L 19 AS 313/12 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AS 4561/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 313/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.01.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die Gewährung von ergänzenden Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) sowie um die Klärung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Einkommensanrechnung.

Der am 00.00.1952 geborene Antragsteller ist mit Frau E H (geboren am 00.00.1959) verheiratet. Beide bewohnen eine 54 qm große Wohnung in der S-straße 00 in E. Ausweislich des Mietvertrages betragen die Miete 450,00 EUR, die Nebenkosten (einschließlich Heizung) 110,00 EUR pro Monat. Zusätzlich zahle man 45,00 EUR Strom im Monat.

Der Antragsteller stellte am 11.11.2011 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. In diesem gab er an, er benötige aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung. Weiterhin erklärte er, seine Ehefrau beziehe Einkommen aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer in Höhe von monatlich 715,18 EUR. Er selbst beziehe Leistungen nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung - (SGB III) in Höhe von 14,46 EUR täglich. Der Anspruch laufe am 30.03.2012 aus. An gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen bestehe eine Kfz-Haftpflichtversicherung. Daneben sei man rechtsschutzversichert (18,36 EUR pro Monat), haftpflichtversichert (124,93 EUR) und man habe eine Zusatzversicherung für zahnärztliche Leistungen in Höhe von 13,21 EUR pro Monat. Sparkonten und sonstiges Vermögen habe man nicht.

Mit Schreiben vom 14.11.2011 vertrat der Antragsteller die Auffassung, vom Einkommen seiner Ehefrau seien monatlich folgende Abzüge zu machen:

15,00 EUR für Haarwaschmittel und Seifen
80,00 EUR für Hautpflegemittel
210,00 EUR für Handschuhe
100,00 EUR für Schwimmen Warmwasser
150,00 EUR für alle anderen medizinisch notwendigen Produkte
150,00 EUR für Putz- und Haushaltshilfen inkl. Fahrtkosten
100,00 EUR für Anschaffung nicht allergener Kleidung und Unterwäsche, die aufgrund der sich aus dem Allergiepass der Ehefrau des Antragstellers ergebenden Allergien erforderlich sei.

Mit Schreiben vom 16.11.2011 beantragte der Antragsteller diverse Küchengeräte und Einrichtungsgegenstände.

Mit Vertrag vom 18.11.2011 übernahm der Antragsteller die Zustellung von Druckerzeugnissen für die Firma A Logistik. Er erhielt pro zugestelltes Exemplar einen Vergütung von 0,10 EUR. Am 24.11.2011 kündigte der Antragsteller diesen Vertrag.

Am 12.12.2011 hat der Antragssteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht gestellt. Er vertritt die Auffassung, das der Bedarfsgemeinschaft zugeflossene Einkommen sei um die Versicherungsbeiträge in tatsächlicher Höhe und nicht lediglich um 30,00 EUR zu bereinigen. Darüber hinaus seien von dem Einkommen seiner Ehefrau, die in seinem Schriftsatz vom 14.11.2011 geltend gemachten Abzüge vorzunehmen. Schließlich beantrage er die Verfahren S 3 (24) AS 47/08 und S 3 (24) AS 133/08 beizuziehen.

Er hat sinngemäß beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, das ihm zustehende Arbeitslosengeld II rückwirkend ab dem 11.11.2011 zu bewilligen und bar auszuzahlen.

Am 19.12.2011 hat er, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, überdies beantragt,

ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S, E, zu bewilligen.

Mit Bescheid vom 21.12.2011 hat der Antragsgegner dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von 182,49 EUR, für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.03.2012 in Höhe von 199,99 EUR und für die Zeit vom 01.04.2012 bis 30.04.2012 in Höhe von 603,79 EUR bewilligt.

Am 12.01.2012 hat der Prozessbevollmächtigte erklärt, er vertrete den Antragsteller nicht mehr.

Mit Beschluss vom 19.01.2012. dem Antragsteller zugestellt am 24.01.2012, hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Am 15.02.2012 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Eine Begründung wurde - trotz seiner Ankündigung und Erinnerung durch den Senat - bislang nicht vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die erstinstanzlichen Gründe (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Auch im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller erhält bis Ende März 2012 Leistungen nach dem SGB III in Höhe von monatlich 433,80 EUR, seine Ehefrau erhält eine Rente in Höhe von monatlich 715,18 EUR. Somit stehen den beiden Einkünfte in Höhe von monatlich insgesamt 1.148,98 EUR zur Verfügung. Die nachgewiesenen Kosten für Unterkunft und Heizung betragen monatlich 560,00 EUR. Unter Berücksichtigung der monatlicher Leistungen nach dem SGB II an den Antragsteller in Höhe von zwischen ca. 182,00 EUR und 199,00 EUR, verbleiben den beiden damit mindestens 770,00 EUR pro Monat zum Leben. Eine existentielle Notlage und damit das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist bei dieser Sachlage nicht anzunehmen.

Die Annahme des Antragstellers, vom Einkommen seiner Ehefrau seien aus gesundheitlichen Gründen Abzüge in einer Gesamtsumme von 805,00 EUR vorzunehmen, geht fehl. Die vom Einkommen im Rahmen des SGB II vorzunehmenden Abzüge regelt § 11b SGB II. Die vom Antragsteller insoweit geltend gemachten Posten (15,00 EUR für Haarwaschmittel und Seifen, 80,00 EUR für Hautpflegemittel, 210,00 EUR für Handschuhe, 100,00 EUR für Schwimmen Warmwasser, 150,00 EUR für alle anderen medizinisch notwendigen Produkte, 150,00 EUR für Putz- und Haushaltshilfen inkl. Fahrtkosten, 100,00 für Bekleidung aus nicht allergenem Material) sind nach der gesetzlichen Konzeption der §§ 11 ff. SGB II nicht vom Einkommen abzuziehen.

Eine Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten in Höhe von 805,00 EUR im Rahmen des einstweilige Rechtsschutzes dergestalt, dass diese als Mehrbedarf der Ehefrau des Antragstellers nach § 21 Abs. 6 SGB II bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens nach § 9 Abs. 2 SGB II im Wege der modifizierten Berechnungsmethode (vgl. BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 58/06 R = juris Rn. 47 f.) in Ansatz zu bringen wären, kommt nicht in Betracht. Das Vorliegen eines besonderen Bedarfs der Ehefrau des Antragstellers aus gesundheitlichen Gründen ist schon dem Grunde nach nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG Beschluss vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B = juris Rn. 6). Die Vorlage des Allergiepasses sowie des Auszuges (1 Seite) aus einem offenbar im Rahmen eines unfallversicherungsrechtlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht Düsseldorf eingeholten medizinischen Gutachtens genügt hierzu nicht. Schließlich sind die einzelnen geltend gemachten Posten auch der Höhe nach nicht im Ansatz nachgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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