S 7 AL 214/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 AL 214/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 6/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Eintritt einer zweiten (sechswöchigen) Sperrzeit für eine Nichtbewerbung setzt voraus, dass dem Arbeitslosen wegen der vorangegangenen (dreiwöchigen) Sperrzeit zuvor ein Bescheid erteilt worden ist (Anlehnung an BSG, Urteil vom 9.11.2010, B 4 AS 27/10 R).
1) Der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 04.10.2010 (Vermittlungsvorschlag M. GmbH vom 05.08.2010) wird aufgehoben. Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 04.10.2010 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.10.2010 werden aufgehoben, soweit sie den Zeitraum vom 28.08.2010 bis zum 17.09.2010 betreffen.

2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner Kosten zu erstatten.

4) Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Eintritt zweier Sperrzeiten vom 07.08. bis 27.08.2010 (3 Wochen) und vom 07.08. bis 17.09.2010 (6 Wochen) und um die Erstattung des Arbeitslosengeldes sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 649,23 Euro für den Zeitraum vom 07.08. bis 31.08.2010 nach Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung durch die Beklagte im Zeitraum vom 07.08. bis 17.09.2010.

Der 1985 geborene Kläger meldete sich im April 2010 zum 01.05.2010 bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, was ihm von der Beklagten ab dem 08.05.2010 nach Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuche (01.05. bis 07.05.2010) für eine Anspruchsdauer von 300 Tagen zu einem täglichen Arbeitsentgelt von 47,34 Euro in der Lohnsteuerklasse I zum allgemeinen Leistungssatz bewilligt wurde. Zugrunde lag das zuletzt erzielte Arbeitsentgelt im Abrechnungszeitraum vom Mai 2009 bis April 2010 in Höhe von insgesamt 17.278,85 Euro (durchschnittlich 1.439,90 Euro brutto). Die Beklagte unterbreitete dem Kläger am 05.08.2010 zwei Vermittlungsvorschläge. Zum einen handelte es sich um ein Stellenangebot bei der Fa. K. GmbH in Vollzeit zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.700,00 Euro, wobei nach dem Hinweis im Vermittlungsvorschlag vom Arbeitgeber eine Bewerbung bis zum 12.09.2010 erwartet wurde. Gegenstand des Arbeitsvertrages sollte eine Tätigkeit als Kommisionierer sein. Zum anderen unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Stellenangebot bei der M. GmbH als Gabelstaplerfahrer in einer Vollzeitbeschäftigung zum "BZA-Tarif". Nach den Mitteilungen beider Arbeitgeber vom 06.09.2010 erfuhr die Beklagte, der Kläger habe sich jeweils nicht beworben. Hierzu hörte sie den Kläger mit Schreiben vom 10.09.2010 jeweils wegen des Eintritts von Sperrzeiten an. Hierzu trug der Kläger in seiner eigenen Mitteilung an die Beklagte vom 23.09.2010 vor, er habe sich sowohl bei der Fa. K. GmbH als auch der M. GmbH am 21.09.2010 schriftlich beworben und warte auf Antwort. Sodann hob die Beklagte mit Sperrzeitbescheid vom 04.10.2010 die Arbeitslosengeldbewilligung für den Zeitraum vom 07.08.2010 bis 27.08.2010 wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit aufgrund Nichtbewerbung des Klägers bei der Fa. K. GmbH gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) X iVm mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auf und verlangte gemäß § 50 Abs. 1 SGB X vom Kläger die Erstattung des Arbeitslosengeldes in diesem Zeitraum in Höhe von 434,07 Euro zzgl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 118,50 Euro bzw. 15,51 Euro, insgesamt somit einen Betrag von 568,08 Euro. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe sich auf den Vermittlungsvorschlag der Beklagten vom 05.08.2010 bei der Fa. K. GmbH ohne wichtigen Grund nicht (rechtzeitig) beworben. Mit ihrem weiteren Bescheid vom 04.10.2010 hob die Beklagte wegen eines zweiten versicherungswidrigen Verhaltens des Klägers die Arbeitslosengeldbewilligung für einen sechswöchigen Zeitraum vom 07.08.2010 bis 17.09.2010 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit auf. Sie verlangte die Erstattung des Arbeitslosengeldes in Höhe von 496,08 Euro für den Zeitraum vom 07.08. bis 31.08.2010 zzgl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 135,43 Euro bzw. 17,72 Euro (649,23 Euro insgesamt). Grund sei die Nichtbewerbung des Klägers bei der M. GmbH auf den Vermittlungsvorschlag vom 05.08.2010, was zum Eintritt einer sechswöchigen Sperrzeit führe. Mit Änderungsbescheid vom 04.10.2010 änderte die Beklagte ihre Arbeitslosengeldbewilligung ab dem 07.08.2010 entsprechend der vorangegangenen Aufhebungsbescheide.

