S 12 KR 250/09

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 250/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 283/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Bestehen eines Anspruchs auf Krankengeld im laufenden und fortbestehenden Arbeitsverhältnis bei Mobbing mit tiefergehenden, intrapsychischen, über reine psychosoziale Kränkungen hinausgehenden Konflikten, die zu dauerhaft seelischen Erkrankungen und zumindest am konkreten Arbeitsplatz auf der Grundlage der Lebens- und Leidensgeschichte einer Versicherten sowie deren Krankheitserlebnis wegen einer Nichtlösbarkeit dieser Konflikte zu dauerhafter Arbeitsunfähigkeit führen.
1. Der Bescheid vom 11. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 wird über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Krankengeld im gesetzlichen Umfang unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger auch noch für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2009 zu gewähren.

3. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand:

Im Anschluss an ein in der mündlichen Verhandlung angenommenes Teilanerkenntnis, das den Zeitraum vom 1. April bis 31. Mai 2009 betraf, ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Krankengeld auch noch für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. Oktober 2009 im Streit.

Auf Seiten der 1956 geborenen Klägerin lag ab 6. Mai 2008 Arbeitsunfähigkeit vor, attestiert durch ihren Hausarzt, den Facharzt für Allgemeinmedizin C., wobei der Arbeitsunfähigkeit diagnostisch eine psychische Dekompensation sowie Depressionen zugrunde lagen. Eingetreten war die Arbeitsunfähigkeit im Rahmen einer Tätigkeit der Klägerin als Hauswirtschafterin in einem Seniorenwohnheim, während der die Klägerin auf der Grundlage dieser Tätigkeit bei der Beklagten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert war. Im Anschluss an die vom Arbeitgeber zunächst gezahlte Entgeltfortzahlung bezog die Klägerin schließlich Krankengeld, wobei die Beklagte das Fortbestehen attestierter Arbeitsunfähigkeit im Weitern zum Anlass nahm, die Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) ambulant begutachten zu lassen. In seiner hierauf gefertigten gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Juli 2008 bestätigte der MDK dann das weitere Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Insoweit seien das Ansprechen der eingeleiteten medikamentösen Behandlung und der begonnenen ambulanten Psychotherapie zumindest für die Dauer von weiteren 6 Wochen abzuwarten.

Nach Beiziehung eines weiteren Arztberichtes mit Eingang am 18. August 2008 sowie einer Arbeitsplatzbeschreibung und weiteren Krankenunterlagen ging der MDK in einer nach Aktenlage gefertigten weiteren Stellungnahme vom 21. August 2008 schließlich auch weiterhin vom Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit aus, so dass die Beklagte Krankengeld laufend fortzahlte. Letzteres zumindest bis 6. Oktober 2008; vom 7. Oktober 2008 bis 2. Dezember 2008 nahm die Klägerin an einer ihr von ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger bewilligten vollstationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil, aus deren Anlass sie von diesem Übergangsgeld erhielt.

Auch aus der Rehabilitationsmaßnahme wurde die Klägerin dann als weiterhin arbeitsunfähig entlassen, so dass ihr die Beklagte im Anschluss an den Übergangsgeldbezug dann auch weiterhin Krankengeld zahlte. Diagnostisch war dabei seitens der Rehabilitationsklinik ausweislich deren Entlassungsberichtes vom 15. Dezember 2008 auf Seiten der Klägerin von einer depressiven Dekompensation im Zusammenhang mit beruflichen und familiären Konflikten bei ängstlich-depressiver Entwicklung sowie einer Persönlichkeitsstörung mit überwiegend asthenischen Zügen bei traumatischer Biographie aus gegangen worden. Gleichzeitig war dabei ausgeführt worden, dass die Klägerin sowohl für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumindest auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechselrhythmus, jedoch möglichst ohne Nachtschicht wegen der Neigung zu Schlafstörungen und ohne inhalative Belastungen wegen COPD vollschichtig leistungsfähig sei. Lediglich eine Wiedereingliederung an den bisherigen Arbeitsplatz sei der Klägerin wegen des zerrütteten Arbeitsverhältnisses nicht nur selbst nicht vorstellbar, sondern auch wegen der Gefahr einer erneute Dekompensation bei Fortbestehen der Konflikte am Arbeitsplatz nicht zuzumuten.

Unter Auswertung u.a. des vorgenannten Rehabilitationsentlassungsberichts bestätigte schließlich im Weiteren unter dem 8. Januar 2009 dann auch Frau Dr. med. D. für den MDK auf Seiten der Klägerin Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; für den konkreten Arbeitsplatz ging auch sie jedoch noch von Arbeitsunfähigkeit aus. Gleichzeitig wurde letzteres im Weiteren dann jedoch zum Anlass genommen, die Klägerin erneut durch den MDK ambulant begutachten zu lassen, wobei Frau Dr. med. E. in ihrer hierauf unter dem 5. März 2009 gefertigten Stellungnahme u.a. ausführte, dass sich bei der Klägerin, ausgelöst durch einen erheblichen Konflikt am Arbeitsplatz mit depressiver Dekompensation, eine Angststörung mit Depression entwickelt habe. Es finde eine ambulante Psychotherapie statt, eine Gruppentherapie sei vorgesehen. Aus der Rehabilitationsmaßnahme sei die Klägerin arbeitsunfähig entlassen worden mit der Perspektive, das Arbeitsverhältnis zu lösen, was sie bislang jedoch noch nicht aktiv umgesetzt habe, auch wenn sie dies vorhabe und auch der behandelnde Psychiater ihr dies empfohlen habe. Gleichzeitig ging Frau Dr. med. E. aus sozialmedizinischer Sicht ebenfalls weiterhin vom Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz aus. Eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht sinnvoll, da der Konflikt dabei bestehen bleibe. Für eine vergleichbare Tätigkeit an einem anderen Arbeitsplatz ohne die bisherige Konfliktsituation bestehe dann allerdings keine weitere Begründung mehr für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit, wobei eine Arztanfrage an den behandelnden Psychiater in 3 Wochen empfohlen werde.

