S 36 KR 2217/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 2217/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 312/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2010 verurteilt, an die Klägerin 9.417,15 EUR zu zahlen. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Pflegekosten in Höhe von 9.417,15 EUR. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des bei der Beklagten seinerzeit gesetzlich krankenversicherten Ehemannes, , der am 02.03.2009 verstorben ist (im Folgenden: der Versicherte). Der Versicherte war aufgrund chronischer respiratorischer Insuffizienz nach vorangegangener jahrelanger chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) im Jahr 2008 mehrfach im Krankenhaus. Während des letzten stationären Aufenthaltes auf der Intensivstation im E. Krankenhaus in der Zeit vom 28.11.2008 bis zum 29.12.2008 ergab sich die Notwendigkeit einer Tracheotomie mit Dauerbeatmung. Am 19.12.2008 stellte die Klägerin im Namen des Versicherten bei der Beklagten einen Antrag auf vollstationäre Pflege unter Beifügung eines ärztlichen Gutachtens der Krankenhausärzte, aus dem sich auch die Anlage der Trachealkanüle und die Beatmungspflichtigkeit ergab und wonach eine Aufnahme in ein Seniorenheim bzw. eine Abteilung für erhöht pflegebedürftige Heimbewohner bejaht wurde. Am 29.12.2008 wurde der Versicherte aus dem Krankenhaus zur weiteren pflegerischen Versorgung in das Zentrum für Beatmung und Intensivpflege im "S " GmbH (im Folgenden: Pflegeeinrichtung) entlassen. Noch am selben Tage schlossen der Versicherte, vertreten durch die Klägerin, und die Pflegeeinrichtung einen Heimvertrag, in dem sich der Versicherte für die vollstationäre Pflege zur Zahlung eines täglichen Entgelts in Höhe von 237,10 EUR verpflichtete. In diesen Kosten enthalten war neben den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Grundpflege nach der Pflegestufe I i.H.v. 78,09 EUR ein Zuschlag für die "Fachpflege Beatmung" von täglich 159,01 EUR. Mit Schreiben vom 06.01.2009, bei der Beklagten eingegangen am 08.01.2009, beantragte die Pflegeeinrichtung für den Versicherten die Übernahme der Kosten für die medizinische Behandlungspflege nach § 37 SGB V in der Pflegeeinrichtung. Bei dem Versicherten bestehe ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege für mindestens 6 Monate (Überwachung und Adaption der Beatmung, Trachealkanülenwechsel, endotracheales Absaugen rund um die Uhr – unvorhersehbar -, Kontrolle der Vitalparameter), der die Anwesenheit einer Pflegefachkraft am Tag und in der Nacht erforderlich mache. Die Pflegeeinrichtungen biete die Behandlungspflege zu einem monatlichen Betrag von 6.656,70 EUR an, was einem Tagessatz von 221,89 EUR täglich entspreche. Der MDK Berlin-Brandenburg stellte mit Pflegegutachten vom 26.01.2009 einen Zeitaufwand für die Grundpflege im Umfang von 140 Minuten pro Tag und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten pro Tag fest und bejahte einen Pflegebedarf nach der Pflegestufe II. Mit Schreiben vom 19.02.2009 übersandte die Pflegeeinrichtungen der Beklagten unter Bezugnahme auf das Kostenangebot vom 06.01.2009 eine ärztliche Verordnung der Fachärztin für Allgemeinmedizin R vom 29.12.2008, in der häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 29.12.2008 bis zum 28.02.2009 verordnet wurde in Form der 24-stündigen Überwachung der Beatmung, Trachealkanülen-Wechsel, Tracheostomapflege, unvorhersehbares Absaugen, Sauerstoffüberwachung, Medikamentengabe und Kontrolle der Vitalparameter. Der Versicherte wurde am 28.02.2009 erneut zur stationären Behandlung ins Krankenhaus aufgenommen und verstarb dort am 02.03.2009. Die Klägerin bezahlte an die Pflegeeinrichtung den nach dem Heimvertrag zu entrichtenden Zuschlag für die Fachpflege Beatmung von täglich 159,01 EUR für die Zeit vom 29.12.2008 bis zum 31.01.2009 bzw. in Höhe von 160,28 EUR für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 28.02.2009, insgesamt einen Betrag in Höhe von 9.417,15 EUR. Die Beklagte forderte von der Pflegeeinrichtung Beatmungs- und Pflegeprotokolle an und holte eine medizinische Stellungnahme des MDK ein. Dieser (Gutachterin Dr. N) gelangte in dem Gutachten vom 11.05.2009 (Bl. 33ff. der Verwaltungsakten) nach Auswertung der Pflegedokumentation zu der Einschätzung, dass ein sogenanntes "weaning" (Beatmungsentwöhnung) durchgeführt wurde, das stationäre Krankenhausbehandlung erfordere und einer Verordnung häuslicher Krankenpflege entgegenstehe und dass keine behandlungspflegerischen Maßnahmen in Intensität und Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erforderlich waren, die die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft oder einen vergleichbar intensiven Einsatz einer Pflegefachkraft erforderten. Es sei mehrmals dokumentiert, dass sich der Versicherte nachts zum absaugen melde. Auch die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes am Tag und in der Nacht erfordere nicht die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft oder einen vergleichbar intensiven Einsatz einer Pflegefachkraft. Mit Schreiben vom 17.05.2009 lehnte die Beklagte daraufhin gegenüber der Pflegeeinrichtung die Übernahme der Kosten der Behandlungspflege ab, da bei dem Versicherten ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege nicht vorliege. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, worauf die Beklagte dieser gegenüber mit Bescheid vom 01.09.2010 die Übernahme der Kosten der Behandlungspflege nochmals ablehnte. Den auch hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2010 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Gewährung von Behandlungspflege in einer stationären Pflegeeinrichtung einen besonders hohen Behandlungspflegebedarf voraussetze. Dieser sei nur gegeben, wenn eine Pflegefachkraft ständig in unmittelbarer Nähe des Patienten anwesend sein muss. Dies sei ausweislich des MDK-Gutachtens bei dem Versicherten nicht der Fall gewesen. Am 23.11.2010 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Erstattung der von ihr an die Pflegeeinrichtung für den Zeitraum vom 29.12.2008 bis zum 28.02.2009 gezahlten Vergütung für die Behandlungspflege in Höhe von 9.417,15 EUR begehrt. Sie ist der Ansicht, die formellen und materiellen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 SGB V lägen vor. Bereits aus dem Antrag vom 12.12.2008 auf vollstationäre Pflege, der durch den Sozialdienst des E Krankenhauses am 19.12.2008 bei der Beklagten eingereicht wurde, gehe hervor, dass eine Intensivpflege mit Beatmung des Versicherten erforderlich gewesen sei. Daraufhin hätte der Versicherte spätestens innerhalb einer Woche durch den MDK begutachtet werden müssen, was nicht geschehen sei und der Klägerin nicht vorgeworfen werden könne. Im übrigen sei die Leistung auch unaufschiebbar, zumal das Krankenhaus auf die notwendige Anschlussbehandlung in der Pflegeeinrichtung verwiesen hatte und den Versicherten gedrängt habe, diese Lösung zu akzeptieren, da man auf der Intensivstation des Krankenhauses nichts mehr für ihn habe tun können. Die Klägerin habe daher am 29.12.2008 der Verlegung ihres Ehemannes in die Pflegeeinrichtungen zugestimmt, was einer absoluten Notsituation entsprochen habe, da weder die Beklagte noch der MDK auf den Antrag vom 19.12.2008 reagiert habe. Dem Versicherten habe ein Anspruch auf Krankenpflege gem. § 37 Abs. 2 S. 3 SGB V gegen die Beklagte zugestanden, da er einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege gehabt habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten liege ein besonders hoher Pflegebedarf nicht nur dann vor, wenn eine Pflegefachkraft im Sinne einer Sitzwache vor dem Bett ständig in unmittelbarer Nähe des Patienten anwesend sein müsse, sondern auch in dem hier vorliegenden Fall der Beatmungspflege auf einer Beatmungsstation, in der ständig am Tag und in der Nacht eine Vielzahl von Pflegefachkräften in unmittelbarer Nähe der Patienten tätig sind, um jederzeit medizinische Hilfe leisten zu können. Auch eine Differenzierung nach der erforderlichen Anzahl der einzelnen dokumentierten Einsätze sei nicht sachgerecht. Vorliegend sei ständig die Überwachung des Beatmungsgerätes erfolgt, ohne dass dies in der Pflegedokumentation als Einzelleistung zum Ausdruck komme. Dies reiche zur Bejahung eines besonders hohen Pflegebedarfs aus. Schließlich hält die Klägerin das Verfahren für gerichtskostenfrei, da sie Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes sei. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 01.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2010 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für verordnete und erbrachte Leistungen der häuslichen Krankenpflege für ihren verstorbenen Ehemann im Zeitraum vom 29.12.2008 bis zum 28.02.2009 in Höhe von 9.417,15 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht vorlägen, weil der Versicherte sich die Leistung bereits vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten selbst beschafft habe und es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe, zumal die Pflegeeinrichtung die ärztliche Verordnung über die Behandlungspflege erst am 19.02.2009 der Beklagten übersandt habe. Zudem habe kein besonders hoher Pflegebedarf bestanden und es sei ein weaning durchgeführt worden, dass nach den medizinischen Leitlinien nicht in einer Pflegeeinrichtung, sondern nur in einem Krankenhaus erfolgen dürfe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 9.417,15 EUR gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V gegen die Beklagte zu. Die Klägerin ist Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten hinsichtlich des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V. Das folgt aus § 56 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I. Danach stehen beim Tode des Berechtigten fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen an erster Stelle dem Ehegatten zu, wenn dieser mit der Berechtigten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Dies war vorliegend der Fall. Bis zu dem notwendigen stationären Krankenhaus- und Pflegeaufenthalt lebten der Versicherte und die Klägerin als dessen Ehegattin in einem gemeinsamen Haushalt. Bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch handelt es sich auch um einen fälligen Anspruch auf laufende Geldleistungen. Die Kammer folgt insofern der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG, wonach der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen gerichtet ist (BSG, Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 1/06 R, juris Rdnrn. 