L 3 AL 120/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 31 AL 246/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 120/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit

1. Die Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II ist ein subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher
Vertrag im Sinne von §§ 53 ff. SGB X.
2. Der Wegfall der Hilfebedürftigkeit stellt eine wesentliche Änderung dar, der die Anpassung oder Kündigung
einer Eingliederungsvereinbarung rechtfertigt.
3. § 59 SGB X findet keine Anwendung, wenn eine Rechtsänderungen direkt in einen bestehenden Vertrag
eingreift. Die Anhebung der Altersgrenze in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zum 1. Juli 2006 stellte keine solche
Rechtsänderung dar.
3. Die Darlehensregelung des § 16 Abs. 4 SGB II ist im Sinne einer teleologischen Reduktion restriktiv als
subsidiäre Regelung zu begreifen, die nur dann zum tragen kommt, wenn kein Anspruch gegenüber einem
anderen Leistungsträger auf die begehrte zuschussweise Förderung besteht.
4. Nach einer Kündigung einer Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II durch die zuständige SGB
II-Behörde kann ein Anspruch auf zuschussweise Weiterförderung der Eingliederungsmaßnahme gemäß §§
77 ff. SGB III gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bestehen.
5. Als leistungsbegründendes Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist regelmäßig das
Ereignis angesehen, das als zuletzt eintretendes Ereignis den Leistungsfall auslöst. Bei Leistungen der
aktiven Arbeitsförderungen ist dies in der Regel das Ereignis, das erst den unmittelbaren Leistungsfall auslöst
und den Anfall der Kosten bewirkt, die die Agentur für Arbeit übernehmen soll. Bei einem Anspruch auf
Übernahme der Weiterbildungskosten ist der Antritt der Weiterbildungsmaßnahme das bedarfsauslösendes
Ereignis.
6. Zum Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III.
7. Die von der SGB II-Behörde vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung getroffene
Prognoseentscheidung in Bezug auf die Notwendigkeit der Weiterbildung wird nach der Kündigung der
Eingliederungsvereinbarung im Falle eines Zuständigkeitswechsels der Bundesagentur für Arbeit zugerechnet.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 verurteilt, an den Kläger für die Kosten seiner Weiterbildung zum CNC-Fräser vom 1. Oktober 2006 bis 21. Dezember 2006 einen Betrag in Höhe von 2.408,64 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

III. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die beklagte Bundesagentur für Arbeit oder den beigeladenen Landkreis als zugelassenen kommunaler Träger nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) einen Anspruch auf Tragung der Weiterbildungskosten in Form eines Zuschusses ab dem 1. Oktober 2006 für eine vom 24. April 2006 bis zum 21. Dezember 2006 dauernde Bildungsmaßnahme hat. Der Kläger hatte diese Maßnahme aufgrund einer Eingliederungsvereinbarung, die von der Vorgängerin des beigeladenen Landkreises wegen des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit gekündigt wurde, begonnen.

Der am 1986 geborene, ledige Kläger, wohnte im Jahr 2006 in der Wohnung seiner Eltern. Er verfügt über einen Realschulabschluss und absolvierte von September 2002 bis Januar 2006 eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker der Fachrichtung Formbau. In der Zeit von Februar 2002 bis März 2004 nahm er am Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft e. V. an den Lehrgängen "Grundlagen der Steuerungstechnik", "Grundlagen Schweißen Autogen/MAG mit Erwerb des Schweißerpaß", "Grundlagen der Wärmebehandlung von Stahl" und "Grundlagen der CNC-Bearbeitung" teil. Zum Wehrdienst wurde er nicht herangezogen.

Die Agentur für Arbeit K bewilligte dem Kläger, der seit 18. Januar 2006 arbeitslos war, mit Bescheid vom 20. Januar 2006 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. Januar 2006 bis zum 16. Januar 2007. Daneben bewilligte der Landkreis K , der zugelassener kommunaler Träger war, dem Kläger als Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 2. Februar 2006 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 24. Januar 2006 bis zum 31. Juli 2006. Hierzu erging unter dem 21. März 2007 ein Änderungsbescheid, mit dem die Leistungsbeträge erhöht wurden.

Bereits vor dem Beginn seiner Arbeitslosigkeit bewarb sich der Kläger bei Betrieben. Vom 13. Februar 2006 bis zum 28. Februar 2006 nahm der Kläger an einer vom Landratsamt K geförderten Trainingsmaßnahme in einem Maschinenbaubetrieb teil; er übte die Tätigkeit eines Zerspaners aus. Nach einem Erstgespräch am 6. April 2006 mit dem zuständigen Fallmanager schlossen das Landratsamt K und der Kläger am 16. Mai 2006 eine Eingliederungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich der Kläger unter anderem zur Teilnahme an der Bildungsmaßnahme "CNC-Fachkraft" vom 24. April 2006 bis 21. Dezember 2006. Das Landratsamt verpflichtete sich "zum Angebot von Leistungen zur Förderung der Weiterbildung gem. §§ 77 ff., insbesondere" "zur Übernahme der für die Bildungsmaßnahme von Herrn S entstehenden Kosten (Lehrgangskosten einschließlich notwendiger Prüfungsgebühren) in Höhe von 4.825,60 Euro". Die Entscheidung erfolge aufgrund des bisherigen schulischen und beruflichen Werdeganges des Klägers und werde zur Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt als notwendig erachtet. Ferner wurden dem Kläger "Fahrtkosten zur Bildungsstätte in Höhe von 19,20 EUR je Weiterbildungstag gemäß § 81 SGB III auf Nachweis für den jeweils abgelaufenen Monat" gewährt. Die maximale Förderhöhe für Fahrkosten zur Weiterbildungsmaßnahmen liege bei 260,00 EUR im Monat. Die Vereinbarung wurde für die Zeit vom Beginn des Ausbildungsverhältnisses am 24. April.2006 bis zum Ende der Weiterbildung am 21. Dezember 2006 geschlossen. Nebenabreden wurden nicht getroffen. Maßnahme und Maßnahmeträger waren zertifiziert.

