L 1 KR 145/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 27 KR 200/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 145/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rückwirkende Bestätigung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler

1. Bei der einheitlichen Regelung der Beitragsbemessung gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V handelt es sich
um autonomes Recht, für dessen Erlass der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes und nicht dessen
Vorstand zuständig ist (Festhaltung an Sächsisches LSG vom 7.11.2011 - L 1 KR 173/10 B ER).
2. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des GKV-Spitzenverbandes sind wirksam, seitdem sie von
dessen Verwaltungsrat am 30.11.2011 zulässigerweise mit Wirkung für die Vergangenheit bestätigt worden
sind.
3. Gegen die Ermächtigung des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Regelung der Beitragsbemessung in
§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
4. Für die Heranziehung eines Promotionsstipendiums als beitragspflichtige Einnahme genügt nicht die
Generalklausel in § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. Juni 2011 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010 in der Fassung der Bescheide vom 28. Januar 2011, 8. August 2011 und 22. November 2011 wird insoweit aufgehoben, als darin der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2011 beitragspflichtige Einnahmen von mehr als kalendertäglich 1/90 der jeweiligen monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt worden sind. Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger den Differenzbetrag zwischen den tatsächlich für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2011 gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und den unter Zugrundelegung beitragspflichtiger Einnahmen von kalendertäglich 1/90 der jeweiligen monatlichen Bezugsgröße geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu erstatten.

II. Die Beklagten haben dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Heranziehung eines Promotionsstipendiums zur Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in der Auffangpflichtversicherung.

Der 1979 geborene Kläger kehrte am 21.11.2007 nach einem längeren Auslandsaufenthalt als Stipendiat der Deutschen Studienstiftung nach Deutschland zurück. Vom 01.12.2007 bis zum 30.11.2011 erhielt er zur Vorbereitung auf die Promotion von der Max-Planck-Gesellschaft ein monatliches Stipendium von zunächst 1.128,00 EUR und später (ab 01.12.2009) 1.340,00 EUR. Am 12.12.2007 zeigte er bei der bei der zu 1 beklagten Krankenkasse die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) an. Mit – auch im Auftrag der zu 2 beklagten Pflegekasse ergangenem – Bescheid vom 08.02.2008 setzte die Beklagte zu 1 den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 21.11.2007 auf insgesamt 122,09 EUR und für die Zeit ab 01.01.2008 auf insgesamt 122,18 EUR fest. Sie legte dabei beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 1/3 der monatlichen Bezugsgröße zugrunde und rechnete ausdrücklich das Stipendium nicht als Einkommen an, wobei der Bescheid hinsichtlich des zugrunde gelegten Einkommens längstens bis 30.11.2009 galt.

Nachdem der Kläger im Rahmen einer Einkommensabfrage im August 2009 erneut sein Promotionsstipendium angegeben hatte, setzte die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – mit Bescheid vom 11.08.2009 den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.07.2009 auf 186,12 EUR fest; sie legte dabei beitragspflichtige Einnahmen von 1.128,00 EUR zugrunde. Gegen die damit erfolgte Berücksichtigung seines Promotionsstipendiums bei der Beitragsbemessung wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Er berief sich auf ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 26.10.2009 (S 44 KR 164/09 - nicht veröffentlicht), wonach für die Beitragspflicht von Stipendien eine ausdrückliche Regelung erforderlich sei. Eine solche Regelung enthielten auch die Einheitlichen Grundsätze des GKV-Spitzenverbandes zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2010 wies die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – den Widerspruch zurück. Seit dem 01.01.2009 werde die Beitragsbemessung nicht mehr durch die Satzung geregelt, sondern durch die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des GKV-Spitzenverbandes nach deren § 3 Abs. 1 alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten, zugrunde zu legen seien, was auf die Einnahmen des Klägers von 1.128,00 EUR zutreffe.

Der Kläger hat am 14.06.2010 beim SG Leipzig Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 28.01.2011 hat die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – aufgrund von Beitragssatzerhöhungen den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.01.2011 auf insgesamt 192,89 EUR festgesetzt.

Der Kläger hat vorgebracht, § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler genüge nicht, um ein Promotionsstipendium zur Beitragsbemessung heranzuziehen. Vielmehr sei für diese von der Rechtsprechung noch nicht anerkannte Einnahmeart eine konkretisierende Regelung erforderlich – zumal Stipendien mannigfaltige Pauschalen enthalten könnten, die zweckgebunden seien und nicht dem Lebensunterhalt dienten. Ohnehin seien nach einem Urteil des SG München vom 02.03.2010 (S 19 KR 873/09 - juris) die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler unwirksam. Auch habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden (Urteil vom 23.01.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 4-5868 § 3 Nr. 3), dass Stipendien keine anrechenbaren Einnahmen im Sinne von § 18a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien.

Die Beklagte zu 1 hat erwidert, im "Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V" sei eindeutig festgelegt, dass Stipendien nach §§ 3 und 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler beitragspflichtig seien. Die generalklauselartige Regelung in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler reiche aus. Eine konkretisierende Regelung sei nur erforderlich, wenn die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten stoße und sich dem Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe entnehmen ließen oder wenn die zu beurteilenden Einnahmen im Grenzbereich zwischen beitragspflichtigen und nicht mehr beitragspflichtigen Einnahmen lägen. Dagegen sei allein die Zwecksetzung der Einnahme belanglos.

Mit Urteil vom 21.06.2011 hat das SG Leipzig die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung korrekt berechnet. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien wirksam. Der Gesetzgeber habe den GKV-Spitzenverband in § 240 Abs. 1 SGB V ermächtigt, einheitliche Regelungen für die Beitragsbemessung zu erlassen. Diese Regelung müsse nicht zwingend in Form einer Rechtsverordnung oder Satzung ergehen. Das Grundgesetz (GG) enthalte keinen abschließenden Katalog der zulässigen Rechtssetzungsformen. Außerdem habe der Gesetzgeber dem GKV-Spitzenverband in ausreichendem Maße vorgegeben, welche Einkünfte bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen seien. Nach § 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler gehörten zu den beitragspflichtigen Einnahmen alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen finde nicht statt. Das Promotionsstipendium des Klägers diene seinem Lebensunterhalt. Durch dieses Stipendium solle es ihm ermöglicht werden, seine Promotion zielgerichtet fertig zu stellen, ohne dass er eine Beschäftigung ausüben müsse, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Bei der Bewilligung sei er ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das Stipendium als Zuschuss zum Lebensunterhalt und nicht als Gegenleistung für die wissenschaftliche Arbeit gezahlt werde. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass sein Stipendium kein Einkommen im Sinne von § 18a SGB IV darstelle. Denn in dieser Vorschrift werde nicht geregelt, welche Einnahmen und Geldmittel dem Versicherten zum Lebensunterhalt dienten.

Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner am 02.08.2011 eingelegten Berufung. Nachdem er eine Einkommensanfrage nicht beantwortet hatte, hat die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – mit Bescheid vom 20.07.2011 Höchstbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung festgesetzt. Als die Einkommensanfrage dann eingegangen war, hat die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – mit Bescheid vom 08.08.2011 den Bescheid vom 20.07.2011 aufgehoben und den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.07.2011 auf 229,14 EUR festgesetzt; dabei ist erstmals die Erhöhung des Promotionsstipendiums auf 1.340,00 EUR berücksichtigt worden. Mit – auch im Namen der Beklagten zu 2 ergangenen – Bescheid vom 22.11.2011 hat die Beklagte zu 1 aufgrund der Aufnahme einer Beschäftigung zum 01.12.2011 das Ende der Auffangpflichtversicherung zum 30.11.2011 festgestellt; der für den November 2011 geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von 229,14 EUR werde noch im Dezember 2011 abgebucht.

