B 6 KA 36/99 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 36/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) dem Kläger die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen zu erteilen hat.

Der Kläger, Facharzt für Chirurgie, war von 1982 bis Januar 1990 als Assistenzarzt in der chirurgischen Abteilung eines Kreiskrankenhauses tätig. Seit dem Quartal II/1990 ist er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen II/1990 bis III/1994 rechnete er insgesamt 220 arthroskopische Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 des Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) bzw der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) ab, darunter dreimal die Geb-Nr 2448 BMÄ/E-GO.

Seinen Antrag vom Oktober 1994, ihm die Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen nach der Arthroskopie-Vereinbarung vom 8. September 1994 zu genehmigen, lehnte die Beklagte ab. Er führe weder iS des § 4 Abs 1 Buchst b der Vereinbarung die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, noch habe er iS des § 4 Abs 2 mindestens 180 arthroskopische Operationen selbständig unter Anleitung eines zur Weiterbildung befugten Arztes durchgeführt. Er erfülle auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 9 Abs 2, nach der bis zum Inkrafttreten der Vereinbarung mindestens 180 Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 BMÄ/E-GO und dabei aus jeder dieser Gebührenordnungspositionen mindestens je 30 Leistungen abgerechnet worden sein mußten. Die von ihm angeführten arthroskopischen Leistungen für Berufsgenossenschaften bzw im Bereich der privatärztlichen Tätigkeit und die während seiner Kliniktätigkeit durchgeführten Operationen könnten nicht berücksichtigt werden, weil er sie nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht habe. Bei den klinischen Leistungen bestünden überdies angesichts der anderslautenden Stellungnahme des Leiters der Unfallchirurgie des Kreiskrankenhauses, Dr. S., vom 6. Oktober 1995 Zweifel, daß das über sie ausgestellte Zeugnis des Leitenden Arztes der Allgemeinchirurgie des Kreiskrankenhauses, Dr. K., vom 11. September 1995 zutreffe. Ferner ergäben die 63 Operationsberichte aus den Jahren 1990 bis 1996 nach der von ihr - der Beklagten - eingeholten Beurteilung des Oberarztes der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses F. , Dr. W., vom 3. Januar 1986 keinesfalls 30 Leistungen nach der Geb-Nr 2448, zeigten vielmehr im wesentlichen lediglich einen großzügigen Einsatz des Motorshavers. Die Stellungnahme des Orthopäden Dr. R. aus K. vom 18. Januar 1996 komme sogar allenfalls auf sieben solcher Operationen.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Sozialgericht abgewiesen (Urteil vom 26. November 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16. Juni 1999). Im Berufungsurteil ist ausgeführt, er erfülle die Qualifikationsvoraussetzungen nicht. Die nach § 4 Abs 1 oder 2 der Arthroskopie-Vereinbarung geforderte Qualifikation habe der Kläger nicht. Das Zeugnis des Dr. K. vom 11. September 1995 ergebe keine 180 unter Anleitung eines zur entsprechenden Weiterbildung befugten Arztes durchgeführten Arthroskopien und werfe darüber hinaus die Frage auf, ob das Zeugnis nicht von dem zur Weiterbildung befugten Arzt hätte ausgestellt werden müssen. Ohne Anleitung in eigener Praxis erbrachte und abgerechnete Leistungen könnten nicht berücksichtigt werden. Der Kläger habe auch nicht iS der Übergangsregelung des § 9 Abs 2 bis zum Inkrafttreten der Vereinbarung am 1. Oktober 1994 30 Leistungen nach der Geb-Nr 2448 BMÄ/E-GO abgerechnet. Für eine Prüfung, ob anderweitig abgerechnete Leistungen - in den Bereichen privatärztlicher Tätigkeit, der Berufsgenossenschaften oder der stationären Versorgung - inhaltlich der Geb-Nr 2448 entsprächen, sei kein Raum. Die Übergangsregelung sei auf nur einfache Ermittlungen anhand der Anzahl- und Summenstatistik ausgerichtet. Ihr widerspräche es, die Art der erbrachten Leistungen in einzelnen Fällen etwa anhand von Operationsberichten oder gar mit Hilfe von Nachbegutachtungen aufzuklären. Ebensowenig seien Leistungen zu berücksichtigen, die zwar im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, aber erst nach dem Inkrafttreten der Arthroskopie-Vereinbarung erbracht worden seien. Da unerheblich sei, ob Leistungen, die er nicht nach der Geb-Nr 2448 BMÄ/E-GO abgerechnet habe, inhaltlich dem entsprächen, bestehe kein Anlaß zur Einholung weiterer Gutachten.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Gerichte hätten ihm die Qualifikation nach der Übergangsregelung des § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung anerkennen müssen. Zu berücksichtigen sei, daß er die Geb-Nr 2448 nur in geringem Umfang abgerechnet habe, weil die ambulante Durchführung von Kreuzbandplastiken medizinisch bedenklich sei. Diese machten zwar üblicherweise den wesentlichen Anteil der Leistungen nach der Geb-Nr 2448 aus. Die sachgerechte Durchführung der Operationen erfordere aber einen Monitor, über den ambulante Praxen in der Regel nicht verfügten. Für die Übergangsregelung des § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung dürfe nicht gefordert werden, die Leistungen müßten nach der Geb-Nr des BMÄ oder der E-GO abgerechnet worden sein. Nach dem Sinn der Übergangsvorschrift sei ihre Handhabung am Zweck der Qualitätssicherung auszurichten. Die Feststellung der Qualifikation anhand des Erfahrungsschatzes des Arztes müsse genügen; dem Inhalt der Gebührenordnungspositionen entsprechende Leistungen müßten ausreichen. Dementsprechend sei mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln, in welchem Umfang er - der Kläger - den Geb-Nrn entsprechende Leistungen zB in den Bereichen der privatärztlichen Tätigkeit, der Berufsgenossenschaften und/oder der stationären Versorgung erbracht habe. Die von der Beklagten herangezogenen Begutachtungen seien zu Unrecht negativ ausgefallen. Das LSG hätte seinem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens zur Zuordnung der von ihm erbrachten Leistungen stattgeben müssen. Dieses hätte ergeben, daß er insgesamt 180 arthroskopische Operationen und auch mindestens 30 entsprechend jeder der drei genannten Geb-Nrn erbracht habe. Unzutreffend sei, nur die bis zum Quartal III/1994 erbrachten Leistungen zu berücksichtigen. Da nach der Arthroskopie-Vereinbarung die bisherigen Erbringer, wenn sie wie er bis zum 31. Dezember 1994 den Antrag gestellt hätten, weiterhin bis zu dessen endgültiger Bescheidung leistungs- und abrechnungsberechtigt seien, müßten auch die später erbrachten Leistungen noch angerechnet werden. Der Gesichtspunkt, zeitraubende Ermittlungen zum Inhalt der erbrachten Leistungen zu sparen, sei weder mit dem Vorrang des Berufsrechts vor dem Kassenarztrecht noch mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot noch mit Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch mit den Grundsätzen des Zytologie-Urteils des Bundessozialgerichts (BSGE 82, 55 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9) vereinbar.

