L 5 AS 2/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 386/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 2/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 61/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. November 2008 wird aufgehoben und der Beklagte unter Änderung seines Bescheids vom 8. Juli 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September und 24. November 2005, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2006, sowie seines Bescheids vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Juni 2006 verurteilt, dem Kläger für die Monate Juli bis Dezember 2005 und Februar bis Juli 2006 jeweils weitere 52,00 EUR sowie für Januar 2006 weitere 153,00 EUR (insgesamt 777,00 EUR) an Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger 75 % seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2006.

Der 1965 geborene, alleinstehende Kläger bezog bis zum 16. Dezember 2003 Arbeitslosengeld I und beantragte am 3. November 2004 Leistungen nach dem SGB II. Er bewohnt eine 55,86 m² große Wohnung in dem seit dem Jahr 1997 bezugsfertigen Haus W. straße in B ... Er hatte im streitigen Zeitraum eine Kaltmiete iHv 285,61 EUR/Monat sowie Vorauszahlungen für die Betriebskosten iHv 37,10 EUR/Monat und für die Heizkosten einschließlich Wassererwärmung iHv 54,92 EUR/Monat zu zahlen. Mit Bescheid vom 24. November 2004 bewilligte die Agentur für Arbeit B. Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2005. Sie wies darauf hin, die unangemessenen KdU würden für längstens sechs Monate übernommen. Mit Schreiben vom 5. Januar 2005 führte der damalige Landkreis B. aus, die Größe der Wohnung übersteige die angemessene Wohnfläche von 50 m². Auch die Kaltmiete liege über dem angemessenen Wert iHv 4,00 EUR/m². An Betriebskosten (Heizungs- und Nebenkosten) seien 2,10 EUR/m² angemessen. Die maximal angemessenen KdU betrügen 305,00 EUR.

Im Schreiben vom 18. Januar 2005 führte der Kläger aus, seine Wohnung sei nach Größe und Preis angemessen. Für eine Kaltmiete von 4,00 EUR/m² könne man im Landkreis B. keine 50 m² große Wohnung anmieten. Zudem sei ein Umzug mit erheblichen Kosten verbunden, sodass die KdU in seinem Einzelfall den angemessenen Umfang nicht überstiegen.

Auf den Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Juli 2005 für die Monate Juli bis Dezember 2005 Leistungen zunächst iHv 611,00 EUR/Monat (Regelleistung 331,00 EUR, KdU 200,00 EUR, Zuschlag 80,00 EUR). Nach Widerspruch des Klägers bewilligte er mit Abhilfebescheid vom 27. September 2005 an KdU weitere 105,00 EUR (KdU: 305,00 EUR, Leistungen insgesamt: 716,00 EUR). Mit Bescheid vom 24. November 2005 reduzierte er die Leistungen für den Monat Dezember 2005 auf 676,00 EUR (Zuschlag nur bis 15. Dezember 2005 – anteilig 40,00 EUR).

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 bewilligte der Beklagte für den Bewilligungszeitraum von Januar bis Juli 2006 monatliche Leistungen iHv 636,00 EUR (Regelleistung 331,00 EUR, KdU 305,00 EUR). Dagegen legte der Kläger am 17. Januar 2006 ebenfalls Widerspruch ein. Zur Begründung der Widersprüche führte er aus, auf dem Wohnungsmarkt der Stadt B. werde Wohnraum, der den Angemessenheitskriterien entspreche, nicht angeboten. Wohnungen mit einer Größe von 50 m² seien teurer als 4,00 EUR/m². Zum Beleg legte er sechs Seiten mit kopierten Wohnungsangeboten aus dem Zeitraum August bis Dezember 2005 vor.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 7. März 2006 (für Juli bis Dezember 2005) und 8. März 2006 (für Januar bis Juli 2006) wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Es bestehe kein über einen monatlichen Betrag iHv 716,00 EUR (Juli bis November 2005) bzw. 676,00 EUR (Dezember 2005) sowie 636,00 EUR (Januar bis Juli 2006) hinausgehender Leistungsanspruch. Die Gesamtmiete iHv 377,63 EUR sei nicht zu berücksichtigen, da die KdU unangemessen seien. Nach der Handlungsanweisung des Landkreises B. sei für Einzelpersonen eine Wohnung mit einer Wohnfläche von bis zu 50 m² und einem Gesamtpreis von bis zu 305,00 EUR/Monat (Grundmiete 200,00 EUR und Betriebskosten 105,00 EUR) angemessen. Da sich die Heiz- und Nebenkosten auf 92,02 EUR/Monat beliefen, könne noch eine Kaltmiete iHv 212,98 EUR bis zum Erreichen des Höchstbetrags berücksichtigt werden. Der Kläger sei bereits mit Schreiben vom 5. Januar 2005 zu den unangemessenen KdU angehört und darauf hingewiesen worden, dass diese längstens für sechs Monate übernommen würden. Bis einschließlich Juni 2005 seien auch die tatsächlichen KdU geleistet worden. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch. Besondere persönliche Umstände wie Krankheit oder Behinderung seien nicht nachgewiesen worden. Ein Umzug in eine angemessene Wohnung sei zumutbar.

Mit Änderungsbescheid vom 27. Juni 2006 bewilligte der Beklagte für Juli 2006 Leistungen iHv 650,00 EUR (Regelsatzerhöhung). Am 10. April 2006 hat der Kläger wegen der Leistungsbewilligung für die zweite Jahreshälfte 2005 sowie für die ersten sieben Monate des Jahres 2006 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) zwei Klagen erhoben, die das SG mit Beschluss vom 29. November 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Er hat ausgeführt, es gebe für B. keinen aktuellen Mietspiegel. Im Grundstücksmarktbericht 2002 des Katasteramtes K. sei für Gebäude mit gutem Wohnwert (vollständige Sanierung) in Mittelzentren, zu denen die Stadt B. gehöre, eine Nettokaltmiete von 5,75 EUR ausgewiesen. Für Gebäude mit mittlerem Wohnwert (Teilsanierung, mit Sanierungsbedarf) werde eine Nettokaltmiete von 4,25 EUR/m² angegeben. Die vom Beklagten angenommene Angemessenheitsgrenze von 4,00 EUR/m² sei zu niedrig. Faktisch würden auf dem Wohnungsmarkt in B. zu diesem Preis keine Wohnungen mit einer Größe von 50 m² angeboten. Der Mietzins sinke erst bei deutlich größeren Wohnungen auf einen derartigen Wert. Der Bezug einer deutlich kleineren Wohnung sei ihm nicht zumutbar. Nach dem Grundstücksmarktbericht Sachsen-Anhalt 2006 für den Regionalbereich Anhalt liege für Mittelzentren wie die Stadt B. ein mittlerer Wohnwert in einer Spanne der Kaltmiete von 3,50 EUR bis 4,50 EUR/m² (abhängig vom Baujahr). Für gute Wohnwerte seien Kaltmieten von 4,50 bis 5,50 EUR/m² zu zahlen.

