S 57 AL 816/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
57
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 57 AL 816/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 228/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit und die Minderung des Arbeitslosengeldes wegen Arbeitsaufgabe.

Der Kläger war vom 28.2.2003 bis 29.2.2008 als Rezeptionist beim Hotel am Potsdamer Platz in Berlin beschäftigt. Seit dem Jahr 2005 lebte er mit seinem Freund in einem gemeinsamen Haushalt in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, die keine eingetragene Lebenspartnerschaft ist und die seit dem Jahr 2001 bestand. Da sein Partner berufsbedingt nach München ziehen musste, kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis am 29.12.2007 zum 29.2.2008, um zu seinem Lebenspartner ziehen zu können. Er meldete sich am 29.2.2008 arbeitslos und beantragte mit Wirkung ab 1.3.2008 die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Er gab an, dass ihm eine Arbeitsuchendmeldung bei der Arbeitsagentur in München vor dem 29.2.2008 wegen beruflicher und privater Verpflichtung, insbesondere dem Umzug von Berlin nach München, nicht möglich gewesen sei. Er habe bei seinem Arbeitgeber gekündigt, um ebenfalls nach München in eine gemeinsame Wohnung ziehen zu können, da eine längerfristige Trennung von seinem Lebensgefährten nicht tragbar gewesen sei. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 24.5.2008 Arbeitslosengeld, lehnte jedoch mit Bescheid vom 26.03.2008 die Zahlung für den Zeitraum vom 1.3.-23.5.2008 wegen Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit und Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 90 Tage ab. Der Zuzug zum Lebensgefährten könne nicht als wichtiger Grund anerkannt werden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es läge ein wichtiger Grund für seine Eigenkündigung vor. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gelte der Nach-zug zum Ehegatten oder zum eingetragenen Lebenspartner als wichtiger Grund. Auch für den Umzug zu einem eheähnlichen Partner unterschiedlichen Geschlechts erkenne das BSG einen wichtigen Grund an, wenn bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses eine eheähnliche Gemeinschaft, also eine Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft, bestanden habe. Dies müsse auch für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft gelten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.7.2008 als un-begründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass zwar im Falle einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein wichtiger Grund gesehen würde, wenn ein Partner an einen anderen Ort wechsele und der andere diesem folge, dies aber im Falle einer gleich-geschlechtlichen Partnerschaft, die keine eingetragene Lebenspartnerschaft ist, nicht gelte. Ein wichtiger Grund liege daher nicht vor, da nach der Rechtsprechung des BSG eine eheähnliche Gemeinschaft nur als eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann und nicht zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern definiert werde. In der hiergegen am 7.8.2008 beim Sozialgericht München erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass die Ungleichbehandlung zwischen gleichgeschlechtlicher nicht eingetra-gener Lebenspartnerschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft einerseits sowie zwi-schen gleichgeschlechtlicher nicht eingetragener Lebenspartnerschaft und eheähnlicher Partnerschaft zwischen Mann und Frau andererseits einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes darstelle und diskriminierend sei. Außerdem läge ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Nr. 5 und 6 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar, weshalb die Maßnahme der Beklagten bereits deshalb unzulässig sei.

Bei der Gewährung von Sozialleistungen nach den Grundsätzen der Grundsicherung für Arbeitslose würde eine nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft einer ein-getragenen Lebenspartnerschaft gleich gesetzt werden und man würde von einer sog. Bedarfsgemeinschaft sprechen. In diesem Fall hätte sich der Kläger das Arbeitseinkommen seines Partners anrechnen lassen müssen. Es könne kein Unterschied zwischen den Partnerschaftsformen gemacht werden, da die Basis des Zusammenlebens in allen Fällen die Gleiche sei.