Der Kläger schloss die Maßnahme erfolgreich ab und wurde sodann im ehemaligen Praktikumsbetrieb übernommen.

Am 1. Juli 2006 trat das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) in Kraft. Durch Artikel 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa dieses Gesetzes wurde die Regelung in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, die die Zugehörigkeit von unter anderem im Haushalt lebenden Eltern oder Elternteilen zur Bedarfsgemeinschaft des Hilfebedürftigen zum Gegenstand hat, dahingehend geändert, dass an die Stelle des minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen Kindes als Bezugsperson das unverheiratete erwerbsfähige Kind, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, trat. Dies hatte für den Kläger zur Folge, dass nunmehr seine Eltern seiner Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wurden.

Den Antrag auf Arbeitslosengeld II vom 8. August 2006 lehnte das Landratsamt K mit Bescheid vom 11. August 2006 ab. Nach dem beigefügten Berechnungsbogen überstieg das anzurechnende Einkommen der drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft deren Bedarf. Der Kläger legte hiergegen keinen Widerspruch ein.

In der Folge verwies das Landratsamt K den Kläger wegen der entfallenen Hilfebedürftigkeit auf die Beklagte als seines Erachtens nunmehr zuständige Behörde und bot zugleich mündlich den Abschluss eines Darlehens auf der Grundlage von § 16 Abs. 4 SGB II an. Am 11. September 2006 beantragte der Kläger beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az.: S 3 AS 1523/06 ER) mit dem Ziel, weiterhin Leistungen auf Grund der Eingliederungsvereinbarung zu erhalten. Mit Schreiben vom 19. September 2006 kündigte das Landratsamt K die Eingliederungsvereinbarung mit Wirkung vom 30. September 2006, da die Hilfebedürftigkeit des Klägers zum 1. August 2006 entfallen sei. Den mit weiterem Schreiben vom 19. September 2006 angebotenen Darlehensvertrag gemäß § 16 Abs. 4 SGB II schlossen der Kläger und das Landratsamt K am 9. November 2006. Damit fand zugleich das Eilverfahren seinen Abschluss.

Bereits am 13. September 2006 hatte der Kläger bei der Agentur für Arbeit K die Gewährung laufender Leistungen zur Förderung der Weiterbildung gemäß § 77 SGB III beantragt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 abgelehnt. Der Wegfall der Hilfebedürftigkeit habe nicht zur Folge, dass die Zuständigkeit vom Landkreis K auf die Agentur für Arbeit übergegangen sei, sondern dass die Möglichkeit einer Darlehensgewährung nach § 16 Abs. 4 SGB II bestehe. Selbst wenn von der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit auszugehen sei, sei eine Förderung nicht möglich, weil die von Gesetzes wegen vorgeschrieben Beratung vor Beginn der Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme nicht erfolgt sei.

Der Kläger hat gegen den am 2. Februar 2007 abgesandten Widerspruchsbescheid am 5. März 2007 Klage erhoben (Az. S 31 AL 246/07). Bereits am 17. Oktober 2007 hatte er Klage gegen den Landkreis K (Az. S 3 AS 1818/06) erhoben mit dem Begehren, ihm über den 30. September 2006 hinaus die Leistungen aus der Eingliederungsvereinbarung zu gewähren. Das letztgenannte Verfahren ist mit Beschluss vom 8. Oktober 2009 ausgesetzt worden.

Zum 1. August 2008 ist das Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen (Sächsisches Kreisgebietsneugliederungsgesetz – SächsKrGebNG) vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 102]) in Kraft getreten. Dies hatte unter anderem die Auflösung sämtlicher bisheriger Landkreise (vgl. § 2 Abs. 1 SächsKrGebNG) und die Neubildung des Landkreises B , dem unter anderem alle Gemeinden des bisherigen Landkreises K angehören (vgl. § 3 Nr. 5 SächsKrGebNG), zur Folge. Der neue Landkreis Bautzen ist Rechts- und Funktionsnachfolger unter anderem des Landkreises K (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 SächsKrGebNG).