Der Beklagte hat zu den Angemessenheitswerten erläutert, er gehe für das Kreisgebiet B. mit knapp 65.000 Einwohnern von einem einheitlichen räumlichen Vergleichmaßstab aus. Nach dem von Juli 1999 bis Juni 2001 gültigen Mietspiegel der Stadt B. hätten für Wohnungen mit den Ausstattungsmerkmalen "mit Bad/Dusche und mit Heizung" folgende Mietwerte gegolten:

Wohnfläche wenig Komfort Mittelwert Spanne guter Komfort Mittelwert Spanne höherer Komfort Mittelwert Spanne

bis 45 m² 4,09 3,32 – 4,86 4,19 3,48 – 4,91 4,60 3,58 – 5,62

45 – 60 m² 4,04 3,27 – 4,81 4,60 4,09 – 5,11 4,86 4,09 – 5,62

Von diesen Werten sei er ausgegangen. Da mit SGB II-Leistungen nur ein "einfaches und bescheidenes Leben" finanziert werden solle, habe er sich auf die Komfortklassen "wenig Komfort" und "guter Komfort" konzentriert und im Jahr 2004 bei den drei großen ortsansässigen Wohnungsunternehmen, die insgesamt 5.855 Wohneinheiten verwalteten, nachgefragt. Die B. W. gesellschaft mbH habe Wohnungen zu einer durchschnittlichen Kaltmiete von 3,87 EUR/m² (Betriebskosten 0,89 EUR/m², Heizkosten 1,15 EUR/m²) vermietet. Bei der B. B. - und W. gesellschaft mbH habe die durchschnittliche Kaltmiete bei 3,89 EUR/m² (Betriebskosten 1,07 EUR/m², Heizkosten 0,97 EUR/m²) gelegen. Für Wohnungen der B. W. genossenschaft hätte die durchschnittliche Kaltmiete 3,68 EUR/m² (Betriebskosten 0,87 EUR/m², Heizkosten 1,09 EUR/m²) betragen. Insgesamt habe sich ein Durchschnittswert für die Kaltmiete von 3,81 EUR/m², für die Betriebskosten von 0,94 EUR/m² und für die Heizkosten von 1,07 EUR/m² ergeben. Zudem habe die Agentur für Arbeit B. 98 Leistungsfälle ehemaliger Arbeitslosengeld- und Arbeitslosenhilfebezieher ausgewertet. Deren Kaltmieten hätten zwischen 1,56 EUR/m² und 5,11 EUR/m², durchschnittlich bei 3,63 EUR/m², gelegen. Er habe auf diese Durchschnittswerte einen Sicherheitsaufschlag gemacht und sei zu 4,00 EUR/m² für die Kaltmiete, 1,00 EUR/m² für die Betriebskosten und 1,10 EUR/m² für die Heizkosten gelangt. Zu diesen Preisen sei Wohnraum in seinem Zuständigkeitsbereich verfügbar.

Die vom Kläger bewohnte Wohnung sei bereits zu groß. Einem Leistungsberechtigten sei auch zuzumuten, seinen Wohnbedarf durch den Bezug einer kleineren Wohnung zu befriedigen. Das Ausschöpfen der Obergrenze von 50 m² sei nicht geboten. Bereits die vom Kläger vorgelegte Zusammenstellung von Wohnungsanzeigen aus dem Jahr 2005 beinhalte 33 Wohnraumangebote, die den Vorgaben nach der sog. Produkttheorie genügten. Diese wiesen Wohnflächen von 23 bis 46 m² auf.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2007 hat das SG bei der W. genossenschaft B. e.G. nachgefragt, ob und in welchem Umfang im Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2006 freie Wohnungen mit einer Größe von bis zu 50 m² für SGB II-Leistungsberechtigte zur Verfügung gestanden hätten. Unter dem 18. Juni 2007 hat diese geantwortet, Wohnungen dieser Größe stünden regelmäßig nicht länger leer; es bestehe eine kontinuierliche Nachfrage. Soweit im Bedarfsfall kein passendes Angebot unterbreitet werden könne, erfolge eine Vormerkung, sodass in der Folge eine wohnraummäßige Versorgung erfolgen könne. Ausweislich der Leerstandsstatistik zum 31. Dezember 2005 hätten drei nach den genannten Kriterien angemessene Wohnungen in einer Größe von bis zu 50 m² (48,02 und 39,64 m²) angeboten werden können.

Mit Urteil vom 17. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die KdU seien unangemessen. Angemessen seien ein Betrag iHv 305,00 EUR für die Gesamtmiete und eine Wohnfläche von bis zu 50 m² für eine Einzelperson. Die Vorgaben des Landkreises B. zu den KdU entsprächen den Anforderungen an die Bestimmung eines angemessenen Mietzinses. Sie seien nachvollziehbar, basierten auf validem Datenmaterial und spiegelten die Situation des Mietwohnungsmarkts zum Ende des Jahres 2004 für Wohnungen mit einfachem Standard wider. Der Beklagte habe nicht lediglich die Durchschnittswerte der nachgefragten Wohnungsunternehmen zugrunde gelegt, sondern noch einen Sicherheitsbetrag aufgeschlagen. Die festgelegten Werte würden durch die Grundstücksmarktberichte für die Jahre 2002 und 2006 bestätigt. Es sei nicht beachtlich, dass die Wohnung des Klägers erst 1997 bezugsfertig geworden sei. Neuere Wohnungen gehörten nicht zum unteren Wohnstandard und müssten bei der Bestimmung der Angemessenheitswerte nicht berücksichtigt werden. Der Anwendung der Richtlinie stehe auch nicht entgegen, dass sie auf Erhebungen aus dem Jahr 2004 beruhe. Es erscheine sachgerecht, Fortschreibungen im Abstand von zwei Jahren durchzuführen. Diese Frist sei für den streitigen Zeitraum noch nicht abgelaufen gewesen. Es seien Wohnungen zu angemessenen Kosten verfügbar gewesen. Am 31. Dezember 2005 habe die W. genossenschaft B. e.G. drei angemessene Wohnungen anbieten können. Es bestehe eine kontinuierliche Nachfrage aufgrund der Fluktuation, sodass immer wieder angemessener Wohnraum im Angebot sei. Aus den vom Kläger vorgelegten Mietanzeigen ergebe sich eine Vielzahl von Wohnungen, die den Angemessenheitskriterien entsprächen. Dabei komme es nicht auf den Quadratmeterpreis an, sondern auf das Produkt aus Wohnfläche und Kaltmiete. Gründe für eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Kostensenkung seien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Da der Kläger bereits im Bescheid vom 24. November 2004 auf die Unangemessenheit der KdU hingewiesen und mit Schreiben vom 5. Januar 2005 konkret belehrt worden sei, habe der Beklagte im streitigen Zeitraum nur noch die angemessenen KdU iHv 305,00 EUR zu übernehmen.