Der Kläger bemängelt, das SG Leipzig habe sich mit den Einwänden des Hessischen Landessozialgerichts (LSG), die dieses in seinem Beschluss vom 21.02.2011 (L 1 KR 327/10 B ER - juris) gegen die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler erhoben habe, nicht auseinandergesetzt. Es liege auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Denn ein verheirateter Stipendiat könnte sich über seinen Ehegatten versichern, weil Stipendien in der Familienversicherung nicht als Einnahme gewertet würden. Auch könnte ein Stipendiat, dem dies neben seinem Promotionsvorhaben erlaubt sei, eine Beschäftigung gegen 401,00 EUR annehmen, aus denen dann allein seine Beiträge berechnet würden. Bestimmte Stipendiengeber legten ihren Stipendiaten letzteres nahe und ermöglichten es, was zu dem paradoxen Ergebnis führte, dass höhere Einnahmen niedrigere Beiträge zur Folge hätten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. Juni 2011 insgesamt und den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010 in der Fassung der Bescheide vom 28. Januar 2011, 8. August 2011 und 22. November 2011 insoweit aufzuheben, als darin der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2011 beitragspflichtige Einnahmen von mehr als kalendertäglich 1/90 der jeweiligen monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt worden sind, sowie die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger den Differenzbetrag zwischen den tatsächlich für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2011 gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und den unter Zugrundelegung beitragspflichtiger Einnahmen von kalendertäglich 1/90 der jeweiligen monatlichen Bezugsgröße geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten.

Die Beklagten zu 1 und zu 2 beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend und es unter Bezugnahme auf die Ergebnisniederschrift einer Fachbeiratssitzung des GKV-Spitzenverbandes für erforderlich, die Rechtmäßigkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler höchstrichterlich zu klären.

Der vom Senat mit Beschluss vom 12.10.2011 beigeladene GKV-Spitzenverband beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er teilt mit, sein Verwaltungsrat habe in einer Sitzung vom 30.11.2011 die Geltung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler rückwirkend bestätigt. Zudem seien die gesetzlichen Vorgaben in § 240 SGB V hinsichtlich der Behandlung von Stipendien hinreichend konkret umgesetzt worden.

Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Die Beklagten waren nicht berechtigt, für die Zeit vom 01.07.2009 bis zum 30.11.2011 das Promotionsstipendiums des Klägers zur Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge heranzuziehen. Vielmehr durften nur die fiktiven Mindesteinnahmen nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden. Dies ergibt sich zwar nicht daraus, dass die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des GKV-Spitzenverbandes unwirksam wären (1.). Doch enthalten sie nicht die erforderliche ausdrückliche Regelung über die Beitragspflicht von Stipendien (2.). Den Differenzbetrag zwischen den geschuldeten und den tatsächlich gezahlten Beiträgen haben die Beklagten dem Kläger zu erstatten (3.).

1. Die Regelungen über die Beitragsbemessungsgrundlagen in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler sind zwar zunächst durch das nicht dafür zuständige Organ des GKV-Spitzenverbandes erlassen worden und daher unwirksam gewesen (dazu a); dieser Mangel ist aber inzwischen behoben worden (dazu b). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Ermächtigung des GKV-Spitzenverbandes zur Regelung der Bemessungsgrundlagen teilt der Senat nicht (dazu c).

a) Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind, soweit sie im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen, mithin soweit darin die Bemessung der Beiträge von Mitgliedern geregelt wird, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auffangpflichtversichert sind (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler i.V.m. §§ 227, 240 SGB V), ursprünglich zu Unrecht durch den Vorstand des GKV-Spitzenverbandes und nicht durch dessen Verwaltungsrat erlassen worden. Organe des GKV-Spitzenverbandes, den das Gesetz als "Spitzenverband Bund der Krankenkassen" (§ 217a SGB V) bezeichnet, sind der Verwaltungsrat (§ 217b Abs. 1 SGB V), der Vorstand (§ 217b Abs. 2 SGB V) und die Mitgliederversammlung (§ 217b Abs. 3 SGB V). Der Vorstand vertritt den Spitzenverband nicht nur nach außen, sondern ist auch intern für alle Angelegenheiten des Spitzenverbandes zuständig, soweit sie nicht durch Gesetz oder Satzung anderen Organen vorbehalten sind (vgl. § 217b Abs. 2 Satz 4 SGB V – siehe auch BT-Drucks. 16/3100, S. 161). Im Gegensatz zu dem grundsätzlich allzuständigen Vorstand hat die Mitgliederversammlung eine einzige Aufgabe: die Wahl des Verwaltungsrates (§ 217b Abs. 3 Satz 2 SGB V). Anders als diesem reinen Wahlgremium räumt das Gesetz dem Verwaltungsrat wichtige Steuerungs- und Entscheidungsmöglichkeiten ein. Eine aufsichtsratsähnliche Funktion nimmt der Verwaltungsrat wahr, indem ihm nicht nur die Wahl (§ 217b Abs. 2 Satz 3 SGB V), sondern auch die Überwachung und die Abberufung des Vorstandes (§ 217b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 197 Abs. 1 Nr. 1a SGB V und § 35a Abs. 7 SGB IV) obliegt. Darüber hinaus gesteht das Gesetz dem Verwaltungsrat eine Leitlinienkompetenz zu, weil er die Entscheidung über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu treffen hat (§ 217b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 197 Abs. 1 Nr. 1b SGB V). Zudem behält das Gesetz dem Verwaltungsrat weitere wichtige Entscheidungsbefugnisse vor, insbesondere den Beschluss der Satzung sowie sonstigen autonomen Rechts (§ 217b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 197 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Um autonomes Recht handelt es sich bei der einheitlichen Regelung der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder, zu der § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V den GKV-Spitzenverband ermächtigt und die nach § 227 SGB V entsprechend für auffangpflichtversicherte Mitglieder gilt. Denn diese einheitliche Regelung durch den GKV-Spitzenverband ist mit Einführung des Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 funktional an die Stelle der Satzungsregelungen der einzelnen Krankenkassen getreten. Im Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 16/3100, S. 163 f.) wurde diese Kompetenzverlagerung folgendermaßen begründet: "Der Spitzenverband Bund und nicht mehr die einzelne Krankenkasse legt künftig die Grundsätze für die Beitragseinstufung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung fest. Dabei ist wie bisher die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen. Da die Krankenkassen ab Einrichtung des Gesundheitsfonds kein originäres Interesse an der Beitragseinstufung freiwillig Versicherter mehr haben, ist es erforderlich, einheitliche, kassenartenübergreifende Regelungen zu schaffen. Zudem wird so eventuellen Verwerfungen im Wettbewerb vorgebeugt, denn die Krankenkassen haben nunmehr keine Möglichkeit, günstigere beitragsrechtliche Einstufungen mit dem Ziel der Mitgliederbindung/-gewinnung vorzunehmen. Bislang fiel die Beitragseinstufung freiwilliger Mitglieder in die Satzungskompetenz der jeweiligen Krankenkasse. Zudem war es damit nach alter Rechtslage möglich, dass die Krankenkassen unterschiedliche Einstufungsgrundsätze praktizierten. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds können derartige Unterschiede nicht mehr aufrecht erhalten werden." Sinn und Zweck der Kompetenzverlagerung war die Schaffung einheitlicher Regelungen für alle Kassenarten. Deshalb wird in § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch eigens betont, dass der nunmehr zuständige GKV-Spitzenverband "einheitliche" Regelungen zu schaffen hat. Aus der Zentralisierung und Vereinheitlichung der Regelung der Bemessungsgrundlagen folgt nicht, dass sich damit an deren Rechtsnormcharakter etwas ändern sollte. Dies lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass seit 01.01.2009 in § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht mehr von einer Regelung "durch die Satzung" die Rede ist. Denn die Satzung des GKV-Spitzenverbandes bestimmt dessen Verfassung und innere Ordnung (vgl. Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 217e Rn. 1), umfasst also nicht das gesamte autonome Recht. Letzteres gilt zwar auch für die einzelnen Krankenkassen. Dass bei ihnen das Gesetz die Regelung von (Leistungs-)Rechten und (Beitrags-)Pflichten der Versicherten der Satzung vorbehält (vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V), beruht aber darauf, dass damit dieser Teil des autonomen Rechts der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf (§ 195 Abs. 1 SGB V). Dem Verzicht auf die Satzungsform ab 01.01.2009 lässt sich daher nur entnehmen, dass damit das Genehmigungsbedürfnis entfallen sollte, das auch für die Satzung des GKV-Spitzenverbandes gilt (§ 217e Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Die Regelung der Bemessungsgrundlagen erfolgte bis zur Einführung des Gesundheitsfonds nicht nur förmlich durch eine Rechtsnorm, sondern hatte auch materiell Rechtsnormcharakter. Denn die Regelung der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder, zu der § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zum 31.12.2008 die Krankenkassen ermächtigte (zur Rechtsentwicklung Peters in: Kasseler Kommentar, § 240 SGB V Rn. 8 ff., Stand Juli 2010), war abstrakt-genereller Natur. Aufgrund ihrer Wirkung für eine Vielzahl von Fällen der Beitragsbemessung war sie in sachlicher Hinsicht abstrakt, und aufgrund ihrer Wirkung für eine Vielzahl von Personen, nämlich für alle freiwilligen Mitglieder einer Krankenkasse (seit 01.04.2007 gemäß § 227 SGB V auch für alle Pflichtmitglieder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V), war sie in persönlicher Hinsicht generell. Die Regelung der Bemessungsgrundlagen war nicht darauf angelegt, nur im Binnenbereich der Verwaltung Wirkung zu entfalten, sondern zielte darauf ab, die Beitragsrechtsverhältnisse der freiwillig Versicherten unmittelbar zu gestalten. Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Außenwirkung (siehe nur § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V: "Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung durch ... geregelt.") stellte sich die Regelung der Bemessungsgrundlagen in der Sache nicht als Verwaltungsvorschrift, sondern als Rechtsnorm dar. Dem Rechtsnormcharakter der untergesetzlichen Regelung, die § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Krankenkassen aufgab, stand nicht entgegen, dass das Gesetz für die Beitragsbemessung weitgehende Vorgaben machte (siehe nur § 240 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB V) und selbst einzelne unmittelbar anwendbare Regelungen traf (etwa § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Am Rechtscharakter der Regelung der Bemessungsgrundlagen hat sich zum 01.01.2009 durch die Kompetenzverlagerung nichts geändert. Die funktional an die Stelle der Satzungsregelungen der einzelnen Krankenkassen getretene einheitliche Regelung des GKV-Spitzenverbandes über die Grundlagen zur Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder ist weiterhin der Sache nach als Rechtsnorm zu qualifizieren (Peters in: Kasseler Kommentar, § 240 SGB V Rn. 25; Rixen in: Becker/Kingreen, SGB V, § 240 Rn. 2; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.08.2011 - L 11 KR 3165/10 - juris Rn. 29 – anders: Hessisches LSG, Beschluss vom 21.02.2011 - L 1 KR 327/10 B ER - juris Rn. 30, das in "verfassungskonformer Auslegung" von Verwaltungsvorschriften ausgeht).