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 7. April 2009 den Landkreis B zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 6. Mai 2009 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Beigeladene ungeachtet der Kündigung vom 19. September 2006 weiterhin verpflichtet sei, auch für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 21. Dezember 2006 aus der am 10. Mai 2006 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung die Weiterbildungskosten für die Bildungsmaßnahme CNC-Fachkraft als Zuschuss zu übernehmen. Es hat ausgeführt, dass der Beigeladene in einer Feststellungsklage habe verurteilt werden können. Bei der Eingliederungsvereinbarung handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X. Diese Vereinbarung sei nicht nichtig. Auch habe sie weder angepasst noch gekündigt werden können. Denn eine Anpassung sei nur möglich, wenn sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ergebe. Nach Auffassung des Sozialgerichtes finde § 16 Abs. 4 SGB II aber in Fällen wie der vorliegenden Art keine Anwendung, wenn die Maßnahme unmittelbar darauf gerichtet sei, die Hilfebedürftigkeit des Leistungsempfängers zu beenden. Außerdem beruhe der Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers auf einer Rechtsänderung. Griffen aber Rechtsänderungen direkt in die bestehenden Verträge ein, handele es sich nicht um einen Anwendungsfall des § 59 SGB X, sondern um die Frage der Rückwirkung von Gesetzen. Schließlich habe das Landratsamt K die Kündigung auch nicht aussprechen können, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

Der Beigeladene hat gegen das ihm am 3. Juni 2009 zugestellte Urteil am 30. Juni 2009 Berufung eingelegt. Er rügt, dass die Voraussetzungen zu seiner Verurteilung als Beigeladenen nicht vorgelegen hätten. Zudem sei die Kündigung rechtmäßig gewesen. Durch den Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Obwohl das Gesetz vom 24. März 2006 zum Zeitpunkt, als die Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen worden sei, schon vorgelegen habe, habe nicht mit dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit gerechnet werden können. Die Kündigung sei auch im Hinblick auf das Gemeinwohl zulässig. Denn eine Weiterfinanzierung solle gemäß § 16 Abs. 4 SGB II nur in Form eines Darlehens erfolgen, wodurch die Gemeinschaft der Steuerzahler nicht unnötig belastet werden soll.

Der Beigeladene beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 aufzuheben.

Der Kläger beantragt,

1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Hilfsweise: Der Bescheid der Beklagten vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kosten für die Weiterbildung des Klägers zum CNC-Fräser für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 21. Dezember 2006 in Höhe 2.408,64 EUR zu übernehmen. 3. Hilfsweise: Die Beklagte wird zur Neubescheidung des Antrags des Klägers vom 13. September 2006 auf Übernahme der Weiterbildungskoten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes verpflichtet.

Er vertritt die Auffassung, dass der Beigeladene habe verurteilt werden können. In der Sache trägt er vor, dass die Sitzungsvertreter der beiden Leistungsträger vor dem Sozialgericht mitgeteilt hätten, dass man selbstverständlich nicht davon ausgehe, dass der Kläger persönlich die Kosten der Weiterbildung zu tragen habe. Es sei allerdings unklar, wer für die Zeit ab 1. Oktober 2006 zuständig sei. Dass Leistungen an Arbeitgeber oder Maßnahmeträger auch nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit weitergezahlt werden müsste, sei aus der Geschäftsanweisung 12/2007 zu ersehen. Ein Anspruch gegenüber dem Beigeladenen ergebe sich zudem aus der Eingliederungsvereinbarung. Diese sei nicht wirksam gekündigt worden, denn der Beigeladene habe "sehenden Auges" hinsichtlich des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit die Eingliederungsvereinbarung geschlossen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Beigeladenen zurückzuweisen, 2. hilfsweise: die Hilfsanträge des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die Verurteilung des Beigeladenen für zutreffend und erachtet den angefochtenen Ablehnungsbescheid als rechtmäßig. Zur Bestätigung ihrer Rechtsauffassung verweist sie auf die Fachlichen Hinweise "SGB II – Arbeitshilfe, Förderung der beruflichen Weiterbildung (Stand September 2009)".

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen, die Akten des Sozialgerichtes Dresden zu den Verfahren Az. S 3 AS 1423/06 ER und S 3 AS 1818/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass der Beigeladene auch nach dem 1. Oktober 2006 verpflichtet ist, die Weiterbildungskosten des Klägers für die Bildungsmaßnahme CNC-Fachkraft auf Grund der Eingliederungsvereinbarung als Zuschuss zu übernehmen. Der Kläger hat vielmehr seit diesem Zeitpunkt einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Weiterbildungskosten.

1. Eine Verurteilung des beigeladenen Landkreises auf Leistungen aus der Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 setzt zunächst voraus, dass die Eingliederungsvereinbarung wirksam geschlossen worden ist und kein Nichtigkeitsgrund vorliegt oder die Eingliederungsvereinbarung später, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers, ihre Wirkung verloren hat.