Gegen das ihm am 11. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Januar 2009 Berufung eingelegt. Die KdU-Richtlinie des Beklagten sei rechtsfehlerhaft. Dieser orientiere sich hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße nicht am Wohnungsmarkt, was Angebot und Preise anbelange. Dies führe dazu, dass Einzelpersonen gezwungen seien, deutlich kleinere Wohnungen anzumieten, um den Vorgaben zu entsprechen. Wohnungen mit einer Größe von bis zu 60 m² seien nicht zum vorgegebenen Kaltmietpreis anmietbar. Die Berücksichtigung von überwiegend vermieteten Wohnungen sei falsch. Die Preisspanne für Wohnungen mit wenig Komfort liege zwischen 3,32 EUR und 4,86 EUR/m². Bereits der Mittelwert iHv 4,09 EUR überschreite die Vorgabe des Beklagten. Ältere Wohnungen mit einer Größe von bis zu 50 m² seien auf dem Wohnungsmarkt nicht vorhanden, weil es früher kaum Einpersonenhaushalte gegeben habe. Ein Sicherheitszuschlag für kleinere Wohnungen sei nicht gemacht worden. Soweit das SG ausgeführt habe, die W. genossenschaft B. e.G. sei in der Lage gewesen, den Kläger mit einer angemessenen Wohnung zu versorgen, übersehe es, dass dies den Erwerb von Genossenschaftsanteilen iHv 1.200,00 EUR vorausgesetzt hätte. Er hat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 19. Februar 2009, Az.: B 4 AS 30/08 R) verwiesen, nach er nicht gezwungen werden könne, kleineren Wohnraum zu beziehen. Es sei nicht ausreichend, dass irgendwelcher Wohnraum zu den Angemessenheitskriterien vorhanden sei. Der Beklagte habe sich am Richtwert von 50 m² Wohnfläche für eine Einzelperson zu orientieren.

Auf Anforderung hat der Kläger die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005 vorgelegt: Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 vom 20. Dezember 2005 weist einen auf ihn entfallenden Heiz- und Warmwasserkostenanteil iHv 508,31 EUR sowie Betriebskosten iHv 696,60 EUR aus. Nach Abzug der Vorauszahlungen iHv 1.104,24 EUR verblieb eine Nachforderung iHv 100,67 EUR, die spätestens zwei Wochen nach Erhalt der Abrechnung zu begleichen war. Die Abrechnung für das Jahr 2005 vom 22. Dezember 2006 gelangte zu einem Nachforderungsbetrag iHv 99,78 EUR, der ebenfalls innerhalb von zwei Wochen zu begleichen war.

Der Beklagte hat ausgeführt, zwar habe der Senat bereits in seinem Urteil vom 3. März 2011 (Az.: L 5 AS 74/08) entschieden, dass die von ihm angesetzten Angemessenheitswerte nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhten. Indes habe der Senat eigene Ermittlungen unterlassen. Nachfragen seien lediglich bezogen auf den Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsträgers (ARGE S. ) durchgeführt worden. Die Ergebnisse seien nicht auf ihn übertragbar. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe ein Rückgriff auf die Werte nach § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) erst erfolgen, wenn das Gericht erfolglos versucht habe, das Konzept des Leistungsträgers nachzubessern. Dies sei nicht erfolgt.

Der Senat hat den Beklagten zur Vervollständigung seines KdU-Konzepts für den Zeitraum 2005 bis 2007 u.a. um Definition des von ihm als angemessen vorausgesetzten Wohnungsstandards und um Differenzierung der erhobenen Mietpreise nach Wohnflächengrößen und Komfortmerkmalen der Wohnungen gebeten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Berichterstatterin vom 4. Juli 2011 Bezug genommen. Unter dem 1. Februar 2012 hat der Beklagte erklärt, ihm sei die Beantwortung der aufgegebenen Fragen nicht möglich. Er habe nunmehr eine externe Firma mit der Erarbeitung eines KdU-Konzepts beauftragt; Ergebnisse würden voraussichtlich erst nach dem 30. Juni 2012 vorliegen. Auf Nachfrage hat er klargestellt, die Konzepterstellung erfolge für das Jahr 2012. Gleichwohl seien Erkenntnisse auch für davorliegende Zeiträume zu erwarten. Ergäben sich für das Jahr 2012 ähnliche Werte, dürften auch die bislang vorgegebenen Werte zutreffend gewesen sein.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Dessau-Roßlau vom 17. November 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung seines Bescheids vom 8. Juli 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. September und 24. November 2005, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2006, sowie seines Bescheids vom 27. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Juni 2006 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Juli 2006 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Mit Schreiben vom 17. April 2012 hat die Berichterstatterin den Kläger über die verfahrensübergreifenden Ermittlungen des Senats im Jahr 2010 zur Angemessenheit der KdU informiert und ihm die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (Handlungsanweisung, und Konzeption- und Datenmaterial) sowie den Schriftwechsel mit dem Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt, den Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V. (vdw) und dem Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V. (vdwg) in Kopie übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die in das Verfahren eingeführte Dokumentation des Beklagten zu den KdU in seinem Bereich, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft iSv § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, seit dem 1. April 2008 gültigen Fassung des Gesetzes. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Erstinstanzlich hatte der Kläger sein Begehren nicht beziffert, sondern Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe begehrt. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist davon auszugehen, dass sein Klageziel auf Übernahme der ihm tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten gerichtet war. Die Differenz zwischen den tatsächlichen KdU (377,63 EUR monatlich) und den gewährten Leistungen (305,00 EUR) liegt – nach Abzug des Regelsatzanteils der Wassererwärmung – monatlich über 65,00 EUR. Bezogen auf den streitigen Zeitraum von 13 Monaten ist der Berufungswert überschritten.

Streitgegenständlich ist im Berufungsverfahren nur noch der KdU-Anspruch für den streitigen Zeitraum, mithin nur noch die abtrennbaren Verfügungssätze zu den KdU in den angegriffenen Bewilligungsbescheiden. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats klargestellt.

Der Beklagte ist Rechtsnachfolger des Landkreises B. , der die streitbefangenen Bescheide erlassen hat. Er wird in Angelegenheiten des Eigenbetriebs "Jobcenter S. landkreis" von dessen Betriebsleiter vertreten (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes über die kommunalen Eigenbetriebe im Land Sachsen-Anhalt).

Die Berufung des Klägers ist überwiegend begründet. Er hat einen Anspruch auf höhere Leistungen für die KdU im streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Juli 2006, jedoch nicht in Höhe der tatsächlichen Unterkunftskosten.

Dem Kläger stehen Leistungen für die KdU iHv insgesamt 357,00 EUR monatlich in der Zeit von Juli bis Dezember 2005 und von Februar bis Juli 2006 zu. Für Januar 2006 beträgt der KdU-Leistungsanspruch aufgrund der Betriebskostennachforderung des Vermieters insgesamt 458,00 EUR.