Bei der Regelung der Bemessungsgrundlagen handelt es sich um autonomes Recht (Baier in: Krauskopf, § 240 SGB V Rn. 5, Stand Juni 2010). Der Begriff des autonomen Rechts in § 197 Abs. 1 Nr. 1 SGB V geht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zurück. Nach den Gesetzesmaterialien zählen zum autonomen Recht alle Vorschriften, die ein Träger der sozialen Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze mit Wirkung auch für Dritte – insbesondere Versicherte, Arbeitgeber und Bedienstete in ihrer persönlichen Rechtsstellung – erlässt (BT-Drucks. 7/4122, S. 35). Ist demnach die Außenwirkung das entscheidende Kriterium, umfasst das autonome Recht jede Rechtsnorm, die der soziale Selbstverwaltungsträger innerhalb seines Aufgabenbereiches erlässt (Pohl in: Kreikebohm, SGB IV, 2. Aufl., § 33 Rn. 2). In diesem formalen Sinne kann auch die Regelung der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den GKV-Spitzenverband nur durch autonomes Recht erfolgen, weil diese Regelung abstrakt-genereller Natur ist und den Binnenbereich der Verwaltung überschreitet. Soweit in Abrede gestellt wird, dass der GKV-Spitzenverband die Bemessungsgrundlagen durch autonomes Recht regeln kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.08.2011 - L 11 KR 3165/10 - juris Rn. 29; SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26), wird ein Autonomiebegriff zugrunde gelegt, den das Sozialversicherungsrecht nicht kennt und der sich auch nicht aus dem Verfassungsrecht ableiten lässt. Es wird unterstellt, dass ein sozialer Selbstverwaltungsträger autonomes Recht nur mit Wirkung für die ihm angehörenden Mitglieder erlassen kann – mithin der GKV-Spitzenverband nur mit Wirkung für seine Mitgliedskassen und nicht auch mit Wirkung für deren Mitglieder. Dies lässt sich einfachrechtlich schon nicht mit § 217e Abs. 2 SGB V vereinbaren, wonach die Verträge und sonstigen Entscheidungen des GKV-Spitzenverbandes – mithin die von ihm vereinbarten und die von ihm erlassenen Rechtsnormen – auch für die Versicherten gelten. Ebenso wenig lässt sich dies aus dem Verfassungsrecht ableiten. Dieses kennt keinen Autonomiebegriff mit klar definierten Voraussetzungen und Folgen. Zwar ging das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Facharztbeschluss unter Bezugnahme auf den Autonomiegedanken davon aus, dass Körperschaften auf die Regelung "eigener" Angelegenheiten beschränkt sind, worunter es solche Angelegenheiten verstand, die die in der Körperschaft zusammengefassten gesellschaftlichen Gruppen "selbst betreffen" bzw. "besonders berühren" (Beschluss vom 09.05.1972 - 1 BvR 518/62 u.a. - BVerfGE 33, 125, 156 und 159). Doch sieht das BVerfG auch bei Anstalten, die von Körperschaften gebildet werden, den Sinn der Übertragung von Rechtssetzungsautonomie darin, die in den Anstalten zusammengefassten Mitglieder der Körperschaften zu aktivieren und ihnen gemeinsam die Regelung solcher Angelegenheiten eigenverantwortlich zu überlassen, die sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191, 216). Nichts anderes kann für Verbandskörperschaften gelten: Auch deren Rechtsetzungsautonomie müssen die Angelegenheiten der Mitglieder ihrer Mitgliedskörperschaften zugänglich sein.

Hat somit die einheitliche Regelung der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder, zu der § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V den GKV-Spitzenverband ermächtigt und die gemäß § 227 SGB V für auffangpflichtversicherte Mitglieder entsprechend gilt, durch autonomes Recht zu erfolgen, ist für dessen Erlass nach § 217b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 197 Abs. 1 Nr. 1 SGB V deren Verwaltungsrat zuständig. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der GKV-Spitzenverband nach außen durch seinen Vorstand handelt (so aber SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 05.01.2011 - S 18 KR 467/10 - juris Rn. 6, das jedoch nicht von autonomem Recht, sondern von Außenrechtsnormen eigener Art ausgeht – Berufung beim Sächsischen LSG anhängig unter dem Az. L 1 KR 27/11).

