L 10 U 31/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 90080/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 U 31/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Feststellung eines Ereignisses vom 24. Februar 2006 als Arbeitsunfall.

Der 19 ... geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Ereignisses als Heizungs- und Sanitärinstallateur bei der Firma Ch. D. GmbH, Haustechnik und Trocknungsservice in B. (im Folgenden: Fa. D.) beschäftigt. Von den damals insgesamt etwa 25 bis 28 Mitarbeitern der Fa. D. nahmen am Freitag, den 24. Februar 2006 etwa 18 Mitarbeiter in einem Schulungszentrum in M. in der Zeit von 15:00 bis 18:00 Uhr an einer Produktschulung teil, die von der Firma V. GmbH (im Folgenden: Fa. V.) veranstaltet wurde. Im Anschluss an die Schulung fand ein ebenfalls von der Fa. V. organisiertes und finanziertes Abendessen mit anschließendem Bowlen in einem Bowlingcenter in M. statt. Hieran nahmen von den 18 bei der Schulung anwesenden Mitarbeitern etwa 16 Mitarbeiter teil. Außerdem kamen zwei ausschließlich in der Verwaltung tätige Mitarbeiterinnen, unter ihnen auch die Geschäftsführerin Frau D. , später zum Essen und Bowlen dazu. Die Fa. D. organisierte die Fahrt für ihre Mitarbeiter von B. nach M. und zurück durch firmeneigene Kleinbusse, die von den Mitarbeitern auch überwiegend genutzt wurden. Ansonsten war die Veranstaltung ausschließlich durch die Fa. V. organisiert worden, allerdings hat Frau D. beim Essen den Mitarbeitern der Fa. V. mitgeteilt, für die während des Bowlens konsumierten Getränke aufzukommen. Die Veranstaltung fand in dieser Art und Weise jährlich statt und war bei den Mitarbeitern der Fa. D. sehr beliebt.

Gegen 21:30 Uhr streckte der Kläger beim Bowlen aus Freude über einen gelungenen Treffer im Sitzen seinen rechten Arm aus, gegen den ein Kollege "abklatschte". Der Kläger erlitt eine Schulterluxation und wurde mit einem Notarztwagen ins städtische Klinikum M. verbracht. Dort wurde das Schultergelenk nach einer Untersuchung reponiert und verbunden und der Kläger noch am gleichen Abend entlassen.

Am 27. Februar 2006 suchte der Kläger den Durchgangsarzt und Facharzt für Chirurgie Dr. W. zur ambulanten Weiterbehandlung auf. Am 9. März 2006 erfolgte eine MRT-Untersuchung und in der Zeit vom 20. – 26. März 2006 ein stationärer Krankenhausaufenthalt in der Unfallklinik Stendal zur arthroskopischen Refixation einer Bankart-Läsion am Schultergelenk. Im Anschluss erfolgten Krankengymnastik und eine Maßnahme der erweiterten ambulanten Physiotherapie (EAP) im Rahmen eines von dem Unfallchirurgen und Durchgangsarzt Prof. Dr. W. erstellten Rehabilitations-Plans vom 12. April 2006 mit anschließender arbeitstherapeutischer Austestung.

