S 172 AS 3565/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
172
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 172 AS 3565/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011. Sie wenden sich gegen die Anrechnung von Elterngeld sowie die Nichtberücksichtigung von Schulgebühren für den Besuch einer Privatschule und rügen die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe und der Anrechnung von Elterngeld.

Der am 2000 geborene Kläger zu 2) und die am geborene Klägerin zu 3) sind die Kinder der 1972 geborenen, alleinig sorgeberechtigten Klägerin zu 1). Sie stehen im laufenden Leistungsbezug des Beklagten. Die Kläger bewohnen die im Rubrum bezeichnete Wohnung. Die Bruttowarmmiete beträgt 470,71 Euro.

Mit Bescheid vom 26. April 2010 bewilligte das Bezirksamt Berlin-Mitte der Klägerin zu 1) Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich für die Zeit vom März 2010 bis Februar 2011, das der Klägerin zu 1) letztmalig am 10. Februar 2011 zugeflossen ist (Kontoauszug vom 13. Februar 2011). Auf Seite 2 des Bescheides heißt es, dass das Elterngeld in Höhe von 300 Euro nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet wird. Vor der Geburt der Klägerin zu 3) erzielte die Klägerin zu 1) kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit.

Die Kläger zu 2) und 3) erzielen jeweils Einkommen aus Kindergeld in Höhe von 184 Euro monatlich. Der Kindsvater der Kläger zu 2) und 3), Herr T R , lebt nicht in der Bedarfsgemeinschaft der Kläger.

Der Kläger zu 2) besucht die J -Schule, eine Waldorf-Schule in C -W , für das ein monatliches Schulgeld von 90 Euro zu zahlen ist.

Mit vorläufigem Bescheid vom 17. Januar 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für Alleinerziehende und eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen für die Klägerin zu 1) sowie unter Anrechnung von Einkommen aus Kindergeld bei den Klägern zu 2) und 3) für die Zeit vom - 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 797,39 Euro unter Anrechnung des um die Versicherungspauschale bereinigten Elterngeldes und - 1. März 2011 bis 31. Juli 2011 in Höhe von 1.067,39 Euro monatlich. Dabei erkannte der Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 455,83 Euro an.

Gegen den Bescheid vom 17. Januar 2011 legten die Kläger, die Kläger zu 2) und 3) vertreten durch den Kindvater, am 23. Januar 2011 Widerspruch ein. Das Elterngeld stehe alleinig der Klägerin zu 1) zu und dürfe nicht auf den Bedarf der Kläger angerechnet werden, da das entsprechende Gesetz noch nicht in Kraft getreten sei. Die Anrechnung verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei verfassungswidrig, die Klägerin zu 1) habe auf die Nichtanrechnung vertraut. Wenn überhaupt, könne eine Anrechnung nur dergestalt erfolgen, dass das Elterngeld auf den Bedarf der Klägerin zu 1), nicht jedoch auf den Bedarf der Kläger zu 2) und 3) anzurechnen sei, da Sozialleistungsansprüche Individualansprüche seien. Zudem seien die Kinderregelsätze verfassungswidrig. Des Weiteren müsse das Schulgeld und das Schülerticket zum Preis von 27 Euro des Klägers zu 2) berücksichtigt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2011 (W 7/11) wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Das Elterngeld sei nur dann nicht anzurechnen, wenn die Klägerin zu 1) zuvor erwerbstätig gewesen ist. Dies sei jedoch nicht der Fall. Im Übrigen sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 9. Februar 2010 eine Erhöhung der Regelleistungen zu erwarten. Gleichwohl ergebe sich aus der Verfassungswidrigkeit der Regelsätze kein höherer Leistungsanspruch.

Am 23. Februar 2011 haben die Kläger Klage erhoben. Die Klägerin zu 1) beauftragte Herrn T R mit der gerichtlichen Vertretung der Interessen der Kläger zu 2) und 3).

Mit Beschluss vom 25. Februar 2011 zum Aktenzeichen S 172 AS 3565/11 ER hat das SG Berlin den Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf Nichtanrechnung des Elterngeldes abgelehnt.

Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 8. Juni 2011 und 20. Juli 2011 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung vom 17. Januar 2011 nach Maßgabe des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und bewilligte den Klägern endgültig Leistungen nach dem SGB II unter Anpassung der Regelbedarfs und des Alleinerziehendenmehrbedarfs für die Klägerin zu 1) die Zeit vom - 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 in Höhe von 819,27 Euro sowie - 1. März 2011 bis 31. Juli 2011 in Höhe von 1.089,27 Euro monatlich. Dabei erkannte er Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 470,71 Euro unter Wegfall der Warmwasserpauschale an. Im Übrigen blieb der Bescheid unverändert.

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2012 erklärte Herr R als Vertreter für den Kläger zu 2) die Klage hinsichtlich des BVG-Tickets für erledigt, da der Beklagte die Schülerbeförderungskosten gesondert bewilligt hat.

Die Kläger sind der Ansicht, dass das Schulgeld des Klägers zu 2) als atypischer, nicht nur einmaliger laufender Bedarf berücksichtigt werden müsse. Die alleinerziehende Klägerin zu 1) habe nur sechs Jahre in Thailand die Dorfschule besucht und spreche nur wenig deutsch. Außerdem wohnten die Kläger im W. Der Bedarf an ausreichender Schulbildung werde an staatlichen Schulen nicht gedeckt. Sie hätten einen hohen Anteil an Ausländern mit geringen deutschen Sprachkenntnissen. Insbesondere Schüler mit türkischer oder arabischer Herkunft würden den langhaarigen Kläger zu 2) oftmals ohne Respekt behandeln und seien ohne Disziplin. Daher sei der Schulbesuch an einer Waldorf-Schule für die weitere Entwicklung des Klägers zu 2) wichtig. Zudem seien die Regelbedarfe aller Kläger verfassungswidrig. Dies habe die 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin auch so gesehen. So seien beim Kinderregelbedarf die Kosten für die Anschaffung von Windeln, die im Falle der Klägerin zu 3) rund 5,49 Euro je Woche ausmachten, nicht berücksichtigt. Selbst wenn die Kosten für die Windeln unter die Abteilung 06 Gesundheitspflege gefasst würden, so sei der Betrag von 6,09 Euro nicht bedarfsdeckend. Sozialverbände schätzten, dass für ein menschenwürdiges Existenzminimum ein Betrag von 400 bis 450 Euro bedarfdeckend sei. Schließlich verletzte die Anrechnung des Elterngeldes den Gleichheitsgrundsatz.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid vom 17. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2011 (W 7/11) in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 8. Juni 2011 und 20. Juli 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 mit der Maßgabe zu gewähren, dass im Februar 2011 bei der Klägerin zu 1) kein Elterngeld angerechnet wird, dass das Schulgeld in Höhe von 540 Euro für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 beim Kläger zu 2) Berücksichtigung findet und dass den Klägern zu 1) bis 3) höhere Regelbedarfe unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses der 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin bewilligt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf sein Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Im Übrigen sei nachvollziehbar, dass sich die Klägerin zu 1) bemühe, dem Kläger zu 2) eine ordentliche Schulbildung zukommen zu lassen. Dass staatliche Schulen jedoch keine qualifizierte Ausbildung ermöglichen, sei nicht der Fall.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenständlich ist der Bewilligungsbescheid vom 17. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2011 (W 7/11), mit dem der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 vorläufig bewilligt hat. Dieser Bescheid wurde durch die endgültige Leistungsbewilligung vom 26. März 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 8. Juni 2011 und 20. Juli 2011 aufgehoben und ersetzt. Dieser Bescheid wurde § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens.