Eine andere Organzuständigkeit ergibt sich auch nicht aus § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V, auf den sich der GKV-Spitzenverband beruft. Nach § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V hat der GKV-Spitzenverband die Aufgabe, in grundsätzlichen Fach- und Rechtsfragen Entscheidungen zum Beitrags- und zum Meldeverfahren und zur einheitlichen Erhebung der Beiträge (§§ 23, 76 SGB IV) zu treffen. Die Auffassung, dass Grundlage für die Regelung der Bemessungsgrundlagen (auch) § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V ist, hat der GKV-Spitzenverband nicht nur in einer vom Senat in einem anderen Verfahren eingeholten Stellungnahme vertreten. Vielmehr kommt diese Auffassung auch in der amtlichen Bezeichnung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler zum Ausdruck: Nur vor dem Hintergrund des § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V wird ihre Bezeichnung als "Grundsätze" trotz ihres abschließenden Charakters und die Hervorhebung des "Verfahrens" trotz des Überwiegens materiell-rechtlicher Bestimmungen (kritisch dazu Peters in: Kasseler Kommentar, § 240 SGB V Rn. 24) verständlich. Die Auffassung des GKV-Spitzenverbandes trifft indessen nicht zu. Grundlage für die einheitliche Regelung der Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder ist allein § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V und nicht (auch) § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V. Abgesehen davon, dass allein § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V den GKV-Spitzenverband zur materiell-rechtlichen Regelung der Bemessungsgrundlagen ermächtigt, setzt die auf Grundsatzentscheidungen beschränkte Zuständigkeit des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V eine eigene Regelungsmacht der einzelnen Krankenkassen voraus, die es bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen freiwilliger Mitglieder seit dem 01.01.2009 nicht mehr gibt. Darüber hinaus ist in § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht bestimmt, welches Organ des GKV-Spitzenverbandes zuständig ist. Es gelten daher die oben dargelegten allgemeinen Regeln, wonach der Vorstand zuständig ist, soweit nicht ein Vorbehalt für den Verwaltungsrat greift. Letzteres ist der Fall, soweit eine unter § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V fallende Entscheidung den Erlass autonomen Rechts voraussetzt. Folglich lässt sich eine Organzuständigkeit des Vorstandes des GKV-Spitzenverbandes für die als autonomes Recht zu qualifizierende Regelung der Bemessungsgrundlagen auch über § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht begründen. Gleiches gilt für die in der Literatur vertretene Auffassung, auf die sich der GKV-Spitzenverband in der vom Senat eingeholten Stellungnahme beruft: Danach (Schrinner in: Orlowski/Rau/Schermer/Wasemer/Zip-perer, GKV-Kommentar, § 217f SGB V Rn. 5, Stand Februar 2010) sollen die Entscheidungen nach § 217f Abs. 2 SGB V am ehesten mit Verwaltungsvorschriften vergleichbar sein, die die Verwaltung, nicht aber die Gerichte binden; gegenüber den Krankenkassen soll es sich um Verwaltungsakte handeln. Eine derartige Doppelqualifizierung ist nur denkbar, wenn wie bei der Ersatzvornahme zwischen dem Eingriffsakt in die Zuständigkeit der einzelnen Krankenkasse (Verwaltungsakt) und der getroffenen Regelung selbst (Verwaltungsvorschrift) unterschieden wird. Eine solche Situation besteht aber bei der Regelung der Beitragsbemessungsgrundlagen freiwilliger Mitglieder nicht, da insoweit nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Entscheidungszuständigkeit originär und ausschließlich beim GKV-Spitzenverband liegt.

Bleibt es folglich bei der Organzuständigkeit des Verwaltungsrats des GKV-Spitzenverbandes, sind die zunächst von seinem Vorstand in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler erlassenen Regelungen über die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder, die inhaltlich als autonomes Recht zu qualifizieren sind, unwirksam gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 09.06.1988 - 4/11a RLw 3/87 - BSGE 63, 220, 223 = SozR 5850 § 9 Nr. 2 – wonach die unwirksame Setzung autonomen Rechts nicht wirksame Verwaltungsvorschriften hinterlässt). Dies entspricht dem Grundsatz, dass untergesetzliche Rechtsnormen, die gegen höherrangiges Recht verstoßen, nichtig und damit unanwendbar sind. Ausnahmsweise können solche Normen aber zur Vermeidung eines rechtslosen Zustandes für eine Übergangszeit (weiter) anzuwenden sein (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191, 224). Voraussetzung dafür ist, dass der Zustand bei Nichtanwendung der Norm für die Übergangszeit von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als ein Zustand, bei dem den Normunterworfenen die Anwendung der rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit zugemutet wird. Im Beitragsrecht kommt dies nur bei haushaltsrechtlich bedeutsamen Normen in Betracht, bei denen eine Rückabwicklung faktisch unmöglich ist und unkalkulierbare Haushaltsrisiken bis hin zu drohender Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsträgers vermieden werden müssen (BSG, Urteil vom 04.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr. 3 Rn. 19 f.; Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 Rn. 19 = SozR 4-2700 § 182 Nr. 1 Rn. 18). Dies ist dann angenommen worden, wenn sich die Rechtsprechung zu dem für den Normerlass zuständigen Organ gewandelt hat, bis zum Erlass einer ihr entsprechenden Norm die Anfechtung aller Beitragsbescheide drohte und nach Erlass der neuen Norm neue Beitragsbescheide rückwirkend erteilt werden müssten (so im BSG-Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr. 1). Eine derartige Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.

b) Dieser Wirksamkeitsmangel ist aber inzwischen dadurch geheilt worden, dass der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes in seiner Sitzung vom 30.11.2011 die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler rückwirkend bestätigt hat (siehe die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 20.01.2012). Diese Heilung ist zulässigerweise mit Wirkung für vergangene Zeiträume erfolgt.

Vor dem Rechtsstaatsprinzip bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Normgeber die Rechtsfolge eines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens nachträglich belastend ändert. Daher ist eine echte Rückwirkung als nachträglich ändernder Eingriff in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig, eine Einwirkung des Normgebers auf bereits begründete, aber noch nicht abgewickelte Sachverhalte als unechte Rückwirkung hingegen grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; Beschluss vom 11.10.1988 - 1 BvR 743/86 u.a. - 79, 29, 45 f.; Beschluss vom 05.05.1987 - 1 BvR 724/81 - 75, 246, 279 f.). Vertrauensschutz steht auch einer echten Rückwirkung jedoch dann nicht entgegen, wenn ein solches Vertrauen sachlich nicht gerechtfertigt ist. In der Rechtsprechung des BVerfG ist anerkannt, dass bei einer Reihe von Fallgruppen schutzwürdiges Vertrauen nicht besteht. So ist das Vertrauen unter anderem dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Auch kann der Bürger wegen des auch von einer letztlich als ungültig erkannten Norm regelmäßig ausgehenden Rechtsscheins ihrer Wirksamkeit und mit Rücksicht auf den in ihr zum Ausdruck gekommenen Rechtssetzungswillen des Normgebers nicht stets darauf vertrauen, von einer entsprechenden Regelung jedenfalls für den Zeitraum dieses Rechtsscheins verschont zu bleiben. Der Normgeber kann daher unter Umständen eine nichtige Bestimmung rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 03.09.2009 - 1 BvR 2384/08 - juris Rn. 19 m.w.N.).