Da im städtischen Klinikum M. keine Aufnahme als Arbeitsunfall erfolgt war (vgl. Bl. 38 der Verwaltungsakte), ging der nachträglich erstellte Durchgangsarztbericht erst am 10. Mai 2006 bei der Beklagten ein. Darin ist angegeben, Hergang und Befund sprächen gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls, da es fraglich erscheine, ob es sich um ein adäquates Trauma handele. Zum Zeitpunkt der Behandlung sei kein Zusammenhang mit einem Betriebsunfall hergestellt worden (vgl. Bl. 59 der Verwaltungsakte). Prof. Dr. W. teilte nach Kenntnisnahme von diesem Bericht der Beklagten am 29. Mai 2006 telefonisch mit, der Kläger habe den Hergang des Unfallereignisses bei der EAP genau so geschildert, wie in dem Bericht wiedergegeben. Danach sei das Heilverfahren zu Lasten der Krankenversicherung fortzuführen. Mit Schreiben vom 29. Mai 2006 legte Prof. Dr. W. seine Zweifel bezüglich der Anerkennung des Geschehens als Arbeitsunfall nochmals schriftlich dar. Der geschilderte Geschehensablauf sei nicht geeignet, eine Schulterluxation rechts hervorzurufen. Im Rahmen der Fortschreibung des Rehabilitations-Plans am 7. Juni 2006 befragte Prof. Dr. W. den Kläger nochmals zum Hergang des Geschehens und teilte der Beklagten mit Schreiben vom 8. Juni 2006 mit, der Kläger habe angegeben, im Sitzen seinen rechten Arm mit einer Adduktion im Schultergelenk von 70 Grad ausgestreckt zu haben. Da die Bank keine Seitenlehne gehabt habe, seien Ausgleichsbewegungen mit der rechten Schulter möglich gewesen. Beim "Abklatschen" habe der Kläger den Arm nicht "gegengespannt". Prof. Dr. W. gab an, den Geschehensablauf mit dem Kläger nachgestellt zu haben, wobei dieser die rechte Schulter mit nach hinten genommen habe. Ein massives Zurückreißen des rechten Armes sei durch den Kollegen nicht erfolgt. Daher sei der Geschehensablauf für den festgestellten Gesundheitsschaden nicht wesentlich gewesen.

Bis zum 16. Juni 2006 erfolgten die Behandlungen zu Lasten der Beklagten. Mit Bescheid vom gleichen Tag teilte sie dem Kläger mit, bei dem Ereignis am 24. Februar 2006 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der Unfallversicherung gehandelt. Deshalb seien keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Bei der Nachstellung des Ereignisses habe Prof. Dr. W. festgestellt, dass bei dem geschilderten Geschehensablauf die rechte Schulter mit nach hinten genommen werde und daher eine Ausgleichsbewegung stattfinde. Der Kollege habe den Arm nicht massiv zurück gerissen. Das geschilderte "Abklatschen" mit Ausgleichsbewegung der Schulter sei nach medizinischen Erkenntnissen nicht geeignet, eine Schulterluxation hervorzurufen. Daher sei das Ereignis weder für die Entstehung noch für eine Verschlimmerung der Schulterluxation eine wesentliche Ursache oder Teilursache.

Dagegen legte der Kläger am 12. Juli 2006 Widerspruch ein. Er habe seinen Arbeitskollegen befragt, der mit ihm abgeklatscht habe. Dieser habe mitgeteilt, der rechte Arm des Klägers sei ausgestreckt und angewinkelt gewesen, und bei der Bewegung habe er "gegengespannt" und die rechte Schulter nicht mit nach hinten genommen. Für ihn sei unverständlich, aus welchem Grund die Rehabilitationsbehandlung zwei Wochen vor Wiederaufnahme der Tätigkeit abgebrochen werde, obwohl sich dadurch sein Gesundheitszustand zunehmend verbessert habe.

Am 16. Oktober 2006 gab Frau D. auf telefonische Nachfrage an, die Teilnahme an der einmal jährlich von der Fa. V. veranstalteten Schulung sei für die Monteure ihrer Firma verpflichtend, die Teilnahme am anschließenden Abendessen und Bowlen sei freiwillig.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2006 führte die Beklagte in Ergänzung zu ihrem Bescheid vom 16. Juni 2006 aus, das Ereignis vom 24. Februar 2006 könne auch deshalb nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden, da es sich bei der Bowlingveranstaltung um eine dem privaten, eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuordnende Veranstaltung gehandelt habe. Die Teilnahme daran sei keine versicherte Tätigkeit. Zwar habe der Arbeitgeber die Teilnahme an der vorangehenden Schulungsveranstaltung der Fa. V. angeordnet, die Teilnahme an der zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort stattfindenden Bowlingveranstaltung sei jedoch freiwillig gewesen. Der Verwaltungsakt werde Bestandteil des Widerspruchsverfahrens.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte aus, nach Aktenlage sei zunächst davon ausgegangen worden, dass der Hergang geeignet gewesen sei, eine Schulterausrenkung auszulösen. Deshalb sei die Heilbehandlung zunächst zu Lasten der Unfallversicherung erfolgt. Erst durch den nachträglich erstatteten Durchgangsarztbericht seien Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls aufgetreten, die durch die Einschätzung von Prof. Dr. W. nach nochmaligem genauen Erfragen und Nachstellen des Geschehensablaufs bestätigt worden seien.