Ohne der letztgenannten Empfehlung zu folgen und ohne die vorgenannten 3 Wochen abzuwarten, teilte die Beklagte der Klägerin hierauf mit ohne Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 11. März 2009 mit, der Klägerin Krankengeld noch bis zum 31. März 2009 zu zahlen. Über den 31. März 2009 hinaus lehnte die Beklagte jedoch eine weitere Gewährung von Krankengeld ab.

Gegen den Bescheid vom 11. März 2009 legte die Klägerin hierauf durch ihre Prozessbevollmächtigten am 23. März 2009 Widerspruch ein. Dies mit der Begründung, dass nach Auffassung sowohl der behandelnden Ärzte als auch ausweislich des o.a. Rehabilitationsentlassungsberichts bei der Klägerin weiterhin Arbeitsunfähigkeit für ihren noch innegehabten Arbeitsplatz bestehe. Zwar bestehe im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitsplatz ein gewisses Restleistungsvermögen; maßgeblich sei jedoch aufgrund des weiterhin bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der innegehabte Arbeitsplatz.

Die Beklagte nahm den Widerspruch zum Anlass, hierzu eine weitere, nach Aktenlage gefertigte Stellungnahme des MDK einzuholen, in der Frau Dr. med. E. unter dem 5. Mai 2009 ausführte, dass eine akute Erkrankung bzw. Beschwerdesymptomatik, welche Fähigkeitsstörungen in Bezug auf eine vergleichbare Tätigkeit an einem anderen Arbeitsplatz ohne Konfliktsituation nach sich ziehen würde, zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung der Klägerin nicht vorgelegen habe. Warum das Arbeitsverhältnis entgegen anders lautendem Bekunden bisher nicht aufgelöst worden sei, sei dort nicht bekannt. Ggf. wäre perspektivisch sogar eine Wiedereingliederung an den alten Arbeitsplatz möglich, falls der Konflikt doch noch eine Lösung fände oder sich die Situation am Arbeitsplatz in irgendeiner Weise, unerwartet, anders entwickeln würde.

Auf entsprechende Rückfrage der Beklagten führte Frau Dr. med. F. für den MDK unter dem 20. Mai 2009 dann noch aus, dass keine akute Erkrankung vorliege, die Arbeitsunfähigkeit verursache. Ohne Berücksichtigung der Situation am Arbeitsplatz könne die Tätigkeit aus medizinischen Gründen wieder aufgenommen werden.

Mit erläuterndem Schreiben vom 2. Juni 2009 hielt die Beklagte hieraufhin an ihrer ablehnenden Haltung fest. Die mit dem Widerspruch angeführte Rechtsprechung des BSG sei dort bekannt. Auch stimme man mit der Klägerin darin überein, dass hier deren letzte Tätigkeit als Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit diene. Insoweit sei die Feststellung eines vorliegenden Restleistungsvermögens für die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 31. März 2009 für die Beklagte auch nicht maßgebend gewesen. Ein Anspruch auf Krankengeld setze dabei u.a. voraus, dass eine Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig mache, wobei diesbezügliche Feststellungen des MDK für die Beklagte verbindlich seien. Vorliegend sei der MDK schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich im vorliegenden Sachverhalt um einen Arbeitsplatzkonflikt handele. Der MDK habe keine weitere Begründung mehr für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit gesehen, da keine akute Erkrankung mehr vorgelegen habe, die Arbeitsunfähigkeit verursache. Nachdem die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten anschließend ihren Widerspruch ausdrücklich aufrechterhielt, wies die Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2009 durch ihre hierfür zuständige Widerspruchsstelle als unbegründet zurück.

Die Beklagte führte aus, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und 41 SGB V) behandelt würden. Nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der Rechtsprechung liege Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten könne. Wegen des Zwecks des Krankengeldes, das den vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Lebensstandard des Versicherten sichern solle, komme als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht. Darunter sei die unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung zu verstehen. Die Rechtsprechung stelle darauf ab, ob die Versicherten, die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen könnten. Unter Beachtung dieser Grundsätze sei ein Anspruch auf Krankengeld nicht gegeben, wenn die Arbeitsunfähigkeit ausschließlich durch die psychosoziale Situation (Mobbing) am Arbeitsplatz begründet werde. Wäre die Arbeitsunfähigkeit an diesem Tatbestand zu bemessen, so wäre der Versicherte so lange als arbeitsunfähig anzusehen, wie sich an der Situation am Arbeitsplatz nichts ändere. Dies könnte im Extremfall bedeuten, dass eine Krankenkasse Krankengeld bis zur Leistungsunterbrechung zahlen müsste, obwohl der Versicherte seinen Beruf aus medizinischer Sicht in einem anderen Umfeld, z.B. in einer anderen Abteilung oder bei einem anderen Arbeitgeber, ausüben könne. Dies könne nicht im Interesse der Versichertengemeinschaft sein. Es widerspreche dem Sinn des Krankengeldes, wenn nur aufgrund der psychosozialen Situation am Arbeitsplatz weiterhin von Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden müsste, obwohl der Versicherte seinen Beruf aus medizinischer Sicht in einem anderen Umfeld ausüben könnte, ohne sich der Gefahr auszusetzen, seinen Zustand zu verschlimmern. Die Gründe, die zur Bestimmung von Arbeitsunfähigkeit herangezogen würden, könnten daher nur in der Person des Versicherten liegen. Ursachen, die von außen - und somit von der Krankenkasse nicht beeinflussbar seien - auf den wieder genesenen Versicherten einwirken und mittelbar dazu beitragen würden, dass eine Arbeitsaufnahme nur auf die Gefahr hin, den Zustand zu verschlimmern, erfolgen könnte, könnten das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit somit nicht bewirken, denn aus medizinischer Sicht sei der Versicherte nicht mehr krank, vielmehr bestünden nur noch Mängel am Arbeitsplatz. Von letzterem sei auf der Grundlage der für die Beklagte verbindlichen Feststellungen des MDK auszugehen. Ohne Berücksichtigung der Situation am Arbeitsplatz könnte die Klägerin ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