Für die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler liegt ein solcher Ausnahmefall vor. Die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen, deren Beitragsbemessung sich unmittelbar oder mittelbar nach § 240 SGB V bestimmt – wie etwa nach § 227 SGB V bei den Auffangpflichtversicherten –, konnten nicht darauf vertrauen, von einer Regelung der Bemessungsgrundlagen durch den GKV-Spitzenverband verschont zu werden.

c) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Ermächtigung des GKV-Spitzenverbandes zur Regelung der Bemessungsgrundlagen teilt der Senat nicht.

Die Zweifel, die an der hinreichenden demokratischen Legitimation des GKV-Spitzenverbandes zur Normsetzung geübt werden (Hessisches LSG, Beschluss vom 21.02.2011 - L 1 KR 327/10 B ER - juris Rn. 44; SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 23 ff. – Berufung beim Bayerischen LSG anhängig unter dem Az. L 4 KR 237/10; Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, § 217a Rn. 8 und § 271d Rn. 14), sind im Kern nichts Neues, sondern entsprechen den bekannten Einwänden gegen die Normsetzung durch Verbände und gemeinsame Einrichtungen der Ärzte und Krankenkassen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht für stichhaltig gehalten worden sind (siehe nur BSG, Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 13/05 R - BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, jeweils Rn. 58 ff.; Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 64 ff.). Nicht erst dem GKV-Spitzenverband (dazu Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, § 217a Rn. 8; von Boetticher, SGb 2009, 15, 16 ff.), sondern schon den Bundesverbänden der Krankenkassen ist ein zu stark verdünntes, verfassungsrechtlich kaum belastbares Legitimationsniveau vorgeworfen worden (siehe nur Hebeler, DÖV 2002, 936, 941 f.; Butzer/Kaltenborn, MedR 2001, 333, 339 f.; Schwerdtfeger, SDSRV 38 [1994], S. 27, 45). Die Organisationsstruktur des GKV-Spitzenverbandes unterscheidet sich von derjenigen der Bundesverbände der Krankenkassen hauptsächlich dadurch, dass im Verwaltungsrat sowohl bei der Sitzverteilung als auch durch Stimmgewichtung einerseits eine Parität zwischen Versicherten- und Arbeitgebervertretern (§ 217c Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB V in der ab 30.07.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.07.2010, BGBl. I S. 983) und andererseits ein versichertenbezogener Proporz zwischen den Kassenarten (§ 217c Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 Satz 4 SGB V) erreicht werden soll. Dies führt indessen nicht dazu, dass der GKV-Spitzenverband über keine hinreichende demokratische Legitimation verfügte. In der Rechtsprechung des BVerfG ist geklärt, dass in der funktionalen Selbstverwaltung – zu der die Krankenkassen und ihre Verbände zählen – eine ununterbrochene Legitimationskette von den Normunterworfenen hin zum Normgeber bzw. den Repräsentanten im Normsetzungsgremium nicht erforderlich ist (BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002 - 2 BvL 5/98 u.a. - BVerfGE 107, 59, 87, 91 f. und 94). Wählt der Gesetzgeber für bestimmte öffentliche Aufgaben die Organisationsform der funktionalen Selbstverwaltung, darf er jedoch keine Ausgestaltung vorschreiben, die mit dem Grundgedanken autonomer interessengerechter Selbstverwaltung und effektiver öffentlicher Aufgabenwahrnehmung unvereinbar wäre. Es muss daher dafür gesorgt sein, dass die Interessen der Betroffenen in den Organisationsstrukturen angemessen berücksichtigt und nicht Interessen Einzelner bevorzugt werden (BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002 - 2 BvL 5/98 u.a. - BVerfGE 107, 59, 93). Ferner müssen die Organe der Selbstverwaltungseinheiten nach demokratischen Grundsätzen gebildet werden (BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191, 217). Ein Gebot strikter formaler Gleichheit besteht dabei nicht (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 32 m.w.N.). Im Übrigen stehen die Auswahl der auf die Organisationseinheiten der Selbstverwaltung zu übertragenden Aufgaben und die Regelung der Strukturen und Entscheidungsprozesse, in denen diese bewältigt werden, weitgehend im Ermessen des Gesetzgebers (BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002 - 2 BvL 5/98 u.a. - BVerfGE 107, 59, 93). Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber diesen Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Organisationsstrukturen des GKV-Spitzenverbandes überschritten hat. Der Einwand, der Versichertenanteil der Kassenart habe als Referenzgröße für die Sitz- und Stimmverteilung im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes "keinen hinreichenden Bezug mehr zum ursprünglichen Legitimationsakt der Selbstverwaltung" (Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, § 271d Rn. 14), ist nicht stichhaltig. Denn die Mitgliedskassen des GKV-Spitzenverbandes beziehen ihre Legitimation nicht aus sich selbst, sondern in erster Linie von den Versicherten her (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 4 SGB IV, insbesondere § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB IV). Nicht unproblematisch ist dagegen die Bevorzugung der Arbeitgebervertreter bei den Primärkassen zur Kompensation des Übergewichts der Versichertenvertreter bei den Ersatzkassen (Engelhardt in: Hauck/Noftz, § 217c SGB V Rn. 22, Erg.Lfg. 4/11). Solange die paritätische Arbeitgeberbeteiligung aber nicht verfassungswidrig ist (offen gelassen in BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 73), ist in dieser Sitz- und Stimmgewichtung keine nicht mehr hinnehmbare Bevorzugung von bestimmten Partikularinteressen oder eine Behinderung der angemessenen Interessenwahrnehmung (zu diesem Maßstab: BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002 - 2 BvL 5/98 u.a. - BVerfGE 107, 59, 100) zu erkennen. Darüber hinaus gilt auch für die Verbände der Krankenkassen, dass durch Einwände gegen die Wahl ihrer Repräsentativorgane die Gültigkeit ihres Handelns nicht in Zweifel gezogen wird (BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 72 m.w.N.).