Dagegen hat der Kläger am 29. November 2006 Klage erhoben. Er hat ausgeführt, es habe sich um ein gemeinsames Essen der beteiligten Firmenangehörigen gehandelt, wobei die Fa. V. die Kosten des Essens und die Fa. D. die Kosten der Getränke übernommen habe. Es habe sich insgesamt um eine betriebliche Veranstaltung gehandelt, da weit über 1/5 der Gesamtbelegschaft mit Billigung des Arbeitgebers daran teilgenommen habe und der Arbeitgeber insbesondere auch das gemütliche Beisammensein durch die Übernahme der Getränkekosten gefördert habe. Auch die Geschäftsführerin, Frau Ch. D. , habe an der Veranstaltung teilgenommen. Für die angemietete Bowlingbahn habe die Fa. V. die Kosten getragen. Dr. W. habe den Unfallhergang aufgrund der Schilderungen des Klägers als Arbeitsunfall gemeldet. Zum Nachweis des nunmehr präziser geschilderten Geschehensablaufs hat der Kläger die Vernehmung der Zeugen B. und M. angeregt.

Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, es habe sich nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, da ein wesentlicher betrieblicher Zusammenhang nur für die Dauer der Produktschulung, nicht aber für die freigestellte Teilnahme am Abendessen und Bowling anzunehmen sei. Hierbei hätten Freizeit, Unterhaltung und Erholung im Vordergrund gestanden. Sie bleibe außerdem dabei, dass das Ereignis nur unwesentliche Teilursache für das Auftreten der Schulterluxation gewesen sei. Das Schultergelenk müsse bereits vorbestehende Veränderungen aufgewiesen haben. Die Schulterluxation wäre auch ohne äußeres Ereignis oder bei einer alltäglichen Belastung annähernd zur gleichen Zeit entstanden.

Das Sozialgericht Stendal hat die Klage mit Urteil vom 27. Februar 2008 abgewiesen und ausgeführt, ein innerer Zusammenhang zwischen der zum Unfall führenden Verrichtung (Freudebekunden durch "Abklatschen") und der versicherten Tätigkeit (gemeinschaftliches Bowlen) sei zu verneinen. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit des Klägers sei seinem privaten Bereich zuzurechnen. Das Abklatschen habe mit der Gemeinschaftsveranstaltung nichts zu tun und falle üblicherweise auch ohne bestehendes Beschäftigungsverhältnis im täglichen Leben an. Es handele sich daher um eine sogenannte eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die nicht versichert sei, selbst wenn sie räumlich innerhalb des Betriebes verrichtet werde. Ein solches Abklatschen sei als grundsätzlich unversicherte "Spielerei" zu verstehen, auch wenn betriebliche Begebenheiten dazu verleiteten (BSG SozR 2200, § 548 Nr. 15). Das Ereignis könne daher nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden.