Die Klägerin hat sodann am 16. Oktober 2009 Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der sie an der Gewährung von Krankengeld, ursprünglich über den 31. März 2009 hinaus, festhält, wobei sich die Klägerin bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis zuvor bereits zum 1. April 2009 arbeitslos gemeldet und dann ab 1. April 2009 auch Arbeitslosengeld bezogen hatte. Gleichzeitig war dann das Arbeitsverhältnis im Weiteren gekündigt worden, wogegen die Klägerin beim für sie zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hatte, aufgrund derer dann am 7. August 2009 beim Arbeitsgericht in G-Stadt. ein später nicht widerrufener Widerrufsvergleich geschlossen worden war, ausweislich dessen sich die Parteien des arbeitsgerichtlichen Vergleichs darüber einig waren, dass das zwischen ihnen bestandene Arbeitsverhältnis durch ordentliche, arbeitgeberseitige, personenbedingte Kündigung vom 2. Juli 2009 fristgerecht mit dem 31. Oktober 2009 sein Ende finden sollte, wobei ausweislich einer in den beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit B-Stadt enthaltenen Arbeitsbescheinigung die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist auch eingehalten worden war, sodass die der Klägerin insoweit zugestandene Abfindung nur für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von brutto 7.000,00 EUR im Weiteren dann auch nicht zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs geführt hatte. Eine Zahlung weiteren Arbeitsentgeltes war darüber hinaus nicht erfolgt, wobei arbeitsamtsärztlich unter dem 23. April 2009 sogar davon ausgegangen worden war, dass die Klägerin auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Tätigkeit als Hauswirtschafterin in einem Seniorenwohnheim nicht mehr würde nachgehen können.

Zur Begründung ihrer Klage verweist die Klägerin im Weiteren auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren, aber auch auf letzteres. Im Übrigen widerspreche die Auffassung der Beklagten, dass die hergebrachten Grundsätze der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf den zuletzt ausgeübten Beruf nicht gelten würden, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch die psychosoziale Situation u. a. in Form von Mobbing am Arbeitsplatz hervorgerufen sei, der gefestigten Rechtsprechung des BSG. Die entsprechende Auffassung der Beklagten finde weder im Gesetz noch in der Literatur irgendeine Stütze.

Nachdem die Beklagte an ihrer ablehnenden Haltung festgehalten hat, hat das Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass, wenn die "psychosoziale" Situation am Arbeitsplatz "krank mache", dies selbstverständlich auch Arbeitsunfähigkeit bedingen könne, da auch insoweit, wie bei jeder anderen Erkrankung, nicht auf deren Ursache abzustellen sei. Gleichzeitig hat das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die die Klägerin betreffenden Akten des Versorgungsamtes B-Stadt, der Leistungsabteilung der Agentur für Arbeit, der Deutschen Rentenversicherung Hessen und des MDK sowie des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit beigezogen; darüber hinaus Befundberichte und Krankenunterlagen des Hausarztes der Klägerin, C. und der Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. H. und Dr. med. I., wobei die beigezogenen Befundberichte und Krankenunterlagen den Beteiligten zur Auswertung zur Verfügung gestanden haben.

Weiterhin beigezogen hat das Gericht bei der Beklagten dann auch noch ein Vorerkrankungsverzeichnis, das Arbeitsunfähigkeit aus Anlass einer akuten Belastungsreaktion erstmals für die Zeit vom 19. Februar 2004 bis 20. Februar 2004 ausweist, eine depressive Episode dann vom 16. September 2005 bis 23. September 2005 und schließlich eine entsprechende Erkrankungsreaktion auf schwere Belastung erstmals wieder ab 6. Mai 2008.

Die Beiziehung der vorgenannten Befundberichte und weiteren Krankenunterlagen hat das Gericht sodann zum Anlass genommen, zum Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit auf Seiten der Klägerin über den 31. März 2009 hinaus ein schriftliches psychiatrisches-psychosomatisches Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben, das Dr. med. J. nach ambulanter klinischer Untersuchung der Klägerin unter dem 24. Januar 2011 erstellt hat, wobei Dr. med. J. in seiner zusammenfassenden Beurteilung ausführt, dass den Untersuchungsergebnissen und den aktenkundigen Befunden nach davon ausgegangen werden könne, dass Arbeitsunfähigkeit über den 31. März 2009 hinaus weiterhin bestanden habe. Den festgestellten Leiden und Beeinträchtigungen nach hätten auch über den 31. März 2009 hinaus keine Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit bzw. keine ausreichenden Fähigkeitsmerkmale zum situationsgerechten Denken und Handeln bei unterschiedlichen körperlichen, psychischen und sozialen Belastungen im Arbeitsprozess und deren Flexibilität für eine vollschichtige Tätigkeit bestanden. Es müsse allerdings festgehalten werden, dass sich ab Anfang 2009 doch nach und nach insgesamt eine deutliche Besserung eingestellt habe, wobei auf der Grundlage der beigezogenen Krankenunterlagen und Befundberichte auch der behandelnden Psychiater mit hoher Wahrscheinlichkeit ab 1. Juni 2009 davon ausgegangen werden könne, dass wieder volle geistig-seelische Belastbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden habe, zumindest für leichte, vollschichtige Tätigkeiten.

Auf Vorhalt der Prozessbevollmächtigten der Klägerin führt Dr. med. J. unter dem 12. März 2011 schriftlich ergänzend hierzu dann weiter aus, dass auch seiner Auffassung nach auf der Grundlage der ärztlichen Bewertungen, der weiteren aktenkundigen Befunde und seinen eigenen Untersuchungsergebnissen trotz der von Dr. med. H. geschilderten Verbesserungen auf Seiten der Klägerin über den 31. März 2009 hinaus durchaus noch eine Verunsicherung der Persönlichkeit vorgelegen habe, weshalb er die Klägerin auch nicht für in der Lage befunden habe, als Hauswirtschafterin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zum 31. Mai 2009 Tätigkeiten zu verrichten. Ab dem 1. Juni 2009 wäre es der Klägerin mit den skizzierten Besserungen und Stabilisierungen aber möglich gewesen, sowohl als Hauswirtschafterin, als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu werden.