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1999 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. November 1997 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1996 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - die Genehmigung nach § 2 der Arthroskopie-Vereinbarung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat den Bescheid der Beklagten, mit dem diese ihm die Genehmigung für die Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen versagte, zutreffend als rechtmäßig angesehen. Der Kläger erfüllt die in der Arthroskopie-Vereinbarung festgelegten Voraussetzungen nicht.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) haben gemäß § 10 Bundesmantelvertrag-Ärzte (nunmehr: § 11) bzw § 39 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag auf der Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V "Qualifikationsvoraussetzungen ... zur Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen" vereinbart (Arthroskopie-Vereinbarung vom 8. September 1994, DÄ 1994, C-1680 ff). Die Vereinbarung dient damit dem Ziel, die Strukturqualität im Rahmen der Qualitätssicherung von arthroskopischen Leistungen zu verbessern (vgl die Verlautbarung der KÄBV, DÄ 1994, C-1680). Demgemäß müssen für die Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Anforderungen an die fachliche Befähigung des Arztes und die apparative Ausstattung erfüllt sein, und die zuständige KÄV muß eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Leistung erteilt haben. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 der Vereinbarung ist die fachliche Befähigung nachgewiesen, wenn der Arzt im Gebiet der Orthopädie die - mindestens 1 Jahr dauernde - fakultative Weiterbildung "Spezielle Orthopädische Chirurgie" erworben hat (aaO Buchst a) oder für die arthroskopische Behandlung posttraumatischer Krankheitszustände berechtigt ist, die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" zu führen (aaO Buchst b). Nach § 4 Abs 1 Satz 2 müssen Ärzte mit der Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie", die über die genannten Krankheitszustände hinausgehende arthroskopische Behandlungen durchführen wollen, zusätzlich die in § 4 Abs 2 festgelegten fachlichen Anforderungen erfüllen und nachweisen. Hat eine Weiterbildung iS des Abs 1 aaO nicht stattgefunden, so gilt nach Abs 2 aaO bei Ärzten für Chirurgie oder Orthopädie die fachliche Befähigung als nachgewiesen, wenn der Arzt insgesamt mindestens 180 arthroskopische Operationen selbständig unter Anleitung eines zur Weiterbildung nach dem Weiterbildungsrecht befugten Arztes durchgeführt und dies nachgewiesen hat, wobei er mindestens jeweils 30 Operationen der in § 4 Abs 2 Sätze 2 ff Buchst a bis c bzw d und e der Vereinbarung durchgeführt haben und nachweisen muß. Liegen wie hier beim Kläger die aufgezeigten fachlichen Qualifikationen nicht vor, so kann der Arzt dennoch die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Leistungen erhalten. Voraussetzung hierfür ist nach der Übergangsregelung des § 9 Abs 2, daß er dies bis zum 31. Dezember 1994 beantragt und vor dem Inkrafttreten der Vereinbarung regelmäßig arthroskopische Leistungen nach Maßgabe des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) erbracht hat. Er muß nachweisen, mindestens 180 Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 BMÄ/E-GO und dabei aus jeder dieser Gebührenordnungspositionen mindestens 30 Leistungen abgerechnet zu haben.

