl. dazu die Urteile des Senates v. 19.03.2010 - L 13 EG 44/09, Juris Rn. 17 ff.; Urteile v. 26.8.2009 - L 13 EG 5/09, L 13 EG 24/09, L 13 EG 25/08 alle in Juris). Die dafür ausschlaggebenden Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung sowie der realistischen Abbildung der für das Elterngeld relevanten Einkommensverhältnisse lassen sich auch auf den Bezugszeitraum übertragen. Für eine gleiche Auslegung streitet zudem maßgeblich der insoweit identische Wortlaut, weil das Bundeselterngeldgesetz in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 jeweils von erzieltem Einkommen spricht. Indes ist das Bundessozialgericht der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung für die Auslegung des Begriffs erzielen im Bemessungszeitraum nicht gefolgt. Daraus könnte sich ergeben, dass auch im Bezugszeitraum Einkommen nicht tatsächlich zuzufließen braucht, sondern der Erwerb eines Zahlungsanspruchs ausreicht. Indes kann diese Auslegungsfrage hier dahinstehen, weil dem Kläger das Einkommen, um dessen Anrechnung die Beteiligten streiten, tatsächlich zugeflossen ist.

Allein der tatsächliche Zufluss und damit die Erzielung von Einkommen genügt für die Anwendung des § 2 Abs. 3 BEEG indes noch nicht. Die Vorschrift verlangt zusätzlich, dass das erzielte Einkommen gerade aus einer Erwerbstätigkeit stammt, die der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum ausgeübt hat (a.A. wohl Dau, JurisPR-SozR 10/2010 Anm. 4; SG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 23.02.2010 - S 9 EG 3918/09, Juris für den Zufluss aus selbständiger Tätigkeit). Dies schließt der Senat aus Systematik, Entstehungsgeschichte sowie insbesondere Sinn und Zweck der Vorschrift.

Nach ihrem Wortlaut betrifft die Vorschrift des § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG Monate nach der Geburt mit Elterngeldbezug, in denen die berechtigte Person ein Einkommen "aus Erwerbstätigkeit" erzielt. Dies übersieht die Beklagte, wenn sie meint, der Gesetzgeber habe allein auf die Erzielung von Einkommen abgestellt.

Der genannte Wortlaut lässt sich unterschiedlich verstehen. Einerseits so, dass es genügt, wenn ein Elterngeldberechtigter in den Monaten nach der Geburt mit Elterngeldbezug Einkommen (im Sinne von Zufluss) erzielt, mag die Erwerbstätigkeit auch bereits vorher oder danach ausgeübt worden sein. Andererseits kann der § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG mit seiner Erwähnung einer Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit dem Ausdruck "Monate nach der Geburt" auch aufgefasst werden als Beschränkung auf die Erzielung von Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit, die nach der Geburt im Bezugszeitraum ausgeübt wird.

Für die letztgenannte Lesart spricht die systematische Betrachtung: § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG ordnet zum Zweck der Elterngeldberechnung die Bildung der Differenz zwischen dem in Monaten nach der Geburt durchschnittlichen erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit und dem nach § 2 Abs. 1 BEEG berücksichtigten durchschnittlich erzielten Einkommen aus "Erwerbstätigkeit vor der Geburt" an. Dieser Gegenüberstellung entnimmt der Senat in systematischer Auslegung, dass § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG mit nach der Geburt erzieltem Einkommen spiegelbildlich zur Formulierung "aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt" (im Bemessungszeitraum) nur Einkommen aus nach der Geburt ausgeübter Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum des Elterngelds meint. Entscheidend ist mithin, ob das Einkommen im Bezugszeitraum erarbeitet wurde (vgl. BSG, Urt. v. 30.09.2010 - B 10 EG 19/09, Rn.26 des amtlichen Entshceidungsumdrucks für das Erzielen im Bemessungszeitraum.