Wegen des weiteren Inhaltes des gerichtlichen Sachverständigengutachtens vom 24. Januar 2011 und der ersten ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2011 wird Bezug genommen auf Blatt 126 bis Blatt 163 und Blatt 174 bis Blatt 177 der Gerichtsakte.

Die ergänzende Stellungnahme vom 12. März 2011 hat das Gericht sodann zum Anlass genommen, den gerichtlichen Sachverständigen von Amts wegen unter dem 17. März 2011 darauf hinzuweisen, dass es letztlich eine Rechtsfrage sei, nach welcher Tätigkeit sich die Arbeitsunfähigkeit im hier streitigen Zeitraum beurteile. Insoweit bleibe derzeit auch ausdrücklich dahingestellt, ob dies mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin tatsächlich die letzte konkrete Beschäftigung sei, also der zuletzt innegehabte konkrete Arbeitsplatz. Um dies dann aber auch und gerade im Rahmen der Begutachtung noch offen zu lassen, seien ebenfalls die Beweisfragen "offen gehalten" und entsprechend unterteilt worden, wobei sich die Beweisfrage 4a) und die Beweisfrage 6) eben auch und gerade konkret auf die letzte Tätigkeit der Klägerin bezogen hätten und damit im Ergebnis darauf, ob die Klägerin – unabhängig von einer tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses – unter den Bedingungen ihres alten Arbeitsplatzes weiterhin, ggf. wie lange arbeitsunfähig gewesen sei oder nicht. Zumindest wenn man der Auffassung der Klägerin folge, dass allein dies für die Beurteilung des hier streitigen Krankengeldanspruchs rechtlich maßgeblich sei, da die Arbeitsunfähigkeit ja noch im laufenden Arbeitsverhältnis eingetreten sei, könne der Rechtsstreit nicht ohne Beantwortung auch dieser Fragen entschieden werden.

In seiner insoweit unter dem 25. März 2011 gefertigten schriftlichen zweiten ergänzenden Stellungnahme führt Dr. med. J. hierauf u.a. aus, dass die Erkrankung der Klägerin am 6. Mai 2008 konkret vollschichtig in der letzten Tätigkeit als Hauswirtschafterin zu Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Unter den Bedingungen des alten Arbeitsplatzes hätte dabei für die letzte Tätigkeit als Hauswirtschafterin auch weiterhin vollschichtige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Diese habe unter den Bedingungen des alten Arbeitsplatzes dann auch über den 31. März 2009 hinaus durchgehend für 78 Wochen seit dem 6. Mai 2008 angedauert. Der Klägerin wäre es nicht zumutbar gewesen, unter den konflikthaften Bedingungen des Arbeitsplatzes und ihrer selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung wieder an den alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Dies wäre unweigerlich verbunden gewesen mit einer erneuten psychosomatischen Dekompensation, wobei Dr. med. J. im Gutachten vom 24. Januar 2011 strukturdiagnostisch von einer selbstunsicheren, ängstlich-meidenden Persönlichkeitsstörung bei traumatischer Biographie der Klägerin ausgegangen ist und Symptomdiagnosen in Form einer depressiv-narzistischen Dekompensation mit Gewichtsabnahme auf 41 kg bei beruflichen und privaten Konflikten 2007 bis 2009 sowie einer Agoraphobie mit Panikstörung im selben Zeitraum.

Wegen des weiteren Inhaltes der zweiten ergänzenden Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen wird Bezug genommen auf Blatt 188 bis Blatt 190 der Gerichtsakte.

Nachdem die Klägerin sich zumindest durch die zweite ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen bestätigt sieht, hat die Beklagte eine weitere, nach Aktenlage für den MDK gefertigte Stellungnahme der Frau Dr. med. K. vom 20. April 2011 vorgelegt, in der diese zusammenfassend ausführt, dass aus sozialmedizinischer Sicht entsprechend den zuvor erstellten MDK-Gutachten und im Ergebnis auf der Grundlage der Ausführungen des Dr. med. J. von Arbeitsunfähigkeit auf Dauer für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit am konkreten Arbeitsplatz wegen der realen Gefahr der erneuten depressiven Dekompensation bei Arbeitsaufnahme auszugehen gewesen sei. Für eine ähnliche Tätigkeit als Hauswirtschafterin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne eine solche Stressbelastung wie am letzten Arbeitsplatz und für andere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe aber mit Dr. med. J. über den 31. Mai 2009 hinaus entsprechend den Ausführungen des Dr. med. J., die nachvollziehbar seien, keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen.

Nachdem die Beklagte anschließend dennoch und auch insgesamt über den 31. März 2009 an ihrer ablehnenden Haltung festgehalten hat, hat das Gericht unter dem 5. Mai 2011 um Mitteilung gebeten, warum der Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Oktober 2009 angedauert habe, nicht zumindest für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bzw. für 78 Wochen, gerechnet ab dem 6. Mai 2008, anerkannt werde.

Mit Eingang am 7. Juni 2011 hat die Beklagte hierzu ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. med. J. sowie des hierzu erstellten MDK-Gutachtens der Frau Dr. med. K. Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger bis 31. Mai 2009 anerkannt werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter hierzu klargestellt, dass die Beklagte im Rahmen eines Teilanerkenntnisses bereit sei, der Klägerin Krankengeld in gesetzlichem Umfang unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger über den 31. März 2009 hinaus auch noch für die Zeit bis zum 31. Mai 2009 zu gewähren.

Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2011 angenommen, im Übrigen an der Gewährung von Krankengeld darüber hinaus aber auch noch für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Oktober 2009 festgehalten.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus Krankengeld im gesetzlichen Umfang unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger auch noch für den Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis 31. Oktober 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält über das von ihr abgegebene und von der Klägerin angenommene Anerkenntnis hinaus an den angefochtenen Bescheiden fest. Spätestens ab 1. Juni 2009 habe die Klägerin mit dem gerichtlichen Sachverständigen und Frau Dr. med. K. zumindest auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch wieder als Hauswirtschafterin arbeiten können. Hierauf sei allein abzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, deren jeweils wesentlicher, den vorliegenden Rechtsstreit betreffender Inhalt wie der der beigezogenen weiteren o. a. Befundberichte und Unterlagen gleichfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhoben worden (§§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Dabei ist die Klage allein als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage und nicht als reine Anfechtungsklage zulässig, da es sich bei der Bewilligung von Krankengeld nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Dies mit der Folge, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden nicht um eine "Einstellung/Beendigung" bzw. Aufhebung der Gewährung von Krankengeld nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Verwaltungsverfahren (SGB X) z.B. wegen einer wesentlichen Änderung nach § 48 SGB X handelt, sondern um die Ablehnung einer Weitergewährung von Krankengeld, hier mit den angefochtenen Bescheiden zunächst über den 31. März 2009 hinaus, die allein mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegangen werden kann, wobei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung erhalten, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit "wegen derselben Krankheit" bzw. bei durchgehend vorliegender Arbeitsunfähigkeit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des erstmaligen Beginns der maßgeblichen Arbeitsunfähigkeit, also seitens der Klägerin - bei unterstellter durchgehender Arbeitsunfähigkeit auf Seiten der Klägerin seit dem 6. Mai 2008 und einem hier maßgeblichen Beginn des sogenannten Drei-Jahres-Zeitraums am 19. Februar 2007 - unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger und unter Anrechnung der Ruhenszeiträume aufgrund der Gewährung von Entgeltfortzahlung und der Gewährung von Übergangsgeld hier auch noch bis 3. November 2009, dies wiederum begrenzt durch die antragsweise Geltendmachung allein bis 31. Oktober 2009, nachdem die Klägerin zumindest mit dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2009 das Vorliegen von Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt akzeptiert hat.

Gleichzeitig wird vom Streitgegenstand dann aber auch insgesamt noch allein der Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis 31. Oktober 2009 erfasst, nachdem die Beklagte für die Zeit vom 1. April 2009 bis 31. Mai 2009 einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Krankengeld im Verlauf des Klageverfahrens unter Berücksichtigung möglicher Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger i.S.v. § 101 Abs. 1 SGG anerkannt und die Klägerin dieses Teilanerkenntnis angenommen hat, was den Rechtsstreit zumindest für den vorgenannten Zeitraum gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt hat.

Der Beginn des hier maßgeblichen - zweiten - Drei-Jahres-Zeitraums am 19. Februar 2007 resultiert sodann daraus, dass die Klägerin nach dem von der Beklagten vorgelegten Vorerkrankungsverzeichnis erstmals am 19. Februar 2004 wegen einer akuten Belastungsreaktion arbeitsunfähig erkrankt ist, der erste Drei-Jahres-Zeitraum mit Anspruch auf Krankengeld auf der Grundlage dieser Erkrankung für die Dauer von 78 Wochen somit vom 19. Februar 2004 bis 18. Februar 2007 lief, der zweite Drei-Jahres-Zeitraum, in den dann am 6. Mai 2008 der Beginn der hier streitigen Arbeitsunfähigkeit wiederum als Reaktion auf eine schwere Belastung gefallen ist, also vom 19. Februar 2007 bis 18. Februar 2010, ohne dass die Klägerin seit Beginn dieses zweiten Drei-Jahres-Zeitraumes vor dem 6. Mai 2008 bereits wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen wäre.

Die Klage ist im verbliebenen streitigen Umfang auch insgesamt begründet. Die angefochtenen Bescheide sind über das angenommene Anerkenntnis hinaus rechtswidrig und insoweit aufzuheben. Der Klägerin ist Krankengeld im ausgeurteilten Umfang insoweit über die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2009 hinaus auch noch für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. Oktober 2009 zu gewähren, da auch in dieser Zeit auf Seiten der Klägerin und dem gerichtlichen Sachverständigen, aber letztlich auch mit Frau Dr. med. K. für den MDK wegen der bei der Klägerin vorliegenden psychischen Erkrankungen noch Arbeitsunfähigkeit im Rechtssinne und insoweit nach § 44 SGB V vorlag, was den Anspruch bereits für sich begründet. Dabei ist als Beurteilungsmaßstab mit der Klägerin und entgegen der Ansicht der Beklagten, nachdem die Arbeitsunfähigkeit noch im laufenden Arbeitsverhältnis eingetreten ist und das Arbeitsverhältnis erst am 31. Oktober 2009 geendet hat, allein auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit in dieser letzten konkreten Tätigkeit abzustellen. In Fallgestaltungen der vorliegenden Art gilt dies selbst dann, wenn der Versicherte zumindest als gelernter Facharbeiter bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis, aber auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während laufender Arbeitsunfähigkeit seine bisherige Facharbeitertätigkeit dauerhaft nicht mehr ausüben und auch ansonsten nicht auf von ihrer Wertigkeit her zumindest ähnlich gelagerte Tätigkeiten verwiesen werden könnte.

Zum Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit sei insoweit zunächst weiter ausgeführt, dass allein die ärztliche Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit in einem Rechtsstreit über die Gewährung von Krankengeld keine Beweiserleichterung bewirkt, wenn der MDK die Arbeitsfähigkeit des Versicherten bejaht. Zwar ist mit dem BSG (Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 18/04 R) dem sozialgerichtlichen Verfahren eine subjektive Beweisführungslast fremd, dennoch können einen der Beteiligten nach den hier stattdessen geltenden Grundsätzen über die objektive Beweislast gleichwohl nachteilige Folgen daraus treffen, dass das Gericht eine bestimmte Tatsache nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht feststellen kann. Insoweit gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen. Bezogen auf den hier streitigen, aus § 44 SGB V hergeleiteten Krankengeldanspruch bedeutet dies mit dem BSG (wie vor), dass ein Versicherter regelmäßig kein Krankengeld beanspruchen kann, wenn sich mit den zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht nachweisen lässt, dass er aus Krankheitsgründen nicht in der Lage gewesen ist, seine Arbeit zu verrichten. Dieser Grundsatz greift dabei gerade typischerweise in den Fällen, in denen die Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt auf der einen Seite und durch den MDK auf der anderen Seite voneinander abweichen, wobei Krankenkassen und Gerichte an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden sind. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt vielmehr lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldanspruch zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet (vgl. BSG wie vor).