Die Arthroskopie-Vereinbarung beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 135 Abs 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V, idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266). Diese Bestimmung ist zwar durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) neu gefaßt worden. Im vorliegenden Verfahren anzuwenden ist aber die bei Abschluß der Arthroskopie-Vereinbarung im Jahre 1994 geltende Fassung der Vorschrift (vgl zB BVerfGE 9, 3, 12; 14, 245, 249; 44, 216, 226; 98, 106, 130 betr Rechtsverordnungen, für die es auf das Vorliegen der Ermächtigung im Zeitpunkt ihres Erlasses ankommt). Danach können die Vertragspartner der Bundesmantelverträge einheitliche Qualifikationserfordernisse für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte vereinbaren, und zwar für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach besondere Kenntnisse und Erfahrungen des Arztes voraussetzen. Die Arthroskopie-Vereinbarung enthält Regelungen für einen solchen Bereich. Bei arthroskopischen Operationen werden in Gelenken die in § 4 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung beschriebenen operativen Maßnahmen vorgenommen, die besondere Kenntnisse und Erfahrungen in den endoskopischen diagnostischen und therapeutischen Verfahren voraussetzen. Das in § 4 Abs 1 und 2 festgelegte Erfordernis fachlicher Befähigung hält sich, was keiner weiteren Ausführungen bedarf, ohne weiteres im Rahmen des Beurteilungsspielraums, der den Vertragspartnern bei der einzelfallbezogenen Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eingeräumt ist (vgl dazu BSGE 82, 55, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 40).

Die Vorschrift des § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V, der Änderungen des EBM-Ä dem Bewertungsausschuß vorbehält, steht der Vereinbarung von Qualifikationsanforderungen als Voraussetzung für die Befugnis zur Abrechnung der Leistungen nicht entgegen. Denn die getroffenen Regelungen betreffen nicht den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und/oder ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander, sondern normieren lediglich ein der Abrechnung vorgelagertes Qualifikationserfordernis (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 29 mwN).

Bei derartigen Vereinbarungen der KÄBV mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen handelt es sich um Verträge mit normativer Wirkung, die auch am Vertragsschluß nicht beteiligte Dritte binden (vgl BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 29 mwN). Sie und die ihnen zugrundeliegende Regelung des § 135 Abs 2 SGB V sind sowohl in kompetentieller als auch in materieller Hinsicht mit dem höherrangigen Recht des GG vereinbar.