Im Übrigen ist der Klageantrag der Kläger bei verständiger Würdigung durch die Kammer dergestalt auszulegen, dass sie die Verurteilung des Beklagten unter Anerkennung höherer Regelbedarfe begehren und hilfsweise beantragen, den Rechtsstreit nach Art. 100 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob §§ 20 Abs. 2 Satz 1, 23 Nr. 1 in Verbindung mit § 77 Abs. 4 Nr. 2 und 3 SGB II in Verbindung mit dem Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) verfassungswidrig sind.

Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 17. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 8. Juni 2011 und 20. Juli 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Ihnen steht ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht zu. Der Beklagte hat den Bedarf der Kläger zutreffend ermittelt (hierzu unter 1.). Die Kammer ist nicht überzeugt, dass die den Klägern gewährten Regelbedarfe verfassungswidrig sind (hierzu unter 2.). Zutreffend hat der Beklagte das der Klägerin zu 1) am 10. Februar 2011 zugeflossene Elterngeld als Einkommen der Klägerin zu 1) berücksichtigt und auf den Bedarf aller Kläger angerechnet. Die Anrechnung des Elterngeldes auf die gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (hierzu unter 3.). Zudem steht dem Kläger zu 2) kein Anspruch gegen den Beklagten auf die Berücksichtigung des Schulgeldes in Höhe von 90 Euro monatlich zu (hierzu unter 4.)

1. Die Kläger gehören nach § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II in Verbindung mit §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 SGB II zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II. Die im Jahr 1972 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altergrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Der im Jahr 2000 geborene Kläger zu 2) und die im Jahre 2010 geborene Klägerin zu 3) gehören dem Haushalt der erwerbsfähigen Klägerin zu 1) an. Sie bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger sind hilfebedürftig, da sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern können und die erforderliche Hilfe – bis auf das der Klägerin zu 1) gewährte Elterngeld - nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderen Sozialleistungen erhalten. Im Übrigen haben sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Bedarf der Kläger bemisst sich nach §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, 23 Nr. 1, 77 Abs. 4 Nr. 2 und 3 in Verbindung mit dem RBEG, 21 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 5, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von monatlich 1.457,27 Euro hat der Beklagte zutreffend bestimmt. Dies ermittelt sich wie folgt:

Nach § 19 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keine Anspruch auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) haben. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbaren Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Als Regelbedarf werden bei Personen, die – wie hier die Klägerin zu 1) - alleinstehend und alleinerziehend ist, monatlich 364 Euro anerkannt, § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Das Sozialgeld beträgt für den am 17. Januar 2000 geborenen Kläger zu 2) monatlich 251 Euro und für die am 6. März 2010 geborene Klägerin zu 3) 215 Euro, § 23 Nr. 1 in Verbindung mit § 77 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 2 SGB II.

Nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist bei Personen, die – wie hier die Klägerin zu 1) - mit mehreren minderjährigen Kindern unter 16 Jahren zusammenlebt und alleinig für deren Pflege und Erziehung sorgt, ein Mehrbedarf in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelbedarfs anzuerkennen, mithin monatlich 131 Euro. Zudem ist bei Leistungsberechtigten, die – wie hier die Klägerin zu 1) - aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedarf, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen, § 21 Abs. 5 SGB II. Dieser beträgt – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – monatlich 25,56 Euro.

Hinzu kommen die Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese Kosten werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind, § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Kläger wenden monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 470,71 Euro auf. Diese - unstreitig für einen Drei-Personen-Haushalt angemessenen - Aufwendungen hat der Beklagte zutreffend im Änderungsbescheid vom 20. Juli 2011 in voller Höhe anerkannt.

2. Den Klägern steht der geltend gemachte erhöhte Regelbedarf nicht zu. Die Neubemessung der Regelbedarfe in der zum 1. Januar 2011 getretenen Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 und § 23 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 4 Nr. 2 und 3 SGB II entspricht auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Die den Klägern bewilligten Regelbedarfe entsprechen nach erfolgten gesetzlichen Änderungen den ab 1. Januar 2011 zu gewährenden Leistungen. Diesbezüglich hält die Kammer eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen des SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuches vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) – in Ausführung der Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 (BVerfG, a.a.O.) - für verfassungsrechtlich im Hinblick auf die gesetzliche Berücksichtigung der Regelbedarfe für unbedenklich. Bezüglich der Darstellung der gesetzlichen Verfahren, der Berechnung der Regelbedarfe und der verfassungsrechtlichen Erwägungen verweist die Kammer insoweit auf die Ausführungen der im Gesetzgebungsverfahren am Entwurf des Fortentwicklungsgesetzes zum SGB II beteiligten Mitarbeiter des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in: Groth/Luik/Sibel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, Baden-Baden 2011, S 67 ff.; insoweit werden die dortigen Ausführen auch zur Grundlage der vorliegenden Entscheidung erklärt (entsprechend auf § 136 Abs. 3 SGG).