Mit seinem Widerspruch vom 06.10.2010 machte der Kläger geltend, er habe sich sowohl telefonisch als auch schriftlich bei den betroffenen Arbeitgebern beworben, die Reaktion der Fa. K. GmbH stünde noch aus, mit der M. GmbH stünde er in telefonischem Kontakt. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Hierin machte sie zunächst deutlich, der zu erstattende Betrag an Arbeitslosengeld und an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 07.08. bis 31.08.2010 betrage 496,08 Euro bzw. 153,15 Euro, somit insgesamt 649,23 Euro. Im Übrigen führte sie aus, § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III bestimme, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit ruhe, wenn der Arbeitslose sich versicherungswidrig verhalten habe, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitnehmer habe die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich lägen (§ 144 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Versicherungswidriges Verhalten liege vor, wenn der als arbeitsuchend gemeldete Arbeitnehmer oder Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Arbeitsagentur unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annehme oder nicht antrete oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindere (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III). Die Sperrzeit beginne mit dem Tag nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründe, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit falle, mit dem Ende dieser Sperrzeit (§ 144 Abs. 2 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit betrage gemäß § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB III drei Wochen im Falle des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens, sechs Wochen im Falle des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art. Der Kläger habe die von der Arbeitsagentur vorgeschlagenen Beschäftigungen als Kommisionierer bei der Fa. K. GmbH und als Gabelstaplerfahrer bei der M. GmbH nicht verfolgt und sich nicht zeitnah auf die angebotenen Arbeitsstellen beworben; dieses Verhalten stehe einer Arbeitsablehnung gleich. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Die Arbeitsangebote hätten jeweils eine vollständige und verständliche Belehrung über die Rechtsfolgen enthalten, die einträten, wenn er die angebotene Beschäftigung nicht annehme oder nicht antrete oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindere. Der Kläger sei mit beiden Stellenangeboten aufgefordert gewesen, sich umgehend zu bewerben, was er nicht getan habe. Er habe sich nach seinen eigenen Angaben erst am 21.09.2010 bei den Arbeitgebern beworben, was nicht als umgehend anzusehen sei. Vielmehr sei eine Bewerbung mehr als sechs Wochen nach Erhalt des Stellenangebotes nicht mehr als zeitnah anzusehen. Schließlich hätten beide Arbeitgeber auch eine baldige Bewerbung erwartet. Der Kläger habe damit sowohl zu ersten als auch zum zweiten Male eine Arbeit abgelehnt bzw. durch sein Verhalten verhindert, so dass die Dauer der Sperrzeit für die erste Arbeitsablehnung drei Wochen und für die zweite Arbeitsablehnung sechs Wochen betrage. Die Beklagte sei daher gehalten gewesen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III die Leistungsbewilligung ab der Änderung der Verhältnisse, die mit Eintritt der Sperrzeiten eingetreten sei, aufzuheben. Denn der Kläger hätte bei Beachtung seiner Sorgfaltspflicht zumindest wissen müssen, dass der Leistungsanspruch aufgrund des Eintritts von Sperrzeiten ruhe und damit ganz oder teilweise wegfalle. Die Bewilligung habe daher aufgrund der insgesamt eingetretenen Sperrzeitdauer vom 07.08. bis 17.09.2010 aufgehoben werden müssen. Hierbei habe der Kläger gemäß § 50 Abs. 1 SGB X Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 07.08. bis 31.08.2010 in Höhe von 496,08 Euro zu erstatten. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die von der Beklagten für den Zeitraum vom 07.08. bis 31.08.2010 in Höhe von insgesamt 153,15 Euro gezahlt worden seien, seien vom Kläger gleichfalls nach § 335 SGB III zu erstatten, so dass die Gesamtforderung gegen den Kläger 649,23 Euro betrage. Dieser Betrag werde gemäß § 333 Abs. 1 SGB III in voller Höhe mit dem noch vorhandenen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld aufgerechnet. Hierbei sei die Aufrechung bereits in Höhe von 475,41 Euro erfolgt, sodass vom Kläger noch 173,82 Euro zu erstatten seien.

