L 2 AS 23/12 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 6117/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 23/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 6. Dezember 2011 wird aufgehoben und dem Antragsteller für das einstweilige Rechtsschutzverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordung von Rechtsanwalt G. , bewilligt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichtes Halle (SG), in welchem sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein inzwischen abgeschlossenes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt wurde.

Der Antragsteller war ab dem 15. April 2011 befristet bis zum 14. April 2012 bei der E. H. GmbH (im nachfolgenden Arbeitgeber) als Koch beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mündlich am 19. Juni 2011 zum 18. Juni 2011. Der Antragsteller meldete sich daraufhin am 27. Juni 2011 bei dem Antragsgegner arbeitslos.

Gegen die Kündigung erhob der Antragsteller am 28. Juni 2011 Klage vor dem Arbeitsgericht Halle mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden sei und das Arbeitsverhältnis weiterhin fortbestehe. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis erneut schriftlich mit Schreiben vom 13. Juli 2011 fristgerecht zum 27. Juli 2011.

Der Antragsteller beantragte am 13. Juli 2011 bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Mit Schreiben vom selben Tag zeigte der Antragsgegner dem Antragsteller seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten unter Verweis auf die Checkliste zur Antragsabgabe zum Arbeitslosengeld II- Antrag auf. Der Antrag wurde durch den Antragsgegner vollständig am 21. Juli 2011 angenommen. Unter dem 22. Juli 2011 wies der Antragsgegner darauf hin, dass eine Anspruchsprüfung nicht erfolgen könne, soweit die dafür erforderlichen Unterlagen nicht vorlägen. Der Antragsteller sollte bis zum 8. August 2011 die Kündigung, den Einkommensnachweis für Juni 2011 und den Nachweis über die Antragsabgabe von Arbeitslosengeld beibringen. Ferner wurde er darauf hingewiesen, dass Geldleistungen bei fehlender Einreichung der Unterlagen ganz versagt werden können, bis die Mitwirkung nachgeholt werde.

Mit Bescheid vom 30. August 2011 versagte der Antragsgegner dem Antragsteller ab dem 1. Juli 2011 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und begründete dies wie folgt: Der Antragsteller sei seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) nicht nachgekommen mit der Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht geprüft werden könnten und der Versagungsgrund des § 66 Abs. 1 SGB I vorliege. Er habe auch von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, da er verpflichtet sei, wirtschaftlich zu handeln. Dazu gehöre nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit und in rechtmäßiger Höhe Leistungen zu erbringen.

Unter dem 5. September 2011 übersandte der Antragsteller dem Antragsgegner die Arbeitsbescheinigung seines ehemaligen Arbeitgebers sowie die Kündigung vom 13. Juli 2011.

Am 2. November 2011 übergab der Antragsteller dem Antragsgegner eine Kopie der Kündigung vom 13. Juli 2011, seinen Kontoauszug für den Zeitraum 17. August bis zum 31. Oktober 2011 sowie die Einkommensbescheinigungen für die Monate Juni und Juli 2011. Am gleichen Tag beantragte der Antragsteller die Überprüfung des "Ablehnungsbescheides vom 20. April 2010" für den Leistungszeitraum vom 1. März 2010 bis 31. Oktober 2011. Bereits mit Bescheid vom 20. April 2010 hatte der Antragsgegner dem Antragsteller zwischenzeitlich bestandskräftig die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung versagt.

Ebenfalls am 2. November 2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Verpflichtung des Antragsgegners zu der vorläufigen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und zu der vorläufigen Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe beim SG gestellt. Dies hat er wie folgt begründet: Der Anordnungsgrund ergebe sich aus seiner Mittellosigkeit, andere Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes seien nicht vorhanden und ein einfacherer Weg zur Anspruchsdurchsetzung habe ihm nicht offengestanden. Ihm stehe auch ein Anordnungsanspruch zur Seite, da die Voraussetzungen der §§ 7 ff. SGB III erfüllt seien. Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe ergebe sich aus seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und den Erfolgsaussichten in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. In der beigefügten eidesstattlichen Versicherung gab der Antragsteller an: Er habe die erforderlichen Unterlagen übergeben, sei allen Mitwirkungspflichten nachgekommen und habe letztmalig am 2. November 2011 bei dem Antragsgegner vorgesprochen. Auch bei dieser Vorsprache habe er keine verbindliche Aussage bekommen können, wann ihm Leistungen gezahlt würden. Er habe seine Ersparnisse aufgebraucht, sei finanziell "am Ende" gewesen und habe seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können. Auch sein Hinweis bei der letzten Vorsprache bei dem Antragsgegner auf seine Notlage (letztmaliger Einkommenszufluss aus der Erwerbstätigkeit im August 2011) und die Bitte um Vorschussleistungen oder Sachleistungen seien erfolglos geblieben.