Die Kammer ist nicht zur Überzeugung gelangt, dass die Neufassung des Grundsicherungsrechts des SGB II zum 1. Januar 2011 in Umsetzung des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 die im Rahmen der Gewaltenteilung zu beachtende Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers in Bezug auf die Ausgestaltung des sozialstaatlichen Existenzminimums und in der Konsequenz damit die Gewährleistung verfassungsrechtlicher Grundprinzipien wie den Schutz der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 1 GG und die Grundrechtsgarantien des Individuums gemäß Art. 2 ff. GG im Hinblick auf die Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenzführung und der Teilhabe am Wirtschafts- und Sozialleben der Bundesrepublik Deutschland verletzt (vgl. auch SG Oldenburg, Urteil vom 10. Januar 2011, S 48 AS 1136/11, Rn. 33; SG Duisburg, Urteile vom 20. März 2012, S 17 AS 1701/11, anhängig: BSG - B 14 AS 46/12 R und S 117 AS 2049/11, anhängig: BSG - B 4 AS 47/12 R; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 10. Juni 2011, 1077/11, Rn. 27 ff. und vom 21. Oktober 2011, L 12 AS 3445/11, Rn. 23 ff.; SG Berlin, Urteil vom 29. März 2012, S 18 AS 38243/10; LSG Bayern, Beschluss vom 10. August 2011, L 16 AS 305/11, Rn. 30 ff., zitiert nach juris). Die Kammer schließt sich insofern nach eigener Prüfung der Auffassung des LSG Baden-Württemberg vom 10. Juni 2011 und 21. Oktober 2011 (a.a.O.) und des LSG Bayern vom 10. August 2011 (LSG Bayern, a.a.O.) an.

Der Regelbedarf von 364 Euro für die Klägerin zu 1) kann zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend angesehen werden. Schon das BVerfG hat in seiner Entscheidung am 9. Februar 2010 ausgeführt (BVerfG, a.a.O., Rn. 152, zitiert nach juris), dass für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs. 2, 1. Hs. SGB II a.F. eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden kann, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. Demzufolge sind diese Überlegungen erst Recht auf den Regelbedarf von 364 Euro monatlich übertragbar (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 28, zitiert nach juris).

Das BVerfG konnte ebenfalls nicht feststellen, dass der für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einheitlich geltende Betrag von damals 207 Euro zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums offensichtlich unzureichend ist. Zwar sei die Regelleistung gegenüber der alten Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für Kinder zwischen sieben Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres gesunken. Hieraus könne jedoch noch nicht gefolgert werden, dass der Betrag von 207 Euro für Kinder in der genannten Altersgruppe offensichtlich nicht bedarfsdeckend sei. Ausgehend von den Untersuchungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sei nicht ersichtlich, dass der Betrag von 207 Euro nicht ausreiche, um das physische Existenzminimum, insbesondere den Ernährungsbedarf von Kindern im Alter von 7 bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zu decken. In Anbetracht des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen müssen, könne deshalb nicht festgestellt werden, dass der Gesamtbetrag von 207 Euro das zur Sicherung des Existenzminimums Notwendige offensichtlich unterschreitet (BVerfG, a.a.O., Rn. 155 ff., zitiert nach juris). Das BVerfG hat die Verfassungswidrigkeit der Regelsätze vielmehr darauf gestützt, dass ihnen ein nicht realitätsgerechtes Verfahren der Ermittlung des Existenzminimums zugrunde liegt (BVerfG, a.a.O., Rn. 217, zitiert nach juris).

Dass die Kammer nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe überzeugt ist, gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass durch die am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Neuregelungen der §§ 19 ff. SGB II, insbesondere angesichts des Wegfalls der Warmwasserpauschale im neuen Recht zur Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie angesichts der gewährten Leistungen für Bildung und Teilhabe für den Kläger zu 2) nach § 28 SGB II sowie angesichts der Vorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II, die zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen gewährt, den Klägern weitergehenden Ansprüche auf Leistungen zustehen.

3. Auf den Bedarf der Kläger von 1.457,27 Euro ist Einkommen aus Kindergeld und Elterngeld anzurechnen. Dies hat der Beklagte ebenfalls zutreffend in den angegriffenen Bescheiden vorgenommen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach den § 19 Abs. 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind, § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Zu berücksichtigendes Einkommen deckt zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21 und 23 SGB II, darüber hinaus die Bedarfe nach § 22 SGB II, Satz 2. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder in Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) ist auch als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen, Satz 3. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB XII, benötigt wird, Satz 4.

Nach Maßgabe dieser Vorschrift ist das Kindergeld in Höhe von jeweils 184 Euro monatlich Einkommen der Kläger zu 2) und 3), da sie ihren monatlichen Bedarf in Höhe von 402,95 Euro (Kläger zu 1): Sozialgeld: 251 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung: 151,95 Euro) und in Höhe von 366,95 Euro (Klägerin zu 2): Sozialgeld: 215 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung: 151,95 Euro) nicht selbst decken können. Dies hat der Beklagte zutreffend im angegriffenen Bescheid umgesetzt. Das Kindergeld mindert zunächst den Sozialgeldbedarf der Kläger zu 1) auf 67 Euro und den Bedarf der Klägerin zu 2) auf 31 Euro.

Auch das der Klägerin zu 1) letztmalig am 10. Februar 2011 zugeflossene Elterngeld ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, das – entgegen der Ansicht der Kläger - nach der Bedarfsanteilmethode auf den Bedarf aller Kläger anzurechnen ist. Dies folgt aus § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Hiernach sind bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Einkommen und Vermögen sichern können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in deren Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partner zu berücksichtigen.