10ff.; a.A. BSG, Urteil vom 03.08.2006 – B 3 KR 24/05 R, juris Rdnrn. 13ff.). Dies gilt nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann, wenn die dem Kostenerstattungsanspruch zu Grunde liegende Sachleistung – wie hier – eine laufende war. Der Kostenerstattungsanspruch knüpft daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist. Dem Zweck der Sonderrechtsnachfolge in § 56 SGB I wird es in besonderem Maße gerecht, diesen Kostenerstattungsanspruch als einen Anspruch auf laufende Geldleistungen anzusehen. Es beschränkt in aller Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Ansprüche auf laufende Geldleistung nicht rechtzeitig erfüllt werden. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht § 56 SGB I in Abweichung vom Erbrecht, aber in Übereinstimmung mit Vorschriften des bis zum Inkrafttreten des SGB I geltenden Rechts und mit der Funktion solcher Leistungen eine Sonderrechtsnachfolge vor (BSG, Urteil vom 26.09.2006, a.a.O.). Dem Eintritt der Sonderrechtsnachfolge steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Kosten der Pflege erst nach dem Tod des Versicherten gezahlt hat, da der Anspruch der Pflegeeinrichtung auf die Zahlung auf Grundlage des Heimvertrages bereits vor dem Tod des Versicherten bestand und diesem daher bereits ein Freistellungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V gegen die Beklagte zustand, der sich mit der Zahlung durch die Klägerin lediglich in einen Kostenerstattungsanspruch umgewandelt hat. Die formellen Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V liegen vor. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind dem Versicherten die Kosten einer selbstbeschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative). Die 2. Alternative scheidet vorliegend aus, da die Beklagte die Leistungsgewährung erstmals am 17.05.2009 (gegenüber der Pflegeeinrichtung) abgelehnt hat und es mithin an der erforderlichen Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung der Leistung fehlt (zu diesem Kausalitätserfordernis eingehend BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R, juris Rdnrn. 8ff.). Indes handelte es sich vorliegend um eine unaufschiebbare Leistung und der Versicherte bzw. die Klägerin (als dessen Vertreterin) hat alles Mögliche und Zumutbare getan, um eine rechtzeitige Entscheidung der Beklagten zu ermöglichen. Unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V ist eine Leistung, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (vgl. BSG, Urteil vom 25.09.2000 – B 1 KR 5/99 R = SozR 3-2500 § 13 Nr. 22, juris Rdnr. 16). Dies war vorliegend ab dem 29.12.2008 der Fall, da mit der Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus, das hierauf nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Klägerin bereits zuvor gedrängt hatte, umgehend die stationäre Pflege des Versicherten erforderlich war (vgl. auch BSG, Urteil vom 03.08.2006 – B 3 KR 24/05 R, juris Rdnr. 17). Auch bei Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung ist nach der Rechtsprechung des BSG erforderlich, dass der Versicherte alles ihm Mögliche und Zumutbare unternimmt, um der Krankenkasse eine rechtzeitige Entscheidung zu ermöglichen (eingehend dazu BSG, Urteil vom 25.09.2000, a.a.O., juris Rdnr. 13). Auch dies war vorliegend der Fall. Die Klägerin hat der Beklagten (der Antrag war nicht ausdrücklich an die Pflegekasse adressiert) bereits am 19.12.2008, also bereits 10 Tage vor der Verlegung des Versicherten in die Pflegeeinrichtung, einen "Antrag auf vollstationäre Pflege" in dem Zentrum für Beatmung und Intensivpflege "S " übersandt. Dem Antrag beigefügt war ein ärztliches Gutachten des Krankenhauses, aus dem sich Art und Umfang der Erkrankung und der Pflegebedürftigkeit des Versicherten ergaben. Insbesondere ging hieraus hervor, dass der Versicherte tracheotomiert und beatmungspflichtig war. Das Krankenhaus hielt eine dauernde Aufnahme in ein Seniorenheim bzw. eine Abteilung für erhöht pflegebedürftige Heimbewohner für erforderlich. Damit lagen der Beklagten das Leistungsbegehren sowie alle erforderlichen Informationen für die Prüfung einer Leistungspflicht nicht nur nach § 43 SGB XI, sondern auch nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V vor, so dass sie hierüber (ggf. nach Durchführung weiterer Ermittlungen und Anforderung weiterer Unterlagen) entscheiden konnte. Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass Versicherten die Unterscheidung zwischen Kranken- und Pflegekasse häufig nicht hinreichend geläufig ist und dass die Kranken- und Pflegekassen diese Unterscheidung nach außen häufig auch nicht hinreichend deutlich machen. Zudem war der Antrag nicht allein an die Pflegekasse gerichtet, sondern an die "AOK – Die Gesundheitskasse". Insofern kann es dem Versicherten bzw. der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass nicht gesondert deutlich gemacht wurde, dass es sich um einen Antrag sowohl nach § 43 SGB XI als auch nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V handelte. Ggf. wäre es Sache der Beklagten bzw. der Pflegekasse gewesen, gemäß § 13 SGB I auf eine Konkretisierung hinzuwirken. Für sie war ausreichend erkennbar, dass ein hoher Pflegebedarf besteht und dass der Versicherte eine Entscheidung über die Bewilligung und Finanzierung der stationären Pflege begehrt. Auch ist es insoweit unschädlich, dass bei Antragstellung noch keine vertragsärztliche Verordnung über die Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V vorlag. Zwar wird durch die Verordnung grundsätzlich die Leistung konkretisiert und diese ist auch notwendige Voraussetzung des Leistungsanspruchs. Indes lag die Verordnung hier bei Beginn der Leistung am 29.12.2008 tatsächlich vor und es ist der Klägerin bzw. ihrem verstorbenen Ehemann nicht vorzuwerfen, dass nicht sogleich mit dem Antrag vom 19.12.2008 eine ärztliche Verordnung über Behandlungspflege übersandt wurde. Dafür spricht bereits, dass zu diesem Zeitpunkt mangels Entscheidung der Pflegekasse noch gar nicht fest stand, dass die Pflege wie beantragt in der Intensivpflegeeinrichtung erfolgen wird. Überdies war dem Antrag auf vollstationäre Pflege ein ärztliches Gutachten beigefügt, in dem die Erforderlichkeit der vollstationären Pflege auch attestiert wurde. Da die Beklagte mit dem Leistungsbegehren bereits befasst war, wäre es im Rahmen der Aufklärungspflicht nach § 13 SGB I ihre Aufgabe gewesen, auf die rechtzeitige Beibringung der erforderlichen ärztlichen Verordnung hinzuwirken. Sie kann nicht dadurch von ihrer Leistungspflicht befreit sein, dass sie den Antrag sehr verspätet bearbeitet und sich dann darauf beruft, dass erforderliche Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt wurden. Dem Versicherten stand in der Zeit vom 29.12.2008 bis zum 28.02.2008 ein (Sach- bzw. Dienstleistungs-) Anspruch auf Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V gegen die Beklagte zu. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 – B 1 KR 18/10 R, juris Rdnr. 10, m.w.N.). Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Der Anspruch besteht nach Satz 3 über die in Satz 1 genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches (SGB XI), die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Zunächst lag bei Beginn des Aufenthalts des Versicherten in der Pflegeeinrichtung die erforderliche ärztliche Verordnung auf dem dafür vorgesehenen Vordruck vor (Bl. 19 der Verwaltungsakten, zur Erforderlichkeit vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.03.2011 - L 9 KR 284/10 B ER, juris Rdnr. 4; Flint, in Hauck/Noftz, SGB V, EL 03/11, § 37 Rdnr. 168). Der Versicherte war in dem streitigen Zeitraum in einer stationären Pflegeeinrichtung nach § 43 SGB XI untergebracht. Er hatte auch einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, der auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestand. Wann ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege besteht, wird durch die nach § 37 Abs. 6 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) erlassenen Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-RL) näher konkretisiert, die als untergesetzliche Normen gemäß § 91 Abs. 6 SGB V grds. auch verbindlich sind, sofern sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen (vgl. – speziell zu den HKP-RL – BSG, Urteil vom 31.05.2006 – B 6 KA 69/04 R; Urteil vom 26.01.2006 – B 3 KR 4/05 R; ferner – allgemein zu den Richtlinien des GBA und zur Verfassungsmäßigkeit der diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen - Urteil vom 01.03.2011 – B 1 KR 10/10 R, juris Rdnrn. 32f.). Nach § 1 Abs. 7 Satz 3 HKP-RL liegt ein besonders hoher Behandlungspflegebedarf vor, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist, insbesondere weil - behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erfolgen müssen oder - die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes im Sinne der Nr. 8 der Anlage am Tag und in der Nacht erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Erfordernis einer ständigen Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft nicht dahingehend auszulegen, dass die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft in unmittelbarer Nähe des Versicherten erforderlich ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut (dazu unter 1.) und der Systematik der Regelungen, dem Willen des GBA (dazu unter 2.) sowie aus dem Zweck der Vorschrift, wie er auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt (dazu unter 3.). 1. Bereits nach dem Wortlaut erfordert die "ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft" nicht zwingend eine Anwesenheit in unmittelbarer Nähe der Pflegeperson. Die Formulierung "ständige Anwesenheit" kann sich dem Wortlaut nach auch auf die Anwesenheit in der Einrichtung bzw. der jeweiligen Abteilung beziehen. 