L 2 U 254/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 513/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 254/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 221/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Arbeitsunfähigkeit i.S.v. §§ 45 ff. SGB VII liegt vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Unfallfolgen nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen.
2. Der VG-Anspruch endet spätestens mit Ablauf der 78. Woche gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII, wenn kein Ende nach § 46 Abs. 3 Satz 1 SGB VII in Betracht kommt, die beiden Grundvoraussetzungen von § 46 Abs. 3 Satz 1 (negative Prognose des Wiedereintritts der Erwerbsfähigkeit; kein Erbringen von berufsfördernden Leistungen) erfüllt sind und mangels Vorliegens aller Tatbestandsvoraussetzungen von § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB VII kein Ende des VG-Anspruchs eingetreten ist.
3. Das Ende des VG-Anspruchs ist von der Verwaltung mittels VA festzustellen und setzt eine Prognoseentscheidung voraus (Anschluss an BSG B 2 U 4/04 R).
4. Die Anwendung der Vorschriften über die Dauer des VG-Anspruchs nach der RVO richtet sich nach § 217 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO.
5. Ein Antragsteller, der wegen § 44 Abs. 4 SGB X keine Leistungen mehr für die Vergangenheit erhalten darf, hat kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und einer zusprechenden Entscheidung, die nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht vollzogen werden dürfte (Anschluss an BSG vom 06.03.1991 – 9b RAr 70 – SozR 3-1300 § 44 Nr. 1).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. März 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin aufgrund Überprüfungsantrags gemäß § 44 SGB X wegen eines Unfalls am 01.11.1992 Anspruch auf Verletztengeld (VG) über den 05.02.1997 hinaus hat.

Die 1939 geborene Klägerin erlitt am 01.11.1992 gegen 7.00 Uhr einen Autounfall auf dem Weg von ihrer Wohnung zum Krankenhaus B., wo sie als selbstständige Hebamme tätig war. Sie geriet mit ihrem Fahrzeug beim Versuch, einem Wildtier auszuweichen, ins Schleudern, kam nach rechts von der Fahrbahn ab und kippte mit dem Wagen in den Böschungsgraben. Anschließend wurde sie in das Krankenhaus (KKH) E. gebracht. Diesen Unfall teilte sie der Beklagten erstmals am 26.04.1993 mit und übersandte am 04.05.1993 eine Unfallanzeige. Beiträge für die Pflichtversicherung als selbstständige Hebamme hat sie ab 1991 nachentrichtet.

Im Durchgangsarztbericht des KKH E. vom 02.06.1993 über die Behandlung am Unfalltag wurden als Diagnosen der Verdacht auf eine Scaphoidfraktur im distalen Drittel links und eine Kinnplatzwunde genannt. Nach Eingang weiterer Unterlagen holte die Beklagte ein Gutachten von Prof. W. vom 16.01.1994 mit fachradiologischem Zusatzgutachten ein und bat um Abgrenzung der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (AU). Prof. W. führte in seiner Stellungnahme vom 20.07.94 aus, dass Unfallfolgen eine Kinnplatzwunde sei, die Aktivierung einer Daumensattelgelenks (DSG)- Arthrose mit Periarthrose des Os trapeziums links und die Aktivierung einer Sesamoiditis des Daumengrundgelenks (DGG) links. Nicht unfallbedingt seien dagegen die Arthrosen und die Sesamoiditis selbst, die Exostosenbildung im Metacarpale-I-Köpfchen-Bereich, ein Skidaumen links, eine Nasenbeinfraktur sowie weitere internistische Diagnosen. Für eine Scaphoidfraktur links bzw. eine Wadenbeinfaktur rechts fehle jeglicher Nachweis. Unfallbedingte AU habe wegen Aktivierung der vorbestehenden Arthrosen vom 01.11.1992 bis 31.03.1993 bestanden.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.1994 einen Anspruch auf Rente ab, weil der Arbeitsunfall als selbstständige Hebamme am 01.11.1992 nach Wegfall der AU keine wesentlichen Unfallfolgen und keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) messbaren Grades hinterlassen habe. Unfallbedingte AU und Behandlungsbedürftigkeit habe vom 01.11.1992 bis 31.03.1993 bestanden.

Im Widerspruchsverfahren wurden u.a. Unterlagen der Klinik für Handchirurgie Bad N., Prof. L., vorgelegt. Die Handchirurgen Dres. R. und B. der BG-Unfallklinik T. führten im Gutachten vom 01.08.1995 aus, dass sich Unfallfolgen nicht nachweisen ließen. Seit dem endgültigen Ausschluss der Verdachtsdiagnose der Scaphoidfraktur durch Röntgenaufnahmen am 27.11.1992 könne keine unfallbedingte AU mehr angenommen werden. Der Unfall sei nur Gelegenheitsursache für die Verschlechterung der DSG-Arthrose und nicht ursächlich für die Sesamoiditis und die Handgelenksarthrose gewesen. Eine Bandruptur sei nicht nachgewiesen.
Die Klägerin wies darauf hin, dass sie ihren Beruf bei realistischer Einschätzung dessen, was noch korrigiert werde, nicht mehr ausüben könne; sie wies auf ihre besondere berufliche Betroffenheit hin.

Mit Bescheid vom 27.10.1995 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Verletztengeld (VG) über den 31.03.1993 hinaus ab. Die Klägerin begehrte mit Schreiben vom 29.10.2005 weiter VG wegen AU. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.1995 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 16.09.1994 und vom 27.10.1995 zurück. Es bestünde weder Anspruch auf Verletztenrente noch auf VG über den 31.03.1993 hinaus.

Mit der am 27.11.1995 (Az. S 41 U 776/95) beim Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage begehrte die Klägerin Zahlung von VG und Verletztenrente. Sie legte u.a. Stellungnahmen von Frau Dr. N. für die private Krankenversicherung (PKV) vom 12.02.1996 und von Prof. L. vom 25.06.1996 vor. Dr. N. erwähnte u.a., dass die Klägerin nach Mitteilung am 31.01.1996 seit 01.11.1995 wieder als freiberufliche Hebamme in einer Belegklinik in F. tätig sei. Prof. L. bezeichnete als Unfallfolgen den Einriss des ulnokarpalen Bandkomplexes am Radius links, die Totalruptur des ulnaren Kollateralbandes am linken Daumengrundgelenk (DGG), den Einriss des scapholunären Bandes (SL-Bandes) 1. Grades ohne Instabilität links, die Sesamoiditis des ulnaren Sesambeines am DGG links sowie die Arthrosen von DGG und DSG links. Da als Hebamme die Feinmechanik und Kraftentwicklung der Hände, v.a. der linken Gebrauchshand, zwingend notwendig sei, habe seit dem Unfall durchgehend unfallbedingte AU bestanden.

Daraufhin unterbreitete die Beklagte mit Schreiben vom 01.10.1996 einen Vergleichsvorschlag, wonach sie unter Rücknahme der angegriffenen Bescheide weitere Unfallfolgen anerkannte - nämlich eine posttraumatische Arthrose des linken Daumengrundgelenks mit nachfolgender Versteifung sowie die Naht des ulnaren Kollateralbandes mit Entfernung des ulnaren Sesambeines - und sich verpflichtete, für die Dauer der unfallbedingten AU seit dem 01.11.1992 VG nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Ferner werde sie einen Anspruch auf Verletztenrente prüfen. Aus der Akte sei nicht lückenlos erkennbar, ob und inwieweit die Klägerin seit dem 01.11.1992 - ggf. zeitweise - wieder als Hebamme tätig gewesen sei. Bei Einverständnis der Klägerin würde kurzfristig die Dauer der unfallbedingten AU geklärt und zum Rentenanspruch eine ergänzende Stellungnahme von Prof. L. eingeholt.

Am 28.10.1996 gab die Klägerin laut Gesprächsvermerk der Beklagten an, sie habe im November 1995 für einige Tage einen Arbeitsversuch unternommen, der gescheitert sei; Einkommen habe sie nicht erzielt. Laut Vermerk sei man sich einig gewesen, dies als Belastungserprobung zu sehen, so dass die Klägerin seit dem 01.11.1992 bis voraussichtlich November 1996 arbeitsunfähig krank sei mit VG-Anspruch. Zur beruflichen Rehabilitation habe die Klägerin erklärt, dass ihr eine weitere Tätigkeit als Hebamme - selbstständig oder abhängig beschäftigt - nicht mehr möglich erscheine, da ihr als Linkshänderin wegen der Unfallfolgen das für prä- und postnatale Untersuchungen erforderliche Feingefühl fehle. Über die Verletztenrente werde nach Gutachten von Prof. L. gesondert entschieden.