Zutreffend hat der Beklagte das der Klägerin zu 1) zur Verfügung stehende Elterngeld in Höhe von 300 Euro für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 28. Februar 2011 unter Bereinigung um die Versicherungspauschale von 30 Euro (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) als Einkommen auf den Leistungsanspruch der Kläger gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II angerechnet. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass das Einkommen der minderjährigen Kläger aus Kindergeld nicht bei der Klägerin zu 1) angerechnet werden darf (sog. vertikale Berechnung; vgl. zu dieser "Einbahnstraße" BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14 AS 55/07 R), jedoch das Einkommen der Klägerin zu 1) bei den Klägern zu 2) und 3) (horizontale Berechnung). Entsprechend der Bedarfsanteilmethode entfällt auf die Klägerin zu 1) mit ihrem Bedarf von 677,45 Euro (Regelbedarf: 364 Euro, Alleinerziehendenmehrbedarf: 131 Euro, Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung: 25,56 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung: 156,89 Euro) ein Anteil von 62,19 Prozent, auf den Kläger zu 2) mit seinem Bedarf von 223,91 Euro (Sozialgeld: 67 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung: 156,91 Euro) ein Anteil von 20,56 Prozent und auf die Klägerin zu 3) mit ihrem Bedarf von 187,91 Euro (Sozialgeld: 31 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung: 156,91 Euro) ein Anteil von 17,25 Prozent. Mithin ist das um die Versicherungspauschale bereinigte Elterngeld von 270 Euro in Höhe von 167,92 Euro auf den Bedarf der Kläger zu 1), in Höhe von 55,50 Euro auf den Bedarf des Klägers zu 2) sowie in Höhe von 46,58 Euro anzurechnen. Es verbleibt ein zu bewilligender und vom Beklagten zutreffend vorgenommener Grundsicherungsbedarf in Höhe von 509,53 Euro für die Klägerin zu 1), in Höhe von 168,41 Euro für den Kläger zu 2) und in Höhe von 141,33 Euro für die Klägerin zu 3).

Soweit die Kläger einwenden, dass der Beklagte die Anrechnung des Elterngeldes vornehme, ohne dass es hierzu bereits ein Gesetz erlassen worden sei, so trifft diese Ansicht nicht zu. § 11 Abs. 3a SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und Elternzeit (BEEG) sah vor, dass das Elterngeld bis zu einer Höhe von 300 Euro abweichend von den Absätzen 1 bis 3 des § 11 SGB II nicht als Einkommen anzurechnen war. Diese Vorschrift des § 11 Abs. 3a SGB II ist jedoch durch Art. 15 Ziff. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes (HBeglG, BT-Drs. 17/3030 und 17/3361) vom 9. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I, 1885, 1896) für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 aufgehoben worden (Beschlussfassungen des Deutschen Bundestages vom 28. Oktober 2010 und des Bundesrates am 26. November 2010 (BR-Drs. 17/680/10), so dass für das Elterngeld nunmehr wiederum die Grundsätze des § 11 Abs. 1 bis 3 SGB II gelten. Die Privilegierung des Elterngeldes ist mit der Aufhebung des § 11 Abs. 3a SGB II entfallen; das Elterngeld ist für die Zeit ab 1. Januar 2011 nunmehr wie jede Einnahme in Geld auf den Leistungsanspruch anzurechnen.

Darüber hinaus stellt das Elterngeld auch keine (nicht zu berücksichtigende) zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II dar (vgl. SG Marburg, Urteil vom 12. August 2011, S 8 AS 169/11, Rn. 24, zitiert nach juris), da das Elterngeld nicht alleine für die Unkosten der Betreuung des Kindes geleistet wird. Vielmehr hat das Elterngeld den Zweck, die Lebensgrundlage von Kind und Eltern zu decken (vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 1).

Soweit die Kläger die Ansicht vertreten, dass die Neuregelung in § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG, wonach nunmehr die Anrechnung des Elterngeldes in voller Höhe als Einkommen bei Grundsicherungsempfangenden erfolgt, verfassungswidrig sei, teilt die Kammer die von den Klägern vertretene Rechtsansicht nicht (ebenfalls gegen eine Verfassungswidrigkeit: SG Landshut, Urteil vom 7. Dezember 2011, S 10 AS 484/11, Rn. 28 ff.; SG Detmold, Beschluss vom 19. Januar 2011, S 8 AS 37/11 ER, Rn. 18; SG Marburg, Urteil vom 12. August 2011, S 8 AS 169/11, Rn. 28 ff., zitiert nach juris).

§ 10 Abs. 1 BEEG regelt, dass das Elterngeld und vergleichbare Leistungen der Länder sowie die nach § 3 BEEG auf das Elterngeld angerechneten Leistungen bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 Euro im Monat als Einkommen unberücksichtigt bleiben. Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG gelten die Abs. 1 bis 4 des § 10 BEEG jedoch nicht bei Leistungen des SGB II und SGB XII und § 6a BKKG. § 10 Abs. 5 Satz 1 SGB II in Verbindung mit den Anrechnungsvorschriften des SGB II nimmt damit grundsätzlich eine Anrechenbarkeit des Elterngeldes auf den Bedarf der Kläger zu 1) bis 3 vor. § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG enthält zu diesem Grundsatz eine Ausnahme: Bei den in § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG bezeichneten Leistungen bleibt das Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 BEEG berücksichtigten durchschnittlichen erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt bis zu 300 Euro im Monat als Einkommen unberücksichtigt, Satz 2. § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG schafft also einen Ausgleich für diejenige Personengruppe, die vor der Geburt erwerbstätig war. Das ist jedoch bei der Klägerin zu 1) nicht der Fall. Sie war der Geburt der Klägerin zu 3) gerade nicht erwerbstätig.

Die Anrechenbarkeit des Elterngeldes auf Leistungen nach dem SGB II verstößt zur Überzeugung der Kammer auch nicht gegen das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG und auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin zu 1) erhält mit dem Elterngeld und die Kläger zu 1) bis 3) mit den gekürzten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insgesamt staatliche Leistungen, die ihrer Höhe nach den gesetzlichen Anforderungen nach dem SGB II und SGB XII genügen. Dies entspricht auch der Begründung des Entwurfs des HBeglG 2010, dass der Bedarf des betreuenden Elternteils und der des Kindes im System der Grundsicherung durch die Regelsätze und die Zusatzleistungen, gegebenenfalls einschließlich des Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende, umfassend gesichert ist und dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet wird (BT-Drs. 17/3030, S. 14, 48; BT-Drs. 17/2672, S. 9 f.). Das Elterngeld wird auch nicht zur Deckung eines konkreten - im Grundsicherungsrecht ggf. nichtberücksichtigten - Bedarfs gewährt, sondern dient vornehmlich dem Ausgleich von individuellen Einkommensminderungen während der betreuungsintensiven Frühphase des Kindes (vgl. SG Landshut, a.a.O., Rn. 38, zitiert nach juris).