a) Rechtsgrundlage für eine Eingliederungsvereinbarung im Geltungsbereich des SGB II ist § 15 SGB II. Diese Eingliederungsvereinbarung ist nach herrschender Auffassung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von §§ 53 ff. SGB X (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Juni 2008 – L 3 AS 39/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 42, m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007 – L 7 AS 689/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 21, m. w. N.; Bay. LSG, Urteil vom 17. März 2006 – L 7 AS 118/05 – JURIS-Dokument Rdnr. 20, m. w. N.; Hess. LSG, Beschluss vom 17. Oktober 2008 – L 7 AS 251/08 B ER, L 7 AS 252/08 B ER, L 7 AS 253/08 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 43, m. w. N.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Oktober 2009 – L 12 AS 12/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.; Berlit, in: Münder [Hrsg.], SGB II [3. Aufl., 2009], § 15 Rdnr. 8, m. w. N.; Fuchsloch, in: Gagel, SGB II/SGB III [40. Erg.-Lfg., November 2010], § 15 SGB II Rdnr. 21; Lahne, in: Hohm [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum SGB II [Stand: 19. Erg.-Lfg, März 2011], § 15 Rdnr. 11; Löns, in: Löns/Terold-Tews, SGB II [2. Aufl., 2009], § 15 Rdnr. 5, m. w. N.; Müller, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: 35. Erg.-Lfg, Dezember 2010], § 15 Rdnr. 11; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [1. Aufl., 2005], § 15 Rdnr. 2; Sauer, in: Sauer [Hrsg.], SGB II Grundsicherung für Arbeitsuchende [2011], § 15 Rdnr. 6; Sonnhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [2. Aufl., 2007], § 15 Rdnr. 22; Zahn, in: Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe – Teil I – Sozialgesetzbuch II [Stand: 17. Erg.-Lfg., Januar 2011], § 15 Rdnr. 5. Abweichend Stark, in: Estelmann [Hrsg.], SGB II [Stand: 25. Erg.-Lfg., März 2011], § 15 Rdnr. 30: öffentlich-rechtlicher Teilvertrag oder öffentlich-rechtliche Zusatzvereinbarung).

Demgegenüber qualifiziert Spellbrink die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II als "hoheitliches (normsetzendes) Handeln in lediglich pseudokonsensueller Form" (vgl. Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52 [54]) oder als "normersetzende öffentlich-rechtliche Handlungsform sui generis" (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 15 Rdnr. 10). Soweit er für seine Auffassung darauf hinweist, dass der Gesetzgeber an keiner Stelle der Materialien des SGB II zu erkennen gegeben habe, dass er davon ausgehe, die Eingliederungsvereinbarung solle ein öffentlich rechtlicher Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X sein (vgl. Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52 [55], sowie in: Eicher/Spellbrink, a. a. O.), ist dieser Hinweis zutreffend. Ebenso wenig lassen sich allerdings in den Gesetzesmaterialien Belege dafür finden, dass der Gesetzgeber im SGB II eine Abkehr von den zwei klassische Formen des Verwaltungshandlens im öffentlichen Recht, dem Verwaltungsakt und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, vollziehen wollte. Im Hinblick darauf, dass beide Handlungsformen seit Jahrzehnten in verschiedenen Verwaltungsverfahrensgesetzen mit Inhalt und Konturen versehen worden sind, lässt sich allein mit dem Hinweis auf ein neues Regelungs- oder Gesetzesmodell (vgl. Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52 [53]) oder auf die "moderne" Gesetzgebungstechnik (vgl. Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52 [54]) nicht begründen, dass mit der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II eine neue, weitere Handlungsform geschaffen werden sollte. Zudem weist Spellbrink zutreffend auf den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes hin (vgl. Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52 [55]). Dieser gebietet es, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85BVerfGE 84, 212 [226] = JURIS-Dokument Rdnr. 40, m. w. N; BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3/90BVerfGE 101, 1 [34] = JURIS-Dokument Rdnr. 125, m. w. N.). Wesentliche regelungsbedürftige Punkte in Bezug auf eine öffentlich-rechtliche Handlungsform sind unter anderem deren Wirksamkeitsvoraussetzungen, die Fragen hinsichtlich einer Abänderungs- und Aufhebungsmöglichkeit sowie Fragen hinsichtlich des Rechtsschutzes für den Betroffenen. Es ist mithin nicht "vorrangige dogmatische Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit der nächsten Jahre", im Bereich der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II "auf die neue Konzeption des Gesetzgebers eine neue, adäquate Antwort zu geben, die im Wesentlichen in der Realisierung von möglichst umfassender Kontrolle des PAP [persönlichen Ansprechpartners] oder case managers besteht" (so aber Spellbrink, a. a. O.). Vielmehr ist es im System der verfassungsrechtlich verankerten Gewaltenteilung dem Gesetzgeber vorbehalten, alle wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Handlungselementes selbst zu treffen. Dies aber ist im SGB II gerade nicht geschehen (vgl. auch die weiteren eingehenden kritischen Anmerkungen von Sonnhoff, a. a. O., § 15 Rdnr. 24 ff., zur Auffassung von Spellbrink).

Das Bundessozialgericht hat bislang nicht zu der Frage, wie die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II zu qualifizieren ist, Stellung bezogen (a. A. Sonnhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [2. Aufl., 2007, Aktualisierung vom 24. August 2010], § 15 Rdnr. 23a). Zwar betraf das Urteil vom 22. September 2009 (Az. B 4 AS 13/09 RSozR 4-4200 § 15 Nr. 1 = BSGE 104, 185 ff.) die Vorschrift des § 15 SGB II. Streitig war aber, ob ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger gegenüber dem Grundsicherungsträger einen Rechtsanspruch auf Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung oder auf Verhandlungen hierüber hat. Über den Rechtscharakter der Eingliederungsvereinbarung war nicht zu befinden.

Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II ist ein subordinationsrechtlicher Vertrag (vgl. Sächs. LSG, a. a. O., m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, a. a. O.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; Berlit, a. a. O.; Fuchsloch, a. a. O., § 15 SGB II Rdnr. 21; Müller, a. a. O.; Sonnhoff, a. a. O., § 15 Rdnr. 31. A. A. [Austauschvertrag]: Hess. LSG, a. a. O.).

b) Da das SGB II keine Regelungen zum Zustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung enthält, gelten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch, vorliegend insbesondere die über den öffentlich-rechtlichen Vertrag in den §§ 53 bis 61 SGB X. Gemäß § 61 Satz 2 SGB X gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend.