Der Kläger macht mit seiner am 26.10.2010 beim Sozialgericht Kassel erhobenen Klage geltend, für ihn sei die Rechtsfolgenbelehrung nicht erkennbar gewesen, da sie zu klein und nicht deutlich genug aufgedruckt gewesen sei. Im Übrigen sei der Lohnunterschied zu den angebotenen Stellen durch die Arbeitsagentur im Bezug zu seinem vor Arbeitslosigkeit erzielten Entgelt zu hoch gewesen, sodass ihm die Stellenangebote nicht zumutbar gewesen seien. Im Übrigen hätte er sich bei ordnungsgemäßer Rechtsfolgenbelehrung umgehend beworben, sodass ihm ein versicherungswidriges Verhalten nicht vorzuwerfen sei.

Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 04.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrem Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden fest. Auf den Hinweis des Gerichtes vom 25.11.2010 zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes im Urteil vom 09.11.2010 (Az. B 4 AS 27/10 R) hinsichtlich der Warnfunktion einer ersten Sperrzeit hält die Beklagte an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest, da ihre Dienstanweisungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitslose (SGB II) entgegenstünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 04.10.2010, der das Stellenangebot bei der M. GmbH betrifft, und mit dem die Beklagte wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit die Arbeitslosengeldbewilligung vom 07.08.2010 bis 17.09.2010 aufgehoben hat, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 04.10.2010 ist ebenfalls rechtswidrig, soweit er die Zeit ab dem 28.8.2010 (Aufhebung wegen sechswöchiger Sperrzeit) betrifft. Insoweit ist auch der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.10.2010 rechtswidrig.

Hingegen ist der Kläger durch den Bescheid der Beklagten vom 04.10.2010, der die Bewerbung auf das Stellenangebot der Fa. K. GmbH betrifft, und mit dem die Beklagte den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 07.08. bis 27.08.2010 aufgehoben hat, nicht rechtswidrig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte vielmehr zu Recht festgestellt, dass eine dreiwöchige Sperrzeit vom 07.08. bis 27.08.2010 eingetreten ist, der die Aufhebung des Arbeitslosengeldes gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III rechtfertigt. Der Kläger hat daher auch das vom 07.08. bis 27.08.2010 bezogene Arbeitslosengeld gemäß § 50 Abs. 1 SGB X bzw. die erhaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gemäß § 335 SGB III in der maßgebenden Gesetzesfassung (im Folgenden: alte Fassung -aF-) in diesem Zeitraum an die Beklagte zu erstatten, wobei die Beklagte hierbei offensichtlich bereits von ihrer Aufrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat.

1. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 04.10.2010, der die Bewerbung des Klägers bei der Fa. K. GmbH betrifft, hat die Beklagte zu Recht entschieden, dass der Kläger sich im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III aF auf das Stellenangebot vom 05.08.2010 zumindest nicht rechtzeitig beworben hat. Eine Antwort der Arbeitgeberin war bis zum 02.09.2010 erwartet; der Kläger hat sich jedoch seinen eigenen Angaben zufolge erst am 21.09.2010 und damit sogar erst nach der erfolgten Anhörung durch die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 10.09.2010 dort beworben, was offensichtlich nicht unverzüglich ist und damit eine Obliegenheitsverletzung des Klägers begründet, da ein wichtiger Grund für sein Verhalten weder vorgetragen noch sonst erkennbar ist. Insoweit nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im betroffenen Bescheid vom 04.10.2010 (Bl. 27 Beklagtenakte) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2010, sowohl was die tatsächlichen als auch die rechtlichen Ausführungen betrifft gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auch das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren zu seiner Bewerbung bei der Fa. K. GmbH ist zur Überzeugung der Kammer nicht geeignet, die eingetretene Sperrzeit zu verhindern. Denn die Beklagte hat dem Kläger mit Vermittlungsvorschlag vom 05.08.2010 eine Tätigkeit als Kommisionierer bei der Fa. K. GmbH unterbreitet und hierbei auf die möglicherweise bei Nichtbewerbung eintretenden Rechtsfolgen zutreffend und erkennbar hingewiesen, wie es sich aus dem Stellenangebot ergibt (Bl. 49 Beklagten, insbesondere Bl. 51 Beklagten). Hierbei hat die Beklagte ausgeführt, wenn der Kläger ohne wichtigen Grund die angebotene Beschäftigung nicht annehme oder nicht antrete oder das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindere, z.B. indem er sich nicht vorstelle, trete eine Sperrzeit ein, die längstens 12 Wochen dauere. Die Sperrzeit dauere drei Wochen bei erstmaligen, sechs Wochen beim zweitem versicherungswidrigem Verhalten (§ 144 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Diese Belehrung hätte der Kläger zur Kenntnis nehmen und sich dementsprechend verhalten können. Im Übrigen war ihm das Stellenangebot der Fa. K. GmbH zu einem Brutto-Arbeitslohn von monatlich 1.700,00 Euro auch im Sinne von § 121 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB III zumutbar, da das angebotene Entgelt sogar höher lag als das Durchschnittsentgelt, dass der Arbeitslosengeldbemessung zugrunde lag (1.439,09 Euro im Verhältnis zu 1.700,00 Euro monatlich).