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich dabei aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis.

Letzteres ist bei Personen, die im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit arbeitslos sind und z.B. Arbeitslosengeld beziehen oder noch bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe nach dem Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) bezogen haben, deren Versicherung in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA), wobei innerhalb der o.a. KVdA Berufsschutz in der Regel keine Rolle mehr spielt (vgl. hierzu auch SG Kassel, Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2007, S 12 KR 300/05 mzN unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG) und Arbeitslosen eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar ist, wenn das daraus erzielbare Nettoarbeitsentgelt unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger wäre als die Leistungen der Arbeitsverwaltung (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 22. März 2005, B 1 KR 22/04 R mzwN). Maßstab für die Beurteilung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten in der KVdA sind - auch bereits in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit – insoweit alle Beschäftigungen, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R).

Insoweit ist die Versicherung aufgrund einer früheren Beschäftigung für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit mit dem BSG also dann ohne Bedeutung, wenn die zur behaupteten Arbeitsunfähigkeit führende Leistungseinschränkung erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Bezuges der genannten Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Bundesagentur für Arbeit eingetreten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R mzwN).

Dagegen bleibt die zuletzt ausgeübte bzw. zumindest eine gleichartige Tätigkeit nach dem Verlust des Arbeitsplatzes - ausnahmsweise - dann für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit maßgebend, wenn der Versicherte wegen derselben Krankheit bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis im Krankengeldbezug stand. Der Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ergibt sich in diesen Fällen dann auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses trotz Leistungsbezugs der Bundesagentur für Arbeit noch aus der Mitgliedschaft des Versicherten aufgrund seiner früheren versicherungspflichtigen Beschäftigung, wobei die spätere Arbeitslosmeldung hierauf keinen Einfluss hat, da die Zuerkennung eines Anspruchs auf Krankengeld den Anspruch auf Arbeitslosengeld zum Ruhen bringt.

Wenn im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit das letzte Arbeitsverhältnis bereits gekündigt und dann im weiteren Verlauf auch tatsächlich einvernehmlich zum Kündigungszeitpunkt beendet wird, wozu neben einem geschlossenen Vergleich bzw. Aufhebungsvertrag auch die Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer gehören oder das Arbeitsverhältnis von vornherein befristet war, entfällt zu diesem Kündigungszeitpunkt die bisherige konkrete Tätigkeit als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit aber wieder. Letzteres deshalb, weil z.B. mit einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder auch im Anschluss an das Auslaufen der Befristung, für die Zeit ab dieser Beendigung kein durch Krankheit verursachter Lohn- bzw. Gehaltsverlust im eigentlichen Sinne mehr eintritt, so dass auch in einer solchen Fallgestaltung für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit nicht mehr auf die bisherige konkrete Tätigkeit beim letzten Arbeitgeber abzustellen wäre, sondern auf eine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, also auf sämtliche der Arbeitsfähigkeit entsprechenden bzw. zumindest vergleichbaren Beschäftigungen, soweit allgemeine oder persönliche Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 4. April 2006).

Mit letzterem korrespondiert wiederum, dass in den Fallkonstellationen, in denen der Arbeitnehmer nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle aufgibt, sich der rechtliche Maßstab bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit insofern ohnehin ändert, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2001, B 1 KR 30/00 R). Der Versicherte darf dann auf gleiche oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei der Kreis der Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann.

Dieselben Bedingungen gelten bei angelernten und erst Recht bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten dann aber auch und gerade deshalb größer ist, weil die Verweisung zumindest in diesen Fällen nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist, ohne dass es dabei dann aber auch wiederum zumindest in den Fällen, in denen wie hier eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt wird, der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf. Hier reicht vielmehr unter den o.a. Bedingungen eine allgemeine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aus.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit bleibt jedoch auch in diesen Fallkonstellationen nach wie vor unerheblich, ob der Versicherte sich arbeitslos meldet und sein Einverständnis mit einer Vermittlung in einen anderen Beruf erklärt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 8. Februar 2000, B 1 KR 11/99 R).

Abzustellen ist nach den vorstehenden Ausführungen, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst zum 31. Oktober 2009 beendet worden ist, hier also zumindest bis 31. Oktober 2009 auf die zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit der Klägerin.

D.h., der hier maßgebliche Bezugspunkt für die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin ist allein nach dem Umfang ihres Versicherungsschutzes im zuletzt bei Entstehung ihres Krankengeldanspruchs im Mai 2008 bestandenen Versicherungsverhältnis zu beurteilen. Allein dieses bildet den Maßstab der Arbeitsunfähigkeit, so dass sich diese wiederum daran orientiert, welche konkreten Pflichten der Versicherte bei Arbeitsfähigkeit hat, und damit auch, welche bei Nichterfüllbarkeit aus gesundheitlichen Gründen die Arbeitsunfähigkeit begründen (vgl. hierzu, jeweils mzwN. ausführlich Brandts in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 44, Rdnrn. 32ff und Meyerhoff in jurisPK-SGB V, § 44 SGB V, Rdnrn. 26.1, 32ff, 35ff, 38, 39 sowie neben der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer, vgl. z.B. SG Kassel, Urteil vom 7. Januar 2009, S 12 KR 135/09, statt vieler z.B. BSG, Urteil vom 14. Februar 2001, B 1 KR 30/00 R; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. März 2006, L 16 KR 242/04; SG Aachen, Urteil vom 4. März 2008, S 13 KR 66/07; SG Kassel, Beschluss vom 26. Mai 2008, S 6 KR 119/08 ER; SG Würzburg, Urteil vom 10. November 2009, S 6 KR 14/09).

Wer die insoweit maßgebliche Tätigkeit nach Inhalt und/oder Umfang aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht voll verrichten kann, ist also unabhängig von seinem Restleistungsvermögen arbeitsunfähig. Derjenige, der durch Krankheit seine arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Arbeit nicht mehr verrichten kann, ist auch bei Dauerleiden - somit arbeitsunfähig.