Die für einen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien (vgl. § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 145 ff. BGB), hier des Klägers und des Beigeladenen, liegen vor. Auch wurde dem Schriftformerfordernis nach § 56 SGB X bei der Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 genügt.

Es liegen auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Eingliederungsvereinbarung nicht wirksam vereinbart worden wäre. Zwar hätte der Lehrgang auch auf der Grundlage von § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 77 ff. SGB III durch einen Bildungsgutschein gefördert werden können. Das SGB II enthält jedoch keine Regelung, die es der Verwaltung untersagen würde, die Weiterbildung auch durch eine Eingliederungsvereinbarung zu fördern.

c) Die Eingliederungsvereinbarung ist auch nicht nichtig im Sinne von § 58 SGB X. Nichtigkeitsgründe nach dem BGB (vgl. §§ 105, 116, 117, 118, 125, 134, 138, § 142 i. V. m. §§ 119, 120, 122 BGB) sind nicht zu erkennen. Auch sind die Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 Nr. 1 SGB X nicht erfüllt, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig ist, wenn ein Verwaltungsakt mit einem entsprechenden Inhalt nichtig wäre. Die Förderung des Klägers im Zusammenhang mit der von ihm besuchten Maßnahme hätte auch durch einen Bildungsgutschin nach § 16 SGB II i. V. m. § 77 ff. SGB III erfolgen können.

Der Umstand, dass eine Fördervoraussetzung, nämlich die Hilfebedürftigkeit des Klägers, im Nachhinein weggefallen ist, führt nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern nur zur Möglichkeit der Vertragsanpassung oder Kündigung. Dies wird auch durch § 16 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung und der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Nachfolgereglung in § 16g Abs. 1 SGB II deutlich, wo für diesen Fall die Fortführung der Förderung auf Darlehensbasis an Stelle des bisherigen Zuschusses vorgesehen ist.

2. Der beigeladene Landkreis konnte die Eingliederungsvereinbarung kündigen.

a) Die Anpassung und Kündigung ist in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 59 SGB X geregelt. Wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Darüber hinaus kann die Behörde gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 SGB X den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist (vgl. § 59 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Sie soll begründet werden (vgl. § 59 Abs. Satz 2 SGB X).

b) Den formellen Anforderungen an eine Kündigung hat der Beigeladene entsprochen. Eine Kündigungsfrist, vergleichbar einer Frist für die Rücknahme oder Aufhebung eines Verwaltungsaktes in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X oder § 48 Abs. 4 SGB X, gibt es nicht.

c) Seit Abschluss des Vertrages ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers ist entfallen, was sich aus dem Berechnungsbogen zum Ablehnungsbescheid vom 11. August 2006 ergibt und zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Die am 1. Juli 2006 in Kraft getretene Neufassung von § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II war auf den Kläger anwendbar, weil der Leistungsantrag vom 8. August 2011 einen Bewilligungszeitraum betraf, der nicht vor dem 1. Juli 2006 begann (vgl. § 68 Abs. 1 SGB II). Damit war der Kläger nicht mehr leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dies wiederum hat zur Folge, dass er in Angelegenheiten des Arbeitsförderungsrechts nunmehr wieder dem Regime des SGB III und der Zuständigkeit der beklagten Bundesagentur für Arbeit unterfiel, soweit nicht ausnahmsweise auf Grund besonderer Regelungen die Anwendbarkeit des SGB II und damit die Zuständigkeit des beigeladenen Landkreises fortbesteht.

d) Die Kündigung konnte ausgesprochen werden, weil die Eingliederungsvereinbarung Regelungen enthielt, die zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse noch nicht erledigt waren (vgl. Sonnhoff, a. a. o., § 15 Rdnr. 134). Dies gilt zum einen für die vereinbarte Fahrkostenübernahme bis zum Abschluss der Maßnahme, zum anderen aber auch für die Maßnahmekosten. Der Beigeladene hatte zwar Zahlungen an den Maßnahmeträger ge-eistet, zu denen er auf der Grundlage der Vereinbarung zur Förderung der beruflichen Weiterbildung vom 21. April 2006 verpflichtet war. Nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers stornierte er jedoch diese Zahlungen, wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Korrespondenz ergibt. Diese Maßnahmekosten hatte sodann der Kläger selbst zu tragen.

e) Der Kündigungserklärung des Beigeladenen kann nicht, wie es das Sozialgericht vertreten hat, entgegengehalten werden, dass § 59 SGB X keine Anwendung finde, wenn Rechtsänderungen direkt in die bestehenden Verträge eingriffen (vgl. Engelmann, in: von Wulffen, SGB X [7. Aufl., 2010], § 59 Rdnr. 7). Dann handle es sich lediglich um eine Frage der Rückwirkung von Gesetzen. Denn ein solcher unmittelbarer Eingriff in die Eingliederungsvereinbarung ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr bewirkte die Änderung von § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zunächst nur, dass der Bedarfsgemeinschaft des Klägers auch die Eltern, in deren Haushalt er lebte, zugerechnet wurden. Damit war gemäß § 9 Abs. 2 SGB II auch deren Einkommen bei der Leistungsberechnung mit zu berücksichtigen. Erst dadurch, dass unter Berücksichtigung des Einkommens aller drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach Maßgabe des SGB II der Bedarf jeden einzelnen Mitgliedes als gedeckt galt, entfiel die Hilfebedürftigkeit des Klägers. Und erst dadurch trat eine wesentliche Veränderung im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein. Die Regelung in Artikel 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006, die die Änderung von § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zum Gegenstand hatte, wirkte sich mithin nur mittelbar auf die Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 aus. Wenn die Einkommensverhältnisse der Eltern geringer gewesen wären und die Hilfebedürftigkeit des Klägers dem Grunde nach fortbestanden hätte, wäre das Änderungsgesetze vom 24. März 2006 ohne jegliche Bedeutung für die vom Kläger absolvierte Weiterbildungsmaßnahme geblieben.

