L 2 AS 465/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 5946/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 465/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch über die Übernahme der Kosten der Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten.

Der am ... 1993 geborene Antragsteller wohnte bis zum 30. September 2011 bei seinem Vater und bildete mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft. Der Antragsgegner stimmte dem Auszug des Antragstellers aus der elterlichen Wohnung aufgrund schwerwiegender sozialer Gründe zu und erteilte die Zusicherung zum Umzug in eine konkrete andere Wohnung (Bescheid vom 16. August 2011). Am 25. August 2011 stellte der Antragsteller einen Antrag auf eine einmalige Beihilfe wegen einer Erstausstattung für die betreffende Wohnung (K -von Qu -Str. in Qu.).

Auf seinen Antrag vom 1. September 2011 für eine Zusicherung für ein neues Mietangebot erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. September 2011 eine neuerliche Zusicherung für eine Wohnung im N ... Weg ..., da die andere Wohnung bereits vermietet war und die neue Wohnung ebenfalls angemessen war. In dem Bescheid heißt es weiter, dass im Fall der Hilfebedürftigkeit die Kosten der Unterkunft bei der Berechnung berücksichtigt werden könnten.

Zum 5. September 2011 begann der Antragsteller eine Bildungsmaßnahme im Rahmen der Berufsvorbereitung (BvB).

Am 15. September 2011 stellte der Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Er gab an, zum 1. Oktober 2011 in die Wohnung einzuziehen, auf die sich die Zusicherung vom 1. September 2011 bezog. Der Mietvertrag wies die Unterschriftsdaten 3. September und 14. September 2011 auf. Die Bruttokaltmiete beträgt monatlich 310,00 EUR.

Mit Bescheid vom 20. September 2011 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Antragsteller Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für den Zeitraum 5. September 2011 bis 4. Juli 2012 in Höhe von 216 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte sie noch nicht die neuen Kosten der Unterkunft ab 1. Oktober 2011.

Mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Grundsicherungsleistungen des Antragstellers ab. Er sei als Auszubildender nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Es könne ihm aber ein Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft gewährt werden, dessen Höhe noch ermittelt werden müsse. Mit einem weiteren Bescheid von diesem Tag lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen der Erstausstattung für die Wohnung ab: Der Leistungsausschluss als Auszubildender umfasse neben den laufenden Leistungen auch den Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung.

Am 21. Oktober 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der Kosten für die Erstausstattung für die Wohnung und der tatsächlichen Unterkunftskosten beim Sozialgericht Halle (SG) gestellt. Er habe in seiner neuen Wohnung nur ein Bett und keine weiteren Einrichtungsgegenstände.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2011 hat der Antragsgegner dem Antragsteller einen vorläufigen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 55 EUR für den Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 bewilligt. Hierbei hat er bereits zugrundegelegt, dass der Bescheid über BAB durch die erhöhten Unterkunftskosten angepasst werden müsste. Der Kläger hat erklärt, sich nicht an die Bundesagentur für Arbeit wegen einer Erhöhung des Anspruchs auf BAB zu wenden, weil dies zu lange dauern würde.

Mit Beschluss vom 4. November 2011 hat das SG den Antrag des Antragstellers abgelehnt: Der Antragsteller habe sowohl hinsichtlich der begehrten weiteren Kosten der Unterkunft als auch hinsichtlich der Erstausstattung für die Wohnung keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können. Der Antragsgegner habe den Zuschuss richtig berechnet.

Gegen den ihm am 9. November 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 14. November 2011 Beschwerde erhoben.

Nachdem die Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 24. November 2011 BAB rückwirkend ab 1. Oktober 2011 in Höhe von 465 EUR monatlich bewilligt hat, hat der Antragsteller seine Beschwerde noch in Bezug auf den Anspruch auf Erstausstattung aufrecht erhalten: Der Antragsgegner habe ihm die Kosten der Unterkunft noch am 1. September 2011 zugesichert, obwohl dem Antragsgegner bekannt war, dass er ab dem 5. September 2011 eine Ausbildung aufnehmen würde. Auf diese Zusicherung habe er sich verlassen und ihm stünden die Leistungen daher zu.