Gegen das dem Kläger am 17. März 2008 zugestellte Urteil hat er am 3. April 2008 Berufung eingelegt. Er hat ausgeführt, das Sozialgericht beziehe sich auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts aus dem Jahre 1998. Das "Abklatschen" als Freudebekundung habe sich zwischenzeitlich in allen Bereichen des täglichen Lebens eingebürgert und werde im Berufsleben üblicherweise praktiziert. Eine Zuordnung dieser Freudebekundung allein zum Privatbereich sei daher nicht nachvollziehbar. Das "Abklatschen" sei auch nicht als Spielerei des Klägers zu verstehen, da ihm der Gesamtcharakter der betrieblichen Veranstaltung bekannt gewesen sei. Mit der Organisation einer solchen betrieblichen Veranstaltung habe der Arbeitgeber die möglichen Folgen billigend in Kauf genommen, so dass er hierfür mit dem Unfallversicherungsschutz einzustehen habe. Da die Gesamtveranstaltung als betriebliche Veranstaltung zu werten sei, unterfalle sie nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 09.09.2004 – L 6 U 103/01) während der gesamten Dauer der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 27. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2006 in der Fassung des Bescheides vom 19. Oktober 2006 sowie der weiteren Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 aufzuheben und

festzustellen, dass die anlässlich des Schadensereignisses vom 24. Februar 2006 erlittene Gesundheitsstörung des Klägers – Schulterluxation rechts – ein Arbeitsunfall war und

die Beklagte zu verurteilen, ihm seit 24. Februar 2006 Verletztenrente nach den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, der Versicherungsschutz umfasse auf Gemeinschaftsveranstaltungen nur solche Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck und der Eigenart der Veranstaltung vereinbar seien. Ein "Abklatschen", das zu solch erheblichen Verletzungen führe, gehöre dazu jedenfalls nicht. Diese Art von Freudebekundung überschreite das Normalmaß und lasse daher den notwendigen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit entfallen. Darüber hinaus sei der Kläger zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit gewesen und der Hergang sei nicht geeignet, eine Schulterluxation im Sinne der Wesentlichkeitstheorie zu verursachen. Da offensichtlich der Sinn der Veranstaltung nicht in der Förderung der Betriebsgemeinschaft der Fa. D., sondern in der Pflege der Beziehungen zwischen der Fa. V. und ihren Kunden gelegen habe, habe es sich nicht um eine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt.

Der Senat hat die Geschäftsführerin der Fa. D., Frau Ch. D. , in einer nichtöffentlichen Sitzung am 27. Mai 2010 als Zeugin vernommen. Diese hat angegeben, im Betrieb gebe es auch hin und wieder Weihnachtsfeiern mit Abendessen. Zu diesen Anlässen bedanke sie sich bei den Mitarbeitern für ihr Engagement und wünsche allen eine weitere gute Zusammenarbeit und viel Spaß für den Abend. Bei der von der Fa. V. organisierten Feier mache sie dies nicht. Zu diesen Veranstaltungen komme sie erst nach der Schulung hinzu. Auch beim Übergang vom Essen zum Bowlen übernehme sie keine organisatorische Leitung. Den Mitarbeitern sei bereits bekannt, dass die Fa. D. regelmäßig die Kosten für die Getränke beim Bowlen übernehme. Sie selbst betrachte die Veranstaltung nicht als Betriebsfeier. Die Fa. D. veranstalte eigene Weihnachts- oder Jubiläumsfeiern. Die von der Fa. V. ausgerichtete Feier gebe sie an die Mitarbeiter weiter, damit diese das kostenlose Angebot nutzen könnten. Dies diene nicht der Gemeinschaft des Betriebes. Inzwischen nähmen an diesen Veranstaltungen nur noch die Monteure teil, die mit den Produkten der Fa. V. umzugehen hätten. Auch das Essen und Bowlen beschränke sich jetzt auf diese Mitarbeiter. Es gebe auch Einladungen von der Firma B. , an der aber nur vereinzelt Mitarbeiter teilnähmen, da deren Produkte nur selten eingebaut würden.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls im Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2006 in der Fassung des Bescheides vom 19. Oktober 2006 in der weiteren Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, so dass er auch keinen Anspruch auf Verletztenrente hat. Bei seinem Unfall vom 24. Februar 2006 handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Voraussetzung eines Arbeitsunfalls ist danach eine zum Unfallzeitpunkt vom Versicherten ausgeführte Verrichtung oder ein Verhalten, welche bzw. welches der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang) und zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt (Unfallkausalität) hat. Das Unfallereignis muss einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2007 – B 2 U 24/06 R sowie Urt. v. 17.02.2009 – B 2 U 26/07 R jeweils zitiert nach juris).