Der Antragsgegner hat darauf verwiesen: Der Antrag sei bereits unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dem Antragsteller wäre die Möglichkeit eröffnet gewesen, bei ihm vorstellig zu werden. Weiterhin seien die für die Leistungsgewährung erforderlichen Unterlagen erst am 2. November 2011 bei ihm eingegangen - dem gleichen Tag, an dem der Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt worden sei. Dem Leistungsträger stehe auch eine angemessene Bearbeitungszeit zu.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit Bescheiden vom 9. November 2011 Arbeitslosengeld II anteilig für den Monat Juli 2011 und vorläufig in vollem Umfang für die Monate September bis einschließlich Dezember 2011 bewilligt. Die Gewährung erfolge vorläufig, da der Antragsteller noch den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld einzureichen hatte und das Ergebnis bei der Gewährung von Arbeitslosengeld II zu berücksichtigen sei.

Der Antragsteller hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Rechtsstreites dem Antragsgegner aufzuerlegen. Dies hat er folgendermaßen begründet: Der Antragsgegner habe Anlass für das Verfahren vor dem SG gegeben. Die für den Leistungsantrag erforderlichen Unterlagen habe er dem Antragsgegner bereits am 21. Juli 2011 übergeben mit der Folge, dass der Antrag entscheidungsreif gewesen sei.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2011 hat das SG festgestellt, dass die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben: Die eigene Kostentragungspflicht des Antragstellers ergebe sich daraus, dass er keine Veranlassung zur Führung eines Rechtsstreites gehabt habe. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO sei hier heranzuziehen. Auch wenn der Antragsgegner alle erforderlichen Unterlagen bereits am 21. Juli 2011 eingereicht habe, hätte es ihm oblegen, sich bei dem Antragsgegner über den Stand der Bearbeitung zu informieren.

Ebenfalls mit Beschluss vom 6. Dezember 2011 hat das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsverfolgung sei seitens des Antragstellers mutwillig gewesen, da er sein Begehren auch mit einer Vorsprache bei dem Antragsgegner hätte erreichen können. Die Stellung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wahrung seines Anspruches sei nicht erforderlich gewesen. Dies zeige sich auch darin, dass der Antragsgegner nach Erhalt der Unterlagen den Antrag des Antragstellers auf Leistungen nach dem SGB II umgehend bearbeitet habe. Irrelevant dabei sei, wann die seitens des Antragsgegners angeforderten Unterlagen tatsächlich vorgelegen haben.

Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 7. Dezember 2011 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte am 23. Dezember 2011 für den Antragsteller Beschwerde erhoben. Zur Begründung führt er an: Der Antragsteller habe bereits am 21. Juli 2011 alle ihm zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Unterlagen zur Leistungsberechnung bei dem Antragsgegner eingereicht. Dabei habe er darauf hingewiesen, dass er sich mit seinem Arbeitgeber in einem Arbeitsrechtsstreit befinde mit der Folge, dass ihm die entsprechenden Lohnbelege, die Kündigung sowie die Arbeitsbescheinigung nicht vorliegen würden. Der Antragsgegner sei bereits zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, das Existenzminimum, durch zum Beispiel eine vorläufige Bescheidung bzw. Zahlung einer Vorschussleistung, zu sichern, da dem Antragsteller eine weitere Mitwirkung nicht möglich gewesen sei. Bei der Prüfung des Hilfebedarfes sei auf die gegenwärtige Lage abzustellen, da nur diese eindeutige Erkenntnisse über den gegenwärtigen tatsächlichen Bedarf ermöglichen würde. Weiterhin komme eine Leistungsverweigerung nur dann in Betracht, wenn der Behörde zum Zeitpunkt der Leistungsverweigerung, konkrete Tatsachen bekannt sind, die den Leistungsentzug rechtfertigen würden. Dabei obliege der Behörde die alleinige Beweislast für diese Tatsachen. Weiterhin habe der Antragsteller den Antragsgegner zuletzt unter dem 2. November 2011 erfolglos gebeten, ihm zumindest einen Vorschuss zu gewähren.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Antragstellers und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerde ist auch nicht wegen Nichterreichen des Beschwerdewertes unstatthaft (§§ 73a, 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG), da der Beschwerdewert 750 Euro überschreitet. So begehrte der Antragsteller die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in einer Höhe von insgesamt 2.783,71 Euro (für den Monat Juli 2011 327,71 EUR ALG II und für die Monate September bis Dezember 2011 jeweils 614 EUR ALG II). Eine Unstatthafigkeit ergibt sich auch nicht aus § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, da das SG den Prozesskostenhilfeantrag nicht wegen des Nichtvorliegens der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern wegen Mutwilligkeit abgelehnt hat.

Die Beschwerde ist begründet, das Sozialgericht hat zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bei dem Antragsteller vorliegen.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 144 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

§ 114 ZPO sieht die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vor, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, Az.: 2 BvR 94/88 – zitiert nach juris).

Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers - hier des Antragstellers - auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht gegebenenfalls von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 4. November 2008, Az.: L 25 B 411/08 AS PKH – zitiert nach juris).

