L 7 AS 275/12 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 147/12 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 275/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Schutz des Rechtes auf ein eheliches Zusammenleben nach Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht geeignet, einen unabweisbaren laufenden Mehrbedarf i. S. d. § 21 Abs. 6 SGB II für Besuchsreisen eines Leistungsempfängers zu seinem im Ausland lebenden Ehegatten zu begründen.
Vielmehr müssen sich die Ehegatten auf die ausländer- und verfassungsrechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Zuzug verweisen lassen.
Hierbei entstehende wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) und begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für Besuchsreisen zu seiner in China lebenden Ehefrau chinesischer Staatsangehörigkeit sowie den Verpflichtungsausspruch, dass zukünftig entsprechende Kosten regelmäßig übernommen werden. Der 1954 geborene Antragsteller deutscher Staatsanghörigkeit erhält seit dem 8. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom Antragsgegner. Vor seiner Rückkehr nach Deutschland im Februar 2007 lebte er in XY., wo er am 25. April 2006 die chinesische Staatsangehörige Q. Q. geheiratet hatte. Das Ehepaar lebt seit der Rückkehr des Antragstellers nach Deutschland voneinander getrennt, wobei sich die Ehefrau des Antragstellers im Herkunftsland (China) aufhält. Mit Schreiben vom 31. August 2011 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Reisekosten i. H. v. jeweils ca. 950,- EUR sowie die Freistellung von der Erreichbarkeitspflicht zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seiner Ehefrau und zur Aufrechterhaltung des Ehe- und Familienverbandes. Er lebe unfreiwillig von seiner Gattin getrennt, weil sie über keine materiellen Mittel zur dauerhaften Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland verfügten. Mit Bescheid vom 14. September 2011 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag ab. Dem Antrag auf erlaubte Ortsabwesenheit könne für die Dauer von 3 Wochen stattgegeben werden, wozu es einer gesonderten Antragstellung beim zuständigen Arbeitsvermittler bedürfe. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2012 als unbegründet zurück. Die dagegen beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhobene Klage ist dort unter dem Aktenzeichen S 2 AS 148/12 anhängig.

Mit am 1. Februar 2012 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit der Begründung, seit seiner Deutschlandrückkehr im Februar 2007 habe sich der Kontakt zu seiner Ehefrau reduziert auf regelmäßige Telefonate, SMS, geringen Postverkehr und seltenen Online-Chat im Internet. Der Bestand der Ehe und Familie sei gefährdet. Zur Aufrechterhaltung von Ehe und Familie sei daher eine baldige Reise nach China dringend notwendig.

Er hat beantragt,
- den Antragsgegner innerhalb der nächsten beiden Quartale vorläufig zu verpflichten, einmal notwendige Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q., in der VR China (W.) für einen zehntägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- hilfsweise zweimal notwendige Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils fünftägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- den Antragsgegner zu verpflichten, zweimal jährlich die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils zehntägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- hilfsweise viermal jährlich die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils fünftägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- den Antragsgegner zu verpflichten, ihn für diese Zeiträume zuzüglich der jeweils anfallenden An- und Abreisedauer ohne Schmälerung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der gesetzlichen Erreichbarkeitspflicht gemäß § 7 SGB II freizustellen;
- auszusprechen, dass die jeweils zu übernehmenden Kosten auch die Aufwendungen für die Beschaffung des für die Einreise in die VR China erforderlichen Visums, für die Registrierung des Aufenthaltes bei der örtlichen Ausländerbehörde in China, für die Beschaffung von Landeswährung (Bankwechselgebühren) sowie Verpflegungsmehraufwendungen und ggf. Übernachtungsmehraufwendungen iS des BRKG, sowohl während der An- und Abreise zum bzw. vom Wohnort als auch zur örtlichen Ausländerbehörde umfassen;
- auszusprechen, dass der Antragsgegner diejenigen bereits verstrichenen bzw. dem Antragsteller entgangenen Aufenthaltszeiträume, die seit Antragstellung am 31.8.2011 laufend zu bewilligen gewesen wären, nachträglich kumuliert anlässlich der ersten Kostenübernahme bzw. Freistellung zu gewähren hat.

