L 5 AS 50/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 21 AS 47/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 50/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Form der Leistungsgewährung durch den Antragsgegner im Rahmen einer Erstausstattung nach der Geburt ihres Kindes und begehrt weitere Leistungen vom Antragsgegner.

Die am 1979 geborene Antragstellerin erhält vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Am 26. Juli 2010 beantragte sie beim Antragsgegner eine Erstausstattung für ihr damals noch ungeborenes Kind. Als voraussichtlichen Geburtstermin gab sie den 22. Januar 2011 an. Sie benötige ein Kinderbett, einen Kinderwagen, einen Wickeltisch, einen Kleiderschrank, einen Hochstuhl, Bekleidung, eine Nuckelflasche und einen Nuckel sowie eine Babyschale. Mit Bescheid vom 12. November 2010 bewilligte der Antragsgegner ihr Gutscheine für den Erwerb einer Wickelauflage in Höhe von 16 EUR, für den Erwerb eines kombinierten Kinderwagens in Höhe von 175 EUR, für den Erwerb eines kompletten Kinderbetts in Höhe von 125 EUR und für die Erstausgestaltung fürs Kind im Wert von 125 EUR. Im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Den seitens der Antragstellerin eingelegten Widerspruch hat er mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Nach der Richtlinien der Landeshauptstadt M. seien für die Erstausstattung bei einer Geburt eines Kindes nur die gewährten Leistungen zu erbringen. Darüber hinausgehende Leistungen könnten nicht bewilligt werden.

Am 4. Januar 2011 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung beim Sozialgericht Magdeburg gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die gewährten Leistungen nicht als Sach-, sondern als Geldleistung zu erbringen. Mit der Erteilung von Gutscheinen habe der Antragsgegner den Anspruch der Antragstellerin nicht erfüllt. Er verkenne den Vorrang von Geldleistungen. Die Gewährung von Gutscheinen führe zu einer Stigmatisierung der Leistungsempfänger. Unter Beachtung der Regelung des § 23 Abs. 2 SGB II werde dem Gutscheinempfänger ein unwirtschaftliches Verhalten oder eine sonstige Ungeeignetheit zum Umgang mit Barmitteln unterstellt. Zum anderen seien die Gutscheine nicht überall einlösbar. Sie förderten auch nicht das Gebot wirtschaftlicher Mittelverwendung. Die Antragstellerin habe eine Vielzahl von Vergleichen der gewährten Erstausstattung hinsichtlich der Preisgestaltung in Fachgeschäften, die möglicherweise die Gutscheine annehmen würden, und sonstigen Bezugsmöglichkeiten geprüft. Regelmäßig seien die sonstigen Bezugsmöglichkeiten um ein Vielfaches günstiger gewesen.

Weiterhin begehrt sie in diesem Verfahren die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung weiterer Leistungen für den Erwerb eines Hochstuhls, eines Kleiderschranks für die Babysachen, einer Babyschale sowie einer Nuckelflasche und eines Nuckels. Gleichzeitig hat sie Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt und gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 Klage erhoben.

Mit Beschluss vom 20. Januar 2011 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch auf Erhalt der gewährten Leistungen als Geldleistungen glaubhaft gemacht. Aus § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II könne sie keinen unbedingten Rechtsanspruch auf eine Geldleistung herleiten. Vielmehr liege die Leistungsgewährung auch in der Wahl ihrer Form im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Der Gesetzgeber habe ihm eindeutig die Wahlmöglichkeit zwischen einer Sach- und einer Geldleistung gelassen. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall lediglich die Erbringung von Geldleistungen ermessensgerecht sei, seien nicht ersichtlich. Für die Leistung einer Babyschale habe die Antragstellerin weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie besitze kein Kraftfahrzeug. Es bleibe somit die Frage offen, wofür sie eine Babyschale benötige. Ein Hochstuhl gehöre nicht zur Erstausstattung bei der Geburt eines Kindes. Dieser sei regelmäßig erst nutzbar, wenn das Kleinkind physiologisch in der Lage sei zu sitzen, d. h. frühestens mit zirka sieben Monaten. Auch für die weiteren geltend gemachten Gegenstände (Nuckel/Nuckelflasche, Kinderkleiderschrank) habe die Antragstellerin nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsgegner gewährten Pauschale in Höhe von 125 EUR ungeeignet sei, diesen Bedarf zu decken. Hinsichtlich der Nuckelflasche bzw. des Nuckel sollte dies unzweifelhaft der Fall sein. Bezüglich des Kleiderschranks fehle es darüber hinaus an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin habe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, weshalb ein Kinderkleiderschrank zur Erstausstattung bezogen auf das Neugeborene gehören solle. Es sei nicht ersichtlich, welche Notlage vorliege bzw. welcher Nachteil entstehen könne. Den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 20. Januar 2011 unter Verweis auf die Gründe des Sachbeschlusses wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt. Das Sozialgericht hat in beiden Beschlüssen darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde nicht statthaft sei.