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist gleichfalls nicht ersichtlich. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Das Grundrecht ist vielmehr nur dann verletzt, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98, Rn. 58, zitiert nach juris). Vorliegend werden hinsichtlich der Zahlung des Elterngeldes – unabhängig davon, ob sie auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind oder nicht – gleich behandelt. Eine Ungleichbehandlung liegt jedoch darin, dass Empfangende von Grundsicherungsleistungen untereinander ungleich behandelt werden. Diejenigen, die vor der Geburt erwerbstätig waren, erhalten wegen der Vorschrift des § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG ein Anrechnungsfreibetrag, der sie im Ergebnis besser stellt als diejenigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die vor der Geburt des Kindes – wie hier die Klägerin zu 1) - nicht erwerbstätig waren. Die sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck des Elterngeldes. Denn durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung des Kindes erleiden diese Personengruppen Einkommenseinbußen, die gerade durch das Elterngeld ausgeglichen werden sollen. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraums einen Ausgleich vornimmt, der sich an dem im vorgeburtlichen Zeitraum erzielten Erwerbseinkommen orientiert (vgl. Frerichs, Ist die Anrechnung von Elterngeld auf Grundsicherungsleistungen verfassungsgemäß?, SRa 2011, 167 ff.; SG Landshut, Urteil vom 7. Dezember 2011, S 10 AS 484/11, Rn. 57; SG Augsburg, Urteil vom 22. November 2011, S 17 AS 1102/11, Rn. 29 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Januar 2012, L 7 AS 1107/11 B, Rn. 3, zitiert nach juris). Auch das BVerfG hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verstößt (BVerfG, Beschluss vom 9. November 2011, 1 BvR 1853/11, Rn. 7 ff., zitiert nach juris). Zudem führt die Anrechnung des Elterngeldes auf die Grundsicherungsbedarfe zu einer Vereinheitlichung der Rechtslage im Hinblick auf die bereits in der Vergangenheit erfolgte Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen nach dem SGB II. Soweit die Neuregelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG im Ergebnis dazu führt, dass elterngeldberechtigten Personen tatsächlich nicht mehr Geld als vor dem Bezug von Elterngeld zur Verfügung haben, so ist als weiterer rechtfertigender Grund hierfür die Subsidiarität der Leistungen des SGB II, der den Verweis auf andere Einkünfte zur Deckung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs ermöglicht (§ 9 Abs. 1 SGB II), wohingegen nichterwerbstätige Elterngeldbezieher außerhalb des SGB II-Leistungsbezugs gerade nicht auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind (vgl. SG Detmold, Beschluss vom 19. Januar 2011, S 8 AS 37/11 ER, Rn. 18; SG Augsburg, Urteil vom 22. November 2011, S 17 AS 1102/11, Rn. 38, zitiert nach juris).

Die Klägerin zu 1) kann auch nicht einwenden, dass sie auf die bestandskräftige Bewilligung von Elterngeld und deren Nichtanrechnung auf das SGB II vertraut habe. Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtagsregelungen einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidbar gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags notwendig ist und dass sich die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 2011, 1 BvR 1811/08, Rn. 7, zitiert nach juris). Nach Maßgabe dieser Grundsätze durfte der Gesetzgeber mit dem Stichtag zum 1. Januar 2011 die Anrechnung von Elterngeld im Grundsicherungsrecht ohne schonende Übergangsregelungen beschließen. Sie greift – anders als die Klägerin zu 1) – nicht in die bestandskräftige Elterngeldbewilligung vom 26. April 2010 ein, sondern nimmt lediglich eine Neuregelung zur Einkommensanrechnung bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor. In diesem Bereich steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, den er auch bei der notwendigen Wahl eines Stichtags zum Inkrafttreten des HBegl 2010 nicht überschritten hat (vgl. SG Landshut, Urteil vom 7. Dezember 2011, S 10 AS 484711, Rn. 59, zitiert nach juris). Daher ist die Klägerin zu 1) nicht schutzwürdig, solange - wie hier – die neuen Regeln verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

Da die Kammer nicht die Ansicht der Kläger teilt, dass die Regelbedarfe und die Anrechnung von Elterngeld verfassungswidrig ist, bedurfte es keiner Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG.

4. Schließlich hat die Klage hinsichtlich des vom Kläger zu 3) begehrten Schulgeldes in Höhe von 90 Euro monatlich keinen Erfolg. Der Anspruch ergibt sich weder aus § 20 in Verbindung mit § 23 Nr.1 SGB II, da das monatliche Schulgeld nicht vom Sozialgeld umfasst ist und eine individuelle Erhöhung des Regelbedarfs ausgeschlossen ist (dazu unter a.). Noch ist die begehrte Übernahme des Schulgeldes von den Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 3 oder Abs. 5 SGB II umfasst. Schließlich ist für die Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II wegen der abschließenden Regelung der Schulbedarfe in § 28 SGB II kein Raum (dazu unter b.). Im Übrigen kann er das Schulgeld auch nicht als monatlicher Absetzbetrag vom Einkommen aus Kindergeld geltend machen (dazu unter c.).

a) Der Anspruch des Klägers zu 2) auf Berücksichtigung des Schulgeldes ergibt sich zunächst nicht aus § 20 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 23 Nr. 1, 77 Abs. 4 Nr. 3 SGB II. Das Sozialgeld umfasst – genauso wie der Regelbedarf - insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. In dem Kläger zu 2) gewährten Regelbedarf von 251 Euro fließen zwölf regelsatzrelevante Positionen nach § 6 RBEG ein. Keine der dort genannten Abteilungen umfasst das Entstehen von Lehrgangsgebühren oder Schulgeld zu privaten Bildungseinrichtungen. Von der Abteilung 10 Bildung in Höhe von 1,19 Euro sind nur Gebühren für Kurse und ähnliches erfasst (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 79). Die weiteren Verbrauchsausgaben, wie bspw. Studien- oder Prüfungsgebühren an Schulen oder Universitäten, werden in der Regel durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erfasst. Ausgaben für Klassenfahrten und Nachhilfeunterricht für allgemeinbildende und weiterführende Schulen sind Bestandteil des neuen Bildungs- und Teilhabepaketes und deshalb nicht regelbedarfsrelevant. (BT-Drs. 17/3404, S. 73). Auch von der Abteilung 12 andere Dienstleistungen ist das Schulgeld in Höhe von 90 Euro monatlich des Klägers zu 2) nicht erfasst, da die allgemeine schulische Bildung nach dem deutlichen Wortlaut keine Dienstleistung ist.