2. Dis innere Systematik des § 1 Abs. 7 Satz 3 HKP-RL zeigt ebenfalls, dass ein besonders hoher Behandlungspflegebedarf nicht zwingend die unmittelbare Anwesenheit einer Pflegefachkraft in der Nähe des Patienten voraussetzt. Aufgrund des Zusatzes "zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft" wird deutlich, dass sich der Begriff der ständigen Anwesenheit darauf bezieht, dass die individuelle Kontrolle und Einsatzbereitschaft zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist. Diese Frage hängt aber entscheidend auch von der Ausstattung der Pflegeeinrichtung ab, namentlich z.B. davon, ob die Einrichtung über die erforderliche technische Ausstattung verfügt, mehrere Patienten gleichzeitig von einem zentralen Ort (etwa über Monitore) zu überwachen (vgl. die bei den Gerichtsakten befindliche und den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung in Kopie ausgehändigte fachpflegerische und sozialmedizinische Stellungnahme des MDS zur häuslichen Krankenpflege in stationären Pflegeeinrichtungen gemäß § 37 Abs. 2 SGB V vom 09.09.2008, S. 13). Eine solche technische Ausstattung erhöht jedoch die Kosten der Pflege beträchtlich (zu dem Kostenaspekt noch näher unten zu 3.). Insofern kann ein besonders hoher Pflegebedarf nicht allein deshalb verneint werden, weil in einer speziell ausgestatteten Intensiv- bzw. Beatmungspflegeeinrichtung die ständige Anwesenheit am Bett des Patienten nicht erforderlich ist, wenn dies z.B. in einer nicht entsprechend ausgestatteten normalen Pflegeeinrichtung oder im Rahmen häuslicher Krankenpflege mangels ausreichender Überwachungsmöglichkeiten anders zu beurteilen wäre. Die von den HKP-RL geforderte ständige Anwesenheit zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft kann daher auch dadurch sichergestellt sein, dass in einer z.B. auf Dauerbeatmungspflichtige spezialisierten Intensivpflegeeinrichtung die notwendige technische und personelle Ausstattung vorhanden ist, dass z.B. über Signalanlagen und Monitore zur Überwachung der Vitalfunktionen auch von einem zentralen Raum für mehrere Patienten eine dauerhafte individuelle Kontrolle und Einsatzbereitschaft sichergestellt ist. Dafür sprechen auch die in § 1 Abs. 7 Satz 3 HKP-RL angeführten Regelfälle. Danach liegt ein besonders hoher Behandlungspflegebedarf insbesondere dann vor, wenn behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erfolgen müssen oder die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes im Sinne der Nr. 8 der Anlage am Tag und in der Nacht erforderlich ist. Beide Regelfälle setzen nicht zwingend die Anwesenheit der Pflegefachkraft in unmittelbarer Nähe des Patienten voraus. Entscheidend ist insofern weniger die räumliche Nähe der Pflegefachkraft zum Patienten, sondern in erster Linie die mangelnde Planbarkeit der einzelnen Pflegeeinsätze und die deshalb erforderliche ständige Verfügbarkeit einer Pflegefachkraft. Dies kommt auch in den tragenden Gründen (abrufbar unter http://www.g-ba.de/downloads/40-268-460/2007-10-18-HKP-SN-WSG TrG.pdf) zu dem der Regelung in den HKP-RL zu Grunde liegenden Beschluss des GBA (abrufbar unter http://www.g-ba.de/downloads/39-261-503/2007-10-18-HKP-SN-WSG.pdf) deutlich zum Ausdruck. Dort heißt es (Seite 3 der tragenden Gründe): "Bei Patienten in Pflegeeinrichtungen nach § 43 SGB XI ist besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege dann anzunehmen, wenn eine individuelle behandlungspflegerische Betreuung mangels Planbarkeit der Einsätze rund um die Uhr erforderlich ist oder wenn zur Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgeräts die ständige Anwesenheit und Bereitschaft einer Pflegekraft notwendig ist." (Hervorhebung durch das Gericht) Entscheidend ist insofern nach dem Willen des GBA, dass ständig eine Pflegefachkraft verfügbar ist, die z.B. das Beatmungsgerät oder die Vitalfunktionen überwacht und im Bedarfsfall jederzeit sofort tätig wird und nicht wie sonst üblicherweise nur zu mehr oder weniger fest vorgegebenen und im Voraus planbaren Zeiten, wie dies insbesondere etwa hinsichtlich der Medikamentengabe und der Grundpflege der Fall ist. Das Kriterium der Unvorhersehbarkeit der einzelnen behandlungspflegerischen Maßnahmen, die jederzeit anfallen können und wegen einer vitalen Gefährdung des Patienten sofort durchgeführt werden müssen, stellt auch der MDS in der bereits erwähnten Stellungnahme vom 09.09.2008 (S. 10) besonders heraus. Dass die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes ausdrücklich in den HKP-RL genannt wird zeigt zudem, dass auch der GBA (zur entsprechenden Intention des Gesetzgebers siehe unten zu 3.) den hier vorliegenden Fall der Dauerbeatmungspflege als Regelfall eines besonders hohen Pflegebedarfs ansieht. 3. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte durch die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V für bestimmte Verrichtungen ein Finanzierungsvorrang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschaffen werden, obgleich sie der Sache nach der Pflegeversicherung zuzuordnen wären (Rixen, in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 37 Rdnr. 12; vgl. auch BSG vom 17.6.10 – B 3 KR 7/09 R, juris Rdnr 23). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100, S. 105) heißt es insofern: "Für besondere, eng begrenzte Personengruppen mit besonders hohem Versorgungsbedarf (z. B. Wachkomapatienten, Dauerbeatmete) regelt Absatz 2 Satz 2 die Übernahme der Kosten für die Behandlungspflege durch die Krankenkassen, die nach § 132a Abs. 2 Verträge mit den Pflegeeinrichtungen zu schließen haben. Für diese Personen fallen im Rahmen der vollstationären Dauerpflegeversorgung (§ 43 SGB XI) sehr hohe Kosten für den behandlungspflegerischen Aufwand an. Da diese bisher von der Pflegeversicherung nur im Rahmen ihrer gedeckelten Leistungsbeträge übernommen wurden, verblieben bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sehr hohe Eigenanteile, die sehr häufig die Finanzkraft der Betroffenen überforderten und zu Sozialhilfeabhängigkeit führten." Der Gesetzesbegründung lässt sich zwar zunächst entnehmen, dass die Zuständigkeit der GKV auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben und es im Übrigen bei der vorrangigen Zuständigkeit der Pflegeversicherung für die Pflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen verbleiben soll. Andererseits hatte der Gesetzgeber aber ausweislich der genannten Beispielsfälle gerade auch Dauerbeatmete vor Augen. Diese werden üblicherweise in speziellen Beatmungspflegeeinrichtungen gepflegt, die über eine besondere sachliche und personelle Ausstattung verfügen. So ist nach dem Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI zur vollstationären Pflege im Land Berlin (abrufbar unter http://www.berlin.de/sen/soziales/vertraege/sgb11/pvoll/index.html) für "normale" Pflegeeinrichtungen bei der hier vorliegenden Pflegestufe II ein Personalrichtwert von 1:2,50 vereinbart (§ 21 Abs. 2 des Rahmenvertrages), während für Pflegeeinrichtungen zur Betreuung von langzeitbeatmeten Pflegebedürftigen ein Personalrichtwert von 1:1,0 gilt (Anlage C Ziff. 4, 4. Sp.-Str. des Rahmenvertrages). Zudem gilt in diesen Einrichtungen eine Pflegefachkraftquote von 80 % (a.a.O., 1. Sp.-Str.) gegenüber 52 % in "normalen" Pflegeeinrichtungen (§ 21 Abs. 4 des Rahmenvertrages). Überdies gelten nach Ziffern 4 bis 6 der Anlage C für die besonderen Pflegeeinrichtungen weitere personelle und technische Anforderungen, die über die für "normale" Pflegeeinrichtungen vereinbarten Anforderungen deutlich hinausgehen. Da die besonders ausgestatteten Pflegeeinrichtungen für Dauerbeatmete aufgrund der vorhandenen technischen Überwachungsmöglichkeiten es ermöglichen, dass eine Pflegefachkraft gleichzeitig auch mehrere Patienten überwacht und betreut (wenngleich deutlich weniger als in einem "normalen" Pflegeheim), hätte die Forderung der Beklagten nach der Erforderlichkeit einer ständigen Anwesenheit in der unmittelbaren Nähe des Patienten zur Folge, dass jedenfalls bei dem weit überwiegenden Teil der in solchen speziellen Beatmungspflegeeinrichtungen betreuten dauerbeatmungspflichtigen Patienten allein wegen der besonderen personellen und technischen Ausstattung ein besonders hoher Behandlungspflegebedarf zu verneinen wäre. Dies würde aber der Intention des Gesetzgebers, der gerade Dauerbeatmete als Regelfall eines besonders hohen Behandlungspflegebedarfs vor Augen hatte, evident zuwider laufen. Der Beklagtenvertreter konnte in der mündlichen Verhandlung auch keinen Fall benennen, in dem bei einem Dauerbeatmeten seitens der Beklagten bereits einmal ein besonders hoher Pflegebedarf bejaht worden wäre. Der hinter der gesetzlichen Regelung stehende Wertungsgesichtspunkt, der ebenfalls in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, ist die Vermeidung einer unangemessen hohen Kostenbelastung für den Versicherten bzw. dessen Angehörige durch die eigentlich der GKV zuzuordnende Behandlungspflege. Es ging dem Gesetzgeber darum zu verhindern, dass den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen aufgrund der erforderlichen aufwändigen Behandlungspflege sehr hohe Eigenanteile verbleiben, die zuvor sehr häufig die Finanzkraft der Betroffenen überfordert und zu Sozialhilfeabhängigkeit geführt haben (siehe die oben zitierte Gesetzesbegründung). Dieser Aspekt wird auch in den tragenden Gründen des GBA besonders hervorgehoben (vgl. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-522/2008-01-17-HKP-WSG TrG.pdf, S. 108: "Die Gesetzesänderung wurde vorgenommen, weil durch die gedeckelte Finanzierung nach dem SGB XI in Pflegeheimen z. T. sehr hohe Kosten für die bhpfl. Maßnahmen entstehen, die bei den Pflegebedürftigen bzw. deren Angehörigen zu sehr hohen Eigenanteilen führen können. Mit der RL-Änderung sollte daher sichergestellt sein, dass alle Sachfälle auch wirklich erfasst werden."). Obgleich die notwendige Krankenbeobachtung und sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege der Versicherten grundsätzlich zu den Sachleistungen der Pflegekassen bei vollstationärer Pflege gehören (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI), hat der Gesetzgeber zur Vermeidung zu hoher Eigenbeteiligungen der Versicherten bzw. zur Verringerung