Auf die schriftliche Nachfrage des Gerichts teilte der Kläger mit, er habe sich überwiegend auf elektronischem Wege oder telefonisch um einen Anschlussarbeitsplatz bemüht. Erst nachdem dies erfolglos gewesen sei, habe er schriftliche Bewerbungen nachgereicht. Als Beleg legt er ein Schreiben der Firma HPS Hotel Personal Service vor, in dem bestätigt wird, dass sich der Kläger Anfang Januar 2008 zunächst telefonisch in ihrem Haus beworben habe.

In der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger zudem vor, dass sein Partner ihn in der Zeit der Arbeitslosigkeit finanziell unterstützt und Rechnungen für ihn beglichen habe. Er sei mittlerweile mit seinem Partner verlobt und es sei geplant, am 2.6.2012 die Eintragung als Lebenspartnerschaft vorzunehmen. Nach seiner Kündigung habe er sich im Zeitraum Januar/Februar 2008 über Internetportale bzw. online bei verschiedenen Hotels in München beworben. Seit 1.5.2008 habe er wieder eine Beschäftigung ausgeübt.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 26.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2008 aufzuheben und dem Kläger für die Zeit vom 1.3.2008 bis 30.4.2008 Arbeitslosengeld ohne Minderung der Anspruchsdauer zu bewilligen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf Ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der streitgegenständliche Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 26.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2008 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die zwölfwöchige Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) und die da-mit verbundene Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 90 Tage (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III) zu Recht angeordnet, da der Kläger für die Aufgabe seines Beschäfti-gungsverhältnisses durch seine Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen wichtigen Grund hatte.

Zwar scheitert das Vorliegen eines wichtigen Grundes – entgegen den Ausführungen der Beklagten – vorliegend nicht daran, dass anstatt einer Ehe, einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer eheähnliche Gemeinschaft zwischen Mann und Frau eine gleich-geschlechtliche Partnerschaft vorliegt (hierzu im Einzelnen später); der Kläger hat es je-doch unterlassen, sich rechtzeitig um einen Anschlussarbeitsplatz zu bemühen.

a) Der Kläger hat den Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III verwirklicht. Da-nach tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei-geführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Während der Sperr-zeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger hat sein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis als Rezeptionist im Hotel am Potsdamer Platz in Berlin durch seine Kündigung vom 29.12.2007 zum 29.2.2008 gelöst und seine Arbeitslosigkeit damit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, da er zum Zeitpunkt der Kündigung keinen Anschlussarbeitsplatz besaß oder konkrete Aussicht auf einen solchen hatte.

Der Kläger kann sich für sein Verhalten nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III berufen. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risiko-fälle wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Insoweit muss der wichtige Grund nicht nur die Auflösung des Arbeitsverhältnisses überhaupt, sondern auch den konkreten Zeitpunkt der Auflösung de-cken (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 26).

b) Der Kläger kündigte seinen Arbeitsvertrag in Berlin, um zu seinem Partner nach Mün-chen ziehen zu können, der berufsbedingt nach München gezogen war. Die Eheschließung und der Zuzug zum Ehegatten wurde vom BSG in ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf das Grundrecht zum Schutz der Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) als wichtiger Grund anerkannt, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle nicht von der gemeinsamen Wohnung aus zumutbar erreichen kann (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15). Dies gilt auch für den Umzug zum Partner, wenn zwar die Ehe noch nicht geschlossen ist, aber der Arbeitnehmer bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses davon ausgehen konnte, dass die Eheschließung bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgen werde (BSG SozR 4100 § 119 Nrn 2, 17 und 34). Für eine eingetragene Lebenspartnerschaft, für die seit dem Lebenspartnerschafts-gesetz vom 16.2.2001 grundsätzlich die gleichen Rechtsfolgen wie bei einer Ehe verbun-den sind, ist diese Rechtsprechung zu übertragen.