Die Schulgebühren für die Ausbildung des Klägers zu 2) an der Waldorfschule sind auch nicht im Hinblick auf das Wort "insbesondere" unter den Regelbedarf des § 20 Abs. 1, 23 Nr. 1 SGB II zu subsumieren. Denn der durch § 20 SGB II gewährte Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts dient – wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt – grundsätzlich nur der Deckung des ohne die Besonderheit des Einzelfalles bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen bestehenden Bedarfs. Daran fehlt es hier; denn dieser Bedarf besteht nicht bei vielen Hilfeempfängern oder Bedarfsgemeinschaften gleichermaßen, sondern nur bei Auszubildenden oder Schülern, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule nicht möglich ist. Die Kosten für einen derartigen Sonderbedarf sind dementsprechend auch bei der Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II offensichtlich nicht erfasst (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Oktober 2006, L 19 B 599/06 AS ER, Rn. 21; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. April 2005, L 8 AS 57/05 ER; SG Berlin, Beschluss vom 30. März 2006, S 34 1840/06 ER, Rn. 22 , zitiert nach juris).

Im Übrigen hat das BVerfG auf die Verfassungsbeschwerde einer Auszubildenden, die eine staatlich anerkannte Berufsfachschule besuchte und der "Schüler-BAföG" sowie Leistungen dem SGB II bewilligten worden waren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010, 1 BvR 2556/09, Rn. 8 ff., zitiert nach juris) entschieden, dass die Aufwendungen der Auszubildenden für den Besuch einer privaten Berufsfachschule nicht zu einem höheren, bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigenden gesetzlichen Bedarf führen. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG enthalte "nur" einen Anspruch auf die Zurverfügungstellung derjenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Dieses Grundrecht enthalte jedoch keinen Anspruch auf Leistungen zur Rücklagenbildung oder zur Finanzierung von Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule. Wenn die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger sichergestellt seien, läge es allein in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang darüber hinaus soziale Hilfe gewährt werde. Dabei stehe ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Deswegen stellt die Nichtberücksichtigung der durch den Besuch der Berufsfachschule entstandenen Kosten auch kein Verstoß gegen die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 3 Art. 1 GG dar (vgl. BVerfG, a.a.O, Rn. 10, zitiert nach juris). Bei dieser Sachlage kann daher nicht anderes für die vom Kläger zu 2) besuchte private Schule gelten. Einen Anspruch auf Berücksichtigung des Schulgeldes in Form eines erhöhten Regelbedarfs hat er nicht.

Schließlich geht das SGB II davon aus, dass die Grund- und auch Einzelbedarfe alle durch den pauschalen Geldbetrag des Regelbedarfs gedeckt werden können. Eine individuelle Erhöhung der Regelbedarfe nach §§ 20 ff. SGB II für einzelne Hilfebedürftige ist ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3, 2. Halbsatz SGB II, wonach die Leistungen nach §§ 20 ff. SGB II den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen decken.

Hierzu hat das LSG Schleswig-Holstein (Urteil vom 14. September 2006, L 6 AS 8/05, Rn. 25 ff., zitiert nach juris), bereits zutreffend ausgeführt, von der die Kammer keinen Anlass abzuweichen sieht, dass § 20 SGB II und mithin damit auch § 23 Nr. 1 SGB II – anders als § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII – keine abweichende Festlegung der Regelbedarfe ermöglicht und auch nicht über eine analoge Anwendung von § 28 SGB XII mangels Regelungslücke hergeleitet werden kann. Weiter hat es überzeugend ausgeführt: " Der Bedarf an Schulbildung wird durch öffentliche Regelschulen ausreichend gedeckt. Mit der Einrichtung der öffentlichen Regelschulen kommt der Staat seinem Erziehungsauftrag aus Art. 7 Abs. 1 GG nach, der u.a. darin besteht, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet und den verschiedenen Begabungsrichtungen Raum zur Entfaltung lässt. In Schleswig-Holstein ist - wie in allen Bundesländern - der Unterricht an den öffentlichen Schulen unentgeltlich. Die Schulgeldfreiheit für öffentliche Schulen ist ebenso wie die Einrichtung der öffentlichen Regelschulen auch eine Konkretisierung des Sozialstaatsgebots des GG (Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG). Sie stellt in Verbindung mit der Schulpflicht eine Leistung der staatlichen Daseinsvorsorge dar, die jedermann ohne Rücksicht auf Herkunft und wirtschaftliche Lage zu Gute kommen soll und den Personenkreis einschließt, dem nach dem SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren ist. Für einen Rechtsanspruch gegen den Träger der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf Übernahme der Kosten für den Besuch einer privaten Schule ist daher grundsätzlich kein Raum mehr. Die gesetzgeberische Gewährleistung der Schulgeldfreiheit an öffentlichen Regelschulen wirkt im Verhältnis zu den Vorschriften über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Sonderregelung, die in aller Regel einen anzuerkennenden Bedarf für die Übernahme von Schulgeld im Rahmen des notwendigen Lebensunterhalts nicht entstehen lässt. Der geltend gemachte Bedarf der Kläger zu 1) und 2) lässt sich auch weder unmittelbar noch mittelbar aus dem elterlichen Grundrecht auf Erziehung (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) oder der verfassungsrechtlich gewährleisteten Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) herleiten. Den Klägern ist zwar einzuräumen, dass das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich die freie Wahl zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten und zugelassenen Schulformen einschließt. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Abwehrrecht gegen staatliche Maßnahmen, die beeinträchtigend in den grundrechtlich geschützten Bereich der Erziehung hineinwirken. Ob über dieses individuelle Abwehrrecht hinaus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG für sich allein oder in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Sozialstaatsprinzip Ausgangspunkt für einen Leistungsanspruch auf finanzielle Unterstützung bei der Ausübung des Erziehungsrechts sein kann, kann offen bleiben. Denn in Gestalt der Schulgeldfreiheit an öffentlichen Regelschulen besteht bereits eine das Sozialstaatsgebot konkretisierende und die Chancengleichheit im Bildungswesen fördernde Leistung des Staates, die von laufenden Kosten des Schulbesuchs im täglichen Leben entlastet und auf diese Weise Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe unterstützt. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass das Grundgesetz darüber hinaus der elterlichen Entscheidung für Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb der öffentlichen Regelschule die existentielle Bedeutung einräumt, die es rechtfertigen könnte, dieses Erziehungsbedürfnis als Bestandteil der Grundsicherung für Arbeitssuchende anzuerkennen."