der Gefahr der Sozialhilfebedürftigkeit einen zusätzlichen Anspruch gegen die Krankenkassen nach § 37 Abs. 2 SGB V - und damit eine weitere Doppelzuständigkeit - im stationären Bereich geschaffen. Dies lässt erkennen, dass der Gesetzgeber den Anspruch aus § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V auch bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB XI möglichst ungeschmälert erhalten wissen will. Versicherte, die häuslicher Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V bedürfen, sollen diesen Anspruch auch dann in möglichst weitem Umfang wahrnehmen können, wenn sie pflegebedürftig sind und deshalb Leistungen nach dem SGB XI erhalten. Dies entspricht zum einen dem in § 31 SGB XI niedergelegten Grundsatz, dass die medizinische Rehabilitation gegenüber der Pflege Vorrang hat, und zum anderen dem Zweck der Regelungen der sozialen Pflegeversicherung, die Leistungen der GKV zu ergänzen, sie aber prinzipiell nicht - ganz oder teilweise - zu verdrängen (BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 3 KR 7/09 R, Rdnr 23f.). Berücksichtigt man insofern zudem, dass gerade der Fall der dauerhaften Beatmungspflichtigkeit bei Pflege in der eigenen Wohnung dem Grunde nach einen Anspruch auf 24-stündige Behandlungspflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V begründet (vgl. dazu und zur diesbezüglichen Kostenverteilung zwischen Kranken- und Pflegeversicherung BSG, a.a.O.) und hierdurch in der Regel noch deutlich höhere Kosten entstehen, als bei einer Pflege in einer speziellen Beatmungspflegeeinrichtung, wird deutlich, dass es nach dem dargelegten Willen des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt wäre, wenn die Krankenkasse bei Durchführung der Pflege in einer Intensivpflegeeinrichtung vollständig aus ihrer Leistungspflicht entlassen würde und mit den durch die aufwändige Behandlungspflege entstehenden hohen Mehrkosten allein der Versicherte bzw. dessen Angehörige oder/und der Sozialhilfeträger belastet wäre. Von einem besonders hohen Behandlungspflegebedarf ist nach alledem dann auszugehen, wenn der Pflegebedarf über den in einer Pflegeeinrichtung üblichen Rahmen deutlich hinausgeht (vgl. Padé, in jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 49) und hierdurch für den Versicherten bzw. dessen Angehörige gegenüber den nach der entsprechenden Pflegestufe gedeckelten Betrag deutlich höhere Kosten entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der schwerstpflegebedürftige Versicherte – etwa weil er dauerbeatmungspflichtig ist – in einem Heim lebt, das sich konzeptionell auf einen Personenkreis mit außergewöhnlich hohem Behandlungspflegeaufwand spezialisiert hat und deshalb einen Pflegesatz berechnet, der den damit verbundenen personellen und technischen Mehraufwand von vornherein einkalkuliert hat und deutlich über den Pflegesätzen der Pflegekasse liegt (vgl. auch – zu § 43 Abs. 3 SGB XI – BSG, Urteil vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R, juris Rdnr. 48). Dass bei Dauerbeatmeten grds. ein gegenüber dem in einem Pflegeheim üblichen deutlich erhöhter Behandlungspflegebedarf besteht, ergibt sich auch aus der bereits erwähnten Stellungnahme des MDS vom 09.09.2008. Danach wird für die Behandlungspflege in einer stationären Pflegeeinrichtung je nach Publikation ein durchschnittlicher zeitlicher Aufwand zwischen 6,7 und 11 Minuten zu Grunde gelegt (S. 9 des Gutachtens m.w.N.). Demgegenüber kommt der MDS in den in der Stellungnahme aufgeführten Beispielsfällen bei einem tracheotomierten und dauerbeatmeten Patienten (wobei allerdings ein Wachkomapatient zu Grunde gelegt wird) auf einen zeitlichen Umfang für die Behandlungspflege von ca. 100 bis 150 Minuten zuzüglich der nicht quantifizierbaren dauerhaften Kontrolle der Sauerstoffsättigung mittels Monitor und der Sauerstoffgabe, wobei die meisten der dort (S. 11ff.) aufgeführten behandlungspflegerischen Maßnahmen (insbesondere im Zusammenhang mit der Beatmung und der Maßnahmen zur Sicherung der Atemfunktion bei Vorliegen einer Trachealkanüle) ausweislich des bei den Verwaltungsakten befindlichen MDK-Gutachtens und der als CD bei den Verwaltungsakten befindlichen ausführlichen Pflegedokumentation auch in dem hier vorliegenden Fall eines im Übrigen nicht schwerstpflegebedürftigen tracheotomierten dauerbeatmungspflichtigen Patienten in annähernd gleichem zeitlichen Umfang anfallen dürften. Danach war auch im vorliegenden Fall ein besonders hoher Pflegebedarf zu bejahen. Der Versicherte war dauerhaft beatmungspflichtig und bei ihm war eine Trachealkanüle angelegt. Die Pflege erfolgte aus diesem Grund in einer spezialisierten Pflegeeinrichtung zur Betreuung von langzeitbeatmeten Pflegebedürftigen entsprechend Anlage C zum Berliner Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI. Ausweislich der ärztlichen Verordnung, der bei den Verwaltungsakten befindlichen Pflegedokumentation und der Feststellungen in dem MDK-Gutachten waren folgende spezifische behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich: Bedienung und 24-stündige Überwachung der Beatmung und der