f) Die Kündigung der Eingliederungsvereinbarung ist möglicherweise dann nicht zulässig, wenn die vereinbarte Maßnahme zur Eingliederung in den (ersten) Arbeitsmarkt dienen soll (zum Beispiel bei einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme). Dies muss hier aber nicht weiter erörtert werden, weil diese Konstellation hier nicht gegeben ist. Vielmehr handelt es sich bei dem vom Kläger besuchten Lehrgang um eine Weiterbildungsmaßnahme, die seine beruflichen Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern sollte. Dies wird zum einen dadurch bestätigt, dass unter Ziffer II Nr. 1 der Eingliederungsvereinbarung zum Bewerberprofil des Klägers unter anderem festgehalten ist, dass er zwar Grundkenntnisse im CNC-Fräsen in der Berufsschule erwerben konnte, dass dies in der Ausbildung aber zu kurz gekommen sei. Zum anderen wird selbst im berufenet der Bundesagentur für Arbeit für den Beruf des Werkzeugmechanikers, den der Kläger erlernt hat, angegeben, dass zu den Kompetenzen, die für die Ausübung dieses Berufs bedeutsam sein können, CNC-Kenntnisse und CNC-Programmieren zählen.

g) Der Beigeladene hat auch berücksichtigt, dass bei einer wesentlichen Änderung der maßgebenden Verhältnisse gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Anpassung des Vertragsinhaltes den Vorrang vor der Kündigung hat (vgl. hierzu: Engelmann, a. a. O., § 59 Rdnr. 8; Diering, in: Diering/Timme/Waschull [Hrsg.], Sozialgesetzbuch X [3. Aufl., 2011], § 59 Rdnr. 9). In dem Angebot an den Kläger, nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers die Weiterbildungsmaßnahme darlehensweise zu fördern, ist konkludent das Angebot zur Vertragsanpassung enthalten. Nachdem der Kläger dieses Angebot nicht annahm, war der Beigeladene berechtigt, die Kündigung der Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 auszusprechen.

Eine Anpassung des Vertragsinhaltes ist nicht nachträglich dadurch erfolgt, dass der Kläger doch noch einen Darlehensvertrag mit dem Beigeladenen abgeschlossen hat. Denn diese Darlehensgewährung war, worüber sich die beiden Vertragsparteien einig waren, nur als Übergangslösung gedacht, bis abschließend zur Frage entschieden ist, ob und gegebenenfalls gegen wen der Kläger einen Anspruch hat, die Weiterbildungskosten auch nach dem Wegfall seiner Hilfebedürftigkeit in Form eines Zuschusses zu erhalten.

h) Der Kündigung kann schließlich auch nicht, wie die Klägerbevollmächtigte meint, entgegen gehalten werden, dass der beigeladene Landkreis "sehenden Auges" hinsichtlich des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit die Eingliederungsvereinbarung geschlossen hat. Dem darin enthaltenen Vorwurf treuwidrigen Verhaltens fehlt die Grundlage. Zwar war das Änderungsgesetz, das letztlich zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers führte, zum Zeitpunkt, als die Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen wurde, bereits verkündet. Dem Landkreis war damit die anstehende Rechtsänderung bekannt oder konnte zumindest bekannt sein. Für den Landkreis war aber nicht zu erkennen, ob die Hilfebedürftigkeit des Klägers mit dem Inkrafttreten des Gesetzes entfallen würde, weil die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Klägers bislang keine Rolle spielten. Außerdem hätten sich bis zu diesem Zeitpunkt noch leistungsrechtlich relevante Änderungen ergeben können.

3. Die wirksame Kündigung der Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 durch den Beigeladenen hat zur Folge, dass der Kläger ihm gegenüber keinen Anspruch mehr auf Übernahme der mit der Weiterbildungsmaßnahme verbundenen Kosten in Form eines Zuschusses hat. Dem Kläger verbleiben nur zwei mögliche Ansprüche: ein Anspruch gegen den Beigeladenen auf Gewährung eines Darlehens (a) und ein möglicher Anspruch gegen einen anderen Leistungsträger, hier die Beklagte, auf Übernahme der Weiterbildungskosten (b).

a) Gemäß § 16 Abs. 4 SGB II in der hier maßgebenden, bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung konnte, wenn die Hilfebedürftigkeit des Erwerbsfähigen während einer Maßnahme zur Eingliederung nach den § 16 Abs. 1 bis 3 SGB II entfiel, sie durch Dar-lehen weiter gefördert werden, wenn dies wirtschaftlich erschien und der Erwerbsfähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich abschließen würde. Eine solche darlehensweise Weiterförderung hat der Kläger erhalten. Er begehrt allerdings nicht eine Förderung durch ein Darlehen, sondern durch einen Zuschuss.

b) Der Kläger ist in Folge des Wegfalls seiner Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II hinsichtlich der Förderfähigkeit seiner Weiterbildungsmaßnahme in eine Situation geraten, die zur Überzeugung des Senates so nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt war.

