S 52 R 60/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
52
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 52 R 60/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der am 00. Juli 1951 geborene Kläger, der einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 aufweist, absolvierte nach eigenen Angaben in der Zeit von September 1966 bis Juli 1968 in der ehemaligen DDR erfolgreich eine Ausbildung als Fluchtenmaurer. Nach der Ausbildung arbeitete er bis August 1975 im erlernten Beruf. Von September 1977 bis 24. Mai 1979 machte er in der ehemaligen DDR eine Umschulung zum Berufskraftfahrer und arbeitete sodann – mit einer kurzen Unterbrechung – bis September 2001 als Berufskraftfahrer. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit arbeitete er von März 2003 bis November 2004 wieder als Berufskraftfahrer. Seit dem 1. Januar 2009 bis April 2009 lebte der Kläger von Arbeitslosengeld II.

Am 19. März 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog daraufhin ärztliche Unterlagen betreffend den Kläger bei und ließ diesen begutachten.

Aufgrund einer Untersuchung am 6. Mai 2009 durch den Sozialmediziner M wurde festgestellt, dass der Kläger noch 6 Stunden täglich und mehr Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Einschränkungen verrichten könne. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Busfahrer sei dem Kläger nicht mehr zumutbar. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Bl. 5 – 19 der Rentenakte, Teil: Ärztliche Gutachten, Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers nach den ärztlichen Untersuchungen durch folgende Krankheiten oder Behinderungen beeinträchtigt sei: Wiederkehrende verschleißbedingte Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei Bandscheibenvorwölbung L5/S1 ohne Hinweis auf Nervenwurzelbeteiligung und ohne gravierende Bewegungseinschränkung, wiederkehrende verschleißbedingte Kniegelenks- und Ellenbogenbeschwerden ohne Bewegungseinschränkung, mäßige depressive Verstimmungen mit Schlafstörungen. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichtet werden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 9. Juni 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Gutachter bestätigt habe, dass eine Tätigkeit als Maurer oder Berufskraftfahrer ihm nicht mehr möglich sei. Auch sonstige Tätigkeiten würden ausscheiden. Er gehe alle drei Monate zu seinem Psychiater zur Begutachtung und der Verschreibung seiner Medikamente, ohne die er nicht in der Lage sei, ein ausgeglichenes Leben zu führen.

Die Beklagte holte daraufhin noch einen Befundbericht von behandelnden Psychiater des Klägers, P1, ein. Wegen der Einzelheiten dieses Befundberichts wird auf den Inhalt der Rentenakte, Bl. 24 – 27 der Rentenakte, Teil: Ärztl. Gutachten, Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Der Kläger hat am 8. Januar 2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Er könne nicht mehr 6 Stunden und mehr Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Der Kläger hat zahlreiche medizinische Unterlagen überreicht; wegen der Einzelheiten dieser wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2009 aufzuheben und ihm rückwirkend ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres klageabweisenden Antrags nimmt die Beklagte auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug.

Das Gericht hat Befundberichte eingeholt von den von dem Kläger benannten Ärzten C (Befundbericht vom 6. April 2010, Bl. 62 ff. der Gerichtsakte), P (Befundbericht vom 20. April 2010, Bl. 67 ff. der Gerichtsakte) und T (Befundbericht vom 6. Mai 2010, Bl. 77 ff. der Gerichtsakte).

Das Gericht hat eine Arbeitgeberauskunft vom letzten Arbeitgeber des Klägers, Spedition I, eingeholt. Danach wurde der Kläger für die Tätigkeit bei der Spedition I durch "Mitfahren" mit einem Kollegen eingewiesen, wobei das Einweisen keine dreijährige Ausbildung ersetze. Wegen der Einzelheiten der Arbeitgeberauskunft vom 23. Juni 2010 wird auf Bl. 89 – 92 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Gericht hat sodann am 19. August 2010 eine Beweisanordnung getroffen und zum Sachverständigen S1 auf dem Fachgebiet Neurologie und Psychiatrie bestimmt und zum Zusatzgutachter auf internistischem Gebiet P2 bestimmt. Wegen der Einzelheiten der Beweisanordnung wird auf Bl. 98 - 102 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit nervenfachärztlichem Gutachten vom 3. Oktober 2010, abgeschlossen am 18. November 2010, hat der Sachverständige S1 unter Berücksichtigung des eingeholten Zusatzgutachtens von P2 festgestellt, dass bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen vorliegen würden:

1. Dysthymia 2. paroxysmale Angst 3. Spannungskopfschmerz 4. Diabetes mellitus, mit Tabletten behandelt 5. Bluthochdruckerkrankung 6. rezidivierender Bauchdeckenbruch 7. Wirbelsäulensyndrom 8. Rückflusserkrankung der Speiseröhre, Polypektomie

Der Gutachter hat sodann weiter ausgeführt, dass der Kläger noch ohne unmittelbaren Schaden für die Gesundheit und ohne unzumutbare Schmerzen körperlich leichte Tätigkeiten verrichten könne. Die Tätigkeiten könnten in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden. Die Tätigkeiten könnten in geschlossenen Räumen oder gelegentlich im Freien, z.B. als Botengänge, verrichtet werden. Der Kläger solle zu keinen Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechselschicht und Nachtschicht, mit häufigem Bücken oder Knien, Hocken, Kriechen, in Zwangshaltungen, mit Klettern oder Steigen auf Gerüste oder Leitern oder an gefährlich schnell laufenden Maschinen, unter Witterungseinwirkung und Kälteeinwirkung, mit der Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge oder geistig schwierigen oder mittelschwierigen Tätigkeiten herangezogen werden. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen benötige der Kläger nicht. Bei dem Kläger bestünde zudem eine Visusminderung, die zu Einschränkungen führe. Der Kläger könne unter den genannten Einschränkungen aber noch vollschichtig arbeiten, und zwar an fünf Tagen die Woche. Längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten seien nicht zu erwarten. Der Kläger könne noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. als Pförtner an einer Nebenpforte, als Helfer in einer Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes, als Sortierer oder Montierer von Kleinteilen verrichten. Der Kläger sei in der Lage, viermal arbeitstäglich eine Wegstrecke von geringfügig über 500m zurückzulegen, ohne dass erhebliche Schmerzen auftreten würden, ohne dass übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich seien und ohne dass die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet sei. Der Kläger könne eine Wegstrecke von 500m auch innerhalb von 15 Minuten zurücklegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des eingeholten Gutachtens und der Zusatzgutachten wird auf Bl. 109 - 173 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger hat Einwendungen gegen das eingeholte Gutachten gemacht und eine fachärztliche Bescheinigung von P1 vom 9. Dezember 2010 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten dieser Bescheinigung wird auf Bl. 176 ff. der Gerichtsakten, Band II, Bezug genommen. Zugleich hat der Kläger beantragt, P1 als Sachverständigen nach § 109 SGG zu beauftragen.

Die Beklagte sieht sich durch die eingeholten Gutachten in ihrer sozialmedizinischen Leistungseinschätzung bestätigt. Berufsschutz habe der Kläger nicht.

Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers anheimgestellt, einen anderen Gutachter nach § 109 SGG zu benennen, da P1 möglicherweise als behandelnder Arzt nicht unparteiisch sei und zudem mit dem Fall vorbefasst war.

Der Kläger hat sodann am 11. Februar 2011 beantragt, Herrn S2 als Sachverständigen nach § 109 SGG zu beauftragen.

S2 hat dem Gericht mit Schreiben vom 21. Februar 2011 mitgeteilt, dass er aktuell und bis auf Weiteres im Jahre 2011 aus zeitlichen bzw. terminlichen Gründen nicht zur Verfügung stehe.

Der Kläger hat sodann am 15. März 2011 beantragt, I als Sachverständigen nach § 109 SGG zu beauftragen.

I hat am 23. März 2011 dem Gericht schriftlich mitgeteilt, dass er keine Gutachten fertige.

Der Kläger hat weiterhin am 5. April 2011 E als zu beauftragenden Sachverständigen nach § 109 SGG benannt.