Der Kläger ist Berechtigter iSv § 7 Abs. 1 SGB II. Er hatte das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat er Anspruch auf Leistungen für die KdU iH der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesem nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der Beklagte hatte in der ersten Jahreshälfte 2005 die tatsächlichen KdU des Klägers vollständig übernommen. Für die hier streitige Folgezeit hat er die seiner Ansicht nach unangemessenen KdU auf das seiner Auffassung nach angemessene Maß (insgesamt 305,00 EUR) begrenzt. Indes ist nicht feststellbar, dass die vom Beklagten vorgenommene Kürzung die angemessenen KdU berücksichtigt.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft sind in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße sowie der Wohnungsstandard festzulegen. Sodann ist der räumliche Vergleichsmaßstab zu ermitteln und zuletzt zu klären, wie viel Miete für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen anzusehende Wohnung auf dem für die SGB II-Leistungsberechtigten maßgeblichen Wohnungsmarkt monatlich aufzuwenden ist. Dabei müssen nicht die Faktoren Wohnungsgröße und Wohnungsstandard jeweils für sich angemessen sein. Es reicht, dass das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az.: B 4 AS 30/08 R, juris RN 13). Daher hat der Grundsicherungsträger den Quadratmeterpreis für entsprechende Wohnungen zu ermitteln. Dieser ist mit der angemessenen Wohnungsgröße zu multiplizieren und so die angemessene Miete festzustellen.

Entscheidend ist allerdings, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das wegen der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig sein muss. Die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" ist hinreichend nachvollziehbar zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Oktober 2010, Az.: B 14 AS 15/09 R, juris RN 18 f. m.w. Nachw. zur Rechtsprechung; zu den Anforderungen an die Datenerhebung an ein schlüssiges Konzept auch: BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R, juris RN 19 f.). Abschließend ist zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte eine abstrakt angemessene Wohnung auch hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat.

Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 3. März 2011, Az.: L 5 AS 181/07, juris RN 45 ff.; Az.: L 5 AS 74/08, www.sozialgerichtsbarkeit.de, S. 7) im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285, RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr (MWV) vom 10. März 1995, MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133) zurückzugreifen.

Insoweit stellt der Senat auf die anerkannten Wohnraumgrößen im sozialen Mietwohnungsbau ab; er kann jedoch nicht auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte zurückgreifen (siehe auch BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 70/08 R, juris RN 13 f.). Denn das Land Sachsen-Anhalt hat zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG, vom 13. September 2001, BGBl. I S. 2376) keine Ausführungsvorschriften erlassen.

Das am 22. Dezember 1995 in Kraft getretene Belegungsbindungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BelBindG LSA vom 14. Dezember 1995, GVBl. LSA Nr. 45/1995, S. 376) weist keine angemessenen Wohnungsgrößen aus. Es erlaubt deren Bestimmung nach Raumzahl oder Wohnfläche (§ 10 Abs. 2 Satz 1 BelBindG), geht aber von einer angemessenen Wohnungsgröße aus, wenn auf jedes Familienmitglied ein Wohnraum ausreichender Größe entfällt (§ 10 Abs. 2 Satz 3 BelBindG).

Auch auf die zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) erlassene Verwaltungsvorschrift zur Sicherung der Belegungsbindungen unterliegenden Wohnungen in Sachsen Anhalt (BelgWoVV LSA, RdErl. des MWV vom 19. Juli 1996, MBl. LSA 1996 Nr. 46, S.1843), die durch Art. 9 des Zweiten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen im Land Sachsen-Anhalt (vom 16. Juli 2003, GVBl. LSA Nr. 26/2003, S. 158) aufgehoben wurde, kann nicht abgestellt werden. Denn diese differenzierte – nach Maßgabe des BelBindG LSA – die Wohnungsgrößen nach der Anzahl der Wohnräume. Zwar sah sie unter Nr. 6.8.1. (zu § 5: Ausstellung der Wohnberechtigungsbescheinigung) beispielsweise für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von "50 Quadratmeter/oder ein Wohnraum" und für Haushalte mit zwei Personen "70 Quadratmeter/oder zwei Wohnräume" (Abs. 1 Satz 1 Buchst a bis e) vor. Indes war nach Satz 2 der Vorschrift maßgeblich die Anzahl der Wohnräume – unabhängig von der Größe der Grundfläche. Nach dem beigefügten Beispiel war eine Wohnung mit drei Wohnräumen auch dann angemessen für eine dreiköpfige Familie, wenn sie eine 80 qm übersteigende Grundfläche aufwies.

Differenzierungen nach der Raumzahl sind jedoch nach der Rechtsprechung des BSG für die Auslegung des § 22 SGB II unbeachtlich (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 27/09 R, juris RN 16; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az.: B 4 AS 30/08 R, juris RN 17), weil sie kein praxistaugliches Abgrenzungskriterium sind. Dem folgt der Senat.

Daher ist auf die vorgenannten Werte der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt (a.a.O.) zurückzugreifen. Diese bezogen sich nicht nur auf den Neubau von Wohnraum zum Zweck der Vermietung an finanziell bedürftige Personen entsprechend der Vorgaben von § 88 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (i.d.F. vom 19. August 1994, BGBl. I S. 2137, i.d.F. der Änderung vom 14. September 1994 (BGBl. 2325)), sondern förderten auch die Erweiterung, Wiederherstellung und den Umbau von Gebäuden zur Wohnnutzung und bezogen somit den gesamten Wohnungsmarkt ein. Die Richtlinien zu den Wohnungsbauförderungsbestimmungen beinhalteten die maßgeblichen Festlegungen der im Land Sachsen-Anhalt anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau. Danach waren Wohnflächen für einen Einpersonenhaushalt bis zu 50 m² und für einen Zweipersonenhaushalt bis zu 60 m² förderfähig. Für jede weitere zum Haushalt gehörende Person erhöhte sich die förderfähige Wohnfläche um maximal 10 qm.

Soweit im Land in zugleich (vgl. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Sanierung leerstehender Wohngebäude zur Schaffung von Mietwohnungen in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1287) oder später erlassenen Verwaltungsvorschriften (vgl. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Neuschaffung von alten- und/oder behindertengerechten Mietwohnungen in Sachsen-Anhalt 1997, RdErl. des MWV vom 15. Januar 1997, MBl. LSA Nr. 12/1997, S. 643; Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung von Wohngebäuden und der Verbesserung des Wohnumfeldes in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MWV vom 19. Februar 2002, MBl. LSA Nr. 41/2002, S. 821) teilweise höhere förderfähige Wohnflächen – zumeist in Verbindung mit der Nennung einer Mindestzahl von Wohnräumen – beispielsweise bei der Sanierung leerstehender Wohngebäude oder zur Schaffung von alten- und behindertengerechten Wohnraums ausgewiesen wurden, handelte es sich anders als bei den generellen Richtlinien zu den Wohnungsbauförderungsbestimmungen um Spezialvorschriften, die lediglich Ausschnitte des sozialen Wohnungsbaus betrafen. Mit ihnen wurden von der reinen Förderung des sozialen Wohnungsbaus abweichende Förderziele verfolgt (z.B. städtebauliche Ziele), so dass diese keinen Aufschluss geben können über die Größe des als angemessen erachteten Wohnraums. Diese sind daher nicht heranzuziehen.