Der Antragsteller beantragt nach seinem Vorbringen sinngemäß,

den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 4. November 2011 zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen für die Erstausstattung für die Wohnung zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Es widerspreche auch der Begründung für die Notwendigkeit eines Umzuges, wenn der Antragsteller behaupte, er wäre nicht ausgezogen, wenn er gewusst hätte, dass hierdurch sein Leistungsanspruch entfalle.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten, sowohl des Antragsgegners als auch der Bundesagentur für Arbeit, und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 172 SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Schon der Wert der begehrten Erstausstattung übersteigt 750 EUR.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Das Gericht der Hauptsache kann bei einem Leistungsbegehren gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).

Zutreffend hat das SG bereits dargestellt, dass kein Anordnungsanspruch für Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung besteht.

Für den Antragsteller kommt als Anspruchsgrundlage nur § 27 SGB II in Betracht. Denn von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ist der Antragsteller nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Auszubildende deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sind, von Leistungen, die über die Ansprüche nach § 27 SGB II hinausgehen, ausgeschlossen. Als Auszubildender einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bezieht der Antragsteller BAB. Die Voraussetzungen für die Rückausnahme von § 7 Abs. 5 SGB II in § 7 Abs. 6 SGB II liegen nicht vor.

In § 27 SGB II hat der Gesetzgeber festgelegt, welche ergänzenden Leistungen, die nicht als Arbeitslosengeld II gelten, diese Auszubildende erhalten. Hierbei sind einzelne Sonderbedarfe genannt. Von den Sonderbedarfen nach § 24 Abs. 3 SGB II, wozu auch der Bedarf für Erstausstattungen für die Wohnung gehört (§ 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II), hat der Gesetzgeber nur § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II die Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt aufgeführt. Die einzeln aufgeführten, nicht von der Sperrwirkung des § 7 Abs. 5 SGB II umfassten Sonderbedarfe in § 24 SGB II lassen keinen Auslegungsspielraum für die Gerichte, weitergehende Sonderbedarfe einzubeziehen.

Die geforderten Leistungen können auch nicht als Leistung bei einem besonderen Härtefall nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II erbracht werden. Nach § 27 Abs. 4 SGB II können als Darlehen nur Leistungen für Regelbedarfe, Bedarfe für die Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss eine besondere Härte bedeutet. Zu den hier genannten Ermessensleistungen gehört die Erstausstattung für die Wohnung nicht. Zudem liegt kein besonderer Härtefall vor. Es handelt sich um eine gerade erst begonnene Ausbildung.

An einer fehlenden Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung ändert es auch nichts, dass der Antragsgegner zugesichert hat, die Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung anzuerkennen. Diese Zusicherung bezieht sich zum einen nicht auf die Erstausstattung der Wohnung. Zum anderen können durch die Zusicherung nicht die fehlenden Leistungsvoraussetzungen ausgeglichen werden. Gegenstand der Zusicherung ist nur die Berücksichtigung von Leistungen für Unterkunft und Heizung bei der künftigen Bedarfsberechnung. Entfällt hingegen die Leistungsberechtigung selbst, geht die Zusicherung ins Leere. Es ist daher unbeachtlich, dass der Antragsteller aus dem Verhalten des Antragsgegners nicht erkennen konnte, dass er keine Erstausstattung erhalten würde. Sollte der Antragsgegner von der bevorstehenden Aufnahme der Ausbildung bereits am 1. September 2011 gewusst haben, hätte es zwar nahegelegen, die daraus zu erwartende Änderung der Leistungsberechtigung dem Antragsteller mitzuteilen und den Gegenstand der Zusicherung damit klarzustellen. Auf den fehlenden Leistungsanspruch wirkt sich dies aber nicht aus. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kommt nicht in Betracht. Der etwaige durch eine mangelnde Beratung verursachte Nachteil kann nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden. Die Übernahme von Kosten der Erstausstattung durch den SGB II-Leistungsträger würde dem Gesetzeszweck des § 7 Abs. 5 SGB II widersprechen, keine Förderung von Auszubildenden auf der zweiten Ebene durch das SGB II zu bewirken.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Rechtskraft
Aus
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