Wie der Senat im Zytologie-Urteil ausgeführt hat, steht dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz zur Regelung von Qualitätssicherungsmaßnahmen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu (BSGE 82, 55, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 41). Dies folgt aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, in dem die Materie der "Sozialversicherung" genannt ist, die das Vertragsarztrecht mitumfaßt (BSG aaO). Bedenken ergeben sich nicht aus dem Verhältnis zum allgemeinen Berufsrecht, für das die Ländergesetzgeber die Kompetenz haben und in dem berufsrechtliche Qualifikationsstandards geregelt sind. Die Bestimmungen der Arthroskopie-Vereinbarung knüpfen an die landesrechtlichen Qualifikationsstandards an (vgl dazu die Regelungen der Muster-WBO des 95. Deutschen Ärztetages 1992, Beiheft zum DÄ 1992, S 13, und die damit im wesentlichen übereinstimmenden Weiterbildungsvorschriften der Länder, vgl hier die WBO für Ärztinnen und Ärzte in Hessen).

Sowohl § 135 Abs 2 SGB V als auch die Regelungen der Arthroskopie-Vereinbarung stehen mit Art 12 Abs 1 GG in Einklang. Sie begrenzen nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl iS des Art 12 Abs 1 GG, sondern lediglich die Berufsausübung. Zur Legitimation von Berufsausübungsregelungen bedarf es je nach Intensität des Eingriffs unterschiedlich gewichtiger rechtfertigender Gründe. Dabei sind an sog berufswahlnahe Ausübungsregelungen erhöhte Anforderungen zu stellen und an statusrelevante höhere als an nicht statusrelevante (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 30 mwN). Werden Ärzte durch neue Regelungen von der Erbringung und Abrechnung bestimmter, zu ihrem Fachgebiet gehörender Leistungen ausgeschlossen, so liegt eine statusrelevante Ausübungsregelung dann vor, wenn diese Leistungen für das Fachgebiet wesentlich sind. Während bei statusrelevanten Berufsausübungsregelungen die für die Grundrechte wesentlichen Entscheidungen im Gesetz selbst zu treffen sind, erfordert die Normierung nicht statusrelevanter Regelungen keine besonderen Vorgaben im förmlichen Gesetz. Deren Ausgestaltung ist in weiterem Umfang dem untergesetzlichen Normgeber überlassen. Dementsprechend haben die Partner der Bundesmantelverträge als Normsetzer bei der Einführung nicht statusrelevanter qualitätssichernder Maßnahmen einen weitgehenden Entscheidungsspielraum (vgl BSG aaO mwN).

Auch nicht statusrelevante Berufsausübungsregelungen untergesetzlicher Normgeber müssen aber wie alle Eingriffe in das Grundrecht des Art 12 Abs 1 GG durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei sind die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh der Geeignetheit, Erforderlichkeit sowie Angemessenheit und Zumutbarkeit, zu beachten. Es ist vorrangig Aufgabe des Normsetzers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahme er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Ihm ist ein Beurteilungsspielraum sowohl bei der Gewichtung der Gemeinwohlbelange als auch bei deren Abwägung gegenüber der Intensität des Eingriffs eingeräumt. Ein gewisser "Überschuß" an Qualifikationsanforderungen ist hinzunehmen (BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 31 mwN). Daraus folgt, daß die Gerichte erst einschreiten können, wenn die Rechtsnorm bezogen auf das ihr zugrundeliegende Gemeinwohlziel schlechthin ungeeignet, eindeutig nicht erforderlich oder auch erkennbar unangemessen oder unzumutbar ist, so also insbesondere dann, wenn die der Rechtsnorm zugrundeliegenden Einschätzungen und/oder Prognosen so offensichtlich fehlerhaft sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für normative Maßnahmen abgeben können (BSG aaO mwN).

Nach diesen Grundsätzen sind die Regelungen der Arthroskopie-Vereinbarung, aufgrund derer die Beklagte dem Kläger die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen versagte, nicht zu beanstanden.