Arbeitsunfähigkeit im vorgenannten Sinne ist während eines laufenden Arbeitsverhältnisses damit gleichzeitig erst dann beendet, wenn der Versicherte die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit wieder ausüben kann. Eine Verweisung über das Arbeitsverhältnis hinaus bleibt ausgeschlossen, weil die Lohnersatzfunktion des Krankengeldes anderenfalls gefährdet wäre und den Versicherten im Rahmen der Krankengeldgewährung nicht zugemutet wird, den bisherigen Arbeitsplatz aufzugeben.

Selbst bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit im Sinne einer vollen Erwerbsminderung ohne Aussicht auf Besserung sowohl in der konkreten beruflichen Tätigkeit als auch insgesamt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbliebe einer Krankenkasse unter Verweis auf die entsprechende Mitwirkungspflichten allein die Möglichkeit, den Versicherten zur Stellung eines Rentenantrages oder zumindest eines Antrages auf Gewährung medizinischer Rehabilitationsleistungen aufzufordern. Tut sie dies nicht oder kommt der Versicherte trotz entsprechender Belehrung seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, ohne dass die Krankenkasse hieraus in ihrem Ermessen stehende rechtliche Konsequenzen zieht, muss sie auch weiterhin Krankengeld gewähren.

Insoweit kann sich eine Krankenkasse am Gesetz vorbei auch nicht darauf zurückziehen, dass ein Anspruch auf Krankengeld bei Mobbing nicht gegeben sei. Diese Auffassung findet weder im Gesetz noch in der arbeitsrechtlichen und auch nicht in der krankenversicherungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur eine Stütze finde. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall: Wenn ein Versicherter wegen einer Krankheit arbeitsunfähig ist, begründet dies einen Anspruch auf Krankengeld, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit auslösende Krankheit ausschließlich durch die psychosoziale Situation (Mobbing) am Arbeitsplatz begründet wird. Löst nämlich (allein) das Mobbing eine seelische Erkrankung aus und führt diese zu Arbeitsunfähigkeit, so sind damit die Voraussetzungen zur Gewährung von Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch erfüllt. Dies letztlich auch und gerade deshalb, weil es für den Krankengeldanspruch mit dem o.a. Hinweis des Gerichts - von der hier nicht vorliegenden Fallgestaltung selbstverschuldeter Krankheit im Sinne von § 52 SGB V abgesehen - nicht von Bedeutung ist, wer oder was bei bestehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit diese verursacht oder verschuldet hat oder ob Dritte - z.B. der Arbeitgeber - durch Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten die Ursachen und damit gegebenenfalls die Arbeitsunfähigkeit selbst beseitigen könnten (konkret zur Arbeitsunfähigkeit bei Mobbing vgl. jeweils wie vor Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. März 2006; SG Aachen, Urteil vom 4. März 2008; SG Kassel, Beschluss vom 26. Mai 2008; SG Kassel, Urteil vom 7. Januar 2009; SG Würzburg, Urteil vom 10. November 2009).

Davon, dass bei der Klägerin mit den o.a. nachvollziehbaren, die Kammer überzeugenden Ausführungen des Dr. med. J. dann auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Oktober 2009 zunächst unabhängig von der konkreten Arbeitsplatzsituation ein seelisches Krankheitsbild vorgelegen hat und bis heute in wechselnder Ausprägung auch nach wie vor vorliegt, das dann wiederum zumindest zusammen mit der hier maßgeblichen Arbeitsplatzsituation im verbliebenen streitigen Zeitraum auch Arbeitsunfähigkeit bedingt hat, sei es nun auf der Grundlage objektiver vorliegender oder auf der Grundlage zumindest krankheitsbedingt nicht überwindbarer subjektiver Umstände, geht zuletzt dann aber für den MDK auch Frau Dr. med. K. aus.

Insoweit bestehen für die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, die entsprechenden Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen, der sich ausführlich mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin auseinandergesetzt hat, auf der Grundlage der o.a. rechtlichen Vorgaben in Zweifel zu ziehen. Die Ausführungen des Sachverständigen sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Auch wenn der Sachverständige seine Ausführungen dabei zumindest für die Zeit ab 1. Juni 2009 zunächst noch in Abkehr von den ausdrücklich offen gehaltenen Beweisfragen des Gerichts an der fehlerhaften rechtlichen Würdigung der Beklagten orientiert und die Beweisfragen insoweit nur unvollständig beantwortet hat, hat er dies in seiner zweiten o.a. ergänzenden Stellungnahme dann nachvollziehbar korrigiert und der Kammer auch insoweit überhaupt erst eine nach allen Seiten offene, allein der Kammer obliegende, umfassende rechtliche Wertung erlaubt. Die medizinische Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen wird bei alledem mit nachvollziehbarer und für das Gericht einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet und steht auch im Einklang mit den beigezogenen Befundunterlagen des behandelnden Hausarztes der Klägerin und der diese mitbehandelnden Psychiater und Psychotherapeuten. Die Ausführungen der Beklagten vermögen sodann schon deswegen nicht zu überzeugen, weil sie sich bereits an einer falschen rechtlichen Wertung des hier streitigen Anspruchs orientieren und insoweit die Rechtsvoraussetzungen der Gewährung von Krankengeld im laufenden Arbeitsverhältnis verkennen, was u.a. nicht zuletzt die Reduzierung des Krankheitsbildes der Klägerin auf einen reinen Arbeitsplatzkonflikt mehr als deutlich macht.