Das Urteil des LSG Schleswig-Holstein steht damit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur früheren Rechtslage nach dem BSHG. Das BVerwG (Urteil vom 13. August 1992, 5 C 70/88, juris) hat ausgeführt, dass die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe und daher für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Übernahme von Aufnahmebeiträgen und monatlichem Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Hilfe zum Lebensunterhalt kein Raum mehr sei. Die gesetzliche Gewährleistung der Schulgeldfreiheit an öffentlichen Grundschulen wirke im Verhältnis zu den Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt als Sonderregelung, die in aller Regel einen sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf für die Übernahme von Schulgeld im Rahmen des notwendigen Lebensunterhalts nicht entstehen lasse. Ausnahmen von diesem Grundsatz kämen nur in Betracht, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (z.B. wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Das ist hier jedoch beim Kläger zu 2) nicht der Fall. In Berlin-M gibt es zahlreiche Grund- und weiterführende Schulen, die er besuchen kann. Dass er eine Waldorf-Schule besucht, folgt lediglich dem Wunsch des Kindsvaters Herrn T R , der meint, dass die Waldorf-Schule "besser" sei als staatliche Schulen. Auch eine subjektive Unzumutbarkeit kann die Kammer nicht erkennen. Der Kindsvater des Klägers zu 2) schließt u.a. deshalb den Besuch einer staatlichen Schule aus, weil er meint, dass der Kläger zu 2), der selbst einen Migrationshintergrund hat, in Konflikt mit Schülerinnen und Schüler türkischer oder arabischer Herkunft wegen deren Respekt- und Disziplinlosigkeit geraten könne und viele Schülerinnen und Schüler keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse besitzen würden. Diese Art von (zweifelhafter) Konfliktvermeidung in der multikulturellen Stadt Berlin, in der der ¼ der Einwohnerinnen und Einwohner einen Migrationhintergrund haben – im Bezirk M ist dieser Anteil mit 44,5 Prozent sogar am höchsten - , führt jedoch nicht zu einer subjektiven Unzumutbarkeit in Bezug auf einen staatlichen Schulbesuch.

b) Der Anspruch des Klägers zu 2) auf Berücksichtigung des Schulgeldes ergibt sich auch nicht aus § 28 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 oder 5 SGB II oder § 21 Abs. 6 SGB II. Nach § 28 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden bei Personen nur berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler). Nach § 28 Abs. 3 SGB II werden bei Schülerinnen und Schülern für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf 70 Euro zum 1. August und 30 Euro zum 1. Februar eines jeden Jahres berücksichtigt. Nach § 28 Abs. 5 SGB II wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, u die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten Lernziele zu erreichen. Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Mit der Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II hat der Deutsche Bundestag (BT-Drs. 17/1465, S. 8 f.) das Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, S. 72 ff.) umgesetzt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift nur ein in Sondersituationen auftretenden Bedarf nicht erfasster Art oder atypischen Ursprungs, oder ein höheren, überdurchschnittlichen Bedarf erfassen. Dem Hilfebedürftigen ist es zunächst vorrangig zumutbar, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (Einsparmöglichkeiten). Der zusätzliche Anspruch soll angesichts der engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen auf wenige Fälle begrenzt werden. So hat auch das BVerfG darauf hingewiesen, dass dieser zusätzliche Anspruch angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfG, a.a.O., Rn. 208, zitiert nach juris). Als Anwendungsfälle der Härtefallklausel des § 21 Absatz 6 SGB II nennt der Gesetzgeber dauerhaft benötigte Hygienemittel bei bestimmten Erkrankungen (z.B. HIV, Neurodermitis), Putz- bzw. Haushaltshilfe für Rollstuhlfahrer und Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern. In den folgenden Fallgestaltungen bestünde grundsätzlich kein zu übernehmender zusätzlicher Mehrbedarf: Praxisgebühr, Schulmaterialien und Schulverpflegung, Bekleidung bzw. Schuhe in Über- oder Untergrößen, nicht von § 21 Absatz 5 SGB II umfasster krankheitsbedingter Ernährungsaufwand, Brille, Zahnersatz und orthopädische Schuhe

Das BVerfG (BVerfG, a.a.O., Rn, 197 ff., zitiert nach juris) hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass vor allem ein altersspezifischer Bedarf für Kinder einzustellen ist, welche die Schule besuchen. Die Zuständigkeit der Länder für das Schul- und Bildungswesen mache die fürsorgerechtliche Berücksichtigung dieses Bedarfs durch den Bundesgesetzgeber nicht entbehrlich. Die Zuständigkeit der Länder betreffe überdies den personellen und sachlichen Aufwand für die Institution Schule und nicht jedoch den individuellen Bedarf eines hilfebedürftigen Schülers. Der Bundesgesetzgeber könne erst dann von der Gewährung entsprechender Leistungen absehen, wenn sie durch landesrechtliche Ansprüche substituiert und hilfebedürftigen Kindern gewährt würden. Dann könne eine einrichtungsbezogene Gewährung von Leistungen durch die Länder, zum Beispiel durch Übernahme der Kosten für die Beschaffung von Lernmitteln oder durch ein kostenloses Angebot von Nachhilfeunterricht, durchaus ein sinnvolles Konzept jugendnaher Hilfeleistung darstellen, das gewährleiste, dass der tatsächliche Bedarf gedeckt werde. Solange und soweit dies jedoch nicht der Fall sei, habe der Bundesgesetzgeber, der mit dem SGB II ein Leistungssystem schaffen wollte, welches das Existenzminimum vollständig gewährleiste, dafür Sorge zu tragen, dass mit dem Sozialgeld dieser zusätzliche Bedarf eines Schulkindes hinreichend abgedeckt sei.