In Erweiterung dieser Rechtsprechung hat das BSG den Umzug zur Aufrechterhaltung einer bereits bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft als wichtigen Grund angesehen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). Als eheähnliche Gemeinschaft hat das BSG dabei unter Berufung auf die Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 87, 234, 264 f.) die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts angesehen, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). Begründet hat es diese Erweiterung damit, dass es dem Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG zwar nicht verwehrt sei, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen, dies aber nicht bedeute, dass andere Lebensformen gegenüber der Ehe automatisch zu benachteiligen seien. Insbesondere fordere die Sperrzeitregelung keinen wichtigen Grund mit Verfassungsrang und auch keine bestimmte Verhaltenspflicht. Unter Berücksichtigung der Veränderung der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse könne ein wichtiger Grund im Rahmen der Sperrzeitregelung deshalb auch dann bejaht werden, wenn zwischen den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft eine faktische Einstehens- bzw. Unterhaltsgemeinschaft bestünde und somit eine ähnlich intensive Verpflichtung wie bei Ehegatten empfunden würde, für-einander einzustehen. Schließlich rechtfertige das Gesetz bei Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bei entsprechender intensiver Bindung auch negative Rechtsfolgen, nämlich einen Zugriff auf Einkommen und Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung im Arbeitslosenhilfe-Recht (heute Grundsicherung für Arbeitslose nach SGB II).

Ob die vom BSG aufgestellten Grundsätze zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft von Partnern unterschiedlichen Geschlechts auch auf gleichgeschlechtliche nicht eingetragene Lebenspartnerschaften übertragbar sind, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden. Auch wenn die Frage an dieser Stelle letztlich offen bleiben kann, ist für das Gericht je-doch kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb diese Grundsätze nicht auch für eine gleichgeschlechtliche nicht eingetragene Lebenspartnerschaft gelten sollten. Denn für das Vorliegen eines wichtigen Grundes stellt das BSG in seiner oben zitierten Entscheidung maßgeblich auf die Intensität der partnerschaftlichen Verbindung ab, die mit der Einstehens- und Unterhaltsgemeinschaft einer Ehe (bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft) vergleichbar sein muss. Unter Berücksichtigung der heutigen gesellschaftlichen Leben-verhältnisse kann es bei der Feststellung dieser Voraussetzungen aber nicht entscheidend auf die sexuelle Orientierung innerhalb der Partnerschaft ankommen, d.h. ob es sich bei der partnerschaftlichen Verbindung um eine gleichgeschlechtliche Beziehung oder um eine Beziehung zwischen Mann und Frau handelt.

Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Zwar ist danach eine Benachteiligung aus Gründen des Geschlechts oder der sexuellen Identität unzulässig in Bezug auf den Sozialschutz inklusive der sozialen Sicherheit sowie in Bezug auf soziale Vergünstigungen (§§ 1, 2 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 AGG). Allerdings ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht uneingeschränkt auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch anwendbar, wie sich aus § 2 Abs. 2 AGG ergibt, der auf § 33 c SGB I verweist. Darin wird eine Benachteiligung bei Inanspruchnahme sozialer Rechte nur aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung untersagt. Hintergrund dieser Einschränkung ist, dass sich der Gesetzgeber in § 33 c SGB I bzw. dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nur darauf beschränkt hat, Gemein-schaftsrecht und damit die europarechtlichen Vorgaben umzusetzen. Neben anderen Richtlinien sind dies insbesondere die hier relevanten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2000/43 EG des Rates vom 29. Juni 2000 sowie der Richtlinie 2000/78 EG des Rates vom 27. November 2000. Während erstere Richtlinie nur auf Ungleichbehandlungen der Rasse oder der ethnischen Herkunft abzielt, erstreckt sich die Richtlinie 2000/78 EG nur auf die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und gilt – mangels der grundlegenden Kompetenz der EU zur gesamtheitlichen Gestaltung des Sozialrechts der Mitgliedsstaaten – nicht für staatliche Leistungen der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.