Die Gesetzgebungsmaterialien stützen diese Auslegung. So heißt es in den Einzelerläuterungen des Gesetzentwurfs zu § 2 Abs. 3 BEEG (Bundestagsdrucksache 16/1889, S. 20), nach dieser Vorschrift werde Elterngeld auch für die Monate gezahlt, in denen ein Elternteil die Erwerbstätigkeit nicht unterbreche, sondern nur einschränke. Der Gesetzgeber ging demnach davon aus, dass die Vorschrift nur bei einer Fortführung der Erwerbstätigkeit anwendbar sein und es im übrigen bei der allgemeinen Regel des § 2 Abs. 1 BEEG bleiben sollte.

Nur diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck des Elterngelds. Das Elterngeld zielt als familienpolitische Leistung neuer Art darauf ab, finanzielle Einschränkungen des betreuenden Elternteils, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, auszugleichen (Bundestagsdrucksache 16/1889, S. 15). Diese finanzielle Kompensation soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Wahlfreiheit bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vergrößern und so die Entscheidung für Kinder erleichtern. Indem der Kläger für zwei Monate seine Tätigkeit als Notarassesor unterbrochen hat, hat er für diese Zeit auf das damit verbundene Einkommen verzichtet. Die daraus resultierenden finanziellen Einschränkungen will das Elterngeld orientiert am vorangegangenen Erwerbseinkommen des Klägers teilweise ausgleichen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob sich diese finanziellen Einbußen bereits in dem (ggf. kurzen) Bezugszeitraum des Elterngelds oder erst später konkret auswirken, weil der aktuelle finanzielle Verlust im Bezugszeitraum durch Gehaltsnachzahlungen oder durch Vorauszahlungen für später außerhalb des Bezugszeitraums erbrachte Leistungen zeitweise ausgeglichen wird. Die Zufälligkeiten des Zahlungsflusses dürfen nicht über die Elterngeldberechtigung entscheiden. Der Fall des Klägers macht dies besonders deutlich. Hätte sein Arbeitgeber nur 2 Tage später gezahlt, etwa wie üblich zum Monatsende, hätte es schon nach Ansicht des Senates am für die Einkommenserzielung im Bezugszeitraum erforderlichen tatsächlichen Zufluss gefehlt. Im Bezugszeitraum ausgezahlte Einnahmen aus Arbeitsleistungen vor oder nach dem Bezugszeitraum sind insofern nicht anders zu behandeln als beliebige andere Einnahmen, etwa aus Kapitalvermögen oder privaten Veräußerungsgeschäften etc. Solche Einnahmen spielen für die Berechnung des Elterngeld keine Rolle, weil das Elterngeld keine bedürftigkeitsabhängige Sozialleistung darstellt, bei der es allein auf den aktuellen Bedarf ankommt, sondern eine familienpolitische Subvention mit verhaltenssteuernder Zielrichtung. Das Elterngeld lässt sich insoweit eher vergleichen mit den Lohnersatzleistungen des Kranken - und Arbeitslosengeldes, denen es teilweise nachgebildet ist. Sowohl § 49 Abs. 1 S. 1 Nummer 1 SGB V als auch § 143 SGB III setzen aber für das Ruhen der Lohnersatzleistungen des Kranken- bzw. Arbeitslosengeldes im Fall der Zahlung von Arbeitsentgelt Deckungsgleichheit voraus. Die Zahlung von Arbeitsentgelt führt demnach nur dann zu einem Ruhen der Entgeltersatzleistung, wenn das Entgelt für denselben Zeitraum wie die Entgeltersatzleistung gezahlt wird, weil gerade für diesen Zeitraum ein entsprechender Entgeltanspruch besteht (vgl. für das Krankengeld schon BSG, Urt. v. 20.03.1984 - 8 RK 4/83, Juris Rn. 12). An einer solchen Deckungsgleichheit fehlt es bei den vom Kläger empfangenen Zahlungen, weil sie für Arbeitsleistungen außerhalb des Bezugszeitraums geleistet worden sind. Dies hat der Arbeitgeber des Klägers noch einmal ausdrücklich klargestellt. Die von der Beklagten ins Feld geführte Tatbestandswirkung der vorher übersandten Gehaltsbescheinigung ist durch diese Klarstellung entkräftet. Nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG bilden die Gehaltsbescheinigungen lediglich die Grundlage für die Einkommensermittlung. Denn der Inhalt der Gehaltsbescheinigungen kann im Regelfall, muss aber nicht übernommen werden (BSG, Urt. v. 03.12.2009 - B 10 EG 3/09 R, Juris Rn., 27). Ergeben sich, wie hier, im Einzelfall Anhaltspunkte für ihre Unrichtigkeit, sind gegebenenfalls nach weiteren Ermittlungen die tatsächlichen Umstände zu Grunde zu legen. Fallen, wie im Fall des Klägers, der Bezugszeitraum für das Elterngeld und der Abrechnungszeitraum für das Gehalt auseinander, erfordert dies eine taggenaue Abgrenzung des Einkommenzuflusses innerhalb und außerhalb des Bezugszeitraums des Elterngelds.