Diese Bestimmungen stellen lediglich nicht statusrelevante Berufsausübungsregelungen von geringerer Eingriffsintensität dar. Bei den betroffenen Leistungen handelt es sich nicht um für das Fachgebiet des Chirurgen wesentliche oder es prägende Leistungen. Spezielle Kenntnisse über und Erfahrungen mit arthroskopischen Eingriffen gehören nicht zum Grundbestand der Weiterbildung des Chirurgen. Dies ergibt sich ebenso aus der sog Muster-WBO wie aus den Weiterbildungsvorschriften der Länder (s Muster-WBO Anlage Abschnitt I Nr 7 und zB WBO Hessen Abschnitt I Nr 5). Nach diesen Bestimmungen erstreckt sich nur die zusätzliche Weiterbildung im Rahmen des Schwerpunktes Unfallchirurgie auf besondere Kenntnisse und Erfahrungen in den endoskopischen diagnostischen und therapeutischen Verfahren (s WBOen aaO, in Abschnitt 7.C.3 bzw 5.C.3; - ebenso übrigens auch im Rahmen der Orthopädie nur die Fakultative Weiterbildung Spezielle Orthopädische Chirurgie, s WBOen aaO, jeweils Abschnitt 29.B.1 bzw 26.B.1).

Den Qualifikationsanforderungen für arthroskopische Leistungen liegen entsprechend den Anforderungen an Berufsausübungsregelungen ausreichende Gründe des Gemeinwohls zugrunde, und sie sind auch verhältnismäßig. Sie dienen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Leistungen, somit der Gesundheit von Menschen und damit einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut (vgl zuletzt BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 31 f mwN). Anhaltspunkte dafür, daß die Regelungen bezogen auf dieses maßgebliche Gemeinwohlziel des Gesundheitsschutzes schlechthin ungeeignet oder eindeutig nicht erforderlich sein könnten, bestehen nicht. Sie können auch nicht als unangemessen oder unzumutbar beanstandet werden. Im Rahmen der Abwägung der Schwere des Eingriffs gegenüber den der Regelung zugrundeliegenden Gemeinwohlinteressen konnte der Normsetzer diesen Belangen den Vorrang einräumen, zumal - wie dargelegt - ein "Überschuß" an Qualifikationsanforderungen hinzunehmen ist.

Auch die Ausgestaltung der Übergangsregelung des § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung ist nicht zu beanstanden. Betreffen die Qualifikationsanforderungen wie im vorliegenden Fall nicht den Grundbestand bzw Kernbereich des Fachgebiets, so ist schon fraglich, ob für diejenigen, die diese Leistungen in der Vergangenheit in erlaubter Weise erbrachten, überhaupt Übergangsregelungen geschaffen werden müssen (verneinend für die Durchführung von Krankengymnastik und Massagen durch Allgemeinärzte: BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11). Werden sie trotzdem vereinbart, so hat der Normsetzer bei ihrer Ausgestaltung eine besonders weite Gestaltungsfreiheit. Vor allem kann er sie eng begrenzen bzw strenge Anforderungen festlegen. Dementsprechend kann die hier in Frage stehende Regelung des § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung entgegen der Ansicht des Klägers nicht beanstandet werden.

In § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung ist bestimmt, daß Ärzte, die vor Inkrafttreten dieser Vereinbarung regelmäßig arthroskopische Leistungen nach Maßgabe des EBM-Ä erbrachten, diese Leistungen weiterhin ausführen und abrechnen dürfen, sofern sie dies bis zum 31. Dezember 1994 beantragt haben und berufsrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen. Nach den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift ist die Genehmigung zu erteilen, wenn der Antragsteller nachweist, daß er mindestens 180 arthroskopische Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 BMÄ/E-GO und aus jeder dieser Gebührenordnungspositionen mindestens 30 Leistungen zur Abrechnung gebracht hat. Nach Satz 4 der Regelung muß er ferner die Erfüllung der räumlichen und apparativen Voraussetzungen des § 5 bis zum 30. Juni 1995 nachweisen.

Nach ihrem Regelungsgehalt soll die Übergangsvorschrift in der Weise dem Besitzstandsschutz dienen, daß auch denjenigen Ärzten, die zwar nicht die Qualifikationsvoraussetzungen des § 4 Abs 1 oder Abs 2 erfüllen, aber schon bisher in nennenswertem Umfang arthroskopische Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten und daraus entsprechende Einnahmen erzielten, dies auch weiterhin möglich ist. Der Rechtscharakter als Regelung zum Besitzstandsschutz wird vor allem daran deutlich, daß nach ihrem Wortlaut nur die arthroskopischen Leistungen, die der Arzt schon vor Inkrafttreten der Vereinbarung nach dem EBM-Ä erbrachte und abrechnete, zu berücksichtigen sind, daß also erforderlich ist, daß der Arzt schon in der Vergangenheit in nennenswertem Umfang in diesem Bereich vertragsärztlich tätig war. Der Kläger verkennt diesen Ausgangspunkt der Übergangsregelung, wenn er meint, es reiche aus, die persönliche Qualifikation zur Erbringung arthroskopischer Leistungen nachzuweisen, wobei auch außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte arthroskopische Operationen und diejenigen, die er erst später im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und abgerechnet habe, zu berücksichtigen seien.