Einer weitergehenden Regelung bedurfte es allerdings vorliegend auch nicht, da bereits der allgemeine Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) eingreift, der auch eine auf die sexuelle Orientierung bezogene Ungleichbehandlung erfasst. Ein Abstellen allein auf die sexuelle Orientierung einer Beziehung im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes bei Kündigung zwecks Nachzug zum Partner ist nach übereinstimmender Auffassung der Kammer willkürlich und rechtfertigt keine diesbezügliche Ungleichbehandlung. Wenn nämlich, bei Vorliegen der übrigen von BVerfG bzw. BSG herausgearbeiteten Voraussetzungen der Eheähnlichkeit, ein wichtiger Grund beim Zuzug zum gleichgeschlechtlichen nicht eingetragenen Lebenspartner nur aufgrund der Gleichgeschlechtlichkeit der Beziehung verneint wird, liegt darin eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgebotes nach Art. 3 Abs. 1 GG, da ein hinreichend sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von gleich- und ungleichgeschlechtlichen Partnerschaften in diesem Fall nicht ersichtlich ist.

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes scheiterte damit im vorliegenden Fall nicht an der Kündigung des Klägers zwecks Umzugs zum gleichgeschlechtlichen nicht eingetragenen Lebenspartner, zumal der Kläger aufgrund der Dauerhaftigkeit und der starken inneren Bindung der Beziehung die übrigen Voraussetzungen an die Eheähnlichkeit der Gemeinschaft erfüllte.

c) Das Vorliegen eines wichtigen Grundes scheitert vorliegend aber daran, dass es der Kläger unterlassen hat, vor Kündigung seines Arbeitsverhältnisses alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um eine Arbeitslosigkeit wegen des Umzugs zu vermeiden. Es genügt nämlich nicht, dass ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses als solches vorliegt. Ein wichtiger Grund muss vielmehr auch im konkreten Zeit-punkt der Auflösung selbst vorhanden sein. Es ist daher unablässige Voraussetzung zur Bejahung eines wichtigen Grundes bei Eigenkündigung anlässlich eines Umzugs zum Partner – unabhängig davon ob es sich um einen Umzug zum Ehepartner, eingetragenen Lebenspartner oder "eheähnlichen" (gleich-geschlechtlichen oder nicht gleichgeschlechtlichen) Partner handelt – dass bereits vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen unternommen wurden, um ei-nen Anschlussarbeitsplatz zu erhalten und eine Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Dies kann zum Beispiel im rechtzeitigen Einschalten des Arbeitsamtes mit der Bitte um Vermittlung in ein anderes Arbeitsverhältnis sein oder eigene Bemühungen um eine neue Arbeitsstel-le. Diese rechtzeitigen Bemühungen sind nachzuweisen. Sie müssen dabei nicht von Er-folg gekrönt sein (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 26). Derartige Bemühungen wurden vom Kläger nicht rechtzeitig unternommen. Der Kläger wendete sich erst am 29.2.2008 im Rahmen seiner Arbeitslosmeldung an die Beklagte mit der Bitte um Vermittlung. Telefonische Bewerbungen sowie Online-Bewerbungen startete er nach eigener Aussage erst im Januar und Februar 2008 und damit nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Schriftliche Bewerbungen tätigte er erst im März und April 2008, wie aus der Akte der Beklagten ersichtlich ist. Diese Bemühungen des Klägers sind nicht geeignet, den Eintritt der Sperrzeit zu vermeiden. Denn nur Bemühungen, die vor dem Zeitpunkt der Kündigung erfolgen, können als relevante Bemühungen zur Vermeidung der Arbeitslosigkeit zugerechnet werden. Bemühungen, die nach dem Zeitpunkt der Kündigung erfolgen, stellen hingegen nur eine Reaktion auf die bereits vollzogene Kündigung dar und können die grobe Fahrlässigkeit hin-sichtlich der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt der Kündigung nicht verhindern.

Da die Beklagte die Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III und die damit verbundene Minderung der Anspruchsdauer gem. § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III daher zu Recht angeordnet hat, war die Klage abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

3. Die Berufung ist statthaft, da der dem Klagebegehren zugrundeliegende Streitgegenstand die Berufungssumme von 750 EUR überschreitet (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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