Die vom Sozialgericht gefundene Auslegung wird nach Ansicht des Senats auch von der für den Beklagten einschlägige norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift des Bundesminsteriums für Familie, Frauen Senioren und Jugend (vom 5.5.2010 unter 2.3.2 Beispiel 2) gestützt. Sie unterscheidet zwischen der Erzielung von Einkommen und der bloßen Auszahlung von Einkommen für vorangegangene Zeiträume. Eine solche Auszahlung ohne Erwerbstätigkeit sieht die Richtlinie für das Elterngeld als irrelevant an. Insofern kann es nach Ansicht des Senats aber keinen Unterschied machen, ob der Elterngeldberechtigte eine Nach- oder eine Vorauszahlung erhält.

Da der Kläger seine Tätigkeit als Notarassessor während des Bezugs von Elterngeld unterbrochen hat, war das während des Elterngeldbezugs zugeflossenen Entgelt für die danach fortgesetzte Tätigkeit somit nicht nach § 2 Abs. 3 BEEG auf das Elterngeld anzurechnen.

Der Senat lässt offen, ob mit dem Sozialgericht die Berücksichtigung der an den Kläger im Bezugszeitraum des Elterngeld geflossenen Nachzahlungen das Landesamts für Besoldung und Versorgung in Höhe von 574 EUR für vor der Geburt seiner Tochter verrichtete Nebentätigkeit an der Berufsschule nach § 2 Abs. 3 Bundeselterngeldgesetz im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, weil der Kläger seine Nebentätigkeit während des Bezugszeitraums unverändert fortgesetzt hat und dafür nach dem Bezugszeitraum Entgelt bezogen hat. Dagegen lässit sich anführen, dass die Nachzahlungen für die Monate Oktober und November, wenn auch geringfügig, höher waren als das Entgelt für die während der Monate Januar und Februar verrichtete Tätigkeit des Klägers. Der Berücksichtigung der erst nach dem Bezugszeitraum ausgezahlten Bezüge steht an sich zudem die konsequente Anwendung des Zuflussprinzips entgegen. Andererseits würde dies zu dem schwer zu rechtfertigen Ergebnis führen, dass der Kläger trotz Erwerbstätigkeit und Erwirtschaftung von Einkommen im Bezugszeitraum wegen der Zufälligkeiten des Einkommenszuflusses sich überhaupt kein Einkommen anrechnen lassen müsste. Da alleine die Beklagte Berufung eingelegt hat und ihr Berufungsantrag diesen Teil des Streitgegenstands nicht umfasste, braucht der Senat diese Frage aber nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung der Hauptsache.

Die Revision hat der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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