Der Kläger war als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Sein Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil die Teilnahme an der Bowlingveranstaltung in keinem sachlichen Zusammenhang mit seiner Beschäftigung stand und ihr damit nicht zuzurechnen war.

Der innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 07.12.2004 – B 2 U 47/03 R, m. w. N., zitiert nach juris). Daher ist der innere Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung jedenfalls dann gegeben, wenn die zum Unfall führende Verrichtung der Erfüllung der geschuldeten Dienstleistung des Beschäftigten dient (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 12/07 R sowie Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4 /08 R jeweils zitiert nach juris).

Mit der Teilnahme an der Bowlingveranstaltung ist der Kläger keiner Verpflichtung aus seinem Beschäftigungsverhältnis nachgekommen, denn die Teilnahme war insoweit freiwillig, auch wenn für die Monteure der Fa. D. die Pflicht bestand, an der vorhergehenden Schulungsveranstaltung teilzunehmen. Beide Veranstaltungen waren örtlich und zeitlich getrennt und für die Betroffenen bestand kein Zweifel daran, dass jedenfalls die Teilnahme an der Abendveranstaltung mit gemeinsamem Essen und anschließendem Bowling jedem Mitarbeiter freigestellt war. Aus diesem Grund waren zwei der Mitarbeiter, die an der Schulung teilgenommen hatten, der Abendveranstaltung fern geblieben.

Die Teilnahme an der Bowlingveranstaltung ist auch nicht aus anderen Gründen der versicherten Beschäftigung des Klägers zuzurechnen. Eine Verrichtung, die nicht der Erfüllung einer Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis dient oder dienen soll, kann nur dann im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, wenn der Beschäftigte sie wegen des Beschäftigungsverhältnisses vornimmt, um durch sie zumindest auch dem Unternehmen in nicht offensichtlich untauglicher Weise zu dienen. Diese Zurechnung kann bei der freiwilligen, d. h. rechtlich nicht geschuldeten und vom Unternehmen nicht abverlangten Teilnahme an einer sogenannten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in Betracht kommen. Denn der Beschäftigte unterstützt durch seine freiwillige, aber vom Unternehmer erbetene Teilnahme das erklärte Unternehmensinteresse, durch die Gemeinschaftsveranstaltung den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung zu fördern. Nicht unter Versicherungsschutz stehen Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten, und zwar auch dann nicht, wenn sie im räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden (BSG, Urt. v. 07.12.2004 – B 2 U 47/03 zitiert nach juris). Eine Teilnahme an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung daher nur zugerechnet werden, wenn wenigstens folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Der Arbeitgeber will die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander und mit ihm durchführen.

Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebes alle Angehörigen dieser Abteilung eingeladen oder einladen lassen.

Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen.

Die Teilnahme muss ferner vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offen stehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist.

(Vgl. zum Vorstehenden BSG, Urt. v. 12.04.2005 – B 2 U 5/04 R sowie Urt. v. 22.09.2009 – B 2 U 4/08 R m. w. N., jeweils zitiert nach juris).