Sauerstoffsättigung, regelmäßiges unvorhergesehenes Absaugen (9-15 mal am Tag), Trachealkanülenwechsel, Tracheostomapflege, Inhalation, Sauerstoffgabe. Für diese Leistungen berechnete die Pflegeeinrichtung einen Aufschlag auf den Pflegesatz allein für die "Fachpflege Beatmung" von 159,01 EUR pro Tag, was die gesamten übrigen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Grundpflege von zusammen 78,09 EUR um annähernd das Doppelte überstieg. Dieser nicht von der Pflegestufe gedeckte Aufschlag von ca. 4.770,- EUR monatlich ist zweifellos als sehr hoher Eigenanteil im Sinne der oben zitierten Gesetzesbegründung anzusehen, der auf Dauer in der Regel die Finanzkraft der Betroffenen überfordern und zu Sozialhilfeabhängigkeit führen würde. Der besonders hohe Pflegebedarf bestand auch auf Dauer. Dass der Versicherte bereits nach 2 Monaten verstorben ist und deshalb die in § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V genannte Dauer von 6 Monaten nicht erreicht wurde, ist unerheblich, da insofern zum einen eine vorausschauende Betrachtungsweise erforderlich ist und bei nicht ersichtlich ist, dass bereits bei Aufnahme in die Pflegeeinrichtung davon auszugehen war, dass der Versicherte nur noch 2 Monate zu leben und zum anderen auch eine voraussichtlich kürzere Dauer von 6 Monaten dann als unschädlich anzusehen sein dürfte, wenn dies nur darauf beruht, dass die verbleibende Lebensspanne voraussichtlich weniger als 6 Monate beträgt (in diesem Sinne auch die mehrfach erwähnte Stellungnahme des MDS, S. 9). Dem (Sachleistungs-)Anspruch des Versicherten auf Gewährung von Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V stand entgegen der Ansicht der Beklagten und des MDK nicht entgegen, dass während des streitgegenständlichen Zeitraums in der Pflegeeinrichtung auch ein so genanntes "weaning" (Beatmungsentwöhnung) durchgeführt wurde. Der MDK begründet seine Ansicht damit, dass nach den einschlägigen Behandlungsleitlinien das weaning der akutmedizinischen Behandlung zuzurechnen sei und daher im Krankenhaus durchgeführt werden müsse und nicht in einer Pflegeeinrichtung durchgeführt werden dürfe (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.11.2002 – L 4 KR 4638/00, juris). Indes steht die Notwendigkeit einer stationären Behandlung einem Anspruch auf häusliche Krankenpflege auch in einer Pflegeeinrichtung nicht grundsätzlich entgegen. Dies ergibt sich bereits aus der Wertung des § 37 Abs. 1 SGB V, wonach häusliche Krankenpflege auch dann gewährt wird, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Hierin kommt die Wertung zum Ausdruck, dass die häusliche Krankenpflege wenn möglich eine aufwändige stationäre Behandlung ersetzen soll (vgl. Nolte, in Kasseler Kommentar, SGB V, 70. EL. 2011, § 37 Rdnr. 7 m.w.N.). Diese Wertung, nach der es dem Versicherten frei steht und auch ausdrücklich gewünscht wird, dass er sich anstatt einer an sich gebotenen stationären Behandlung zu Hause pflegen und behandeln lässt, lässt sich auf den in § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V geregelten Fall der Gewährung von Behandlungspflege in einer stationären Pflegeeinrichtung übertragen. Auch wenn spezielle Intensivpflegeeinrichtungen zwar auch über eine aufwändige personelle und technische Ausstattung verfügen, dürfte der Aufenthalt dort in jedem Fall noch deutlich preiswerter sein, als ein dauerhafter Aufenthalt im Krankenhaus zumal wenn dieser – wie vorliegend jedenfalls bis zum 28.12.2008 – auf einer Intensivstation erfolgt. Der Einwand, dass die in einer Beatmungspflegeeinrichtung tätigen Pflegefachkräfte für die Durchführung des weaning nicht ausreichend qualifiziert sind, würde im Übrigen nur die Durchführung des weaning selbst betreffen, nicht aber die übrigen behandlungspflegerischen Maßnahmen. Dass das weaning gesonderte Kosten im Rahmen der Behandlungspflege verursacht hat, ist jedoch nicht ersichtlich. Schließlich ist vorliegend darauf hinzuweisen, dass das Krankenhaus nach den glaubhaften Angaben der Klägerin auf eine Beendigung des stationären Aufenthalts gedrängt hatte und die Beklagte bzw. die Pflegekasse die vollstationäre Pflege nach § 43 SGB XI auch – wenngleich verspätet – bewilligt hatte. Insofern wäre es nicht zu rechtfertigen, dem Versicherten die notwendige Behandlungspflege zu verweigern mit der Begründung, dass eigentlich stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen wäre. Die Beklagte war nach alledem zur Kostenerstattung zu verurteilen. Die Höhe der zu erstattenden Kosten ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und ergibt aus dem in dem Heimvertrag gesondert ausgewiesenen und von dem Versicherten bzw. der Klägerin auch allein getragenen Zuschlag für die Fachpflege Beatmung von täglich 159,01 EUR bzw. (ab dem 01.02.2009) 160,28 EUR. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klägerin – wie bereits ausgeführt –Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 SGB I ist, ist das Verfahren gemäß § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei.
Rechtskraft
Aus
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