Dabei vermag sich die Beklagte auch nicht rechtlich durchgreifend auf die im Vorfeld der Klageerhebung eingeholten Stellungnahmen des MDK zu stützen. Nicht nur, dass insoweit entgegen den Rechtsvoraussetzungen des streitigen Anspruchs und entgegen § 275 SGB V die Empfehlung der Frau Dr. med. E. in ihrem Gutachten vom 5. März 2009 einer Arztanfrage an Dr. med. H. ausdrücklich missachtet worden ist, Frau Dr. med. E. zumindest zum damaligen Begutachtungszeitpunkt noch von Arbeitsunfähigkeit auch in der konkreten Berufstätigkeit für unbestimmte Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeht und der angefochtene Bescheid dann dennoch eine gegenteilige Auffassung des MDK suggeriert, wobei auch die im Widerspruchsverfahren eingeholte weitere Stellungnahme der vorgenannten Ärztin dann letztlich zu keinem anderen Ergebnis gelangt; die dann anschließend an den MDK noch gerichtete, mit "ja" oder "nein" zu beantwortende weitere Anfrage, auf der die Stellungnahme von Frau Dr. med. F. beruht, erweist sich darüber hinaus letztlich auf der Grundlage der von Anfang an rechtlich fehlerhaften Würdigung der Beklagten als im Sinne der Beklagten und deren insoweit erfolgter Reduzierung des Krankheitsgeschehens der Klägerin auf einen reinen Arbeitsplatzkonflikt als ergebnisorientiert.

Auch wenn bei alledem dann auch nach Auffassung der Kammer nicht jeder Arbeitsplatzkonflikt zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führt, bleibt dann gleichzeitig, was die Beklagte ignoriert, aber doch und zumindest immer zu berücksichtigen, welche tiefergehenden, intrapsychischen Konflikte Arbeitshindernisse darstellen und auch und gerade die Steuerungsfähigkeiten eines Versicherten behindern können, wobei mit den für die Kammer nachvollziehbar überzeugenden o.a. Ausführungen des Dr. med. J. die weiteren o.a. Ausführungen des MDK in dessen im Vorfeld der Klageerhebung gefertigten Stellungnahmen zumindest die im Ergebnis für eine sozialmedizinische Beurteilung unabdingbar erforderliche Gesamtbetrachtung nicht zuletzt aus neurologisch-psychiatrischer sowie psychotherapeutischer Sicht außer Acht lassen bzw. zumindest allenfalls ansatzweise berücksichtigen und insoweit trotz der von Dr. med. J. eindrucksvoll geschilderten Lebens- und Leidensgeschichte der Klägerin deren Krankheitserlebnis eben zu Unrecht allein auf eine Kränkung im Rahmen eines Arbeitsplatzkonfliktes reduzieren. Ob eine Krankenkasse nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (vgl. Urteil vom 18. Oktober 2007, L 8 KR 228/06) dabei Gefahr liefe, sich dem Vorwurf einer zumindest fahrlässig verursachten Beweisvereitelung auszusetzen, wenn sie bei psychiatrischen Krankheitsbildern auf der Grundlage der Komplexität solcher Krankheitsbilder nur allgemein allein sozialmedizinische Gutachten des MDK erstellen lässt, weil gerade bei einem psychiatrischen Krankheitsbild zur Beurteilung der Frage der Arbeitsfähigkeit eine insbesondere auch ambulante klinische persönliche fachpsychiatrische/psychosomatisch/psychotherapeutische Begutachtung regelmäßig als notwendig angesehen werde, da es - anders als bei verschiedenen körperlichen Erkrankungen - in solchen Fällen kaum messbare Befunde gebe und die Beurteilung der Leistungsfähigkeit deshalb in besonderem Maße auf dem persönlichen Eindruck des Arztes beruhe, ein solches Unterlassen der gebotenen zeitnahen Aufklärung des maßgeblichen medizinischen Sachverhalts eine Benachteiligung des Versicherten in seiner prozessualen Situation zur Folge habe, weil ein Versicherter das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit nur durch die entsprechenden Bescheinigungen der behandelnden Ärzte nachweisen könne, mögliche Zweifel an den ärztlich getroffenen Feststellungen, die sich insbesondere durch Zeitablauf ergeben könnten, weil den behandelnden Ärzten bei einer späteren Befragung durch das Gericht die frische Erinnerung an den Patienten fehle und die dokumentierten Befunde unzureichend sein könnten, mit der Folge, dass zumindest in einem Fall, in dem die Krankenkasse die ihr obliegenden Pflichten zur Sachverhaltsaufklärung nicht oder unzureichend erfülle, dies nicht zu Lasten des Versicherten gehen dürfe und den Betroffenen in solchen Fällen deshalb Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zukämen, kann hier dahingestellt bleiben. Letzteres unabhängig davon, dass selbst das Hessische Landessozialgericht mit der vorgenannten Entscheidung derartige prozessuale Konsequenzen erst gar nicht selbst gezogen hat und mit seinen vorgenannten, noch nicht einmal als "obiter dictum" zu wertenden Ausführungen letztlich auch von der o.a. Rechtsprechung des BSG abweicht und im Übrigen für seine Auffassung allein im Leistungserbringungsrecht ergangene Rechtsprechung des BSG für sich in Anspruch nimmt, der wiederum gesonderte vertragliche Beziehungen der Beteiligten untereinander zugrunde lagen, die die vorliegend zu beachtende Rechtssymptomatik unberührt lassen.

Der Klage war nach alledem jedenfalls bereits aus den o.a. Gründen heraus insgesamt stattzugeben.

Letzteres auch unabhängig davon, ob die Klägerin der Beklagten durchgehend bis zum 31. Oktober 2009 weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Februar 2010, L 8 KR 35/08), da die Klägerin hier nach Auffassung der Kammer entweder (1.) alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare getan hat, um ihre Ansprüche zu wahren, sie (2.) daran dann aber auch durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert war, hier durch die Fehlbeurteilung der rechtlichen Voraussetzungen von Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte selbst sowie auch die des MDK selbst, und sie (3.) - zusätzlich - ihre Rechte bei der Krankenkasse aber auch unverzüglich geltend gemacht hat. Insoweit hat bereits das BSG einen Krankengeldanspruch nicht an einer fehlender Arbeitsunfähigkeitsmeldung scheitern lassen, wenn dies - wie hier - auf der unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Maßstabs für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse beruhte (vgl. BSGE 85, 271, 277f. = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4).

Die Kostenentscheidung beruht, auch unter Zugrundelegung des Teilanerkenntnisses der Beklagten, als einheitlicher Kostenentscheidung auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Der Entscheidung über eine Zulassung der Berufung bedurfte es, nachdem bereits der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 Euro übersteigt.
Rechtskraft
Aus
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