Das von der Fa. V. veranstaltete Abendessen mit anschließendem Bowlen war keine solche unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung des Arbeitgebers des Klägers. Denn es handelte sich nicht um eine betriebseigene, von der Autorität der Fa. D. getragene Gemeinschaftsveranstaltung, sondern um eine Veranstaltung der Fa. V. (hierzu 1.). Der Zweck der Veranstaltung lag nicht in der Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten der Fa. D. untereinander und/oder zum Arbeitgeber, sondern diente Marketingzwecken der Fa. V. (hierzu 2.) und der Arbeitgeber hat weder selbst eingeladen noch zum Ausdruck gebracht, dass eine freiwillige Teilnahme der Mitarbeiter gewünscht sei (hierzu 3.). Schließlich waren diese objektiven Umstände für alle Mitarbeiter der Fa. D. auch deutlich erkennbar, so dass ein Anlass für subjektive Fehlvorstellungen nicht gesetzt wurde (hierzu 4.).

1. Das Abendessen mit der anschließenden Bowlingveranstaltung war nicht von der Autorität der Fa. D. getragen. Die Veranstaltung ist weder von dieser organisiert noch finanziert worden und die Fa. D. hat auch die Organisation einer eigenen betrieblichen Veranstaltung nicht in die Hände eines Dritten gegeben oder auch nur eine solche Organisation durch Dritte gebilligt. Die Zeugin und Geschäftsführerin der Fa. D. hat hierzu ausgeführt, dass es sich um eine Veranstaltung der Fa. V. gehandelt habe, die allein von dieser initiiert und organisiert worden ist. Die Einladung ist allein im Namen der Fa. V. erfolgt. Die Fa. D. leistete lediglich einen geringfügigen organisatorischen und finanziellen Beitrag, indem sie die Fahrt nach M. in den betriebseigenen Kleinbussen organisierte, Listen auslegte, um der Fa. V. die Teilnehmerzahlen zu melden und schließlich die Kosten der Getränke übernahm, die während des Bowlings konsumiert wurden. Dadurch wird die Veranstaltung nicht zu einer eigenen betrieblichen Veranstaltung der Fa. D ... Da die Fa. V. sowohl die Kosten für das Abendessen und die während dessen konsumierten Getränke sowie die Kosten für die Bowlingbahn übernommen hat, handelt es sich bei den Getränkekosten während des Bowlings nur um einen relativ geringen Teil der Gesamtkosten. Hierfür ist die Zusage durch die Betriebsleitung der Fa. D. erst im Laufe des Abends gegeben worden. Die Veranstaltung ändert ihren Charakter nicht durch eine solche spontane Kostenbeteiligung in geringem Umfang. Auch wenn die Fa. D. bereits in den vorhergehenden Jahren die Kosten der Getränke, die während des Bowlings konsumiert wurden, übernommen hatte, handelte es sich um eine spontane Kostenbeteiligung zugunsten der Fa. V., denn die Fa. D. hatte dies zuvor nicht zugesagt und ohne ihre Zusage im Laufe des Abends hätte die Fa. V. auch diese Kosten getragen. Daher kam die Kostenzusage in erster Linie der Fa. V. zugute. Der organisatorische Beitrag der Fa. D. beschränkte sich auf eine kleine Unterstützung, die für die Fa. D. mit geringem Aufwand verbunden war, die Organisation und Durchführung der Veranstaltung für die Fa. V. durch die Angabe der Teilnehmerzahl und das Angebot der Mitfahrgelegenheit aber erheblich erleichterte. Dadurch wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Fa. D. die Veranstaltung billigt und auch unterstützt, nicht aber, dass eine Teilnahme aller Mitarbeiter der Fa. D. zur Förderung der Gemeinschaft oder aus sonstigen unternehmenseigenen Zwecken gewünscht ist.