Wie bereits ausgeführt wurde (oben unter 1a), greifen die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ermächtigung des GKV-Spitzenverbandes zum Erlass autonomen Rechts (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.08.2011 - L 11 KR 3165/10 - juris Rn. 29; SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26) nicht durch. Dem GG lässt sich nicht das Verbot entnehmen, Rechtsetzungsautonomie auf Verbände von Körperschaften zu übertragen; vielmehr ist von Verfassungs wegen auch eine verbandsdemokratische Legitimation von den Mitgliedern der Körperschaften her möglich (so schon BSG, Urteil vom 18.03.1998 - B 6 KA 37/96 R - BSGE 82, 41, 46 f. = SozR 3-2500 § 103 Nr. 2). Dem steht der Autonomiegedanke nicht entgegen. Werden unter den "eigenen" Angelegenheiten, auf die danach ein Träger der funktionalen Selbstverwaltung beschränkt sein soll, solche Angelegenheiten verstanden, die die darin zusammengefassten "gesellschaftlichen Gruppen" besonders berühren (BVerfG, Beschluss vom 09.05.1972 - 1 BvR 518/62 u.a. - BVerfGE 33, 125, 156 und 159), kann keine Rede davon sein, dass dies nur die Angelegenheiten der Mitgliedskassen und nicht diejenigen ihrer Mitglieder sein können. Ganz im Gegenteil: Nicht in den Krankenkassen, sondern in deren Versicherten ist die "gesellschaftliche Gruppe" zu erblicken, die von den Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung besonders berührt wird, die der GKV-Spitzenverband wahrnimmt. Soweit in diesem Zusammenhang in Zweifel gezogen wird, dass es sich nach Einführung des Gesundheitsfonds bei der Beitragsbemessung überhaupt noch um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handele, die der Regelung durch die Krankenkassen – und demzufolge durch deren Spitzenverband – zugänglich sei (SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26), zeugt dies von einem grundsätzlichen Missverständnis der zum 01.01.2009 neu gestalteten Finanzierungsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung. Deren Kernelement, der Gesundheitsfonds, ist schon kein Sondervermögen des Bundes (so aber SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26), sondern ein gemeinschaftliches Sondervermögen der Krankenkassen (Becker in: jurisPK-SGB V, 1. Aufl. § 271 Rn. 16; Göpffarth in: Becker/Kingreen, SGB V, § 217 Rn. 8; Pfohl/Sichert, NZS 2009, 71, 74 ff.). Daraus dass das Bundesversicherungsamt den Gesundheitsfonds verwaltet (§ 271 Abs. 1 Halbs. 1 SGB V), folgt nicht, dass der Bund Träger dieses Sondervermögens wäre. Von Verfassungs wegen kann dieses Sondervermögen nur den Krankenkassen zugeordnet werden. Da die im Gesundheitsfonds gesammelten Beitragsmittel weiterhin der Absicherung des Krankheitsrisikos durch die gesetzliche Krankenversicherung dienen (vgl. § 3 Satz 1 SGB V), sind sie aufgrund ihrer Zweckbindung und ihrer Funktion verfassungsrechtlich nach wie vor als Sozialversicherungsbeiträge zu qualifizieren (Axer, NZS 2007, 193, 196). Sozialversicherungsbeiträge sollen aber wegen ihrer strengen Zweckbindung weder den Bund oder die Länder noch sonstige staatliche Aufgabenträger zu eigenverantwortlichen finanziellen Entscheidungen befähigen. Vielmehr handelt es sich bei ihnen für Bund und Länder um Fremdgelder, die der eigenen Haushaltsgewalt entzogen sind und die von den allgemeinen Staatsfinanzen zu trennen sind (BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167, 204 f. = SozR 4-2500 § 266 Nr. 8). Folglich kann der Gesundheitsfonds, der ganz überwiegend aus Beitragsmitteln gespeist wird, nur ein gemeinschaftliches Sondervermögen der Krankenkassen sein, das für diese vom Bundesversicherungsamt treuhänderisch verwaltet wird. Noch weniger als von einem Sondervermögen des Bundes kann davon die Rede sein, dass die Beitragsmittel ausschließlich der Finanzierung des Gesundheitsfonds, nicht aber der Krankenkassen dienten (so aber SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26). Wie schon durch den Risikostrukturausgleich, wird auch durch den Gesundheitsfonds an der Zweckbindung der Krankenversicherungsbeiträge nichts geändert. Auch nach dem mit dem Gesundheitsfonds bewirkten vollständigen Finanzkraftausgleich und morbiditätsorientiert fortentwickelten Risikostrukturausgleich ist es weiterhin alleiniger Zweck der Krankenversicherungsbeiträge, die Aufgaben der Krankenkassen zu finanzieren (vgl. § 3 Satz 1, § 220 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Gegenteiliges lässt sich nicht der Stelle in den Gesetzesmaterialien entnehmen, in der den Krankenkassen ab Einrichtung des Gesundheitsfonds ein originäres Interesse an der Beitragseinstufung freiwillig Versicherter abgesprochen wird (BT-Drucks. 16/3100, S. 163). Dass die einzelnen Krankenkassen wegen des Finanzkraftausgleichs kein Interesse an der Steigerung der in den Gesundheitsfonds fließenden Beitragsmittel haben, ändert nichts daran, dass sie ihre Finanzmittel im Wesentlichen aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Reichen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, ist es auch nicht der Bund, der die Defizite aus seinem Haushalt auffangen muss (so aber SG München, Urteil vom 02.03.2010 - S 19 KR 873/09 - juris Rn. 26). Vielmehr hat die betreffende Krankenkasse dann von ihren Mitgliedern einen in ihrer Satzung geregelten Zusatzbeitrag zu erheben (§ 242 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

2. Die demnach für die hier in Streit stehende Zeit (01.07.2009 bis 30.11.2011) anwendbaren Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler enthalten indessen keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Promotionsstipendiums des Klägers als beitragspflichtige Einnahme.

Die Beitragsbemessung von auffangpflichtversicherten Mitglieder richtet sich gemäß § 227 SGB V nach § 240 SGB V. Danach wird die Beitragsbemessung für diese Mitglieder einheitlich durch den GKV-Spitzenverband geregelt (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) i.V.m. § 227 SGB V gelten diese Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Behandlung von Stipendien im Rahmen des § 18a SGB IV (dazu BSG, Urteil vom 23.01.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 4-5868 § 3 Nr. 3). Denn § 18a SGB IV zählt Einnahmen auf, die als Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen gelten; § 240 SGB V ermöglicht aber über die gebotene Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Heranziehung weitergehender Einnahmearten.

Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler enthalten zu Stipendien keine eigenständigen Regelungen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem "Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V" (abrufbar unter http://www.lexsoft.de/share/pdf/081024ac.pdf), auf den sich die Beklagte zu 1 im erstinstanzlichen Verfahren berufen hat. Denn bei diesem Katalog handelt es sich lediglich um ein Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes vom 24.10.2008. Dieser Katalog nimmt auch nicht für sich in Anspruch, Rechtsgrundlage für die Beitragspflicht der darin aufgezählten Einnahmearten zu sein, sondern verweist vielmehr auf die Vorschriften der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, die nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer Rechtsgrundlage für die Beitragspflicht sind. Dies sind danach bei den Stipendien § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler.

Während § 5 Abs. 2 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nur die zeitliche Zuordnung laufender Einnahmen regelt, bestimmt § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler: "Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, sind entsprechend den für die Sachbezüge geltenden Regelungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten. Die Einnahmen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt."

§ 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler zählt mit Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Renten und Versorgungsbezügen zunächst die in den §§ 226 bis 229 SGB V ausdrücklich genannten Einnahmearten versicherungspflichtig Beschäftigter auf, die nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V bei der Beitragsbemessung auf jeden Fall zu berücksichtigen sind. Sodann wiederholt § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler mit den "Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung", die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 240 Abs. 1 SGB V (BT-Drucks. 11/2237, S. 225), die damit die Einnahmen umschrieb, die die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmen. § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler konkretisiert folglich die Vorgaben des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht, sondern begnügt sich mit deren generalklauselartiger Umschreibung.