Daraufhin nahm die Klägerin am 07.11.1996 das Vergleichsangebot der Beklagten an.

Prof. L. teilte mit Zwischenbericht vom 28.11.1996 mit, dass die AU der Klägerin mit dem 10.11.1996 ende und sie als Linkshänderin aufgrund der funktionellen Einschränkungen der linken Hand ihren Beruf als Hebamme nicht mehr ausüben könne; ab 11.11.1996 bestehe Berufsunfähigkeit (BU).

Am 27.11.1996 stellte die Klägerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente. Laut Telefonvermerk der Beklagten vom 13.01.1997 ging die Klägerin davon aus, dass eine berufliche Wiedereingliederung nicht mehr zum Tragen komme. Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) sei beantragt worden; das BG-Rentenverfahren solle eingeleitet werden.

Mit Schreiben vom 14.01.1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr VG-Anspruch gemäß § 214 SGB VII (Sozialgesetzbuch Siebtes Buch) i.V.m. § 562 RVO (Reichsversicherungsordnung) mit dem Tag ende, der der Feststellung der Verletztenrente vorhergehe. Nach den medizinischen Unterlagen, dem Besprechungsergebnis vom 28.10.1996 sowie der telefonischen Unterredung vom 13.01.1997 sei nach Maßgabe des § 580 Abs. 3 RVO die Verletztenrente festzustellen. Es sei nicht mehr damit zu rechnen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Hebamme unter Berücksichtigung der Unfallfolgen weiter ausüben könne. Darüber hinaus sei unter Berücksichtigung der funktionellen Einschränkung der linken Hand eine wettbewerbsfähige berufliche Wiedereingliederung mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich, was der am 13.01.1997 geäußerten Selbsteinschätzung der Klägerin entspreche. Unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten und der Äußerungsfrist werde der letzte Tag des Bezuges von Verletztengeld nach §§ 560 ff. RVO auf den 05.02.1997 festgelegt. Die Klägerin könne sich dazu binnen 14 Tagen äußern.

Die Klägerin erklärte im Schreiben vom 13.01.1997, sie strebe eine Wiedereingliederung in das Berufsleben an; nach § 568a RVO sei VG bis zum Beginn der Berufshilfe weiterzugewähren. Ferner teilte sie mit, dass Prof. L., Dr. N. und der BfA-Gutachter Dr. P. nur BU attestierten. Im April 1997 gingen der Beklagten Informationen über eine 2-3-jährige Weiterbildung zur Lehrerin für Hebammenwesen der Schule W. zu.

Prof. L. führte im Gutachten vom 24.04.1997 aus, dass die Klägerin über ständige Schmerzen - auch in Ruhe- sowie Kraftverlust der linken Hand geklagt hatte und aufgrund der Bewegungseinschränkung nach eigener Einschätzung nicht mehr die notwendigen Untersuchungstechniken als Hebamme durchführen könne. Diese Einschätzung wurde von Prof. L. geteilt; für den Beruf als selbstständig arbeitende Hebamme bestünde Berufsunfähigkeit. Unfallfolgen seien der Verlust der DGG-Beweglichkeit, die Einschränkung der Daumenendgelenksbeweglichkeit links, die schmerzhafte Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit links zu 70%, die Verminderung der groben Kraft der linken Hand gegenüber rechts um 1/3 zu 70% und die Verminderung der Daumenabspreizung links zu 50%. Die MdE sei auf 20% einzuschätzen.

Mit Bescheid vom 30.07.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den Unfall vom 01.11.1992 VG nach den §§ 560 ff RVO und den §§ 45 ff. SGB VII ab 01.11.1992 bis 05.02.1997. Das VG werde gemäß § 217 Ab. 1 Satz 2 SGB VII i.V.m. § 562 Abs. 1 RVO bis zu dem Tage gezahlt, für den erstmalig Verletztenrente gewährt wird. Nach § 217 Abs. 1 Satz 2 SGB VII i.Vm. § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO beginne die Rente - sofern mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist - nach dem Tage, an dem zu übersehen ist, dass der Versicherte auch durch weitere Maßnahmen der Heilbehandlung oder Berufshilfe beruflich nicht wieder eingegliedert werden kann. Mit Schreiben vom 14.01.1997 sei die Klägerin hierüber in Kenntnis gesetzt worden. Das VG werde insgesamt für den Zeitraum vom 01.11.1992 bis 05.02.1997 gewährt, nachdem zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Rentenbeginn nach § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO erfüllt gewesen seien.

Mit Bescheid vom 13./ 14. 08.1997 erkannte die Beklagte den Unfall vom 01.11.1992 als Arbeitsunfall an und bewilligte Verletztenrente ab 06.02.1997 auf unbestimmte Zeit auf Grundlage einer MdE von 30 v.H ... Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt: Anteilige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, Bewegungseinschränkung des Daumenendgelenks links, Verlust der Daumengrundgelenksbeweglichkeit links, anteilige Einschränkung der Abspreizung des linken Daumens, anteilige Verminderung der groben Kraft der linken Hand, Aktivierung einer vorbestehenden Arthrose des linken Daumensattelgelenks nach Teilriss der Kahnbeinbandverbindung am linken Handgelenk, Einriss des ellenseitigen Bandgelenks zwischen den Handwurzelknochen am linken Handgelenk mit operativer Verkürzung der linken Elle, Durchtrennung des ellenseitig seitlichen Bandes am linken Handgelenk und Zerrung des Gelenks mit operativ nachfolgender Versteifung des linken Daumengrundgelenkes und operativer Entfernung des ulnaren Sesambeines, eine folgenlos verheilte Kinnplatzwunde, eine folgenlos verheilte, röntgenologisch nicht nachweisbare Verletzung (Verdacht auf Bruch) des rechten Schulterblatts.

Mit Widerspruch vom 12.08.1997 wurde moniert, dass dem VG ein zu geringer Jahresarbeitsverdienst (JAV) zu Grunde gelegt worden sei und dass das VG nur bis 05.02.1997 gezahlt werde. Ferner sei für einen anderen Arbeitsunfall (vom 25.07.1992) der falsche JAV zu Grunde gelegt worden. Die MdE von 30% sei zu niedrig. Die Beklagte müsse entweder VG bezahlen oder die MdE erhöhen.

Mit Schreiben vom 03.02.1998 teilte die BfA der Beklagten mit, dass sie der Klägerin auf deren Antrag vom 27.11.1996 mit Bescheid vom 03.02.1998 ab 06.02.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente) gewährt habe. Die Anspruchsvoraussetzungen seien am 01.06.1996 erfüllt gewesen. Laut Rentenbescheid begann die Rente ab 06.02.1997 wegen VG-Anspruchs der Klägerin bis 05.02.1997.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.1998 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den VG-Bescheid vom 30.07.1997 zurück. Das VG ende gemäß § 217 Abs. 1 Satz 2
SGB VII i.V.m. § 562 Abs. 1 RVO; die Verletztenrente beginne nach § 217 Abs. 1 Satz 2 SGB VII i.V.m. § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO. Voraussetzung sei nicht eine bestimmte MdE-Höhe. Der JAV sei zutreffend. Mit weiteren Widerspruchsbescheiden vom selben Tag wurden die Widersprüche wegen der Verletztenrente und wegen des VG für den Unfall vom 25.07.1992 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit den am 16.10.1998 (Az. S 41 U 825/98) beim SG München erhobenen Klagen begehrte die Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 höheres VG aufgrund höheren JAV sowie VG-Zahlung über den 05.02.1997 hinaus, höheres VG wegen höheren JAV für den Unfall vom 25.07.1992 und höhere Verletztenrente unter Abänderung des Bescheides vom 13.08.1997 id.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998.

In der Klagebegründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Gewährung von VG bis zum 05.02.1997 unzutreffend sei. Verletztenrente könne gemäß § 580 RVO nur beginnen, wenn nicht mehr damit zu rechnen sei, dass der Verletzte seine Tätigkeit weiterhin ausüben könne. Bei einer MdE von 30% könne die Klägerin ihre Tätigkeit weiter ausüben. Sie habe der Beklagten eine Reihe von Einsatzmöglichkeiten z.B. als Lehrhebamme nach kurzer Umschulung vorgeschlagen. Es sei nicht ersichtlich, woran die Entscheidung, VG bis zum 05.02.1997 zu gewähren, anknüpfe. Im Übrigen wurde zur Höhe des JAV und zur MdE vorgetragen.