Die Antragstellerin hat am 9. Februar 1011 sowohl gegen den Sachbeschluss als auch gegen den Prozesskostenhilfebeschluss Beschwerde eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts seien diese statthaft. Der Beschwerdewert liege über 750 EUR. Die Gewährung von Gutscheinen werde seitens der Antragstellerin nicht als sachgerechte Leistung des Antragsgegners erkannt. Der Erwerb kostengünstiger, auch gebrauchter Gegenstände ließe sich mit ihnen nicht bewerkstelligen. Zudem würden weitere Leistungen begehrt. So sei nach eigenen Recherchen eine Babyschale regelmäßig nicht zu einem Preis unter 50 EUR, ein Hochstuhl nicht zu einem Preis von unter 100 EUR und ein Babykleiderschrank regelmäßig nicht zu einem Preis von unter 200 EUR zu erwerben. Die Beschwerde sei auch begründet. Die Antragstellerin bleibe dabei, dass ein Vorrang von Geld- vor Sachleistungen bestehe. Die von ihr zusätzlich begehrten Gegenstände gehörten zur Erstausstattung. So finde die Babyschale eine Mehrfachnutzung. Zum einen sei sie natürlich für den Transport in einem Fahrzeug geeignet. Ob die Antragstellerin ein eigenes Fahrzeug oder ein fremdes nutze, könne dahinstehen. Die Babyschale sei zudem bestens geeignet, ein Kind beispielsweise während des "Fütterungsvorgangs" zu positionieren. Zur Erstausstattung gehöre weiterhin ein Hochstuhl. Das Gesetz sehe Leistungen über die Erstausstattung hinaus nicht vor. Es sei anerkannt, dass im Rahmen der Erstausstattung alle Dinge zu gewähren seien, die im ersten Lebensjahr eines Kindes gebraucht werden würden. Für den Fall, dass dies verneint werden sollte, sei zu beachten, dass das Gesetz keine Möglichkeit vorsehe, einen Hochstuhl später zu erhalten. Ebenfalls gehöre ein Kinderkleiderschrank zur Erstausstattung. Die Babysachen könnten nicht in irgendeiner Ecke im Raum abgelagert werden.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, unter Aufhebung der Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Januar 2011 den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihr die bereits gewährten Sachleistungen in Form von Geldleistungen zu erbringen, ihr zusätzlich die Kosten zum Erwerb einer Babyschale, eines Hochstuhls, eines Kinderkleiderschranks sowie einer Nuckelflasche/Nuckels zu gewähren, sowie ihr zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerden seien bereits unzulässig. Die hier in Streit stehenden Leistungen überschritten nicht in Beschwerdewert von 750 EUR. Es sei der Wert des zu deckenden Sonderbedarfs zu berücksichtigen. Dieser liege in keinem Fall über 750 EUR. So seien auch in den anderen Bundesländern nur Beträge bis zu 700 EUR für die Erstausstattung nach der Geburt eines Kindes vorgesehen. Im Übrigen sei die Beschwerde gegen den Sachbeschluss unbegründet. Insbesondere fehle es an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, mit welchem Erfolg sie preiswertere Beschaffungsmöglichkeiten (Kinderflohmärkte, Ausleihen von Gegenständen bei bekannten Familien oder Freunden) in Anspruch genommen habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug zugenommen.

II.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingereichten Beschwerden sind auch statthaft nach § 73a, 172 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 SGG i.v.m. § 127 Zivilprozessordnung (ZPO). Der danach maßgebende Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR ist überschritten.