Die Übergangsregelung muß auch nicht etwa - entgegen der Ansicht des Klägers - aus rechtlichen Gründen in diesem Sinne ausgelegt werden. Sind - wie hier - keine für das Fachgebiet wesentlichen oder es prägenden Leistungen betroffen, so ist es unbedenklich, wenn der Normsetzer eine Übergangsvorschrift nur im Sinne einer Besitzstandsschutzregelung ausgestaltet und nicht jedem Arzt, der Erfahrungen in der qualifizierten Erbringung solcher Leistungen nachweist, die Berechtigung zuerkennt, sie künftig im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen und abzurechnen. Vor dem Hintergrund der weiten Gestaltungsfreiheit kann dies nicht beanstandet werden. Den berufsrechtlichen Vorgaben der dafür zuständigen Länder ist in ausreichendem Maße dadurch Rechnung getragen worden, daß die Grundtatbestände des § 4 der Vereinbarung sich an berufsrechtlichen Qualifikationen orientieren. Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG oder gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot vor. Denn der Normsetzer hat, wie dargelegt, bei der Ausgestaltung von Berufsausübungsregelungen iS des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit vor allem dann, wenn keine für das Fachgebiet wesentlichen oder es prägenden Leistungen betroffen sind.

Die Vertragspartner der Vereinbarung haben sich dementsprechend darauf beschränken können, die erleichterte Zuerkennung der Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung davon abhängig zu machen, daß der Arzt in diesem Bereich solche Leistungen schon bisher in nennenswertem Ausmaß erbrachte. Unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt des Schutzes vertragsärztlicher Besitzstände war es folgerichtig, arthroskopische Tätigkeiten des Arztes außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, zB in den Bereichen der stationären Versorgung, der privatärztlichen Tätigkeiten oder der Berufsgenossenschaften, außer Betracht zu lassen.

Entsprechend der Konzeption des § 9 Abs 2 Satz 1 der Arthroskopie-Vereinbarung als Regelung zum Schutz nur bereits vorhandener vertragsärztlicher Besitzstände sind auch die Leistungen unberücksichtigt geblieben, die zwar im vertragsärztlichen Bereich, aber erst nach Inkrafttreten der Arthroskopie-Vereinbarung erbracht und abgerechnet worden sind. Dies ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht unvereinbar mit dem in der Vorschrift normierten Recht des Arztes, im Falle eines bis zum 31. Dezember 1994 gestellten Antrags einstweilen weiterhin arthroskopische Leistungen auszuführen und abzurechnen. Zwar hätten die Vertragspartner möglicherweise bestimmen können, daß die in dieser Zeit durchgeführten Operationen noch zur Erfüllung der Zahl von 180 insgesamt bzw 30 je Geb-Nr beitragen können. Dazu waren sie aber jedenfalls nicht verpflichtet. Sie konnten sich darauf beschränken, - entsprechend dem Zweck des Besitzstandsschutzes - nur die bis zum Quartal III/1994 erbrachten Leistungen zu berücksichtigen; denn sie durften - wie ausgeführt - die Übergangsregelung eng ausgestalten.