Die Klägerin übersandte das Gutachten des Orthopäden Dr. P. für die BfA aufgrund Untersuchung der Klägerin am 17.01.1997 (Eingang bei der BfA: 07.02.1997). Danach konnte die Klägerin einen Kindskopf nicht umfassen und Untersuchungsgriffe nicht durchführen. Neben einer Einschränkung des 1. Stahls sowie deutlicher Minderung von grober Kraft und Geschicklichkeit der linken Hand bestanden Funktionseinschränkungen von HWS, BWS, LWS, beider Ellbogen-, Hüft- und Kniegelenke sowie des rechten Schultergelenks und am linken Schultergürtel. Aus orthopädischer Sicht könne die Versicherte als Hebamme nicht mehr und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr regelmäßig arbeiten; mit einer wesentlichen Besserung sei nicht zu rechnen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr leichte Tätigkeiten zu ebener Erde in geschlossenen Räumen, ohne Über-Kopf-Arbeit, ohne Zwangshaltung, ohne viel Bücken, ohne Kälte- oder Nässeeinflüsse sowie ohne Zeitdruck nur unter halbschichtig zumutbar. Die Leistungseinschränkung liege seit ca. 6 Monaten vor, da seitdem eine therapierefraktäre Situation bestehe. Die Gesundheitsschäden aufgrund des Arbeitsunfalls vom 01.11.1992 seien mit 50% an der Leistungsminderung beteiligt. Berufsfördernde Leistungen wurden nicht empfohlen.

Die Klägerin machte eine Tuberkulose-Erkrankung am linken Ellbogengelenk als mittelbare Unfallfolge und als Berufskrankheit (BK) Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) wegen erhöhter Infektionsgefährdung als Hebamme geltend und verlangte weiter Verletztengeld.

Die Fachärztin für Lungen- und Bronchialkunde Dr. W. führte in ihrer Stellungnahme vom 02.03.2001 aus, dass bei der Klägerin mit weitgehender Sicherheit bereits in der Jugend eine Lungentuberkulose abgelaufen sei. Die Entwicklung des knöchernen Befundes am linken Ellbogen könne weder mit einer beruflich erworbenen Tuberkulose noch mit dem Unfall vom 01.11.1992 in Zusammenhang gebracht werden, auch nicht im Sinne der Verschlimmerung.

Auf Antrag der Klägerin wurde ein Gutachten gemäß § 109 SGG von Prof. L. vom 12.11.2001 mit radiologischem Zusatzgutachten eingeholt. Prof. L. vertrat die Ansicht, dass die granulomatöse Osteomyelitis des linken Ellbogengelenks trotz fehlenden Säurestäbchennachweises wegen der Wirksamkeit der tuberkulostatischen Therapie als Tuberkulose-Erkrankung anzusehen und Unfallfolge sei. Es bestünde die Möglichkeit, dass durch das axiale Trauma der linken oberen Extremität ein vorher ruhender tuberkulöser Prozess aktiviert worden sei oder dass es durch das Trauma zu einer hämatogenen Aussaat gekommen sei. Die Berufsausübung als selbstständige Hebamme sei der Klägerin aufgrund der Verletzungsfolgen nicht möglich gewesen; der weitere Krankheitsverlauf mit Auftreten der Osteomyelitis habe eine weitere Berufstätigkeit vollständig unmöglich gemacht. Eine Tätigkeit als selbstständige Hebamme sei auf Dauer unmöglich und nicht absehbar, inwieweit eine andere Erwerbstätigkeit aufgenommen werden könne. Die MdE für den Zeitraum ab 06.02.1997 schätzte Prof. L. auf 80%.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer Gelenktuberkulose als Unfallfolge ab angesichts des fehlenden Nachweises einer Tuberkulose und des Zeitraums von 5 1/2 Jahren zwischen Unfallereignis und der erstmaligen Diagnose. Sie stützte sich auf eine Stellungnahme von Prof. H. vom 28.02.2002.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 24.04.2002 schlossen die Beteiligten folgenden Teilvergleich:
"Die Klägerin legt bei der Beklagten eine Bestätigung des Krankenhauses R. über die Schließung der Geburtshilfeabteilung im September 1991 innerhalb von zwei Monaten vor. Nach Vorliegen dieser Bestätigung erteilt die Beklagte der Klägerin einen neuen rechtsbehelfsfähigen Bescheid über die Höhe des bis zum 05.02.1997 zu gewährenden Verletztengeldes."

Anschließend beantragte der damalige Klägerbevollmächtigte, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 zu verurteilen, als weitere Folgen des Unfalls vom 01.11.1992 die tuberkulöse Osteomyelitis im linken Ellbogengelenk und die daraus resultierenden Funktionseinschränkungen anzuerkennen und der Klägerin ab 6.2.1997 "die entsprechenden gesetzlichen Leistungen" zu gewähren.

Mit Urteil vom selben Tag wurde dem Klageantrag vollumfänglich entsprochen.
Vor Übersendung der schriftlichen Urteilsgründe bat die Beklagte beim SG um Klarstellung des Inhalts des Teilvergleichs angesichts der verschiedenen Streitgegenstände der Klage. Mit Schreiben vom 23.05.2002 an die Beteiligten führte der Kammervorsitzende aus, dass mit dem Teilvergleich der Rechtsstreit über das VG in vollem Umfang erledigt worden sei. Die Beklagte erteile nach Vorlegen der Bestätigung einen neuen rechtsbehelfsfähigen Bescheid über die Höhe des VG für den gesamten Zeitraum bis 05.02.1997. Zugleich sei durch die Aufnahme des Datums "des bis 05.02.1997 zu gewährenden Verletztengeldes" klargestellt, dass Verletztengeld tatsächlich (nur) bis 05.02.1997 zu gewähren sei.
In den schriftlichen Urteilsgründen wurden als Streitgegenstand die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und ein Anspruch auf höhere Verletztenrente ab 06.02.1997 genannt. Die weiteren Gesundheitsstörungen seien als Folgen des Arbeitsunfalls vom 01.11.1992 entsprechend den Ausführungen von Prof. L. anzuerkennen und der Klägerin ab 06.02.1997 eine "dementsprechend höhere Verletztenrente" zu gewähren. Ausführungen zur MdE-Höhe enthielt das Urteil nicht.

Die Beklagte begehrte mit der Berufung vom 25.06.2002 (Az. L 2 U 222/02) die Aufhebung des Urteils des SG vom 24.04.2002 und Abweisung der Klage gegen den Bescheid vom 13.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998. Die tuberkulöse Osteomyelitis und eine axiale Stauchung seien nicht bewiesen.

Mit Bescheid vom 25.09.2002 stellte die Beklagte das VG für den Arbeitsunfall vom 01.11.1992 für die Zeit vom 01.11.1992 bis 05.02.1997 aufgrund eines JAV von 108.000 DM neu fest. Dagegen legte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 30.09.2002, eingegangen am 04.10.2002, vorsorglich Widerspruch ein, weil das VG über den 05.02.1997 hinaus zu gewähren sei. Er schlug vor, darüber ein neues Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen.

Die Beklagte entgegnete, dass die Klägerseite durch Annahme des Teilvergleichs vom 24.04.2002 letztlich die Begrenzung der VG-Dauer bis 05.02.1997 als rechtmäßig bestätigt habe. Gegen diese Entscheidung könne kein neues Vorverfahren eröffnet werden. Der Klägerbevollmächtigte widersprach der endgültigen zeitlichen Begrenzung des VG durch den Vergleich mit Schreiben vom 11.10.2002; sein Schreiben sei als neuer Antrag zu verstehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 als unzulässig und unbegründet zurück. Soweit der Widerspruch eine Feststellung des VG über den 05.02.1997 hinaus begehre, sei er unzulässig; darüber sei im VA vom 25.09.2002 nicht entschieden worden. Zudem seien durch den Vergleich vom 24.04.2002 die Feststellungen zur Dauer der VG-Zahlung im VA vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 bindend geworden. Des Weiteren komme eine Rücknahme nach § 44 SGB X nicht in Betracht.

Am 19.03.2003 erhob die Klägerin Klage beim SG München (Az. S 9 U 219/03) gegen den Bescheid vom 25.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 mit der Begründung, es sei der falsche JAV zu Grunde gelegt und zu Unrecht die VG über den 05.02.1997 hinaus abgelehnt worden. VG sei zu bezahlen, solange die Behandlung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes andauere. Der Vergleich vom 24.04.2002 habe die Dauer nicht begrenzt. Die Klägerin habe keinesfalls auf Rechtspositionen verzichtet. Über das Ende des VG-Anspruchs bestünde Dissens. VG stehe ihr nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VII bzw. § 560 RVO zu. Die EU-Rente habe mit dem Unfall in Zusammenhang gestanden i.S.v. § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 letzter Halbsatz
SGB VII.
Die Beklagte hielt die Klage hinsichtlich der Dauer für unzulässig wegen der abschließende Einigung im Teilvergleich. Zudem sei das Ende des VG zutreffend festgestellt worden nach § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO i.V.m. § 217 SGB VII.

Die Klage wurde mit Beschluss des SG vom 28.08.2003 mit der Klage unter dem Az. S 9 U 176/03 verbunden, die sich gegen die Ablehnung der BK Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV richtete.

Während des Klageverfahrens erging das Urteil des LSG (Az. L 2 U 222/02) vom 19.11.2003 (Bl. 203 ff. LSG-Akte), mit dem das SG-Urteil vom 24.04.2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.08.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 abgewiesen wurde. Das Berufungsverfahren sei beschränkt auf die zusätzliche Anerkennung von Gesundheitsstörungen und die daraus resultierende Leistungsverpflichtung. Nach Überzeugung des Senats war die Osteomyelitis keine Unfallfolge. Die Nichtzulassungsbeschwerde wies das BSG mit Beschluss vom 22.03.2004 zurück.

Im Erörterungstermin vor dem SG München vom 12.05.2005 zum Verfahren S 9 U 176/03 beschränkte die Klägerin ihre Klage auf die Zahlung von VG über den 05.02.1997 hinaus und nahm die übrigen Klagen zurück.

Mit Urteil vom 15.09.2005 wies das SG die Klage als unzulässig ab. Bereits mit gerichtlichem Vergleich vom 24.04.2002 hätten sich die Beteiligten auf die Dauer der VG-Zahlung bis zum 05.02.1997 geeinigt; streitig sei nur die Höhe des zu Grunde zu legenden JAV gewesen. Der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da zur VG-Dauer bereits einmal eine Klage erhoben war, die durch gerichtlichen Vergleich beendet worden sei. In derselben Sache sei eine neue Klage unzulässig.

Zur Begründung der dagegen am 10.10.2005 erhobenen Berufung (Az. L 2 U 348/05) führte die Klägerin u.a. aus, dass mit dem Teilvergleich keine Regelung über den Zeitraum ab 06.02.1997 getroffen worden sei. Zumindest liege ein versteckter Dissens vor. Da die EU-Rente wegen der Unfallfolgen gewährt worden sei, ende das VG nicht gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VII. Aus der Bestandsschutzregelung des § 217 SGB VII Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 580 Abs. 3 RVO ergebe sich nichts Anderes. Auch nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII sei kein Ende des VG eingetreten. Denn es fehle die erforderliche Prognoseentscheidung der Beklagten, die von den Gerichten nicht ersetzt werden könne.

Die Beklagte wandte ein, dass sich aus der Formulierung "des bis 05.02.1997 zu gewährenden Verletztengeldes" eine abschließende Übereinkunft über die Dauer der VG-Zahlung ergebe. Gemäß § 217 Abs. 1 Satz 2 SGB VII i.V.m. § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO habe über den 05.02.1997 hinaus kein VG-Anspruch mehr bestanden.

In der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2007 schlossen die Beteiligten nach Hinweis des Senats auf das Schreiben der Klägerin vom 30.09.2002 den Vergleich, dass die Klägerin ihren Antrag vom 30.09.2002 und 11.10.2002 wieder aufgreift und beantragt, im Rahmen einer Überprüfung nach § 44 SGB X hierüber zu entscheiden. Die Berufung wurde zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 09.05.2007 lehnte die Beklagte die Rücknahme des VA vom
25.09.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 gemäß § 44 SGB X und einen Anspruch der Klägerin auf VG für die Zeit nach dem 05.02.1997 ab. Mit dem VA sei der Teilvergleich vom 24.04.2002 ausgeführt worden. Tatsachen, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten, seien nicht genannt worden. Ein Anspruch auf VG über den 05.02.1997 hinaus bestünde nicht. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ende das VG, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, spätestens mit Ablauf der 78. Woche nach Beginn der AU, hier mit dem Tag des Inkrafttretens des SGB VII. Es sei bereits darüber hinaus VG bis zu dem Zeitpunkt weitergezahlt worden, an dem feststand, dass keine berufliche Wiedereingliederung mehr erfolge. Dabei sei zu Gunsten der Klägerin die Bestandsschutzregel des § 217 Abs. 1 Satz 2 SGB VII berücksichtigt worden und der Beginn der Rente gemäß § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO mit dem 06.02.1997 festgestellt worden. Deshalb ende der VG-Anspruch zu Recht mit dem 05.02.1997.
Zur Begründung des Widerspruchs vom 06.06.2007 führte der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass nach dem BSG-Urteil vom 13.09.2005 § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII gegenüber der Nr. 2 nachrangig sei und diese Nr. 2 bei der Klägerin nicht greife.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2007 als unbegründet zurück. Da die Klägerin ab 06.02.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente) bezog, habe spätestens zu diesem Zeitpunkt festgestanden, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen gewesen seien. Das sei der ausschlaggebende Grund für die Zustimmung der Beklagten zum Teilvergleich gewesen. Werde EU-Rente nach Ablauf der 78. Woche festgestellt, sei VG längstens bis zum Beginn der EU-Rente zu zahlen.

Zur Begründung der dagegen am 03.09.2007 beim SG München unter dem Az. S 9 U 513/07 erhobenen Klage hat der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt. Der Bezug von EU-Rente sei für den Vergleich vom 24.04.2002 nicht ausschlaggebend gewesen; im VA vom 30.07.1997 sei das Ende der VG-Zahlung mit dem Beginn der Verletztenrente begründet worden. Es sei unzutreffend, dass wegen Rentenbezugs ab 06.02.1997 spätestens zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Teilhabeleistungen am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien. Da der Tatbestand des § 46 Abs. 3 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII "dem Grunde nach" vorliege, aber nicht zur Beendigung der VG-Zahlung führe, liege der Auffangtatbestand des § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII nicht vor.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sie - unabhängig von dem bindend abgeschlossenen Vergleich - sowohl eine Prognoseentscheidung durch das Schreiben vom 14.01.1997 als auch einen VA über Höhe und Dauer der VG-Zahlung vom 30.07.1997 erlassen habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.03.2009, zugestellt am 08.06.2009, abgewiesen.
Die Beklagte habe der Klägerin bereits deutlich länger als für 78 Wochen VG gezahlt. Mit Schreiben vom 14.01.1997 habe die Beklagte die zutreffende Prognoseentscheidung vorgenommen, dass mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bei der Klägerin nicht mehr zu rechnen sei. Das bestätige das Gutachten von Dr. P ... § 46 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 2 SGB VII führe nicht dazu, dass regelmäßig zeitlich unbegrenzt VG zu gewähren sei, wenn eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) mit einem Versicherungsfall im Zusammenhang stehe. Aus dem BSG-Urteil vom 13.09.2005 (B 2 U 4/4 R) ergebe sich nichts anderes. § 46 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 2 SGB VII führe nur dazu, dass die Versicherten in diesen Fällen bis zum Ablauf der 78. Wochen gleichzeitig VG und Rente aus der GRV erhalten. Nach Ablauf der 78. Woche sei VG nur fortzugewähren, wenn eine stationäre Behandlung noch nicht beendet sei oder wenn Unklarheit über die Möglichkeit des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit oder der beruflichen Rehamaßnahme bestünde. Theoretisch denkbare, aber praktisch nicht realisierbare berufsfördernde Leistungen könnten das Ende des VG nicht verhindern. Ein Ende des VG unter diesen Voraussetzungen mit Ablauf der 78. Woche entspreche der gesetzlichen Zielsetzung. Das VG solle den Ausfall an Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit auszugleichen (konkreter Schadensausgleich; Entgeltersatzfunktion), während die Versichertenrente als Ersatz für eine trotz medizinischer Rehabilitation verbliebene MdE gezahlt werde (abstrakter Schadensausgleich). Von dem Bedürfnis eines Entgeltersatzes sei aber nicht auszugehen, wenn - wie hier - EU-Rente bereits bezogen werde.

Zur Begründung der am 29.06.2009 von der Klägerin eingelegten Berufung hat diese ausgeführt, dass das Schreiben vom 14.01.1997 nicht einmal eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 24 SGB VII darstelle, weil die Gutachtensergebnisse zur Frage, ob mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorgelegen hätten. Ferner hat sich die Klägerin auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.07.2009 (L 31 U 375/06) gestützt.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Nach der beigezogenen Akte des Rentenversicherungsträgers war ein Antrag der Klägerin auf BU/ EU-Rente vom September 1995 am 24.11.1995 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden. Der neue Antrag vom 27.11.1996 war zunächst mit Bescheid vom 26.03.1997 wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt worden. Durch nachträgliche Beitragsentrichtung sowie Meldung von VG durch die BG für die Zeit vom 01.01.1992 bis 05.02.1997 waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch erfüllt, so dass - wie erwähnt - mit Bescheid vom 03.02.1998 EU-Rente ab 06.02.1997 bewilligt wurde. Mit Bescheiden vom 24.04.2003 und 10.07.2003 erfolgten wegen Änderung von Beitragszeiten (z.B. höheres VG) Korrekturen der Rentenhöhe. Mit Bescheid vom 22.08.2001 wurde der Klägerin ab 01.02.2001 Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewährt, wobei die Anspruchsvoraussetzungen am 27.09.1999 erfüllt waren. Der Klägerin war bereits mit Bescheid im Jahr 1985 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 29.02.2012 sind die maßgeblichen Rechtsvorschriften erörtert worden. Der Senat hat insbesondere auf die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X hingewiesen und auf die Problematik, ob im Überprüfungsbescheid der zutreffende Verwaltungsakt über die Gewährung von Verletztengeld über den 05.02.1997 hinaus geprüft worden ist.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.03.2009 sowie den Bescheid vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.2002 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 30.07.1997 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 ihr über den 05.02.1997 hinaus auf unbestimmte Zeit Verletztengeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Beklagtenakten, die SG-Akten (Az. S 9 U 513/07, S 9 U 176/03, S 9 U 219/03, S 41 U 825/98 und S 41 U 776/95) sowie die LSG-Akten einschließlich derjenigen unter den Az. L 2 U 348/05 und L 2 U 222/02 sowie die Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund (Rechtsnachfolgerin der BfA) Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung erweist sich als unbegründet.

A) Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und (unechte) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG zulässig (vgl. BSG vom 14.03.2006 - B 4 RA 41/04 R- Juris RdNr. 10).

1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Verwaltungsakt (VA) im Bescheid vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides (WB) vom 17.09.1998, mit dem die Beklagte das Ende des VG-Anspruchs festgestellt hat (vgl. zur Feststellung mit VA BSG vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - Juris RdNr. 42), bereits Streitgegenstand der Klage vom 13.10.1998 (Az. S 41 U 825/98) beim SG München war. Denn soweit sich die Klage gegen einen ablehnenden Überprüfungsbescheid gemäß § 44 SGB X richtet, hat diese einen anderen Streitgegenstand.

2. Der Bescheid vom 09.05.2007 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 trifft bei Auslegung nach dem objektivem Empfängerhorizont auch eine (ablehnende) Regelung über die Rücknahme des VA, mit dem der 05.02.1997 als Ende des VG-Anspruchs festgestellt worden ist, und damit einen für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Ausgangsverwaltungsakt gemäß § 44 SGB X.

a) Allerdings enthielt der Bescheid vom 25.09.2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003, dessen Rücknahme im Überprüfungsbescheid vom 09.05.2007 ausdrücklich abgelehnt worden war, keine Regelung über das Ende des VG-Anspruchs oder über einen Anspruch der Klägerin auf VG über den 05.02.1997 hinaus.

Denn mit diesem Bescheid wurde nur die Höhe des VG-Anspruchs auf Grundlage eines höheren Jahresarbeitsverdienstes neu festgestellt. Bereits im Eingangssatz des Bescheides wird klargestellt, dass er der Ausführung des vor dem SG München am 24.04.2002 geschlossenen Teilvergleichs dient. Dieser Teilvergleich umfasste nach seinem Wortlaut eine neue Feststellung über die Höhe "des bis zum 05.02.1997 zu gewährenden Verletztengeldes", so dass von der Klägerin infolge des Teilvergleichs keine neue oder ersetzende Entscheidung über die Dauer des VG zu erwarten war. Dem entspricht das vor Bekanntgabe des Bescheides vom 25.09.2002 an die Beteiligten übersandte gerichtliche Hinweisschreiben vom 23.05.2002, wonach gemäß dem Teilvergleich nur über die VG-Höhe ein neuer, die bisherigen Feststellungen ersetzender VA von der Beklagten zu erlassen war. Außerdem fehlen im Bescheid vom 25.09.2002 selbst jegliche Ausführungen zur Dauer des VG-Anspruchs oder zu den Voraussetzungen für dessen Ende. Insbesondere enthält die Mitteilung, dass die Klägerin vom 01.11.1992 bis 05.02.1997 arbeitsunfähig war, nach objektivem Empfängerhorizont keine Aussage oder verbindliche Regelung über die VG-Dauer.

Soweit die Beklagte am Ende des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 im Sinne eines obiter dictum ("Des Weiteren") mitgeteilt hat, dass auch keine Gesichtspunkte für die Rücknahme des bindenden VA zur Dauer des VG vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 nach § 44 SGB X bestehen, hat sie keine Regelung über das Ende des VG-Anspruchs getroffen. Ferner war der Widerspruchsausschuss nicht berechtigt, an Stelle der zuständigen Ausgangsbehörde erstmals einen VA über einen weiteren Regelungsgegenstand zu treffen.

b) Nach Überzeugung des Senats hat die Beklagte aber im Bescheid vom 09.05.2007 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont auch die Rücknahme des VA über das Ende des VG-Anspruchs vom 30.07.1997 id.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 gemäß § 44 SGB X abgelehnt, obwohl sie diese Bescheide nicht ausdrücklich genannt hat.

Der dem Überprüfungsbescheid vom 09.05.2007 zu Grunde liegende Antrag der Klägerin gemäß § 44 SGB X betraf allein den VA über die Feststellung des Endes des VG-Anspruchs, wie auch das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LSG vom 18.04.2007 zeigt. Dieser VA war jedoch im Bescheid vom 30.07.1997 enthalten. Die Beklagte hat die Rechtmäßigkeit dieses VA auch im Bescheid vom 09.05.2007 geprüft und seine Rücknahme konkludent abgelehnt, denn als zweiter Verfügungssatz wurde ein Anspruch auf Verletztengeld für die Zeit nach dem 05.02.1997 verneint und in der Begründung ausgeführt, dass das VG nach Prüfung gemäß SGB VII und nach der Bestandsschutzregel der RVO zu Recht mit dem 05.02.1997 geendet habe.

B) Der VA der Beklagten vom 09.05.2007 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 erweist sich als rechtmäßig.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein VA, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Betroffene insoweit einen Anspruch gegen den Träger auf Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB X längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wobei der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung dieses Zeitraums an die Stelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3
SGB X).

Da der streitgegenständliche Überprüfungsantrag hinsichtlich der Dauer mit Schreiben vom 30.09.2002, eingegangen bei der Beklagten am 04.10.2002, gestellt wurde, sind Sozialleistungen wie die Verletztengeldzahlungen (§ 11 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ) nach der gesetzlichen Ausschlussfrist gemäß § 44 Abs. 4 SGB X frühestens für den Zeitraum ab 01.01.1998 zu erbringen.

1. Wie bereits dargelegt, hat die Beklagte im Bescheid vom 25.09.2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003 nur eine neue Feststellung der Höhe des wegen des Arbeitsunfalls vom 01.11.1992 zu zahlenden VG in Ausführung des gerichtlichen Teilvergleichs vom 24.04.2002 getroffen, aber keine Regelung über das Ende oder die Dauer des VG-Anspruchs. Schon deswegen hat die Klägerin keinen Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme eines - nicht existierenden - VA vom 25.09.2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2003, der das Ende bzw. die Dauer des VG-Anspruchs feststellt.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme des VA im Bescheid vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 gemäß § 44 SGB X, mit dem die Beklagte das Ende des VG-Anspruchs mit dem 05.02.1997 festgestellt hat.

a) Allerdings ist der Anspruch der Klägerin auf Überprüfung dieses VA gemäß § 44 SGB X bzw. der Anspruch der Klägerin auf VG über den 05.02.1997 hinaus nicht bereits wegen des am 24.04.2002 geschlossenen gerichtlichen Teilvergleichs ausgeschlossen.

Der Rücknahme eines VA gemäß § 44 SGB X steht nicht entgegen, dass dieser auf einem Prozessvergleich beruht oder in Form eines Prozessvergleichs unanfechtbar geworden ist, es sei denn, der Vergleich enthält einen Verzicht auf die Leistung im Sinne von § 46 SGB I (vgl. hierzu Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht , Stand Oktober 2011, zu § 44 SGB X, Rdnr. 7; Merten in Hauck / Noftz, Kommentar zum SGB X, zu § 44 RdNr. 53 f.; BSG vom 23.06.1983 - 2 RU 2/82 - und vom 15.10.1985 - 11a RA 58/84, beide veröffentlicht in Juris). Dabei ist zu unterscheiden zwischen einem materiell-rechtlichen Verzicht auf vergangene und künftige VG-Ansprüche und einem sogenannten "prozessualen" Verzicht, wonach bestimmte Ansprüche nur nicht weiter prozessual geltend gemacht werden (vgl. BSG vom 15.10.1985 - 11a RA 58/84, Juris RdNr. 13 f.). Ein materiell-rechtlicher Verzicht gemäß § 46 SGB I muss so eindeutig erklärt sein, dass sich der Verzichtswille klar daraus ergibt, d.h. ob und in welchem Umfang der Berechtigte ihm bekannte oder mögliche Ansprüche aufgibt (vgl. Rolfs in Hauck / Noftz, Kommentar zum SGB I, Stand 12/2010, zu § 46, RdNr. 16; Wagner im Juris-Praxiskommentar Stand 01.10.2011 zu § 46 SGB I unter C). Die Auslegung der Erklärung erfolgt gemäß §§ 133, 157 BGB nicht nur nach dem Wortlaut, sondern unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Begleitumstände, die Aufschluss über den Willen des Erklärenden bei Abgabe der Erklärung geben und darüber, wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (vgl. Rolfs in Hauck / Noftz, Kommentar zum SGB I, zu § 46 SGB I, RdNr. 16).

Vor diesem Hintergrund ist dem gerichtlichen Teilvergleich vom 24.04.2002 nach Überzeugung des Senats keine Erklärung der Klägerin zu entnehmen, wonach diese auf einen materiell-rechtlichen Anspruch auf VG-Zahlungen über den 05.02.1997 hinaus verzichtet hätte.
Zwar spricht der protokollierte Teilvergleich im Zusammenhang mit dem Klageantrag für eine Einigung mit gegenseitigem Nachgeben in dem Sinne, dass die Klägerin den VG-Anspruch für den Zeitraum über den 06.02.1997 hinaus prozessual nicht mehr geltend machen wollte. Denn während die Beklagte für das "bis 05.02.1997 zu gewährende Verletztengeld" nach Vorlage weiterer Unterlagen einen neuen rechtsbehelfsfähigen Bescheid nur über die Höhe erteilen sollte, wurde im Rahmen des Klageantrags, der auf "Entschädigungsleistungen" ab 06.02.1997 gerichtet war, nur noch der die Verletztenrente betreffende Bescheid vom 13.08.1997 angegriffen und nicht (mehr) die Bescheide über das VG. Da die Klägerin zuvor mehrfach betont hatte, dass sie Verletztenrente an Stelle von VG bei ausreichend hohem Ansatz der MdE akzeptieren würde, und da das am 24.04.2002 vorliegende Gutachten von Prof. L. die MdE mit 80 v.H. einschätzte, erscheint nachvollziehbar, dass die Klägerin mit Abschluss des Teilvergleichs den Rechtsstreit über das VG insgesamt prozessual beenden wollte. Allerdings lässt sich aus dem Teilvergleich nach Ansicht des Senats kein eindeutiger Verzichtswille entnehmen. Es fehlt schon an einer ausdrücklichen Erklärung, dass auf VG-Ansprüche für den Zeitraum ab 06.02.1997 verzichtet wird.

b) Die Klägerin hat aber gemäß § 44 SGB X keinen Anspruch auf (Teil-) Rücknahme des VA im Bescheid vom 30.07.1997 i.d.F. des WB vom 17.09.1998, mit dem die Beklagte das Ende des Anspruchs auf Verletztengeld mit dem 05.02.1997 festgestellt hat.

Obwohl der Arbeitsunfall der Klägerin bereits am 01.11.1992 und damit vor Inkrafttreten des SGB VII zum 01.01.1997 eingetreten war, sind für das VG gemäß § 214 Abs. 1 SGB VII die Vorschriften des SGB VII ab seinem Inkrafttreten anwendbar und damit die §§ 45 ff. SGB VII. Allerdings bemisst sich die Dauer des VG nach der Besitzstandsregelung des § 217 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII nach den §§ 560 ff. RVO in der bis 31.12.1996 geltenden Fassung, sofern danach die Dauer länger ist als nach dem SGB VII.

aa) Dass die Beklagte im Bescheid vom 30.07.1997 das Ende des VG unter Anwendung von § 217 Abs. 1 Satz 2 SGB VII i.V.m. § 562 Abs. 1 RVO mit dem 05.02.1997 festgestellt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn gemäß § 562 Abs. 1 RVO (i.d.F. des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22.12.1981, BGBl. I 1479) fällt das VG mit dem Tag weg, für den erstmalig Verletztenrente gewährt wird und mit weiterem, inzwischen bestandskräftigen Bescheid vom 13./14.08.1997 ist der Klägerin Verletztenrente für die Zeit ab 06.02.1997 gewährt worden.

Mit Schreiben vom 14.01.1997 hat die Beklagte die Klägerin auch ordnungsgemäß nach § 24 SGB X zur beabsichtigten Beendigung der VG-Zahlung zum 05.02.1997 angehört. Sie hat die Klägerin über die aus ihrer Sicht wesentlichen Anknüpfungstatsachen informiert und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. So hat sie darauf hingewiesen, dass angesichts der medizinischen Unterlagen und Gespräche Verletztenrente festzustellen sei, weil angesichts der Unfallfolgen nicht mehr damit zu rechnen sei, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Hebamme weiterhin ausüben könne und dass angesichts der funktionellen Einschränkung der linken Hand eine wettbewerbsfähige berufliche Wiedereingliederung mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich sei. Im Übrigen sind Verstöße gegen die Anhörungspflicht im Rahmen des § 44 SGB X, der der Herstellung des materiellen Rechts dient, unbeachtlich (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, zu § 44 SGB X, RdNr. 41 m.w.N.).

bb) Die Klägerin hat auch auf Grundlage von § 214 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i.V.m. den §§ 45 ff. SGB VII keinen Anspruch auf Rücknahme des VA über die Beendigung der VG-Zahlung und Gewährung von Verletztengeld über den 05.02.1997 hinaus.

Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 SGB VII endet Verletztengeld mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme oder mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und berufsfördernde Leistungen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld hingegen gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII
1. mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, dass die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2. mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches (SGB V) genannten Leistungen, es sei denn, dass diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3. im Übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Ein Ende des VG-Anspruchs gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 SGB VII lag nicht vor. Denn die Klägerin war durchgehend seit 01.11.1992 und über den 05.02.1997 hinaus aufgrund der Unfallfolgen arbeitsunfähig im Sinne von § 45 SGB VII.
Arbeitsunfähigkeit (AU) in diesem Sinne liegt - anknüpfend an das Krankenversicherungsrecht - vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Unfallfolgen nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (vgl. hierzu BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R - Juris RdNr. 12 m.w.N.). Gibt der Versicherte nach Eintritt der AU seine Arbeitsstelle auf, ist nicht mehr auf die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz abzustellen, sondern abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus (vgl. BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R - Juris RdNr. 12.). Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Entlohnungshöhe angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann (vgl. BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R - Juris RdNr. 12.).

Die Klägerin übte vor dem Eintritt der AU als Hebamme einen anerkannten Ausbildungsberuf aus, den sie aufgrund der mit Bescheid vom 13.08.1997 anerkannten Unfallfolgen über den 05.02.1997 hinaus nicht mehr - sei es abhängig beschäftigt oder selbstständig - ausüben konnte. Denn es bestanden unfallbedingt eine anteilige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks, eine Bewegungseinschränkung des Daumenendgelenks links, ein Bewegungsverlust des Daumengrundgelenks links, eine anteilige Einschränkung der Abspreizung des linken Daumens, eine anteilige Verminderung der groben Kraft der linken Hand, eine Aktivierung einer vorbestehenden Daumensattelgelenksarthrose links nach Teilriss der Kahnbeinbandverbindung, ein Einriss des ellenseitigen Bandgelenks zwischen den Handwurzelknochen am linken Handgelenk mit operativer Verkürzung der linken Elle, eine Durchtrennung des ellenseitig seitlichen Bandes am linken Handgelenk und Zerrung des Gelenks mit operativ nachfolgender Versteifung des linken Daumengrundgelenkes und operativer Entfernung des ulnaren Sesambeines.

Der Senat folgt der Einschätzung der Beteiligten, dass die im November 1995 für wenige Tage ohne Einkommenserzielung durchgeführte Tätigkeit als Hebamme als vergeblicher Arbeitsversuch bzw. als Belastungserprobung anzusehen ist, was wegen der gesundheitlichen Beschwerden gescheitert war, so dass die AU vom 01.11.1992 bis 05.02.1997 durchgehend bestand. Dass Prof. L. im Zwischenbericht vom 28.11.1996 ein Ende der AU am 10.11.1996 genannt hat, überzeugt nicht. Denn zugleich hat er ab 11.11.1996 Berufsunfähigkeit der Klägerin als Hebamme angenommen und damit dauerhafte AU der Klägerin als Hebamme i.S.v. §§ 45, 46 SGB VII bestätigt. Der Senat schließt sich der Einschätzung von Prof. L. und Dr. P. sowie der Selbsteinschätzung der Klägerin an, dass sie wegen der Einschränkungen ihrer Gebrauchshand die für eine Hebamme notwendigen Untersuchungstechniken dauerhaft nicht mehr durchführen konnte.

(2) Wie die Vorinstanz im Urteil vom 31.03.2009 zutreffend ausgeführt hat, richtet sich das Ende des VG-Anspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII.

Nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG vom 13.09.2005 - B 2 U 4 /04 R - Juris) haben alle Tatbestände für ein Ende des VG-Anspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII zwei Grundvoraussetzungen, nämlich
1) dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit und damit der Beendigung der unfallbedingten AU zumindest für die nächsten 78 Wochen nicht zu rechnen ist und
2) dass zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf berufsfördernde Leistungen bzw. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben besteht, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen (vgl. BSG a.a.O. RdNr. 41 f.).

Das Ende des VG-Anspruchs ist durch VA festzustellen, weil es eine Prüfung i.S. einer Prognoseentscheidung über den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit erfordert, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann (vgl. BSG a.a.O. RdNr. 41 f.; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R - Juris RdNr. 21). Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss (vgl. BSG B 2 U 4/04 R - Juris Rdnr. 42).

Ein Ende nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII kommt nur dann in Betracht ("im Übrigen"), wenn nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB VII kein Ende des VG-Anspruchs vorliegt (vgl. BSG a.a.O Rdnr. 40 f.).

(a) Bei der Klägerin sind die zwei Grundvoraussetzungen von § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII erfüllt.

Die Beklagte hat hier das Ende des VG-Anspruchs mit VA im Bescheid vom 30.07.1997 mit dem 05.02.1997 festgestellt und zuvor eine eigene Prognoseentscheidung getroffen, die sie der Klägerin bereits mit Schreiben vom 14.01.1997 mitgeteilt hatte. Auf dieses Schreiben hatte die Beklagte im Bescheid vom 30.07.1997 Bezug genommen.

Im Schreiben vom 14.01.1997 hatte die Beklagte ausgeführt, dass nach den medizinischen Unterlagen, dem Besprechungsergebnis mit der Klägerin vom 28.10.1996 und dem Telefonat mit ihr vom 13.01.1997 nicht mehr damit zu rechnen sei, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Hebamme unter Berücksichtigung der Unfallfolgen weiterhin ausüben könne. Darüber hinaus sei unter Berücksichtigung der funktionellen Einschränkung der linken Hand eine wettbewerbsfähige berufliche Wiedereingliederung mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich, was auch der eigenen Einschätzung der Klägerin entspreche.

Diese Prognose der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine von der Verwaltung vorzunehmende Prognose ist vom Gericht dahingehend zu prüfen, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache erlaubt (vgl. Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, zu § 128 RdNr. 9 f.). Eine Prognose ist fehlerfrei und verbindlich, wenn sie aufgrund der vorhandenen Umstände nachvollziehbar ist, insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Dabei ist der Verwaltung ein gerichtlich nicht zu überprüfender Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative) zuzubilligen (vgl. BSG vom 30.08.2007 - B 10 EG 6/06 R mit Verweis auf BSG SozR 3-7833 § 6 Nr. 15). Ferner kann nur auf die der Verwaltung bekannten oder zumindest erkennbaren Umstände abgestellt werden. Denn im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gesetzesvollzugs kann von der Verwaltung nicht mehr verlangt werden als sie zu leisten vermag. Nicht erwogene Umstände, die sie auch bei sorgfältiger Ermittlung nicht kennen und berücksichtigen kann, vermögen die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung nicht zu berühren (vgl. BSG vom 30.08.2007 - B 10 EG 6/06 R). Fehlerhaft ist die Prognose, wenn sie von vornherein von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist (vgl. BSG B 10 EG 6/06 R a.a.O.) oder verfahrensfehlerhaft, z.B. unter Verstoß gegen das Amtsermittlungsprinzip, für die Beurteilung wesentliche Tatsachen nicht ermittelt bzw. berücksichtigt hat.

Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten getroffene Prognose, dass der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit der Klägerin als Hebamme und ihre wettbewerbsfähigen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nicht zu erwarten ist, nicht zu beanstanden. Dass bei der Klägerin erhebliche funktionelle Einschränkungen der linken Hand bestehen, die der Wiederaufnahme einer Tätigkeit als Hebamme innerhalb der nächsten 78 Wochen entgegenstehen, entsprach den Ausführungen von Prof. L. im Zwischenbericht vom 28.11.1996, der eine Berufsunfähigkeit als Hebamme ab 11.11.1996 angenommen hat, sowie den eigenen Angaben der Klägerin im Gespräch vom 28.10.1996, wonach ihr das für prä- und postnatale Untersuchungen erforderliche Feingefühl der linken Gebrauchshand fehlen würde.

Nach Überzeugung des Senats hat die Beklagte weder falsche Tatsachen berücksichtigt noch fehlerhaft weitere, einer solchen Prognose widersprechende Tatsachen nicht berücksichtigt. Im Gegenteil bestätigte die weitere Entwicklung diese Prognose: Sowohl die Klägerin als auch Prof. L. vertraten anlässlich der Untersuchung am 21.04.1997 die Auffassung, dass wegen der Unfallfolgen mit Kraftverlust der linken Hand und Einschränkung von Hand- und Daumenbeweglichkeit links die im Beruf als Hebamme erforderlichen Untersuchungstechniken nicht mehr durchgeführt werden könnten und Berufsunfähigkeit als Hebamme bestünde. Zudem klagte die Klägerin bei dieser Untersuchung über ständige Schmerzen der linken Hand, auch in Ruhe, verstärkt unter Belastung und Kraftverlust der linken Hand, der sie selbst bei alltäglichen Tätigkeiten einschränke.

Daher ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte eine Wiedereingliederung der Klägerin in das Erwerbsleben für unwahrscheinlich hielt und sich damit gegen berufsfördernde Leistungen für die Klägerin entschieden hat. Insbesondere ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Klägerin Anspruch auf berufsfördernde Leistungen gehabt hätte, die einen Anspruch auf Übergangsgeld im Sinne von § 49 SGB VII auslösen (vgl. BSG B 2 U 4/04 R - Juris RdNr. 41). Dazu gehören nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur solche berufsfördernden Leistungen, die wegen Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit Einfluss auf die Verdienstmöglichkeiten nehmen können wie z.B. Teilnahme an Bildungsmaßnahmen, Praktika usw. (vgl. Römer in Hauck / Noftz zu § 49 SGB VII, RdNr. 5). Ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich u.a. nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und der Vorbildung; welche Leistungen erbracht werden, bestimmt der Versicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 26 Abs. 5 SGB VII). Angesichts des Alters der Klägerin von 57 Jahren im Januar 1997 sowie der von ihr selbst geltend gemachten erheblichen Beschwerden vermag der Senat einen Anspruch der Klägerin auf konkrete, Übergangsgeld auslösende berufsfördernde Maßnahmen im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null nicht zu erkennen. Gegen eine Umschulung zur Lehrerin für Hebammenwesen spricht insbesondere, dass die Klägerin nach eigenen Angaben notwendige Untersuchungstechniken als Hebamme nicht mehr durchführen und damit den Schülern nicht mehr vorführen konnte.

Die Prognose, dass die Klägerin nicht über eine entsprechende Belastbarkeit verfügt, wurde durch das der Beklagten erst später bekannte Gutachten von Dr. P. bestätigt, das aufgrund Untersuchung vom 17.01.1997 für die BfA erstellt worden war. Denn danach verfügte die Klägerin selbst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch über ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen, konnte einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht nachgehen und es wurden keine berufsfördernden Leistungen empfohlen.