Obwohl § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem untergesetzlichen Normgeber aufgibt, die Einzelheiten der Beitragsbemessung – ausgerichtet an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitglieds – in der Satzung so konkret zu regeln, dass für typische Sachverhalte eine einheitliche Bewertung sichergestellt ist (so BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228, 234 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 34; Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 16), hat das BSG bisher Generalklauseln, wie diejenige in § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, großzügig gebilligt. Nach seiner zur Rechtslage bis zum 31.12.2008 ergangenen Rechtsprechung reicht eine solche Generalklausel aus, um neben den darin genannten beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigten auch andere Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind (BSG, Urteil vom 27.01.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 13 Rn. 15; Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 28/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 9 Rn. 12; Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 8/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 6 Rn. 20; Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 14 f.; Urteil vom 06.09.2001 - B 12 KR 14/00 R - SozR 3-2500 § 240 Nr. 41 S. 208; Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228, 233 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 34; Urteil vom 23.09.1999 - B 12 KR 12/98 R - SozR 3-2500 § 240 Nr. 31 S. 139 f.; Urteil vom 23.02.1995 - 12 RK 66/93 - BSGE 76, 34, 36 ff. = SozR 3-2500 § 240 Nr. 19). Eine konkretisierende Regelung hat das BSG dagegen für die Berücksichtigung der Einnahmen verlangt, wenn die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt oder dafür verschiedene Berechnungsweisen zur Verfügung stehen und sich dem Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe entnehmen lassen (BSG, Urteil vom 27.01.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 13 Rn. 15; Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 8/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 6 Rn. 20; Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 16; Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228, 233 f. = SozR 3-2500 § 240 Nr. 34). Dahinter steht die Erwägung, dass, um eine ausreichende Bestimmtheit der abgabenrechtlichen Regelung zu gewährleisten, wenigstens in Grenzbereichen zwischen beitragspflichtigen und nicht mehr beitragspflichtigen Einnahmen zunächst eine spezielle Satzungsregelung erforderlich ist. Die Krankenkassen dürfen den Regelungsauftrag des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht durch Generalklauseln allgemein der Rechtsprechung überlassen. Nur bei Vorschriften, die für die nicht bereits anerkannten beitragspflichtigen Einnahmen wenigstens in einem gewissen Umfang konkretisierte Regelungen enthalten, können die Mitglieder erkennen, mit welchen Beitragsbelastungen sie zu rechnen haben. Nur so ist auch eine gleichmäßige Behandlung aller freiwilligen Mitglieder gewährleistet. Eine Übernahme von Teilen der ebenfalls unbestimmten Gesetzesmaterialien reicht in den Übergangszonen nicht aus (BSG, Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 18).

Die großzügige Billigung von Satzungsregelungen, die zu keiner größeren Bestimmtheit als die weiten Vorgaben des Gesetzes und die vagen Äußerungen in den Gesetzesmaterialien vorgedrungen sind, steht in einem Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit von Rechtsnormen. Das Bestimmtheitsgebot besagt, dass Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene die Rechtslage konkret erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann (siehe nur BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. - BVerfGE 120, 274, 316; Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - 113, 348, 375 f.; Beschluss vom 09.04.2003 - 1 BvL 1/01 u.a. - BVerfGE 108, 52, 75). Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstands, dem Regelungszweck und der Regelungsintensität ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191, 217; Urteil vom 08.02.2001 - 2 BvF 1/00 - BVerfGE 103, 111, 135; Beschluss vom 24.06.1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69, 84; siehe auch BSG, Urteil vom 24.09.2008 - B 12 KR 10/07 R - juris Rn. 45). Dies gilt auch für öffentliche Abgaben. Für diese gilt allerdings als allgemeiner Grundsatz, dass abgabebegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe – in gewissem Umfang – vorausberechnen kann (BVerfG, Beschluss vom 17.07.2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186, 235). Dementsprechend muss der Beitragsschuldner aus den die Beitragspflicht regelnden Rechtsvorschriften ersehen können, wie sich der Beitrag zusammensetzt und welche Belastung ihn erwartet. Die Merkmale, nach denen sich der Beitrag bemisst, müssen deshalb im Rahmen des Möglichen in der Rechtsvorschrift so genau bestimmt werden, dass die Beitragslast vorausberechnet werden kann (so zum Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung: BSG, Urteil vom 04.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr. 3 Rn. 14; Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr. 1, jeweils Rn. 15). Dabei zwingt das Bestimmtheitsgebot den Normgeber nicht zur Festlegung gleichsam mathematisch genau nachrechenbarer Maßstäbe. Vielmehr darf er unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, sofern sie der Konkretisierung durch Auslegung zugänglich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.1994 - 1 BvR 434/87 - BVerfGE 90, 1, 16 f.; Beschluss vom 09.11.1988 - 1 BvR 243/86 - BVerfGE 79, 106, 120; BSG, Urteil vom 24.09.2008 - B 12 KR 10/07 R - juris Rn. 45).

Mit der Kompetenzverlagerung von den einzelnen Krankenkassen auf den GKV-Spitzenverband zum 01.01.2009 hat die Intensität der Regelung aufgrund ihrer größeren Breitenwirkung und des weit höheren potentiellen Beitragsvolumens erheblich zugenommen. Zu Recht wird daher für die Regelung der Beitragsbemessungsgrundlagen durch den GKV-Spitzenverband – zumindest bezüglich verbreiteter Einnahmarten – ein höheres Maß an Bestimmtheit gefordert (Peters in: Kasseler Kommentar, § 240 SGB V Rn. 26). Für typische Einnahmearten, deren Beitragspflicht in der Rechtsprechung bereits anerkannt ist und in Nebenbestimmungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vorausgesetzt wird, mag die Generalklausel in § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler noch genügen (vgl. Peters in: Kasseler Kommentar, § 240 SGB V Rn. 44 ff.; dazu, dass eine ständige, vom Normgeber akzeptierte Rechtsprechung einem unbestimmten Rechtsbegriff eine verfassungsrechtlich ausreichende Konkretisierung geben kann: BVerfG, Kammerbeschluss vom 03.07.2007 - 1 BvR 1696/03 - SozR 4-2700 § 157 Nr. 3 Rn. 18 m.w.N.), obwohl diese so weit gefasst ist – weil sie alle "Geldmittel" zum Lebensunterhalt erfasst –, dass darunter auch Bezüge fallen, mit denen eine einnahmenorientierte Beitragsbemessung verlassen wird (so kritisch zu einer wortgleichen Satzungsregelung: BSG, Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 18). Für andere verbreitete Einnahmearten kann dies nicht genügen, zumal wenn die in § 3 Abs. 1 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler angesprochene Abgrenzung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und unter Außerachtlassung von Zwecksetzungen abstrakt-generell klärungsbedürftige Fragen aufwirft.

Ausgehend von diesen Maßstäben bietet § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler für die Beitragspflicht von Promotionsstipendien keine ausreichende Rechtsgrundlage – und zwar auch nicht nach den großzügigeren Maßstäben, die bisher an Satzungsregelungen der einzelnen Krankenkassen gelegt wurden. Stipendien im Allgemeinen und Promotionsstipendien im Besonderen gehören nicht zu den in der Rechtsprechung des BSG als beitragspflichtig anerkannten Einnahmearten. Für die Berücksichtigung von Promotionsstipendien besteht ein Bedarf nach konkretisierender Regelung. Denn solche Stipendien kommen in unterschiedlicher Ausgestaltung vor. Sie können nicht nur der Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten dienen, sondern zugleich oder allein der Deckung der speziellen Forschungskosten. Dabei wird forschungsbedingter Mehraufwand vielfach nicht konkret erstattet, sondern über monatliche Sach- oder Reisekostenpauschalen ausgeglichen. Konkretisierungsbedarf besteht trotz der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, wonach eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen nicht stattfindet. Damit wird in Übereinstimmung mit der Gesetzesgeschichte nur verdeutlicht, dass mit der Forderung des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, die Beiträge nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu bemessen, die Beschränkung der Beitragspflicht auf bestimmte Einnahmearten ebenso entfallen ist wie auch die einnahmenmindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen bei Einkünften (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 28/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 9 Rn. 15; Urteil vom 06.09.2001 - B 12 KR 14/00 R - SozR 3-2500 § 240 Nr. 41 S. 210). Dementsprechend werden zweckbestimmte und deshalb nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung als beitragsfrei angesehene Sozialleistungen, wie etwa das Wohngeld, nach dem Recht des SGB V als Einnahmen angesehen, die der Beitragsbemessung unterworfen werden können – allerdings nicht schon durch eine generalklauselartige, sondern erst durch eine konkretisierende Regelung (BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228, 237 f. = SozR 3-2500 § 240 Nr. 34). Gleiches hat auch für Promotionsstipendien zu gelten. Auch bei ihnen besteht trotz des sich bereits aus dem Gesetz ergebenden Grundsatzes, Zwecksetzungen außer acht zu lassen, Konkretisierungsbedarf – zumal, wie § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV deutlich macht, Aufwandsentschädigungen durchaus trotz ihrer Zweckbestimmung beitragsfrei sein können (so auch der bereits erwähnte "Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V" im Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes vom 24.10.2008). In dem Fall, über den das SG Hannover in dem vom Kläger erwähnten Urteil vom 26.10.2009 (S 44 KR 164/09 - nicht veröffentlicht) entschieden hat, war sich denn auch eine Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 unsicher, wie sie aufgrund ihrer generalklauselartigen Satzungsregelung die im Rahmen des dortigen Promotionsstipendiums gezahlte Sachkostenpauschale beitragsrechtlich zu behandeln hat.