Vorliegend beurteilen sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfes anhand der Zulässigkeit und Begründetheit des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG, den der Antragsteller vor dem Eintritt der Erledigung gestellt hatte.

Gegen die Statthaftigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG bestehen keine Bedenken. Irrelevant dabei ist, dass der Antragsgegner die begehrte Leistung hier mit dem Bescheid vom 30. August 2011 nicht wegen des Fehlens materieller Leistungsvoraussetzungen, sondern nach § 66 Abs. 1 SGB I wegen fehlender Mitwirkung des Leistungsberechtigten versagt hat. Der Leistungsanspruch kann auf § 67 SGB I gestützt werden, wenn die Mitwirkungshandlung nachgeholt worden ist. Nach § 67 SGB I kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen, wenn die Mitwirkung nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Angesichts der Bedeutung existenzsichernder Leistungen und unter Berücksichtigung eines effektiven Rechtsschutzes kann der Antragsteller auch einen solchen Ermessensanspruch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend machen, um vorläufig Leistungen zu erlangen.

Entgegen der Auffassung des SG liegt ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag vor. Um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, bedarf es eines entsprechenden Rechtsschutzbedürfnisses. Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn die gerichtliche Eilentscheidung dem Antragsteller einen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil bringt und der Antragsteller sein Begehren nicht auf einfachere, schnellere und billigere Art durchsetzen kann (Krodel, Das Sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, 2008, S. 27).

Der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses steht die fehlende Widerspruchseinlegung des Antragstellers gegen den Versagungsbescheid und die damit einhergehende Bestandskraft nicht entgegen. Denn der Antragsteller hat am 2. November 2011 die von ihm geforderten Unterlagen für die Prüfung der aktuellen Hilfebedürftigkeit vorgelegt, so dass jedenfalls eine vorläufige Entscheidung möglich war und die Voraussetzungen von § 67 SGB I vorlagen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die Arbeitslosengeldbewilligung entschieden worden war. Der Grund für die Versagung war entfallen. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) kann über die Erbringung einer Leistung vorläufig entscheiden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitslose die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Dem Antrag auf vorläufige Zuerkennung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller eine einfachere Möglichkeit gehabt hätte, sein Leistungsbegehren durchzusetzen. Solange der Hilfebedürftige die ihm zumutbaren Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erlangen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2011 - L 6 B 86/09 – zitiert nach juris). Diese zumutbaren Möglichkeiten waren ab dem 2. November 2011 ausgeschöpft. Es muss daher auch nicht erörtert werden, ob der Antragsteller zuvor die geforderten Unterlagen tatsächlich hätte früher einreichen können, oder ob ihm dies nicht möglich war. Zum Zeitpunkt als der Antragsteller den ER-Antrag nach dem Besuch bei dem Antragsgegner am 2. November 2011 gestellt hatte und auch noch zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrages mit Eingang der PKH-Unterlagen am 4. November 2011 bei Gericht hatte der Kläger keine einfachere Möglichkeit mehr, Leistungen zu erhalten. Denn spätestens nach der Einreichung der weiteren Unterlagen am 2. November 2011, hätte der Antragsgegner ihm Leistungen – zumindest vorläufig – bewilligen müssen. Bleibt sein damaliger Hinweis auf seine akute Notlage und sein glaubhaftes Begehren wenigstens einen Vorschuss oder Sachleistungen zu erlangen "ungehört", bleibt ihm nur die Möglichkeit, sich an das Gericht zu wenden. Der Antragsteller hat – durch die Darstellung des Gespräches am 2. November 2011 - hinreichend glaubhaft gemacht, dass er in dieser Situation sich nicht mehr zumutbar auf weitere Vorsprachen bei dem Antragsgegner verweisen lassen muss. Angesichts der Notlage und der Dauer der Nichterbringung von existenzsichernden Maßnahmen (seit Juli 2011) kann der Antragsgegner im November 2011 nicht auf einen angemessenen Bearbeitungszeitraum verweisen. Da es um Existenzsicherung geht, ist es auch unerheblich, wenn die Verzögerung von Leistungen zuvor auf der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers beruht haben sollte.

Die weiteren Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB II waren unproblematisch gegeben. Anspruchsvoraussetzung für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 19 SGB II ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Der Antragsteller bezog kein Einkommen, er verfügte nicht über Vermögen, weshalb der Antragsgegner ihm am 9. November 2011 Arbeitslosengeld II bewilligte. Daran ändert auch die am 8. Februar 2012 erfolgte Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 4. August 2011 bis zum 25. Februar 2012 in Höhe von 19,15 EUR täglich nichts.

Der Antragsteller ist prozessarm und nicht in der Lage die Kosten für die Prozessführung aufzubringen. Er erhält 624 EUR Arbeitslosengeld II monatlich und verfügt glaubhaft nicht über zu berücksichtigendes Vermögen.

Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m.§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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