2. Hingegen liegt eine weitere Sperrzeit von sechs Wochen, die von der Beklagten mit weiterem Bescheid vom 04.10.2010 wegen des Stellenangebotes bei der M. GmbH als eingetreten angesehen worden ist (Bl. 39 Beklagtenakte), nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 04.10.2010 über den Eintritt einer sechswöchigen Sperrzeit vom 07.08. bis 17.09.2010 als zweites versicherungswidriges Verhalten ist nicht rechtmäßig, da dem Kläger ein solches zweites versicherungswidriges Verhalten nicht vorgeworfen werden kann.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF langen mangels Verhältnisänderung vom 07.08.2010 bis 17.09.2010 nicht vor, so dass auch kein Erstattungsanspruch der Beklagten für Arbeitslosengeld und die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 50 SGB I bzw. § 335 SGB III für den Zeitraum vom 28.08. bis 31.08.2010 besteht. Vielmehr hat der Kläger ab dem 28.08.2010 nach Ablauf der dreiwöchigen Sperrzeit (Nichtbewerbung Fa. K. GmbH) weiterhin Anspruch auf Arbeitslosengeld in zuvor bewilligter Höhe.

Es fehlt an der (durch die Feststellung des Eintritts einer ersten Sperrzeit im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III) erforderlichen Warnfunktion, die den Kläger hätte veranlassen können, sich auf ein zweites Stellenangebot der Beklagten möglicherweise rechtzeitig zu bewerben. Das Gericht bezieht sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitslose nach dem SGB II. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 09.11.2010 (Az. B 4 AS 27/10 R, zitiert nach juris) zur Frage eines wiederholten Meldeversäumnisses im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II entschieden, dass es für eine weitere Absenkung des Arbeitslosengeldes II mit einem jeweils erhöhten Absenkungsbetrag einer vorausgegangenen entsprechenden Feststellung eines ggf. weiteren Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe bedürfe. Dies ergebe sich nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift, jedoch spreche der systematische Zusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung dafür, eine jeweils weitere wiederholte Pflichtverletzung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag erst dann anzunehmen, wenn eine vorangegangene Pflichtverletzung bereits mit einem Absenkungsbescheid der niedrigeren Stufe sanktioniert und dem Hilfebedürftigen zugestellten worden sei (Bundessozialgericht, Urteil vom 09.11.2010, Az. B 4 AS 27/10 R, juris, RdNr. 19).

Dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes schließt sich die erkennende Kammer in vollem Umfang an (ebenso Winkler in Gagel, Kommentar zum SGB III, § 159, RdNr. 369), und überträgt den Rechtsgedanken der Entscheidung des Bundessozialgerichtes auch auf Sperrzeittatbestände des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III, da ein grundsätzlicher Unterschied zwischen wiederholten Obliegenheitsverletzungen hinsichtlich mangelnder Bewerbungsbemühungen eines Arbeitnehmers zu der vom Bundessozialgericht entschiedenen Rechtsmaterie nicht gegeben ist, sondern vielmehr eine vergleichbare rechtliche und tatsächliche Ausgangslage besteht. Soweit die Dienstanweisungen der Beklagten der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitslose entgegenstehen, sind diese für die Rechtsprechung der erkennenden Kammer ohne Bedeutung. Hieraus folgt, dass der Bescheid der Beklagten vom 04.10.2010 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit vom 07.08.2010 bis 17.09.2010 rechtswidrig ist, da er aufgrund gleichzeitiger Vermittlungsvorschläge der Beklagten vom 05.08.2010 zwar zu einer weiteren Obliegenheitsverletzung des Klägers hinsichtlich der Bewerbung geführt hat, mangels Warnfunktion durch einen zuvor ergangenen Sperrzeitbescheid im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes dem Kläger jedoch eine wiederholte (zweite) Obliegenheitsverletzung nicht vorzuwerfen ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Gericht hat die Berufung für die Beklagte wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht übersteigt und daher die Berufung grundsätzlich nicht zulässig gewesen wäre (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG). Für den Kläger ist die Berufung hingegen gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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