Mit Beschluss vom 28. März 2012 hat das Sozialgericht den Antrag als unbegründet abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 86 b Absatz 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheine. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setze einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus, die glaubhaft zu machen seien. Der Anordnungsanspruch mache einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, notwendig. Der Anordnungsgrund setze eine besondere Eilbedürftigkeit voraus. Hinsichtlich des Vorhandenseins eines Anordnungsanspruches sei darauf abzustellen, ob eine Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich wäre oder nicht. In Abhängigkeit davon seien unterschiedliche Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen. Die Klage biete aber keine Aussicht auf Erfolg, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf die Übernahme von Reisekosten für mehrtägige Aufenthalte in China habe. Die - hier allein in Betracht kommenden - Voraussetzungen eines Mehrbedarfes nach § 21 Absätze 1 und 6 SGB II seien nicht gegeben. Mit den regelmäßigen Besuchen solle ein eheliches Zusammenleben verwirklicht und einer gegenseitigen Entfremdung vorgebeugt werden. Das Gericht gehe davon aus, dass dieser Besuchswunsch des Antragstellers grundsätzlich unter dem Schutz von Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz (GG) stehe. Der Schutz des Artikel 6 Absatz 1 GG umfasse namentlich die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung und das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben. Das Recht auf ein eheliches Zusammenleben stelle ein persönliches Grundbedürfnis des täglichen Lebens dar und daraus entstehende Kosten seien - in der Regel - als Teil des notwendigen Lebensunterhaltes ein anerkennungsfähiger Bedarf. Berücksichtigt und umgesetzt werde dies beispielsweise im Rahmen der Notwendigkeit eines Wohnungswechsels bzw. Umzuges (und der Übernahme daraus entstehender angemessener Kosten) zur Herstellung einer ehelichen oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft, § 22 Absatz 6 SGB II (Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rdnr. 151). Bei der Anwendung und Auslegung der hier zu prüfenden Rechtsgrundlage – Mehrbedarf in Form eines im Einzelfall unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes - müsse der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechtes durch die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ausreichend Rechnung getragen werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Oktober 1994, 1 BvR 1197/93). Gleichzeitig gelte es indes zu bedenken, dass auch hinsichtlich eines betroffenen Grundrechtes keine unbeschränkte Sozialisierung der aufzuwendenden Folgekosten möglich sei (so in vergleichbarer Rechtslage zum Umgangsrecht und Scheidungsfolgekosten, BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 14/06 R). Die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zur Deckung einer besonderen Bedarfslage könne aufgrund außergewöhnlich hoher Kosten nicht mehr gerechtfertigt sein. Aus diesen Überlegungen heraus gelange das Gericht zu der Überzeugung, dass die geltend gemachten Reisekosten keinen unabweisbaren Bedarf im Sinne des § 21 Absatz 6 SGB II darstellen würden. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles lägen darin, dass der Antragsteller von seiner in China lebenden Ehefrau, chinesischer Staatsangehörigkeit, seit seiner Rückkehr nach Deutschland im Februar 2007 getrennt lebe. Zweifelhaft in diesem Zusammenhang erscheine bereits, ob die geplanten mehrtägigen Besuchsreisen geeignet seien, ein eheliches Zusammenleben nachhaltig zu fördern. Angesichts des nunmehr rund 5 Jahre andauernden Leistungsbezuges des Antragstellers und seiner fortgesetzten Arbeitslosigkeit sei nicht zu erwarten, dass sich die berufliche, persönliche und finanzielle Situation der betroffenen Ehepartner in absehbarer Zeit zu Gunsten der Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft verändern werde. Das