Im Übrigen findet im Land Sachsen-Anhalt seit dem Jahr 2003 keine Förderung im klassischen Mietwohnungsbau mehr statt. Sämtliche zuvor geltende Wohnraumförderungsbestimmungen sind spätestens zum 1. April 2005 außer Kraft getreten. Daher legt der Senat mangels aktueller Vorschriften über die Wohnraumförderung die Werte der genannten Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt vom 23. Februar 1993 und vom 10. März 1995 (a.a.O.) als angemessene Wohnfläche bei der Ermittlung der angemessenen KdU zugrunde.

Maßgeblich ist daher im Fall des Einpersonenhaushalts des Klägers von einer angemessenen Wohnfläche von 50 m² auszugehen. Die Größe seiner Wohnung liegt demnach knapp sechs m² über der Angemessenheitsgrenze. Dies allein führt jedoch nicht zur Unangemessenheit der KdU. Denn die Höhe des Mietzinses kann gleichwohl angemessen sein. Mit einem niedrigen Mietzins kann eine Überschreitung der Wohnungsgröße ausgeglichen werden. Dazu ist erforderlich, die Referenzmiete oder die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum zu bestimmen.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist der räumliche Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort oder der weitere Wohnbereich des Leistungsempfängers. Bei kleineren Gemeinden ohne repräsentativen Wohnungsmarkt können größere Gebietseinheiten möglich sein (BSG, Urteil vom 20. August 2009, Az.: B 14 AS 41/08 R, juris RN 16). Entscheidend ist, ob es sich um einen "homogenen Lebens- und Wohnbereich" handelt. Dazu müssen ausreichend große Räume der Bewohnbebauung vorliegen, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und verkehrstechnischen Verbundenheit insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich ergeben (BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R, juris RN 15).

Der Beklagte ist nach der Handlungsanweisung Nr. 05/2005 (gültig ab dem 1. Januar 2005) seines Rechtsvorgängers, die er seinen KdU-Entscheidungen zugrunde gelegt hat, für das Gebiet des früheren Landkreises B. von einem einheitlichen Vergleichsraum ausgegangen. Ob dies hinsichtlich der früheren Kreisstadt B. , in der der Kläger lebt, und den kleineren kreisangehörigen Gemeinden zutrifft, kann vorliegend dahinstehen. Eine Ermittlung der Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse in den einzelnen Kommunen des Altkreises lässt sich den Erläuterungen zur Handlungsanweisung nicht entnehmen. Jedenfalls bezogen sich die vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen hinsichtlich der Angemessenheit von KdU maßgeblich auf das Gebiet der Stadt B ...

Indes entsprechen die Ermittlungen und Vorgaben des Beklagten für den Landkreis B. einschließlich der Stadt B. im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 nicht den vom BSG aufgestellten Anforderungen an ein "schlüssiges Konzept". Denn es lässt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, dass die Erhebungen in dem hier maßgeblichen Zeitraum der Jahre 2005 und 2006 den aktuellen Wohnungsmarkt in B. abbilden.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 3. März 2011 (Az.: L 5 AS 74/08, www.sozialgerichtsbarkeit.de, S. 9) zu den Angemessenheitswerten des Beklagten nach der Handlungsanweisung Nr. 05/2005 des Landkreises B. ausgeführt: "Die Daten des vom Beklagen herangezogenen Mietspiegels können nicht der Bestimmung der Höhe der angemessenen Mieten im Rahmen des § 22 SGB II dienen. Grundlage hierfür kann nur ein qualifizierter Mietspiegel nach § 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sein (vgl. zum qualifizierten Mietspiegel auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R (23, 25, 28)). Der qualifizierte Mietspiegel ist nach § 558d Abs. 2 BGB im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen. Nur dann wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (vgl. § 558d Abs. 3 BGB). Offen bleiben kann hier, ob es sich bei dem vom Beklagten herangezogenen Mietspiegel um einen qualifizierten Mietspiegel handelt. Er stammt aus dem Jahr 1999 und ist seitdem nicht mehr aktualisiert worden. Er kann folglich nicht zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete und somit auch nicht zur Bestimmung der Angemessenheit der Miete im Rahmen des § 22 SGB II herangezogen werden.

Auch die Daten der Wohnungsanbieter, der B. W. gesellschaft mbH, der B. B. - und W. gesellschaft mbH und der B. W. genossenschaft sind nicht geeignet, die Grundlage für ein schlüssiges Konzept zu bilden. Die im III. und IV. Quartal des Jahres 2004 erhobenen Daten sind nicht valide. Die Vermieter haben zwar die von ihnen bewirtschafteten Wohnungen nach Anzahl, Größe und Standort aufgelistet. Es fehlt allerdings an der Angabe der konkreten Höhe des Mietpreises für die einzelnen Wohnungen. Es wurden nur Durchschnittsmieten pro Quadratmeter Wohnfläche in den einzelnen Häusern mitgeteilt. Daraus lässt sich kein Überblick darüber gewinnen, ob und in welcher Weise sich die Quadratmeterpreise für die unterschiedlich großen Wohnungen unterscheiden. Des Weiteren lässt sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen, welcher Wohnungsstandard den Zahlen zugrunde liegt. Im Rahmen eines schlüssigen Konzepts ist jedoch darzulegen, welche Wohnungen in die Datenerhebung einbezogen wurden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 15/09 R (20)). Letztlich ist auch nicht erkennbar, ob sich die Unterlagen auf vermietete und auf unvermietete Wohnungen beziehen (BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R (22)).

Die von den Beziehern von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe herangezogenen Wohnungsdaten sowie die Datenbank der Sozialhilfe können nur einen kleinen Ausschnitt des Wohnungsmarkts abbilden. Insbesondere lassen sie naturgemäß die Angaben zu unvermietetem Wohnraum vermissen. Sie enthalten aber auch keine Differenzierung nach Wohnungsgrößen, sondern nur nach der Anzahl der Anwohner.

Das aufgrund dieser bereits unzureichenden Datengrundlage erstellte Konzept ist zudem in sich widersprüchlich. So wollte der Beklagte nach eigenen Angaben den Leistungsempfängern auch den Zugang zu Wohnungen nicht nur mit "wenig Komfort", sondern auch mit "gutem Komfort" ermöglichen. Unabhängig davon, dass er diese aus dem Mietspiegel entnommenen Begriffe nicht definiert hat, lagen die Nettokaltmieten für Wohnungen bis 60 qm in der vom Beklagten als zumutbar angesehenen Ausstattung der Wohnungen mit Bad/Dusche und Heizung zwischen 3,23 EUR (unterer Spannenwert für die Wohnungen mit "wenig Komfort") und 4,91 EUR (oberer Spannenwert für die Wohnungen mit "gutem Komfort"). Der vom Beklagten als angemessen angesehene Nettokaltmietpreis von 4,00 EUR/qm war also bereits nicht ausreichend, um einen solchen Wohnraum anmieten zu können.

Da die vom Beklagten seinem Konzept zugrunde gelegte Datengrundlage aus den bereits o.g. Gründen nicht geeignet ist, den Wohnungsmarkt verlässlich abzubilden, war es dem Senat nicht möglich, aus ihr angemessene Mietpreise zu ermitteln."

Eigene Ermittlungen des Senats im Jahr 2010 führten nicht zum Erhalt einer validen Datengrundlage. Anfragen an das Statistische Landesamt des Landes Sachsen-Anhalt sowie den Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt e.V. und der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V. (vdw, vdwg) gerichtet. Weder das Statistische Landesamt noch der vdw/vdwg konnten statistische Erhebungen über Mietpreise unter Einbeziehung der Wohnungsgrößen zur Verfügung stellen. Da das BSG für ein schlüssiges Konzept jedoch die Ermittlung nach verschiedenen Wohnungsgrößen fordert, sind die vorhandenen Daten zur Nachbesserung oder als Grundlage für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts nicht nutzbar. Der Senat sieht keine andere Möglichkeit, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht Nachbesserungen an den Datenerhebungen durchzuführen. Die Ergebnisse der Recherchen, die exemplarisch für den Landkreis S. erfolgten, gelten auch für die übrigen Gebiete des Landes Sachsen-Anhalt. In der Sache unzutreffend hat der Beklagte im Berufungsverfahren gerügt, die Ermittlungen des Senats hätten sich allein auf den Landkreis S. bezogen. Vielmehr hat der vdw/vdwg auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 8. September 2010 erklärt; dass ihm nach Wohnungsgrößen differenzierende Daten auch für andere Regionen des Landes nicht zur Verfügung stehen.

Zudem hat der Senat mit Schreiben vom 4. Juli 2011 dem Beklagten gemäß § 103 SGG die Nachbesserung seines KdU-Konzepts bzw. die Zuarbeit ergänzender Daten aufgegeben. Dabei hat er eine Differenzierung der erhobenen Mietpreise bei den drei Hauptwohnungsvermietungsgesellschaften nach den Komfortmerkmalen der Wohnungen sowie nach Wohnungsgrößen und darüber hinaus nach vermieteten und nicht vermieteten und auf dem Mietwohnungsmarkt angebotenen Wohnungen erbeten. Außerdem hat er nachgefragt, wann, in welcher Form und mit welchem Ergebnis die im Verlauf des Jahres 2004 erhobenen Daten in der Folgezeit, d.h. für die Zeit ab dem 1. Januar 2006, fortgeschrieben wurden. Des Weiteren hat er aufgegeben darzulegen, in welchem Umfang zu Beginn der Jahre 2005 und 2006 anmietbarer Wohnraum – differenziert nach Wohnungsgrößen – zur Verfügung stand. Schließlich hat er um Angabe des als angemessen angesehenen Wohnstandards aufgefordert, da aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich ist, ob allereinfachster Standard (ohne Bad und/oder Heizung) mit in die Durchschnittswertberechnung einbezogen wurde.

Hierzu hat der Beklagte – auf mehrfache Nachfrage – unter dem 1. Februar 2012 lediglich erklärt, ihm sei eine Beantwortung der Fragen nicht möglich. Er hat auf die aktuell laufende Erarbeitung eines KdU-Konzepts für das Jahr 2012 verwiesen. Eine nachträgliche Konzepterstellung für die Jahre ab 2005 sei jedoch nicht Gegenstand der Auftragsvergabe.

Insoweit ist der Beklagte seinen prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 103 Satz 1 SGG nicht nachgekommen. Er war gehalten, dem Senat eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung bzw. -aufbereitung nachzuholen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 27/09 R, juris Rn 22; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 10. Auflage 2012, § 103 RN 14). Indes hat der Beklagte nicht einmal die Frage zu dem vorausgesetzten Wohnungsstandard beantwortet. Dabei handelt es sich um eine interne Vorgabe, die eine Grundlage für eine Bestimmung von Angemessenheitswerten ist. Die Beantwortung dieser Frage muss dem Beklagten ohne Weiteres möglich sein. Sie ist einer Amtsermittlung nicht zugänglich.

Angesichts dieses prozessualen Verhaltens konnte der Senat davon absehen, den Beklagten erneut zu weiteren Darlegungen oder Ermittlungen zur Angemessenheitsgrenze aufzufordern. Denn es ist – nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R, juris RN 26; Urteil vom 20. Dezember 2011, Az.: B 4 AS 19/11, juris RN 21) – nicht Aufgabe der Gerichte, anstelle des zuständigen Grundsicherungsträger weitere Daten zu erheben. Vielmehr hat das Tatsachengericht zu versuchen, die unzulänglichen Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009, Az.: B 14 AS 65/08 R, juris RN 21). Dazu sind die Ermittlungen des Beklagten aufzugreifen und um ihre konzeptionellen Schwächen zu bereinigen. Im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG kann vom zuständigen kommunalen Träger erwartet werden kann, dass er die vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der Daten zur Verfügung stellt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, Az.: B 14 AS 33/08 R, juris RN 22).

Ohne die Kooperation des Leistungsträgers, der vorliegend nicht einmal die Frage nach dem von ihm zugrunde gelegten Wohnungsstandard beantwortet hat, hat der Senat weder die Veranlassung noch die tatsächliche Möglichkeit, die vorhandenen konzeptionellen Schwächen zu bereinigen. Wenn bereits die dem Konzept zugrunde liegenden Vorgaben nicht offen gelegt werden, fehlt es an einer gesicherten Grundlage für weitere Recherchen. Hier stößt die Verpflichtung, im Wege der Amtsermittlung das KdU-Konzept des Leistungsträgers nachzubessern (vgl. Urteil vom 6. April 2011, Az.: B 4 AS 119/10 R, juris RN 36), an ihre Grenzen. So wie es nicht Aufgabe der Gerichte ist, anstelle des Leistungsträgers ein "neues" schlüssiges Konzept (ggf. unter Einholung von Sachverständigengutachten) zu erstellen, müssen Nachbesserungsversuche an vorhandenen Konzepten scheitern, wenn der Leistungsträger nicht einmal seine konzeptionellen Vorüberlegungen und damit die Grundlagen seiner Ermittlungen offenlegt. Verletzt der Beteiligte seine Mitwirkungslast derart, verringern sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht und der Beteiligte hat die Folgen seiner mangelnden Mitwirkung zu tragen.

Der Umstand, dass der Beklagte aktuell ein schlüssiges Konzept für die KdU für das Jahr 2012 erarbeiten lässt, hindert den Senat nicht an einer Entscheidung der Streitsache zum jetzigen Zeitpunkt. Entgegen der Auffassung des Beklagten wären die hieraus resultierenden Mietwerte nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2005 und 2006 übertragbar. Selbst wenn das Konzept für das Jahr 2012 den Vorgaben des BSG an die Erstellung eines schlüssigen Konzepts genügen sollte und die aktuellen Werte im Bereich der Angemessenheitswerte lägen, die der Beklagte für das Jahr 2005 angenommen hat, hätten sie für die Situation am Mietwohnungsmarkt des Jahres 2005 keine Aussagekraft. Denn naturgemäß ist die Lage am Mietwohnungsmarkt Veränderungen unterworfen, die sich aus einem wechselnden Nachfrager- und Anbieterverhalten ergeben und sich nicht (allein) in einer kontinuierlichen Preissteigerung auswirken. Beispielweise können geänderte ÖPNV-Anbindungen oder das Vorhandensein von Arbeitsplätzen insbesondere in ländlichen Bereichen wie dem Gebiet des Altkreises Be. die Attraktivität einzelner Wohnlagen (und das Preisgefüge) in kürzerer Zeit deutlich verändern. Im Übrigen könnte ein für den ganzen Landkreis S. landkreis geltendes KdU-Konzept des Jahres 2012, das ggf. nicht zwischen den einzelnen Gemeinden des Kreisgebiets differenziert, nur zufällig die Lage des Stadtgebiets B. abbilden. Verlässliche Angemessenheitswerte für die Jahre 2005 und 2006 liessen sich dem – ohne ergänzende Ermittlungen – nicht entnehmen.

Der Beklagte ist auch dem Vorbringen des Klägers im Verfahren zum unzureichenden Angebot von Wohnungsgrößen von bis zu 50 m² zur vorgegebenen Kaltmiete auf dem Mietwohnungsmarkt nicht weiter nachgegangen. Er hat ausgeführt, soweit im Bedarfsfall Wohnungen mit einer Wohnfläche von 50 m² nur zu höheren Preisen angeboten würden, müsse sich der Kläger hinsichtlich der Größe der Wohnung beschränken.

Diese Auffassung überzeugt nicht, da ein Aspekt von angemessenen KdU nach einem schlüssigen Konzept ist, dass auch die konkrete Möglichkeit der Anmietbarkeit einer abstrakt als angemessen angesehenen Wohnung auf dem Wohnungsmarkt zum festgelegten Wert bestehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, a.a.O., RN 16). Die Ausführungen des Klägers sind nicht aus der Luft gegriffen. Nach den vorgelegten Wohnungsanzeigen aus den Jahren 2005 und 2006 entsprachen zwar insgesamt 30 Wohnungen nach der Produkttheorie den Angemessenheitskriterien. Indes wiesen nur sechs von ihnen eine Größe von 45 m² oder mehr auf, alle anderen waren – zum Teil deutlich – kleiner. Auch die von der W. genossenschaft B. e.G. vorgelegte Leerstandsstatistik zum 31. Dezember 2005 beinhaltete nur drei Wohnungen mit einer Wohnfläche von 39 bis 48 m² bei insgesamt 40 freien Wohnungen. Die weitere Angabe, es bestehe eine kontinuierliche Nachfrage nach kleineren Wohnungen, sodass diese regelmäßig nicht länger leer stünden, sowie die Ausführungen zur formularmäßigen Vormerkung, die das Führen von "Wartelisten" andeutet, weisen darauf hin, dass das Marktangebot für kleinere Wohnungen nicht "üppig" gewesen ist. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass zu dem vorgegebenen Angemessenheitswert iHv 250,00 EUR (Kaltmiete einschließlich kalter Betriebskosten) für Einzelpersonen tatsächlich ein ausreichend großes Angebot auf dem Wohnungsmarkt bestand, welches die Anmietung einer angemessenen Wohnung, die zumindest Zentralheizung und ein Bad aufweisen muss (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az.: B 14 AS 2/10 R, juris RN 24) ermöglicht hat.

Da das Konzept des Beklagten nach den obigen Ausführungen nicht schlüssig ist, und es nachträglich vom Senat nicht nachgebessert werden kann, hat der Grundsicherungsträger im Leistungsfall des Klägers ohne Weiteres die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu tragen.

Jedoch sind die KdU – ohne Heizkosten – nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen. Als "Angemessenheitsgrenze" nach "oben" sind die Tabellenwerte nach § 8 WoGG heranzuziehen. Soweit eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im maßgeblichen Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle zurückzugreifen. Ferner wird nach Auffassung des BSG ein Sicherheitszuschlag zum jeweiligen Tabellenwert im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraums als erforderlich angesehen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 50/09 R, juris RN 27).

Für die Bestimmung der Höchstbeträge für die Miete und Nebenkosten legt der Senat § 8 WoGG in der Fassung vom 7. Juli 2005, gültig vom 14. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2008, zu Grunde. Nach der hier maßgeblichen Liste der Mietstufen der Gemeinden ab dem 1. Januar 2002 zählte das Kreisgebiet des Altkreises B. einschließlich der Stadt B. zur Mietenstufe 2. Damit war für einen Einpersonenhaushalt ein Höchstbetrag von 280,00 EUR für Kaltmiete einschließlich Betriebskosten, jedoch ohne Heizkosten, maßgeblich.

Ein Zuschlag von 10 % zu den im streitigen Zeitraum geltenden Tabellenwerten erscheint dem Senat angemessen und ausreichend, um den Gefahren einer Bedarfsunterdeckung wegen der Pauschalierung Rechnung zu tragen (vgl. Urteil des Senats vom 26. August 2010, Az.: L 5 AS 4/08, juris, RN 47; ebenso: Urteil vom 3. März 2011, Az.: L 5 AS 74/08; a.a.O. S.10).

Damit ergibt sich ein höchstmöglicher monatlicher Anspruch auf Kaltmiete und Betriebskosten iHv 308,00 EUR (280,00 + 10%) für den Einpersonenhaushalt des Klägers.