Die Antragstellerin wendet sich vorliegend gegen die ihr gewährten Leistungen in Form von Gutscheinen insbesondere mit dem Argument, sie könne diese nicht einsetzen, um preisgünstig Gegenstände für ihr Baby zu erwerben. Sie bringt damit zum Ausdruck, dass diese Gutscheine für sie letztlich wertlos seien. Als Wert des Streites um die Form der Leistungsgewährung ist hier mithin der in den Gutscheinen angegebene Wert anzusetzen. Hinzuzurechnen ist der Wert der zusätzlich begehrten Leistungen. Es ist zwar grundsätzlich der objektive Wert zu berücksichtigen. Der Senat geht davon aus, dass die Babyschale, der Hochstuhl, der Kinderkleiderschrank, die Nuckelflasche sowie der Nuckel zu einem Preis von insgesamt unter 200 EUR zu beschaffen sind. Bei der Prüfung des Beschwerdewerts ist jedoch das Begehren der Antragstellerin zu berücksichtigen, so weit dieses nicht ersichtlich dazu dient, den Beschwerdewert zu erhöhen. Diese hat nach ihren Angaben eigene Recherchen über die Preise für die zusätzlich begehrten Gegenstände durchgeführt. Sie gibt an, die von ihr begehrten Gegenstände seien nicht unter einem Gesamtpreis von 350 EUR zu erhalten. Mit diesen Angaben bewegt sie sich unteren Bereich eines mittleren Preissegments. Insoweit sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin den Beschwerdewert durch überzogene Preisvorstellungen zu erhöhen versucht hat.

Die Beschwerden sind jedoch unbegründet.

A.1.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch auf Erhalt von Geld- statt der ihr bewilligten Sachleistungen glaubhaft gemacht. Die Leistungen für die Wohnungserstausstattung können nach § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II in der hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners bis 31. Dezember 2010 gültigen Fassung als Sach- oder Geldleistung oder in Form von Pauschalbeträgen seitens des Leistungsträgers erbracht werden. Die Art der Leistungserbringung steht folglich in seinem Ermessen. Die Besonderheit einer Ermessensleistung ist es, dass das Gesetz der Verwaltung in verfassungsrechtlich zulässiger Weise trotz Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelfall keine bestimmte Rechtsfolge vorgibt. Sie kann die begehrte Rechtsfolge verfügen, muss es aber nicht. Die Antragstellerin hat in diesen Fällen lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach § 39 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I), nicht jedoch auf eine bestimmte Leistung. Die Antragsgegnerin hat sich hier für die Gewährung der Leistung in Form von Gutscheinen entschieden. Die gerichtliche Kontrolle ist beim Vorliegen eines Beurteilungsspielraums auf die Frage beschränkt, ob die Antragsgegnerin von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, und ob sie die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs abstrakt ermittelten Grenzen eingehalten und beachtet hat.

Es sind hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Entscheidung des Antragsgegners, der Antragstellerin nach Maßgabe seiner Verwaltungsvorschrift Gutscheine zu gewähren, ermessensfehlerhaft ist.

Nur wenn das Ermessen ausschließlich in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre, besteht ein Anspruch auf diese einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung, hier die begehrte vorläufige Deckung des Bedarfs der Erstausstattung durch Geldleistungen. Eine Ermessensreduzierung auf "Null" ist jedoch nur dann gegeben, wenn nach dem festgestellten Sachverhalt eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei ausgeschlossen ist. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin liegt in der Ausgabe von Gutscheinen keine Diskriminierung oder Stigmatisierung. Die Gutscheingewährung ersetzt lediglich die Barauszahlung des Betrags mit anschließender Kontrolle der Einhaltung der Zweckbestimmung der Ausgabe des Leistungsbetrags.

Der Antragstellerin mag zwar zuzugeben sein, dass gerade bei selbst zu beschaffenden Einrichtungsgegenständen ein Gutschein nicht die gewünschte Flexibilität mit sich bringt. Auf der anderen Seite ist das Interesse des Leistungsträgers zu berücksichtigen. Ein Gutschein dient der Verwaltungsvereinfachung und gewährleistet, dass nur der Betrag ausgezahlt wird, der zur Beschaffung der bewilligten Gegenstände tatsächlich verwandt wurde. Würde der Höchstbetrag beispielsweise für den Erwerb eines Kinderbetts in Höhe von 125,00 EUR an die Antragstellerin direkt ausgezahlt und an Hand einer Quittung später abgerechnet werden, würde zusätzlicher Verwaltungsaufwand notwendig. Allein aufgrund einer nur abstrakt bestehenden größeren Flexibilität der Antragstellerin beim Einkauf ist dieser - und damit die Leistung in Form einer Geldzahlung - nicht zu rechtfertigen. Die Antragstellerin hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie die Gutscheine nicht zur Beschaffung der bewilligten und von ihr konkret bevorzugten Gegenstände einsetzen kann. Erst wenn es ihr nahezu unmöglich sein sollte, zu dem in den Gutscheinen angegebenen Preis beispielsweise einen Kinderwagen bei Firmen zu erwerben, die die Annahme des Gutscheins akzeptieren, käme gegebenenfalls eine Ermessensreduzierung auf "Null" in Betracht.