Grundrecht auf "eheliches Zusammenleben" könnte primär durch einen Zuzug der Ehefrau nach Deutschland - oder durch einen Zuzug des Antragstellers nach China - verwirklicht werden. In diesem Zusammenhang wäre es naheliegend, zunächst aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten im Hinblick auf einen Zuzug der Ehefrau nach Deutschland aufzuklären und zu betreiben. Der dazu ergangene Vortrag, der Zuzug scheitere an den Deutschkenntnissen der Ehefrau und den mangelnden finanziellen Mitteln, im Ausland einen Sprachenkurs zu belegen, sei nicht erschöpfend. Der Antragsteller sei gehalten, seine diesbezüglichen Möglichkeiten zu klären. Werde die begehrte Förderung bereits als wenig geeignet eingestuft, um das grundrechtlich geschützte Zusammenleben zu gewährleisten, so seien die damit verbunden Kosten von rund 950,- EUR für eine Reise zusätzlich unangemessen hoch. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Absatz 6 SGB II abzulehnen gewesen. Ein Kostenübernahmeanspruch ergebe sich auch nicht aus § 73 SGB XII. Der Leistungsbezug nach dem SGB II decke grundsätzlich den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und sei abschließend (§ 3 Absatz 3 SGB II). Seit dem Inkrafttreten des § 21 Absatz 6 SGB II zum 3. Juni 2010 scheide ein Rückgriff auf § 73 SGB XII als Hilfe in sonstigen Lebenslagen aus. Die Beiladung des Sozialhilfeträgers, Stadt A-Stadt, sei somit nicht in Betracht gekommen.

Gegen den ihm am 4. April 2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 2. Mai 2012 Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, die er im Wesentlichen damit begründet, die Reisekosten seien im Vergleich zu den bewilligten Reisekosten in anderen von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entschiedenen Fällen nicht unangemessen hoch. Sowohl er selbst wie auch seine Ehefrau seien u. a. aus wirtschaftlichen Gründen gehindert, dauerhaft in das jeweils andere Land umzuziehen. Insoweit wird wegen näherer Einzelheiten auf die Beschwerdeschrift vom 25. April 2012 ergänzend Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. März 2012 aufzuheben und
- den Antragsgegner innerhalb der nächsten beiden Quartale vorläufig zu verpflichten, einmal notwendige Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen zehntägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- hilfsweise zweimal notwendige Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils fünftägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- den Antragsgegner zu verpflichten, zweimal jährlich die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils zehntägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- hilfsweise viermal jährlich die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangrechtes mit seiner Ehefrau Q. Q. in der VR China (W.) für einen jeweils fünftägigen Aufenthalt vor Ort zu übernehmen;
- den Antragsgegner zu verpflichten, ihn für diese Zeiträume zuzüglich der jeweils anfallenden An- und Abreisedauer ohne Schmälerung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der gesetzlichen Erreichbarkeitspflicht gemäß § 7 SGB II freizustellen;
- auszusprechen, dass die jeweils zu übernehmenden Kosten auch die Aufwendungen für die Beschaffung des für die Einreise in die VR China erforderlichen Visums, für die Registrierung des Aufenthaltes bei der örtlichen Ausländerbehörde in China, für die Beschaffung von Landeswährung (Bankwechselgebühren) sowie Verpflegungsmehraufwendungen und ggf. Übernachtungsmehraufwendungen iS des BRKG, sowohl während der An- und Abreise zum bzw. vom Wohnort als auch zur örtlichen Ausländerbehörde umfassen;
- auszusprechen, dass der Antragsgegner diejenigen bereits verstrichenen bzw. dem Antragsteller entgangenen Aufenthaltszeiträume, die seit Antragstellung am 31.8.2011 laufend zu bewilligen gewesen wären, nachträglich kumuliert anlässlich der ersten Kostenübernahme bzw. Freistellung zu gewähren hat.

Der Antragsgegner hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist sachlich unbegründet.