Zu keiner anderen Beurteilung führt das von der Beklagten zu 1 im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 07.10.2010 (so aber SG Aachen, Urteil vom 16.08.2011 - S 13 KR 137/11 - juris Rn. 17). Dort heißt es unter Ziff. 6: "Aus der Praxis wird berichtet, dass die Krankenkassen unter Hinweis auf ein rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26.10.2009 - S 44 KR 164/09 - vermehrt mit der Frage konfrontiert werden, unter welchen Bedingungen die Stipendien im Anwendungsbereich des § 240 SGB V der Beitragspflicht unterliegen. Nach Auffassung des Sozialgerichts Hannover gehören die Promotionsstipendien ohne ausdrückliche Regelung in der Satzung der jeweiligen Krankenkasse (nach der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Rechtslage) nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen in der freiwilligen Krankenversicherung. Nach der ab 1. Januar 2009 geltenden Rechtslage reicht aus unserer Sicht die allgemeine, generalklauselartige Regelung in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler, wonach der Beitragsbemessung alle Einnahmen und Geldmittel zugrunde zu legen sind, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte (vgl. § 3 Abs. 1), aus, um Stipendien der Beitragspflicht zu unterstellen. Das BSG hat u.a. in der durch das Sozialgericht Hannover zitierten Entscheidung (vgl. Urteil vom 22. Mai 2003 - B 12 KR 12/02 R -, USK 2003-6) die unabdingbare Notwendigkeit einer konkretisierenden Satzungsregelung verlangt, wenn die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt oder hierfür verschiedene Berechnungsweisen zur Verfügung stehen und sich keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe dem Gesetz entnehmen lassen oder wenn die zu beurteilenden Einnahmearten im Grenzbereich zwischen beitragspflichtigen und nicht mehr beitragspflichtigen Einnahmen liegen. Diese Anforderungen treffen auf ein Stipendium nicht zu. Alleine solche Eigenschaften dieser Einnahmeart wir die Zwecksetzung und die Steuerfreiheit sind für die Zuordnung zu den beitragspflichtigen Einnahmen belanglos. Dies ist auf Grundlage von zahlreichen BSG-Entscheidungen ausdrücklich in § 3 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler geregelt. Unter diesen rechtlichen Rahmenbedingungen sind Stipendien unabhängig von eventuellen Zwecksetzungen im Zusammenhang mit ihrer Gewährung und unabhängig von eventuell gesondert ausgewiesenen Bestandteilen (z.B. Forschungskosten) bei der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung in voller Höhe zu berücksichtigen."

Aus den bereits dargelegten Gründen folgt der Senat der in diesem Rundschreiben vertretenen Rechtsauffassung nicht. Eine für die Gerichte verbindliche Klarstellung der Regelung in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler ist mit diesem Rundschreiben der Verwaltung des GKV-Spitzenverbandes nicht erfolgt.

Unerheblich ist schließlich, dass dem Kläger das Promotionsstipendium von der Max-Planck-Gesellschaft allein als Zuschuss zum Lebensunterhalt gezahlt wurde. Zwar stellen sich bei einem solchen Stipendium nicht die den Konkretisierungsbedarf auslösenden Fragen. Dennoch sind an Promotionsstipendien unabhängig davon, ob sie allein der Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten oder auch der Deckung spezieller Forschungskosten dienen, keine unterschiedlichen Bestimmtheitsanforderungen zu stellen. Vielmehr bedarf es aufgrund der aufgezeigten Fragen bei allen Promotionsstipendien einer konkretisierenden Regelung, sollen sie der Beitragspflicht unterworfen werden.

Nach alledem schuldete der Kläger in der streitigen Zeit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge allein nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V. Soweit in den angefochtenen Bescheiden höhere Beiträge festgesetzt wurden, waren sie daher aufzuheben.

3. Schließlich steht dem Kläger gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Erstattung des Differenzbetrages zwischen den gezahlten und den geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu. Anspruchsgrundlage dafür ist § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV. Der Erstattungsanspruch setzt voraus, dass Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden (§ 26 Abs. 2 SGB IV). Dies ist hier der Fall, weil es – wie unter 2. ausgeführt wurde – für die Heranziehung des Promotionsstipendiums als beitragspflichtige Einnahme keine ausreichende Rechtsgrundlage gegeben hat.

Dem Erstattungsanspruch stehen nicht die Verfallsklauseln des § 26 Abs. 2 SGB IV Halbsatz 1 SGB IV entgegen. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge nicht zu erstatten, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs - aufgrund dieser Beiträge oder - für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind,

Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Im vorliegenden Fall greift die zweite Verfallsklausel des § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV, die in der gesetzlichen Krankenversicherung allein in Betracht kommt, weil in diesem Versicherungszweig Leistungen nicht – wie die erste Verfallsklausel des § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV verlangt – aufgrund von Beiträgen erbracht werden (BSG, Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - BSGE 68, 264, 267 = SozR 3-2400 § 26 Nr. 3). Die zweite Verfallsklausel des § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV hat den Zweck, bei einer Fehlversicherung ein Versicherungsverhältnis zu fingieren, wenn der Versicherungsträger Leistungen erbracht hat. Ein so "Versicherter" soll sich, wenn er Leistungen in Anspruch genommen hat, nicht auf der Beitragsseite so verhalten können, als habe eine Mitgliedschaft nicht bestanden, um über einen Erstattungsanspruch seine finanzielle Beteiligung an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft rückgängig zu machen (BSG, Urteil vom 02.02.1999 - B 2 U 3/98 R - BSGE 83, 270, 277 = SozR 3-2400 § 26 Nr. 11; Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 14/90 - BSGE 70, 93, 95 = SozR 3-2400 § 26 Nr. 5; Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - BSGE 68, 264, 267 = SozR 3-2400 § 26 Nr. 3). Der Anspruch auf Erstattung zuviel entrichteter Krankenversicherungsbeiträge verfällt aber dann nicht, wenn die Krankenkasse nur Naturalleistungen erbracht hat. Sind lediglich überhöhte Beiträge entrichtet worden, ist der Differenzbetrag auch dann zu erstatten, wenn die unrichtige Beitragshöhe ohne Einfluss auf die erbrachten Leistungen war, so dass auch bei richtiger Beitragshöhe nach Art und Höhe die gleichen Leistungen zu gewähren gewesen wären (Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - BSGE 68, 264, 267 f. = SozR 3-2400 § 26 Nr. 3). So verhält es sich hier, da die Auffangpflichtversicherung keinen Krankengeldanspruch vermittelt (§ 44 Abs 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) und der Kläger daher von der Beklagten zu 1 allein Naturalleistungen bezogen haben kann.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Dr. Wietek Atanassov Klotzbücher
Rechtskraft
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