E hat 14. April 2011 dem Gericht mitgeteilt, dass seine vertragsärztlichen Pflichten in der Krankenversorgung es derzeit nicht zuließen, Nebentätigkeiten wie die Erstellung eines Gutachtens auszuüben.

Das Gericht hat sodann am 19. April 2011 die mündliche Verhandlung für den 14. Juni 2011 anberaumt.

Der Kläger hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. Mai 2011 beantragt, drei weitere Ärzte als Gutachter nach § 109 SGG zu beauftragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2009 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Ren¬te wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gegen die deutsche Rentenversicherung, vgl. § 43 VI SGB VI.

Nach § 43 SGB VI erhält Rente wegen Erwerbsminderung, wer teilweise oder voll er-werbsgemindert ist und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und die allgemeine Wartezeit nach § 50 SGB VI, nämlich eine Versicherungszeit von fünf Jah¬ren, erfüllt hat.

Voll erwerbsgemindert sind nach der Legaldefinition in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI u.a. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach der Legaldefi¬nition in § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemei¬nen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die Kammer hat nicht feststellen können, dass der Kläger im Sinne dieser Bestimmungen voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Zwar ist und war der Kläger nicht mehr uneinge¬schränkt leistungsfähig. So liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als wesentli¬che Gesundheitsstörungen Dysthymia, paroxysmale Angst, Spannungskopfschmerz, Diabetes mellitus, mit Tabletten behandelt, Bluthochdruckerkrankung, rezidivierender Bauchdeckenbruch, Wirbelsäulensyndrom, Rückflusserkrankung der Speiseröhre und Polypektomie vor.

Diese Gesundheitsstörungen wirken sich dahingehend aus, dass der Kläger noch ohne unmittelbaren Schaden für die Gesundheit und ohne unzumutbare Schmerzen körperlich leichte Tätigkeiten verrichten kann. Die Tätigkeiten können in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden. Die Tätigkeiten können in geschlossenen Räumen oder gelegentlich im Freien, z.B. als Botengänge, verrichtet werden. Der Kläger soll zu keinen Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechselschicht und Nachtschicht, mit häufigem Bücken oder Knien, Hocken, Kriechen, in Zwangshaltungen, mit Klettern oder Steigen auf Gerüste oder Leitern oder an gefährlich schnell laufenden Maschinen, unter Witterungseinwirkung und Kälteeinwirkung, mit der Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge oder geistig schwierigen oder mittelschwierigen Tätigkeiten herangezogen werden. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen benötigt der Kläger nicht. Der Kläger kann unter den genannten Einschränkungen aber noch vollschichtig arbeiten, und zwar an fünf Tagen die Woche. Längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten sind nicht zu erwarten. Der Kläger kann noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, z.B. als Pförtner an einer Nebenpforte, als Helfer in einer Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes, als Sortierer oder Montierer von Kleinteilen verrichten.

Mit diesen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klä¬gers im Erwerbsleben folgt die Kammer den schlüssig und überzeugend begründeten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen S1 und P2. Diese haben ihre Feststellungen auf eine ausführlich erhobene Anamnese gestützt und ihre Beurteilung orientiert sich an anerkannten Bewertungsmaßstäben. Die Gutachten sind in sich schlüssig und frei von Widersprüchen und haben sich auch mit den vorliegenden Befundberichten und Gutachten auseinandergesetzt. Detaillierte Einwendungen gegen die Gutachten hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Er-werbsminderung, da das Leistungsvermögen entsprechend den Feststellungen der Be-weisaufnahme nicht dauerhaft unter sechs Stunden herabgesunken ist, da die Gutachter S1 und P2 bescheinigt haben, dass der Kläger noch vollschichtig täglich arbeiten kann. Ein solcher Anspruch kann sich hier auch nicht wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ergeben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bedarf es bei Versicherten, die - wie im vorliegenden Fall der Kläger - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, grundsätzlich nicht der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise ist die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber bei Vorliegen einer schweren spezifischen oder einer Vielzahl ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erforderlich. Dies ist der Fall, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 19. August 1997 - B 13 RJ 91/96 -). Als Summierungsfälle anerkannt sind nach der Rechtsprechung des BSG besondere Schwierigkeiten, entsprechende Arbeitsplätze von der Wohnung aus aufsuchen zu können oder die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn der Kläger weist keine gesundheitlich bedingten Funktionsbeein-trächtigungen im obigen Sinne mehr auf. Insbesondere ist nach den eingeholten Gutachten - wie bereits ausgeführt - die Geh- und Wegefähigkeit des Klägers gegeben.

Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach der Übergangsvorschrift in § 240 Abs. 1 SGB VI hat der Kläger ebenfalls nicht. Einen Rentenanspruch hat danach, wer – wie der Kläger – vor dem 1. Januar 1961 geboren und berufsunfähig ist. Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kläger ist nicht berufsunfähig, weil seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er durch eine ihm nach seinem Berufswerdegang und seinem Gesundheitszustand zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen kann (BSG, Urteil vom 28.02.1963, SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat (BSG , SozR 2200 § 1246 Nr. 10 ; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17 ). Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI verankerten Gedanken des Berufsschutzes soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (BSG , Urteil vom 30.07.1997 - 5 RJ 8/96; BSG, Urteil vom 04.11.1998 - B 13 RJ 95/97). Unter Berücksichtigung dieses Gedankens beurteilt sich die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs.

Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehr-Stufen-Schema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit dem Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren ), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 m.w.N.; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 15).

Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist vielmehr die Wertigkeit der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale umschrieben wird. Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrige Berufsgruppe verwiesen werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 m.w.N.; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17 ). Einem Versicherten ist grundsätzlich zumindest eine Tätigkeit konkret zu benennen, die er noch ausüben kann. Eine derartige Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit ist hingegen grundsätzlich nicht erforderlich, wenn der Versicherte zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage ist und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ungelernter Tätigkeiten verweisbar ist.

Nach diesen Kriterien ist als bisheriger Beruf des Klägers der "Berufskraftfahrer" zugrunde zu legen; dieser fällt hier in die Berufsgruppe des " angelernten Arbeiters im oberen Bereich". Der Kläger kann nach den eingeholten Gutachten von S1 und P2 auch nur noch leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig ausüben. Infolgedessen kann der Kläger, wie auch von der Beklagten nicht bezweifelt wird, seinen bisherigen Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Hierdurch ist er aber nicht zugleich berufsunfähig. Vielmehr ist zu prüfen , ob er auf andere ihm sozial zumutbare Beschäftigungen verwiesen werden kann (BSG,Urteil vom 30.07.1997 - 5 RJ 8 / 96). Vorliegend hat der Kläger im Rahmen einer Umschulung in der Zeit von September 1977 bis 24. Mai 1979 den Berufsabschluss als Facharbeiter Berufskraftfahrer in der damaligen DDR erworben. Damit kann angesichts der Ausbildungsdauer von unter zwei Jahren ein Facharbeiterstatus des Klägers aus heutiger Sicht nicht hergeleitet werden. Auch aus der eingeholten Arbeitgeberauskunft der Spedition I kann nichts anderes hergeleitet werden. Der Kläger ist danach durch Mitfahren bei einem Kollegen in seine Tätigkeit "eingewiesen" worden. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers hat ebenfalls mitgeteilt, dass diese Einweisung nicht gleichzusetzen sei mit der heute erforderlichen dreijährigen Ausbildung als Berufskraftfahrer. Von daher ist nicht erkennbar, dass bei der tatsächlichen Ausgestaltung der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Kraftfahrer diese qualitativ oberhalb der eines Berufskraftfahrers anzusiedeln ist. Ohne eine zusätzliche Qualifikation ist der Kläger aber als Angelernter mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (oberer Bereich) zu behandeln und als solcher, wie von der Beklagten zutreffend festgestellt, auf andere Anlerntätigkeiten zu verweisen.