Der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. März 2012 ist zu Recht ergangen, denn dem Antragsteller steht kein Anspruch auf die von ihm begehrte einstweilige Regelungsanordnung zu, weil es bereits an dem hierfür erforderlichen Anordungsanspruch fehlt. Insoweit nimmt der erkennende Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Beschlusses des Sozialgerichts Bezug und sieht von einer erneuten Darstellung derselben ab (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).

Ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass ein unabweisbarer, laufender Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II für die vom Antragsteller beabsichtigten Besuchsreisen zu seiner Ehefrau in China nicht nur wegen der hierdurch entstehenden unangemessenen Kosten nicht besteht, schon weil ein in gleicher Situation befindlicher erwerbstätiger Bürger im Bereich des unteren und auch des mittleren Einkommenssegmentes, der keine Leistungen nach dem SGB II bezieht, solche kostspieligen Reisen zu seinem Ehepartner im Ausland nicht laufend vornehmen würde, sondern insbesondere auch das Grundrecht auf ein eheliches Zusammenleben nach Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) keinen Anspruch auf Sozialleistungen des Staates zum Ausgleich wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei der Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft begründet.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Hieraus folgt zunächst ein Abwehrrecht des Einzelnen gegen schädigende und störende Eingriffe des Staates in seine Ehe und Familie. Ferner beinhaltet Art. 6 Abs. 1 GG damit eine Institutsgarantie sowie eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts und ist demnach bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts, insbesondere bei der Anwendung von Generalklauseln, zu beachten (so zutreffend: Hofmann in Schmidt-Bleibtreu, Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 11. Auflage 2008, Rn. 3 und 4 m.w.N.). Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem Begriff der Ehe, bei der es sich auch für das Grundgesetz um die Vereinigung eines Mannes und einer Frau zur grundsätzlich unauflöslichen Lebensgemeinschaft handelt, und dem Begriff der Familie, mit der die umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern gemeint ist, in der den Eltern vor allem Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen. In diesem Zusammenhang will die Verfassung vor allem den Beziehungen der Eltern oder eines Elternteils zu ihrem Kind oder zu ihren Kindern ein besonderes Schutzversprechen zuwenden, ohne Rücksicht auf die Art der familienrechtlichen Beziehungen, wie die weiteren Regelungen des Art. 6 GG zeigen (so zutreffend Hofmann, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.). Dem Antragsteller geht es im vorliegenden Verfahren ausschließlich um sein Recht auf ein eheliches Zusammenleben, während sich die Frage eines familiären Zusammenlebens mit der Pflege und Erziehung bedürftigen Kindern nicht stellt. Insofern kann die Rechtsprechung zum Umgangsrecht von Leistungsempfängern mit ihren minderjährigen Kindern entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht ohne Einschränkungen auf das Recht eines Leistungsbeziehers auf ein eheliches Zusammenleben übertragen werden. Der Schutz des familiären Zusammenlebens insbesondere mit minderjährigen Kindern geht schon nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 bis 5 GG noch deutlich über den Schutz des rein ehelichen Zusammenlebens hinaus. Dies ist im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Familie bei Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder für die gesamte Gesellschaft, aber auch wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit minderjähriger Kinder, die im Übrigen auch hinsichtlich ihrer Aufenthaltsbestimmung grundsätzlich weniger frei als Ehegatten sind, ohne Weiteres nachvollziehbar. Die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit zur Erstattung der notwendigen Kosten nach dem SGB II bei Ausübung des Umgangsrechts von Eltern mit ihren minderjährigen Kindern ist daher zur Begründung des vom Antragsteller geltend gemachten Anspruchs auf Übernahme der Kosten für Besuchsreisen zu seiner in China lebenden Ehefrau unter dem Gesichtspunkt des Rechtes auf ein eheliches Zusammenleben nicht geeignet. Zwar