Auch die Einzelanforderungen an den Nachweis, daß der Arzt schon bisher in nennenswertem Ausmaß in diesem Bereich arthroskopische Leistungen erbrachte, halten sich im Rahmen der den Vertragspartnern zustehenden weitgehenden Gestaltungsfreiheit. Das in § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 der Arthroskopie-Vereinbarung normierte Erfordernis, er müsse insgesamt mindestens 180 arthroskopische Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 BMÄ/E-GO und aus jeder dieser Gebührenordnungspositionen mindestens 30 Leistungen zur Abrechnung gebracht haben, ist nicht sachwidrig. Insbesondere ist die Zahl der geforderten vertragsärztlichen Leistungen nicht zu hoch. Die Zahlen von 180 Operationen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 BMÄ/E-GO und von mindestens 30 aus jeder dieser Gebührenordnungspositionen entsprechen den in § 4 Abs 2 Satz 2 der Arthroskopie-Vereinbarung normierten Zahlen, die allerdings dort unter der Anleitung eines zur Weiterbildung nach dem Weiterbildungsrecht befugten Arztes durchgeführt sein mußten. Im Falle des Klägers etwa, der bis zu deren Inkrafttreten bereits mehr als vier Jahre vertragsärztlich tätig war, hätte es ausgereicht, je Quartal insgesamt zwölf solche Leistungen und dabei aus den drei Gebührenordnungspositionen je zwei zu erbringen. Die 30 Leistungen nach der Geb-Nr 2448 mußten nicht unbedingt gerade durch Kreuzbandplastiken erbracht werden; sie konnten auch durch andere arthroskopische Operationen erfüllt werden. Daher ist sein Einwand unbeachtlich, die Durchführung von Kreuzbandplastiken in ambulanter Praxis - ohne Kontrolle mit Hilfe eines Monitors - sei medizinisch bedenklich. Im übrigen durfte der Normsetzer - wie schon ausgeführt - die Übergangsregelung eng ausgestalten.

Auf dieser Grundlage hat das LSG dem Kläger im Ergebnis zu Recht die von ihm begehrte Zuerkennung der Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen nach § 9 Abs 2 der Arthroskopie-Vereinbarung versagt. Denn der Kläger hatte, wie im Berufungsurteil festgestellt ist, nicht die erforderliche Anzahl arthroskopischer Operationen im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bis zum Inkrafttreten der Vereinbarung am 1. Oktober 1994 erbracht und abgerechnet. Seinem Vorbringen, von ihm nach der Geb-Nr 2447 EBM-Ä / BMÄ/E-GO abgerechnete Leistungen hätten in Wahrheit den Leistungsinhalt der Geb-Nr 2448 erfüllt, brauchte nicht nachgegangen zu werden. Denn vom Sinn und Zweck einer dem Besitzstandsschutz dienenden Regelung her wird in § 9 Abs 2 Satz 3 der Arthroskopie-Vereinbarung zu Recht gefordert, daß der Arzt die geforderten mindestens 30 Leistungen aus jeder der Gebührenpositionen "zur Abrechnung gebracht haben" muß. Nur durch die entsprechende Einnahmeerzielung, die beim Kläger im Falle der Geb-Nr 2448 fehlt, könnte sich der erforderliche Besitzstand ergeben.

Ohne Erfolg ist schließlich auch der Hinweis des Klägers auf die Vorgabe des § 135 Abs 2 Satz 3 SGB V, wonach bei Einführung neuer Qualifikationserfordernisse übergangsweise den Ärzten, die über diese bisher nicht verfügen, das Recht der weiteren Leistungserbringung eingeräumt werden kann, wobei aber ein den Fachärzten entsprechender Kenntnis- und Erfahrungsstand gefordert werden muß. Diese Regelung, die erst mit Wirkung zum 1. Juli 1997 geschaffen wurde (2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520), ist auf die Arthroskopie-Vereinbarung schon deshalb nicht anwendbar, weil sie erst nach dieser geschaffen wurde. Überdies ist sie inhaltlich nicht einschlägig. Sie legt Mindestanforderungen für den Fall fest, daß Ärzten, die schon bisher bestimmte Leistungen erbrachten, unter erleichterten Voraussetzungen die entsprechende Qualifizierung ermöglicht werden soll; hierfür ist dann eine "Nach"qualifikation mit Nachweis eines den Fachärzten entsprechenden Kenntnis- und Erfahrungsstandes zu fordern (vgl Köster in: v. Maydell (Hrsg), GK-SGB V, § 135 RdNr 17). Sie ist indessen keine Regelung, die nach Art eines Übermaßverbots Schutz gegen zu strenge Anforderungen einer Übergangsvorschrift bieten kann. Deshalb kann der Einwand des Klägers, die Forderung von je 30 Leistungen nach den Geb-Nrn 2446 bis 2448 und von insgesamt 180 arthroskopischen Leistungen gehe über den fachärztlichen Kenntnis- und Erfahrungsstand iS des § 135 Abs 2 Satz 3 SGB V hinaus, keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
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