Die Fa. D. hat an dem Abend selbst nicht die für einen Veranstaltungsleiter üblichen Funktionen übernommen, wie Absprachen mit dem Service-Personal des Lokals oder eine allgemeine Ansprache an die Mitarbeiter. Solche Begrüßungs- oder Beendigungsworte der Firmenleitung wären bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der Fa. D. zu erwarten gewesen. Die Zeugin und Geschäftsführerin der Fa. D. hat hierzu ausgeführt, im Rahmen von betrieblichen Weihnachtsfeiern oder Ähnlichem die Mitarbeiter zu Beginn der Veranstaltung immer mit einigen kurzen Worten entsprechend des jeweiligen Anlasses zu begrüßen. Die Fa. V. hatte zuvor mit den gleichen Mitarbeitern bereits die Schulung durchgeführt, so dass die Teilnehmer in diesem Rahmen von der Fa. V. bereits begrüßt worden waren und eine nochmalige allgemeine Begrüßung oder einleitende Worte durch die Fa. V. zum Abendessen nicht unbedingt zu erwarten waren. Alle Beteiligten gingen demnach offensichtlich von einer Fortsetzung der allein der Fa. V. zuzurechnenden Veranstaltung aus.

Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass die Teilnahme an einer privaten oder geschäftlichen Feier aus allgemeinen Geschäftsrücksichten keine versicherte Tätigkeit darstellt (vgl. BSG, Urt. v. 30.07.1981 – 8/8a RU 58/80, SozR 2200 § 548 Nr. 57). Ausnahmsweise kann bei solchen Anlässen Versicherungsschutz bestehen, wenn bei Nichtteilnahme ohne triftige Gründe vernünftigerweise anzunehmen sei, dies führe zu geschäftlichen Nachteilen. Es kann aber gerade nicht angenommen werden, dass es für die Fa. D. wirtschaftlich nachteilig gewesen wäre, wenn ihre Beschäftigten nicht an der Abendveranstaltung teilgenommen hätten. Tatsächlich haben von den etwa 25 bis 28 Mitarbeitern der Fa. D. zum Unfallzeitpunkt 18 an der Schulung teilgenommen, von denen nur 16 der Einladung zur Abendveranstaltung gefolgt sind, ohne dass hierfür die Gründe bekannt waren oder der Fa. V. Gründe hierfür benannt worden wären. Zudem hat die Zeugin und Geschäftsführerin der Fa. D. ausgeführt, dass inzwischen erheblich weniger Mitarbeiter an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Wirtschaftliche Nachteile werden dadurch offenbar nicht befürchtet.

2. Der Veranstaltungszweck lag nicht darin, die Verbundenheit zwischen der Betriebsleitung und den Beschäftigten der Fa. D. oder der Beschäftigten untereinander zu fördern. Sowohl die vorhergehende Produktschulung als auch das anschließende Abendessen und das Bowlen veranstaltete die Fa. V. allein aus Marketingzwecken. Die Monteure sollten mit den Produkten der Firma vertraut gemacht werden, um diese möglichst oft bei den Kunden zum Einsatz zu bringen und damit für die Fa. V. zu verkaufen. Solche Marketingveranstaltungen wurden und werden auch von anderen Firmen durchgeführt. Wenn die Veranstaltung, insbesondere der anschließende gesellige Teil mit Abendessen und Bowlen, daneben zugleich auch die Verbundenheit der bei der Firma D. Beschäftigten untereinander oder zur ebenfalls teilnehmenden Betriebsleitung förderte, war dies nicht der Zweck der Veranstaltung, sondern lediglich ein positiver Begleiteffekt. Das zeigt sich schon daran, dass von den insgesamt zum Unfallzeitpunkt bei der Fa. D. beschäftigten etwa 25 bis 28 Mitarbeitern lediglich 18 Mitarbeiter an der Abendveranstaltung teilnahmen und zwar überwiegend die Monteure, die zuvor auch bei der Schulung waren. Von den übrigen Mitarbeitern waren lediglich die Geschäftsführerin selbst und eine Mitarbeiterin der Verwaltung zur Abendveranstaltung erschienen. Auch wenn die Teilnahme an der Veranstaltung allen Mitarbeitern offen stand, war der Zweck nicht auf eine gemeinsame betriebliche Veranstaltung gerichtet, da offensichtlich von bestimmten Teilen der Belegschaft eine Teilnahme von Anfang an nicht erwartet wurde, obwohl entsprechend der Größe der Firma betriebseigene Gemeinschaftsveranstaltungen – wie die beschriebenen Weihnachtsfeiern – an alle Mitarbeiter gleichermaßen gerichtet sind.