Soweit die vom Kläger monatlich zu zahlende Kaltmiete iHv 285,61 EUR und die Betriebskostenvorauszahlung iHv 37,10 EUR (insgesamt 322,71 EUR) den vorgenannten Höchstbetrag übersteigt, ist sie vom Beklagten nicht zu übernehmen. Denn es gibt nach Lage des Falles keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass auch mit dem Höchstbetrag nach WoGG, der einem Quadratmeterpreis von 6,16 EUR für Miete und kalte Betriebskosten für eine 50 m² große Wohnung entspricht, auf dem Wohnungsmarkt in B. keine angemessene Wohnung anmietbar war. Vielmehr wäre die vom Kläger bewohnte Wohnung bei angemessener Größe von 50 m² mit dem Betrag von 308,00 EUR finanzierbar. Der Senat sieht daher im vorliegenden Fall keinen Anlass für einen weiteren Zuschlag auf den bereits um 10 % erhöhten Höchstbetrag nach WoGG. Die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung besteht vorliegend nicht.

Für die Heizkosten steht dem Kläger im hier streitigen Zeitraum ein Anspruch iH der monatlichen Abschlagszahlungen abzüglich des Warmwasseranteils zu. Auf die Heizkosten hatte er im streitgegenständlichen Zeitraum Vorauszahlungen iHv insgesamt 54,92 EUR zu zahlen. Da für seine Wohnung die Warmwasserbereitung über die zentrale Heizungsanlage erfolgt, sind die bis zum 31. Dezember 2010 im Regelsatz enthaltenen Kostenanteile für die Warmwasserbereitung von den Heizkosten abzuziehen. Dabei handelte es sich im Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich Juni 2006 bei dem auch hier zugrunde zu legenden Eckregelsatz eines Alleinstehenden in den neuen Bundesländern um einen Betrag von 5,97 EUR/Monat. Für den Monat Juli 2006 war nach der Regelsatzerhöhung auf 345,00 EUR ein Betrag von 6,22 EUR maßgeblich, sodass vom Beklagten monatliche Heizkosten iHv 48,95 EUR und für Juli 2006 iHv 48,70 EUR bei der Berechnung der KdU-Leistungen zu berücksichtigen sind.

Ein weiterer Anspruch auf KdU für den Monat Januar 2006 ergibt sich aus der im Berufungsverfahren vorgelegten Nebenkostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2004 vom 20. Dezember 2005, die mit einer Nachforderung iHv 100,67 EUR endete. Dieser Betrag war nach der Abrechnung spätestens zwei Wochen nach Erhalt der Rechnung zu begleichen und damit im Januar 2006 fällig.

Die Nachforderung ist als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Januar 2006 zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, Az.: B 4 AS 62/09, juris RN 13; Urteil vom 6. April 2011, Az.: B 4 AS 12/10 R, juris RN 13). Sie gehört wegen sämtlicher abgerechneter Monate dem Grunde nach zu den Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Es handelt sich nicht – auch nicht teilweise – um solche Kosten, die lediglich als Schulden iSv § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähig wären. Denn die Abgrenzung von Schulden für eine Unterkunft von den übrigen KdU ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, Az.: B 14 AS 121/10 R, juris RN 15). Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, a.a.O.; Urteil vom 22. März 2010, Az.: B 4 AS 62/09 R, juris RN 17; und Urteil vom 17. Juni 2010, Az.: B 14 AS 58/09 R, juris RN 17). Dies gilt auch, soweit es sich um Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis handelt, die bereits vor Eintritt der Bedürftigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, a.a.O.) oder vor Inkrafttreten des SGB II begründet worden sind.

Nur wenn der Hilfebedürftige seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachkommt, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, sind solche Belastungen als Schulden anzusehen und nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II übernahmefähig. Soweit Verbindlichkeiten erst nach Eintritt der Bedürftigkeit entstanden sind, gehören sie – jedenfalls solange die Wohnung weiterhin bewohnt wird – zu den Aufwendungen iSv § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, a.a.O.; Urteil vom 17. Juni 2010, Az.: B 14 AS 58/09 R, juris RN 19).

Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seinen Vorauszahlungsverpflichtungen im Jahr 2004 nicht nachgekommen wäre. Vielmehr weist die Abrechnung erbrachte Zahlungen auf die Nebenkosten in einer Gesamthöhe von 1.104,24 EUR (entspricht 92,02 EUR monatlich) aus, die den Vorauszahlungen für das Folgejahr 2005 entsprechen. Daher ist die Nachforderung für das Jahr 2004 insgesamt im Rahmen der KdU für Januar 2006 zu berücksichtigen.

Von den sich aus der Abrechnung ergebenden Heizkosten sind – über die Warmwasserpauschale für Januar 2006 hinaus – keine Kosten für die Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen. Auch von den Vorauszahlungen, die der Kläger in den Monaten des Jahres 2004 vor Eintritt der Bedürftigkeit bzw. vor Inkrafttreten des SGB II geleistet hat, sind keine ("fiktiven") Abzüge für eine Warmwasserpauschale vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, a.a.O., RN 16-17). Denn diese sollen lediglich verhindern, dass für einen im laufenden Monat bestehenden Bedarf für die Zubereitung von Warmwasser, der bereits pauschal mit der Regelleistung abgedeckt wird, ein weiteres Mal Leistungen für KdU gewährt werden. Entsteht in einem Monat ein darüber hinausgehender Bedarf für die Zubereitung von Warmwasser – wie hier durch die Nachforderung – werden keine weiteren "Pauschalen" abgezogen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, a.a.O., RN 17; Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: B 14/11b AS 15/07 R, juris RN 23). Die Nachforderung ist daher in gesamter Höhe zu übernehmen.

Mithin ergeben sich für den streitigen Zeitraum monatliche KdU-Leistungsansprüche des Klägers für Juli bis Dezember 2005 und Februar bis Juni 2006 iHv 356,95 EUR, gemäß § 41 Abs. 2 SGB II gerundet: 357,00 EUR, für Juli 2006 iHv 356,70 EUR, gerundet 357,00 EUR, sowie für Januar 2006 iHv 457,62 EUR (308,00 EUR + 48,95 EUR + 100,67 EUR), gerundet 458,00 EUR. Obwohl es sich bei den Leistungen für die KdU nicht um sog. Endzahlbeträge handelt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, Az.: B 4 AS 100/10 R, juris RN 37; BSG, Urteil vom 23. November 2006, Az.: B 11b AS 9/06 R, juris), war vorliegend zu runden, weil die von dem Beklagten im Übrigen bewilligten Leistungen jeweils glatte Eurobeträge ergaben.

Zieht man davon die bereits durchgängig bewilligten und ausgezahlten KdU-Leistungen iHv monatlich 305,00 EUR im Bewilligungszeitraum ab, ergibt sich ein weiterer Leistungsanspruch von 52,00 EUR monatlich – bis auf den Monat Januar 2006, in dem ein Restleistungsanspruch iHv 153,00 EUR verbleibt. Insoweit waren die angegriffenen Bescheide des Beklagten zu ändern und das Urteil des SG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen, weil die Entscheidung des Rechtsstreits wegen der ungeklärten Höhe des Sicherheitszuschlags nach WoGG grundsätzliche Bedeutung iSv § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat.
Rechtskraft
Aus
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