umfasst der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG auch das Recht auf ein eheliches Zusammenleben, wie es der Antragsteller geltend macht. Insoweit ist aber schon nach dem Vortrag des Antragstellers zweifelhaft, ob er ein solches unter dem Schutz des Grundgesetzes stehendes eheliches Zusammenleben überhaupt anstrebt. Das verfassungsrechtliche Bild von Ehe und Familie wird von den auch im Allgemeinen prägenden Regelungen der §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 1626 ff. BGB bestimmt, denen die Vorstellung zugrunde liegt, dass die Ehegatten einander in ehelicher Lebensgemeinschaft verbunden sind und jedenfalls minderjährige Kinder Pflege und Erziehung im häuslichen Zusammenleben mit ihren Eltern erfahren (so: BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987, 2 BvR 1226/83 u.a., nach Juris Rn. 87 m.w.N.). Die Bildung einer derartigen Lebensgemeinschaft ist im Falle des Antragstellers aber auch unter Durchführung regelmäßiger Besuchsreisen nicht ersichtlich. Eine Fernbeziehung in der Ehe ist zwar unter Berücksichtigung der wachsenden Mobilität in der Gesellschaft nicht ungewöhnlich, entspricht aber gleichwohl nicht dem Bild des Grundgesetzes der angestrebten ehelichen Lebensgemeinschaft und ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in gleicher Weise aus verfassungsrechtlicher Sicht förderungswürdig wie die dem Bild des Grundgesetzes entsprechende Ehe, der für den Fortbestand der gesellschaftlichen Ordnung erhöhte Bedeutung zukommt. Zwar erwächst aus Art. 6 GG nicht nur eine Institutsgarantie, sondern auch eine allgemeine Wertentscheidung, aus der die allgemeine Verpflichtung des Staates u.a. zu einem Familienlastenausgleich folgt. Dies bedeutet aber nicht, dass der Staat hier die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte. Vielmehr steht die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stets unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Das Schutz- und Förderungsgebot geht nicht soweit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie (und damit erst Recht nur die Ehe, die gegenwärtig jedenfalls nicht auf die Bildung einer Familie im Sinne des Grundgesetzes gerichtet ist) treffende Belastung auszugleichen. Das Förderungsgebot aus Art. 6 Abs. 1 GG ist daher schon wegen der dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsfreiheit nicht geeignet, konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen zu begründen (so zutreffend: Hofmann, a.a.O., Rn. 11,12 u. 13 m.w.N.).

Aus diesem Grund kann auch auf der Grundlage von § 21 Abs. 6 S. 1 SGB II kein unabweisbarer laufender Bedarf zur Finanzierung von Besuchsreisen eines im Ausland lebenden Ehegatten aus Art. 6 Abs. 1 GG hergeleitet werden. Vielmehr müssen sich die Mitglieder der betreffenden Ehegemeinschaft auf die ausländerrechtlich und verfassungsrechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Zuzug des im Ausland lebenden Ehegatten verweisen lassen, wobei Art. 6 GG nicht vor den wirtschaftlichen Schwierigkeiten schützt, die mit einer solchen Übersiedlung verbunden sein können. Die Ausführungen des Antragstellers zu den wirtschaftlich eingeschränkten Möglichkeiten seiner Ehefrau auch im Hinblick auf den Erwerb notwendiger Sprachkenntnisse sind daher in diesem Zusammenhang unerheblich. Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. § 21 Abs. 6 S. 1 SGB II vermag insoweit keinen Leistungsanspruch zu begründen, der darauf gerichtet ist, die zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem im Ausland wohnenden Ehegatten entstehenden Kosten auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II zu übernehmen, sofern der im Ausland wohnende Ehegatte aus ausländerrechtlichen Gründen am Zuzug gehindert ist, denn dann würde die soziale Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch über das Maß dessen hinausgehen, was unter dem Gesichtspunkt der Abwehr staatlicher Eingriffe in die eheliche Lebensgemeinschaft (u.a. ausländerrechtlich) verfassungsrechtlich zulässig ist. Ein sozialer Ausgleich für verfassungsrechtlich und ausländerrechtlich zulässige Eingriffe in die eheliche Lebensgemeinschaft kann verfassungsrechtlich nicht geboten sein und damit auch keinen unabweisbaren besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 S. 1 SGB II begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved