S 81 KR 2081/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
81
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2081/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 4). Die Kosten der übrigen Beigeladenen tragen diese selbst.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beigeladene zu 4) im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Deutschen Bundestag als Besucherbetreuerin in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Oktober 2009 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlag. Die Klägerin, vertreten durch den Direktor des Deutschen Bundestages, organisiert im Deut-schen Bundestag den Besucherdienst und setzt hierfür studentische Mitarbeiter ein. Die Besu-cher können an Plenarsitzungen und Vorträgen teilnehmen, Hausführungen buchen oder die Gebäudekuppel besuchen. Aufgabe der studentischen Besucherbetreuer ist es dabei, die Besu-cherströme zu leiten, Informationen zum Deutschen Bundestag zu geben, Ansprechpartner bei Hilfebedarf und Fragen zu sein und durch aktive Ansprache und Information Wartezeiten für die Besucher angenehm zu gestalten. Zu diesem Zweck setzt der Deutsche Bundestag die Be-sucherbetreuer an festgelegten Ortspositionen ein. Standorte sind beispielsweise der Eingang des Reichtagsgebäudes an der Warteschlange, auf der Dachterrasse neben dem Aufzug und in der Kuppel des Reichstagsgebäudes, im Besucherzentrum und im Besucherrestaurant des Paul-Lübbe-Hauses. Zu den Aufgaben der Besucherbetreuer gehört es auch, die Infowagen des Deutschen Bundestages mit Materialien zu bestücken. Die Beigeladene zu 4) war von Anfang 2008 bis Ende 2009 durchgehend Studentin an der H -Universität zu B. Vom 1. Januar 2008 bis 29. Oktober 2009 war sie als Besucher-betreuerin für den Deutschen Bundestag tätig. Grundlage der Tätigkeit war ein am 13./20. März 2008 geschlossener Rahmenvertrag. Danach verpflichtete sich die Beigeladene zu 4) als freie Mitarbeiterin zur selbstständigen Betreuung von Besuchergruppen und Einzelbesuchern des Deutschen Bundestages nach Einzelvereinba-rungen. Nach § 1 Abs. 2 S. 2 des Vertrages nahm die Beigeladene zu 4) die ihr übertragenen Aufgaben in fachlicher Selbstständigkeit ohne Bindungen an Weisungen des Auftraggebers war. Sie war verpflichtet, sich kontinuierlich über aktuelle politische Ereignisse zu informieren und sich entsprechend zu qualifizieren, sich in der Auftragsausführung jedoch auf sachliche Informationen ohne eigene Stellungnahmen zu beschränken. Nach § 1 Abs. 3 des Vertrages hatte die Beigeladene zu 4) in freier Disposition die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Prio-ritäten festzulegen und Entscheidungen zu treffen. Sie konnte Zeit und Ort ihrer Tätigkeit frei bestimmen, soweit die Natur des Auftrages dies zuließ. An Weisungen war sie nach dem Ver-trag nicht gebunden. Gemäß § 1 Abs. 5 des Vertrages hatte die Beigeladene zu 4) in ihrem Auftreten und ihrem äußeren Erscheinungsbild dem Ansehen des Deutschen Bundestages in der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen. Nach § 2 des Vertrages war die Beauftragung mit Ein-zelaufträgen vereinbart und war geregelt, dass bei Verhinderung der Erfüllung eines ange-nommenen Auftrags der Auftraggeber zu informieren ist, damit dieser einen anderen Vertrags-partner beauftragen kann. Geregelt war auch, dass die Beigeladene zu 4) frei war in der Ent-scheidung, ob sie einen Einzelauftrag annimmt oder ablehnt. Nach § 3 des Vertrages war eine Vergütung von 10,00 EUR pro beauftragte Stunde vereinbart. Hierüber war monatlich eine Rechnung zu stellen. Nach § 3 Abs. 3 waren steuerliche und sonstige öffentlich-rechtliche Verpflichtung aus dem Honorar durch die Beigeladene zu 4) zu tragen. Gemäß § 4 des Vertra-ges war der Rahmenvertrag bis zum 28. Februar 2010 befristet und konnte verlängert werden. Der Rahmenvertrag war Grundlage der Zusammenarbeit mit 65 bis 70 studentischen Mitarbei-tern, die alle zum identischen Stundensatz und im identischen Handlungsrahmen für die Kläge-rin als Besucherbetreuer tätig waren. Die Beigeladene zu 4) war in der Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Oktober 2009 in einem Umfang von durchschnittlich mehr als 20 Stunden pro Monat für den Deutschen Bundestag tätig. Sie erzielte im Jahr 2008 in 11 Monaten (im Oktober erfolgte kein Einsatz) 5.192,50 EUR, wonach sich ein regelmäßiges monatliches Ar-beitsentgelt von 472,05 EUR ergibt. Im Jahr 2009 erzielte sie bis einschließlich Oktober 2009 ein Arbeitsentgelt in Höhe von 6.830,00 EUR, was einem regelmäßigen monatlichen Arbeits-entgelt von 683,00 EUR entspricht. Die Beauftragung erfolgte der Gestalt, dass die Besucherbetreuer am Anfang des Vormonats per E-Mail mitteilten, zu welchen Zeiten sie eine Tätigkeit übernehmen konnten. Aus diesen sogenannten "Freimeldungen" erstellte die Verwaltung des Deutschen Bundestages einen Dienstplan, der Schichten von jeweils 4 h für die verschiedenen, zu besetzenden Standortposi-tionen einteilte und übersandte diesen Dienstplan per E-Mail an die Besucherbetreuer, die dar-aufhin mitteilten, ob sie in den ihnen zugeteilten Schichtzeiten arbeiten werden. Die Besucher-betreuer waren in der Auswahl der Anzahl und der Uhrzeit der Schichten frei, die je Schicht zu besetzende Standortposition wurde ihnen jedoch vorgegeben. Der Beginn des Dienstes sowie Beendigung einer jeden Schicht wurde durch einen Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung kon-trolliert. Hierfür wurden Stundennachweise geführt und bei Beginn und Ende der Tätigkeit gegengezeichnet. Diese waren auch Grundlage der Abrechnung. Zudem wurde die Ausführung der Arbeiten durch Mitarbeiter der Verwaltung des Bundestages kontrolliert. Für die Tätigkeit als Honorarkraft im Bereich der Besucherbetreuung des Deutschen Bundesta-ges hatte die Verwaltung des Deutschen Bundestages im November 2006 einen "Leitfaden für die Tätigkeit als Honorarkraft im Bereich der Besucherbetreuung" (i.F. Leitfaden) erstellt, zu dessen Einhaltung die Beigeladene zu 4) zwar nicht ausdrücklich vertraglich verpflichtet war, dessen Beachtung jedoch zwingend vorausgesetzt wurde. Der Leitfaden regelte im Einzelnen detailliert die Standortpositionen der Besucherbetreuer, die jeweiligen Aufgaben an den Stand-orten und gab detaillierte Vorgaben zur Aufgabenerfüllung. Beispielsweise enthält der Leitfa-den auszugsweise folgende Regelung zu den Positionen 1.1-1.3 am Reichtagsgebäude (RTG): "Für die nachstehenden Einsatzbereiche/Positionen gelten die definierten Aufgabenstel-lungen, Einsatzzeiten und Standardbesetzungen. 1. Eingang RTG West ("Warteschlange"/ "Behinderteneingang") (Pos 1.1 und Pos 1.2) und Infowagen (Pos 1.3) Aufgabe: Betreuung der wartenden Besucher von Kuppel und Dachterrasse, Beantwortung von Fragen zu Parlamentarismus/Arbeitsweise und Zusammensetzung des Deutschen Bun-destages/Architektur/Städtebau/Logistik, Verteilung von Informationsmaterialien (Ein-satz von Umhängetaschen), Hilfe für Behinderte und gleichgestellte Besucher beim Zu-gang über den behinderten Eingang, Rekrutierung von Besuchern für Informationsvor-träge und Plenarteilnahme vornehmlich in den Monaten November bis Februar und bei Bedarf in Abstimmung mit der Leiterin des Besucherführungsdienstes RTG ... Hinweise: zusätzlich zu den o.g. Aufgaben sind zu erledigen - morgens insbesondere das Aufstellen von Informationsschildern (z.B. "Kuppelsper-rung") am Westportal und - die Bestückung von 2 Infowagen mit Material sowie der Transfer eines Infowagens zum Westportal, - die Versorgung der Infowagen am Westportal und auf dem Friedrich-Ebert-Platz mit Infomaterial und Entsorgung der Verpackungsmaterialien (Lager befinden sich ...) ... Hinweise: (zu Pos 1.3) - zur Standardausrüstung gehören auch Sonnenschirm und Regenschutz, die bei Bedarf einzusetzen sind - favorisierter/optimaler Standort: zwischen Einheitsfahne und unter der Treppe bzw. Rampe zwischen unter der und obere Treppe - wenn sich morgens die Warteschlange aufbaut, ist darauf hinzuwirken, dass diese sich in Richtung der Einheitsfahne bildet (und nicht auf dem südlichen Teil der Auf-fahrtrampe Richtung Scheidemannstraße). Nur so ist der o.g. optimaler Standort des Infowagens zu gewährleisten ..." In Teil B des Leitfadens wurde "zur Optimierung des Einsatzes der eingesetzten ca. 65 Hono-rarkräfte um die Beachtung folgender Hinweise gebeten", hier auszugsweise: 1. Die Tätigkeit ist grundsätzlich als aktiver Dienst zu verstehen, d.h. dass 60 Minuten eine jede Stunde vorausschauend und umsichtig agiert wird nach dem Motto "Wo bzw. wie kann ich helfen - Verantwortung, Verbindlichkeit, Kundenorientierung" - und nicht lediglich als Reaktion auf Fragen von Abgeordneten oder Besuchern ... 2 ... Aus der herausragenden Bedeutung lässt sich für diejenigen, die den Deutschen Bundestag repräsentieren, ein bestimmter Anspruch in Bezug auf Verhalten und Auf-treten ableiten. Hierzu zählen insbesondere: angemessene Kleidung, gepflegtes Äu-ßeres und höfliches und zuvorkommendes Auftreten. Für Betreuer gilt: Turnschuhe sind innerhalb der Liegenschaften nicht erwünscht, auf der Besucherebene sind An-zug bzw. Kombination sowie Krawatte angemessen im PLH sind das Hemd in der Stoffhose zu tragen, Jackett und Krawatte sind erwünscht ... Der Deutsche Bundestag stellte den Besucherbetreuern unentgeltlich Bekleidung mit dem Logo des Deutschen Bundestages zur Verfügung. Der Leitfaden bestimmt hierzu folgende "Hinwei-se": "Die roten Parkas bzw. Polohemden ... sind an den Eingängen RTG West und auf der Dachterrasse/Kuppel sowie einen Infowagen zu tragen, vor den Eingängen PLH West sind die Parkas zu empfehlen ... Die vom Deutschen Bundestag unentgeltlich zur Verfü-gung gestellte Bekleidung ist pfleglich zu behandeln. Polohemden sind von den HK´s (Honorarkräften) selber zu reinigen. Die Parkas werden zentral durch den Besucher-dienst gereinigt, im Normalfall geschieht dies im Sommer." Die Verwaltung des Deutschen Bundestages gab für die Besucherbetreuer zusätzlich einen "Infodienst für Besucherbetreuer" (i.F. Infodienst) heraus. Bei diesen handelt es sich um einen in unregelmäßigen Abständen herausgegebenen Newsletter, der Hinweise für die Vertragsab-wicklung, Kritik, Lob und Erwartungen gegenüber den Betreuern enthielt. Der "Infodienst" Ausgabe Nr. 2 von 25. Oktober 2007 enthält neben der Mitteilung einer funktionsbezogenen E-Mail-Adresse, die Rüge von Besetzungsproblemen und der Übermittlung von Dankesschreiben von Besuchern folgenden Text zur Meldung der Verfügungszeiten: "Die Meldung der Verfügungszeiten muss jeweils bis spätestens 5. des Vormonats erfol-gen. Dieser Termin ist als verbindlich anzusehen. Zukünftig werden wir von der Praxis, Nachzügler zu akzeptieren, absehen und die Planungen ausschließlich mit den uns frist-gerecht vorliegenden Meldungen realisieren ..." (mittig, Schriftgröße 14pt, Fettdruck:) "Wer seine Freimeldung nicht fristgerecht abgibt, erhält für den betreffenden Monat kei-ne Beauftragung." Die Ausgabe Nr. 3 vom 21. Dezember 2007 benannte beispielsweise Vorgaben zum Umgang mit den Jacken. Die Ausgabe Nr. 5 vom 3. März 2009 enthält beispielsweise Regelungen zu Standorten am Berliner Dom für die vertraglich als selbständig tätigen Betreuer Agierenden: "Es werden zwei Positionen definiert: a) ein Besucherbetreuer am Infowagen und b) ein Besucherbetreuer mit Umhängetasche und mindestens 5 m vom Infowagen entfernt. Ob die Taschen kontraproduktiv sind, werden wir testen ... Der Besucherdienst als Auftraggeber ist nicht berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die ausgemessen Erbringung der beauftragten Leistung zu kontrollieren. Wenn nun Hono-rarkräfte ihre Leistung nicht ordnungsgemäß erbringen (inkl. Pünktlichkeit), dann kann und wird der Auftraggeber diesen Mangelrügen und ebenfalls ein Honorarberatung vor-nehmen. An dieser Praxis wird sich auch künftig nichts ändern ... Die Position "Dachterrasse" bedeutet, dass der permanente Aufenthalt direkt vor dem Aufzug ist. Dort soll bei jeder Aufzugsfahrt geregelt werden, dass aus- und einsteigende Gäste sich nicht blockieren. Hinter dem Infocontainer stehen und "die Lage im Auge ha-ben" - das ist nicht wirklich zielführend. Ich bitte darum, dies künftig zu beherzigen ...Position vor der Sicherheitsschleuse West B. Der permanente Aufenthaltsort befindet sich im abgekordelten Bereich." In der Ausgabe Nr. 6 vom 13. März 2009 werden z.B. Informationen zu den roten Jacken und Polohemden und zu den Positionen "Dachterrasse/Aufzüge" und "Schlange" gegeben: "Zwischen Anfang der Warteschlange und obere Treppe vor West B werden die Warten-den, die noch nicht an den Infowagen waren, mit Informationsmaterialien versorgt, wer-den die Zielgruppen für West C herausgeholt und werden Infos zu den zu erwartenden Wartezeiten gegeben." Den formalvertraglich selbständigen Honorarkräften wurden vom Bundestag Rechnungsmuster zur Abrechnung ihrer Leistungen zur Verfügung gestellt, in denen die Ausweisung von Um-satzsteuer nicht vorgesehen war. Im Mai 2009 führte die Innenrevision des Deutschen Bundestages für den Prüfzeitraum 2006 eine Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Besucherbetreuung durch und kam zu dem – nach dem Vortrag der Klägerin: vorläufigen, unabgestimmten ohne Beteili-gung des Justiziariats gefertigten – Ergebnis, dass bei der Tätigkeit der Besucherbetreuer eine wirtschaftliche Abhängigkeit indiziert sei, eine Weisungsunterworfenheit hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Tätigkeit bestehe und typische Merkmale eines selbständig tätigen Unter-nehmers fehlten. Am 24. August 2009 beantragte die Beigeladene zu 4) bei der Beklagten die Prüfung ihres so-zialversicherungspflichtigen Status´. Zur Begründung trug sie vor, dass sie entgegen der ver-traglichen Vereinbarung im Tatsächlichen weisungsgebunden tätig und damit abhängig be-schäftigt sei. Die Beklagte hörte sodann die Klägerin zu den Umständen der Tätigkeit der Bei-geladenen zu 4) an. Daraufhin beendete die Klägerin zum 1. November 2009 die Zusammenarbeit mit den Be-sucherbetreuern auf Grundlage des bisherigen Rahmenvertrages und begründete mit diesen abhängige Beschäftigungsverhältnisse zur Fortführung des unveränderten Besucherdiensts des Deutschen Bundestages. Die Beigeladene zu 4) hatte sich zur Übernahme in das Anstellungs-verhältnis ebenfalls beworben, wurde von der Klägerin jedoch nicht mehr berücksichtigt. Nach einer Stellungnahme der Klägerin erließ die Beklagte am 19. März 2010 einen Bescheid, in welchem sie feststellte, dass die Beigeladene zu 4) im Rahmen ihrer Tätigkeit im Besucher-dienst der Klägerin vom 1. Januar 2008 bis zum 29. Oktober 2009 im Rahmen eines abhängi-gen Beschäftigungsverhältnisses tätig war und in der ausgeübten Beschäftigung für die Studen-ten Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, jedoch Versicherungspflicht in der Rentenversicherung seit 1. Januar 2008 vorliegt. Zur Begründung führte sie aus, dass zwar geringe Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit vorlagen jedoch in weit überwiegendem Ausmaß Merkmale für ein abhängiges Be-schäftigungsverhältnis bestehen. Insbesondere sei die Beigeladene zu 4) – entgegen den ver-traglichen Vereinbarungen – weisungsgebunden tätig geworden und sei ein für eine selbststän-dige Tätigkeit erforderliches Unternehmerrisiko nicht zu erkennen. Auf den hiergegen am 20. April 2010 erhobenen Widerspruch, der ausführlich mit Schreiben vom 16. Juni 2010 begründet wurde, erließ die Beklagte am 5. Oktober 2010 einen Wider-spruchsbescheid, mit welchem sie den Widerspruch zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, dass seit 1. November 2009 die identische Tätigkeit durch abhängig Beschäftigte ausgeübt werde, der Leitfaden für die Tätigkeit der Honorarkräfte konkreter Handlungsanweisungen vorgebe, zwar im Rahmen des Vertrag eine Weisungsfreiheit vereinbart sei, tatsächlich jedoch Weisungsgebundenheit vorliege. Die Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung ergebe sich auch aus Vorgaben zur Dienstkleidung, dem Einsatzplan der Bundestagsverwal-tung, die keine freie Arbeitszeiteinteilung zulasse, die verbindliche Vorgabe der Einsatzstand-orte durch den Auftraggeber und die Kontrolle der Leistungserbringung über die vertraglichen Pflichten hinaus. Selbst wenn der Leitfaden keine Weisung darstelle, so verdeutliche er jedoch die unmittelbare Eingliederung der Beigeladenen zu 4) in den Betrieb des Deutschen Bundes-tages. Ferner sei keinerlei Unternehmerrisiko erkennbar. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Gegen den Bescheid der Beklagten erhob die Klägerin am 8. November 2010 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Sie betont, dass sich aus der vertraglichen Vereinbarung einer Tätigkeit nicht zugleich die Weisung des Auftraggebers ergebe, vielmehr sei es die freie Entscheidung der Vertragsparteien gewesen, dass Vertragsverhältnis in dieser Art zu begründen. Die von der Bundestagsverwaltung gemachten Vorgaben seien lediglich Angebote zum Vertragsschluss. Auch in der Kontrolle und der Dokumentation der Tätigkeit der Besucherbetreuer liege keine Ausübung des Weisungsrechts, sondern allein die Kontrolle der Diensterfüllung der selbststän-dig tätigen Besucherbetreuer. Zum 1. November 2009 seien Beschäftigungsverhältnisse mit dem Besucherbetreuern nicht begründet worden, um die vertraglichen Regelungen der tatsäch-lichen Übung anzupassen, sondern vielmehr, um nunmehr tatsächlich Weisungen gegenüber dem Besucherbetreuern erteilen zu können. Der unabgestimmte, vorläufige Bericht der Innen-revision des Bundestages entfalte keine Bindungswirkung und erfasse den vorliegenden Sach-verhalt nicht. Wegen der Einzelheiten des Vortrages wird auf die Schriftsätze der Klägervertre-ter verwiesen. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2010 hat das Gericht die Beigeladenen zu 1) bis 4) beigela-den.

Der Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 4) im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Klägerin vom 1. Januar 2008 bis 29. Oktober 2009 nicht in Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war und nicht der Sozi-alversicherungspflicht unterlag. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verweist zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid sowie den Inhalt ihrer Verwal-tungsakte. Im Rahmen der Gesamtwürdigung geht sie von einem erheblichen Überwiegen der für eine Sozialversicherungspflicht sprechenden Elemente aus. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2012 eine Vertreterin des Deutschen Bundestages sowie die Beigeladene zu 4) zum Inhalt der streitigen Tätigkeit be-fragt. Hinsichtlich deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die auch Gegens-tand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne Anwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) in der mündlichen Ver-handlung entscheiden, da diese hierauf in der Terminsmitteilung hingewiesen worden waren (vgl. § 126 SGG). Das Gericht konnte in der mündlichen Verhandlung ohne Einhaltung der Ladungsfrist bei der Beigeladenen zu 4) entscheiden, die aufgrund des nicht angezeigten Um-zuges erst am 23. Oktober 2012 geladenen werden konnte, da die in der mündlichen Verhand-lung anwesende Beigeladene zu 4) auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichtet hatte. Die Klage ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Bescheid vom 19. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat darin zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 4) im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Deutschen Bundestag vom 1. Januar 2008 bis 29. Oktober 2009 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlag und Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem recht der Arbeitsförderung bestand. 1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Ren-ten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 V; § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI; § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; § 25 Abs. 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäfti-gung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerri-siko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die ei-gene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekenn-zeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R, juris) Ausgangspunkt der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17; Urteil vom 28.05.2008, a.a.O.) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinba-rungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Ver-hältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 24.01.2007, a.a.O., Rdnr. 17, m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Kammer im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend die für ein abhängiges Beschäf-tigungsverhältnis sprechenden Umstände deutlich überwiegen. a. Der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4) geschlossene Rahmenvertrag über eine Tätigkeit als Besucherbetreuerin im Deutschen Bundestag begründete kein Dauerrechtsverhält-nis, sondern bildete die rechtliche Grundlage für die einzelnen, mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse. Der Rahmenvertrag enthält zwar überwiegend für eine selb-ständige Tätigkeit sprechende Regelungen. Für eine Selbstständigkeit spricht zunächst der festgehaltene Parteiwille, wonach ausdrücklich eine freie, nicht den Weisungen des Auftragge-bers unterworfene Mitarbeit gewollt ist. Ferner sind keine Entgeltfortzahlung im Krankheits-fall, keine Vergütung bei Urlaub oder Verhinderung vereinbart. Darüber hinaus bestand kein Anspruch der Beigeladenen zu 4) auf eine Beauftragung. Für Selbständigkeit spricht ferner, dass die Beigeladene zu 4) nach dem Vertrag inhaltlich und hinsichtlich Arbeitszeit und Ar-beitsort nicht weisungsgebunden ist, wenngleich die Tätigkeit allein im Umfeld der Dienststel-len des Deutschen Bundestages ausführbar war. Einem im Vertrag dokumentierten Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflich-tiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, kommt jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich wider-spricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 28.05.2008, a.a.O., Rdnr. 16). Die vertraglichen Regelungen sprechen teilweise aber auch für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. So war ein fester Stundensatz von 10,00 EUR vereinbart, waren durch die Beigeladene zu 4) die Repräsentationsinteressen des Bundestages zu wahren und eine Verhinderung der Leistungserbringung anzuzeigen. b. Während die Vereinbarung als solche eher gegen als für das Vorliegen einer abhängigen Be-schäftigung sprechende Regelungen enthält, überwiegen bei Berücksichtigung der tatsächli-chen Umsetzung der Vereinbarung die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstän-de derart deutlich, dass nach Überzeugung der Kammer von Seiten der Klägerin im Tatsächli-chen keine selbständige Tätigkeit der Besucherbetreuer, insbesondere der Beigeladenen zu 4), gewollt war. Die Beigeladene zu 4) war in die Arbeitsorganisation des Besucherdienstes beim Deutschen Bundestag in sehr hohem Maße eingegliedert. Sie übte die Tätigkeit ausschließlich in den Räumlichkeiten bzw. den Repräsentationsstandorten des Deutschen Bundestages aus und nutz-te ausschließlich die ihr von der Bundestagverwaltung zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel, wie Parkas und Polohemden, Umhängetaschen, Infomaterial und Infotafeln. Sie war aus-schließlich in den von der Bundestagsverwaltung vorherbestimmten Schichten von je 4 Stun-den tätig. Die ausführlichen, detaillierten Angaben zu Standorten und zur Aufgabenerfüllung im mehrseitigen Leitfaden belegen nach Überzeugung der Kammer deutlich, dass die Tätigkeit als Besucherführer entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht frei und ohne Eingliederung ausgeübt werden kann, da zur Aufrechterhaltung des Besucherdienstes sowie zur Gewährung der Sicherheit für den Deutschen Bundestag eine ausgefeilte Logistik und Abstimmung erfor-derlich war bzw. ist. Nach Überzeugung der Kammer kann dabei die Einteilung der Dienstpläne nicht als Indiz für oder gegen eine selbständige Tätigkeit angesehen werden. Denn die Beigeladene zu 4) war nach den glaubhaften und übereinstimmenden Aussagen frei in der Entscheidung, ob und wel-che Freitermine sie der Bundestagsverwaltung zur Erstellung des Dienstplanes meldete und ob und welche der ihr sodann angebotenen Schichten sie übernahm. Im Angebot zur Übernahme der im Schichtplan ausgewiesenen Dienste liegt auch nicht zugleich eine Weisung des Auf-traggebers. Vor Annahme des Dienstangebotes war die Beigeladene zu 4) frei und nicht den Vorgaben des Auftraggebers unterworfen. Nach Überzeugung der Kammer unterlag die Beigeladene zu 4) jedoch nach Annahme eines Einzelauftrages – und entgegen dem Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung – den Weisun-gen des Deutschen Bundestages. Die Kammer folgt dem Vortrag der Klägerin nicht, bei dem "Leitfaden für die Tätigkeit als Honorarkraft im Bereich der Besucherbetreuung des Deutschen Bundestages" handelte es sich um einen Bestandteil des von der Beigeladenen zu 4) freiwillig abgeschlossenen Vertrages. Denn in das Vertragswerk war der Leitfaden nicht eingebunden, auf ihn wurde nicht verwie-sen. Zum anderen stehen die konkreten Handlungsanweisungen im Gegensatz zur vertraglichen Vorgabe der freien Auftragserfüllung. Bei dem Leitfaden handelt es sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht um allgemeine Hinweise zur Erleichterung der Aufgabenerfüllung. Denn mit dem Leitfaden wurden konkrete Handlungsanweisungen festgelegt, Arbeitsorte vor-gegeben und Verhaltenserwartungen des Auftraggebers verbindlich vorgegeben. Die Einhal-tung der Vorgaben wurde durch die Mitarbeiter kontrolliert, wie sich eindrucksvoll aus dem an die Besucherbetreuer gerichteten "Infodienst" ergibt. Darin wird die ordnungsgemäße Leis-tungserbringung und deren Kontrolle betont und eine Sanktionierung bei abweichenden Ver-halten angedroht. Die kontrollierten Vorgaben der ordnungsgemäßen Leistungserbringung er-geben sich – mangels diesbezüglicher Anhaltspunkte im Rahmenvertrag – aus dem Leitfaden in Verbindung mit dem Infodienst, was die Verbindlichkeit der nebenvertraglichen Regelungen belegt. Weisungen des Auftraggebers gegenüber den Auftragnehmern ergeben sich darüber hinaus aus dem genannten "Infodienst". Darin werden beispielsweise konkrete Aufenthaltspositionen vor-gegeben. Aus dem Sprachgebrauch ergibt sich auch, dass eine Abweichung von den dienstli-chen Vorgaben vom Arbeitgeber nicht toleriert wird, z.B. indem vorgegeben wird, dass der Aufenthaltsort sich "permanent" im abgekordelten Bereich befinde. Auch mit dem Infodienst wurden der Beigeladenen zu 4) – wie den übrigen Besucherbetreuern – konkrete Handlungs-vorgaben zur Auftragserfüllung gegeben. ("Die Position Dachterrasse bedeutet, dass der per-manente Aufenthalt direkt vor dem Aufzug ist. Dort soll bei jeder Aufzugfahrt geregelt werden, dass aus- und einsteigende Gäste sich nicht blockieren"). Dem Sprachgebrauch ist nicht zu entnehmen, dass es sich dabei um allgemeine Handlungshinweise handelt. Vielmehr werden konkrete Verhaltensbefehle ("permanent", "soll") gegeben. Nach Überzeugung der Kammer sind dies Weisungen für die Ausführung der übertragenen Aufgabe. Dass darüber hinaus keine konkrete(re)n Handlungsbefehle für den Umfang mit den Besuchern erteilt werden, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen, da bei Diensten höherer Art, bei denen fachliche Weisungen naturgemäß nicht oder nur in sehr einge-schränktem Umfang erteilt werden, sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu einer funkti-onsgerecht dienenden dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006 – B 12 KR 12/05 R, zitiert nach juris). Eine Tätigkeit in einem vom Auftraggeber vorgegebenen strengen Handlungskorsett kann sich jedoch dann als Ausübung einer selbständigen Tätigkeit darstellen, wenn bei Ausübung der Tätigkeit in besonderem Maße schöpferische und kreative Elemente zur Entfaltung gelangen, wie dies beispielsweise bei programmgestaltenden Mitarbeitern im Theater, Hör- und Fernseh-funk der Fall ist (vergleiche hierzu den Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen). Die Kam-mer konnte nach ausführlicher Beschäftigung mit dem Aufgabenfeld der Beigeladenen zu 4) keine Anhaltspunkte für eine schöpferische oder kreative Tätigkeit erkennen. Anders als mög-licherweise selbstständig tätige Besucherführer im Bundesrat, die mit Besuchergruppen eigen-kreative Rollenspiele ausführen oder deren Vortrag durch eine besondere schöpferische Eigen-leistung gekennzeichnet ist – vgl. hierzu LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2011, L 1 KR 206/09, anders hingegen die Vorinstanz: Urteil des SG Berlin vom 2. Juni 2009, S 36 KR 2382/07 – beschränkte sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) auf einen untergeordneten Hilfsdienst, für den gebildete, aber nur kurz angelernte Kräfte eingesetzt wurden. Denn zum Aufgabenkreis gehörte es, Besucherströme an den Aufzugs- und Eingangstüren zu lenken, die Besucher mit von der Klägerin gefertigtem Infomaterial zu versorgen und allgemeine Fragen zum Bundestag, zu Wartezeiten und dem baulichen Umfeld zu beantworten. Nach dem Rah-menvertrag war es zwar die Verpflichtung der Besucherbetreuer, sich über politische Ereignis-se zu informieren, jedoch war es ihnen gerade nicht gestattet, den Informationen eigene Stel-lungnahmen hinzuzufügen, was eine schöpferische und eigenkreative Tätigkeit ausschließt. Als Beleg für die Eingliederung der Besucherbetreuer in den Betrieb des Deutschen Bundesta-ges und die Weisungsbefugnis des Auftraggebers sieht die Kammer auch die Kleidervorgabe. Obwohl dies in der vertraglichen Vereinbarung nur allgemein geregelt wurde, machte der Deutsche Bundestag mit dem Leitfaden und dem Infodienst den Besuchbetreuern konkrete Vorgaben, dass und welche Bekleidung an welchen Standorten getragen werden soll und stellte diese zur Verfügung. Dies erfolgte weit über die vertragliche Vereinbarung im Rahmenvertrag hinaus. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Einhaltung der Verhaltensvorgaben und der Arbeitszeiten durch Mitarbeiter des Deutschen Bundestages kontrolliert wurde. Soweit dies die Kontrolle der Arbeitszeiten betrifft, sieht die Kammer hierin kein Indiz für eine abhängige Be-schäftigung, da Auftraggeber auch die Ausübung freier Dienste zeitlich kontrollieren können. Indiz für das vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist jedoch die konkrete Kontrolle der Arbeitsausführung. Mit dem "Infodienst" der Bundestagsverwaltung werden die Besucherbe-treuer auf die konkrete Kontrolle ihrer Arbeitsausführung hingewiesen und werden Sanktions-möglichkeiten deutlich gemacht. In diesen Mitteilungen wird eine konkrete Art und Weise der Auftragsausübung angemahnt, wiederholt wird auf ein aktives Zugehen anstelle eines passiven Abwartens einer Ansprache durch einen Besucher hingewiesen ("Hinter dem Infocontainer stehen und "die Lage im Auge haben" - das ist nicht wirklich zielführend. Ich bitte darum, dies künftig zu beherzigen"). Damit macht die Bundeswehrverwaltung deutlich, dass sie eine eigen-ständige und freie Ausübung des Auftrages nicht akzeptierte, sondern ihre konkreten Vorstel-lungen zu Art und Weise und Ort der Tätigkeit durchzusetzen suchte. Nach Würdigung der inhaltlichen Vorgaben im Leitfaden und den Infodienst ist die Kammer der sicheren Überzeugung, dass mit diesen den Besucherbetreuer Vorgaben im Sinne von ar-beitsrechtlichen Weisungen gemacht wurden, die nicht vertraglich vereinbart waren und sich auch nicht aus der Natur der Sache ergaben. Die Anwendung des bereits 2006 erstellten Leitfa-dens, die Fertigung des Infodienstes und die Kontrolle der Auftragserfüllung waren eindeutig nicht Ergebnis der Arbeit eines überengagierten Mitarbeiters, sondern abgestimmte und übliche Grundlage der Beschäftigung der studentischen Besucherbetreuer im Deutschen Bundestag bis Oktober 2009. Entscheidend gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht ferner, dass die Beigeladene zu 4) keinerlei unternehmerisches Risiko übernommen hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13, S. 36 m.w.N.). Die Beigeladene zu 4) setzte weder eigenes Kapital noch ihre eigene Arbeitskraft mit ungewissem Erfolg ein. Sie erhielt vielmehr für sämtliche Tätigkeiten von der Klägerin einen zuvor vereinbarten festen Stundensatz. Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder ur-laubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spricht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Ver-dienstchance gegenübersteht. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzu-sehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.). Zwar war die Beigeladene zu 4) frei in der Entscheidung, ob sie einen Einzelauftrag annimmt, jedoch ist dies der Arbeitnehmer auch. Darüber hinaus ist kein unter-nehmerisches Risiko erkennbar.

c. Nach alledem überwiegen zur Überzeugung der Kammer die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände deutlich – nicht nur (was nicht maßgeblich wäre) nach ihrer Anzahl, sondern – nach der Summe des jeweils zuzuordnenden Gewichts. Nach Überzeugung der Kammer war die Beigeladene zu 4) entgegen der vertraglichen Vereinbarung weisungsgebun-den tätig, in den Betrieb des Deutschen Bundestages eingebunden und ohne jegliches Unter-nehmerrisiko tätig und damit abhängig beschäftigt. Im Gegensatz zu der formalvertraglich ver-einbarten Freiheit der Dienstausübung der Beigeladenen zu 4) bestand eine solche aufgrund des vom Deutschen Bundestag planvoll in Abweichung vom Rahmenvertrag vorgegebenen und überwachten Handlungskorsetts im Tatsächlichen nicht ansatzweise und fand eine eigenschöp-ferische oder kreative Ausübung des vereinbarten Dienstes nicht statt. So kommt auch der vorläufige Bericht der Innenrevision des Deutschen Bundestages – der nach dem Vortrag der Klägerin nicht autorisiert oder abgestimmt sein soll – schon für den Prüfzeitraum 2006 zu dem Ergebnis, dass bei den Besucherbetreuern "eine Weisungsunterwor-fenheit hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Tätigkeit durchaus besteht und typische Merkmale eines selbständig tätigen Unternehmers fehlen". Für die Kammer ist es daher in be-sonderem Maße unverständlich, mit welchem – auch finanziellen – Aufwand sich der Deutsche Bundestag gegen die mit der Statusentscheidung der Beklagten für einen abgeschlossenen Zeit-raum verbundnen – geringen – Beitragspflicht zugunsten der Rentenversicherung wehrt. 2. Aufgrund der Tätigkeit als abhängig Beschäftigte war die Beigeladene zu 4) gemäß § 1 S. 1 SGB VI in der Rentenversicherung versicherungspflichtig. Eine Ausnahme für geringfügig Beschäftigte gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegt nicht vor, da die Beigeladene zu 4) nicht im geringfügigen Umfang gemäß § 8 SGB IV beschäftigt war, was zwischen den Betei-ligten unstreitig ist. Die Beigeladenen zu 4) war im gesamten Beschäftigungszeitraum Studentin und daher gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V und § 20 SGB IX versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversi-cherung sowie gemäß § 27 Abs. 4 S. 1 SGB III nach dem Recht der Arbeitsförderung. Durch die Feststellung der Beklagten zur Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 4) ist die Kläge-rin nicht in ihren Rechten verletzt. Darüber hinaus ist diese Feststellung zutreffend und recht-mäßig. Die Versicherungspflicht begann mit Aufnahme der Beschäftigung. Nach § 7a Abs. 6 SGB IV tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Antrag in-nerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird, die Deutsche Rentenversiche-rung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, der Beschäftigte zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entschei-dung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn der Antrag wurde erst im August 2009 von der Beigeladenen zu 4) gestellt. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 S. 1, 154 ff. VwGO und berücksichtigt das Unterliegen der Klägerin. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Par-tei oder der Staatskasse auferlegt. Davon hat die Kammer hinsichtlich der Beigeladenen zu 4) Gebrauch gemacht und im Übrigen davon abgesehen und bestimmt, dass die übrigen Beigela-denen ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Die Streitwertfestsetzung erfolgt mit gesondertem Beschluss. Die Zulässigkeit der Berufung folgt aus § 143 SGG. Ein Fall der zulassungsbedürftigen Beru-fung nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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