Einige dieser besonderen Bedarfe hat nunmehr der Gesetzgeber in § 28 SGB II aufgenommen. Dazu zählen u.a. die Kosten für die Schülerfahrkarte (§ 28 Abs. 4 SGB II), die Kosten der Lernförderung (§ 28 Abs. 5 SGB II), die Kosten einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung (§ 28 Abs. 6 SGB II) und die Kosten für soziale und kulturelle Teilhabe in Höhe von 10 Euro monatlich (§ 25 Abs. 7 SGB II). Ferner hat der Gesetzgeber die bereits vorhandenen Regelungen zum Schulmaterial in Höhe von 100 Euro jährlich (§ 24a SGB II a.F.) in § 28 Abs. 3 SGB II und zur Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. in § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB II überführt und um Schulausflüge sowie Kita-Ausflüge und mehrtägige Kita-Fahrten erweitert.

Schon diese Gesetzgeschichte zeigt, dass mit dem Inkrafttreten des § 28 SGB II zum 1. Januar 2011 hinsichtlich der aufgenommenen schulrechtlichen Bedarfe für die Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II kein Raum mehr bleibt. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 28 SGB II die Ansprüche von Schülerinnen und Schülern abschließend geregelt. Für eine Berücksichtigung von Bedarfen, die darüber hinaus entstehen können, bleibt kein Raum. Dass § 21 Abs. 6 SGB II vorliegend keine Anwendung findet, dafür spricht auch die Begründung des Gesetzgebers, der bei der Schaffung des § 21 Abs. 6 SGB II ausdrücklich ausgeführt hat, dass Schulmaterialien ausdrücklich nicht von § 21 Abs. 6 SGB II erfasst sind. Mit § 28 SGB II hat der Gesetzgeber eine Vorschrift für eine gesonderte und zielgerichtete materielle Ausstattung für Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie an außerschulischer Bildung geschaffen, um gesellschaftliche Exklusionsprozesse zu beenden (BT-Drs. 17/3404, S. 104). Er hat in der Gesetzesbegründung ebenfalls ausgeführt, dass die Tatbestände des § 28 Abs. 2 bis 7 SGB II abschließend sind. So heißt es: "§ 28 Absatz 1 Satz 1 beschreibt einführend die in den Absätzen 2 bis 6 abschließend geregelten Bedarfe von Kindern und Jugendlichen in den Bereichen Bildung und Teilhabe." Diese Bildungs- und Teilhabeleistungen umfassen jedoch gerade nicht das vom Kläger zu 2) begehrte Schulgeld für den Besuch einer Schule in privater Trägerschaft. Insbesondere sind die Schulgebühren nicht von § 28 Abs. 3 und Abs. 5 SGB II erfasst. Denn von § 28 Abs. 3 SGB II werden lediglich die Gegenstände der persönlichen Schulausstattung wie Ranzen oder Schulrucksack, Sportzeug, Zeichen-, Rechen- und Schreibmaterialien erfasst (BT-Drs. 17/3404, S. 105). Darüber hinaus erfasst § 28 Abs. 5 SGB II lediglich die außerschulische Lernförderung (Nachhilfe) und das nur in Ausnahmefällen. In der Regel ist dieser Mehrbedarf nur kurzzeitig notwendig, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben. Sie soll unmittelbare schulische Angebote lediglich ergänzen. Die unmittelbaren schulischen Angebote haben in jedem Fall Vorrang und nur dann, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht ausreichen, kommt außerschulische Lernförderung in Betracht. Die vom Kläger zu 2) besuchte Waldorfschule ist jedoch eine staatlich anerkannte allgemeinbildende Schule (Staatlich genehmigte Ersatzschule Schulnummer: 04P18) und stellt nicht lediglich einen kurzfristig notwendigen Nachhilfeunterricht dar.

Mithin bleibt für die Berücksichtigung der von der Klägerin zu 1) für den Kläger zu 2) monatlich in Höhe von 90 Euro aufgewendeten Schulgebühren kein Raum.

Selbst wenn, wie die Kläger meinen, § 21 Abs. 6 SGB II Anwendung finden sollte, so scheitert der Anspruch schon daran, dass die Schulgebühren keinen besonderen Bedarf darstellen. Wie bereits dargestellt, besteht in Deutschland die allgemeine Schulpflicht. Dass der Kläger zu 2) eine Schule in freier Trägerschaft besucht, macht ihn nicht zum Sonderfall. Vielmehr ist dies Ausdruck der Ausübung des Grundrechts auf Erziehung nach Art. 6 GG und Ausfluss des freien Schulwahlrechts. Schließlich ist es zwar zutreffend, dass es in Berlin viele Kinder mit Migrationhintergrund und Kinder aus bildungsfernen Familien gibt, deren Zugang zu Bildung und deren beruflichen Aufstiegschancen erschwert sind. Es mag auch gesellschaftlich wünschenswert sein, dem Kläger zu 2) wegen seines Migrationshintergrundes und weil die Klägerin zu 1) nur geringe deutsche Sprachkenntnisse hat, eine besondere Förderung – hier durch eine Schulbildung in einer Waldorf-Schule - zukommen zu lassen. Gleichwohl rechtfertigt dies nicht, den staatlichen Schulen die Nichterfüllung ihres Bildungsauftrages abzusprechen und einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II anzunehmen. Die Kammer geht davon aus, dass staatliche Schulen ihren Bildungsauftrag erfüllen.

c) Der Kläger zu 2) kann das Schulgeld in Höhe von 540 Euro für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 für seine schulische Ausbildung an der Waldorf-Schule auch nicht nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II als eine mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe geltend machen. Denn die Pflicht zur Zahlung des Schulgeldes ist nicht durch den Bezug von Kindergeld bedingt und das Schulgeld hat auch keinen Werbungskostencharakter. Im Übrigen dient das Kindergeld der Förderung der Familien und umfasst Leistungen für Betreuung, Erziehung und Bildung (vgl. kein Absetzbetrag für Schulgeld bei BAföG-Bezug: BSG, Urteil vom 17. März 2009, B 14 AS 63/07 R Rn. 33 ff; anschließend: BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010, 1 BvR 2556/09, Rn. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urteiel vom 20. Januar 2009, L 28 AS 1919/07, Rn. 50 ff.; vom 19. Juli 2007, L 5 AS 1191/05, Rn. 41 ff.; Beschluss vom 6. August 2007, L 5 B 949/07 AS ER, Rn. 17 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 4. März 2008, L 13 AS 205/07, Rn. 31 ff., zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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