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Regelung in § 16 Abs. 4 SGB II das Ziel, einem Erwerbsfähigen die Fortsetzung der Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme zu ermöglichen, wenn die Hilfebedürftigkeit inzwischen entfallen ist (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 54). Diese Regelungsabsicht wird in der Folgeregelung des § 16g Abs. 1 SGB II weiter verfolgt (vgl. BT-Drs. 16/10810, S. 49). Gleichzeitig aber sollten nach dem Willen des Gesetzgebers einerseits alle wesentlichen Eingliederungsleistungen des SGB III den Beziehern von Arbeitslosengeld II zur Verfügung stehen und andererseits die Leistungen nach dem SGB III den Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, offen stehen (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 54). Übertragen auf den Kläger bedeutet die zuletzt beschriebene Regelungsabsicht, dass er bei einer fortbestehenden Hilfebedürftigkeit ungeschmälert einen Anspruch auf die vereinbarte Übernahme der Weiterbildungskosten durch den Beigeladenen gehabt hätte. Wäre der Kläger hingegen von Anfang an nicht hilfebedürftig gewesen und hätte die Beklagte als zuständige Leistungsträgerin nach dem SGB III ihm die Weiterbildung in Form eines Bildungsgutscheines bewilligt, wäre bei einer weiterhin fehlenden Hilfebedürftigkeit die Förderung auf der Grundlage des SGB III bis zum Ende der Maßnahme fortzuführen gewesen. In beiden Fällen wären die Leistungen in Form von Zuschüssen zu zahlen gewesen. Lediglich der Umstand, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers entfallen ist, führt nach dem Gesetzeswortlaut dazu, dass der Kläger allenfalls noch einen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens hat. Da das Darlehen im Gegensatz zum Zuschuss zurückzuzahlen ist, wird der Kläger im Ergebnis darauf verwiesen, die nach dem Zeitpunkt des Wegfalles seiner Hilfebedürftigkeit noch offenen Weiterbildungskosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Dies ist aber mit der Absicht des Gesetzgebers nicht vereinbar, jedem Erwerbsfähigen unabhängig von seiner Hilfebedürftigkeit die wesent-lichen Eingliederungsleistungen des SGB III und damit die Finanzierung über den jeweiligen Leistungsträger zugute kommen zu lassen.

Der erkennende Senat hält es deshalb auf Grund dieser Diskrepanzen entsprechend einem in der Kommentarliteratur (vgl. z. B. Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 16 Rdnr. 248 f., m. w. N.; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: 30. Erg.-Lfg, April 2010], § 16 Rdnr. 454) vertretenen Ansatz für geboten, die Regelung des § 16 Abs. 4 SGB II im Sinne einer teleologischen Reduktion restriktiv zu verstehen. Die Darlehensregelung des § 16 Abs. 4 SGB II ist als subsidiäre Regelung zu begreifen, die nur dann zum tragen kommt, wenn kein Anspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger auf die begehrte zuschussweise Förderung besteht.

Ausgehend hiervon hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf weitere Förderung nach Maßgabe der §§ 77 ff. SGB III.

Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Einem solchen Anspruch des Klägers kann allerdings der formale Einwand entgegengehalten werden, dass der Antrag nicht gemäß § 323 Abs. 1, § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt worden ist. Dieser Einwand kann nicht mit der Begründung entkräftet werden, dass das leistungsbegründende Ereignis in diesem Sinne nicht der Beginn der Maßnahme, sondern der Eintritt der grundsätzlichen Förderfähigkeit in Folge des Wegfalles der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II ist (so angedeutet von Eicher, a. a. O.). Denn als leistungsbegründendes Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III wird regelmäßig das Ereignis angesehen, das als zuletzt eintretendes Ereignis den Leistungsfall auslöst (vgl. Stratmann, in: Niesel, SGB III [5. Aufl., 2010], § 324 Rdnr. 5; Leitherer, in: Eicher/Schlegel, a. a. O., § 324 Rdnr. 27). Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderungen ist dies in der Regel das Ereignis, das erst den unmittelbaren Leistungsfall auslöst und den Anfall der Kosten bewirkt, die die Agentur für Arbeit übernehmen soll (vgl. Stratmann, a. a. O.). Übertragen auf den Fall des Klägers bedeutet dies, dass der Leistungsbedarf in der Übernahme der Weiterbildungskosten besteht. Bedarfsauslösendes Ereignis war der Antritt der Weiterbildungsmaßnahme. Der Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinne von § 9 SGB II hat diesen Leistungsbedarf nicht ausgelöst, sondern lediglich die Leistungsträgerschaft verschoben. Wenn entsprechend der üblichen Handhabung auch im vorliegenden Zusammenhang auf den Antritt der Weiterbildungsmaßnahme als leistungsbegründendes Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III abgestellt wird, wird zugleich berücksichtigt, dass nach dem in § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III enthaltenen Konzept die Agentur für Arbeit die Förderfähigkeit der Weiterbildung vor deren Beginn prüfen soll.