Der Senat kann auch nicht erkennen, dass die Gewährung von Gutscheinen gegen grundrechtliche Regelungen wie Art. 1 GG verstößt. Durch die Gewährung der in den Regelungen des SGB II beschriebenen Leistungen wird ihr gerade ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Diese Leistungen - zu denen auch die von ihr abgelehnten Sachleistungen gehören - decken im Wesentlichen das Existenzminimum (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BVL 1/09; 3/09; 4/09, Rn. 217, Juris). Der Umfang dieses Anspruchs kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel jedoch nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Ob der Staat das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert, bleibt grundsätzlich ihm überlassen (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, a.a.O., Rn. 138).

Auch eine Art. 3 GG verletzende Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. Juli 2010, 1 BvR 2556/09, Rn. 17 m.w.N.).

2.

Die Antragstellerin hat hinsichtlich der von ihr zusätzlich begehrten Gegenstände der Erstausstattung keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.

Eine solche Notlage besteht jedoch nicht schon deshalb, weil die Antragstellerin die von ihr zusätzlich begehrten Gegenstände nicht zur Verfügung hat. Die sozialgerichtliche Entscheidung ist insoweit nicht zu beanstanden. Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe dieser Entscheidung. Auch in der Beschwerdeinstanz hat die Antragstellerin keinerlei Gründe vorgetragen, die zu einer anderen Betrachtung der Rechtslage führen können.

Die Antragstellerin hat keinen zwingenden Grund für die Notwendigkeit der Anschaffung einer Babyschale glaubhaft gemacht. Sie ist zwar nach § 21 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zum Transport von Säuglingen in einem Auto gesetzlich vorgeschrieben. Die Antragstellerin besitzt zum einen jedoch kein eigenes Auto. Zum anderen kann der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Antragstellerin darauf angewiesen ist, ihr Kind in einem PKW transportieren zu müssen. Soweit sie darauf abstellt, dass sich eine Babyschale bestens eigne, ein Kind zum Beispiel während des "Fütterungsvorgangs" zu "positionieren", kann darin kein Grund für eine Eilbedürftigkeit erkannt werden. Der Besitz einer Babyschale mag wünschenswert sein. Er ist jedoch nicht zwingend notwendig.

Ebenso besteht kein Anordnungsgrund für den Erwerb eines Hochstuhls. Es kann dahinstehen, ob ein solcher zur Erstausstattung gehört. Jedenfalls besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Dringlichkeit zum Kauf eines solchen. Das Sozialgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Erwerb frühestens dann in Betracht zu ziehen ist, wenn ein Kind physiologisch in der Lage ist, selbstständig sitzen zu können. Der Antragstellerin ist es insoweit auch zuzumuten, aus dem Regelsatz selbst Geld einzusparen, um zu einem späteren Zeitpunkt den Hochstuhl zu erwerben. Nach eigenen Recherchen des Senats ist ein Hochstuhl bereits zu einem Neupreis zwischen 20 EUR und 50 EUR über das Internet zu erwerben (vgl. Angebote beispielsweise unter www.billiger.de).

Auch für den Erwerb eines zusätzlichen Kleiderschranks fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die Antragstellerin wird nicht gezwungen sein, die Babysachen in einer Zimmerecke zu lagern. In Betracht kommt die Einordnung der Babysachen in ihrem eigenen vorhandenen Kleiderschrank. Die Antragstellerin übersieht, dass neben einem gegebenenfalls gegebenen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Leistungen für den Erwerb eines zusätzlichen Kleiderschranks sie, da sie diesen Anspruch im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend macht, dringend auf einen Kleiderschrank angewiesen sein muss. Dafür hat sie jedoch keinerlei Tatsachen glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat weiterhin keinen Anspruch auf Gewährung zusätzlicher Leistungen für den Erwerb einer Nuckelflasche und eines Nuckel. Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass diese Gegenstände in der vom Antragsgegner gewährten Pauschale in Höhe von 125 EUR enthalten sein dürften. Diese Dinge dürften zur Erstlingsausstattung für ein Baby gehören. Zudem sind die Kosten mit einem Betrag von unter 5 EUR wohl auch aus dem Regelsatz zu begleichen.

B.

Auch die Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts ist unbegründet. Das Begehren der Antragstellerin hatte auch im erstinstanzlichen Verfahren aus den oben genannten Gründen nach § 73a SGG, §§ 114ff. ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Wegen Fehlens einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht war zudem auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

C.

Die Kostenentscheidung für die Entscheidung in der Sache beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Für die Entscheidung in der Beschwerde gegen die erstinstanzliche Prozesskostenhilfeentscheidung ergibt sie sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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