Damit waren die zwei Grundvoraussetzungen für die Anwendung von § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII bei der Klägerin erfüllt.

(b) Zum Zeitpunkt des Bescheides vom 30.07.1997 war ein Ende des VG-Anspruchs nach Überzeugung des Senats nicht gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB VII eingetreten.

Denn die Heilbehandlung war im gesamten Zeitraum vom 01.11.1992 bis zum Erlass des Bescheides vom 30.07.1997 zu keinem Zeitpunkt so weit abgeschlossen, dass die Klägerin eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen konnte. Insbesondere war - wie bereits ausgeführt - der Arbeitsversuch im November 1995 als Beleghebamme wegen der Beschwerden gescheitert; insofern handelte es sich nicht um eine zumutbare Erwerbstätigkeit.

Ferner endete das VG nicht gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VII. Zum einen wurde die Erwerbsunfähigkeitsrente als Leistung i.S.v. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung der Klägerin erst mit Bescheid vom 03.02.1998 bewilligt. Zum anderen stand sie im Zusammenhang mit dem Leistungsfall, da die Unfallfolgen nach dem zu Grunde liegenden Gutachten von Dr. P. mit 50% zur Leistungsminderung beitrugen.
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Rente i.S.v. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, die angesichts des bereits 1985 anerkannten Schwerbehindertenstatus der Klägerin nicht mit ihrem Arbeitsunfall vom 01.11.1992 in Zusammenhang stand, wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin erst ab 01.02.2001 gewährt.

(c) Da nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen für ein Ende des VG-Anspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB VII zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 30.07.1997 vollständig vorlagen, aber die zwei Grundvoraussetzungen des Satzes 2 - wie ausgeführt - erfüllt waren, war § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII im Fall der Klägerin als Auffangtatbestand ("im Übrigen") anwendbar. Danach endet das VG mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende einer stationären Behandlung. Unter einer stationären Behandlung in diesem Sinne ist nur die nach dem Versicherungsfall begonnene primäre stationäre, durchgehende Versorgung zu verstehen, nicht eine nach Entlassung später erneut notwendige stationäre Behandlung (vgl. Ricke in KK, zu § 46 SGB VII, RdNr. 15; Keller in Hauck /Noftz zu § 46 SGB VII, RdNr. 16).

Am 05.02.1997 waren 78 Wochen seit Beginn der AU am 01.11.1992 aber schon lange abgelaufen und die erstmalige stationäre Behandlung im KKH E. war längst abgeschlossen.

Für die Auffassung des Klägerbevollmächtigten, der Beginn einer EU-Rente, der selbst nicht zu einem Ende des VG-Bezugs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VII führt, entfalte eine Art Sperrwirkung für die Anwendung von Nr. 3, lässt sich nicht begründen, insbesondere nicht mit den Urteilen des BSG vom 30.10.2007 (B 2 U 31/06 R) oder vom 13.09.2005 (B 2 U 4/04 R, beide veröffentlicht in Juris). Entweder sind alle Tatbestandsvoraussetzungen von Nr. 2 erfüllt, so dass einerseits VG nach Nr. 2 endet und andererseits der Anwendungsbereich von Nr. 3 nicht eröffnet wird, oder die Tatbestandsvoraussetzungen von Nr. 2 sind nicht (vollständig) erfüllt, so dass "im Übrigen" Nr. 3 anzuwenden ist. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte auf die Formulierung im Urteil des BSG vom 13.09.2005 (B 2 U 4/04 R, Juris Rdnr. 40) beruft: "Dabei kommt ein Ende des Verletztengeldanspruch nach Nr. 3 a.a.O erst dann in Betracht ("im Übrigen"), wenn die Voraussetzungen eines Verletztengeldes nach Nr. 1 und 2 a.a.O nicht gegeben sind (vgl. Benz / Köllner , BG 200 , 39, 40)", ergibt sich daraus nichts Anderes. Das gilt ebenso für den dort zitierten Aufsatz.

Auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im Urteil vom 31.03.2009 wird Bezug genommen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sowohl Wortlaut ("im Übrigen") als auch Aufbau der Vorschrift dafür sprechen, dass in den Fällen, in denen der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und berufsfördernde Leistungen nicht zu erbringen sind, § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ein Auffangtatbestand für die Fälle ist, in denen nicht bereits die Tatbestände von Nr. 1 und Nr. 2 ein Ende des VG-Bezugs bewirken. Für die Auffassung des Klägerbevollmächtigten lassen sich weder aus den amtlichen Materialien zum Gesetzgebungsverfahren des § 46 SGB VII (vgl. BT-Drucks. 13/ 2204 S. 87) noch aus der Historie Anhaltspunkte ableiten.
Durch den letzten Halbsatz in § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VII wurde als Ausnahmevorschrift die Möglichkeit geschaffen, trotz EU-Rentenbezugs Verletztengeld zu beziehen, während zuvor nach § 580 Abs. 3 Nr. 2 RVO i.d.F. des RehaAnglG von 1974 gerade dann Verletztenrente beginnen und VG enden sollte, wenn der Verletzte durch den Unfall erwerbsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung geworden war (vgl. hierzu BT-Drucks 7/1237 S. 68 zu § 580 RVO). Auch in diesen Fällen sollte aber kein zeitlich unbegrenzter VG-Bezug eingeräumt werden. Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204, S. 87) gleicht Nr. 3 die Dauer des Anspruchs auf VG an die Dauer des Krankengeldanspruchs nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V an und begrenzt sie auf 78 Wochen, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Maßnahmen zur berufliche Rehabilitation nicht zu erbringen sind, so dass sich der Verletzte zeitlich auf die Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse einstellen kann.

Das von Klägerseite zitierte Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.07.2009 (L 31 U 375/08) ist auf den Fall der Klägerin nicht übertragbar. Denn dort hatte sich die BG im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs verpflichtet, dem Versicherten Leistungen zur beruflichen Rehabilitation anzubieten, so dass das LSG vor Erteilung eines solchen Bescheides die zweite Grundvoraussetzung von § 46 Abs. 3 Satz 2 SG VII - dass berufsfördernde Leistungen nicht zu erbringen sind - nicht als erfüllt gesehen hat.

(d) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf (Teil-) Rücknahme des VA vom 30.07.1997 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1998 gemäß § 44 SGB X, soweit das Ende des VG-Anspruchs bereits für den Zeitraum vor Bekanntgabe des Bescheides - gemäß
§ 37 Abs. 2 SGB X am 02.08.1997 - festgestellt worden ist.

Zwar hat das BSG im Urteil vom 13.09.2005 (B 2 U 4/04 R, Juris RdNr. 42) darauf hingewiesen, dass wegen der notwendigen Prognoseentscheidung durch die Verwaltung eine rückwirkende Feststellung der Voraussetzungen einer Beendigung des VG-Anspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII nicht in Betracht kommt. Der Senat kann offenlassen, ob das auch im Fall der Klägerin gilt, obwohl ihr die Beklagte die Prognoseentscheidung und die beabsichtigte Beendigung des VG-Bezugs zum 05.02.1997 bereits mit Schreiben vom 14.01.1997 mitgeteilt hatte. Denn Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von VG als Sozialleistung im Zeitraum vom 06.02.1997 bis 02.08.1997 und damit vor dem 01.01.1998 sind gemäß § 44 Abs. 4 SGB X angesichts des Überprüfungsantrags aus dem Jahr 2002 kraft Gesetzes von vornherein ausgeschlossen. Abzustellen ist für die Ausschlussfrist auf den Antrag, unabhängig davon, ob die Verwaltung von Amts wegen zu einer früheren Rücknahme verpflichtet gewesen wäre (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zu § 44 SGB X, RdNr. 54). Die (Teil-)Rücknahme des VA, soweit der VG-Anspruch bereits für die Zeit vor dem 02.08. 1997 beendet worden ist, hat keine für die Klägerin positiven Auswirkungen. Ein Antragsteller, der über § 44 SGB X keine Leistungen mehr für die Vergangenheit erhalten darf, hat aber kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und der zusprechenden Entscheidung, die nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht vollzogen werden dürfte (vgl. hierzu BSG vom 06.03.1991 - 9b RAr 7/90 - SozR 3-1300 § 44 Nr. 1 - Juris RdNr. 13). Da die Überprüfung nur Rücknahmeansprüche für Zeiten ergibt, für die die Erbringung von Sozialleistungen kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, ist entsprechend der vom BSG entwickelten Grundsätze hier ein Anspruch auf (Teil-) Rücknahme mangels Rechtschutzbedürfnisses zu verneinen.

C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

D) Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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