Nach Auffassung des erkennenden Senates liegt jedoch in der vorliegenden Konstellation eine unbillige Härte im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III vor. Dem Kläger war es wegen seiner ursprünglich bestehenden Hilfebedürftigkeit nicht möglich, mit Aussicht auf Erfolg vor Antritt der Maßnahme einen Förderungsantrag bei der Beklagten zu stellen. Im Gegenzug war auch eine Beratung und Prüfung durch die Beklagte vor dem Maßnahmebeginn nicht möglich, weil der Kläger wegen seiner Hilfebedürftigkeit nicht in den personellen Anwendungsbereich des SGB II fiel. Die mit § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III konnten deshalb im Falle des Klägers nicht erreicht werden.

Das Ermessen, das gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Beklagten eingeräumt ist, ist in dieser Sachverhaltskonstellation auf Null reduziert.

Die in § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III geforderte vorherige Beratung durch die Beklagte ist nicht mehr möglich, wenn – wie hier – die Maßnahme bereits begonnen hat. Allerdings dient dieses Erfordernis nur der Kontrolle durch die Beklagte, um insbesondere den sinnvollen Einsatz ihrer Mittel zu steuern (vgl. B. Schmidt, in: Eicher/Schlegel, SGB III [Stand: 103. Erg.Lfg., April 2011], § 77 Rdnr. 49; Stratmann, a. a. O., § 77 Rdnr. 17). Diesem vom Gesetzgeber beabsichtigten Kontrollzweck ist in Fällen, in denen die Beklagte zur Restförderung der Weiterbildungsmaßnahme nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Erwerbsfähigen in Anspruch genommen wird, aber bereits dadurch genügt, dass die nach dem SGB II zuständige Behörde eine entsprechende Beratung vor der Bewilligung der Weiterbildungsförderung durchgeführt hat. Eine solche Beratung führte der beigeladene SGB II-Leistungsträger vorliegend durch.

Die Voraussetzungen aus § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in Bezug auf die Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger sind erfüllt. Dies wurde bereits durch den Beigeladenen geprüft. Schließlich setzt die Förderung einer Weiterbildungsmaßnahme durch die Beklagte voraus, dass sie zur Notwendigkeit der Weiterbildung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III) eine Prognoseentscheidung tritt (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R – JURIS Dokument Rdnr. 23 ff.; B. Schmidt, a. a. O., § 77 Rdnr. 34 ff.; Stratmann, a. a. O., § 77 Rdnr. 8 ff.). Eine solche Prognose hat die Beklagte noch nicht angestellt. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Prognoseentscheidung vor dem Beginn der Weiterbildungsmaßnahme kann die Beklagte aber auch nicht mehr anstellen, wenn – wie vorliegend – ihre Zuständigkeit erst begründet wird, wenn die Maßnahme bereits begonnen hat. Da nach den vorstehenden Ausführungen demjenigen, der eine nach dem SGB III oder dem SGB II geförderte Weiterbildungsmaßnahme begonnen hat, nicht daraus ein Nachteil in Bezug auf die Förderung in Form eines Zuschusses entstehen soll, dass er wegen wesentlicher Änderungen in den Verhältnissen von einem Leistungssystem kraft Gesetzes in das andere verwiesen wird, ist in dieser Konstellation die Beklagte von einer Prognoseentscheidung entbunden. Ihr wird grundsätzlich die Prognoseentscheidung, die die nach dem SGB II zuständige Behörde zuvor getroffen hat, zugerechnet.

Ob ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, wenn die von der nach dem SGB II zuständigen Behörde getroffene Prognoseentscheidung an erheblichen Mängeln leidet, und ob in diesem Fall eine Zurechnung der Prognoseentscheidung an die Beklagte dem Grunde nach entfällt oder sie nur berechtigt ist, sich nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften (z. B. §§ 45 und 48 SGB X) von der Leistungspflicht zu lösen, bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterung. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Prognose, die der Eingliederungsvereinbarung vom 16. Mai 2006 zugrunde liegt, an solchen erheblichen Mängeln leidet. Auch die Beklagte hat insoweit lediglich formal darauf abgestellt, dass sie selbst noch keine Prognoseentscheidung getroffen hat.

Auch wenn sämtliche in § 77 Abs. 1 SGB III aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, steht die Förderung der beruflichen Weiterbildung jedoch nach dem Gesetzeswortlaut im Ermessen der Beklagten. Bei einem Zuständigkeitswechsel in Folge des Wegfalles der Hilfebedürftigkeit ist aber regelmäßig das Ermessen auf Null reduziert (vgl. Eicher, a. a. O., § 16 Rdnr. 249). Insoweit ist beim Kläger unter anderem auch zu berücksichtigen, dass es ein Bestreben der aktiven Arbeitsförderung ist, dem Arbeitslosen eine Beschäftigungsmöglichkeit in seinem erlernten Beruf zu ermöglichen. Im Beruf des Werkzeugmechanikers werden aber – wie bereits dargestellt wurde – CNC-Kenntnisse gefordert.

4. Der Umfang der von der Beklagten zu übernehmenden Kosten ergibt sich aus dem Darlehensvertrag. In diesem Umfang besteht beim Kläger noch ein förderfähiger Aufwand, den er bislang aus eigenen Mitteln tragen musste.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

III. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
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