Die Kammer ist der Auffassung, dass als zumutbare Beschäftigung die Tätigkeit als Pförtner in Betracht kommt. Denn bei der Tätigkeit als Pförtner handelt es sich um leichte körperliche Arbeit, überwiegend in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge), überwiegend sitzend und für körperlich Behinderte geeignet (siehe dazu auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2001). Zu den Aufgaben und Tätigkeiten gehört das Überwachen des Personen- und Fahrverkehrs an Türen / Toren von Betrieben und Bürohäusern. Dazu gehört des Weiteren das Empfangen von Besuchern und Lieferanten, ggf. Prüfen der Legitimationen, Anmelden der Besucher mit Ausstellen der Besucherscheine oder das Erteilen von Auskünften. Eine solche Tätigkeit spielt sich in einem geschlossenen, beheizten Raum ab. Es handelt sich um eine leichte Tätigkeit im Sitzen, bei welcher ab und zu aufgestanden und umhergegangen werden kann. Eine besondere Berufsausbildung wird nicht vorausgesetzt und die nötige Einarbeitung übersteigt in keinem Falle die Dauer von drei Monaten.

Die Verweisung des Klägers auf eine Tätigkeit als Pförtner ist objektiv zumutbar. Das BSG hat eine solche Verweisung wiederholt zugelassen , so in den Urteilen vom 23.05.1996 (13 RJ 75/95) und vom 22.10.1996 (13 RJ 35/95 und 13 RJ 81/95). Der Kläger ist auch nach seinem Gesundheitszustand in dieser genannten Verweisungstätigkeit einsetzbar, wie sich aus den Gutachten S1 und P2 ergibt.

Die Kammer hat die weiter mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. Mai 2011 gestellten Anträge nach § 109 SGG abgelehnt. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass nicht mehrere Ärzte zur wahlweisen Anhörung benannt werden dürfen; es ist Sache des Klägers, den Gutachter konkret zu bestimmen (so Keller in Meyer / Ladewig, 9. Auflage, München 2008, § 109 SGG, Rn. 4).

Zudem wäre durch die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG zum Zeitpunkt Mai 2011 die Erledigung des Rechtsstreits verzögert worden, da die Sache schon am 19. April 2011 für den 14. Juni 2011 terminiert wurde; die Ladung ist dem Kläger am 5. Mai 2011 bzw. seinem Bevollmächtigten angeblich am 12. Mai 2011 zugegangen. Es hätte zunächst wieder die Bereitschaft der Gutachter zur Gutachtenerstattung vom Gericht geprüft werden müssen, was vermutlich bereits wieder mindestens einen Monat gedauert hätte. Erst dann hätte die entsprechende Beweisanordnung erfolgen können. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Gutachten dann fristgerecht bis zum 14. Juni 2011 vorgelegen hätte.

Es liegt hier nach Auffassung der Kammer auch eine Verspätung aus grober Nachlässigkeit vor. Grobe Nachlässigkeit nimmt die Rechtsprechung dann an, wenn die zur ordentlichen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde (BSG 7, 218). Vor der Benennung eines Sachverständigen sollte der Kläger dessen Bereitschaft geklärt haben, als Sachverständiger tätig zu werden (Keller in Meyer / Ladewig, 9. Auflage, München 2008, § 109 SGG, Rn. 4). Dies hat der Kläger hier aber pflichtwidrig unterlassen. Zunächst hat der Kläger seinen behandelnden Arzt als Gutachter benannt, wobei das Gericht empfohlen hat, diesen wegen der Vorbefassung nicht als § 109 SGG-er Gutachter zu beauftragen (so auch Keller in Meyer / Ladewig, 9. Auflage, München 2008, § 109 SGG, Rn. 4). Der Kläger hat dann Abstand davon genommen, und in der Folgezeit jeweils nacheinander drei verschiedene Ärzte als Gutachter nach § 109 SGG benannt, die aber allesamt abgelehnt haben, ein solches Gutachten zu erstatten. Der Kläger hatte offensichtlich nicht mit diesen Gutachtern vor Antragstellung seines Antrags nach § 109 SGG geklärt, ob diese überhaupt bereit sind, das Gutachten zu erstatten. Durch dieses Verhalten des Klägers wurde der Rechtsstreit auch bereits um rund 6 Monate verzögert, da die gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten bereits am 25. November 2011 an den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten übersandt wurden; bereits zu diesem Zeitpunkt war der Rechtsstreit aber schon für das Gericht entscheidungsreif.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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