Mit der Übernahme der Getränkekosten und den geringfügigen organisatorischen Hilfestellungen hat die Fa. D. zwar die auch für ihre Firma anfallenden positiven Aspekte dieser Veranstaltung honoriert, sie hat dadurch aber nicht die Veranstaltung zu einer betriebeigenen gemacht. Denn der Hauptzweck der Veranstaltung lag auch weiterhin darin, dass die Firma V. ihre Beziehungen zu den Monteuren der Firma D. pflegen wollte, weil sie sich davon einen erhöhten Absatz ihrer Produkte versprach. Das wird insbesondere daran deutlich, dass die Fa. D. zwar die Teilnahme aller Monteure an der Schulungsveranstaltung, nicht aber am anschließenden Abendessen bzw. Bowlen erwartete. Für die Annahme einer eigenen betrieblichen Veranstaltung reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die kostenlose Teilnahme an einer allgemein beliebten Werbeveranstaltung ermöglichen möchte und hierfür Unterstützungsleistungen in geringem Umfang erbringt, wenn dem Arbeitgeber nicht aus einem eigenen betrieblichen Interesse heraus an der Teilnahme aller Mitarbeiter gelegen ist. Ein solches eigenes Interesse der Fa. D. ist weder unter geschäftlichen Gesichtspunkten noch im Hinblick auf die Förderung der Zusammengehörigkeit der Mitarbeiter hinreichend erkennbar.

3. Die Fa. D. hat zu der Abendveranstaltung weder selbst eingeladen noch zum Ausdruck gebracht, dass eine freiwillige Teilnahme der Mitarbeiter gewünscht sei. Jedenfalls ergeben sich für eine solche Erwartungshaltung der Fa. D. keine Anhaltspunkte. Die Listen zum Eintrag der teilnehmenden Personen wurden allein im Interesse der Fa. V. erstellt. Diese hatte die Veranstaltung in der Fa. D. bekannt gegeben und die Einladung an alle Mitarbeiter ausgesprochen, auch wenn die Einladung möglicherweise von der Fa. D. an die einzelnen Mitarbeiter weitergegeben wurde. Die Fa. D. hat deutlich gemacht, dass sie von den Monteuren zwar die Teilnahme an der Schulung erwarte und sie hierfür von anderer Arbeitsleistung freigestellt. Dies bezog sich aber nicht auf die Abendveranstaltung. Der Termin für die Veranstaltung war von der Fa. V. festgelegt worden. Auch wenn sie dabei berücksichtigte, dass die Fa. D. wegen der Montagearbeit ihrer Mitarbeiter einen Termin an einem Freitag wünschte, wurde nicht innerhalb der Fa. D. nach einem Termin gesucht, der bezüglich der Abendveranstaltung auf breite Zustimmung unter den Mitarbeitern stieß. Entsprechend wurde auch nicht nach Gründen für das Fernbleiben der übrigen Mitarbeiter gefragt.

4. Schließlich waren diese objektiven Umstände für alle Mitarbeiter der Fa. D. deutlich erkennbar. Dies betrifft sowohl die Tatsachen der Einladung, Organisation und Finanzierung durch die Fa. V. sowie deren Marketinginteresse, als auch die geringfügigen Beiträge der Fa. D. sowie deren mangelndes Eigeninteresse. Der Kläger hatte daher keinen Anlass davon auszugehen, seine Teilnahme an der Abendveranstaltung werde von seinem Arbeitgeber aus geschäftlichen Zwecken oder zur Förderung der betrieblichen Gemeinschaft erwartet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Rechtsfragen bereits hinreichend höchst richterlich geklärt sind und der Senat sich dieser Rechtsprechung anschließt.
Rechtskraft
Aus
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